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E_1938_Zeitung_Nr.014

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dein dringend not. Denn im Rahmen der<br />

von der ETH veranstalteten Vorträge über<br />

die kriegsvorsorglichen Massnahmen unseres<br />

Landes stellte de Kommandant unserer<br />

Motortransporttruppen fest, dass beispielsweise<br />

die Deckung des infolge der neuen<br />

Truppenordnung von 400 auf 1200 Mann angestiegenen<br />

Bedarfes an Motorfahrerrekruten<br />

grössten Schwierigkeiten begegne und<br />

bereits für die Wiederhohmgskurse des Jahres<br />

<strong>1938</strong> nicht weniger als 1000 Motorfahrer<br />

fehlen ! Die Aufgabe ist undankbar, das sei<br />

unumwunden zugegeben. Die im Interesse<br />

der Landesverteidigung geforderte Vermehrung<br />

des privaten Motorfahrzeugbestandes<br />

wird nämlich nur auf Grund eines Abbaus<br />

der kantonalen Pauschalsteuern und einer<br />

erheblichen Reduktion des Säulenpreises für<br />

Benzin und Rohöl zu erreichen und aufrecht<br />

zu erhalten sein. Doch unter dem Druck der<br />

aussenpoilitischen Verhältnisse, die sich rund<br />

um unsere Grenzen in unheimlichem Tempo<br />

verschärfen, wird schliesslich selbst unser<br />

Finanzminister seine im August des letzten<br />

Jahres in Vevey in die Diskussion geworfene<br />

Frage : « Ob nicht ein gewisses Uebermass<br />

an Automobilbetriebsamkeit der Korrektur<br />

bedürftig geworden sei ? » einer Revision<br />

unterziehen müssen. Bundesrat Obrecht<br />

dürfte die Statistik des schweizerischen<br />

Motorfahrzeugbestandes über das Irrige<br />

seiner 1936 vertretenen Auffassung von<br />

einer weiteren anhaltenden Zunahme des<br />

Autombilbestandes bereits aufgeklärt haben.<br />

Wir möchten uns freuen, dass Bundesrat<br />

Minger anlässliche der diesjährigen Eröffnung<br />

des Genfer Salons die<br />

Bedeutung der Motorisierung für die<br />

schweizerische Landersverteidigung<br />

kräftig unterstrich. Wir möchten so gerne<br />

— doch uns quälen Zweifel. Oft schon fanden<br />

Vertreter unserer obersten Behörde in<br />

Genf anerkennende Worte für die Motorisierung,<br />

zeigten sie sich überzeugt von deren<br />

Bedeutung für Wirtschaft und Verkehr.<br />

Und doch wurde nachher mit Hilfe der<br />

Dringlichkeitsklausel der Benzin2oll in einem<br />

Ausmasse erhöht, das eine schwere<br />

Schädigung des Autögewerbes nach sich zog.<br />

Wohl sprach Bundesrat Pilet 1932 davon,<br />

' Ein vielgebrauchter, aber auch oft missbrauchter<br />

Begriff. «Vor allem Sicherheit»<br />

denkt der eine und lässt sich einen dicken<br />

«Räumbalken» vorn an seinen Wagen bauen.<br />

Da zieht bestimmt der/andere den kürzeren,<br />

so lange der sich nicht auch so ein Möbel zugelegt<br />

hat. Wettrüsten en miniature. Wobei<br />

schon immer das Eisen eine wichtige Rolle<br />

gespielt hat. Stahlpanzer umhüllten die Leiber<br />

der alten Helden, als sie mit Schwert und<br />

Speer bewaffnet Schlachten schlugen. Stahl<br />

ist heute noch das Material, womit wir uns<br />

zum Schutz umgeben, wo dies notwendig ist,<br />

im Frieden und im Krieg. Nur dass jetzt<br />

das Erz nicht gar so selten ist wie einst. Es<br />

steht uns tonnen-, hunderttonnenweise zur<br />

Verfügung.<br />

Als vor zwei, drei Jahren die Entwicklung<br />

der Stahlkarosserien von Personenautomobilen<br />

soweit gediehen war, dass die Seitenwände,<br />

die Vorder- und Rückwand, die Säulen<br />

