E_1938_Zeitung_Nr.091
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N° 91 — FREITAG, 11. NOVEMBER <strong>1938</strong> AUTOMOBIL-REVUE 3<br />
Rennen in England—Rennen auf dem Kontinent<br />
Was dem aktiven Sportsmann vom Kontinent<br />
am meisten auffällt, wenn er zum erstenmal an<br />
einer englischen Sportveranstaltung teilnimmt, das<br />
ist die Einstellung, die jeder Brite dem Sport im<br />
allgemeinen gegenüber hat: nämlich, dass er den<br />
Sport wirklich um des Sportes willen, und<br />
nicht um des Erfolges willen<br />
betreibt. Die Maxime, dass es sportlicher ist, ehrlich<br />
&u unterliegen, als unehrlich zu siegen, wird auf<br />
Grund ihres moralischen Wertes in jedem Lande<br />
freudig verfochten; mit deren praktischen Anwendung<br />
aber ist es im allgemeinen, wie Eingeweihte<br />
wohl wissen, nicht so gut bestellt, weil die Praxis<br />
gewöhnlich Wege geht, die von denen der Ideale<br />
weit abweichen Wenn sich jedoch ein Land rühmen<br />
kann, der oben erwähnten Maxime am ehesten nahezukommen,<br />
so ist es wohl England.<br />
Lassen-wir dif> Professionalkreise für eine Weile<br />
aus dem Spiel. Man wird dann zugeben müssen',<br />
dass Reibereien oder Unehrlichkeiten, die im Amateursport<br />
vorkommen, ein Absurdum darstellen, weil<br />
die Schuldigen einfach aus dem Auge lassen, dass<br />
der Sport für sie dem Vergnügen, der Zerstreuung<br />
und vor allem der Erholung zu dienen hat. Nun<br />
ist es interessant, zu beobachten, wie vor allem auf<br />
dem Kontinent oftmals bei geringsten Meinungsverschiedenheiten<br />
die grössten Streitigkeiten entbrennen,<br />
selbst bei sogenannten « Freundschaftsepielen<br />
», und die eine Partei manchmal sogar er-<br />
EÜrnt das Feld verlässt.<br />
Dagegen fällt es auf, wie der englische Sportsmann<br />
immer wieder betont, dass ihm das Resultat<br />
nicht wichtig ist, dass er nur « for fun >. zum Spass<br />
spielt, was sich dahin auswirkt, dass bei der ersten<br />
Meinungsverschiedenheit, z. B. bei einem Tennismatch,<br />
sich jeder sofort beeilt, seinem Gegner den<br />
Punkt zu überlassen, sobald der ander auch nur<br />
andeutet, dass er glaubt, diesen Punkt verdient zu<br />
haben. Man weiss ja, dass es in der englischen<br />
Gesellschaft nicht nur shocking ist über Politik<br />
mnd Religion zu reden, sondern auch in den verschiedenen<br />
Domänen des Sports einen noch so geringen<br />
Misston aufkommen zu lassen.<br />
Dieser fundamentale Unterschied in der<br />
Sportauffassung des Kontinents und Englands<br />
muss ebenfalls in Betracht gezogen werden, wenn<br />
man den Uaterschied der Rennen selbst in England<br />
und im übrigen Teil Europas verstehen und<br />
eine Erklärung für die Sympathie gegenüber Handicaprennen<br />
im United Kingdom erhalten will. Ich<br />
•will gleich mit zwei Beispielen aufwarten: als 1937<br />
'der Grand Prix von Donington ausgetragen wurde,<br />
figurierten die beiden unschlagbaren deutschen<br />
Mannschaften von Mercedes-Benz und Auto-Union<br />
erstmals in der Geschichte des englischen Automobileports<br />
auf -der Startliste. Jeder englische Fahrer<br />
wusste, dass für ihn nicht nur keine Siegeschance'<br />
mehr bestand, nachdem die Beteiligung der deutschen<br />
