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E_1935_Zeitung_Nr.048

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48 - <strong>1935</strong> AUTOMOBIL-REVUE 19<br />

dem zunehmenden Fährverkehr. Seit Jahren<br />

jedoch bemühen sich die Bündner Strassenmänner<br />

mit Erfolg um Verbesserungen, Verbreiterungen,<br />

Uebersichtlichkeit und staubfreie<br />

Unterlagen. Wenn ungeduldige Hoteliers<br />

auf die sichtbareren Taten der Nachbarländer,<br />

die ihre Bergstrassen meist als Kriegsstrassen<br />

bauten, hinweisen, so darf ebenso darauf hingewiesen<br />

werden, dass in der kurzen Zeitspanne<br />

des bündnerischen Automobilismus<br />

tatkräftig gearbeitet würde. Autobahnen, wie<br />

sie heute Deutschland in bewundernswerter<br />

Weise erstellt, eignen sich für ein Bergland,<br />

das schliesslich nicht durchrast, sondern gesehen<br />

werden will, nicht. Gewiss sind die bestehenden<br />

Passübergänge, fachmässig betrachtet,<br />

kaum erstklassig; sie werden aber<br />

im Laufe weniger Jahre — sofern man auch<br />

in Bern noch etwas mehr für die schweizerischen<br />

Passwege tun will — allen Ansprüchen<br />

genügen.<br />

Wer übrigens als Naturgeniesser durch die<br />

Täler und über die Berge fährt, achtet nicht<br />

mehr auf Uhr und Kilometerzähler und ärgert<br />

digen Eigenheit. Was für die Schweiz im ganzen<br />

gilt: auf kleinstem Räume die grössten landschaftlichen<br />

Verschiedenheiten zu vereinen, gilt für Graubünden<br />

im besonderen. In ein paar Autostunden<br />

schon befinden wir uns nach gelbem Korn, fruchtbaren<br />

Aeckern, Eichemväldern und Rebgehängen<br />

mitten in Eis und Schnee, Fels und strammkühler<br />

Luft Von Landquart rolle ich durch die nur anfangs<br />

dräuende Felsklus nach Klosters und Davos<br />

oder im immer noch behaglichen Rheintal hinauf<br />

nach Chur. Der Abstecher nach Arosa lohnt sich<br />

— dem Kurven-Besessenen sei verraten, dass er<br />

auf einer Strecke von 30 Kilometer über 300 denkbare<br />

und undenkbare Böglein, Ränke und Haarnadeln<br />

zu meistern hat (allerdings ist diesen Drehungen<br />

der Reiz etwaiger Gefährlichkeit durch<br />

sorgfältige Ausbauungen genommen!). An der<br />

Tüchtigkeit de* Aroser als Autolenker ist jedenfalls<br />

ihre sie immer wieder schulende Strasse schuld.<br />

Sieber ist Chur, Kantonshauptstadt und Bischofesttz,<br />

autotouristisch der wichtigste Ausgangspunkt.<br />

Ich zähle auf: über Parpan-Lenzerheide<br />

nach Tiefenkastöl — die Hinabfahrt bietet überwältigende<br />

Ausblicke — und weiter durch das<br />

Oberhalbstein und über den Julierpass, der jetzt<br />

auch •winteiüber fahrbar ist, ins Engadin nachSilvaplana<br />

- St, Moritz-Pontresina - Zuoz -Unterengadin<br />

oder entgegengesetzt nach Maloja und ins wilde<br />

prachtvolle Bergell. Von Pontresina wiederum lohnt<br />

Eich die Fahrt im Glanz der Berninagletscher nach<br />

Poschiavo, dem lieblichen Le Prese mit Pfirsichen<br />

i und Rosen an der Hotelmauer und weiter hinunter<br />

ins weinwarme Veltlin Oder ich pirsche dem Geleise<br />

der Rhätischen Bahn nach bis Thusis, zwänge<br />

mich durch die ewigdämmernde tosende Viamalaschlucht,<br />

gewinne terrassenförmig, auf behäbigem<br />

Tale die Höhe und zweige in Splügen über, den<br />

gleichnamigen Pass nach Chiavenna ab, wo ich<br />

durch das Bergell wiederum ins Bergell zurückkehre.<br />

Fahre ich der Nase nach, schraube ich mich<br />

rasch am Bernariin hoch, um nach unvergleichlichen<br />

Bildern, die sich immer südlicher und reifender<br />

erfüllen, in Bellinzona einzumünden. Noch<br />

andere Möglichkeiten bieten sich mir von Chur aus:<br />

ich will ins Bündtier Oberland, besuche Flims und<br />

eein mitten im Wald gelegenes Hoteldorf Waldhaus-<br />

Flims mit dem beinahe weltberühmten tanngrünen<br />

Caumasee und komme weiter über Uanz und Disentis<br />

auf schmaler aber meist guter Strasse zur<br />

Öberalp-PasshÖhe (schon bin ich im Banne des<br />

Gotthardmassivs), oder ich schwärme, gütgelaunt,<br />

in Disentis links aus, um mich im Medelsertal an<br />

Gamsrudeln und landwirtschaftlichen Einfällen zu<br />

ergöt?en uud endlich über den Lukmanier Biasca<br />

und Bellinzona zu erreichen. Und wiederum kann<br />

ich von Bellinzona das Misox empor und über den<br />

Bernardin ins geliebte Graubünden, das ich ja<br />

verlassen möchte, zurück. Uebrigens verbinde ich<br />

Thusis auf recht romantischem, schluchtigem und<br />

gähem Wege mit Tiefenkastei und kann von dort,<br />

statt über den schier ausgefahrenen Julier, über<br />

den weniger bekannten, doch reizvolleren Albula<br />

ins Engadin; die Abzweigung bei Alvaneu nach<br />

Wiesen und durch das enge, waldige und felsenklotzige<br />

Tal der «Zügen» nach Davos bleibe nicht<br />

unerwähnt. Dieser Kreis ist geschlossen. Und nun<br />

beginnt ein anderer, fernerer Kreis, den ich mit<br />

den Sternpunkten: Davos-Flüelapass (von der Höhe<br />

erblicke kh bei sichtigem Wetter das stolze Tarasjjer,<br />

Scfyloss). — Süs^Zernezt-Ofehpass-Umbrail-Börmio-Ti'ranö-Ti'eifnina-Älb'uia-Üavös<br />

