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E_1934_Zeitung_Nr.089

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Konsum zurückgeht »Man hat diesbezüglich<br />

in den Jahren vor 1933 in Deutschland ein<br />

sehr eindrückliches Beispiel erlebt, indem<br />

durch eine Steigerung der Belastungen fiskalischer<br />

Art des Motorfahrzeuges deren<br />

Hunderttausende aus dem Verkehr zurückgezogen<br />

und stillgelegt wm-den. Aehnliche Verhältnisse<br />

haben wir heute noch in Oesterrejch.<br />

Es handelt sich somit nicht um eine<br />

Vermutung, sondern um eine sehr gewisse<br />

Tatsache. Ein Sinken des Benzinkonstims<br />

bedeutet logischerweise einen Rückgang des<br />

Autotourismus, der unsere Hotellerie entsprechend<br />

schädigen wird. Ganz abgesehen<br />

vom Schaden, der allen denjenigen Gewerbezweigen<br />

erwachsen würde, die direkt oder<br />

indirekt mit dem Automobil zusammenhängen.<br />

In den letzten Jahren hat man grosse Anstrengungen<br />

gemacht, um den Automobilverkehr,<br />

in Erkenntnis seiner Bedeutung für unsere<br />

gesamte Volkswirtschaft, zu fördern.<br />

Gerade in diesem Jahre hat beispielsweise<br />

die neuorganisierte Schweizerische Verkehrszentrale<br />

eine diesbezügliche Kampagne durchs<br />

geführt. Der gesunde Menschenverstand muss<br />

einem doch hier sagen, dass in diesem Falle<br />

eine Erhöhung des Benzinzolls die verkehrteste<br />

Sache der Welt wäre. Nicht nur wäre<br />

die Steigerung der direkten Einnahmen des<br />

Bundes aus dem Zollertrag sehr fraglich, indem<br />

der Rückgang der Einfuhr der Benzinmenge<br />

auch hier sofort einen Rückschlag<br />

auslösen würde, sondern der Einnahmerückgang<br />

in unserem gesamten Fremdengewerbe<br />

wäre mehr als bedenklich in diesen Zeiten,<br />

wo nichts unterlassen werden darf, um unsere<br />

wichtigste Einnahmequelle, den Fremdenverkehr,<br />

nach besten Kräften zu steigern.<br />

Eine Verteuerung des Benzins in der<br />

Schweiz wäre zweifellos sehr rasch im gesamten<br />

Auslande bekannt. Die ausländische<br />

Presse würde bestimmt diese Tatsache aufgreifen,<br />

um dadurch für ihr eigenes Land<br />

versteckte oder offene Propaganda zu betreiben.<br />

Es sei nur einmal angenommen, dass<br />

eine Erhöhung von 10 Rappen pro Liter —<br />

und davon ist leider schon die Rede gewesen<br />

— jeden vierten Automobilisten davon<br />

abhält, die Schweiz zu besuchen. Dies würde<br />

sofort, nach der oben gemachten Rechnung,<br />

für die schweizerische Volkswirtschaft einen<br />

Verlust von 20 Millionen Franken ausmachen.<br />

Und wenn diese Zahl zu hoch geschätzt ist,<br />

so ist ein Verlust von 15 oder 10 Millionen<br />

immer noch mehr als genug. Dabei halten<br />

wir es, wie gesagt, für ausgeschlossen, dass<br />

der Fiskus durch eine Zollerhöhung nur anhäberiid<br />

diesen Mehrertrag erzielen könnte.<br />

Ein 'Rückgang des Autotourismus bedeutet<br />

aber eine Schrumpfung der allgemeinen Wirtschaft,<br />

Zunahme der Arbeitslosigkeit und aller<br />

übrigen Krisenerscheinungen. Man sollte<br />

es doch, in Anbetracht dieser vernünftigen<br />

Ueberlegungen, kaum für möglich halten,<br />

dass es noch Kreise geben kann, welche das<br />

gesamte Volkswohl im Auge haben wollen<br />

und dabei zu derartig schwerwiegenden und<br />

schlimmen Massnahmen raten können. 3><br />

Schweizerische Rundschau<br />

Die kantonalen VerkehrseJnschränkungeo<br />

bestehen zu Recht, sofern keine Einsprache<br />

erhoben wird! Der Bundesrat hat diese<br />