Mannschaften Tatsache geworden war, sondern<br />
auch die Möglichkeit fehlte, sich günstig zu<br />
plazieren. Und in der Tat: der bestpla>zierte auf<br />
einer britischen Konstruktion startende Fahrer war<br />
der siamesische Prinz Bira, der siebenter wurde.<br />
Es hatte sich aber nicht ein einziger der englischen<br />
« Habitues-Fahrer » davon abhalten lassen, an diesem<br />
Rennen teilzunehmen. Auch wäre es keinem<br />
Briten eingefallen, kurzerhand vorzuschlagen, man<br />
solle den Deutschen die Beteiligung an den Rennen<br />
einfach versagen, weil sie mechanisch<br />
überlegen seien! Als dagegen in Italien<br />
vor ein paar Jahren die nationalen Pennen<br />
eine erdrückende Ueberlegenheit der Scuderia<br />
Ferrari erbrachten, die jedesmal mit vier, fünf<br />
oder gar sechs dort unschlagbaren Wagen auftrat,<br />
fand sich bald auf der ganzen Appenninhalbinsel<br />
(wo weissgott genügend Rennwagen in<br />
den Garagen bereitstehen!) kein einziger Fahrer<br />
mehr, der unter solchen Umständen weiter mitfahren<br />
wollte. Da mach' ich nicht mehr mit! galt<br />
als Parole, so dass sich der königliche Automobil-<br />
Club gezwungen sah, den Einzel fahrern Startgelder<br />
zu zahlen, um sich ihre Beteiligung zu sichern,<br />
nachdem zwei Jahre zuvor gerade diese Behörde<br />
unter Androhung und Anwendung der Disqualifikation<br />
die Offerte und Annahme von Startgeldern<br />
aufs strengste verboten hatte.<br />
Weit davon entfernt, dieses Beispiel als typisch<br />
italienisch charakterisieren zu wollen, möchte ich<br />
bemerken, dass diese Einstellung auf dem ganzen<br />
Kontinent vorherrscht. Sollten einige Moralathleten<br />
durch diese Behauptung «schockiert» sein, so mögen<br />
sie sich an einzelne Organisatoren um Auskunft<br />
wenden. Der Schreiber dieser Zeilen will<br />
durchaus nicht behaupten, dass die Mentalität der<br />
Engländer die richtigere sei; es handelt sich<br />
um reine Feststellungen, wozu er noch bemerken<br />
möchte, dass er selbst in seiner ganzen Laufbahn<br />
eine ausgesprochen «kontinentale» Tendenz an den<br />
Tag gelegt hat, die er auch nie zu verheimlichen<br />
gedachte.<br />
Nun etwas über nandicaprennen.<br />
Wenn man bedenkt, dass ein einziges stark<br />
überlegenes Fahrzeug genügt, um ein Scratch-Rennen<br />
(so nennt der Engländer ein Rennen ohne<br />
Handicap, ohne Vorgabe, ein auf dem Kontinent<br />
übliches Rennen, bei welchem alle Fahrer zur gleichen<br />
Zeit den Start verlassen) zu einem grossen<br />
Fiasko zu gestalten, weil das spannende Kampfmoment<br />
vollkommen fehlt, so erscheinen Handicaprennen<br />
zunächst gerechtfertigt, denn wenn die<br />
«tonangebendem Fabriken einem Rennen fernbleiben,<br />
so ist es kaum möglich, eine genügende Anzahl<br />
grosser Fahrzeuge zu finden, die sich einen<br />
ebenbürtigen Kampf liefern. Will man also die<br />
Renntätisrkeit nicht auf die 1500er-Wagen beschränken,<br />
so bleibt in e'nem Lande wie England, wo der<br />
Wagenpark vom kleinsten Rennaustin bis zum<br />
Napier-Railton und Duesenberg alle Arten von<br />
von Hans Ruesch.<br />
«Rennungetümen» umfasst, kein anderer Ausweg<br />
als die Handicapierung. Woher kommt es nun,<br />