i teMna-Älbulä-Davö vollende. Diese<br />

Rundtöür Ist "grössariig " und' "ünvergesslich. " " "Eiri- :<br />

sich nicht mehr über eine auf Geschwindigkeit<br />

nicht geeichte Bahn. Die Bündner Strassen<br />

kreisen in solche Stimmungen hinein, in solche<br />

Einsamkeiten, Kühnheiten und Farbenspiele,<br />

dass man ihnen dankbar sein sollte.<br />

Sie durchschneiden kaum ein Tal, sie wiegen<br />

es beidhangig aus; sie brechen nicht durch<br />

den Berg, sie schwingen schwindelig an ihm<br />

empor und lassen die Lust des Höherschraubens,<br />

des Himmelwerdens wunderbar erleben.<br />

Und köstlich schleifen sie von den Höhen in<br />

Ringen und weitgezogenen Bogen, langsam<br />

hinab. Man verfolgt die Grenzen: bis hierher<br />

herrschen Fels und Eis, dort nach den Edelweiss<br />

blühen an Hang und schlichten Seeufern<br />

Alpenrosen, hier beginnen die Bäume,,<br />

krüppelig noch, mehr in die. Breite als Höhe<br />

wachsend, mählich aber waldhaft aufrecht..<br />

Dazwischen, in Lichtungen, leuchten blaue<br />

Wiesen, Enzian an Enzian. Schon schimmert<br />

weisslich das Dorf herauf, in das wir nicht<br />

hineinbrechen, sondern gemächlich hineingleiten.<br />

Ich möchte dam Autowanderer kein festes Programm<br />

für seine B'ündner Fahrten vorschlagen; ich<br />

möchte ihn auch nicht über unsere Pässe ins nachbarliche<br />

Ausland jagen, sondern ihn, ohne an der<br />

Nase herumzuführen, im eigenen Lande halten; Ich<br />

biege, von Zürich kommend, beispielsweise in Sargans<br />

nach Trübbach ab, streife das lichtensteinische<br />

Balzers und fahre über die einzigartige Luziensteig<br />

riacb Mayenfeld (Maienfeld mit «i» geschrieben,<br />

sei falsch, sucht mir der Stadtpräsident bei<br />

einem Glase sternstrahlendem eigenen Wein zu beweisen).<br />

Schon bin ich in Bünden. Und wer diese.,<br />

weingesegnete Herrschaft, des Kantons nicht kennt,/'<br />

kennt Graubünden nur in seiner bergigen und walmal<br />

bin ich allerdings am Umbrail mitten im Juli<br />

im Schnee stecken geblieben — aber die italienischen<br />

braunfinsteren Zöllner entpuppten sich als<br />

liebenswürdige Helfer. Brich an einem blauen<br />

Frühmorgen auf, die Wunder warten deiner! —<br />

Davos ist, wie St. Moritz auch, nicht nur winterliches<br />

Skitouren-Zentrum, sondern ebensosehr auch<br />

sommerliches Standquartier für den Autler. Vor<br />

allem bildet der J"!üela die kürzeste Fahrverbindung<br />

von Landquart über Davos nach dem Unterengadin<br />

(auch Oberengadin) und seinen bekannten<br />

Heilbädern Schuls-Vulpera-Tarasp. Mählich wird<br />

auch die Unterengadiner Strasse ruhiger und besser,<br />

nachdem sie jahrelang in kläglichem Zustande<br />

war. Die Route Martinsbruck-Finstermünz ins<br />

Oestrreichische und Italienische<br />

sich an und wird gerne gemacht.<br />

hinein schliesst<br />

Sieben Strassen schneiden die Walliser<br />

Kantonsgrenze; sechs davon sind respektable<br />

Passübergänge. Nur ein Weg führt, wie's<br />

sonst üblich ist, mehr oder weniger eben in<br />

den Kanton hinein. Ein sonderbares Land,<br />

muss man sich sagen, wenn man das so<br />

vor sich geschrieben sieht. Das farbenfrohe<br />

Wallis, die hochalpine Ferienstube, hat auch<br />

sein ganz apartes Netz von Strassen. Die<br />

Karte lehrt uns;<br />

