E_1938_Zeitung_Nr.039
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hen. Heute müsse alles getan werden,, um<br />
eine Wiederholung dieses unter Umständen<br />
schwerwiegenden Fehlers auf anderem Gebiete<br />
zu verhindern, resp. es dürfe nichts<br />
unversucht bleiben, was dem Aufbau einer<br />
leistungsfähigen nationalen Flugzeugindustrie<br />
dienen könne. Eine der wichtigsten Voraussetzungen<br />
sei bereits erfüllt : Die Eidgenössische<br />
Technische Hochschule bilde auf<br />
Grund eines vorzüglichen Studienplanes<br />
Flugingenieure aus. Was dagegen not tue,<br />
wäre die Ergreifung der Initiative zur Schaffung<br />
einer unabhängigen schweizerischen<br />
Flugzeugindustrie. Er selbst betrachte das<br />
direkt als nationale Pflicht.<br />
Diesen Ausführungen wird man unter den<br />
gegenwärtigen Verhältnissen bestimmt Gehör<br />
schenken und die aufgestellte Forderung<br />
als unumgänglich erkennen. Was uns jedoch<br />
jammerschade dünkt und was einem nicht<br />
recht in den Kopf will, ist, dass vor nicht<br />
allzulanger Zeit diesbezügliche, auf privater<br />
Initiative hissende Bestrebungen mangels<br />
des erforderlichen Weitblickes einfach ihrem<br />
Schicksal überlassen wurden. Wir meinen<br />
die von Comte in Oberrieden am Zürichsee<br />
gegründete Flugzeugfabrik, welche seinerzeit<br />
unter den Hammer kam.<br />
Das Volk beginnt zu denken...<br />
Kürzlich war in der Tagespresse zu lesen,<br />
dass in Chur eine Konferenz von Verkehrsinteressenten<br />
beschlossen habe, für den kommenden<br />
Sommer einen Postautokurs Heidelberg-Zürich-Chur<br />
ins Leben zu rufen. Dieser<br />
Beschiuss sei von den Postverwaltungen des<br />
Deutschen Reichs und der Schweiz, von der<br />
Deutschen Reichsbahn und den SBB gutgeheissen<br />
worden.<br />
Nicht mit Unrecht schreibt diesbezüglich<br />
ein Leser des «Luzerner Tagblatt» folgendes<br />
:<br />
«Ist denn das heute, nach der denkwürdigen<br />
Sitzung unseres Nationalrates vom 21. März, wirklich<br />
möglich? Ganz abgesehen davon, dass die Bundesbahnen<br />
ihre Approbation dazu geben, dass auf<br />
einer ihrer Standardstrecken (Basel-Ghur 207 Kilometer)<br />
das ausländische Postautomobil ihre Linie<br />
konkurrenziert, bringen es unsere eidgenössischen<br />
Behörden fertig, ausländische Chauffeure am laufenden<br />
Band auf strategisch wichtigen Durchgangsstrassen<br />
der Schweiz mit Grossautomobilen<br />
«trainieren» zu lassen.<br />
Was nützen alle grossen Volksversamihliingen<br />
und Resolutionen über Landesverteidigung und geistige<br />
Unabhängigkeit unseres Schweizerlandes,<br />
wenn unsere Behörden in «o einfachen, klaren<br />
^ragen — versagen! Es wird doch gewiss im Ernste<br />
niemand behaupten wollen, dass für den Fernverkehr<br />
Heidelberg-Chur neben der Führung von<br />
fast leeren deutschen Sohnellzügen — zufolge Drosselung<br />
xles Reiseverkehrs nach der Schweiz durch<br />
die deutschen Behörden — ein Bedürfnis nach zusätzlichen<br />
Fahrten mit Postautomobilen, die übrigens<br />
vollständig längs der Bahn geführt werden<br />
sollen, besteht.<br />
Was sagt unsere Landesverteidigungskommission,<br />
was sagen unsere Volksvertreter dazu?><br />
Gründung eines Verbandes<br />
Schweiz. Gesellschaftswagenbesitzer.<br />
Nach eingehenden Vorarbeiten fand am 3. Mai<br />
<strong>1938</strong> in Ölten die Gründungsversammlung des Verbandes<br />