Woche einen Beschluss betreffend eine<br />

Uebergangsbestimmung zu Art 3 Abs. 2 des<br />

Bundesgesetzes über den Motorfahrzeugund<br />

Fahrradverkehr ergehen lassen, der folgenden<br />

Wortlaut hat:<br />

Die durch die Kantone vor dem 1. J»nuar 1933<br />

veröffentlichten dauernden Beschränkungen Im<br />

Sinne von Art. 3, Abs. 2, d»s BundesqeseUes über<br />

den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr bleiben in<br />

Kraft, auch wenn sie nach dem 31. Dezember 1932<br />

nicht in einem besonderen oder allgemeinen Erlass<br />

Aut<br />

Amerikas Autoproduktion.<br />

In den ersten 9 Monaten des laufenden<br />

Jahres wurden von den amerikanischen Automobiliabriken<br />

mehr Automobile hergestellt<br />

als in den entsprechendenVergleichsperioden<br />

der letzten drei Jahre. Auf Grund der diesjährigen<br />

Ergebnisse glaubt man, für 1935 mit<br />

einer Produktionsmenge von 2,8 Mill. Wagen<br />

rechnen zu können. Die Totalproduktion für<br />

bestätigt worden sind. Gegen diese Beschränkungen<br />

kann innert sechzig Tagen, vom Inkrafttreten dieses<br />

Beschlusses an gerechnet, beim Bundesrat Beschwerde<br />

erhoben werden.<br />

Zum bessern Verständnis lassen wir noch<br />

den zitierten Artikel 3 des Verkehrsgesetzes<br />

folgen, der nachstehendes bestimmt:<br />

Art. 3. — Andere Strassen. ->- Die Kantone können<br />

die Benützung aller oder einzelner Strassep,<br />

die dem Durchgangsverkehr nicht geöffnet sind,<br />

durch Motorfahrzeuge und Fahrräder, soweit sie<br />

nicht im Dienste des Bundes beansprucht wird,<br />

ganz untersagen oder zeitlich beschränken- Vor d?r<br />

Aufstellung dauernder oder periodisch wiederkehrender<br />

zeitlicher Beschränkungen hören sie den<br />

Bundesrat an.<br />

Die Kantone können für bestimmte Strassenstrecken,<br />

wo die Sicherheit des Verkehrs oder die<br />

Anlage der Strasje e« notwendig macht, weitere beschränkende<br />

Massnahmen treffen. Gegen Verfügoniren,<br />

die dauernde Beschränkungen enthalten, kann<br />

innert dreissig Tagen, -von der Veröffentlichung an<br />

gerechnet, beim Bundesrat Beschwerde erhoiben werden<br />

Ėbenso bleibt für besondere Strassenverhältnisee<br />

die örtliche Regelung durch polizeiliche Verkehrsvorsebriften<br />

vorbehalten; sie bedarf der Genehmigung<br />

der kantonalen Behörde.<br />

Diese Regelung hat die Meinung, dass<br />

auch Verkehrseirischränkungen, die unter<br />

der Geltung des Konkordates von den Kantonen<br />

dekretiert wurden, weiterhin in Kraft<br />

bleiben können. Voraussetzung dazu war<br />

allerdings, dass sie nochmals neu publiziert<br />

würden, um den Interessenten Gelegenheit<br />

zu geben, bei Verfügungen, welche dauernde<br />

Beschränkungen enthielten, innert den eingeräumten<br />

30 Tagen beim Bundesrat Beschwerde<br />

zu erheben. Im Bundeshaus war<br />

man gestützt auf den Wortlaut des Gesetzes<br />

wohl der Auffassung, dass nun sämtliche<br />

Kantone eine wiederholte Zusammenfassung<br />

und Publikation der in Frage kommenden<br />

kantonalen Verkehrsbestimmungen veranlassen<br />

würden. Mlein die Praxis ergab ein recht<br />

bescheidenes Resultat. Einzig der Kanton<br />

Aargau unterzog sich dieser gewiss nicht<br />

allzu mühevollen Aufgabe, während die übrigen<br />

Stände alles auf sich beruhen Hessen<br />

tages des Präsidenten eines Automobilclubs<br />

wurde die Sinfonie aufgeführt. Alles klappte<br />

ausgezeichnet, und die Automobilisten zeigten<br />

sich weit musikalischer, als man sie<br />

