E_1935_Zeitung_Nr.038
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38 — <strong>1935</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Vor dem IX. Grossen Preis<br />
von Tripolis.<br />
Am Sonntag gelangt auf der 13,1 km langen<br />
Rundstrecke von Mellaha das dritte und<br />
bis jetzt grösste Rennen in diesem Jahr zum<br />
Austrag. Wir sehen einem unerhörten Kampf<br />
entgegen, einem Kampf, wie er vielleicht im<br />
internationalen Rennsport noch nie dagewesen<br />
ist- Die schnellsten Maschinen der heutigen<br />
Rennwagenkonstruktion werden ausnahmslos<br />
vertreten sein, darunter mehr wie<br />
ein halbes Dutzend mit Spitzengeschwindigkeiten<br />
von über 300 km/St. Das letztjährige<br />
Stundenmittel über die 524 km lange Strecke<br />
steht auf 186,149 km/St. Dabei erreichten die'<br />
Wagen maximal 260 km/St. Es scheint daher<br />
durchaus möglich, dass der Sieger mit seinem<br />
Durchschnitt die 200-km/St.-Grenze überschreitet.<br />
Schon seit Wochen werden für den grandiosen<br />
Austrag Vorbereitungen getroffen, der<br />
neben der Avus das schnellste Rennen Europas<br />
darstellt. In der Umgebung von Mellaha<br />
ist ein wahres Heerlager entstanden, um<br />
welches herum fieberhaft gearbeitet wird.<br />
Die Strassen wurden ausgebessert, Signalisierungs-<br />
und Lautsprecheranlagen erstellt,<br />
kurzum alle Vorbereitungen getroffen, die<br />
notwendig sind, um eine Strassenstrecke in<br />
ein riesiges Autodrom zu verwandeln, das sich<br />
ruhig mit den permanenten Anlagen dieser<br />
Art messen darf.<br />
. Seine Geschichte.<br />
Erstmals kam der Grosse Preis von Tripolis im<br />
Jahre 1925 auf einer 72 km langen Rundstrecke zur<br />
Durchführung, die dreimal befahren werden musste.<br />
Damals schon wurde die Notwendigkeit einer kürzeren<br />
Piste erkannt und das Rennen im folgenden<br />
Jahre auf den Circuit von Mellaha verlegt, der sich<br />
mit seinen 13,1 km Ausmass und dank seiner Strekkenführung<br />
als ideale Piste erwies. Jedes Jahr<br />
•wurde die Veranstaltung seither, mit Ausnahme von<br />
1931 und 1932, wiederholt. Der Automobil-Club von<br />
Tripolis machte alle Anstrengungen, um die Organisation<br />
ständig zu verbessern. Dass dabei der Ausbau<br />
der Strasse ganz besonders berücksicht wurde,<br />
versteht sich von selbst, und so konnte die Geschwindigkeit<br />
des Rennens rasch gesteigert werden.<br />
Schon im Jahre 1929 stieg der Rundenrekord auf<br />
143,736 Stundenkilometer, eine für die damalige Zeit<br />
erstaunliche Leistung.<br />
Im Jahre 1931 wurde das Rennen von Tripolis<br />
in den internationalen Sportkalender aufgenommen<br />
Und ist seither eine Veranstaltung von ausgesprochen<br />
internationalem Charakter geblieben. Durch<br />
ein königliches Dekret vom August 1932 wurde der<br />
Automobilclub von Tripolis ermächtigt, zur Finanzierung<br />
des Anlasses während 15 Jahren jährlich<br />
eine Lotterie auszuschreiben, die nach der Art des<br />
irländischen Derbys durchgeführt wird. Diese Lotterie<br />
ermöglichte es aber, nicht nur das Rennen zum<br />
bestdotierten in Europa zu machen, sondern sie sicherte<br />
ihm ein gewaltiges Publikumsinteresse, indem<br />
den glücklichen Inhabern von Losen, welche<br />
auf die beteiligten Rennfahrer lauten, sehr beträchtliche<br />
Gewinne winken. Welchen Umfang diese Lotterie<br />