und Dachwölbung eine zusammengeschweisste<br />

Einheit bildeten, die abgesehen von den Fensteröffnungen<br />

einzig oben noch offen war,<br />

beschloss man in Amerika, auch diese Lücke<br />

im «Familienpanzer» zu schliessen.<br />

Das Stahldach kam,<br />

erst vielfach angefeindet, weil es zu heiss<br />

werde und dröhne, jetzt allgemein eingeführt,<br />

da diese Uebelstände sich beseitigen Hessen.<br />

Schwierigkeiten sind da, um überwunden zu<br />

werden. »<br />

In die Fensteröffnungen aber steckte man<br />

erst vorn und bald ringsum Sicherheitsglas,<br />

das Schutz und Aussicht.gleichermassen gewährt<br />

und zudem bei Unfällen nicht verletzen<br />

kann. Eine neue Industrie ist aus dem<br />

Boden gewachsen. Der Markt offeriert heute<br />

verschiedene Arten von splitterfreiem Glas:<br />

solches, das man durch Abschrecken aus normalem<br />

Glas herstellt und anderes, das aus<br />

9.00 Uhr: Eröffnung der Ausstellungsräume. Eintrittspreis<br />

Fr. 1.50 (inkl. Steuer).<br />

10.00 Uhr: Tagung der Autosektion Genf des TCS.<br />

12.30 Uhr: Mittagessen des Rotary Club (Restaurant<br />

des Salons).<br />

19.30 Uhr: Nachtessen der Autosektion des TCS.<br />

23.00 Uhr: Torschluss. Konzert von 11.30 Uhr.bis<br />

12.30 Uhr, von 16.00 Uhr bis 18.30 Uhr<br />

und von 20.00 Uhr bis 23.00 Uhr.<br />

dass die Probleme nicht mit Worten, sondern<br />

durch Taten zu lösen seien. Aber trotzdem<br />

im Juni 1936 die Wichtigkeit des privaten<br />

Motorfahrzeugbestandes für die Armee<br />

von offiziellej Seite erstmals öffentlich<br />

hervorgehoben worden war, sind jenen<br />

Warnungen bis heute keine entsprechenden<br />

Massnahmen gefolgt. Seither ist das Problem<br />

der Heeresmotorisierung mehr und<br />

mehr in den Mittelpunkt gerückt; die Belange<br />

unserer Landesverteidigung stehen<br />

bei allen Entscheidungen in vorderster Linie.<br />

Und doch konnte noch Ende 1937 ein prominentes<br />

Mitglied der politischen Partei unseres<br />

Wehrministers in der «Schweiz. Bauernzeitung»<br />

schreiben: «Verkehren noch nicht<br />

genug Autos auf den Strassen, muss der<br />

Strassenverkehr immer dichter werden, so<br />

dass schliesslich der Bauer, seine Tiere und<br />

seine Fuhrwerke kaum mehr Platz haben.»<br />

Es genügt nicht, das Glas auf die Prosperität<br />

des schweizerischen Autogewerbes, der<br />

schweizerischen Automobilwirtschaft zu erheben!<br />

Weder dadurch noch durch die besten<br />

und treffendsten Worte lässt sich die<br />

verzweifelte Lage dieser Erwerbszweige in<br />

günstigem Sinne beeinflussen.<br />

Da helfen nur Taten.<br />

Bundesrat Minger hat in Genf erklärt, dass<br />

an der Erhaltung und Vermehrung des privaten<br />

Motorfahrzeugbestandes vom Standpunkte<br />

der Wehrbereitschaft aus alles Interesse<br />

bestehe. Möge es ihm kraft seines<br />

Amtes als Chef unseres Militärdepartements<br />

nun gelingen, die hierfür nötigen Voraussetzungen<br />

zu schaffen, möge es ihm vergönnt<br />

sein, seinen Worten die Tat folgen zu lassen!<br />

mehreren sandwichartig aufeinandergeklebten<br />

Schichten besteht.<br />

Man hat darauf Bedacht genommen, die Sicht<br />

zu verbessern und besonders Blendung nach<br />

Möglichkeit zu verhindern.<br />

Hiezu dienen einerseits die Blendschirme<br />

über der Windschutzscheibe, die sich herunterklappen<br />

lassen, sowie die Blendschutzstoren<br />

anderseits, die sogar schon bei Kleinwagen<br />

