E_1935_Zeitung_Nr.040
E_1935_Zeitung_Nr.040
E_1935_Zeitung_Nr.040
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
N° 40 - <strong>1935</strong> XUTOMOBIL-REVUB<br />
miterlebt, denn der Auto-Union-Fahrer hätfc<br />
seine Führung bestimmt nicht ohne weiteres<br />
abgegeben.<br />
In Farina besitzt Italien einen ganz ausge<br />
zeichneten Nachwuchsfahrer. Er rückte nach<br />
der zehnten Runde für kurze Zeit sogar au<br />
den dritten Platz auf und war bis zur 18,<br />
Runde schneller wie Nuvolari. Auch die Lei<br />
stung von Dreyfus auf seinem kleinen Alfa<br />
war glänzend. Er hat seinen Stallgenossen<br />
die doch über rund 200 PS mehr verfügten<br />
viel zu schaffen gegeben und nur mit knapper<br />
Not konnten die beiden Soliden von Nuvolari<br />
und Chiron ihr Primat unter den AI<br />
fas sichern. Diese beiden hätte man eigentlich<br />
weiter vorn erwartet. Sie gerieten aber gleich<br />
am Anfang des Rennens stark ins Hintertreffen<br />
und hatten nachher viel Mühe, der Spitzengruppe<br />
zu folgen. Chirons Maschine verfügte<br />
nur über 5,8 Liter (510 PS), während<br />
die von Nuvolari etwas stärker war mit 6,32<br />
Liter (540 PS) Inhalt.<br />
Etancelin konnte das gleich von Anfang<br />
an eingeschlagene Tempo nicht halten und<br />
verzeichnete bereits in der 10. Runde einen<br />
Rückstand von 4 Minuten gegenüber Varzi,<br />
Später fiel er noch weiter zurück und schied<br />
in der 28. Runde aus. Ruesch erlitt in der<br />
6. Runde Oelpumpenbruch und musste aufgeben.<br />
Brivio, der das Opfer eines schweren Sturzes<br />
wurde, liegt noch im Spital von Tripolis<br />
Seine Verletzungen waren glücklicherweise<br />
nur leichter Natur, so dass er in einigen Tagen<br />
nach Italien zurückfahren kann.<br />
Die Maschinen. •<br />
Dass die beiden neuen Alfa Romeo nicht<br />
so schnell sind wie Mercedes-Benz oder<br />
Auto-Union, hat man schon aus den Trainingsergebnissen<br />
ersehen können. Doch haben<br />
sie sich mechanisch ausgezeichnet bewährt,<br />
d. h. sie haben ohne irgendwelche<br />
Motordefekte die 524 km lange Strecke einwandfrei<br />
durchgehalten. Für ein Debüt ist<br />
dies immerhin eine hervorragende Leistung<br />
Was an den beiden Wagen zu wünschen übrig<br />
lässt, sind die Bremsen und die Reifen. Das<br />
Problem der Bremsen ist bestimmt zu lösen,<br />
doch ob bessere Reifen gefunden werden<br />
können, ist fraglich. Die beiden Maschinen<br />
werden übrigens wieder auf der Avus antreten<br />
und man wird sehen, was für Lehren die<br />
Konstrukteure aus den Erfahrungen von Tripolis<br />
gezogen haben.<br />
Die deutschen Maschinen haben erneut<br />
- ihre Ueberlegenheit gezeigt. Mercedes hat<br />
viele mit seinem Siege überrascht. Man hatte<br />
Auto-Union für schneller gehalten und auch<br />
im Rennen selbst sah es so aus. Doch hat<br />
bekanntlich Caracciola die schnellste Runde<br />
gedreht vor Stuck und Varzi. Jedenfalls werden<br />
die beiden deutschen Marken auch auf<br />
der Avus erbitterte Gegner sein und bestimmt<br />
nicht weit auseinander zu liegen kommen.<br />
Ausgezeichnet hat sich wieder der 3,2-Liter-<br />
AKa von Dreyfus gehalten, und wenn man<br />
bedenkt, dass diese Maschine nicht gerade<br />
mehr zu den Neukonstruktionen gezählt<br />
werden kann, so ist ihre Leistung doppelt<br />
beachtenswert. Von den Maserati-Maschinen<br />
