E_1936_Zeitung_Nr.104
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6 AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 29. DEZEMBER <strong>1936</strong> — N° 104<br />
sein Kleinauto nach USA zu exportieren, um<br />
es drüben populär zu machen.<br />
Im Motorenbau vollziehen sich keine Umwälzungen.<br />
Der Fortschritt liegt hier mehr in der seit längerer<br />
Zeit zu beachtenden ständigen Erhöhung der<br />
Drehzahl, der Literleistungen und Kompressionsverhältnisse.<br />
Im Durchschnitt leisten heute beispielsweise<br />
die amerikanischen Motoren etwa 25 PS/Liter<br />
und dies bei Drehzahlen von rund 3500 Touren/Min.<br />
Verdichtungsverhältnisse von 1 :6,5 stellen auch bei<br />
seitengesteuerten Tourenmotoren keine Seltenheit<br />
mehr dar.<br />
Man hat neue Verbrennungsräume geschaffen<br />
und dafür gesorgt, dass deren Auspuff-Ventilsitze<br />
durch gerichtete Wasserstrahlen eine ausgezeichnete<br />
Kühlung erfahren. Die gleichmässige Güte der Gemischbildung<br />
verbessern im Winter automatisch<br />
wirkende Thermostat-Regulierungen. Ebensowenig<br />
kann die auffallende Zunahme der Motoren mit<br />
zwei oder drei Vergasern bzw. Doppelvergasern entgehen,<br />
durch deren Anwendung man die Leistungs-<br />
Charakteristiken der Motoren zu verbessern sucht.<br />
Konkurrenzkampf im Kolbenbau; Verringerung<br />
des Hub Verhältnisses; mehr Kurbelwellenlager.<br />
Unter den Kolben ist ein Konkurrenzkampf<br />
zwischen Leichtmetall-Bauarten mit Invarstreifen<br />
und solchen mit geschlitztem Mantel entbrannt, der<br />
sich — wenigstens in Amerika — in Richtung der<br />
zweiten, billigeren Ausführung zu entscheiden<br />
scheint.<br />
Mit zu den allerwichtigsten Tendenzen im Motorenbau<br />
zählen wir die Verminderung des durch-<br />
Einzelabfederung der Vorderräder, wie wir sie am<br />
1,7-Liter-Vollschwingachs-Chassis von Mercedes antreffen.<br />
Dieses Fahrgestell gehört zu den meist<br />
beachteten Neukonstruktionen dieses Jahres.<br />
Bchnittlichen Hubverhältnisses, die sich hüben und<br />
drüben feststellen lässt.<br />
Die Gummiaufhängung der Motoren hat sich<br />
längst in grösstem Umfange durchgesetzt und sorgt<br />
dafür, dass keine Vibrationen auf den Wagen übertragen<br />
werden. Um den Lauf noch vibrationsfreier<br />
zu gestalten, sind dieses Jahr verschiedene Konstrukteure<br />
dazu übergegangen, die Kurbelwelle öfter<br />
zu lagem als bisher. Daneben ergibt natürlich<br />
auch die Verminderung des Hubes, die man da und<br />
dort beobachtet, eine erhöhte Steifigkeit der Kurbelwelle.<br />
In der Kraftübertragung hat die Hinterachse<br />
die augenfälligsten Veränderungen erfahren,<br />
zwar weniger in der Richtung einer vermehrten Anwendung<br />
der Einzelabfederung der Hinterräder,<br />
als in bezug auf die Senkung des Kardanantriebs.<br />
Am Salon von Paris ist ein einziges, neues<br />
Modell mit unabhängig gefederten Hinterrädern<br />
(Lancia) aufgetaucht. Die Engländer und Amerikaner<br />
ihrerseits sind noch weit davon entfernt, sich<br />
mit dieser konstruktiven Neuerung ernstlich zu befassen,<br />
so dass die Initiative auf diesem Gebiet nach<br />
wie vor den deutschen, tschechischen und österreichischen<br />
Fabrikanten vorbehalten bleibt, wozu sich<br />
langsam noch die Italiener gesellen.<br />
Die verschiedenen Methoden, die .neuerdings zur<br />
Anwendung kommen, um die Kardanwelle zu senken,<br />
haben wir unlängst ausführlicher beschrieben.<br />
Der Grossteil der neuen Modelle amerikanischer<br />
Provenienz bedient sich zu diesem Zweck der Hypoidverzahnung,<br />
welche es ermöglicht, dass das<br />
Ritzel unterhalb der Hinterachsmitte zu liegen<br />
kommt.<br />
Im Kardanantrieb selbst sind die Verbesserungen<br />
der Kreuzgelenke zu registrieren. Man hat sich<br />
entweder nadelgelagerten Ausführungen oder -aber<br />
solchen mit (natürlich!) ölloser Gummilagerung zugewendet,<br />
die nicht mit den etwas in Misskredit<br />
gekommenen Hardyscheiben verwechselt werden<br />
dürfen. Ueberhaupt ist für die Nadellager und Silentblocks<br />
oder andere Gummilagerungen eine Zeit<br />
der Hochkonjunktur im Automobilbau angebrochen.<br />
Nicht viel Neues im Getriebebau.<br />
Das Schaltgetriebe selbst hat keine massgebenden<br />
Wandlungen erfahren. Dagegen konstatiert man<br />
vielfach, dass sich die Synchronisierung stark gebessert<br />
hat und zum Teil ein sehr rasches Durehschalten<br />
ermöglicht. Die Planetengetriebe kranken<br />
scheinbar immer noch an ihrem alten Fehler, nämlich<br />
