E_1936_Zeitung_Nr.050
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N°50 FREITJW3, 19. JUNI 193Ö AUTOMOBIL-REVUE<br />
Stoewer Greif Junior<br />
Es ist für den Techniker immer interessant,<br />
einen alten Bekannten wiederzufinden,<br />
dessen Konstruktion aus dem Rahmen des<br />
Konventionellen heraustritt und der sich in<br />
der Praxis dennoch bewährt hat. Der neue<br />
anderthalb-Liter-Wagen, den Stoewer jetzt<br />
unter dem Namen « Greif Junior» herausbringt,<br />
ist in seinen Grundzügen eine verbesserte<br />
Auflage des seit Jahren bekannten<br />
Tatra-Wagens, der während einiger Zeit<br />
auch auf dem Lizenzwege durch die Röhr-<br />
Werke gebaut wurde und als deren « Junior<br />
» ziemlich weite Verbreitung gefunden<br />
hat.<br />
« Greif Junior ». Cabriolet <strong>1936</strong>.<br />
Das Charakteristische und Eigenartige des<br />
Stoewer Greif Junior Iässt sich wie folgt<br />
umschreiben: Zentralrohrchassis, achslose<br />
Aufhängung vorn, Schwingachse hinten,<br />
Vierzylinder-Boxer-Motor, hängende Ventile,<br />
Kühlung durch Gebläse — alles Konstruktionslösungen,<br />
die vom Standardmässigen<br />
dieser Wagenklasse abweichen.<br />
'Ueber den Wert des Zentralrohrchassis<br />
Worte zu verlieren, hiesse Eulen nach Athen<br />
tragen. Verschiedene Konstrukteure bauen<br />
sie seit Jahren, um eine völlig verwindungsfreie<br />
Karosserieunterlage zu erzielen. Sie<br />
trägt ihrerseits ein gut Teil zu einer einwandfreien<br />
Strassenlage des Wagens bei.<br />
Besondere Wichtigkeit erlangt aber in dieser<br />
Beziehung die Ausbildung der Vorder- und<br />
der Hinterachse. Es ist erfreulich, dass der<br />
Konstrukteur seinerzeit nicht nur die Vorderräder<br />
einzeln aufgehängt, sondern auch<br />
den Weg gefunden hat, um die Hinterachse<br />
als Schwingachse auszubilden. Man weiss,<br />
dass die Ausführung der Triebachse als<br />
Schwingachse konstruktive Schwierigkeiten<br />
mit sich bringt; um so grössere Beachtung<br />
verdient es, dass die im Stoewer Greif Junior<br />
angewendete Konstruktionsweise sich<br />
nicht nur durch Einfachheit, sondern zugleich<br />
auch durch Robustheit auszeichnet. »<br />
Eine Probefahrt bestätigt, was die Prüfung<br />
der konstruktiven Details verheisst: nämlich<br />
eine ausgezeichnete Strassenhaltung. Der<br />
Schreibende kann sich kaum erinnern, je in<br />
einem Wagen gesessen zu haben, der ihm<br />
ein grösseres Gefühl der Strassenhaftung<br />
und damit auch von Fahrsicherheit gegeben<br />
hat.<br />
Der Vierzylinder-Boxer-Motor mit paarweise<br />
gegenüberliegenden Zylindern hat bei<br />
75 mm Bohrung und 84 mm Hub einen Zylinderinhalt<br />
von 1477 ocm und soll maximal<br />
mit 3600 Touren drehen. Sein Hauptcharakteristikum<br />
besteht in der direkten Gebläseluftkühlung,<br />
d. h. die Kühlung erfolgt nicht<br />
durch Wasserzirkulation in einem Mantel,<br />
sondern durch Einpumpen von Frischluft vermittels<br />
eines Turbogebläses. Wir möchten<br />
an dieser Stelle auf die Luftkühlung im allgemeinen<br />
nicht weiter eingehen, sondern<br />
verweisen auf die kürzlich erschienene grössere<br />
Abhandlung (siehe Nr. 48).<br />
Es sei nur darauf hingewiesen, dass<br />
zum Unterschied zum früheren Röhr Junior<br />
eine wesentliche Verringerung des Motorgeräusches<br />
erzielt worden ist, und. zwar<br />
auf dem Weg des Antriebs der Nockenwelle<br />
durch eine geräuscharme Kette, durch Schaffung<br />
eines Öelbades für die Stösselstangen<br />
und durch die Gleitlagerung der Kurbelwelle.<br />
Damit ist es zum grossen Teil geglückt, den<br />
Nachteil der Luftkühlung zu beheben, der<br />
darin besteht, dass kein Wassermantel die<br />
Motorengeräusche abdämpft. Als weitere<br />
Verbesserung betrachten wir die Verlegung<br />
des Benzintanks von der Motorhaube ins<br />
Heck des Wagens, wodurch auch bei Unfällen<br />
