E_1936_Zeitung_Nr.024
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24 — SAMSTAG, 21. MÄRZ 1986 AUTOMOBIL-REVUE 15<br />
Die Technik des Pou du Ciel<br />
Für die Personen, welche noch nie einen Pou<br />
du Ciel gesehen haben, empfehle ich, von<br />
nachstehender Beschreibung Kenntnis nehmen<br />
zu wollen.<br />
Der Pou du Ciel ist eine Art Doppeldecker,<br />
bei welchem die beiden Flügel sehr versetzt<br />
sind. Der obere Flügel deckt nur schwäch den<br />
untern, anders gesagt, der hintere Rand des<br />
vordem Flügels befindet sich genau über dem<br />
vordem Rand des hintern Flügels.<br />
Per vordere Flügel, welcher beweglich ist;<br />
ruht auf einem Holmen (Konstruktion, wölche<br />
dem Flügel die Widerstandsfähigkeil gibt). Ei*<br />
bewegt sich auf einer Querachse und sichert<br />
dadurch die. Steuerung (das Aufr und Niedergehen).<br />
Der hintere Flügel ist am Rumpf hinter<br />
dem Sitz des Piloten befestigt. Das Richtungssteuer<br />
schliesst den Rumpf ab, welcher nur<br />
3,50 Meter Länge hat.<br />
In rechtwinkliger Art ist vorne der Motor<br />
mit seinem Gestell angebracht, ferner sind Stahlröhren<br />
zur Stützung des vordem Flügels und<br />
zur Befestigung deslandungsgestells verwendet.<br />
Die Steuerung des Apparates erfolgt durch<br />
einen einfachen Handhebel. Durch Vor- oder<br />
Rückwärtsbewegung dieses Hebels reagiert der<br />
durch ein Kabel mit diesem verbundene Vordere<br />
Flügel. Das heisst: durch diese Bewegung<br />
.wird das Steigen oder Niedergehen des Apparates<br />
verursacht. Durch diesen gleichen Hebel<br />
erfolgt auch die Steuerung. Als gfossen Fortschritt<br />
ist die Vielgestaltigkeit dieser Steuerung<br />
hervorzuheben, indem die Fußsteuerung supprimfert<br />
ist.<br />
Zugleich wird durch diese Konstruktion ein<br />
seitliches Abrutschen auf den Flügeln vermieden.<br />
Die Flügel sind zusammengestellt durch<br />
einen starken vorderen Holmen (hoblförmig)<br />
und durch einen kleinen Holmen, ganz aus<br />
Holz, welcher am hintern Teil des Apparates<br />
befestigt ist.<br />
Die Flügel sind mit einem Holzstab umgeben,<br />
wodurch die Anbringung der Stoff-Ueberspannung<br />
erleichtert wird.<br />
Die Landevorrichtunq besteht aus eineirn<br />
Rohr, an welchem die beiden Räder befestigt sind.<br />
Die Konstruktion des Pou du Ciel, so wie sie<br />
oben angegeben ist, hat ergeben, dass man mit<br />
diesem Klein-Flugzeug die 'Vrille sowie das<br />
seitliche Abrutschen auf den Flügeln vermeiden<br />
kann.<br />
Die vordere Flügellänge beträgt 6 m und die<br />
Breite 1,40 m.<br />
Die hintere Flügellänge beträgt 4 m und die<br />
Breite 1,40 m.<br />
Die Länge des Apparates beträgt 3,50 m. Die<br />
Höhe ungefähr 1,80 m.<br />
Motorstärke von 20 bis 40 PS (500 cmc bis<br />
1000 cmc).<br />
Aufsteigen des Apparates zwischen 50 bis 80<br />
Meter, Landung zwischen 30 bis 60 m.<br />
Die normale Schnelligkeit beträgt 100 bis 140<br />
Kilometer in der Stunde.<br />
Die maximale Höhe, die bis heute erreicht<br />
Wurde, beträgt 4600 m (durch den Piloten<br />
••-• -Mangel!! von Mailand).<br />
Der Preis des Apparates beträgt Fr. 1300—2500.<br />
J. Troendl,<br />
Chef der techn. Abteilung der R. A.'A. S.<br />
Kritik des Pou du Ciel<br />
und was wir antworten müssen<br />
Wir behandeln das Problem, wie es täglich<br />
vorkommt in der Form von Frage und Antwort<br />
und werden alle, die sich für die Leicht-Aviatik<br />
im allgemeinen und besonders für den Pou du<br />
Ciel interessieren, damit vertraut machen.<br />
1. Der Pou du Giel ist flugtechnisch unvollkommen,<br />
er zeigt nicht nur keinen Fortschritt,<br />
sondern sogar einen Rückschritt, der zu den<br />
Studien zurückführt, in welchen sich der Flugzeugbau<br />
vor ungefähr 25 Jahren befand.<br />
Antwort: Obgleich er einsah, dass die Flugtechnik<br />
des Pou du Ciel nicht vollkommen Ist,<br />
hat sich Demonge, einer der besten Aerodynamiker<br />
Frankreichs und vielleicht der Welt, entschieden<br />
zugunsten des Werkes von Mignet erklärt.<br />
Die Vollkommenheit dieses Apparates,<br />