waren die von Zehender, Farina und Etancelin<br />
geführten am erfolgreichsten. Leider<br />
schieden die beiden letztern aus und Zehender<br />
konnte sich mit 13 Minuten Rückstand<br />
hinter Caracciola an achter Stelle placieren.<br />
Nun liegt eines der schnellsten Rennen<br />
dieser Saison hinter uns. Es wurde mit einem<br />
'Mittel von rund 198 km/St, gefahren<br />
und man darf gespannt sein, was für phantastische<br />
Geschwindigkeiten wohl auf der<br />
Avus erreicht werden, denn bekanntlich ist<br />
dieses Rennen noch schneller und wird nicht<br />
mit Unrecht als das schnellste der Welt bezeichnet.<br />
Rennen am Rand der Wüste.-<br />
«Um 6 Millionen!»<br />
Da sind nun 30 Fahrer, deren Namen und Wagen<br />
auf 30 unter vielen Millionen Losbesitzern kurz<br />
vor dem Rennen ausgelost werden. Und einer von<br />
diesen 30 Glücklichen weiss, dass er binnen drei<br />
Stunden mit tödlicher Sicherheit 6 Millionen Lire<br />
besitzen wird! Man bedenke: wirkliche, echte 6<br />
Millionen, die er dem Mut eines Fahrers, dem Halten<br />
eines Pneus oder dem Ausfall eines anderen zu<br />
verdanken hat!<br />
Aber wer unter den 30 Fiebernden hat den Sieger<br />
erwischt? Und nun sieht man förmlich diese<br />
30 zitternden Menschen im anderen Erdteil am<br />
Radio hängen und ihren Fahrer verfolgen. Sie treten<br />
mit auf's Gas, bremsen, dass es raucht, und<br />
sinken in sich zusammen, wenn es heisst: « Ueberholt!<br />
><br />
Bei diesem mörderischen Ringen in Tripolis, bei<br />
diesem Rennen auf der schnellsten Strecke, mit den<br />
neuesten gigantischen Anlagen am Rande der Wüste,<br />
müssen die armen Losbesitzer verrückt geworden<br />
sein!<br />
Erst führte Caracciola — dann Fagioli — dann<br />
Varzi — dann Stuck — dann wieder Varzi, und<br />
zum Schluss — im allerletzten Augenblick — wieder<br />
«Rudi»! Ich hätte an diesem Tage die zwei<br />
Stunden lang kein Losbesitzer sein mögen, ich hätte<br />
das Radio zertrümmert und wäre vor Aufregung<br />
gestorben... t<br />
Balbo persönlich! .<br />
Im wahrsten Sinne des Wortes: « 1000 und eine<br />
Nacht!» Der liebenswürdige Gouverneur von Li-<br />
byen ladet die Fahrer jsu einem Gartenfest in seinen<br />
Märchenpalast.<br />
Palmen, leuchtende Springbrunnen, Marmorsäulen<br />
in Scheinwerfern und bengalischem Licht!<br />
Die in bunter Festkleidung malerisch verteilten<br />
Araber in dieser sternenklaren Tropennacht geben<br />
dem Bild jenen Glanz und jene Unwahrscheinlichkeit,<br />
die sonst nur in der Phantasie darstellbar!<br />
Und in dem grossen Festsaal, dessen breite Treppen<br />
zu den Blumengärten am Meer führen, empfängt<br />
der Gouverneur die Helden vom Lenkrad, um<br />
mit ihnen und ihren Angehörigen auf ein glückliches<br />
Abschneiden anzustossen. Der Vetter des Königs<br />
von Italien, der Duca di Spoleto, steht ihm zur<br />
Seite!<br />
Aber Balbo ist mehr als ein , liebenswürdiger<br />
Gastgeber und bewunderter Gouverneur. Als mein<br />
Mann in der 20. Runde, an der Spitze liegend, nicht<br />
mehr erscheint und Minuten über Minuten vergehen,<br />
alle Fahrer wieder Vorbeikommen, Tiur er nicht, als<br />
ich von allen Seiten raunen und flüstern höre und<br />
ich schon nichts mehr denken und sagen kann, da<br />
kommt aus seiner Loge Balbo zu uns ins Depot,<br />
nimmt meine Hand und sagt mir tröstend: « Ihrem<br />
