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E_1948_Zeitung_Nr.031

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IL Blatt<br />

AUTOMOBIL-REVUE<br />

BERN, 14. Juli <strong>1948</strong> BERN, 14. Juli <strong>1948</strong><br />

II. Blatt<br />

Nach dem Grossen Preis von Europa<br />

Darf man das Berner Rennweckend al« ein erfolgreiches<br />

Meeting bezeichnen, wenn die Erinnerung<br />

an' die Rennen von den Unfällen überschattet<br />

wird, die dem Sport tüchtige Fahrer entrissen?<br />

Es sei dem Chronisten erlaubt, diese Frage zu bejahen.<br />

Achille Varzi und Christian Kautz, die wir<br />

nun niemehr an den Rennen sehen werden, wären<br />

bestimmt die ersten, die der gleichen Ansicht wären.<br />

Solange sich Menschen in sportlichen Kämpfen<br />

messen, solange es Männer gibt, die sich nicht vor<br />

Gefahren scheuen und sich ihnen bewu6st aussetzen,<br />

weil sie ihr Charakter dazu zwingt, solange<br />

werden wir im Sport, in der Technik und der Wissenschaft<br />

immer wieder von Freunden Abschied<br />

nehmen müssen, die 6ich für eine Sache, die ihnen<br />

teurer als alles andere ist, opfern.<br />

Uober die Ursache dieser Unfälle mag man diskutieren;<br />

den eigentlichen Gründen kommt man<br />

nicht näher, ob man nun der Beschaffenheit des<br />

Stras6enbelages, der Streckenführung, den Fahrzeugen<br />

oder gar Kunstfehlern der Fahrer die Schuld zuschreibt.<br />

Solange Ingenieure versuchen, Rennwagen<br />

zu bauen, die schneller und schneller werden, solange<br />

Fahrer alles daran setzen, in solchen Fahrzeugen<br />

sich mit ihren Kameraden zu messen, solange<br />

müssen wir das Risiko von Unfällen auf uns<br />

RENNMOTOREN <strong>1948</strong>.<br />

ALFETTA. Zur Verbesserung der Luftzufuhr in den Vergoser<br />

ist das Eintrittsrohr verlängert und vergrössert worden. Die<br />

gestarteten Wagen harten alle Zweistufenkompressoren.<br />

MASERATI. Die Geblaseanordnung des neuen Typs 4 CLT, die<br />

einwandfrei arbeitete. Beide neuen Wagen blieben bis zum<br />

Schluss des Rennens in ihrer Leistung konstant.<br />

Einige Blicke hinter die Kulissen<br />

nehmen. Jedes «chroffe Urteil über die Ursache<br />

der Stürze vom vorletzten Wochenende ist deshalb<br />

an und für sich unrichtig; nur wenig veränderte<br />

Umstände, und die Unfälle hätten sich nicht ereignet,<br />

dafür aber vielleicht andere ... Varzi und<br />

Kautz haben den höchsten Einsatz, den sie zu leisten<br />

hatten, ihr eigenes Leben, verloren. Ehren wir<br />

ihr Andenken, indem wir uns vornehmen, den<br />

Automobilsport weiter zu fördern, sein Ansehen zu<br />

mehren und ständig dafür sorgen, dass alles Unsportliche<br />

ausgemerzt werde und jeder in seinem<br />

Nebenfartrer zuerst den Sportkameraden und nachher<br />

den Konkurrenten erblicke.<br />

Bern — eine schwierige Strecke?<br />

Einige Fahrer haben an der Beschaffenheit der<br />

Rundstrecke im Bremgartenwald Kritik geübt. Einverstanden<br />

— eine normale Erstklaßstrasse kann<br />

mit Stundenmitteln von über 150 km/h, wie es die<br />

heutigen Grand-Prix-Fahrzeuge erreichen, nicht gefahrlos<br />

befahren werden; und wenn es den Organisatoren<br />

möglich wird, einige Stellen noch etwas zu<br />

verbessern, wie beispielsweise die S-Kurve im Jorden,<br />

die einige-Wellen aufweist, oder die ziemlich<br />

scharfe Rechtskurve im Wald vor dem Glasbrunnen,<br />

die eine leichte Ueberhöhung ertragen könnte,<br />

so wird eben die Strecke al* solche noch etwas<br />

schneller und damit sicher nicht ungefährlicher.<br />

Anderseits haben die Fahrer selbst vor dem Krieg<br />

energisch gegen die Absicht der Veranstalter, die<br />

erreichbaren Geschwindigkeiten durch den Einbau<br />

