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E_1934_Zeitung_Nr.070

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N° 70 - <strong>1934</strong> AUTOMOBIL-REVUE.<br />

det sich an dritter Stelle. Hinter ihm folgen<br />

der Tscheche, dann Hamilton mit seiner silberhellen<br />

Maschine, Burggaller, Veyron, der<br />

etwas zurückgefallen ist, Graf Castelbarco<br />

mit seinem eleganten Maserati, Seaman vom<br />

Whitney Straight-Stall auf M. G. Magnette<br />

und Earl Howe auf Delage.<br />

Wie die Spitze der vierten Runde wieder<br />

bei den Tribünen vorbeidonnert, legt sich<br />

allgemeine Ratlosigkeit und Beklemmung<br />

über die Menschenmassen. Wo bleibt nur Nr.<br />

78? Kessler fehlt! In seiner Boxe wird man<br />

unruhig, und es verstreicht einige Zeit, bi<br />

man die enttäuschende, überaus bedauerliche<br />

Nachricht erfährt, dass der hervorragend gefahrene<br />

Zürcher ausgefallen ist. Er verlor in<br />

der Hitze des Kampfes seine Schutzbrille, und<br />

erhielt von Malagutis Wagen, der ihn kürz<br />

nach den Tribünen überholt hatte, Staub und<br />

Schmutz in die Augen geworfen, so dass er<br />

einen Augenblick lang nichts mehr sehen<br />

konnte. Das genügte, um ihm nach der Einbiegung<br />

in die neue Strasse durch die Kiesgrube<br />

Messerli einen Augenblick die Sicht<br />

zu rauben. Im Bogen schoss der Wagen gegen<br />

das erhöhte Strassenbord, wo die Maschine<br />

umstürzte. Die Folge war ein Steuerradbruch<br />

der die Weiterfahrt verunmöglichte. Glücklicherweise<br />

hatte Kessler grosses Glück, den<br />

er trug lediglich einige kleine Quetschungen<br />

davon. Die dritte Runde hatte er übrigens mit<br />

der Rekordzeit von 3.04 Min. (Stundenmittel<br />

142 km/St.) zurückgelegt. Kohlrausch scheint<br />

mit seinem M. G. ebenfalls Schwierigkeiten<br />

zu haben und legt rasch bei den Boxen an.<br />

Ruesch fährt ausserordentlich gut, und ist nun<br />

als zweiter Schweizer auch schon knapp hinter<br />

Malaguti gerückt.<br />

Nach<br />

fünf Runden<br />

präsentiert sich die Situation folgendermassen:<br />

Malasutti (Maserati) 18 • 36<br />

Ruosch (Maserati) 18 • 39,4<br />

Hamilton (M. G. Magnette)<br />

18 • 4o'<br />

Seaman (M. G. Masnette) 18 53<br />

Burssallor (Eligatti) IS- 1 )^<br />

Malaguti führt die wilde Jagd weiterhin an,<br />

und entpuppt sich auch in Bern als sehr guter<br />

Fahrer. Ruesch macht ihm aber das Leben<br />

sauer und faucht mit seinem Maserati<br />

unheimlich rasch hinter ihm her. Hamilton<br />

ist nun Dritter und sein Stallgenosse Seaman<br />

Vierter. Auch Graf Castelbarco legt<br />

schnell bei den Boxen an. An der Spitze führt<br />

immer noch Malaguti, und Ruesch folgt ihm<br />

bis zur 8. Runde als Zweiter. Dann erlebt<br />

das Publikum seine zweite Enttäuschung:<br />

Ruesch hält bei den Boxen und kann die Fahrt<br />

wegen Bruch der Schwimmernadel im Vergaser<br />

nicht fortsetzen. Damit ist auch der<br />

zweite Schweizer eliminiert — ein unverdientes<br />

Schicksal für unsere sehr tüchtigen Vertreter!<br />

Auch Kohlrausch wird nicht mehr gesehen,<br />

er hatte Defekt mit seiner Oelpumpe<br />

und unterbrach das Rennen auf der Wohlenstrasse.<br />

Im mittleren Feld tobt unterdessen die<br />

Schlacht mit unverminderter Härte weiter.<br />

Seaman kann sich dadurch, dass sein Stallgenosse<br />

Hamilton ebenfalls Defekt hat und<br />

ausfällt, weiter nach vorn schieben, und durch<br />

den Ausfall Ruesch wird er plötzlich sogar<br />

Zweiter. Burggaller hetzt hinter ihm her,<br />

ohne ihn jedoch packen zu können. Veyron<br />

schliesst sich dem Deutschen an, Simons<br />

und Krebs bilden das Schlussfeld. Der Erstere<br />

hat mit seinem Bugatti Schwierigkeiten<br />

und fällt nach einiger Zeit aus. Krebs<br />

hat schon beim Start die Brille verloren und<br />

muss deshalb wohl oder übel mit seinem M.G.<br />

ein Tempo halten, das ihm noch eine einigermassen<br />

gute Sicht ermöglicht.<br />

Nach<br />

zehn Runden<br />

bietet sich das folgende Bild:<br />

Die Helden des ersten Schweiz. Grand Prix: Stuck (linig) und Momberger mit ihren Auto-Union-Wagen in Toller Fahrt.<br />