Mann ist gottlob nichts passiert, sein Wagen brennt,<br />
aber er ist zu Fuss auf dem Weg hierher! »<br />
Ich bedanke mich und sage noch einmal, leise<br />
zweifelnd: « Aber vielleicht sagen Sie mir das nur<br />
zuerst, damit ich nicht erschrecken soll! > Da lacht<br />
er und reicht mir nochmals die Handr «Parole<br />
d'honneur; genügt Ihnen das? »<br />
Man kann es verstehen, dass Balbo auch als<br />
Mensch von seinen Untergebenen geliebt und verehrt<br />
wird.<br />
Tripolis—Rom 5 Stunden!<br />
Da braucht man nun eigentlich 3 Tage, um von<br />
Mittelitalien nach Tripolis zu kommen, der Stadt<br />
in Afrika mit dem neuesten Hotel, dem grellsten<br />
Licht und der wunderbaren Lage am Meer und der<br />
nahen Wüste.<br />
Aber wenn man Glück hat» in nur 5 Stunden<br />
zurückzukommen, nämlich im dreimotorigen Wasserflugzeug,<br />
das um 8 Uhr fortfliegt und um 13 Uhr<br />
in Rom landet. Und Rennfahrer haben ja bekanntlich<br />
viel Glück, und so sasseh wir gestern mit Nuvolari,<br />
Dreyfus, Chiron, Pintacuda, Taruffi und pokerten,<br />
während das Meer silbern und ruhig unter<br />
uns dahinglitt. Auch der bekannte italienische Meisterflieger<br />
Ferrarini war mit als Passagier. Und<br />
mitten im Pokern sagt da auf einmal der Chiron:<br />
« Es ist ja sehr nett hier oben, aber doch würde<br />
kein Hahn krähen, wenn wir jetzt absacken würden!<br />
» Allgemeiner Protest. Was würde geschehen,<br />
wenn dieses Flugzeug verschwände? Jeder spielt<br />
einen Trumpf aus, und schliesslich beginnt Nuvolari<br />
die Mitfahrenden zu zählen: Chiron, Leiningen;<br />
Dreyfus, Pintacuda, Stuck, Taddini und ich.! — Immerhin,<br />
das Avusrennen würde bestimmt abgesagt<br />
werden! Und aul diese tröstliche Aeusserung waren,<br />
sie alle sehr stolz und spielten befriedigt weiter.<br />
Ja, ja, die Rennfahrer haben Sorgen!!<br />
Paula Stuck.<br />
Das Rundstreckenrennen von Bergamo.<br />
Am Sonntag kommt erstmals der Circuit von<br />
Bergamo auf einer nur 2,8 km langen Rundstrecke,<br />
die 70 mal zu befahren ist, zur Austragung.<br />
Das Rennen ist offen für Maschinen<br />
mit über 1500 ccm Zylinderinhalt. Die Piste<br />
selbst stellt an die fahrer hohe Anforderungen,<br />
denn eine Kurve löst die andere ab und<br />
gerade Strecken, wo die Maschinen auf volle<br />
Tourenzahl kommen könnten, sind keine vorhanden.<br />
Unter den eingegangenen Nennungen befinden<br />
sich fast'alle italienischen Elitefahrer.<br />
Die Scuderia Ferrari hat vier Wagen gemeldet,<br />
deren Führer aber noch nicht bestimmt<br />
sind. Sicher wird Nuvolari unter ihnen zu<br />
finden sein. Maserati entsendet zwei Maschinen<br />
ins Treffen, die Zehender und Siena anvertraut<br />
werden. Möglicherweise wird auch<br />
Varzi auf Maserati starten. Ferner werden<br />
Farina (der in Tripolis sein grosses Können<br />
bewiesen hat), Barbieri (Dritter in der letzten<br />
Targä Florio), Danese, Soffietti, Bonetto,<br />
Minozzi, Ghersi und noch einige weniger, bekannte<br />
italienische Fahrer von der Partie<br />
sein. Jedenfalls weist das Rennen eine interessante<br />
Besetzung auf und man darf auf den<br />
Ausgang des Kampfes sehr gespannt sein.<br />
Wegen der ausserordentlich kurzen Piste<br />
wird auch der Zuschauer voll und ganz auf<br />
seihe Rechnung kommen, denn ständig rasen<br />