an der nicht einwandfreien Geräuschlosigkeit<br />
im Leerlauf. So sehr man die Schalterleichterungen<br />
begrüsst. die sie gewähren, so steht ihnen dieses<br />
Handicap doch hindernd im Wege.<br />
Mit den Schalterleichterungen wird's aber<br />
ernst.<br />
Man hat deshalb mit Erfolg Wege gesucht, um<br />
unter Verwendung der normalen Synchrongetriebe<br />
zusätzliche Schalterleichterungen zu schaffen. Wir<br />
erinnern an die durch das Vakuum geschalteten<br />
Getriebe von Hudson. Terraplane und Cord, denen<br />
sich wohl mit der Zeit noch weitere Finnen zugesellen<br />
werden. Eine<br />
Erhöhung der Zahl der Uebersetzungen<br />
erstreben die verschiedenen automatischen oder mit<br />
Vorwählung ausgestatteten Schnellgänge und Hinterachsen<br />
mit veränderlichem Uebersetzungsverhältnis.<br />
Die am Getriebe angeflanschten Schnellgänge<br />
lassen sich meist den zwei höchsten Gängen zuschalten<br />
und ergeben somit bei Dreiganggetrieben<br />
insgesamt fünf Uebersetzungsverhältnisse. Die Sparschaltungen<br />
der Hinterachse dagegen können wahlweise<br />
mit jedem Gang benützt werden, wodurch sich<br />
die Uebersetzungszahl der Getriebe verdoppelt. !<br />
Erhöhte Steifigkeit Kennzeichen der Rahmen.<br />
Die Revolution im Rahmenbau erweist mehr<br />
denn je ihre Berechtigung und zieht deshalb immer<br />
weitere Kreise. Selbst die konservativsten Konstrukteure<br />
kommen nicht darum herum, ihre bisher<br />
U-förmigen Träger an den wichtigsten Stellen durch<br />
Verschweissung mit einem zweiten Teil in torsionssteife<br />
Hohlprofile zu verwandeln. Eine grosse Zahl<br />
von Fabrikanten, worunter einige der grössten kontinentalen<br />
und überseeischen Firmen, gehen sogar<br />
so weit, den ganzen Rahmen aus sandwichartig aufeinandergelegten<br />
Teilen zusammenzuschweissen oder<br />
direkt aus nahtlos gezogenen Rohjen anzufertigen<br />
und damit einen hervorragend geeigneten Unterbau<br />
für jede Art von Karosserien hervorzubringen.<br />
Leichtere Nachstellmöglichkeit der Bremsen<br />
und «Bergstütze».<br />
Im Bremsbau konzentriert sich die grösste Aufmerksamkeit<br />
auf die Erleichterung des Nachstellen«<br />
der Bremse zur Kompensation der Abnützung ihrer<br />
Beläge. Wir erinnern an die in fast meteorhaftem<br />
Aufstieg begriffene, mechanische Girlingbremse und<br />
deren Pendant in hydraulischer Bauart, die neue,<br />
leicht nachstellbare Lockheedbremse.<br />
Eine Erfindung, die das Anfahren am Hang vereinfachen<br />
soll, die Bergstütze, hat ihren Ursprung<br />
im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten. Sie<br />
kommt bei hydraulischen Bremssystemen zum Einbau'<br />
und erlaubt die völlige Lockerung der Handbremse<br />
schon vor dem Anfahren.<br />
Vormarsch der Einzelabfederung, aber langsam.<br />
Neue Eroberungen hat die Einzelabfederung im<br />
allgemeinen nicht gemacht. Die Firmen, welche ihr<br />
bisher abwartend gegenüberstanden, haben diese<br />
Haituns noch nicht aufgegeben und statt dessen<br />
durch Verbesserung der Stossdämpfer u. a. m. die<br />
Strassenlage ihrer Fahrzeuge verbessert. Stabilisatoren<br />
mechanischer oder hydraulischer Ausführung<br />
trifft man an einem Grossteil der Wagen an. Sie<br />
unterbinden das Heraushängen in Kurven. Die<br />
vermehrte Anwendung der Einzelabfederung, speziell<br />
der Vorderräder, ist hauptsächlich darauf zurückzuführen,<br />
dass Firmen, die ihr bis jetzt « mit<br />
gemischten Gefühlen » begegnet sind und deshalb<br />
Starrachser und Schwingachser gebaut haben, nunmehr<br />
zur ausschliesslichen Bevorzgung der Einzelabfederung<br />
übergegangen sind.<br />
Eine Periode des langsamen, soliden Fortschritts.<br />
Im ganzen gesehen, stehen wir heute in einer<br />
Periode bedächtiger Evolution. Umstürzende Neuerungen<br />
sind fast nirgends festzustellen. Es handelt<br />
sich mehr darum, konservativere Elemente des Automobilbaus<br />
langsam aber sicher durch bewährte Konstruktionsprinzipien<br />
zu verdrängen. Die Automobil-<br />
Fabrikanten machen, mit Ausnahme vielleicht von<br />
Frankreich, wo sie unter der staatlichen Fuchtel<br />
nichts zu lachen haben, befriedigende oder sogar<br />
sehr gute Geschäfte, denn die Produktion ist fast<br />
allerorts im Steigen begriffen. Vielleicht liegt darin<br />
mit ein Grund für das Fehlen umwälzender Neuerungen.<br />
Man verschiebt sie auf Zeiten, wo nicht alle<br />
Kräfte durch die Produktion in solch intensivem<br />
Masse in Anspruch genommen sind wie gerade jetzt.<br />
-b-<br />
1*«edhin<br />