Schweizerischer Gesellschaftswagenbesitzer<br />
etatt. Seit Jahren bestehen bereits verschiedene<br />
kantonale und regionale Verbände, die sich hauptsächlich<br />
zur Aufgabe machten, innerhalb ihres<br />
Mitgliederkreises Tarifvereinbarungen zu schaffen<br />
und durchzuführen. Mit wie vielen Schwierigkeiten<br />
dabei gekämpft werden muss, ist allgemein bekannt.<br />
Längst bestand auch das Bedürfnis, diese<br />
Verbände mit mehr lokalem Charakter in einem<br />
gesamtschweizerischen Verband zusammenzusohliessen,<br />
was nunmehr endgültig erfolgt ist. Sämtliche<br />
bestehenden Organisationen haben sich mit diesem<br />
Zusammenschluss einverstanden erklärt. Die Geeellschaftswagenunternehmen<br />
aus Gegenden, wo<br />
bisher keine Organisation bestand, werden unter<br />
Mithilfe der neuen zentralen Verbandsleitung, entweder<br />
selbst eigene Unterverbände schaffen oder<br />
sich benachbarten Organisationen anschliessen.<br />
In der Gründungsversammlung wurde einstimmig<br />
der Auffassung Ausdruck gegeben, dass dieser<br />
neue Verband in erster Linie<br />
'<br />
im Hinblick auf die kommende Strassentransporlordnung<br />
ins Leben gerufen werden musste, um in Zusammenarbeit<br />
mit den maßgebenden Behörden die<br />
neue und dringend notwendige gesetzliche Ordnung<br />
praktisch verwirklichen zu helfen. Ausserdem<br />
tritt aber der Verband auf allen andern Gebieten<br />
für rlie Wahrung der Berufsinteressen der Gesellschaftswagenbesitzer<br />
ein, namentlich auch für den<br />
vermehrten Schutz des privatwirtschaftlichen Gesellschaftswagengewerbes<br />
gegen die Konkurrenz der<br />
öffentlichen Regiebetriebe. Im Zusammenhaag mit<br />
der bevorstehenden Neuordnung des Strassentransportwosens<br />
warten diesem neuen Verband<br />
viele dringliche und wichtige Aufgaben. Er wird<br />
denn auch sehr bald die ihm zukommende Bedeutung<br />
unter Beweis zu stellen haben.<br />
Zum Zentralpräsidenten wählte die Gründungsversammlung<br />
Kantonsrat R. Hafner, Zürich-Oerlikon.<br />
Das Zentralsekretariat befindet sich Bahnihofplatz<br />
5 in Bern.<br />
Eine Frage, die nachdenklich stimmen muss.<br />
Heeresmotorisierung<br />
und Gütertransport-Initiative.<br />
Ueber dieses hochaktuelle Thema sprach letzten<br />
Dienstag, den 10. Mai, Oberst Ruf im grossen<br />
Saale der Safranzunft zu Basel vor einem zahlreich<br />
erschienenen Publikum, das der Einladung der<br />
Basler Verkehr s 1 ig a gefolgt war. Im wesentlichen<br />
war es derselbe Vortrag, den Herr Oberst<br />
Ruf bereits am 28. Januar dieses Jahres in Zürich,<br />
im Rahmen eines Vortragszyklus über kriegsvorsorgliche<br />
Massnahmen, veranstaltet von der E.T.H.,<br />
gehalten hat und über den wir unsere Leser bereits<br />
am 1. Februar eingehend unterrichtet haben.<br />
Durch die Ereignisse, die sich inzwischen in<br />
Oesterreich abgespielt haben, gewannen seine Ausführungen<br />
in ungeahnter Weise noch an Aktualität,<br />
so dass es nur .natürlich erschien, wenn Oberst Ruf<br />
seine Ausführungen gerade hieran anknüpfte.<br />
Mochten seine eindringlichen Warnungen vielleicht<br />
zuvor noch manchem wie Theorie erschienen «ein,<br />
so sollten die Dinge, die sich Anfang März bei unserm<br />
östlichen Nachbarn zutrugen, nunmehr jeden<br />
darüber aufgeklärt haben, was Schnelligkeit,<br />
