E_1935_Zeitung_Nr.051
E_1935_Zeitung_Nr.051
E_1935_Zeitung_Nr.051
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
No 51 - 1985<br />
2)te UUexesscutte £c£e<br />
%cwd<br />
Als die «Mauretania» am 20. November<br />
1907 vor dem schwarzen Wolkenkratzergebirge<br />
von Manhattan auftauchte und langsam<br />
durch den Hafen von New York fuhr,<br />
standen Hunderttausende von Menschen am<br />
Ufer, aus allen Fenstern winkte man, die Sirenen<br />
der Schiffe heulten: die «Mauretania»<br />
hatte in der unerhörten Rekordzeit von kaum<br />
fünf Tagen die Ueberfahrt gemacht, mit einer<br />
Geschwindigkeit von 28 Seemeilen, was bisher<br />
niemand für möglich gehalten hätte. In den<br />
Strassen Londons aber spielten sich zur glei-<br />
Band > für die « Europa »,<br />
Band » ist alles!<br />
Jetzt tritt das neue Italien auf den Plan.<br />
< Rex», schon durch den Namen sum Träger<br />
der höchsten Auszeichnung prädestiniert, soll<br />
das «Blaue Band» erringen. Mussolini hat<br />
es befohlen. Zweimal täglich muss der Kommandant<br />
von der Rekordfahrt nach Rom telegraphieren.<br />
Und er macht es! Mit vier Stunden<br />
schlägt « Rex » die « Europa », wobei al<br />
lerdings dieser Rekord nicht allgemeine An<br />
erkennung findet. Denn «Rex» ist von dei<br />
üblichen Nordstrecke abgewichen, fährt vo<br />
Gibraltar nach New York. Und während noc 1<br />
der Streit der Meinungen über , den Ozea<br />
geht, macht ein vergessenes, einst berühmte:<br />
Schiff seine letzte Ueberfahrt: die «Maure<br />
chen Zeit Szenen ab, die in der späteren Zeit<br />
nur noch beim Waffenstillstand und den<br />
Feiern des « Silberjubiläums » überboten wurden;<br />
die Leute sangen, sammelten sich unter<br />
tania », die unmodern und unrentabel geworden<br />
ist, kommt nach Rosyth, auf den grossen<br />
Hoch-Rufen vor dem Gebäude der Cunardschottischen<br />
Schiffsfriedhof. Dort wird sie jn<br />
Schiffskompagnie, und in der Jubelstimmung<br />
Stücke geschnitten und tonnenweise als Alt<br />
hörte man ämtner wieder zwei Worte: «Blue<br />
metall verkauft. Ein trauriges Ende für eini<br />
Ribbon » — das « Blaue Band! »<br />
Königin! Da hat es die «Lusitania» besser ge<br />
habt, sie ist auf dem Felde der Ehre unter<br />
Das Blaue Band des Ozeans! Für alle seefahrenden<br />
Nationen bedeutet es seit jeher den<br />
gegangen.<br />
höchsten Triumph, die wertvollste Auszeichnung<br />
ihrer seemännischen Tüchtigkeit. Ein<br />
Jetzt ist die « Normandie » über den Ozösu<br />
gefahren, das grösste und schönste Schiff<br />
Stück Romantik hängt daran, wie an allen<br />
das die Menschen bisher erbaut haben. Mi<br />
grossen Errungenschaften. Sie spiegelt sich<br />
einer Geschwindigkeit von fast 30 Knoten,<br />
schon in dem Namen; «Blaues Band», erinnert<br />
das nicht an die Blaue Blume der uner-<br />
über 52 Stundenkilometer, hat sie die klassi-,<br />
sehe Rennstrecke zurückgelegt und damit den<br />
füllten romantischen Sehnsucht? Die Romantik<br />
wird dadurch gesteigert, dass das Blaue<br />
«Ruban bleu» für die Compagnje Generale<br />
Transatiantique und für Frankreich erobert.<br />
Band in Wirklichkeit gar nicht existiert. Es<br />
160 000 Pferdekräfte waren nötig, um dem<br />
ist ein Begriff geworden, der sich von der<br />