die Maschinen an ihm vorbei und er erhält<br />
somit eine glänzende Uebersicht über die<br />
Lage des Rennens. Die Nennungen :<br />
* = " Siena (Scud. Sub. Maserati)<br />
Zehender (Scud. Sub. Maserati)<br />
Farina (Maserati)<br />
Barbieri (Maserati)<br />
Bonetto (Maserati)<br />
Ghersi (Maserati)<br />
Minozzi (Alfa Romeo)<br />
Danese (Alfa Romeo)<br />
Cornaggia (Alfa Romeo)<br />
Soffietti (Alfa Romeo)<br />
Romano (Bugatti)<br />
Carnevali (Bugatti)<br />
Clerici (Maserati)<br />
Tofanelli (Alfa Romeo)<br />
4 Fahrer (Scuderia Ferrari)<br />
In Berücksichtigung der schwierigen und<br />
teilweise auch engen Piste werden für das<br />
Rennen selbst nur 12 Fahrer zugelassen, und<br />
zwar diejenigen, die beim Training die besten<br />
Zeiten erreichen.<br />
Taruffi auf Bugatti. Taruffi ist von den Molsheimer-Werken<br />
ein Bugatti, Modell Grand Prix,<br />
zur Verfügung gestellt worden, mit dem er vorläufig<br />
als Einzelfahrer starten wird. Im Verlaufe<br />
der Saison soll sich Bugatti offiziell an einigen<br />
internationalen Grossen Preisen durch eine Equipe<br />
vertreten lassen, der dann auch: Taruffi angehört.<br />
Er hat übrigens kurzlich Bern einen Besuch<br />
abgestattet und besichtigte hier die Bremgarten-<br />
Rundstrecke, über die er sich voll Begeisterung<br />
äusserte. Er hofft sowohl im Grossen Preis für<br />
Motorräder, wie auch für Automobile auf dieser<br />
Pißte fahren zu können.<br />
> ' ' = Sport siehe auch Seite 15.<br />
Der Erfolg der Vernunft<br />
Hotchkiss verwendet nur solche konstruktive Lösungen, die vernunftgemässem Denken<br />
und vetnunttgemässer Erfahrung entsprechen. Dank dieser vernnnttgemässen Einstellung,<br />
welche die ganze Fabrikation beherrscht, konnte Hotchkiss in den härtesten internationalen<br />
Prüflingsfahrten, sowohl auf der Strasse wie auf der Rennbahn, den Sieg<br />
an sich reissen.<br />
Die neuen Hotchkiss <strong>1935</strong> zeichnen sieh besonders durch ihre formvollendete Ausführung,<br />
ihren unvergleichlichen Komfort und ihre ausgergewöhnliche Strassenhaltung<br />
aus und überragen die früheren Modelle noch bei weitem.<br />
Werden Sie zufriedener Besitzer eines Wagens und wählen Sie einen<br />
^ ^ ^ m * * ^ * * m m ß '<br />
m * ^ m m m m ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^^^^^^^^^^^^^^^^^tDtMN^W»<br />
Verl.Sie den illustr. Katalog u. die Preisliste durch den Generalvertr. f. die Schweiz:<br />
GRAND GARAGE E. MAURER, Boulevard des Tranchees 50, GENF<br />
Vertr.f.Zürich, St.Gallen u.Thurgau: Binelli u. Ehrsam A.-G., Stampfenbachpl.48,<br />
Vertreter für BASEL: Paul Staehli, Hardstrasse 62, Basel<br />
(Zürich<br />
Vertreter für BERN: Andre Zumstein, Effingerstrasse 93, Bern<br />
Vertreter fDr NEUENBURG: Garage Patthey, rue du Seyon, Neuenburg<br />
i<br />
Die Unterschriften der Auto-<br />
Rennfahrer.<br />
Die am Grossen Preis der Schweiz beteiligten<br />
Rennfahrer hatten unserem Berichterstatter ihre<br />
Unterschriften geschenkt, die als ein interessantes<br />
Schriftendokument nach der Veranstaltung in unserem<br />
Blatt wiedergegeben wurden. Nunmehr hat sich<br />
Dr. G. M o r f die Aufgabe gestellt, diese Unterschriften<br />
graphologisch zu deuten. Unter obigem<br />
Titel publiziert er die Ergebnisse seiner Prüfung<br />
in der neuesten Nummer (Nr. 4) vom April <strong>1935</strong><br />