/ Malaguti (Maserati) 36 :21,4<br />

Seaman (M. G. Magnetto) 36 • 28<br />

Burggaller (Bugatti) 37 : 00,2<br />

Veyron (Bugatti) 37 .01<br />

Sojka (Bugatti) 37:27<br />

Earl Howe (Delage) 37 • 34<br />

Cholmondeley-Tapper (Bugatti) 38 31,6<br />

Mme v. Kozmian (Bugatti) 38 : 58<br />

Nur eine Runde nachher erlebt man eine<br />

weitere grosse Sensation : Malaguti fehlt<br />

nun auch. Unter den Spitzenfahrern dieses<br />

Kleinwagenrennens herrscht die reinste Defektepidemie.<br />

Ein Magnetdefekt hat den Italiener<br />

um seine fast sicheren Chancen gebracht.<br />

Plötzlich sieht sich nun Seaman mit<br />

seinem schnellen M. G. Magnette an der<br />

Spitze, und wenn er nicht ganz ungeschickt<br />

fährt, ist ihm der Enderfolg sicher. Burggaller<br />

erhält von den Boxen eifrig Zeichen, aufzudrehen,<br />

denn er ist nun Zweiter und kann<br />

noch Vieles gewinnen. Er zieht mit grossem<br />

Elan los, und doch liegt Veyron hinter ihm,<br />

sein ewiger, scharfer Gegner aller Kleinwagenrennen.<br />

Hartmann hält zwischenhinein<br />

wieder rasch, und setzt die Reise erneut fort,<br />

um dann doch vor Schluss noch auszufallen.<br />

In der 13. Runde erscheint Veyron an zweiter<br />

Stelle, und Burggaller ist jetzt Dritter.<br />

Seaman muss sich nun hüten, denn der Franzose<br />

ist ein gefährlicher Mann, der bei den<br />

Kleinwagenrennen fast immer unumschränkt<br />

herrscht. Doch die Distanz ist zu kurz, und<br />

Veyron kann nichts Entscheidendes mehr ausrichten.<br />

Seaman wird als Sieger abgewunken<br />

und Veyron faucht als Zweiter daher,<br />

während Burggaller Dritter wird.<br />

Jubel empfängt den jungen Fahrer, der bis<br />

jetzt vor allem in Brooklands hervorgetreten<br />

st, und auf dem Kontinent noch nicht viel<br />

ausgerichtet hat. Die Zuschauer klatschten,<br />

vor den Boxen wird der Sieger weidlich umart<br />

und geküsst, dass er seine liebe Not hat.<br />

Die Schlussresultate:<br />

1. Seaman (M. G. Magnctte) 50 : 43,4<br />

(Std.-Mittel 120,559 km/St.)<br />

2. Veyron (Bugatti) 51 : 05,6<br />

3. Burggaller (Bugatti) 51 :11,4<br />

4. Sojka (Bugatti) 51 :41<br />

5. Earl Howe (Delage) 51:53,6<br />

6. Graf Castelbarco (Maserati) 52 :18,4<br />

7. Girod (Salmson) 52:58,6<br />

8. Cholmondeley-Tapper (Bugatti) 53 : 20,4<br />

9. Mm«. Hier (Bugatti) 54:00,4<br />

10. Mme. Kozmian (Bugatti) 54:20<br />

Der Start der 23 Kleinwagen.<br />

Das Rennen<br />

um den Grossen Preis.<br />

70 Runden = 509,6 km.<br />

Schon die von den grossen Wagen am<br />

Training aufgestellten Leistungen hatten ja<br />

einen höchst spannenden Verlauf des Rennens<br />

erwarten lassen. In Wirklichkeit wurden<br />

aber die Erwartungen noch weit übertroffen.<br />

Das Publikum schien das auch vorausgeahnt<br />

zu haben. Trotz der immer noch ganz unsicheren<br />

Witterung strömte es gegen Mittag<br />

in neuen unabsehbaren Massen heran. Längs<br />

der ganzen Piste sammelten sich erwartungsvoll<br />

gespannte Zuschauer, 4, 5 Reihen<br />

tief hintereinander, die Tribünen füllten sich<br />

bis auf den letzten Platz, und in der riesigen<br />

Halle der Festwirtschaft wimmelte es wie in<br />

einem Ameisenhaufen. Trotzdem klappte<br />

auch jetzt die Organisation, soviel wir es<br />

beobachten konnten, bis aufs letzte i-Tüpfchen.<br />

13 Uhr 40 nehmen als erste die Union-<br />

Rennwagen ihre Startpositionen ein. Dann<br />

werden der Maserati von Earl Howe und die<br />

Mercedes-Wagen ins Startfeld geschoben.<br />

Die Wetterlage scheint sich inzwischen, wieder<br />

verschlechtern zu wollen. Noch ist zwar<br />

die Piste auf dem gepflasterten Teilstück<br />

vom Forsthaus zur Kiesgrube trocken, aber<br />

