E_1948_Zeitung_Nr.034
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6 AUTOMOBIL-REVUE<br />
MrrnrocH, 1, AIJGLST ]<br />
von der Kurvenwand noch schneller wurde und ausserdem<br />
durch das « Schneiden > auch noch einige<br />
Meter gewann.<br />
Wie nun Neubauer 1924 beim Training zum<br />
«Grossen 1 Preis von Italien > dieses «Zeit und<br />
Raum > sparende Manöver auch mit dem niedriger<br />
gebauten Achtzylinder versuchte musste er erkennen,<br />
dass auch donnernde Rennwagen nicht<br />
alle über einen Kamm zu scheren und mit der gleichen<br />
Technik zu fahren sind. Das Fahrzeug schoss<br />
zwar programmgemäss in die Gerade, dann aber<br />
— und das war nun nicht mehr so programmässig<br />
— erlaubte es sich einen bösen Tanz. Es begann<br />
ebenso rhythmisch wie niederträchtig zu schlenkern,<br />
um dann plötzlich nach links auszubrechen.<br />
Blitzschnell — aber mit dem nötigen Feingefühl!<br />
— hatte Neubauer korrigiert...<br />
Jetzt tanzte der Wagen nach rechts — nach<br />
links — und dann rechts, links, rechts . Genau so<br />
schnell hintereinander musste der Mann am Steuer<br />
mal links, mal rechts kontern, so dass er schliesslich<br />
ler sagte es selbst) wie der Affe am Leierkasten<br />
drehte. Die Kurbelei hatte allerdings keinen<br />
Zweck mehr Plötzlich wendete sich der Wagen<br />
und raste rückwärts auf einen dicken Baum zu.<br />
Nun reagieren Rennfahrer schneller und richtiger<br />
als andere Führern"swe : sbesitzpr so dnss der<br />
Baum verschont blieb. Dann aber gab's einen<br />
Rumps, Sand spritzte auf und regnete auf Fahrer<br />
und Beifahrer herab, die etwas benommen zwar,<br />
aber doch unversehrt in ihren Polstern hockten.<br />
Auch dem Dritten im Bunde, dem Rennwagen, war<br />
nichts passiert, aber fahren konnte er trotzdem<br />
n ; cht mehr Wie einp Wip'ie schaukelte er auf<br />
dem Umgrenzungswall der Monzabahn, und seine<br />
vier Räder hatten den gewohnten und für sein Weiterkommen<br />
so notwendigen Kontakt mit dem festen<br />
Boden verloren.<br />
So fand si° Mpis'er'Krauss als er "-^ besoTiten<br />
Herzens auf die Suche nach den überfälligen Rennfahrern<br />
gemacht hatte: Er stoppte seinen Personenwagen<br />
ab, holte Luft und fragte: «Ja, Herr Neuhauer,<br />
wollen S'e sich schon bei Lebzeiten ein<br />
Denkmal setzen?»<br />
H. G.-W.<br />
England<br />
Für die Benutzung des Silverstone-rlugplatzes<br />
zu Rennzwecken<br />
(siehe «A.-R.» Nr 31 vom 14. Juli) liegt nun die<br />
Bewilligung des britischen Luftfohrtministeriums vor,<br />
die auf ein Jahr befristet ist. Wie an dieser Stelle<br />
bereits ausgeführt wurde, beabsichtigt der RAC,<br />
auf diesem Aerodrom am 2. Oktober nächsthin<br />
einen en-glischen Grand Prix zum Austraq zu bringen,<br />
izu dem 25 Konkurrenten zugelassen werden<br />
sollen. Man SDricht auch schon von einer Beteili-<br />
gimg der Affa-'Komeo-W«rfcmor>n$ohaft, wobei<br />
möglicherweise einer der startenden Wagen mit<br />
einem britischer» fahrer am Steuer in den Kampf<br />
ziehen wird.<br />
Frankreich<br />
Grosser Preis von Comminges<br />