schlechthin einschätzt.<br />

und sich kurzerhand auf den Standpunkt<br />

stellten, die früheren Erlasse bestünden auch<br />

jetzt noch zu Recht. In einzelnen Fällen<br />

rafften sich kantonale Instanzen wenigstens<br />

noch dazu auf, um diese Auffassung durch<br />

entsprechende Verbotstafeln zu dokumentieren.<br />

Dies führte dann zu einigen recht interessanten<br />

Prozessen, indem Strassenbenützer.<br />

die von der kantonalen Obrigkeit wegen<br />

Uebertretung einer Verkehrsvorschrift gebüsst<br />

worden waren, sich darauf beriefen,<br />

dass durch das Bundesgesetz kantonale Bestimmungen<br />

ausser Kraft gesetzt worden<br />

seien. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen<br />

liefen durch alle Instanzen bis vor das<br />

Bundesgericht, das beispielsweise in dem<br />

bekannten Falle., da in Baseü für das Befahren<br />

einer Brücke. stark herabgesetzte Fahrgeschwindigkeiten<br />

vorgeschrieben waren,<br />

gesren den Kanton entschied.<br />

Um nun diesen Zustand der Unsicherheit<br />

zu beheben, und um anderseits den Kantonen,<br />

welche die erneute Publikation besonderer<br />

Verkehrsvorschriften bisher unterliessen,<br />

entgegenzukommen und sie von der<br />

Pflicht der Bekanntmachung zu entheben,<br />

wurde der eingangs zitierte Bundesratsbeschluss<br />

gefasst. Der Bundesrat machte damit<br />

von dem ihm in Artikel fiQdes Verkehrsgesetzes<br />

eingeräumten Recht. Uebergangsbestimmunsren<br />

zu erlassen, Gebrauch. Es<br />

eeschieht dies allerdings reichlich spät, nachdem<br />

das Gesetz nun bald zwei Jahre in Kraft<br />

steht. Der Beschluss hat zur Folge, dass sich<br />

Fehlbare, die kantonale Sonderbestimmungen<br />

tibertreten, nicht mehr darauf berufen können,<br />

eidgenössisches breche kantonales Recht<br />

und die kantonalen Vorschriften seien durch<br />

das Bundesgesetz über den Motorfahrzeugverkehr<br />

ausser Kraft gesetzt worden. Dagegen<br />

steht jedermann die Möglichkeit„ offen,<br />

innerhalb den nächsten 60 Tagen beim Bundesrat<br />

Beschwerde einzulegen, sofern er gewisse<br />

Vorschriften als nicht gerechtfertisrt<br />

oder dem Sinn und Geist des neuen Verkehrsgesetzes<br />

als zuwiderhandelnd betrachtet.<br />

Es Ist also letzte Gelegenheit, gegen<br />

kantonale Verfügungen, welche Verkehrsbeschränkungen<br />

enthalten, vorstellig zu werden.<br />

Die interessierten Kreise werden daher<br />

gut daran tun, die Sammlung kantonaler Erlasse<br />

nach dieser Richtung hin genau unter<br />

die Lupe zu nehmen. Wenn die 60 Tage Karenzzeit<br />

einmal abgelaufen sind, so nützt es<br />

nichts mehr, zu lamentieren oder gar zum<br />

Kadi zu laufen.<br />

Die Signalisieruns der Hauptstrassen war<br />

Gegenstand einer eingehenden Aussprache<br />

anlässlich der Jahresversammlung der Konferenz<br />

kantonaler Baudirektoren. Man wird<br />

sich daran erinnern, dass das eidg. Justizund<br />

Polizeidepartement Ende Juni dieses<br />

Jahres in dieser Angelegenheit ein Rund-<br />

len Automobil-Handelskammer stellen die<br />

die letzten drei Quartale wird auf 2,492.142 Vereinigten Staaten die grössten Automobil-<br />

der Welt. Es handelt sich um fol-<br />

Einheiten, gegenüber 1.700.815 im Vorjahrebesitzer<br />

und 1.9S5.909 während des ganzen Jahresgende Unternehmen: American Telephon<br />

schreiben an die Kantone richtete, in welchem<br />

ergänzende Vorschläge zur KenntHch-<br />

1933, 1.431.494 während 1932 und 2.472.359 und Telegraph mit 13,600 Lastwagen und 4200<br />