Ueberraschung und Durchschlagskraft einer motorisierten<br />
Armee heute zu bedeuten haben.<br />
Die Entwicklung der Motorisierung während des<br />
Weltkrieges und den seitherigen Siegeszug des Motors<br />
in sämtlichen Teilen aller Armeen, sowie die<br />
besonderen Verhältnisse und die daraus abzuleitenden<br />
Forderungen unseres Militärs bei uns dürfen<br />
wir hier übergehen, sind sie doch unsern Lesern<br />
hinlänglich bekannt, da wir sie je und je in<br />
unBern Spalten aufs eindringlichste verfochten<br />
haben. Die Verletzbarkeit der Bahn einerseits und<br />
deren egoistische Initiativen zur Drosselung des<br />
motorischen Strassenverkehrs anderseits blietoen,<br />
besonders im Hinblick auf die heute geradezu<br />
brennende Fraige der Motorisierung unserer Armee,<br />
nicht ohne tiefen Eindruck auf die Hörerschaft.<br />
Neu war wohl für manchen der peinliche<br />
Mangel an kriegstüchtigen Chauffeuren für schwere<br />
Motorlastwagen, an dem die Stagnation in den<br />
Lastwagenbeständen, die ihrerseits ijurch die hohe<br />
fiskalische Belastung der Fahrzeuge und des Benzins<br />
bedingt ist, Schuld trägt.<br />
Um so eindrücklicher geriet daher auch, gerade<br />
im Hinblick auf das Schicksal Oesterreichs, die<br />
ernste Mahnung des Referenten an die zahlreichen<br />
Unterzeichner der Gütertransport-Initiative, wenn<br />
er zeigte, welch schwere Verantwortung sie sich<br />
dem ganzen Land gegenüber mit ihrer Unterschrift<br />
aufgeladen habenl Jede Drosselung des Lastwagenverkehrs<br />
muss unter den heutigen Verhältnissen<br />
In einer schweizerischen Großstadt ereignete<br />
sich vor einiger Zeit das Unerhörte, dass sich auf<br />
belebtester Strasse mitten im sonntagabendlichen<br />
Verkehrsgetriebe zwei Autofahrer ein regelrechtes<br />
Rennen lieferten und sich gegenseitig den vordersten<br />
Platz streitig machten, bis der eine von ihnen<br />
in tollster Fahrt auf einem Fussgängerstreifen einen<br />
Mann anfuhr, der an den erlittenen Verletzungen<br />
am nächsten Tage starb. Anschaulich schildert<br />
ein <strong>Zeitung</strong>sbericht das unglaubliche Geschehnis,<br />
und die ganze Empörung des Reporters zittert in<br />
den Worten, in denen er gleichzeitig mit der Beschreibung<br />
der Vorgänge auch ein vernichtendes<br />
Urteil über die beiden Fahrzeugführer ausspricht:<br />
«... Vom Hirschengraben her bog ein Auto<br />
Richtung Bahnhof in die Kurve, als sich gleichzeitig<br />
ein von der Laupenstrasse kommender<br />
Wagen an seine Seite gesellte. Als der rechts<br />
fahrende Automobilist merkte, dass ihm ein<br />
anderer linkts vorfahren wollte, erwachte in ihm<br />
ein überflüssiger sportlicher Ehrgeiz, der ihn<br />
veranlasste, seine Geschwindigkeit möglichst<br />
rasch zu steigern, um den andern nicht an sich<br />
vorbeiziehen lassen zu müssen — was diesen<br />
natürlich ebenfalls nötigte, mehr Gas zu geben,<br />
um seinen Nebenmann überholen zu können...»<br />
Mit aller Klarheit zeigt das vom Berichterstatter<br />
entworfene Bild unser Bedürfnis, selbst dem im<br />
Grunde unfassbarsten Vorgang eine Deutung zu<br />
unterlegen, die das Ereignis seiner quälenden Unbegreiflichkeit<br />
entkleidet. Beim Versuche, das Geschehnis<br />
auf die uns zunächstliegenden iMotive zurückzuführen,<br />
gewinnt fast zwangsläufig der stimmungsmässige<br />
Untergrund aller unserer Urteile<br />
die Oberhand;<br />