Ein Sieg VWoresis auf Maserati.<br />
In SainNGaudens gelangte am letzten Sonntag<br />
auf einer Rundstrecke von 11,005 km Länge der<br />
Grosse Preis von Comminges für Automobile zum<br />
Austrag, der einen enormen Publikumserfolg EU<br />
verzeichnen hatte. Der Grosse Preis der Rennwagen<br />
ging über eine Distanz von 30 Runden =<br />
330,150 km. Der Kampf stand durchwegs im Zeichen<br />
einer erdrückenden Ueberlegenheit des Italieners<br />
Villoresi, der einen 1,5-Liter-Maserati mit<br />
Zweistufengebläse ins Feld führte. Die im ersten<br />
Teil des Rennens herrschende Hitze verursachte<br />
zahlreiche Ausfälle, so dass von 25 gestarteten<br />
Konkurrenten nur deren sieben bis ins Ziel durchhielten<br />
Villoresi übernahm vom Start weg die<br />
Spitze und fuhr bis zur achten Runde bereits ©inen<br />
ansehnlichen Vorsprung heraus. Hinter ihm folgten<br />
Giraud-Cabantous, Raph und der Schweizer de<br />
Graffenried. Kurz darnach musste Giraud-Cabantous<br />
infolge Materialschadens die Waffen strekken,<br />
und einige Runden später notierte man Ausscheidungen<br />
am laufenden Bande, weshalb bei<br />
Halbzeit nur noch 9 Fahrer im Treffen lagen. Vil'loresi<br />
sah sich nunmehr zur Ergänzung seines Treibstoffvorrates<br />
gezwungen, wofür er 57 Sekunden<br />
benötigte, doch wurde seine Spitzenposition dadurch<br />
nicht einen Augenblick gefährdet. Hierauf<br />
legte Chiron einen prächtigen Zwischenspurt hin,<br />
indem er in der 17 Runde unsern Landsmann de<br />
Graffenried und gleich darauf auch seinen Markengefährten<br />
Rosier hinter sich wies. In der 25.<br />
Runde sah sich « Toulo > wegen eines nicht näher<br />
präzisierten Defektes zur Aufgabe geizwungen.<br />
Gleichzeitig setzte leichter Regen ein. Indessen<br />
brachte der weitere Rennverlauf nicht grundsättzlich<br />
Neues mehr, obwohl Raph a^les versuchte, um<br />
sich dem Leader zu nähern, der den Grand Prix<br />
mit einem Vorsprung von rund 4'A Minuten unter<br />
Dach brachte.<br />
DAS KLASSEMENT<br />
1. Villoresi, Italien Maserati 2:17 -.453<br />
= 150,3« km/h<br />
2. Raph, Frankreich Talbot 2:16:16,2<br />
3. Chiron, Monaco Talbot 29 Runden<br />
4. Rosier Frankreich Talbot 29 Runden<br />
5. Meyrat, Frankreich Delahaye 28 Runden<br />
6. Pagani, Italien Maserati 27 Runden<br />
7 Simon, Frankreich Delahaye 24 Runden<br />
Schnellste Kunde: Villoresi mit 4:12,8 = 156,716 km/h.<br />
Italien<br />
Bergrennen Aosta—Grosser 5t. Bernhard<br />
Bei prachtvollem Wetter fand am letzten Sonntag<br />
das Bengrennen auf der 33,9 km langen und<br />
eine Höhendifferenz von 1890 m überwindenden<br />
Paßstrasse Aosta—Grosser St. Bernhard statt, an<br />
dem so gut wie alle bestehenden Kategorien- und<br />
Gruppenrekorde in Grund und Boden gefahren<br />
wi>rden. Bei den Rennwagen der Formel 2 verbesserte<br />
Stuck auf Cisrtalia 1200 den aus dem Vorjahr<br />
stammenden absoluten Streckenrekord Braccos<br />
von 26'43,0" auf 24" 26,4", während Bracco seJfoer<br />
auf einem 2-Liter^Maserafi die bisherige Sportwagenbestzeit<br />