sagt er, kann und muss verbessert werden, aber<br />
sie ist bei weitem ausreichend für geringe Geschwindigkeiten,<br />
die man im Augenblick vom<br />
Pou du Ciel verlangt. Indem man die Vollkommenheit<br />
vergröSsert, würde man einen geringen<br />
Zuwachs an Schnelligkeit erreichen, was einem<br />
wirklichen Amateur gleichgültig wäre. Wenn<br />
man aber dagegen die Vollkommenheit vergröSsert,<br />
so lässt man, in bezug auf die Konstruktion,<br />
den Kreis der Amateure beiseite und<br />
geht sofort zu den Berufsfliegern über. Mignet<br />
hqt eine aerodynamische Form gefunden, ausreichend<br />
für einen sicheren Flug, von einer so<br />
einfachen Konstruktion, dass sie selbst von<br />
Amateuren verwendet werden kann. Der einzige<br />
Vergleich, de,n man machen könnte, wäre<br />
der, dass man jetzt, wie vor 25 Jahren, leider<br />
die Konstruktion eines neuen Flugzeuges dem<br />
Amateur in weitestem Masse berücksichtigt.<br />
%. Der Pou du Ciel ist in keinem Lande zugelassen.<br />
Antwort! In Frankreich, England, Schweden,<br />
Belgien, Spanien, Russland, Japan, in allen französischen<br />
und englischen Kolonien fliegt man<br />
mit dem Pou du Ciel. Das Flugpatent wird nicht<br />
verlangt, nur fn einigen Ländern die Privatversicherung.<br />
Italien, immer an der Spitze in bezüg<br />
auf die Flugzeugtechnik, Hess den Pou du<br />
Ciöl offiziell ins Flugregister eintragen. Die<br />
oberste |n?tanz im Flugwesen (C. I. N. A.).<br />
3. Der Ppu du C|el hat nicht die Zustimmung<br />
der zuständigen Stellen.<br />
Antwort: Eine grosse Zahl von Persönlichkeiten<br />
des Flugwesens hat den Pou du Ciel erprobt.<br />
Hier nur drei der bekanntesten. Demonge,<br />
erster Flugtechniker von Frankreich, für<br />
seine Fähigkeiten in der ganzen Welt bekannt;<br />
Kronfeld; internationaler Champion für Segelflug;<br />
Bleriof, einer der grössten Pioniere der<br />
Aviatik.<br />
General Demain, der Chef des französischen<br />
Flugwesens, ehemaliger Luftminister von Frankreich,<br />
hat die guten Eigenschaften des Pou du<br />
Ciel offiziell anerkannt und hat seinen Erfinder<br />
ausgezeichnet, indem er ihn zum Ritter der<br />
Ehrenlegion ernannte, zum Dank für die Dienste,<br />
die er der Flugtechnik erwiesen hat.<br />
4. Der Pou du Ciel ist nicht kräftig genug.<br />
Drei tödliche Unfälle kamen vor.<br />
Antwort: Offizielle Versuche werden in allen<br />
Ländern unternommen. Frankreich besonders hat<br />
seinen technischen Untersuchungsdienst beauftragt,<br />
alle nötigen Versuche in dem riesenhaften<br />
Blasewerk von Chalet Meudon zu unternehmen.<br />
Die Versuche gehen langsam vorwärts, denn<br />
es gibt andere militärische Apparate, deren Berechnungen<br />
dringender sind und die inzwischen<br />
den technischen Untersuchungsdienst beschäftigen.<br />
Frankreichs Amateure haben kein Recht, die<br />
dringende. Erledigung zu verlangen, nur damit<br />
sie fliegen können. Eines ist im Augenblick<br />
sicher, aus den Berechnungen ist hervorgegangen,<br />
dass der Pou du Ciel einen Sicherheitskoeffizienten<br />
aufweis, der den besseren Flugzeugen<br />
zumindest gleichwertig ist.<br />
Die drei tödlichen Unfälle, die sich leider in<br />
dem Jahre der Existenz der Pou-du-Ciel-Bewegung<br />
ereignet haben, sind auf einen Fehler<br />
im Flugzeugführen zurückzuführen, der von<br />
einer mangelhaft verstandenen Konstruktion<br />
herrührt. Eine kleine Aenderung hat diese fälsche<br />
Anwendung der Idee Mignets behoben.<br />
Weitere Unfälle dieser Art werden sich nicht<br />
ereignen. Der Pou du Ciel ist das sicherste<br />
Flugzeug, was leicht bewiesen werden kann.<br />
Mehr als 300 Apparate sind bis heute konstruiert<br />
worden, davon 90% von Amateuren. Ist es<br />
einem Amateur, der nicht viele flugtechnische<br />
Kenntnisse besitzt, möglich, einen Klemm, ein<br />
Segelflugzeug oder ein Leichtflugzeug zu<br />
bauen? Nein, aber es wird ihm immer gelingen,<br />
wenn er will, einen Pou du Ciel zu bauen.<br />
5. Von allen gebauten Pou du Ciel werden<br />