wie etwa beim kleinen Ford serienmässig<br />

eingebaut werden. Sie lassen sich<br />

vom Fahrer durch einen Schnurzug betätigen.<br />

Dank besserer Anordnung der Instrumente<br />

und Bedienungsorgane, die mehr in der Nähe<br />

des Lenkrades zusammenrücken, brauchen<br />

sich die Hände des Fahrers in keinem Falle<br />

mehr weit vom Volant wegzubewegen. Ein<br />

grosser Vorteil, wenn mal «Not an den Mann<br />

kommt», wenn ein Stein im Wege droht, uns<br />

das Lenkrad aus der Hand zu schlagen! Bodenwellen<br />

machen ihm ja längst schon keinen<br />

Eindruck mehr, seit man gelernt hat, auch<br />

bei starren Vorderachsen eine exakte Lenkgeometrie<br />

zu schaffen. Hiebei übernehmen<br />

an Stelle der Blattfedern zwei am Rahmen<br />

angelenkte Hebel die Uebertragung der<br />

AUTOMOBIL-REVUE MONTAG. 14. FEBRUAR <strong>1938</strong> — N°<br />

Programm des Genfer Salons<br />

DIENSTAG, DEN 15. FEBRUAR:<br />

ERHEIT!<br />

MITTWOCH, DEN 16. FEBRUAR:<br />

9.00 Uhr: Eröffnung der Ausstellungsräume. Eintrittspreis<br />

Fr. 1.50 (inkl. Steuer).<br />

12.00 Uhr: Mittagessen und 14.30 Uhr: Sitzung der<br />

Kommissionen Schweiz. Propaganda-Organisationen<br />

zu Gunsten der einheimischen<br />

Produktion (Restaur. des Salons).<br />

19.00 Uhr: Torschluss. Konzert von 11.30 Uhr bis<br />

12.30 Uhr und von 16.00 Uhr bis 18.30 Uhr.<br />

Schubkräfte. Es ist dann ein leichtes, die<br />

Länge der Lenkschubstange passend hiezu<br />

abzustimmen.<br />

Von grossem Vorteil für die Sicherheit ist<br />

immer die Bremse. Spielend beschleunigen<br />

wir auf vielleicht hundert Kilometer per<br />

Stunde oder mehr, "sollten aber anderseits<br />

auch in der Lage sein, den Wagen ebenso<br />

leicht wieder innert kürzester Distanz zum<br />

Stehen zu bringen. Sonst kann uns die Rasse<br />

unseres Wagens unter Umständen einen bösen<br />

Streich spielen. Doppelt genäht hält auch<br />

hier am besten; zweifache Sicherheit ist<br />

höchst erwünscht. Um sie zu erreichen, sind<br />

verschiedene Wege beschritten worden. Der<br />

Möglichkeit eines Versagens der hydraulischen<br />

Bremse wegen Bruchs einer Rohrleitung<br />

begegnete man dadurch, dass Vorderund<br />

Hinterräder je einen eigenen Bremshauptzylinder<br />

erhielten, die tandemförmig<br />

angeordnet sind, so dass ein Druckausgleich<br />

stattfindet. Durch Versagen des einen Teils<br />

des Bremssystems wird die Wirksamkeit des<br />

andern nicht berührt. Eine originelle Lösung<br />

zum gleichen Zweck trifft man bei der amerikanischen<br />

Firma Hudson. Ihre Wagen verfügen<br />

über<br />

hydraulische Vierradbremsung mit<br />

mechanischer Reserve.<br />

Tritt man das Pedal ganz nieder, so wird<br />

auch die zusätzliche mechanische Bremsübertragung<br />

wirksam, so dass also die Bremse<br />

Ce que femme veut<br />

Von Fridolin.<br />

Ja, ja, die Amerikaner! Die haben's längst heraus,<br />

wo man mit einer zugkräftigen Reklame ansetzen<br />

muss. Bei uns biederen Mitteleuropäern<br />

wiegt man sich immer noch im schönen Märchenglauben,<br />

der Mann bestimme, ob, wann und was<br />

für ein Automobil angeschafft werde. Immer vorausgesetzt,<br />

es ist eine Gattin vorhanden, die besagten<br />

Märchenglauben eben erst zu einem solchen<br />

macht. In allen andern Fällen, bei Junggesellen<br />

zum Beispiel, da soll es fast immer wirklich<br />

der Mann sein, der entscheidet.<br />

Also eine Gattin muss her, sonst nimmt sich<br />