dass Handicaprennen seit Jahren in den britischen<br />
Ländern — wir werden der Kürze wegen «England»<br />
sagen — den fast ausschliesslichen Teil der<br />
Rennen ausmachen und sie auf dem Kontinent nie<br />
Fuss fassen konnten und voraussichtlich auch kaum<br />
Fuss fassen werden? Weil die Handicappierung,<br />
die willkürlich erfolgen muss, Anlass zu unendlichen<br />
Streitigkeiten und Unzufriedenheiten geben<br />
kann, falls sich die Fahrer nicht von vornherein<br />
mit dem Entscheid der Handicapper einverstanden<br />
erklären. Keine Rede davon, dass der Engländer<br />
immer der Meinung ist, die Handicaps seien ideal<br />
ausgefallen; die Sache ist vielmehr die, dass er,<br />
auch wenn er auf Grund des Handicaps nicht die<br />
geringste Chance zu einer Placierung hat, niemals<br />
den leisesten Protest, die kleinste Beschwerde einreichen<br />
oder gar sich vom Rennen fernhalten<br />
würde. Der Grund zu diesem Verhalten wurde<br />
schon in der Einführung zu diesem Artikel gegeben:<br />
es gehört für den Engländer zum guten Ton,<br />
dem Resultat gegenüber die grösste Gleichgültigkeit<br />
zu bezeugen.<br />
Im allgemeinen wird die<br />
Handicapierung nach der Kategorie der<br />
Fahrzeuge<br />
abgestuft: je geringer der Zylinderinhalt eines<br />
Rennwagens, desto früher startet er. Ein neuer<br />
ERA 1500 cem ist nun schneller als ein Alfa Romeo<br />
2300, bei dem es sich um einen älteren und<br />
schwereren Typ handelt und wird diesen jedenfalls<br />
schlagen. Kommt nun noch das Handicap<br />
hinzu — auf Grund dessen der schnellere ERA,<br />
dank seines geringeren Zylinderinhaltes, vor dem<br />
Alfa startet — so wird das Rennen zwischen diesen<br />
beiden Wagen natürlich zu einer Farce. ]Jas wurde<br />
von den Organisatoren nun auch erkannt und sie<br />
beschlossen, einmal eine andere Methode anzuwenden,<br />
bei der nicht der Zylinderinhalt, sondern die<br />
effektive Leistungsfähigkeit der Wagen berücksichtigt<br />
wird, bei welcher also z. B. im obenerwähnten<br />
Fall der Alfa Romeo vor dem ERA zu starten hätte.<br />
Diese Methode fand erstmals in den südafrikanischen<br />
Rennen Anwendung. Als ob diese Aufgabe<br />
nicht bereits schwierig genug gewesen wäre, gingen<br />
jene Organisatoren noch einen verhängnisvol- ,<br />
len Schritt weiter, indem sie nicht nur die Lei-<br />
und bleibt immer<br />
unübertroffen.<br />
die Geschicklichkeit der Fahrer mitberücksichtigten,<br />
d. h. dass zwei Fahrer der gleichen Marke und des<br />
gleichen Typs nicht zugleich starten durften, sondern<br />
der bessere Fahrer, quasi «als Strafe», später<br />
von Stapel gelassen wurde. So startete z. B. in<br />
Kapstadt der Auto-Union-Fahrer Delius ein paar<br />
Minuten vor seinem Markengenossen Rosemeyer,<br />
und siegte. In den meisten Fällen ist es überhaupt<br />
unmöglich festzustellen, welcher von zwei Fahrern<br />
der bessere ist. So geschah es z. B. ebenfalls in<br />
Cape Town, das von zwei ERA-Piloten jener, der<br />
als erster startete, sich zum grossen Erstaunen<br />
der Handicapper als der schnellere Mann .entpuppte.<br />
Wie man sieht, hapert es mit der praktischen<br />
Ausführung der Handicaprennen oftmals,<br />
aber eins wenigstens muss man diesen Veranstaltungen<br />