der Regen liegt in der Luft. Bald beginnen<br />

die Wolken sich auch zu entladen. Ueber den<br />

Wagen, die jetzt bis auf den Maserati von<br />

Ruesch vollzählig angetreten sind, werden<br />

Regenschirme und Planen ausgespannt. Wie<br />

man erfährt, wird Ruesch nicht starten, weil<br />

die Brandwunde, die er sich in Italien zuzog,<br />

beim Kleinwagenrennen wieder aufgegangen<br />

ist.<br />

Die Startpositionen sind wie folgt:<br />

Biondetti Varzi Stuck<br />

Maserati Alfa Romeo Auto Union<br />

Chiron<br />

Alfa Romeo<br />

Balestrero Nuvolari Hartmann<br />

Maserati Maserati Itunaltl<br />

Ghersi Caracciola<br />

Alfa Romeo Mercedes-Benz<br />

Prinz Leiningen Hamilton v. Brauchitsch<br />

Union Union Maserati Mercedes-Benz<br />

Fagioli Dreyfus<br />

Mercedes-Benz Bugatti<br />

Earl Howe Momberger<br />

Maserati Anto Union<br />

Die letzten Minuten verfliegen im Nu. Der<br />

Mercedes-«Autobahn-Kurier» mit der roten<br />

Flagge, die den Rennbeginn anzeigt, ist bereits<br />

von seiner Runde zurück. Wie auf Signal<br />

beginnen die Motoren fast gleichzeitig<br />

aufzuheulen und Rauchwolken hinter sich zu<br />

schleudern. Ja, diesmal sind alle im Gang.<br />

Steinerne Ruhe in Antlitz, kauern die Fahrer<br />

in ihren Sitzen. Dann fällt .die Startflagge<br />

nieder und die Meute tobt davon.<br />

Deutlich hat sich Stuck bereits beim Start<br />

herausgeschält. Aber an seinen Fersen kleben<br />

Nuvolari und Chiron. Mehr ist im Moment<br />

nicht deutlich zu erkennen, und die<br />

Aufmerksamkeit konzentriert sich auf Earl<br />

Howe, der mit abgestandenem Motor noch<br />

immer am Startplatz steht und erst mit etwa<br />

10 Sekunden Zeitverlust wegkommt. Das<br />

Motorgetöse ebbt ab und verliert sich als<br />

dumpfes Brummen im Westen. Man atmet<br />

auf, um nur sofort wieder einer grösseren<br />

Spannung anheimzufallen: Was wird die erste<br />

Runde zeitigen? Nur mit Mühe lässt sich<br />

das Publikum zum Sitzenbleiben verhalten.<br />

Es ist, als ob es keine Schwerkraft, keine<br />

«Massenträgheit» mehr gäbe.<br />

Und schon hört man es im Osten rauschen,<br />

wo jetzt die Meute den Wald hinaufstiebt.<br />

Stuck, Chiron, Nuvolari, Dreyfus, Caracciola,<br />

Brauchitsch, vielleicht auch Fagioli oder<br />

Varzi? Wer sollte es wissen, bei derartigem<br />

embarras de richesse ? Und dann rast,<br />

es ist kaum zu glauben, Stuck auf Auto-Union<br />

schon mit einem Vorsprung von einem Kilometer<br />

an den Tribünen vorbei. Nicht weni-<br />

FERNSCHREIB<br />

BEI DER RUSTAG<br />

ger «rast» das Publikum. «Sitzenbleiben!»,<br />

«Absitzen!». Doppeltes Motorengeheul jetzt:<br />

Chiron/Alfa Romeo, Nuvolari/Maserati, kaum<br />

20 Meter hintereinander. Darauf, wieder mit<br />

grösserem Abstand, Caracciola auf Mercedes-Benz,<br />

Varzi auf Alfa Romeo, Biondetti,<br />

Dreyfus, Qhersi, als Gefolge Leiningen, Hamilton,<br />

Brauchitsch, Momberger, Balestrero<br />

und zum Schluss Hartmann und Earl Howe.<br />

Phantastische Tempi, selbst nachdem sich<br />

das Auge am Kleinwagenrennen schon an<br />

etwelche Geschwindigkeiten gewöhnt hat.<br />

Die zweite Runde bringt keine Entspannung,<br />

im Gegenteil. Es beginnen sich die<br />

grossen Verschiebungen und Aussiebungen<br />

vorzubereiten, die für den Ausgang des Renbesorgen<br />

die laufende fernschriftliche Uebermittlung der Rennen und<br />

Rennresultate zwischen Zeitmesser, Pressetribüne und Zeittafel am<br />

Grossen Preis für Automobile<br />

Geliefert<br />

von<br />

SIEMENS<br />

Elektrizitätserzeugnisse O.-G.<br />

Zürich - Bern - Lausanne

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