Wagen während 1931, geschätzt.<br />

Personenwagen; Standard Ott Comp. of New<br />

Jersey mit 12,000 Lastwagen und 4000 Personenwagen,<br />

und die Railway Express mit recht einer näheren Prüfung unterzogen<br />

maebung der Hauptstrassen mit Vortritts-<br />

Ein Jubiläum.<br />

Die amerikanische Gesellschaft der Automobilingenieure,<br />

der führende Fachverband<br />

die Aufforderung ihrerseits noch Vorschläge<br />

8962 Lastwagen und 215 Personenwagen. wurden. Gleichzeitig erging an die Kantone<br />

in den Vereinigten Staaten, feiert zu Beginn<br />

Die neue Aetnastrasse eingeweiht.<br />

zu unterbreiten, indem das eidg. Departement<br />

sich selbst bewusst ist, dass die im<br />

des nächsten Jahres sein dreissigjähriges Bestehenlienischen<br />

Arbeitsbeschaffungsprogrammes Gesetz vorgesehene Signalisierung der<br />

7M den grossen Plänen im Rühmen des ita-<br />

gehörte auch der Bau einer neuen Strasse Hauptstrassen, die auf diesen selbst einzig<br />

auf den Aetna. Dieser Tage ist diese nun unter<br />

feierlicher Zeremonie und grosser Anteilnügend<br />

ist.<br />

durch die blauen Wegweiser erfolgt, ungenahme<br />

der ganzen Bevölkerung vom italie-<br />

Die Konferenz hat nun die Notwendigkeit<br />

Die Autohupen-Sinionie.<br />

In Edinburgh wurde dieser Tage eine Autohupen-Sinfonie<br />

uraufgeführt. Das Orchester<br />

bestand aus 400 Automobilisten, die, jeder<br />

für sich, mit Autohupen der verschiedensten<br />

Tonlagen versehen waren. Ein bekannter<br />

Komponist schrieb die « Musik» und probte<br />

mit den Automobilisten solange, bis die Sinfonie<br />

klappte. Anlässlich des 50. Geburts-<br />

istischer<br />

Die drei grössten Autobesitzer der Welt.<br />

Nach einer Veröffentlichung der Nationa-<br />

nischen König eingeweiht worden. Die Strasse<br />

beginnt auf einer Höhe von 700 m und führt<br />

bis zu 2000 m hinauf. Sie ist nach den modernsten<br />

Grundsätzen konstruiert, sehr breit<br />

und mit sorgfältig ausgebauten Kurven versehen.<br />

- N°89<br />

der ergänzenden Kenntlichmachung der<br />

Hauptstrassen bestätigt. Dagegen waren die<br />

Ansichten über die Verwendung eines Zusatzsignales<br />

zur blau-weissen Wegtafel geteilt.<br />

Sollte ein solches von Bern aus beschlossen<br />

werden, so empfiehlt die Konferenz<br />

einstimmig die Numerierung der Hatjptstrassen,<br />

wie dies bekanntlich in Frankreich<br />

der Fall ist.<br />

Im weitern wurde auch noch die Bekämpfung<br />

der StrassenreWame behandelt, wobei<br />

die Konferenz erklärte, sich den Bestrebungen<br />

zur Verminderung dieser Art von Publizität<br />

anzuschüessen. Der Vorstand wird<br />

einer nächsten Versammlung über ein weiteres<br />

Vorgehen Antrag stellen. Vor allem<br />

wird auf die Notwendigkeit eines einheitlichen<br />

Vorgehens in der ganzen Schweiz<br />

hingewiesen, da sonst jegliche Massnahme<br />

auf halbem Weg stecken bleiben müsste und<br />

ihren Zweck nie erreichen würde.<br />

Was die Signalisierung der Hauptstrassen<br />

anbetrifft, so wäre es dringend notwendig,<br />

wenn das eidg:. Justiz- und Polizeid^partement<br />

in allernächster Zeit einen Entschmss<br />

fassen könnte^ damit auf die nächstjährige<br />

Fahrsaison hin das Netz der Hauptstrassen<br />

für die in- und ausländischen Automobilisten<br />

deutlich als solches gekennzeichnet zu werden<br />

