02.03.2018 Aufrufe

Der Burgbote 2011 (Jahrgang 91)

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gutes Beispiel. Hugo Wolf (1860 – 1903) ist<br />

vor allem als kongenialer musikalischer<br />

»Übersetzer« hochrangiger Lyrik in ebenso<br />

großartige Lieder bekannt. Er vertonte<br />

Werke von Goethe, Heine, Mörike, Eichendorff<br />

und vieler anderer großer Dichter. Die<br />

Komposition »Dem Vaterland« für Männerchor<br />

bildet insofern eine doppelte Ausnahme<br />

in seinem Werk, als es sich eben<br />

nicht um ein Lied für Solostimme handelt<br />

und der Textdichter, Robert Reinick (1805 –<br />

1852), heute nahezu unbekannt ist. Betrachtet<br />

man Reinickes Text, zeigt sich, dass<br />

ihn mit dem vaterländischen studentischen<br />

Liedgut nicht viel verbindet. Keine religiöse<br />

Überhöhung der Nation und kein Säbelrasseln,<br />

sondern ein liebevolles und stolzes<br />

Bekenntnis zu Heimat und Herkunft. Zwar<br />

schallt es auch hier »Heil dir, du deutsches<br />

Vaterland!«, aber den schalen Beigeschmack<br />

bekommt diese Textstelle für uns eben erst<br />

aus der Rückschau. Betrachtet man die Zeile<br />

hingegen in ihrem Kontext, enthüllt sich ihr<br />

Charakter als Segenswunsch für ein geliebtes<br />

Land. Kommt uns dieser Ruf – wie schon<br />

beim letzten Jahreskonzert – nicht so leicht<br />

über die Lippen, dann liegt die Quelle des<br />

Problems aber in uns und unserer historischen<br />

Rückschau, weniger in Reinickes Text.<br />

Anton Bruckner »Helgoland«<br />

Es wäre zu schön, könnten wir aus Wolfs<br />

Hymnus die Regel ableiten: Ist die Musik<br />

gut, dann ist es auch um Texte nicht so<br />

schlimm bestellt. Aber nein, so einfach ist es<br />

nicht, wie uns ein Blick auf Anton Bruckners<br />

Werk »Helgoland« zeigt, dem ein Gedicht<br />

von August Silberstein zu Grunde liegt. Das<br />

dieses dramatische Werk nicht trotz, sondern<br />

wohl auch wegen seines Textes einen<br />

so fulminanten Erfolg hatte, bezeugt eine<br />

Anekdote, die von der triumphalen Uraufführung<br />

des Stücks in Wien überliefert ist.<br />

Als Bruckner im tosenden Applaus des<br />

Publikums den Dichter erkannte, soll er ihm<br />

zugerufen haben: »Ja, da is’a ja, Dokta ja wie<br />

soll i´ Ihnen danken! Ohne Ihna hätt´ ich´s ja<br />

nöt machen könna.« Zu diesem Lob hätte<br />

kein Grund bestanden, wenn Bruckner von<br />

dem Text auch nur hätte annehmen können,<br />

dass er sein Wiener Publikum befremdet.<br />

Aber hierzu bestand offensichtlich kein Anlass.<br />

Tatsächlich bedient der Text ohne<br />

Rücksicht auf die Geschichte auf’s Beste<br />

deutsch-nationale Klischees: Die Römer vor<br />

Helgoland? Na klar doch, schon immer<br />

waren wir von übermächtigen Feinden umzingelt.<br />

(Ein Beispiel: »Hinaus, hinaus! Es<br />

ruft das Vaterland!« – und sei es nur bis zum<br />

KMGV Jahreskonzert <strong>2011</strong><br />

37<br />

Hugo Wolf mit<br />

seinem Werk<br />

»Dem Vaterland«<br />

und Anton Bruckners<br />

»Helgoland«<br />

werden aufgeführt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!