die grösstmöglichste Sicherheit geboten<br />
wird.<br />
Der Stoewer Greif Junior präsentiert sich<br />
heute in formhübschen Innenlenkern, 4-plätzigen<br />
Cabrio-Limousinen und dürfte sich seiner<br />
ausgereiften Konstruktionsart und des<br />
massigen Brennstoffverbrauchs wegen bald<br />
viele Freunde erwerben. =<br />
Neues, leichtschmelzendes Füllmetall zum<br />
Biegen dünnwandiger Rohre. Eine englische<br />
chemische Fabrik bringt ein neues, leichtschmelzendes<br />
Füllmaterial zum Biegen von<br />
Hohlprofilen auf den Markt, das sich -nach<br />
der Arbeit ähnlich wie Woodmetall durch<br />
Eintauchen in warmes Wasser wieder entfernen<br />
Iässt, da sein Schmelzpunkt bei 70<br />
Grad C 'Hegt.<br />
Laut englischen Angaben soll es damit<br />
möglich sein, Rohre, deren. Wandstärke nur<br />
2/100 mm beträgt zu biegen, ohne dass Falten<br />
entstehen. Das Material eignet sich<br />
gleich gut zum Biegen von Rohren aus allen<br />
gangbaren Materialien, wie Kupfer, Messing,<br />
Aluminium und seinen Legierungen usw.<br />
Beim Erhitzen des Rohres zwecks Entfernung<br />
des Materials nach der Arbeit muss<br />
vorsichtig vorgegangen werden, weil durch<br />
allzu grosse Hitze eine Oxydation gewisser<br />
Legierungsbestandteile stattfindet, wodurch<br />
der Schmelzpunkt der Legierung in die Höhe<br />
geht.<br />
Die Legierung enthält neben Wismuth,<br />
Blei und Zinn auch Kadmium. Als Vorteile<br />
gegenüber der Verwendung von reinem Blei<br />
ist hauptsächlich, die geringe Erhitzung zur<br />
Fiat-Ausstellung In Bern.<br />
Die Herren Dottore Berutti und Marinoni<br />
hatten kürzlich die Freundlichkeit, die Vertreter<br />
der Presse zur Besichtigung der Fiat-<br />
Ausstellung in den Kursaal Schänzli einzuladen,<br />
wo eine grosse Zahl der verschiedensten<br />
Wagentypen dieses bewährten Fabrikates<br />
der Besichtigung harrten. Den Clou<br />
der Ausstellung bildete zweifellos als Neuschöpfung<br />
der mit Spannung erwartete Fiat<br />
500, der mit seinen 570 ccm Hubraum und<br />
seinen allgemeinen Abmessungen in seiner<br />
Klasse nicht so leicht zu schlagen sein wird.<br />
Rein äusserlich zeigt dieser Liliputaner<br />
unter den Wagen eine gewisse Familienähnlichkeit<br />
mit dem grösseren Fiat-1500, der<br />
allerdings in die Kategorie der mittelgrossen<br />
Wagen gehört Am meisten überrascht hat<br />
den Schreibenden die Tatsache, dass der Innenraum<br />
viel geräumiger ist, als man auf<br />
den ersten Blick glaubt. Das rührt wohl daher,<br />
dass er nur zwei Sitzplätze enthält und<br />
diese dafür um so besser ausgestalten kann.<br />
Wenn man bedenkt, dass das ganze Fahrzeug<br />
nicht mehr als 480 kg wiegt, so ist<br />
leicht einzusehen, dass die Sitzzahl notwendigerweise<br />
beschränkt sein muss.<br />
Auf einer kurzen Probefahrt bot sich Gelegenheit,<br />
auch die Fahreigenschaften kennen<br />
zu lernen. Das günstige Gewichtsleistungsverhältnis<br />
gibt dem Wagen trotz des geringen<br />
Hubraums seines vierzylindrigen Viertaktmotors<br />
ein erstaunliches Anzugsvermögen,<br />
und auch punkto Fahreigenschaften<br />
konnten wir keinerlei Nachteile feststellen.<br />
Die gute Beschleunigung verbunden mit der<br />
grossen Wendigkeit werden dem Wagen im<br />
Verkehrsgetümmel der Großstadt sehr zustatten<br />
kommen, wenn er flink zwischen seinen<br />
grösseren Ebenbildern hindurchflitzt.<br />
-eb-<br />
Entfernung des Metalls zu erwähnen, die so<br />
tief liegt, dass keines der handelsüblichen<br />
Metalle dadurch in seiner inneren Struktur<br />
verändert wird. Im Vergleich mit der zum<br />
Biegen oft angewendeten Sandfüllung gestattet<br />
die Füllung mit leichtschmelzendem<br />
Metall das Biegen von dünnwandigeren Rohren,<br />
als dies in befriedigender Weise mit<br />
Sand möglich ist.<br />
OO<br />
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