Scagliarini« von 27*31,2" auf 24'<br />
£5,0" herunterschraubte. Die Gruppe der Sportwogen<br />
bis 1100 ccm Hubvolumen sah auch de*i<br />
Waadtländer -Leuenberger (Riex) auf Rat-Balilla-<br />
M.ille-MigI'ia-1935 am Start, der sich in achtunggebietender<br />
Fahrt mit einer Zeit von 31'28,6" an<br />
vierter Stelle «zu klassieren vermochte. Der auf<br />
einer Healey-Limousine in der Sportwagengruppe<br />
über 1500 ccm gestartete Lausanner Nessi fiel m<br />
St-Rherny mit defekter Hinterradaufhängung aus.<br />
DIE BESTEN RESULTATE<br />
Sportwagen bis 750 ccm: 1. Branca A. (Fiat 5001 29:56,8 =<br />
67,920 km/h; 2. Fiorio S. (Fiat 500), 30:13,2.<br />
Sportwagen bis 1100 ccm: 1. Scagliarini G. {Crsitalia 11001,<br />
25:14,4 = 80,586 km/h; 2. Bertone N. (Fiat-Stanguellini), 28:04,0;<br />
4. Leuenberger A., Schweiz (Fiat).<br />
Sportwagen bis 1500 ccm: Solo «Cyrus> (Aurora), 27:57,4 =<br />
72,755 km/h.<br />
Sportwagen über 1500 ecm: 1. Bracco G. (Maserati 2000),<br />
24.-55.0 = 81,631 km/h; 2. Biancherti (Ferrari 2000). 26:47,6.<br />
Rennwagen, Formet 2: 1. Stuck H. (Cisitalia 1200) 24:26,4 =<br />
83,224 km/h; 2. Bonetto (Cisitalia 1200) 24:49,2.<br />
Der 1,5-Liter-Ferrari-Rennwagen<br />
vor Probefahrten<br />
Der Bau des 1,5-Liter-Ferrari-Kompressor-Rennwagens<br />
ist in den Werken von Maranello soweit<br />
gediehen, dass in den nächsten Tagen mit der<br />
Aufnahme der Probefahrten gerechnet werden<br />
kann. Diese sollen anlässlich des Trainings zum<br />
Rundrennen von Pescara durchgeführt werden. Enzo<br />
Ferrari hofft, am Grossen Preis von Italien, der<br />
am 5. September in Turin stattfindet, mit zweien<br />
dieser Wagen an den Start gehen zu können. Dabei<br />
steht schon heute fest, dass einer davon dem<br />
Franzosen Sommer anvertraut wird.<br />
Raid des polnischen Automobil-Clubs<br />
Vom'25. Juni bis 4. Juli <strong>1948</strong> veranstaltete der<br />
polnische Automobil-Club seine XIV Zuverlässigkeitsfahrt<br />
für Automobile, die international beschickt<br />
war und eigentlich einen Zweikampf zwischen<br />
Polen und Tschechoslowaken darstellte und<br />
deren Ergebnisse erst jetet veröffentlicht wurden.<br />
Die Automobile waren in 6 Klassen eingeteilt, die<br />
Strecke in 6 Etappen, von denen eine durch die<br />
Tschechoslowakei, die übrigen durch Polen führten.<br />
Die kürzeste Etappe mass 349 die längste 853 km.<br />
Die wichtigsten polnischen Städte, wie Warschau,<br />
Krakau, Zakopane, Wroclaw, Posen und der Hafen<br />
von Gdynia wurden berührt. Die Streckenführung<br />
war stellenweise ausserordentlich schwierig,<br />
führte zum Grossteil über Gelände und durchs<br />
Gebirge, viele Strassenobschnitte waren in sehr<br />
schlechtem Zustand. Die Durchschnittsgeschwindigkeiten<br />
betrugen je nach Hubraumklasse 40—60<br />
km/h. Die Ueberlegenheit der Tschechoslowaken<br />
war überwältigend. Von 89 gestarteten Fahrzeugen<br />
wurden 56 (63,7%) klassiert, während 33 (37,3%)<br />
ausfielen. Nimmt man die tschechoslowakischen<br />
Wagen separat, so zeigt es sich, dass von 27 Teilnehmern<br />