der « Psyche >, der schweizer. Monatsschrift für<br />
Psychologie und Graphologie. Mit liebenswürdiger<br />
Erlaubnis des Verlages entnehmen wir dem Aufsatz<br />
die folgenden bemerkenswerten Ausführungen, denen<br />
wir zum besseren Verständnis nochmals die<br />
Unterschriften beigeben:<br />
Die auf Seite 5 wiedergegebenen 37 Namenszüge<br />
stammen alle von Autorennfahrern grösstenteils<br />
internationalen Rufes. Es sind die Unterschriften<br />
der Fahrer, die im letzten Sommer den Grand<br />
Prix Suisse für Automobile in Bern ausgetragen<br />
haben.<br />
Beim Herantreten an diese 37 Unterschriften<br />
stellen sich uns sofort einige Fragen: Haben diese<br />
Schriften etwas Gemeinsames, das gewissermassen<br />
als typisch für den Autorennfahrer gelten könnte?<br />
Drückt dieser Beruf oder diese Eignung sich irgendwie<br />
im Namenszug aus? Und umgekehrt: welcher<br />
Typus Mensch ist es, der, nach der Schrift zu urteilen,<br />
sich zum Autorennfahrer eignet? Sind es<br />
«Extravertierte», sind es «motorische Typen», sind<br />
es Astheniker, Pykniker oder Athletiker? Sind es<br />
Verstandes- oder Gefühlsmenschen, Intuitive oder<br />
Empfindungstypen? Sind es ungeistige Materialisten<br />
oder Träumer, Fantasten und Va-banque-<br />
Spieler? Sind es von Ehrgeiz Getriebene, Rastund<br />
Ruhelose? Sind es von einer fixen Idee beherrschte<br />
Monomanen (wie der Sportieind urteilt),<br />
oder aber tapfere Helden, wie es sich der Kopf<br />
aller grossen und kleinen Kinder ausdenkt?<br />
Wenn wir das Mosaik dieser 37 Unterschriften<br />
überblicken, so konstatieren wir vorerst das eine:<br />
dass alle diese Menschen ganz individuelle Charaktereigenschaften,<br />
aufweisen, dass sie zu ganz<br />
verschiedenen Typen und Menschenklassen gehören,<br />
dass sie in Bezug auf Herkunft, Anlagen, Erziehung<br />
und Bildung ungemein verschieden sind und<br />
dass es darunter Menschen gibt, die ihrem Charakter<br />
nach so unähnlich wie nur möglich sind.<br />
Aber andererseits konstatieren wir auch einige allgemein<br />
ausgeprägte Züge, die sozusagen die unumgänglichen<br />
Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />
Betätigung als Rennfahrer darstellen und die wir<br />
deshalb auch in jeder Unterschrift, wenn auch nicht<br />
immer genau in der gleichen Form, ausgedrückt<br />
finden.<br />
Studieren wir vorerst einmal diese gemeinsamen<br />
Züge! Da finden wir vor allem fast überall eine<br />
zum Teil geradezu 'hemmungslos anmutende Freude<br />
an der Bewegung. Diese Freude drückt sich aus in<br />
den vielen Schleifen, die nicht selten mehrmals hinund<br />
herführen und dabei sogar den Namen durchstreichen<br />
können. Aber gerade hier kommen schon,<br />
starke individuelle und nationale Unterschiede zur<br />
Geltung: es sind besonders die Italiener (R. Balestrero,<br />
P. Ghersi, C. Biondetti, R. Malaguti,, Toti<br />
Raffaelle), ferner der Franzose Dreyfus, die ihrem<br />
Bewegungsdrang durch ausgiebige Schleifenbildung<br />
expansiv Luft machen, indes die Schweizer (H.<br />
Kessler!), Deutschen und Engländer viel gemässigter<br />
bleiben. Interessant ist immerhin die Art, wie<br />
der Deutsche Bobby Kohlrausch dem «Drang nach<br />
vorwärts» in seiner Unterschrift ungestümen Ausdruck<br />
verleint: nicht nur die langen Striche des B,<br />