leicht schwindet die kühle sachliche Ueberlegung,<br />
und wir sprechen nach blossen Gefühlen Lob und<br />
Tadel aus, wobei wir erst noch in den Bann unserer<br />
kollektiven Bindungen geraten und also etwa<br />
das Verhalten des Autofahrers ganz summarisch<br />
von unserem Standpunkt, unserer Interessenlage<br />
als Fussgänger aus werten. All dies aber trübt die<br />
Unbefangenheit unseres Urteils, und nur mit grösster<br />
Anstrengung finden wir uns zurück zu der Objektivität,<br />
auf Grund deren allein etwa der Richter<br />
sein Schuldig oder Unschuldig zu sprechen vermag.<br />
Und doch: schon ein klein wenig Besinnung —<br />
wozu freilich dem Tageschronisten selten die Zeit<br />
zur Verfügung steht — gebietet gerade in unserem<br />
Falle Einhalt. Denn es will uns bei allen schlimmen<br />
Erfahrungen, die wir als tägliche Strassenbenützer<br />
immer wieder mit der Rücksichtslosigkeit<br />
einzelner Verkehrsteilnehmer machen, nicht in den<br />
Kopf, dass da nun ein tückischer Zufall gleich<br />
zwei jener Rowdies der Strasse zusammengeführt<br />
haben soll. Wir beginnen ein tieferes Verhängnis<br />
zu ahnen, das die beiden zu ihrem anscheinend so<br />
sinnlosen Tun getrieben haben mag. Ein Umstand<br />
schon erschüttert die Schlüssigkeit jener Zurückführung<br />
des Unfalles auf solche Motive des brutalsten<br />
Selbstbehauptungstriebes. Der Schreiber des<br />
Berichtes lässt die Kette der tragischen Ereignisse<br />
von dem «überflüssigen sportlichen Ehrgeiz» des<br />
von rechts kommenden Fahrers ihren Ausgang<br />
nehmen; aber gerade dieser Fahrer hatte ja nach<br />
Gesetz und Recht den Vortritt vor dem andern, und<br />
die Ausnützung dieser Vortrittes war nicht nur<br />
sein gutes Recht, sondern nach den Regeln schon<br />
des blossen Verkehrsanstandes auch seine Pflicht,<br />
um dem von links kommenden Fahrer nicht ungebührlich<br />
lange die Weiterfahrt zu verlegen. Damit<br />
aber beginnt das Gebäude jenes im ersten Augenblicke<br />
der Entrüstung gefällten Verdammungsurteiles<br />
zu wanken, und wir sehen uns genötigt,<br />
AUTOMOBIL-KEVÜE .FREITAG. %. ES? <strong>1938</strong> - N° 39<br />
für die Motorisierung der Armee geradezu katastrophale<br />
Folgen halben. Und eine Landesverteidigung<br />
ohne motorisierte Armee könnte nur allzu<br />
leicht wie ein Kartenhaus in sfeh zusammenfallen.<br />
Langarihältender Beifall dankte dem energischen,<br />
temperamentvollen Verfechter der notwendigen Modernisierung<br />
unserer Landesverteidigung. Die aufgezeigten<br />
bedenklichen Verhältnisse, sowie die angemeldeten<br />
und aufs klarste als dringend bewiesenen<br />
Forderungen haben wohl bei manchem ein bedrückendes<br />
Gefühl der Nachdenklichkeit wachgerufen.<br />
H. P.<br />
Gedanken zur Einführung<br />
des Trolieybusses<br />
Von Prof. E. Thommen, ETH, Zürich.<br />
(Fortsetzung aus Nr. 38.)<br />
Es mag wohl sein, dass gewisse unserer<br />
Strassenbahn- und Trambahnverwaltungen<br />
sich gegenüber diesem Problem etwas allzu<br />
konservativ verhalten, sich von der<br />
Unzulänglichkeitspsychose der ersten Versuchsperiode<br />
haben etwas gefangennehmen lassen, aber<br />
dass dieser Grund zum ausschlaggebenden<br />
Faktor werden körinte, ist kaum zu glauben.<br />
Wir Schweizer haben von jeher als fortschrittlich<br />
gegolten und diese unsere Eigenschaft<br />
namentlich auch auf technischem Gebiet<br />
