E_1939_Zeitung_Nr.027
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„Automobil-Revue" — Nr. 27 BERN, Dienstig, 28. Mira <strong>1939</strong><br />
Neue Möglichkeiten<br />
Wenn sich zwei Autogewerbler über den<br />
Gang der Dinge unterhalten, dann setzen<br />
eie fast immer voraus, dass die Nachfrage<br />
nach Wagen, Betriebstoffen, Material und<br />
Arbeit eine bestimmte Grosse sei und dass<br />
der Wettbewerb um den Umsatz schliesslich<br />
ein solcher des einen gegen den andern<br />
ist, des Grossen gegen den Kleinen,<br />
des Tüchtigen gegen den Mittelmässigen.<br />
Es mag kühn scheinen, gegen eine solche<br />
Ansicht ankämpfen zu wollen. Haben<br />
schliesslich nicht gerade die Krisenjahre<br />
bewiesen, dass alle, vom Grossunternehmen<br />
hinunter bis zum Einmannbetrieb,<br />
dem Schwanken der Konjunktur ausgesetzt<br />
und dass auch übernormale Anstrengungen<br />
nicht geeignet sind, die Unbill der<br />
Zeit wettzumachen?<br />
Sogenannte schlechte Zeiten haben erfahrungsgemäss<br />
nicht nur den einen Nachteil,<br />
dass sie eine Verminderung der Umsatz-<br />
und Verdienstmöglichkeiten mit<br />
sich bringen, sondern, dass<br />
sie darüber hinaus auch noch vielerlei Initiative,<br />
Schaffenskraft und Einsatzwille,<br />
die nicht hieb- und stichfest sind, verkümmern<br />
und zerfallen lassen.<br />
Wo aber Zuversicht und Glaube an die<br />
eigene Leistungsfähigkeit einmal verschwunden<br />
sind, da können aus der kalten<br />
Asche auch die besten ; Zeitläufe keine<br />
lodernde Flamme und keinen Phönix mehr<br />
emporsteigen lassen.<br />
Was soll man denn aber zu jenen Firmen<br />
sagen, die ausgerechnet in den Krisenzeiten<br />
einen erfreulichen und deshalb<br />
scheinbar unerklärlichen Aufstieg nehmen?<br />
Sind es einfach Glückspilze, denen<br />
ein unerhoffter Windstoss die gebratenen<br />
Hühnchen vor die Türe setzen?<br />
Ihre Erfolge gründen sich ganz bestimmt<br />
nicht in erster Linie darauf, dass<br />
sie es besonders gut verstehen, den bereits<br />
bestehenden Konkurrenten die Aufträge<br />
wegzulotsen, sondern<br />
erstens auf die Leistung, die ihnen das Zutrauen<br />
der Kundschaft bringt, und zweitens<br />
die Fähigkeit, ihr c Dienenwollen»<br />
richtig an den Mann zu bringen.<br />
Darum finden sie auch immer wieder Möglichkeiten,<br />
wo der Durchschnittsmensch<br />
solche nie vermutet und sind diesen immer<br />
um ein paar Nasenlängen voraus.<br />
Als Beispiele, die sich natürlich beliebig<br />
vermehren Hessen, seien im nachstehenden<br />
einmal ein paar aufgeführt:<br />
Der Garagist, dem die Privatkunden die<br />
Wagen in regelmässigen Abständen zuführen,<br />
wird, wenn er genau zu beobachten<br />
versteht, im Laufe des Tages bei diesem<br />
oder jenem Wagen Unzulänglichkeiten<br />
entdecken, die im Interesse des<br />
Fahrzeugbesitzers behoben werden sollten.<br />
Er wird bei Saisoneintritt jeden auf die<br />
notwendigen Arbeiten und Materialanschaffungen<br />
aufmerksam machen, wird sie<br />
an die unerlässlichen periodischen Oelwechsel<br />
erinnern usw. Er wird, kurz gesagt,<br />
die Pflegedes Wagensso genau<br />
kontrollieren, als ob es<br />
sein eigener wäre und er es sich in<br />
den Kopf gesetzt hätte, ihn immer in erstklassigem<br />
Zustand zu halten.<br />
im Automobilgewerbe<br />
Der Karossier, der sich hauptsächlich<br />
mit Flickarbeit beschäftigt, hält seine<br />
Augen offen, wenn er an einem Parkplatz<br />
vorbeikommt, merkt sich allfällige havarierte<br />
Kotflügel und bearbeitet die Besitzer<br />
schriftlich oder telephonisch, nachdem<br />
er deren Namen mit Hilfe des Automobil-<br />
Kalenders festgestellt hat (ein Vorgehen,<br />