lassen: wenn auch viele Fehler begangen<br />
werden, so steht -der Sieger doch nie im voraus<br />
fest, wie das bei uns vielfach der Fall ist. Es bleiben<br />
also für die Wettlust des Engländers alle Tore<br />
offen, der Hauptgrund, weshalb er sich an eine<br />
Sportveranstaltung begibt<br />
Caracciola äussert sich über die<br />
neue Rekordstrecke bei Dessau.<br />
Europameister Rudolf Caracciola hat am<br />
vergangenen Montag die im Zuge der Reichsautobahn<br />
Berlin-München zwischen Dessau<br />
und Bitterfeld eingebaute Rekordstrecke eingehend<br />
besichtigt, worüber wir in der « B.Z.<br />
am Mittag > u. a. folgende interessant© Ausführungen<br />
lesen :<br />
«Ich habe ja schon allerhand Rekordstrecken<br />
gesehen; aber was da bei Dessau entstanden ist,<br />
diese 8 km lange Gerade mit je etwa 3 km An- und<br />
Auslauf — das ist wirklich eine geradezu unvorstellbare<br />
Leistung des Strassenbaus! Von der nur<br />
etwa 8 Meter breiten Strecke bei Tat in Ungarn<br />
wollen wir ganz schweigen. Aber auch die Uferstrecke<br />
bei Daytona Beach in Florida, die ich bei<br />
meiner Studienreise nach Amerika Anfang 1936<br />
kennenlernte, ist mit unserer neuen Rekordstrecke<br />
nicht zu vergleichen. Sehen Sie — mag die Flut<br />
diese sandige Strandstrecke auch immer wieder<br />
wunderbar ebnen und durch Feuchtigkeit festmachen<br />
(die Rekordfahrten dort werden immer gleich<br />
nach der Ebbe unternommen) und mag man den<br />
Salzboden des später für Rekordzwecke benützten<br />
Salt Lake im nordamerikanischen Territorium Utah<br />
noch so glatt hobeln, auf diesem weicheren Boden<br />
geht doch durch die stärkere Reibung zwischen<br />
Reifen und Fahrbahn viel von der Kraft des Motors,<br />
also von der Spitzenleistung verloren.<br />
Beton ist das einzig Wahre.<br />
Diesen seitlich nicht abgegrenzten Strecken in<br />
U.S.A. haben die unsrigen noch etwas voraus. Drüben<br />
müssen sich die Rekordfahrer eine Zielvorrichtung<br />
in ihre Wagen einbauen, ein Fernrohr<br />
mit Fadenkreuz. Damit muss man dann unentwegt<br />
das Ziel, zwei Pfähle, anvisieren, weil man ohne<br />
das überhaupt nicht weiss, ob man geradeaus fährt<br />
oder nicht. Das haben wir hier nicht nötig. Wir<br />
visieren» zwar auch, aber über den dunkelgefärbten<br />
Oefe kommen und gehen<br />
Essolube bleibt unübertroffen, weif es a»e Spfrzeneigen«<br />
schaffen gufer MoforenoeJe in sich vereinigt, also<br />
• flache Viskositätskurve, das heißt geringe Temperatur'<br />
Abhängigkeit<br />
• große Hitze- und Kältebeständigkeit,<br />
• vollkommene Schmierung dank seiner Oeligkelt und<br />
großen Haftfähigkeit auf Metall,<br />
• minimale Schlamm- und Kohlebildung,<br />
• Zange Lebensdauer,<br />
• sparsamer Verbrauch,<br />
das gute Oef<br />
für gute Fahrt<br />
stugsfähigkeit der einzelnen Wagen, sondern auch<br />
bleibt<br />
STANDARD-MINERALOELPRODUKTE A.C. GEGRÜNDET 1894<br />
Mittelstreifen der Bahn, was wesentlich leichter und<br />
weniger ermüdend ist. Vielleicht wäre es sogar<br />
gut, wenn auf diesem dunkleren Streifen von 4K<br />
Meter Breite in der Mitte noch ein ganz schwarzer<br />
«Ziel»-Streifen von etwa 1 Meter gezogen würde —<br />