bewiesen; also dürfen wir doch wohl<br />
annehmen, dass gerade in diesem Falle diese<br />
Eigenschaft auch zum Durchbruch kommen<br />
sollte.<br />
Was den zweiten Vorbehalt anbetrifft, so<br />
dürfte auch dieser nicht stichhaltig sein, verfügen<br />
wir doch über eine<br />
Elektromaschlnen- und Wagenbauindustrie<br />
von Weltruf.<br />
Es liegt also auch diesbezüglich absolut kein<br />
Grund vor, vor andern Ländern zurückzu^<br />
stehen.<br />
Was die betriebstechnischen Vorbedingungen<br />
anbetrifft, so kann selbstredend hierüber<br />
nicht ein Allgemeinurteil abgegeben werden;<br />
sondern hier wird es sich darum handeln, in<br />
Ein Problem der Verkehrsunfalljustiz<br />
Schluss von Seite 1.<br />
nach verborgenen anderen Gründen jenes Unglücks<br />
zu forschen.<br />
Als die beiden Autos an der Stelle eintrafen, wo<br />
die gemeinsame Forstetzung ihres Fahrweges seinen<br />
Anfang nahm, da lagen sie, wie jener Bericht<br />
so anschaulich sagt, beinahe schon Seite an<br />
Seite nebeneinander. Denn es handelt sich dort um<br />
das spitzwinklige Zusammenlaufen zweier Strassen<br />
und die Fahrbahn,, in die sie einmünden, ist so<br />
breit, dass zwei gleichzeitig eintreffende Wagen<br />
leicht nebeneinander fahren können, wie es denn<br />
an jener Stelle täglich hundertfach geschieht. Nun<br />
wusste sich der von rechts kommende Automobilist<br />
im Besitze des Vortrittsrechtes und schickte sich<br />
an, die Kreuzung zu räumen, indem er ein wenig<br />
Gas gab. Im gleichen Augenblicke aber mag der<br />
andere die gemeinsame Situation bereits als eine<br />
solche der Ueberholung betrachtet haben, denn<br />
schon lag er ja beinahe neben dem zweiten, und<br />
kaum mehr etwas erinnerte daran, dass die zwei<br />
Fahrzeuge aus verschieddnen Strassen herkamen.<br />
So gab nun auch der «linke» Gas, um die ihm<br />
vermeintlich zustehende Ueberholung rasch zu<br />
vollziehen und befand sich dabei subjektiv genau<br />
so gut in seinem unanfechtbaren Rechte wie der<br />
andere, der sich gleichzeitig aus einem ganz anderen<br />
Grunde für berechtigt hielt, voranzufahren.<br />
In diesem verhängnisvollen Augenblicke aber hielt<br />
sich jeder der beiden Fahrer<br />
aus einer gerade entgegengesetzten Auffassung<br />
für berechtigt, an die Spitze zu gehen, und es ist<br />
denkbar, dass auch die volle Breite der Fahrbahn<br />
sie nicht davon abhielt, statt des Nebeneinanderfahrens<br />
das Kolonnenfahren vorzuziehen. Aber wie<br />
nun jeder von ihnen etwas Gas gab, um sein wirkliches<br />
oder vermeintliches Recht auszunützen, und<br />
vom andern erwartete, er werde zurücktreten, schien<br />
auch dieser andere seine Fahrt zu beschleunigen<br />
und also ihm selber den Weg verlegen zu wollen.<br />
So drehte man ein wenig mehr auf, um «den andern»<br />
in seine Schranken zu weisen. Aber auch der<br />
trat stärker aufs Pedal... Und nun regte sich in<br />
jedem der beiden Männer am Lenkrad der Aerger<br />
über den unkorrekten Kollegen. Dein mussto man<br />
es zeigen, musste ihn an seine Pflichten erinnern;<br />
nicht mehr um das persönliche Interesse ging es,<br />
sondern um die Sicherheit der Strasse für alle...<br />
Innert wenigen Sekunden steigerten sich so die beiden<br />
Fahrer intolge eines zunächst fast lächerlichen<br />
Missverständnisses in ein verbissenes Rennen hinein;<br />