Riesenleib von 80 000 Tonnen diese Geschwindigkeit<br />
zu geben. Frankreich jubelt und Ame-<br />
Substanz losgelöst hat. Warum es gerade<br />
«Blaues» Band heisst? Darüber herrscht<br />
rika kennt heute nur eine Sensation: die<br />
keine Klarheit. Mit der ebenso genannten Auszeichnung<br />
des Hosenbandordens, des schwe-<br />
Immer grosser wird die Ritterschaft vom<br />
« Normandie ».<br />
dischen Seraphimenordens oder des russischen<br />
Andreasordens hat es nichts gemein. kühl rechnenden Finanziers, zehntausenden<br />
Blauen Band. Klar denkenden Ingenieuren,<br />
Zum ersten Male erhielt es die « Britannia » Arbeitern schwebt es als lockendes Ziel vor.<br />
im Jahre 1840. Ein Stück amerikanischer Rekordsucht<br />
und neuzeitlicher Sensationslust Epoche wird das Blaue Band vielleicht die<br />
Für die künftigen Geschichtsschreiber unserer<br />
steckt darin. Zweifellos hätte es auch schon seltsamste Mischung von technischem Können,<br />
neuzeitlicher Rekordsucht und Jüngst-<br />
in früheren Jahrhunderten so etwas wie das<br />
Blaue Band geben sollen. Selbst die Direktoren<br />
der heutigen Schiffsgesellschaften werden<br />
vergangener Romantik sein.<br />
zugeben müssen, dass die Phönizier oder Magalhaes,<br />
Vasco da Gama und Columbus grösseren<br />
Anspruch darauf gehabt hätten als die<br />
modernen Ozeanriesen.<br />
Jbvuesa<br />
Seit aber ein tüchtiger Reklamefachmann<br />
für die schnellste Verbindung zwischen Europa<br />
und Nordamerika das magische Blaue<br />
Band erfunden hat, spukt es in den Träumen<br />
aller Menschen herum, deren Schiffe auf dem<br />
Nordatlantik fahren. Das Blaue Band erringen!<br />
Es gilt nur für die Strecke EuroparNew<br />
York, welche in der modernen Schiffahrt die<br />
« Rennstrecke » geworden ist. Für die schnellste<br />
Verbindung mit Südamerika und Ostasien<br />
Werden zwar auch Auszeichnungen verteilt,<br />
aber das sind doch nur Orden zweiter Klasse.<br />
Das Blaue Band dagegen bedeutet mehr:<br />
Ehre, nationalen Triumph, grosses Interesse<br />
(vor allem der Amerikaner) für das schnellste<br />
Schiff der Welt, gute Einnahmen.<br />
Zweiundzwanzig Jahre hat die «Mauretania<br />
» das Blaue Band gehalten, ist sie ungekrönte<br />
Königin der. Meere geblieben. Nur einmal,<br />
während dieser langen Zeit war ihr Primat<br />
bedroht: im April 1912, als das damals<br />
schönste, beste und schnellste Schiff Kurs auf<br />
New York nahm. Die Rekordfahrt der « Titanic<br />
» ist auch ihre Todesfahrt geworden. Wieder<br />
regiert die « Mauretania », ihre vier Kamine<br />
werden von den Seeleuten aller Meere<br />
bewundert, und wenn sie aus dem Hafen von<br />
New York fährt, machen ihr die kleinen<br />
Die ersten Opern hatten keine Ouvertüren,<br />
Entweder wurde gleich mit dem Spiel begonnen<br />
oder man leitete die Opern mit einem<br />
Tusch ein.<br />
Als eine Symphonie von Haydn, bei der<br />
der Komponist selbst am Flügel sass, In London<br />
erstmalig aufgeführt wurde, stürmte, das<br />
vor Begeisterung rasende Publikum nach<br />
vorn, um Haydn zu beglückwünschen. Kaum<br />
hatte sich die Saalmitte, geleert, als der riesige<br />
Kronleuchter herabstürzte. Der Enthusiasmus<br />
der Hörer hatte sie vor dem sicheren<br />
Tode gerettet.<br />
Die siebente Sinfonie von Bruc1