22 (81,4%) klassiert wurden, während<br />
bloss 5 (18,6 %) ausschieden.<br />
EWS.<br />
Briefe über allgemein interessierende Fragen werden gerne zur Veröffentlichung entgegengenommen.<br />
Sie sind möglichst kurz zu fassen und an die Redaktion der « Automobil - Revue », Breitenrainstr. 97,<br />
Bern, zu senden. Die Verwendung eirvss Pseudonyms ist gestattet, wenn der Redaktion Name und<br />
Adresse des Absenders bekanntgegeben werden.<br />
An Chiffre 1 — °°<br />
Wer die «Automobil-Revue » aufschlägt, der<br />
wandert mit seinem Blick auch durch den Inseratenteil,<br />
denn igross ist die ZaM derer, die ihren<br />
Wagen verkaufen oder einen solchen kaufen möchten.<br />
Dass die meisten solcher Inserenten ihre Anonymität<br />
wahren wollen und ihre Anzeigen deshalb<br />
chiffriert aufgeben, ist ebenso begreiflich wie praktisch,<br />
denn jeder hat Freunde, die es ihm gönnen,<br />
wenn er den Wagen verkaufen kann und solche,<br />
die es ihm gönnen, dass er ihn verkaufen muss ...<br />
Nach Erscheinen des Inserates unter Chiffre<br />
soundso nehmen siah dann bestimmt einige Leser<br />
die Mühe, 6ich hin- und eine Offerte aufzusetzen:<br />
« An Chiffre soundso. Ich hätte Interesse an Ihrem<br />
Wagen...» oder: «Ich offeriere Ihnen meinen<br />
Wagen etc.: Hochachtungsvoll Theodosiu« Gwunderli.»<br />
Dieser Herr Gwunderli gibt aber seine<br />
volle Adresse an und wartet sehnlichst auf eine<br />
Antwort. Er wartet und wartet, fedoch umsonst,<br />
denn er ahmt nicht, dass Chiffre soundso, der die<br />
freundliche Offerte prompt erhalten und seinen<br />
Wagen verkauft oder gekauft hat, keineswegs gesonnen<br />
ist, eich weiter um Herrn Gwunderli zu<br />
kümmern und die Offerte kurz und schlicht in den<br />
Papierkorb versenkt.<br />
Es wäre aber doch blos« Anstand voo Chiffre<br />
soundso, sich trotzdem die kleine Mühe zu nehmen<br />
und Herrn Gwunderli mit einer Postkarte zu 10<br />
Rappen kund und zu wissen zu tun: «Ich kann<br />
Ihre Offerte nicht berücksichtigen. Hochachtungsvoll<br />
Chiffre soundso. » Herr Gwunderli ist nämlich<br />
sicher auch für eine negative Antwort dankbar.<br />
« War doch noch ein anständiger Herr, Chiffre soundso<br />
», wird er für sich denken. Sollte die Auffassung<br />
wirklich so schief und abwegig sein, dass es,<br />
wenn man einen Wagen für X-tausend Franken<br />
erstanden oder verkauft hat, auf die Auslage für<br />
eine oder für zehn Postkarten nicht mehr ankommt?<br />
Schliesslich könnte doch einmal der<br />
umgekehrte Fall eintreten, dass Chiffre soundso<br />
an die Stelle von Herr Gwunderli tritt...<br />
Chiffre XYZ<br />
Unerfreuliches von einer Italienfahrt<br />
Vor kurzem fuhr ich mit meiner Familie und<br />
einem hier ansässigen Italiener nach Italien. Unser<br />
Ziel war Verona, doch blieben wir infolge' Differentialdefektes<br />
in Bergamo stecken. In dieser Situation<br />
hatten wir keine andere Wahl, als unsern Mercedes<br />
in einer dortigen Garage unterzubringen und<br />
die Heimreise per Bahn anzutreten.<br />
Wir fuhren über Mailand—Como und glaubten,<br />