mit voller Geschwindigkeit rasten die beiden<br />
Wagen dahin, und ehe sieh die Lenker ihres Irrtums<br />
und der ganzen Situation bewusst wurden,<br />
war bereits der Fussgängerstreifen erreicht, wo<br />
ein Mann eben die Strasse überschreiten wollte. Ein<br />
Schrei. Knirschen der Reifen blockierter Räder auf<br />
dem Asphalt, auf dem ein Schwerverletzter lag...<br />
Schuld? Unschuld? Wer will da Richter sein und<br />
den Stab über Männern brechen, denen im Grunde<br />
vielleicht nichts anderes widerfuhr als eines jener<br />
kleinen Missverständnisse, die jeder von uns schon<br />
erlebt hat. wenn zwei Personen sich gegenseitig auf<br />
dem Troitoir Platz machen wollen, aber, aus einem<br />
Irrturri über die Absichten des andern zwei-, dreimal<br />
immer auf dieselbe Seite ausweichen wie der<br />
andere. Eine fast mikroskopisch geringfüsrise Unstimmigkeit<br />
in den Ueberlesraneen und im Tun dpr<br />
beiden ist die Ursache; aber während die beiden<br />
Fusgän?er sich lächelnd ein «Verzeihung» zurufen,<br />
fällt auf der Strasse ein ganz Unbeteiligter demselben<br />
Geschehnis zum Opfer und stehen zwei vislr<br />
leicht bis anbin nnhpspholtpne Autofahrer nnfpr der<br />
Anklage der fahriästTen Körperverletzung- mit tödlichem<br />
Ausgang vor dem Richter...<br />
H. W. Thomraen.<br />
jedem einzelnen Falle zu untersuchen, ob die<br />
Vorbedingungen, die eine Betriebsumstellung<br />
rechtfertigen, vorhanden sind oder nicht.<br />
Denn so falsch es sein mag, den Trolleybus,<br />
weil neu, oder weil er in seiner Vorentwicklungsperiode<br />
nicht den gesetzten Erwartungen<br />
entsprochen hat, ohne weiteres verurteilen<br />
zu wollen, so falsch wäre es, ihn nun<br />
als<br />
Allheilmittel gegen alle passiven Betriebsbilanzen<br />
und als Retter aus allen Betriebsnöten preisen<br />
zu wollen.<br />
Ist also die Beantwortung gewisser Fragen<br />
an jede einzelne Linie gebunden, so gibt es<br />
doch deren eine Menge, die das Problem als<br />
Ganzes berühren.<br />
Dieser Fragenkomplex lässt sich wohl ziemlich<br />
reinlich in zwei Gruppen einteilen, und<br />
zwar in eine Gruppe technischer, und zwar<br />
sowohl bau- wie betriebstechnischer Natur,<br />
und eine zweite Gruppe, die die finanziellen<br />
und konstitutionellen Fragen umfasst.<br />
II.<br />
Bezüglich der bau- und betriebstechnischen<br />
Fragen darf wohl heute als allgemein anerkannt<br />
der Satz aufgestellt werden, dass dank<br />
der Fortschritte, die inzwischen in der Erkenntnis<br />
der Wirkungsweise eines Trolieybusses<br />
erreicht worden sind, und deren Berücksichtigung,<br />
die selbe beim Bau von Trolleybusfahrleitungen<br />
und Trolleybusfahrzeugen<br />
gefunden haben; dass ferner dank der Verbesserung<br />
der Luftbereifung der Fahrzeuge<br />
und nicht zuletzt dank der Verbesserung der<br />
Strassenverhältnisse; dass endlich dank der<br />
Betriebserfahrungen, die in Ländern mit aus^<br />
gedehnten Trolleybusnetzen gemacht werden<br />
konnten, die Entwicklungsstufe als überholt<br />
betrachtet werden darf und dass heute von<br />
der zuständigen Industrie wohl jede gewünschte<br />
Garantie geboten werden kann für<br />
eine einwandfreie, rationelle Betriebsgestaltung.<br />
Ohne auf technische Details oder den technisch-destruktiven<br />
Entwicklungsgang einzutreten,<br />
seien doch einige Hauptentwicklungsstufen<br />
festgehalten.<br />