die ganze, oben dargelegte Spielregel so ungefähr<br />

wie ein Kegelspiel ohne Kugel aus. Allerdings<br />

bleibt bei all dem die Frage offen, wer es<br />

nun besser hat? Der Amerikaner, der mit nüchtener<br />

Offenheit zugibt, dass ja doch die Frau<br />

entscheidet und der darum gerade für Automobile<br />

in Frauenzeitschriften besonders klotzig inseriert,<br />

oder der tit. Mitteleuropäer, der sich seinen<br />

Märchenglauben nicht nehmen lässt, der andern<br />

Männern gegenüber die Männerarchie hochhält,<br />

trotzdem [a einer vom andern ganz genau weiss,<br />

dass — na ja — eben!<br />

Da war also eine gewisse Frau Balduin. Unstet,<br />

wie Frauen zeitweilig zu sein pflegen, besonders<br />

wenn es sich um Neues im Gegensatz zum Alten<br />

handelt, fand sie, es sei nun endlich an der Zeit,<br />

den sechs Jahre lang gehegten und gepfleqten<br />

Familienomnibus diskret gegen ein modernes Mitglied<br />

des pp. Strassenverkehrs umzutauschen. Sie<br />

wies daher mit dem Zeigefinger auf eine Plakatsäule,<br />

während sie mit der andern Hand in höchst<br />

eindringlicher Weise Balduins Rockaufschlag zu<br />

fassen kriegte. Auf besagter Plakatsäule klebte<br />

ein Plakat und dieses lud den Beschauer ein,<br />

seine Schritte, bzw. die Vorderräder seines alten<br />

Wagens gen Westen und nach Genf zu lenken,<br />

' !wo der Automobilsalon sich bemühen werde,<br />

ihm eine geradezu verwirrende Auswahl vorzulegen.<br />

Die Qual der Wahl wurde "sozusagen garantiert.<br />

Balduin war nicht sehr erbaut von solchen Aussichten.<br />

Er hing an seinem «bereits neuen> Wagen<br />

und fand überdies eine Reise nach Genf recht<br />

unnötig im gegenwärtigen Zeitpunkt, kurz, er<br />

wehrte sich, wie er konnte. Wenn man schon<br />

einen Wagen habe, mit dem man zufrieden sei,<br />

so gehe man doch nicht extra noch einen Automobil-Salon<br />

besuchen und wage sich mitten in den<br />

Rachen der Versuchung hinein!<br />

Frau Balduin fragte etwas spitz, ob denn nicht<br />

alle verheirateten Männer, wenn sie nach Paris<br />

kämen, sofort ins «Casino de Paris» rennten? Balduin<br />

begriff sehr gut und erwiderte darum, das<br />

sei etwas ganz anderes!<br />

Kurz und gut: Frauen wissen, wie man es anpacken<br />

muss, Ehemänner können sich mit einem<br />

minimen Aufwand an Phantasie selbst vorstellen,<br />

wie es wohl kam, und heiratslustige junge Männer<br />

sollen sich eine Lehre daraus ziehen: Am nächsten<br />

Morgen beim F,rühstück war die Reise nach Genf<br />

beschlossene Sache.<br />

Einen Tag benötigte Frau Balduin noch für die<br />

dringendsten Kleidereinkäufe. Man sprach doch<br />

französisch in Genf, wie in Paris. Also musste<br />

man gut angezogen sein. Balduin fragte sich später<br />

oft, ob er diese Auslagen unter «Automobil»<br />

oder unter «Reisespesen» verbuchen sollte.<br />

Morgens gegen 10 Uhr wurde also gestartet,<br />

und zwar mit dem eigenen, alten Gefährt. So rollten<br />

denn dreierlei Gefühle auf der Landstrasse<br />

dahin. Frau Balduin nahm die Sache leicht, denn<br />

für sie gab es nur noch den neuen Wagen. Elegant,<br />

flott, modern. Und überdies feierte sie ja<br />

ihren hundertachtundsiebzigsten grösseren Sieg<br />

seit ihrer Verheiratung. Balduin selber empfand<br />

anderes. Er trauerte. Er war sich taghell bewusst,<br />

dass er wohl die letzte Fahrt mit seinem alten<br />

Freund absolvierte. Hoffnung hält den Menschen<br />

aufrecht und so hoffte er immer noch, irgend<br />