mit einer Bescheinigung des Garagisten via Chiasso<br />
Tschechoslowakei<br />
BRIEFE DER LESER AN DIE A.-R.<br />
heimwärts zu gelangen. Indessen belehrte man uns<br />
eines anderen. In Como durften wir vorerst eine<br />
volle Stunde warten, bis die Zöllner wussten, was<br />
sie wollten. Als man uns dann die Pässe und das<br />
Tagesvisum mit dem Stempel «Passieren» aushändigte,<br />
glaubten wir, es sei nun soweit. Plötzlich<br />
aber erschien der Chef auf der Szene und begehrte<br />
nochmals die Papiere zu sehen. Zu unserm Erstaunen<br />
schrieb er quer über den Stempel « annullato »<br />
und empfahl uns, bei der im Tagesschein vorgeschriebenen<br />
Zollstelle Oria bei Gandria einzureisen.<br />
Protest hin oder her, wir mussten den Weg<br />
hinunter in die Stadt Como antreten, wo wir uns<br />
zuerst nach dem Abgang eines Cars via Menaggio<br />
erkundigten. Er war jedoch, weil uns die langen<br />
Diskussionen auf dem Bahnhof viel Zeit gekostet<br />
hatten, bereits weggefahren, so dass wir einen<br />
Taxi nehmen mussten. Abgesehen von den Unkosten<br />
empfanden wir das Verhalten der Zollorgane<br />
in Como als reine Schikane.<br />
Beiläufig sei noch vermerkt, dass Automobilisten<br />
aus dem Kanton St. Gallen wegen des « Liktorenbündels<br />
» im Kantonsvrappen ihres Nummernschildes<br />
Unannehmlichkeiten riskieren. Während<br />
eines kurzen Haltes in der Provinz umstellten uns<br />
sofort einige junge Burschen und riefen «fascisti,<br />
fascisti >, bis ein Kundiger dazukam und die Leute<br />
aufklärte, es handle 6ich um das Kantonswappen<br />
von St. Gallen.<br />
st.<br />
Die hupenden Ausländer<br />
Wie wäre es, wenn den ausländischen Automobilisten<br />
bei Grenzübertritt ein kleines mehrsprachiges<br />
Merkblatt übergeben oder an die Windschutzscheibe<br />
geklebt würde, besagend, das6 es<br />
1. in der Schweiz üblich 6ei, wenig, d.h. nur dann<br />
zu hupen, weim es die Verkehrssicherheit erfordert,<br />
und 2. dass das Gesetz den Automobilisten<br />
vorsichtiges Fahren zur Pflicht machte? Die Franzosen,<br />
Holländer und Italiener sind sich an ihre<br />
Ueiberlandstrassen gewöhnt; sie fahren deshalb<br />
sehr oft im Schnellzugstempo durch unsere Dönfer<br />
und Städte und gefährden Schulkinder und Passanten.<br />
Wäre diese Anregung nicht der Prüfung wert?<br />
A.H.<br />
Sekundenmeter statt Stundenkilometer<br />
Mit anhaltendem Interesse verfolge ich Ihren<br />
unentwegten Kampf für allgemeine Verkehrsgesittung<br />
in Ihrem geschätzten Blatt. Speziell der Hinweis<br />
im Artikel « Zum Verkehrsunfall im Kandertal»<br />
(«A.-R. » Nr. 32): «Der tragische Unfall liefert<br />
aber auch eine Illustration dafür, was für ungeheure<br />
Kräfte unter der Motorhaube eines Automobils<br />
schlummern und wie verheerend sie 6ich<br />
beim Zusammensto6S auswirken» brachte mir die<br />
vielen Fälle einer langjährigen Schadenabteilungs-<br />
Versicfoerungs-Praxis in Erinnerung, deTen Ursache<br />
zu hohe Geschwindigkeit und Nicht'beherrschung<br />
des Fahrzeugs bildeten. Wie manchmal bekam ich<br />
