E_1940_Zeitung_Nr.035
E_1940_Zeitung_Nr.035
E_1940_Zeitung_Nr.035
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
BERN, Dienstag, 27. August <strong>1940</strong><br />
Reue hatte die grausamen Herzen gemildert;<br />
Bewohner bemühten sich, die Tugenden des<br />
Siedlers nachzuahmen. Endlich hatten sie beg<br />
fen, dass Arbeit den Menschen ehrt. Und<br />
Verlauf eines Jahres stand eine wunderbare<br />
auf ihren Feldern, reichlicher denn je. Seit<br />
Zeit' muss der Mensch arbeiten. Aber<br />
wurde schmackhafter als es ehemals schien; denn<br />
— man geniesst besser das, was man durch<br />
schwere, hartnäckige Arbeit selbst erworben hat.<br />
(Berarbeitet von R. B.)<br />
Die Du Barry stirbt auf dem Schafott<br />
Produktion: Pro Film<br />
Die<br />
In uralten Zeiten lebte in einem Dorfe ein<br />
Menschengeschlecht, das hart und ruchlos war.<br />
Auf einem nahen Hügel stand die Hütte eines<br />
Einsiedlers, der so alt war, dass sein langer, weisser<br />
Bart bis zur Erde reichte. Er bat inbrünstig<br />
den lieben Gott, er möchte doch den Dorfbewohnern<br />
ihre begangenen Grausamkeiten verzeihen. —<br />
Zu diesen längst verflossenen Zeiten wuchs der<br />
gute Weizen, aus dem man die wohlschmeckenden<br />
Brote bück, im Flachlande, ohne dass man<br />
nötig gehabt hätte, das Feld zu bebauen oder zu<br />
besäen — man brauchte nur zu ernten. So geschah<br />
es, dass im Herbst, der Jahreszeit des Pfluges und<br />
der Saat, die damaligen Landbewohner nichts zu<br />
tun hatten, als zu faulenzen. Und aus dem Müssiggang<br />
entstand die Bosheit. Denn es ist immer so<br />
— wer nichts tut, der fängt bald an, bös zu<br />
handeln. Diese Menschen also hatten keinen Sinn<br />
für Mitleid und Wohltätigkeit. Sie verjagten den<br />
heimatlosen Bettler und raubten das letzte Hab<br />
und Gut der armen Witwen und Waisen ...<br />
Zur selben Zeit, als die Dorfbewohner ihre<br />
Ernten einbrachten, sammelte auch der Einsiedler<br />
die seine auf seinem kleinen Felde, oben am Hügel.<br />
Aber, sonderbarerweise, übertraf die Ernte des<br />
frommen Mannes an Menge und Schönheit bei weitem<br />
diejenige der Dorfbewohner. Man kann sich<br />
leicht denken, wie die Leute auf dieses schöne<br />
Gedeihen eifersüchtig waren und den Einsiedler<br />
beneideten! Umso mehr lastete auf sie, wie ein<br />
gerechter Vorwurf, die Güte des frommen Mannes.<br />
Der Einsiedler hätte es gern gewünscht, alle<br />
Gottesgeschöpfe ernähren zu können. Die kleinen<br />
Vögel waren seine Lieblinge. Für isie streute er<br />
Weizenkörner vor seine Tür. Die Dorfbewohner<br />
verschonten ihn nicht mit ihren Hohnreden: diese<br />
guten Samenkörner den Vögeln hinzustreuen —<br />
welch ein Wahnsinn!<br />
Je mehr aber der Einsiedler den kleinen Sängern<br />
Körner ausstreute, desto reicher gediehen<br />
seine Saaten. Seiner Nachbarn bemächtigte sich<br />
ein heimtückischer Hass, denn ihre Ernten wurden<br />
mager und die Aehren leicht. Um den Einsiedler<br />
zu ärgern, töteten sie vor seinen Augen<br />
die unschuldigen Vögel. Und eines Nachts legten<br />
sie Feuer an seine Felder, damit das Feuer die<br />
Ernte vertilge. — Bei Morgengrauen, als der<br />
fromme Mann aus seiner Hütte trat, war er ganz<br />
bestürzt. An Stelle der Ernte fand er die Erde<br />
mit einem Haufen Asche bedeckt. Tränen stiegen<br />
in die Augen des alten Mannes. Und als die Dorf-<br />
e vom Getreide<br />
Aufnahme: Schmidely<br />
leute ihn zu verhöhnen begannen, verfluchte er<br />
sie mit donnernder Stimme und rief;<br />
«Mögen eure Felder von nun an unfruchtbar<br />
sein, auf dass ihr nur Dornen findet. Möge nur<br />
harte Arbeit und Leid euch helfen, euren Hunger<br />
zu stillen!» — Und der Einsame zog sich in seine<br />
Hütte zurück. Dem armen Manne waren nur zwei<br />
Säcke voll Körner geblieben. «Ich werde diese<br />
nicht verzehren», sagte er sich. «Was würde aus<br />
den armen Vögeln werden, die der Hebe Herrgott<br />
mir gesandt hat, um mein Alter zu erheitern? Ich<br />
werde ihnen diesen Weizen geben und mich das<br />
Jahr hindurch mit Wurzeln und wildwachsenden<br />
Kräutern ernähren.»<br />
Und während er sich mit dieser Nahrung begnügte,<br />
streute er den Vögeln ihr Futter hin aus<br />
den Kornsäcken, die ihm geblieben waren. Nach<br />