etwas werde dazwischenkommen, man werde seinen<br />

Wagen vielleicht nicht austauschen wollen<br />

oder man fände nichts Passendes — na, auf jeden<br />

Fall schonte er seinen treuen Weggenossen heute<br />

besonders. Er schämte sich vor ihm und kam sich<br />

vor wie einer, der sein nichtsahnendes Kind zum<br />

Zahnarzt schleppt.<br />

Der Wagen selber, schlau wie Automobile<br />

sind, hatte es natürlich längst gemerkt und kam<br />

sich vor wie das bewusste Tier, das man zur<br />

Schlachtbank führt. Und damit man wieder einmal<br />

sieht, wie gut Automobile im Grunde ihres<br />

Herzen sind: Es gab sich heute ganz besondere<br />

Mühe, liess die Kupplung kein einziges Mal schleifen<br />

am Berg, quietschte fast nie in den Linkskurven<br />

und klingelte nur einmal, bei einer sehr<br />

starken Steigung — alles nur, damit mpn es dann<br />

wenigstens recht lange vermisse und mit Reue<br />

seiner gedenke.<br />

auch im unwahrscheinlichsten Fall der Fälle<br />

«antwortet».<br />

Fragt sich noch, was vielleicht im Wageninnern<br />

vorgekehrt werden könnte, um bei<br />

einem Zusammenstoss, wenn der «Wageninhalt<br />

» etwas durcheinanderpurzelt, möglichst<br />

ungeschoren davonzukommen. Da sei<br />

vor allem auf die neuen abgefederten Lenkräder<br />

hingewiesen, die für den Fahrer einen<br />

gewissen Schutz bieten. Um den Mitfahrer<br />

davor zu bewahren, mit der Windschutzscheibe<br />

Bekanntschaft zu machen, ist schon<br />

empfohlen worden, vor ihm am Instrumentenbrett<br />

eine Haltestange anzuordnen, einen<br />

« Angstgriff», wenn man so sagen will. Die<br />

Firma Adler ist die unseres Wissens erste<br />

Marke, welche eine derartige Einrichtung<br />

vorgesehen hat, und zwar an ihrem 2,5-Liter-<br />

Modell. Auf der andern Seite geht die Tendenz<br />

dahin, möglichst alle vorspringenden<br />

Ecken oder Hebel und dergleichen irgendwie<br />

versenkt anzuordnen. Dies gilt fürs Armaturenbrett<br />

so gut wie für die Seitenwände<br />

mit ihren verschiedenen Fensterkurbeln.<br />

Chrysler und andere haben sich dieser Möglichkeit<br />

in weitestem Umfang angenommen.<br />

So hat denn der Wunsch nach Sicherheit<br />

einen ganz beträchtlichen Einfluss auf die<br />

Entwicklung des Automobils ausgeübt und<br />

wird auch weiterhin richtunggebend daran<br />

mitbeteiligt sein. -fw-<br />

Schon stand es vor den weiten Hauen des Automobil-Salons<br />

in einer grossen Versammlung von<br />

Kollegen und Leidensgefährten. Sehr reserviert<br />

taten sie alle. Keines sprach ein Wort. Automobile<br />

sind stolz und tapfer. Der gnze Parkplatz<br />

hatte etwas Schlachthausähnliches. Er war Zwischenstation.<br />

Hie Salon — hie Autofriedhof. Dazwischen<br />

liegt der Parkplatz vor dem Salon.<br />

Unser Paar aber schob sich mit der bunten<br />

Menge in die grossen Hallen hinein. Holz, Eintrittskarten,<br />

Stoffe, Sicherheitsbeamte, Palmen,<br />

frische Lackgerüche, Kokoslaüfer — kurz eine Ausstellung.<br />

Man hatte sich fest vorgenommen, die<br />

Sache mit System zu betreiben und eines nach<br />

dem andern gründlich anzusehen und zu prüfen.<br />

Aber wie es so geht...<br />

Vorerst liess man sich ein wenig von der<br />

Menge treiben und besah sich wahllos dies und<br />

das. Mit den Lastwagen war Frau Balduin schnell<br />

fertig, weshalb Balduin deren Prüfung auf später<br />

zu verlegen beschloss. Und nun blitzte die Unzahl<br />

von Personenwagen von allen Seiten. Die<br />