wenige geflogen, und die Anzahl der Flugstunden<br />
ist im ganzen gering.<br />
Antwort: |n Frankreich gibt es mehr als 1000<br />
bereits gebaute oder im Bau begriffene Apparate.<br />
Kaum 3Q0 sind vollendet, und von diesen<br />
sind mehr als 200 geflogen worden. In Frankreich<br />
hat sich innerhalb der Gruppe der Flugamateure<br />
und der «Association rrancajse Aerienne»<br />
eine Untersuchungs-Kommission gebildet,<br />
die alle konstruierten Flugzeuge kontrolliert.<br />
Diese Experten haben nur eine Festlegung<br />
von einigen Stunden 95% der geprüften Apparate<br />
fliegen lassen; und die schlecht gebauten<br />
Pou du Ciel haben den Boden nicht verlassen.<br />
Eine Untersuchungs-Kommission ist vor kurzem<br />
auch in der Schwerz gegründet worden.<br />
Die, Bev/egung besteht seit kaum einem Jahr.<br />
Sie umfasst meistens nur die jungen Leute, die<br />
Wah/encf der Woche eirie regelmässige -Arbeit<br />
Haben. 'Sie haben pur ah Sonntagen bei gutem<br />
Wetter auf improvisierten Flugplätzen, die oft<br />
von 1 der Stadt ziemlich weit entfernt sind, aufsteigen<br />
können. Wenn man die Bauzeit (3 Monate<br />
für eine Person allein) bis zum Aufstieg,<br />
der von jetzt ab durch die Untersuchungskommissionen<br />
erleichtert sein wird, und die Lehrzeit<br />
berücksichtigt, wird man gerne zugeben, dass<br />
mqn von einem Amateur, der frisch bis zum<br />
Leichtflugzeug gekommen ist, nicht Hunderte<br />
von Flugstunden verlangen kann.<br />
Anderseits untersagen die inneren Regeln<br />
des R. A. A. S. Langflüge für Anfänger im Flugzeugführen.<br />
Im allgemeinen können sich auch<br />
die Amateure mehrere aufeinander folgende<br />
Flugtage von 8 bis 10 Stunden nicht leisten.<br />
Dies also sind die Ursachen der beschränkten<br />
Zahl von Flugstunden des Pou du Ciel.<br />
6. Jetzt bleibt noch eine Anzahl Punkte zum<br />
Vorteil des Pou du Ciel. Zum Beispiel:<br />
Der Pou du Ciel kostet weniger als Fr. 2500,<br />
während jedes andere Flugzeug mehr als 8000<br />
Franken kostet. Der Zweidecker (augenblicklich<br />
im Bau und im Versuch) kostet nicht mehr als<br />
Fr. 3000 und wird für Amateure für eine nicht<br />
geringere Summe konstruiert werden.<br />
Der Pou du Ciel kostet weniger als Fr. 15<br />
pro Stunde, Schuldentilgung, Steuern, Privatversicherung,<br />
Untersuchungskosten, Oel, Benzin<br />
und Garage inbegriffen. Der Pou du Ciel<br />
braucht einen Anlauf und eine Landungsfläche<br />
von weniger als 100 Meter Seine Geschwindigkeit<br />
ist zwischen*^ und 55 Stundenkilometer,<br />
was die grosse Gefahr beim Abflug verschwinden<br />
lässt.<br />
Der Pou du Ciel kreuzt mit einer Schnelligkeit<br />
von 100 bis 160 Stundenkilometer<br />
Im Falle einer Motorpanne landet der Pou<br />
du Ciel wo er will. Amateure sind schon in<br />
einem Weinberg oder mitten im Wald ohne<br />
weiteren Schaden als zerbrochenes Holz, gelandet.<br />
Diese Leichtigkeit im Landen rührt von<br />
der geringen Schnelligkeit und der besonderen<br />
Anordnung der Flügel her, die den Schnelligkeitsverlust<br />
unterdrückt. Im Gegensatz zu allen<br />
andern Flugmaschinen kann der Pou du Ciel<br />
von jedermann gebaut werden. Es genügt, gewissenhaft<br />
die Bauanleitungen zu befolgen, sich<br />
auf die Angaben der technischen Kommission<br />
zu stützen, und seiner! Apparat durch einen<br />
Experten des R. A. A. erproben zu lassen.<br />
Alle Amateure der Nachbarländer können<br />
ohne Patent mit den selbstgebauten Pou du Ciel<br />
fliegen. Wir können das ebenso gut wie sie,<br />
wir verlangen von unseren Behörden dasselbe<br />
Vertrauen.<br />
NB. Da wir bemerkt haben, ddss die meisten<br />
Kritiken die gegen den Pou du Ciel gerichtet<br />
sind, nicht begründet oder entstellt sind, wären<br />
wir den Personen dankbar, die so gut sein<br />
würden, uns in diesem Sinn erschienene Artikel<br />
mitzuteilen. Sie werden unsere Aufgabe erleichtern<br />
und der Sache des Volks-Fluges in der<br />
Schweiz dienen.<br />
A. M. Brovarone, Zentral-Delegierter.<br />
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