einem Jahre erblühte seine Ernte um seine Hütte<br />
herum noch schöner und reicher als sonst. Die<br />
Ebene aber, die er verflucht hatte, blieb unfruchtbar;<br />
die Felder waren verwüstet und nichts ge-><br />
dieh auf ihnen.<br />
Im Dorfe, unter den grausamen Menschen,<br />
herrschte Hungersnot. Furcht, Trauer und Reue<br />
frass an den Gemütern derjenigen, die die Ernte<br />
des Einsiedlers eingeäschert hatten. Eines Tages<br />
stiegen sie hinauf zur Hütte des frommen Mannes,<br />
in langem Zuge und riefen: «Verzeih uns! Wir<br />
waren grausam und neidisch und haben ein grosses<br />
Verbrechen begangen. Jetzt setzen wir unsere<br />
letzte Hoffnung in deine Milde ... Sei gut zu uns,<br />
habe Mitleid und bete für uns!»<br />
«Es liegt nicht in meiner Macht, eure Leiden<br />
zu beseitigen», erwiderte der fromme Mann. «Nur<br />
eure Arbeit kann euch Gnade verschaffen. Bis<br />
jetzt erblühte der Weizen von selbst auf euren<br />
Feldern. Da aber Faulheit euch zum Laster und<br />
zum Verbrechen gebracht hat, werdet ihr von nun<br />
an hart arbeiten müssen, um euer Leben zu<br />
fristen. Eure Ernte wird nur erblühen, wenn ihr<br />
die Erdschollen zuvor umgegraben habt — und<br />
das ist eine schwere Aufgabe. Eure Ernte wird<br />
nur gedeihen, wenn ihr in die Furchen Körner<br />
streut, von denen die Vögel auch ihren Anteil<br />
haben.»<br />
Nachdem er gesprochen, gab der Einsiedler den<br />
Dorfbewohnern einige Säcke voll Weizenkörner.<br />
Mit groben Werkzeugen durchfurchte und durchwühlte<br />
man die Erde und streute dann den Weizen,<br />
Korn für Korn, in die Furchen. Die Glieder<br />
wurden steif von der ungewohnten Arbeit. Die<br />
Eines Tages verbreitete sich das Gerücht, der<br />
alte König Ludwig XV. habe eine junge, schöne<br />
Geliebte. Man staunt, man tuschelt. «Vorübergehend?»<br />
— «Nein, durchaus nicht, es ist ihm ernst<br />
mit seiner Liebe! ><br />
Bald sollte der Hof erfahren, dass ein neuer<br />
Stern im Aufsteigen begriffen war: Gräfin Du<br />
Barry. Schon die Wahl der Pompadour, die aus<br />
bürgerlichen Kreisen stammte, hatte die Empörung<br />
des Hochadels hervorgerufen, nicht etwa aus moralischen<br />
Gründen. Wäre die neue Geliebte eine<br />
Herzogin gewesen, niemand hätte daran Anstoss<br />
genölnmen. Die Du Barry aber stammte aus der<br />
Hefe des Volkes. Man behauptete ganz öffentlich,<br />
sie sei eine käufliche Frau gewesen, bevor sie<br />
der König zu seiner Geliebten machte.<br />
Die Du Barry setzte sich durch, den Intrigen der<br />
Hofgesellschaft zum Trotz. D«r Einspruch der Mitglieder<br />
der königlichen Familie nützte nichts; Ludwig<br />
XV. ging darüber hinweg. Marie-Antoinette<br />
musste sich von ihrer klugen Mutter, der Kaiserin<br />
Maria-Theresia, sagen lassen, dass sie kein Recht<br />
habe, die Maitresse des KCwlgs mit Hochmut zu<br />
behandeln. Sie müsse mit ihr so sprechen, wie mit<br />
jeder andern Dame, die bei Hofe empfangen<br />
werde.<br />
Was die Damen des Hofes besonders empörte,<br />
war die Verschwendungssucht der neuen Favoritin,<br />
die nicht die Bescheidenheit der geborenen Herzoginnen<br />
zeigte. Ihre Eleganz und ihre Launen<br />
kosteten den König Unsummen. Abgesehen von<br />
den vielen kostbaren Geschenken an Diamanten,<br />
Perlen und sonstigem Schmuck, an Schlössern,<br />
Kunstgegenständen, Möbeln, Pferden und Wagen<br />
erhielt sie anfangs monatlich in bar 200000 Franken,<br />
zu ihrem persönlichen Verbrauch. Später<br />
wurde die Summe auf 300000 Franken erhöht.<br />
Ihre Karossen und Chaisen waren die elegantesten<br />
und teuersten von ganz Frankreich. Nicht<br />
einmal die-Brautkutsche, die der König für Marie-<br />
Antoinette bestellte und mit der sie aus Deutschland<br />
abgeholt wurde, konnte mit der Karosse der<br />
Kurtisane konkurrieren. Das ganze Leben dieser<br />
galanten und eleganten Frau war, wie die Goncourts<br />
sich ausdrückten, ein toller Traum eines in<br />
wahnsinniger Verschwendung und ausschweifendem<br />
Luxus sich auslebenden galanten Weibes,<br />
« einer Dirne, der bestausgehaltensten Frau Frankreichs<br />
». Millionen werden für die Launen der<br />
Mode hinausgeworfen, Millionen für ein seltenes<br />
Schmuckstück, für Spitzen, Samt und Seide. Ein<br />
wahrer Strom vom Gold ergiesst sich über die