ersten zwei oder drei Modelle wurden gebührend<br />

bewundert. Aber dann fing man bald an, mit<br />

weniger Aufmerksamkeit durch die Reihen zu<br />

schlendern. Es musste schon etwas ganz Tolles<br />

sein, bis man bei diesem ersten Rundgang irgendwo<br />

länger verweilte. Ueberall lockte es. Der Lack.<br />

strahlte und duftete, Chrom blendete bläulich, wo<br />

das Auge hinfiel, und die Cabriolet-Dächer spannten<br />

sich makellos und schimmernd wie eitel Seide.<br />

Die Verkäufer waren frisch und angenehm erregt,<br />

trugen weisse Kragen und lächelten in drei<br />

bis vier .Landessprachen. Mit Hilfe ihrer Objekte<br />

lockten sie wie die Sirenen. Wie junge Prinzen<br />

standen sie herum. Anstatt Dukaten warfen sie<br />

Berge von Papier und die Menge. Auch Balduins<br />

53.537:<br />

Die Telephonnummer des Standes der<br />

« Automobil-Revue» am diesjährigen Genfer<br />

Salon. Haben Sie Mitteilungen für die Redaktion<br />

oder Administration zu machen ?<br />

Oder wünschen Sie eine Auskunft ? Dann<br />

Wtte:<br />

53.537.<br />

blieben nicht verschont. Die_ Burschen hatte es los,<br />

ihre Prospekte und Broschüren aus der Hand zu<br />

bekommen. Besonders Frau Balduin sammelte<br />

nicht ohne Eifer. Ein sengender Blick in des Verkäufers<br />

Augen und — schwupps — hatte sie ein<br />

Pfund teurer Buntdrucke im Arm. Und Balduin<br />

durfte schleppen.<br />

Balduins Interesse wurde wach und er begann<br />

sich für den technischen Teil der ausgestellten<br />

Wagen zu interessieren, während Frau Balduin<br />

mehr das Leder und die Karosserien mit liebkosenden<br />

Blicken bewunderte. Das führte natürlich<br />

bald zu Uneinigkeiten, weshalb Balduin seine<br />

holde Gattin davon überzeugte, dass sie morgen<br />

unfehlbar zum Coiffeur müsse. Es gelang — und<br />

er schwelgte den ganzen Morgen unter den Wagen<br />

und ihren Motorhauben herum. Das süsse<br />

Gift des Salons raste in seinen Adern. Er war<br />

rettungslos erwischt.<br />

Wenn er Abends seinen alten Wagen vom<br />

Parkplatz abholte, kam ihm dieser unsäglich muffig<br />

und nüchtern vor Noch war der Ehebruch<br />

seinem Wagen gegenüber nicht vollzogen, aber,<br />

um das oben gebrauchte Bild heranzuziehen :<br />

«Balduin hatte das Gefühl, er habe bereits heimlich<br />

das ganze Casino de Paris gekauft!» Schmerz<br />

und Seelenqual im -Herzen, musste der alte, treue<br />

Wagen auch noch die wachsende Last der Prospekte<br />

auf seinem Rücksitz dulden.<br />

Dann entdeckte Balduin ein neues Rauschgift<br />

— noch viel schlimmer als die Ausstellung selbst.<br />

Die Probefahrten! Wie der Herbst die Blätter, so<br />

streute er eitle Hoffnungen in die Herzen der Verkäufer<br />

und absolvierte mit System eine Probefahrt<br />

nach der andern. Er raste durch die Strassen<br />

wie ein Irrer, jagte den Berg hinan, wie es nur<br />

einer kann, der weiss, dass ihm der Wagen ja<br />

nicht gehört. Er pfeilte in die Kurven, dass die<br />

Reifen um Gnade wimmerten und der Verkäufer<br />

beten lernte. Es war herrlich!<br />

Dann entschied sich Frau Balduin auf Grund<br />

der Farbe für irgend einen Wagen und Balduin<br />

war mit der Zeit auch einverstanden. Der Wagen<br />

hatte wenigstens einen grossen Aschenbecher. Sofort<br />

lieferbar war das Ding auch. Und der alte?<br />

Der war schäm- und treulos vergessen! Verlassen!<br />

Le roi est mort — Vive !e roi!

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