vermöchte. Nicht nur im Interesse einer<br />

raschen Orientierung, sondern auch im Bestreben,<br />

die Zahl der Unfälle an Kreuzungen<br />

zu vermindern, ist eine klare Ausscheidung<br />

der Strassen mit Vortrittsrecht baldigst am<br />

Platze.<br />

Was die Reklame anbetrifft, so verbietet<br />

das Automobilgesetz das Anbringen von Reklamen<br />

auf oder ausserhalb der Strassen,<br />

welche die Sicherheit des Strassenverkehrs<br />

gefährden. Leider muss nun festgestellt werden,<br />

dass dieser Bestimmung bisher noch<br />

keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt<br />

wurde. Es wäre nun wirklich an der Zeit,<br />

wenn sich die Kantone zu einer gemeinsamen<br />

Aktion entschliessen könnten. Hoffentlich<br />

vermag sich die nächste Konferenz<br />

gleich über den bis dann vom Vorstand vorliegenden<br />

Vorschlag zu einigen, da ein weiterer<br />

Aufschub weder im Interesse der Verkehrssicherheit<br />

noch in demjenigen des<br />

Landschaftsschutzes liegt.<br />

geruch. Manchmal lärmten unter uns die<br />

•Matrosen, manchmal Hessen sie mitten in<br />

der pechfinstern Urwaldwildnis mit Heftigkeit<br />

ihre heisere Dampfpfeife spielen, und<br />

da ich nach zwei Stunden den Schlaf noch<br />

nicht gefunden hatte, stand ich wieder auf<br />

und ging leise ans Vorderdeck, wo in vollkommener<br />

Finsternis der Steuermann stand<br />

und mit rätselhafter Sicherheit in die gleichmassig<br />

schwarze, undurchdringliche Nacht<br />

hineinsteuerte. Er musste Nachtaugen haben<br />

wie ein Tiger, und es war ein wenig unheimlich,<br />

ihn am Steuerrade zu sehen und<br />

zu wissen, dass wir in der schmalen Fahrtrinne<br />

eines Urwaldstromes mit hundert launischen<br />

Windungen unterwegs waren, und<br />

ich mit aller Anstrengung von beiden Ufern<br />

keinen Schimmer noch Schatten wahrnehmen<br />

konnte. Der Kapitän, ein Battaker, schlief ztw<br />

sammengekauert, halb sitzend, daneben.<br />

Wieder legte ich mich nieder. Es war sehr<br />

heiss, und es ging kein Luftzug; immer wieder<br />

warf ich die Reisedecke ab, unter der<br />

ich die blosseti Füsse geschützt gehalten<br />

hatte, und immer wieder nötigten mich die<br />

Bisse der Moskitos, sie von neuem zu bedekken.<br />

Und endlich, etwa um Mitternacht,<br />

schlief ich doch ein und glaubte lang geschlafen<br />

zu haben, als das oft wiederholte<br />

Geheul der Schiffspfeife mich weckte. Es<br />

war aber erst halb zwei Uhr. Da und dort<br />

richteten erschrockene Schläfer sich taumelnd<br />

auf, die meisten sanken alsbald wieder<br />

zurück und blieben ruhig, andere standen<br />

auf und zogen das Tuch von der Laterne,<br />

deren Licht nun ringsum einen ganzen<br />

Knäuel von schlafenden Gestalten enthüllte.<br />

Die Pfeife schrie weiter, die Maschine stoppte,<br />

das Schiff drehte sich; an die Reling tretend,<br />

sah ich plötzlich Land, sah ein FIoss<br />

und eine Rohrhütte mit Palmblätterdach<br />

dicht neben uns; mit einem kleinen Stoss<br />

legten wir an. Wir hatten keine Feuerung<br />

mehr und mussten Holz einnehmen.<br />

Die Treppe herab vom hohen Ufer kamen<br />

zwei dunkle Männer mit rauchenden Fackeln<br />

gestiegen, ihre Fackeln waren aus dürren<br />

Blättern gedreht und mit Baumharz getränkt.<br />

Auf dem Floss lagen grosse Haufen<br />