annahm, geht daraus hervor, dass 1933 der<br />
Erlös aus den Billetten die ansehnliche Summe von<br />
Lire 14.895.070 ergab. Im Jahre 1934 betrug die<br />
Einnahme bereits mehr wie das Doppelte, nämlich<br />
Lire 32.014.590, und stieg dieses Mal auf über 33<br />
Millionen an. Um die zu erwartenden neuen Höchstleistungen<br />
richtig würdigen zu können, dürfte es<br />
interessieren, wer die frühern Grands Prix von Tripolis<br />
gewonnen hat und mit was für Geschwindigkeiten<br />
sie gefahren wurden:<br />
Jahr Sieger Wagen<br />
1925 Ralestrero O. M.<br />
1926 Eysermann Bugatti<br />
1927 Materassi Bugatti<br />
1928 Nuvolari Bugatti<br />
1929 Brilli Peri Talbot<br />
1930 Borzacchini Maserati<br />
1933 Varzi Bugatti<br />
1934 Varzi Alfa R.<br />
Strecke<br />
km<br />
213<br />
400<br />
400<br />
400<br />
400<br />
Std.-Mittel<br />
km/St.<br />
94,920<br />
111,533<br />
132,080<br />
125;738<br />
133,966<br />
104,8 Fin. 146,539<br />
393 168,598<br />
524 186,149<br />
Die Besetzung des Rennens.<br />
Der Grosse Preis von Tripolis bringt in<br />
diesem Jahre eine Besetzung, wie wir sie bis<br />
jetzt noch nie erlebt haben. Sowohl Italien<br />
wie Deutschland werden mit ihren stärksten<br />
Waffen'in den Kampf ziehen, während Frankreich<br />
nur durch Bugatti vertreten sein wird,<br />
da der Sefac-Wagen immer noch nicht rennfähig<br />
ist. Wann dieser endlich mal aus den<br />
Werkstätten kommt, ist vorläufig noch ganz<br />
unbestimmt; aber je länger man auf ihn warten<br />
muss, desto höher schrauben sich die<br />
Erwartungen. Hoffentlich bringt der Start<br />
dann den Franzosen keinerlei Enttäuschung.<br />
Alfa Romeo wird in Tripolis erstmals mit<br />
seinen neuen, zweimotorigen Maschinen aufrücken,<br />
die Spitzengeschwindigkeiten von<br />
340 km/St, erzielen sollen. Da sie •bekanntlich<br />
nicht der Grand-Prix-Formel entsprechen,<br />
d. h. bedeutend schwerer sind als<br />
750 kg und über zirka 500 PS verfügen, so<br />
ist diese Leistung durchaus denkbar. Doch<br />
einen Rekord über einige Kilometer aufzustellen<br />
oder ein Rennen über 500 km zu gewinnen<br />
sind zweierlei Dinge. Spitzenleistungen<br />
über kurze Strecken werden meistens<br />
auf Kosten der Ausdauer und Zuverlässigkeit<br />
erreicht, aber es ist im Interesse eines spannenden<br />
Kampfes zu hoffen, dass dies bei Alfa<br />
Romeo nicht der Fall ist, sind doch diese<br />
zwei neuen Maschinen die einzigen, welche<br />
sich mit Aussicht auf Erfolg in ein Qefecht<br />
mit Mercedes-Benz oder Auto-Union einlassen<br />
können. Eine der beiden Neukonstruktionen<br />
Sportnachrichten<br />
wird auf jeden Fall Nuvolari anvertraut,<br />
während die andere entweder Chiron, Dreyfus<br />
oder Brivio übernehmen wird.<br />
Die Scuderia Subalpina wird sich durch<br />
Etancelin und Farina vertreten lassen, die<br />
beide über Sechszylindermaschinen verfügen.<br />
Ursprünglich wollte Maserati im Grossen<br />
Preis von Tripolis mit einem neuen Achtzylinder<br />
in V J'orm debütieren, doch die Konstrukteure<br />
hatten sich entschlossen, mit der<br />
Jungfernfahrt dieses Wagens noch zuzuwarten.<br />
Varzi CAuto-Union), der in Tunis einen so<br />
überlegenen Sieg landete, wird in Tripolis<br />
durch seinen Team-Kameraden Stuck unterstützt<br />
werden. Die beiden zusammen bilden<br />
eine gefährliche Equipe, besonders