je schwärzer, desto besser! ,<br />
Dreimal so breite Fahrbahn als bisher I<br />
Bei den phantastisch in die Höhe getriebenen<br />
Geschwindigkeiten ist für das Gelingen weiterer Rekordversuche<br />
die erste Voraussetzung eine genügend<br />
breite Bahn, wie wir sie ja nun bei Dessau mit<br />
27 Meter Fahrbahnbreite besitzen. Ich bin fest<br />
überzeugt, dass hier bald mancher der bestehenden<br />
Rekorde fallen wird. Aber die Breite ist nicht der<br />
einzige Vorteil, den die neue Strecke der bisherigen<br />
bei Frankfurt am Main voraus hat.<br />
Von ganz wesentlicher Bedeutung ist, dass nun<br />
bei Dessau das Problem der Ueberbrückung gelöst<br />
ist. Jedesmal, wenn man bei Frankfurt auf eine der<br />
vielen Brücken losschoss, hatte man dasselbe Erlebnis:<br />
noch bevor das Auge das plötzlich auftauchende,<br />
kleine schwarze Viereck richtig erfasste<br />
und dem Gehirn die Mitteilung weitergeben konnte<br />
«Durch dieses dunkle Loch musst du durch!» —<br />
war schon alles vorbei. Das war bei über 400 km/St,<br />
jedesmal ein unheimliches Gefühl und stark irritierend<br />
"und damit eine Mehrbelastimg für die<br />
schon aufs äusserste gespannten Nerven.<br />
Brücken als Start- und Stopzeichen.<br />
Die Brücken bei Dessau sind nicht nur keine<br />
Belastung, sondern eine Wohltat. Es sind nämlich<br />
nur vier Bögen, die bei iß Meter Spannweite nicht<br />
einmal einen Mittelpfeiler haben. Ausserdem führen<br />
sie nicht quer über die 8 Kilometer lange<br />
Gerade, sondern über die An- und Auslaufstrecken.<br />
Kein noch so grosses Schild würde dem Rekordfahrer<br />
so deutlich Anfang und Ende der Rekordstrecke<br />
bezeichnen können. Früher war es bei dem<br />
tollen Tempo nur sehr schwer möglich, zu erkennen,<br />
wo man richtig loslegen konnte und wo man abstoppen<br />
musste. Hier ist das ganze klar: beim<br />
Passieren der zweiten Brücke heisst es Vollgas geben,<br />
bei Erreichung der ersten Brücke auf der anderen<br />
Seite muss Gas weggenommen werden.<br />
Dass ausserdem diese Brücken aus schlanken<br />
Stahlbögen und nicht aus massivem Bauwerk bestehen,<br />
dass ferner die seitlich heranführenden<br />
Wälle nicht ganz bis an die Fahrbahn reichen und<br />
nach oben abgeschrägt sind, ist sehr günstig und<br />
schaltet Gefahren aus. Dadurch nämlich, dass auch<br />
ah dieser Stelle der Wind gleichmässig über die<br />
Strecke streicht, werden Windstauungen vermieden,<br />
wie sie sonst bei Brücken und Dämmen leicht entstehen.<br />
Kommt der Fahrer dann aus dem «Windschatten»<br />
heraus, fasst ihn eine Bö von der Seite,<br />
die ihn leicht von der Bahn drücken kann. Aus<br />
dem gleichen Grunde ist das Fehlen von Baumgruppen<br />
und Waldecken in diesem völlig baumlosen<br />
Gelände sehr zu begrüssen. Die Nord-Süd-Führung<br />
der Strecke hat das Gute, dass in beiden Richtungen<br />
niemals die Sonne dem Fahrer direkt in die Augen<br />
sticht!»<br />
Sensationelle Rekordfahrt des eng!.<br />
Majors Gardner auf der Frankfurter<br />
Reichsautobahn<br />
Ueber 300 km/St. Geschwindigkeit mit einem<br />
1100-ccm-MG-Wagen.<br />
Frankfurt a. M., 9. November <strong>1938</strong>.<br />
Nach fast einjähriger Pause stand die Reichsautobahn<br />