dabei zu hören: « Ich bin mit 60—70 km, also massig,<br />
gefahren. > «Darf ich Sie fragen, wieviel Sekundenmeter<br />
dies ausmacht? » «Das weiss ich<br />
nicht! » bekam ich fast regelmässig zur Antwort,<br />
auch von Automobilisten, die sich sonst in Sachen<br />
Auto sattelfest fühlen. Wenn ich den betreuenden<br />
Fahrern erklärte, dass sie bei 60—70 kmfh. mit 16,8<br />
bis 19,6 Sekundenmetern gefahren seien, dann<br />
staunte mancher ungläubig.<br />
Dass vielen Fahrern das Bedürfnis nach der<br />
Herstellung einer Beziehung zwischen den Stundenkilometern<br />
ihres Zählers und der « flüchtigen<br />
Sekunde » bis zum Eintritt eines Unfalles mangelt,<br />
wer will es ihnen verübeln? Dass die meisten Fahrer<br />
aber den Sinn für die praktische Nutzanwendung<br />
einer ihnen geläufigen Kenntnis besitzen, darf<br />
ich auf Grund meiner Erfahrung annehmen. Deshalb<br />
sollten vor allem die Polizei und die richterlichen<br />
Behörden dazu übergehen, Sekundenmeter<br />
und nicht mehr Stundenkilometer als Norm für die<br />
Feststellung von Geschwindigkeiten zu verwenden-<br />
Znm mindesten dürfte bei den Fahrprüfungen das<br />
strikte Wissen gefordert und als moralische Verpflichtung<br />
in die Fahrpraxis mitgegeben werden,<br />
dass 100 Stundenkilometer einer Geschwindigkeit<br />
von 28 m pro Sekunde entsprechen. Das trüge zur<br />
Unfallverhütung vielleicht ebenso viel bei wie der<br />
ominöse MFG-Art. 25<br />
Unbestreitbar bildet der Beigriff « Weg pro Sekunde<br />
» keine Schwierigkeit. Das Schätzen von<br />
Strecken bis zu 100 m dürfte den Strassenbenützern<br />
irgendwie zugemutet, zum mindesten leicht<br />
gelernt werden. Jeder Laie bestätigt mir, daßs er<br />
den Begriff « Sekundenmeter » für die Angabe<br />
einer Geschwindigkeit 'begrüssen, bzw dem bis<br />
jetzt üblichen Stundenkilometer aus Gründen der<br />
Einfachheit vorziehen würde. Sollte die Erhebung<br />
dieses Begriffs « Sekundenmeter» im Motorfahrzeugverkehr<br />
zur Norm nicht die Einsicht in « die<br />
ungeheuren Kräfte, die unter der Motorhaube<br />
eines Automobils schlummern», weiter fördern<br />
helfen? E. H.<br />
Vorfahren bei schweren Lastwagen<br />
Ich schliesse mich gänzlich der Anregung von<br />
Autofahrer F. H. in der «A.-R. > Nr. 33 an, dass<br />
nämlich, was die Benützung des Rückspiegels zur<br />
Beobachtung von eventuell vorfahrenwollenden<br />
Fahrzeugen anbetrifft, eine allgemeine Vorschrift<br />
erlassen werden eollfe.<br />
Ich selbst wurde in einen schweren, jedoch<br />
glimpflich verlaufenen Unfall verwickelt, deT mit<br />
diesem Problem zusammenhängt. Um diesen Hergang<br />
kurz zu schildern:<br />
Ort: Ca. 4 km lange, schnurgerade Asphaltstrasse<br />
{allerdings stark 'bombiert mit unregelma6-<br />
sigem, schlechtem StrassenfoelaS).<br />
Hergang: Fahrgeschwindigkeit meines Wagens<br />
ca. 80—90 km/h. Vor mir, ca. auf 100—200 m<br />
Entfernung, ein schwerer Diesellastwagen mit<br />
einem Tempo von ca. 40—45 km/h vorschriftsmäs-<br />
6ig ganz rechts fahrend. Ich gebe mittels meiner<br />