das demjenigen jenes Pneuhändlers entspricht,<br />
über dessen Methode wir letzthin<br />
an dieser Stelle berichtet haben).<br />
Die Servicestation wird es eich nicht<br />
nur nicht nehmen lassen, die vorüberfahrenden<br />
Automobilisten freundlich zu grüssen,<br />
sondern mit möglichst vielen ein persönliches<br />
Verhältnis anzuknüpfen suchen<br />
(wozu der Automobil-Kalender die beste<br />
Gelegenheit bietet). Sie wird sich auch<br />
Korpsgeist<br />
Es hiesse der Wahrheit Abbruch tun, wenn<br />
man leugnen wollte, dass die Jahre der Krise<br />
— politischer wie wirtschaftlicher Art — nicht<br />
auch ihre guten Seiten gehabt und neben den<br />
bedauerlichen nicht auch erfreuliche Erschei-<br />
ausserhalb des eigentlichen Automobilfachs<br />
möglichst nützlich erweisen, indem<br />
sie mit Eücksicht auf den Charakter der<br />
Gegend für diese oder jene Annehmlichkeit<br />
sorgt. Da könnte z. B. eine Service-<br />
Station am Fuss einer Ski-Abfahrt einen<br />
kleinen Raum verfügbar machen, in welchem<br />
die gerade im Frühjahr meist tüchtig<br />
schwitzenden Skifahrer nach Beendidigung<br />
ihrer Tour Gelegenheit hätten, die<br />
Wäsche zu wechseln. Eine andere in der<br />
Nähe eines Sees könnte für Spezialsalbe<br />
sorgen, die den durch die Sonne geröteten<br />
Gliedern eine erste Linderung bietet. Oder,<br />
falls sie in der Nähe eines Sportplatzes<br />
liegt, würde z. B. die Schaffung einer Gelegenheit<br />
zum Beinigen der Schuhe bei<br />
den Automobilisten sicher auf grossen Zuspruch<br />
stossen usw.<br />
Der Sattler kann für seine Polsterüberzüge<br />
in ähnlicher Weise vorgehen wie der<br />
Karossier, indem er besonders jene Wagenklasse<br />
aufs Körn nimmt, die seiner<br />
Erfahrung nach am besten für solche zusätzlichen<br />
Arbeiten gewonnen werden<br />
könnte.<br />
Der ZubehSrhändler hat ebenfalls einen<br />
ganzen Kratten voll Möglichkeiten zu seiner<br />
Verfügung: Er besitzt ein Lager von<br />
Artikeln, die sich besonders für eine bestimmte<br />
Marke eignen. Warum nicht alle<br />
Besitzer dieser Marke von Zeit zu Zeit<br />
durch ein gefälliges Zirkulär begrüssen?<br />
Er führt eine neue Heizung ein, die z. B.<br />
besonders den Reisenden gute Dienste leistet.<br />
Warum diejenigen auf seiner Kundenliste<br />
nicht einmal besonders bearbeiten,<br />
die wegen der Anlage ihrer Tournee dafür<br />
speziell Interesse haben?<br />
In allen diesen Fällen handelt es sich<br />
ganz spezifisch darum, neue Bedürfnisse<br />
ausfindig zu machen, die ihre Befriedigung<br />
keineswegs « sowieso » finden würden.<br />
Gewiss geht es im einzelnen nur um<br />
kleine Beträge; allein nicht die einzelne<br />
Transaktion als solche spielt eine Rolle,<br />
sondern die positive Einstellung, die vielerlei<br />
Neues entdecken lässt, wofür die<br />
Indifferenten nun einmal blind sind.<br />
Darin besteht übrigens in erster Linie der<br />
psychologische Unterschied zwischen den<br />
sogenannten «Pechvögeln» und den<br />
«Schützlingen Fortunas». :—:<br />
nungen gezeitigt hätten. Perioden der Anspannung<br />
ziehen gewöhnlich auch solche der<br />
Sammlung und Besinnung nach sich und<br />
schweissen die sonst mehr oder weniger auseinanderstrebenden<br />
Individualitäten enger zusammen.<br />
Betrachten wir beispielsweise die<br />
Politik. Unser Land — wir wagen dies trotz<br />
mancher scheinbar das Gegenteil aufweisender<br />
Tatsachen zu behaupten — hat schon lange<br />
nicht mehr einen so engen Schulterschluss<br />
zwischen den einzelnen Bürgern und Richtungen<br />
gezeigt, wie dies heute der Fall ist.<br />
Neben die grundlegende Ueberzeugung vom<br />
Wesen und Wert des Individuums reiht sich<br />