Im Osten kommt die Furka aus der Urschweiz<br />

an die junge Rhone. Eine verkehrspolitisch<br />

ungemein interessante Strasse, denn<br />

sie knüpft das Rhonetal an den Gotthard, sie<br />

bildet mit der Oberalp zusammen die grosse,<br />

einzigartige West-Ost-Verbindung- der Zentralalpen.<br />

Daneben die Qrimsel, die wie die<br />

Furka keck an den Hang hingeworfen ist,<br />

Gen Süden der Simplon, den man im Wallis<br />

als den schönsten Pass bezeichnet. Sie haben<br />

wahrscheinlich nicht unrecht, die Walliser;<br />

denn wer je einmal im Frühsommer die Alpenrosenpracht<br />

an der Napoleonschen Alpenstrasse<br />

gesehen hat, dem fällt's nicht schwer,<br />

zuzugeben, dass der Simplon ein feiner Pass<br />

ist, vielleicht tatsächlich die schönste Passstrasse<br />

weit und breit. Des Simplons Bruder<br />

ist der Grosse St. Bernhard, ein auf Schritt<br />

und Tritt auf Geschichte zugeschnittener<br />

Uebergang. Dieser Pass, wo jeder Meilenstein<br />

mit historischen Reminiszenzen verbunden<br />

ist, hat Tradition wie keine zweite<br />

Strasse im Wallis. Vom Unterwallis leiten<br />

.zwei Wege nach Frankreich hinüber, die<br />

Forclaz Richtung Mpnt-Blanc und der Pas<br />

rie-Morgins, der Benjamin der Walliserpässe,<br />

Neben den wichtigen Heeresstrassen führen<br />

fahrbare Wege und Strässlein in allerlei wonnigliche<br />

Winkel, Ecken, Bergschalen und verschwiegene<br />

Sommerorte, die in ihrer Abseitigkeit<br />

noch unberührter und ursprünglicher<br />

sind. Aber warum sie aufzählen? Schliesslieh<br />

will ich meinem Autobruder die Entdeckerfreude<br />

nicht vorwegnehmen. Und die ideale<br />

Einheit Fahren und Wandern will ich ihm erst<br />

recht überlassen; jenes Passland Graubünden,<br />

das nicht mit dem Pneu, nur mit dem Nagelschuh<br />

erreichbar ist, auf Saumpfaden, über<br />

Kletterfelsen und samtene weglose Weiden,<br />

ist am schönsten und himmlischer Stille und<br />

himmlischem Sturm am nächsten.<br />

Wallis, Bergstrassenland par excellence<br />

nach Hochsavoyen, ziellos ohne richtiggehenden<br />

Abschluss.<br />

Neben diesen sechs hochalpirien Uebergängen<br />

hat das Wallis aber noch eine ganz<br />

Reihe von Strassen, die auf der Karte ein<br />

schüchternes, unauffälliges Dasein fristen<br />

und im grossen Verkehr kaum über die Be-<br />

Ein mächtiger Ausguck im unteren Rhonetal: Der<br />

Batiaz-Turm bei Martigny, der einst berufen war,<br />

das Rhone-Eck unter dem Daumen zu halten.<br />

J,<br />

Mt f^R dl Avere-O«tto •<br />

GRAUBÜNDEN<br />

vereinigt durch seine bevorzugte<br />

geographische<br />

Lage, seine grossartige<br />

Gebirgswelt, seine mannigfaltigen<br />

Kurmittel (Weltbäder<br />

und Luftkurorte) und<br />

seine Sportplätze, ferner<br />

durch seine hochinteresund<br />

elektrischen Bahnen,<br />

santen Alpen-Autostrassen<br />

welche durch malerische<br />

Talschaften bis in die<br />

Gletscherregionen führen,<br />

alle Vorzüge in sich, die das<br />

Land zu einem der hervorragendsten<br />

Touristen-, Kurund<br />

Sportgebiete Europas<br />

stempeln.<br />

Strasse Chur-Arosa für Autos offen.<br />

Auskunft, Prospekte und<br />

Hotelführer Graubünderi<br />

durch das Offizielle Verkehrsbüro<br />

in Chur.

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