von Schikanen zu reduzieren, Stellung genommen,<br />

«o dass sich, abgesehen von der Glättung vorhandener<br />

Unebenheiten, keine grö6seren Retuschen<br />

aufdrängen dürften. Ein Wunsch sei hier allerdings<br />

feäuosert: Der rollende Kiesbelag vor den Boxen<br />

sollte durch etwas weniger rutschendes Material<br />

ersetzt werden.<br />

Taktik und Fahrzeuge in Bern<br />

Für den technisch interessierten Zuschauer boten<br />

die, Rennen sehr fiel Neues. Der schnellste Wagen<br />

wäre der Alfa Romeo von Varzi gewesen, der<br />

die weitgehendsten Modifikationen erhalten hatte,<br />

wegen den Folgen des Unfalls aber ausser Gefecht<br />

gesetzt war. Die restlichen drei Aifas kamen nie<br />

in die Lage, wirklich voll aufzudrehen, da ihre<br />

Vormachtstellung nach dem Ausscheiden Farinas<br />

nicht mehr gefährdet war. Der aufmerksame Beobachter<br />

auf der Tribüne konnte bald erkennen,<br />

das* der "diesjährige Grand Prix in den Signal-*<br />

ständen entschieden wurde. Wenn Farina sich beim<br />

Start an die Spitze setzte und sich von Wimille,<br />

der ihn kurz nachher überholte, das Tempo diktieren<br />

Hess, so fügte er eich ganz dem Konzept de6<br />

Alfa-Stalles, der Wimille offensichtlich den Auftrag<br />

erteilt hatte, Farina bis zum Ausscheiden zu<br />

hetzen. Als dieser nachher Trossi hinter sich hatte<br />

und so in die Zange genommen sein Tempo nicht<br />

reduzierte, da erwartete man bald, dass der technisch<br />

unterlegene Maserati über kurz oder lang die<br />

Waffen strecken musste. Dies tat er denn auch,<br />

nachdem Farina seinen Widersachern einen interessanten<br />

Kampf geliefert hatte. Etwas allzu offensichtlich<br />

zeigte dann der Boxenhalt Wimille6,<br />

durch den Trossi an die Spitze gelangte, wie die<br />

Dispositionen des Alfa-Stalles lauteten. Ohne dass<br />

man Trossi den Sieg zu vergönnen braucht, sei<br />

doch festgestellt, dass Wimille der schnellste Mann<br />

auf der Strecke war.<br />

Einen ausgezeichneten Eindruck hinterliossea<br />

die neuen Maserati, die von Villoresi und Ascari<br />

im Rahmen der Scuderia Ambrosiana, in der<br />

«Johnny» Lurani eine leitende Rolle spielt, gesteuert<br />

wurden. Dieses neue Modell, der 4 CLT<br />

(= tubolare) mit Rohrrahmen, wurde aus dem bekannten<br />

Sechzehnventiler entwickelt, dessen Motor<br />

aber •von} Maserati-Werk in Modena eine neue<br />

Zweistufengebläseanlage erhielt, die sich von den<br />

Kompressoraggregaten Prof. Speluzzis, wie 6ie letztes<br />

Jahr die Scuderia Milan einbaute, unterscheidet.<br />

Wichtiger aber noch ist wohl der neue Rohrtierrahmen,<br />

der nicht nur das Aussehen des Wagens<br />

verändert, sondern dem Maserati endlich diejenige<br />

Strassenlage vermittelt, ohne die ein erfolgreiches<br />

Eingreifen in einem Grand Prix, an dem die<br />

Alfettas teilnehmen, ausgeschlossen ist. Die Wagen<br />

Villoresis und Ascaris wurden von ihren Piloten<br />

nicht übermässig gehetzt, hielten durch und endeten<br />

ehrenvoll auf dem dritten und fünften Platz. In<br />

diesen Modellen scheint Alfa Romeo 158 endlich<br />

ein wenigstens teilweise ebenbürtiger Gegner entstehen<br />

zu wollen, wenngleich beispielsweise ein<br />

Registervergaser, wie ihn die Auto-Union-Rennwagen<br />

vor dem Krieg zu ihren Kompressoren verwendeten,<br />

dem Mailänder Fahrzeug noch zu einigen<br />

PS mehr verhelfen könnte. Von den älteren<br />

Maserati-4-CL waren die beiden Wagen aus dem<br />

Plate-Stall mit dem Sturz Kautz 1 und der Beschädigung<br />

des Fahrzeuges von Tulo Graffenried, von<br />

schwarzem Pech verfolgt. Hoffentlich erhält unser<br />

heute bester schweizerischer Rennfahrer einmal<br />

Gelegenheit, mit einem modernen, schnellen Gefährt<br />