kräftigen Hupe (amerikanischer Wagen) Vorfahrsignal.<br />
Die linke Strassenseite ist völlig hindernisfrei.<br />
Der Lastwagen bleibt weiterhin ganz auf der<br />
rechten Seite, so da6s ich annehmen kann, er habe<br />
mich gehört und gebe freie Bahn. Ich entschliesse<br />
mich deshalb vorzufahren und bringe meinen Wagen,<br />
immer noch hupend, auf die ursprüngliche<br />
Fahrgeschwindigkeit. Als ich mich auf ca. 20—30 m<br />
Entfernung vom Lastwagen befinde, weicht dieser<br />
brüsk nach links aus und schneidet mir den Weg<br />
vollständig ab (es bleiben ca. 80 cm Raum zwischen<br />
dem linken Strassenrand und dem Lastwagen, und<br />
dies auf einer 6,8 m breiten Strassef). Trotz sofortigem,<br />
kräftigem Abstoppen konnte ich eine Kollision<br />
mit dem Lastwagen nicht mehr verhindern.<br />
Der Anprall mit dessen Rückseite war noch so<br />
heftig, dass mein Wagen links aus der Strasse geworfen<br />
wurde und einer kleinen Böschung wegen<br />
auf der Wiese umkippte. Grosser Materialschaden<br />
an meinem Wagen, glücklicherweise aber praktisch<br />
keine Verletzungen. Am Lastwagen entstand Schaden<br />
von ca. Fr. 30.—.<br />
Was war geschehen? Der Lastwagenchauffeur<br />
hatte, wie er behauptete, mein Hupen nicht gehört<br />
und war einem parkierenden Lieferwagen ausgewichen.<br />
Letzteren hatte ich nicht sehen können,<br />
weil er gänzlich durch den Lastwagen verdeckt<br />
war. Hätte jedoch der Lastwagenchauffeur oder<br />
dessen Beifahrer vor dem Ausweichmanöver einen<br />
Blick in den Rückspiegel igeworfen, so hätte er<br />
den ganzen Unfall, der wie durch ein Wunder<br />
ohne tragische Folgen verlief, mit Leichtigkeit<br />
vermeiden können.<br />
Das Vorkommnis zeigt, dass unbedingt Mittel<br />
und Wege gefunden werden müssen, die das gefahrlose<br />
Vorfahren bei schweren Lastwagen gewährleisten.<br />
Persönlich halte ich das Ueberhören<br />
einer starken amerikanischen Hupe bei weit geöffneten<br />
Fenstern ( wie es im vorliegenden Falle zutraf)<br />
in der Führerkabine dieses Diesellastwagens<br />
kaum für möglich, auch wenn der Motor noch so<br />
geräuschvoll ist. Ich wäre jedem dankbar, der mir<br />
seine diesbezüglichen Erfahrungen via Redaktion<br />
der « A.-R. > mitteilen könnte.<br />
Im weitern beweist der Hergang des Unfälle<br />
m. E. noch eine andere dringende Notwendigke f<br />
nämlich die: Lastwagen, vor allem schwere, welche<br />
den nachfolgenden Autos die Sicht nach vorne<br />
stark verdecken, sollten eine Einrichtung besitzen<br />
die dem Chauffeur ermöglicht, nach rückwärts zu<br />
melden, ob die Stras6e zum Vorfahren frei 6ei oder<br />
nicht. Das kennte mit Leichtigkeit und ohne groese<br />
Kosten, z.B. durch Betätigen einer grünen Lampe,<br />
geschehen, die, hinten angebracht, als obligatorisches<br />
Zubehör vongeschrieben werden mösote.<br />
(Wenn ich richtig orientiert bin, besitzen die ital ; -<br />
nischen Lastwagen ähnliche Signale). Oder ds-a<br />
musste man den Beifahrer verpflichten, mit der<br />
Hand ein Signal zu geben, wie es bei MilitärfaV.'-<br />
zeugen vorgeschrieben ist. F. n.