Der Trolleybus ist von dem Moment an mit<br />
andern Verkehrsmitteln, wie Tram und Verbrennungsmotorautobus,<br />
konkurrenzfähig geworden,<br />
als es möglich geworden ist, die<br />
Reisegeschwindigkeit ganz bedeutend zu steigern.<br />
Dazu mussten folgende 1 Bedingungen<br />
erfüllt sein:<br />
Die Federungsorgane des Fahrzeuges inklusive<br />
Stromabnehmer, wie auch die Abfederung der<br />
Fahrdrahtaufhängung, mussten eine derartige Ausbildung<br />
erhalten, dass selbst bei sehr hohen Fahrgeschwindigkeiten<br />
— zwischen 40 und 70 km/St. —<br />
eine einwandfreie Anpressung der Stromabnehmer<br />
unter Bedingungen gewährleistet sei, die denjenigen<br />
des Stromabnehmers eines schienengeführten<br />
Fahrzeuges gleichkommt.<br />
Diese Erkenntnis führte zur Abkehr von der<br />
starren und zum Uebergang auf die je naoh<br />
System mehr oder weniger frei bewegliche<br />
Fahrdrahtaufhängung, durch Ersetzung der<br />
Eisen- und Vollgummibereifung durch die<br />
Luftbereifung, durch Spezialausbildungen der<br />
Fahrgestelle und deren Abfederung und nicht<br />
zuletzt hat wesentlich zu diesem Entwicklungsgang<br />
beigetragen die neuzeitliche Strassentechnik,<br />
die es ermöglicht, praktisch genügend<br />
ebene Fahrbahnoberflächen zu schaffen<br />
und selbe derart zu verfestigen, dass bei<br />
einigermassen sorgfältigem Unterhalt Schlaglochbildungen<br />
fast gänzlich ausgeschlossen<br />
sind. Die Erfüllung dieser Bedingungen hat<br />
dem Trolleybus die Ueberwindung der unumgänglichen<br />
Kinderkrankheiten ermöglicht;<br />
dass dabei Verbesserungen sowohl im elektromechanischen<br />
wie auch im wagenbautechnischen<br />
Teil sich ständig folgten und auch weiterhin<br />
wohl noch ^vorgenommen werden können,<br />
liegt auf der Hand.<br />
Erwähnt sei nur noch, dass dank aller dieser<br />
Neuerungen und Verbesserungen heute Fahrgeschwindigkeiten<br />
erreicht werden können, die zwischen<br />
50 und 70 km/St, liegen, nicht zu verwechseln<br />
natürlich mit der Reisegeschwindigkeit, die<br />
zufolge der notwendiger! Halte, deren Zahl und<br />
Dichte, selbstredend bedeutend tiefer liegt, aber auf<br />
alle Fällle beim Trolleybus dank seiner Bewegungsfreiheit<br />
auf der Strasse und dank der weitmöglichst<br />
ausnützbaren Anfahrgeschwindigkeit immer bedeutend<br />
über derjenigen liegt, die unter den selben<br />
Bedingungen das schienengebundene Strassenfahrzeug<br />
erreichen und auch mit Erfolg in Konkurrenz<br />
treten kann mit derjenigen des Verbrennungsmotorautobusses.<br />
Und darin liegt eine der Hauptüberlegenheiten<br />
des Trolieybusses gegenüber dem schienengebundenen<br />
Strassenfahrzeug, indem er damit dem Entwicklungsgang"<br />
des heute gewünschten Schnellverkehrs<br />
folgen kann, währenddem dem schienengebundenen<br />
Strassenfahrzeug diesbezüglich engere<br />
und unübersehreitbare Grenzen gezogen sind.<br />
Es wird allerdings viel die Behauptung aufgestellt,<br />
dass der Trolleybus wohl einen gleichmässigen,<br />
mittleren Verkehr zu bewältigen vermöge,<br />
dass ihm aber beispielsweise das Tram als Massentransportmittel<br />
und z. B. zur Bewältigung des<br />
Stossverkehrs immer noch überlegen sei und dass<br />
daher hei Anlagen, bei weichen periodisch ein<br />
grosser Stossverkehr zu erwarten sei, die Umstellung<br />
auf Trolleybus nicht in Frage kommen könne.<br />
(Fortsetzung folgt.)