von Holzscheiten gestapelt, und nun begann<br />

das Holzfassen, dem ich zwei Stunden lang<br />

zuschaute und namentlich zuhörte. Beim<br />

Fackellicht standen die Matrosen und die<br />

Holz-Kuljs in zwei Ketten, ein Holzscheit<br />

nach dem andern ging von Hand zu Hand, im<br />

ganzen mehrere Tausend, und Scheit um<br />

Scheit wurde vom Ablieferer mit lautem Gesänge<br />

gezählt. Mit seiner weichen, hübschen,<br />

trägen Malaienstimme sang er in freien, wunderlich<br />

feierlichen Melodien mit unaufhörli-<br />

chen Variationen immerzu die Zahl der gelieferten<br />

Holzscheite in die schwarze Nacht<br />

und das Strömen des Flusses hinein: ampat<br />

— lima — lima — anam — tujoh! So arbeitete<br />

er und sang gleichmässig und gleichtönig<br />

zwei Stunden lang, und bei jedem<br />

neuen Hundert tat er einen melodischen Freudenschrei.<br />

Dann sang er weiter, bald schläfrig<br />

und klagend, bald hoffnungsvoll und tröstlich,<br />

immer dieselbe Grundtnelodie mit kleinen,<br />

der Stimmung nachgehenden, kapriziösen<br />

Beugungen und Variationen. So singen<br />

die Arbeiter und Landleute hierzulande alle,<br />

wenn sie abends im kleinen Ejnbaum unterwegs<br />

sind und die Nacht anbricht; dann werden<br />

sie ängstlich und werden sehr trostbedüritig,<br />

dann fürchten sie das Krokodil und<br />

fürchten die Geister der Toten, die nachts<br />

überm Fluss unterwegs sind, und dann hört<br />

man sie- mit Ergebung und mit Inbrunst, mit<br />

Schinerzen und mit Hoffnung singen, unbewusst,<br />

wie der Bambus im Nachtwind singt.<br />

Ich lag wieder still und dämmerte ein,<br />

während die Maschine von neuem zu arbeiten<br />

begann. Es regnete jetzt, und manchmal<br />

sprühte ein Dutzend lauer Tropfen zu mir<br />

herein; ich wollte mir noch die Decke über<br />

die Knie ziehen, doch war ich schon zu müde,<br />

und nun schlief ich ein.<br />

Als ich wieder die Augen auftat, war ein<br />

Weicher, kühler Nebelmorgen, mein Nachtkleid<br />

war durchnässt, ich fror, schläfrig griff<br />

ich nach der feuchten Reisedecke und zog sie<br />

an mich. Als ich dabei den Kopf drehte, sah<br />

ich jemand über mir stehen. Ich schaute empor;<br />

da stand mit den kleinen, braunen, ringgeschmückten<br />

Füssen neben meinem Kopf<br />

das hübsche, langhaarige Malaienkind, hielt<br />

die Hände auf dem Rücken und betrachtete<br />

mich aufmerksam mit schönen, ruhigen Augen<br />

und sachlicher Neugierde, als könnte sie<br />

vielleicht, während ich schliefe, erlauschen,<br />

welcherlei Tier eigentlich der weisse Mann<br />

sei. Ich hatte dabei genau das gleiche Gefühl,<br />

wie wenn man auf einer Bergwanderung<br />

im Heu erwacht und die schönen, neugierigen<br />

Augen einer Geiss oder eines Kalbes auf<br />

sich gerichtet findet. Das Mädchen blickt«<br />

mir noch eine Weile fest in die Augen; als<br />

ich mich aufrichtete, ging sie davon und zur<br />

Mutter.<br />

An Deck war schon Leben, nur wenige<br />

schliefen noch, einer von ihrien zusammengerollt<br />

und in sich selber verkrochen wie ein<br />

Hund in kalter Nacht. Die andern rollten<br />

ihre Bastmatten zusammen, zogen den Sarong<br />

uin die Hüften, banden das Kopftuch<br />

oder den Turban auf und blickten blöde und<br />

nüchtern in den feuchten Morgen

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