z-u zeigen, was er in den letzten zwei Jahren<br />

gelernt hat.<br />

Die Bremgartenrundstrecke zeigt dem aufmerksamen<br />

Rennbesucher immer wieder, dass das Problem<br />

Strassenlage heute noch nicht endgültig gelöst<br />

ist. Obwohl verschiedene Wagen mit Neuerungen<br />

anrückten, traten immer noch Ablösungen, ungewolltes<br />

Schleudern etc. auf. Hochinteressant 'ist<br />

vor allem das Verhalten der Alfetta-Hinterräder,<br />

die bekanntlich Schwingachsen besitzen. In unbelastetem<br />

Zustand stehen die Räder, im Gegensatz<br />

zu den normalen Schwingachsen bei Personenwagen,<br />

nicht in «O »-Stellung, sondern ziemlich<br />

genau parallel, um beim Beschleunigen, wenn sich<br />

der Hinterwagen senkt, den Eindruck von «X >-<br />

Beinen zu machen. Die Spur vergrössert sich dabei<br />

also, eine Erscheinung, die in den Kurven, wo sonst<br />

Schwingachswagen eine erhebliche' Spurreduktioh<br />

EIN NEUER RENNWAGEN.<br />

DELAHAYE 4'/j LITER. Der von Chaboud im Training gesteuert«<br />

neue Monoposto-Rennwagen konnte im Rennen leider nicht<br />

starten. Diese Maschine dürfte in Zukunft von sich reden<br />

machen.<br />

NEUE AUFHÄNGUNGEN.<br />

Die sprichwörtliche Zuverlässigkeit der kompressorlosen<br />

Wagen, die die Tücke des Renngeschicks<br />

oft nicht bestätigt, fand 6ich diesmal in<br />

Chirons zehn Jahre altem Talbot unter Beweis<br />

gestellt. Etwas enttäuscht waren wir vom Abschneiden<br />

der beiden neuen Vertreter dieser<br />

Marke, die unter der Führung von Rosier und Comotti<br />

beide mit einem ärgerlichen Defekt {Bruch<br />

von Oelleitungen), wie sie oft das Debüt neuer<br />

GUMMI FOR ALTA. Dieser neue Engländer, der bis zv Abscassis<br />

1 Sturz einen guten Eindruck ninterliess, besitzt hintan<br />

Rennwagen stören können, ausschieden. Schade,<br />

dass Chabouds neuer Delaha ist ein gemeinsamer<br />

Luftansaugtrichter für die drei Vergaser, der ausserhalb<br />

der Motorhaube angebracht ist.<br />

D.B. 2 LITER, Der kompressorlose Motor des D.I., dessen Abstammung<br />

vom Citroen deutlich^ erkennbar ist. Der Wagen<br />

konnte leider als überzählig nicht starten.<br />

DER NEUE MASERATI. Die auffällig schöne und niedrige Linienführung des neuen Rennwagens tritt auf diesem Bild deutlich'hervor.<br />

Der dritte Platz wurde Villoresi nie-streitig gemacht. Der Wagen hat eine vordere Dreiecklenker-Aufhängung<br />

mit Schraubenfedern.<br />

und im Grenzfall verminderte Haftung erleiden, dazu<br />

führt, dass die Räder eine Stellung einnehmen,<br />

die derjenigen der bekannten entgleisungssicheren<br />

Schnellbahn, wie sie Prof. Wiesinger in Zürich propagiert,<br />

gleicht. Zusammen mit den neuen Stoßdämpfern<br />

dürfte dieser Umstand die Strassenlage<br />

sehr günstig beeinflussen.<br />

Im gleichen Zeitpunkt, wo Ford, der langjährige<br />

Vertreter .der Querfeder, zur hinteren Längsfeder<br />

übergeht, kehrt Cisitalia an den Wagen des Werkes<br />

zur quergelegten Blattfeder zurück. Nicht nur<br />

diesem Umstand sind die wesentlich verbesserten<br />

Rundenzeiten dieser Marke zu verdanken, denn<br />

auch der höher gezüchtete Motor sowie der Ersatz<br />

des halbautomatischen Dreiganggetriebes durch ein<br />

normales Getriebe mit vier Gängen 6pielt hier eine<br />

Rolle. Ueberraschend gut hielt sich der neue Atta<br />

mit seiner Gummifederung. Allerdings macht sich<br />

deutlich ein gewisses Hinaushängen in den Kurven<br />

bemerkbar, was darauf zurückzuführen ist, dass<br />

vorn und hinten gleiche Aufhängungselemente mit<br />

Querlenkern, also fast keinem Aufrichtemornent<br />

und sehr tiefem Momenfanzcntrum,' " verwendet

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