gegenwärtig besonders deutlich die Einsicht,<br />
dass erst die Kompaktheit des Ganzen jene<br />
Kräfte zur vollen Entfaltung bringt, die der<br />
einzelne auszugeben vermag.<br />
Liegen die Dinge nicht ähnlich auf wirtschaftlichem<br />
Gebiet, wo seit langem nicht<br />
mehr so wenig sinnlose Kämpfe zwischen Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer stattgefunden<br />
haben, dank der beidseitigen Einsicht, dass<br />
auch hier vereinte Arbeit allen zum Nutzen<br />
gereicht?<br />
Es wäre allerdings verfehlt, wenn dieser<br />
Entwicklung der Dinge der Anteil des «kategorischen<br />
Imperativs», des natürlichen Zwanges,<br />
geleugnet werden wollte. Erst die Notwendigkeit<br />
hat in vielen Fällen jene Einsicht<br />
zutage gefördert, die schliesslich allein imstande<br />
ist, grösste Leistungen zu vollbringen.<br />
Darum darf über allem Erfreulichen die Gefahr<br />
nicht vergessen werden, dass diese Einsicht<br />
wieder verblassen kann, sobald der<br />
Zwang nachzulassen beginnt.<br />
Auch für den einzelnen Betrieb ist es nicht<br />
gleichgültig, mit welchem Geist die Maschinen<br />
und Werkzeuge gehandhabt und die Kunden<br />
bedient werden, selbst dann, wenn in jedem<br />
Fall die aufgetragenen Arbeiten weisungs- und<br />
aufgabegemäss ausgeführt werden. Ein Tankwart,<br />
der mit Leib und Seele seinen Posten<br />
auszufüllen v sich bemüht und mit Enthusiasmus<br />
die benzindurstigen Automobilisten empfängt,<br />
ist für ein Unternehmen ganz bestimmt<br />
wertvoller als jener, dessen ganzes Streben<br />
mit der blossen Erfüllung seiner Pflichten befriedigt<br />
ist. Ein Arbeiter, dem es daran gelegen<br />
ist, ein neues Lager mit maximaler Präzision<br />
und nach besten fachlichen und betriebstechnischen<br />
Grundsätzen einzubauen, wird auf<br />
die Dauer mehr zum Gedeihen des Geschäftes<br />
beitragen als einer, der die «Büez» besorgt,<br />
weil unsere Lebensordnung dies nun einmal<br />
fordert.<br />
Man würde der Frage des Korpsgeistes im<br />
Einzelbetrieb wahrscheinlich viel mehr Aufmerksamkeit<br />
schenken, wenn sich sein Einfluss<br />
auf den Erfolg zahlenmässig festlegen Hesse.<br />
Dass er aber auf alle Fälle bedeutend ist, geht<br />
schon daraus hervor, wie sehr er gerade bei<br />
finanziell erfolgreichen Firmen gepflegt und<br />
gehegt wird.<br />
Wir glauben zwar selbst nicht, dass auch<br />
ein besseres Verständnis für diesen Korpsgeist<br />
geeignet wäre, Zusammenstösse zwischen Arbeitgebern<br />
und Arbeitnehmern auf immer und<br />
ewig zu verhindern. Wenn sich einmal die<br />
Flut der Ereignisse und Gefahren verflacht,<br />
dann ist auch anzunehmen, dass sie, wenn<br />
auch nur in geringem Masse, wieder aufleben<br />
werden. Je scharfkantiger des Individuum entwickelt<br />
ist (und jede Kraft der Gemeinschaft<br />
stützt sich letzten Endes auf diejenigen seiner<br />
Einzelglieder), desto stärker sind auch die<br />
Reibungspunkte. Nicht dass diese Reibungspunkte<br />
verschwinden ist wichtig, sondern dass<br />
das Einzelglied stark genug werde, um sie<br />
auszuhalten. Wo Individualitäten zusammenwirken,<br />
lassen sie sich, selbst wenn man sie<br />
künstlich unterdrücken wollte, nicht völlig<br />
vermeiden.<br />
Eines ist jedoch sicher: Nie war die Gelegenheit<br />
günstiger, den Korpsgeist im allgemeinen<br />
und im Einzelbetrieb besser zu pflegen.<br />
Sorgen wir dafür, dass das Bewusstsein für<br />
seine Vorzüge ständig gefördert werde! Nicht<br />
nur die Allgemeinheit, sondern jeder Einzelne<br />
wird daraus letzten Endes seinen Nutzen<br />
ziehen. =<br />
^£#'&Z#&££&J&6&V<br />
Ein amerikanischer Pneuhändler<br />