bei Frankfurt a. M. heutet>zum erstenmal<br />
wieder im Zeichen von Automobil-Rekordversuchen,<br />
die der bekannte englische Fliegermajor A.T.G.<br />
Gardner auf Einladung von Korpsführer Hühnlein<br />
unternahm, da er in seiner Heimat für den<br />
neuentwickelten MG-Versuchswagen keine geeignete<br />
Fahrstrecke gefunden hatte. Nun musste er zwar<br />
einige Tage warten, da das Wetter mit Wind, Regen<br />
und Nebel ihm zunächst einen Strich durch<br />
die Rechnung machte. Für den heutigen Mittwoch<br />
hatte aber die Wetterwarte des Weltflughafens<br />
Rhein-Main günstige Witterung, also Windstille<br />
und Trockenheit vorausgesagt, und als Rennleiter<br />
Dienemann frühmorgens bei Kilometer 6 und 7 die<br />
letzten Vorbereitungen für die Versuche traf,<br />
herrschte richtiges « Rekordwetter ».<br />
Zwei neue Kleinwagenrekorde auf Anhieb.<br />
Es war nur ein kleiner Kreis von Eingeweihten,<br />
d'-> um die heutigen Versuchsfahrten des Engländers<br />
wussten und sich am Morgen auf der Reichsautobahn<br />
eingefunden hatten, als der Transportwagen<br />
bei Kilometer 2 anfuhr und das neue Fahrzeug<br />
eingeladen wurde. Major Gardner nahm am<br />
Steuer Platz, fuhr zunächst in langsamem Tempo<br />
über die Strecke und startete sodann zur ersten gezeiteten<br />
Versuchsfahrt, bei der er jedoch nicht über<br />
180 km/St, hinauskam. Sofort fanden die Mechaniker<br />
die Ursache für diese Fehlleistung der Maschine:<br />
eine Düse des Zweivergaser-Motors war verstopft.<br />
Nach ihrer Reinigung unternahm Major<br />
Gardner sofort den zweiten Versuch und kam dabei<br />
sofort über den Kilometer und die Meile mit fliegendem<br />
Start auf Geschwindigkeiten über 300<br />
km/St., das heisst, er hafte seine im Oktober vorigen<br />
Jahres aufgestellten Rekordleistungen um über<br />
60 km/St, verbessert.<br />
Öie neuen Rekorde, die als internationale Rekorde<br />
für die Klasse G 750 bis 1100 cem gelten (jedoch<br />
auch weit über den bestehenden Bestleistungen<br />
für die Klasse bis 1500 cem liegen) lauten wie<br />
folgt:<br />
1 km mit fliegendem Start; Hinfahrt: 12,47 Sek.<br />
= 288,692 km/St.; Rückfahrt: 11,50 Sek. = 313,043<br />
km/St.; Mittel aus Hin- und Rückfahrt: 11,99 Sek.<br />
== 300,250 km/St, (alter Rekord 239,361 km/St.).<br />
1 Meile mit flieg, Start: Hinfahrt: 20,07 Sek.<br />
= 288,670 km/St; Rückfahrt: 18,52 Sek. = 312,831<br />
km/St.; Mittel aus Hin- und Rückfahrt: 19,30 Sek.<br />
= 300,187 km/St, (alter Rekord 239,307 km/St.).<br />
Nach diesem erfolgreichen Debüt beabsichtigte<br />
Major Gardner, gegen Mittag auch noch die alten<br />
Bestleistungen über die Strecken von 5 km und<br />
5 Meilen mit fliegendem Start zu überbieten, die er<br />
im Oktober vorigen Jahres mit rund 232 km/St, erzielt<br />
hatte. Als er jedoch starten wollte und der Motor<br />
schon lief, zeigte sich, dass die Maschine nicht mehr<br />
auf volle Drehzahlen kam, weil anscheinend ein<br />
Lager der Kurbelwelle defekt geworden war. Da<br />
dieser Schaden sich nur im englischen Werk der<br />
MG-Motor-Car. Co in London beheben lässt. hat<br />
Major Gardner sich für dieses Jahr mit dem Erreichten<br />
zufrieden gegeben und wieder die Heimreise<br />
angetreten, A. B.