sondern noch mehr das weit ausfahrende Oberstück<br />
des K sind geradezu ein Symbol für «Vollgas auf<br />
gerader Strecke», zugleich deutet die verhältnismässige<br />
Starrheit dieser Züge und der Zusammenstoss<br />
mit der darüberstehenden Schrift auf eine gewisse<br />
Rücksichtslosigkeit, die man ja bei Rennfahrern<br />
naturgemäss oft findet. Ganz ähnlichen Bewegungsdrang,<br />
aber von einer geradezu erstaunlichen<br />
Exaktheit, Disziplin und Verbissenheit, gepaart<br />
(wie der Druck zeigt) mit einer bis zur Brutalität<br />
anwachsenkönnenden Rücksichtslosigkeit im<br />
Siohdurchsetzen, zeigt die Unterschrift von Hans<br />
Stuck, dem Gewinner des Grossen Preises. Aber<br />
auch bei den meisten andern Fahrern finden wir<br />
den Bewegurigsdrang irgendwie ausgedrückt, bald<br />
durch ausgiebige und übertriebene Schleifenbildung<br />
bei Oberlängen (Pierre Veyron, A. Girod, Hans Simons,<br />
Heinz Krebs, dessen H an dasjenige Stucks<br />
erinnert, H. Ruesch, Pietro Ghersi), bald durch<br />
starkes Ausfahren von Linksschleifen (Gigi Plate<br />
und Louis Chiion), wobei zu beachten ist, mit welcher<br />
Präzision hier das «Steuer» in der «Kurve»<br />
herumgerissen wird. Mehr spielerischen Charakter<br />
nimmt der Bewegungstrieb bei Luigi Fagioli (die<br />
letzte Unterschrift auf Tafel II) an, wo man direkt<br />
von einem «Federn und Schaukeln» sprechen kann.<br />
Dieses plaisir du mouvement (um einen Ausdruck<br />
der französischen Graphologie zu brauchen),<br />
dieser Spieltrieb (wie Pulver übersetzt) symbolisiert<br />
jenes Kind im Manne, das sich von jeher ausgiebig<br />
mit bewegten Maschinen, mit Motoren und also vor<br />
allem mit Automobilen und Flugzeugen beschäftigt<br />
hat. Das Interesse am Autofahren und am Fliegen<br />
drückt sich in der Tat bei einer grossen Zahl von<br />
Menschen, die zwar selbst keine Rennfahrer oder<br />
Flieger sind, die aber an technischen Dingen, am<br />
Basteln usw. eine fast knabenhafte Freude haben,<br />
in einer ganz ähnlichen Bewegungsfreude in der<br />
Schrift aus, die aber dann viel konventioneller und<br />
ungeformter erscheint.<br />
Schliesslich finden wir ähnliches, aber schon<br />
ganz bedeutend zahmer und gleichsam mit allerhand<br />
Sicherungen umgeben, bei Menschen, die zwar einen<br />
bürgerlichen Beruf, aber daneben einen verdrängten<br />
Reisetrieb haben, den sie in den Ferien um so ausgiebiger<br />
abzureagieren pflegen, je eintöniger ihr<br />
Beruf ist. Gewöhnlich haben diese Leute eine gewisse<br />
Rastlosigkeit und Nervosität, sie sehnen sich<br />
von Zeit zu Zeit nach Abwechslung und neigen zu<br />
Launenhaftigkeit. Die Befriedigung ihres Bewegungstriebes,<br />
sei es nun durch Reisen oder durch<br />
Steuern eines eigenen Wagens beruhigt sie nur für<br />
kurze Zeit. Doch kehren wir zu unsern Unterschriften<br />
zurück!<br />
Typisch ist, dass die englischen Fahrer auf jede<br />
laute Aeusseruhg der Bewegungslust in ihren Namenszügen<br />
verzichten. Besonders Howe erscheint,<br />
wenigstens auf den ersten Blick, als typisch englisches<br />
Phlegma, doch erweist sich bei näherem Zusehen<br />
sein H, die Verbindung zwischen o und w,<br />
sowie in geringem Grade diese beiden Buchstaben<br />
selbst als Ausdruck einer nicht misszuverstehenden<br />
Bewegungsfreude, die allerdings in echt englischer<br />
Fortsetzung Seite 5 und 7.