hat, wie ein dortiges Fachblatt berichtet, seinen<br />
Umsatz durch nachstehende Werbemethode ganz<br />
bedeutend erhöht. Er schickte einen seiner Angestellten<br />
auf die Parkplätze mit der Aufgabe, von<br />
allen besseren Wagen, deren Pneus den Anforderungen<br />
der Verkehrssicherheif nicht mehr genügten,<br />
die Nummer zu notieren. Nach Eingang der<br />
täglichen Liste wurden die Eigentümer bestimmt<br />
und ihnen ein Telegramm folgenden Inhalts zugestellt:<br />
«Bemerkte gestern; dass Pneus Ihres Wagens<br />
«Tlkhts kann den JUnsdum mefo<br />
staxAen als das VexUauett, das<br />
man ihm entqtqenhitiqt. *<br />
Der Spruch entstammt einer Epoche, auf<br />
die wir moderne Menschen im allgemeinen<br />
mit einer selbstbewussten Ueberlegenheit<br />
herunterblicken. Wir stellen uns vor, dass<br />
nnser Zeitalter mit seinem unvergleichlich<br />
rascheren Herzschlag und dem ans der<br />
Maschine geborenen Rhythmus nach anderen<br />
Maßstäben leben nnd urteilen muss.<br />
Es mag angehen, in Zeiten aufsteigender<br />
Konjunktur gewisse Vorsichten nnd Grundsätze<br />
ausser acht zu lassen — sobald der<br />
Schwung aber einmal verringert, rächt<br />
sich die Welt dafür, dass der einzelne gewisse<br />
ewige Vorsichten geflissentlich übersieht.<br />
Wie manche Firma rutscht, wenn<br />
auch langsam, so doch mit einer geradezu<br />
fatalistisch anmutenden Stetigkeit rückwärts<br />
— einzig deshalb, weil sie nicht versteht,<br />
bei der Allgemeinheit jenes Vertranen<br />
zu schaffen, das diese nun einmal<br />
als Entgelt für ehrliches Wollen nnd<br />
dienstbeflissenen Einsatz schenkt!<br />
Noch heute, wie schon zu Zeiten der<br />
Zünfte, bildet das Vertrauen der Allgemeinheit<br />
die beste Grundlage für den<br />
pekuniären Erfolg eines Geschäftes, eine<br />
Wahrheit, deren Bedeutung allzu oft vergessen<br />
wird. 0"<br />
abgenützt stop gefährlich stop Automobilunfälle<br />
erforderten letztes Jahr 38000 Todesopfer stop<br />
anbei Muster eines wie Ihrigen abgenützten<br />
Reifens.»<br />
Zum Schluss folgten noch Name und Adresse<br />
des Pneuhändler. Tags darauf sprach der Vertreter<br />
der Firma beim Wagenbesitzer persönlich vor<br />
mit dem Erfolg, dass er bei 20% der besuchten Firmen<br />
sofort einen Verkauf abschliessen konnte.<br />
cAus Erfahrung weiss ich» — bemerkte dazu<br />
der betreffende Pneuhändler — «dass der Durchschnittsautomobilist<br />
auch vom abgenützten Pneu<br />
noch eine weitere Leistung von 3000 Kilometer und<br />
sogar mehr erwartet. Er lässt sich aber von der<br />
Gefährlichkeit seiner Auffassung sofort Oberzeugen,<br />
wenn Sie ihm an Hand eines Musters zeigen,<br />
dass schon ein kleiner Nagel die Wandung durchzustossen<br />
vermag. Im weiteren kann auch darauf<br />
hingewiesen werden, dass alter Gummi sehr<br />
schnell bricht und der Pneu dadurch mit Leichtigkeit<br />
platzen kann.»<br />
Falls der Wagenbesitzer glaubt, dass er mit<br />
dem alten Pneu noch leicht seine 3000 Kilometer<br />
machen kann, dann räsonnieren wir wie folgt:<br />
«Hai ein Pneu anfänglich Fr. 81.— gekostet und<br />
27000 Kilometer zurückgelegt, so bedeutet das,<br />
dass pro 1000 Kilometer Fr. 3.— berechnet werden<br />
müssen. Wir vergüten ihm nun für den alten Pneu<br />
Fr. 9.— als Gegenwert für die nicht zurückgelegte<br />
Kilometerzahl. Auf Grund dieser Argumentierung<br />
kann sozusagen jeder vernünftige Fahrer überzeugt<br />
werden.»<br />
JUpatatucsSxtweissanq. (umQaHzstahla<br />
JCatosseütn<br />
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TlcuzeiUkhz QataaelufUutq<br />
Seite 10.<br />
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VakuumHtfHsc<br />
Seite 11.<br />
Seite 11.