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Die Griechin

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Zum Aufführungsrecht<br />

• Das Recht zur Aufführung erteilt der<br />

teaterverlag elgg, CH-3123 Belp<br />

Tel. + 41 (0)31 819 42 09<br />

www.theaterverlage.ch / information@theaterverlage.ch<br />

Montag - Freitag von 09.00 bis 11.30 Uhr & 13.30 bis 17.00 Uhr<br />

• Der Bezug der nötigen Texthefte - Anzahl Rollen plus 1 - berechtigt<br />

nicht zur Aufführung.<br />

• Es sind darüber hinaus angemessene Tantièmen zu bezahlen.<br />

• Mit dem Verlag ist vor den Aufführungen ein Aufführungsvertrag<br />

abzuschliessen, der festhält, wo, wann, wie oft und zu welchen<br />

Bedingungen dieses Stück gespielt werden darf.<br />

• Auch die Aufführung einzelner Teile aus diesem Textheft ist<br />

tantièmenpflichtig und bedarf einer Bewilligung durch den Verlag.<br />

• Bei eventuellen Gastspielen mit diesem Stück, hat die aufführende<br />

Spielgruppe die Tantième zu bezahlen.<br />

• Das Abschreiben oder Kopieren dieses Spieltextes - auch<br />

auszugsweise - ist nicht gestattet (dies gilt auch für<br />

Computerdateien).<br />

• Übertragungen in andere Mundarten oder von der Schriftsprache in<br />

die Mundart sind nur mit der Erlaubnis von Verlag und Verfasser<br />

gestattet.<br />

• <strong>Die</strong>ser Text ist nach dem Urheberrechtsgesetz vom 1. Juli 1993<br />

geschützt. Widerhandlungen gegen die urheberrechtlichen<br />

Bestimmungen sind strafbar.<br />

• Für Schulen gelten besondere Bestimmungen.<br />

"Es gibt Leute, die ein Theaterstück als etwas "Gegebenes"<br />

hinnehmen, ohne zu bedenken, dass es erst in einem Hirn erdacht,<br />

von einer Hand geschrieben werden musste.“<br />

Rudolf Joho


Annetta Baumann<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Ein Theaterstück<br />

Besetzung<br />

Bild<br />

4 Damen, 2 Herren<br />

Andeutungsbühne<br />

«Mach zwei Stapel: „Brockenhaus“ und „zum Verkauf“.»<br />

An der Beerdigung seiner Mutter begegnet Peter nach langen<br />

Jahren seiner früheren Geliebten Susanna und deren Tochter<br />

Pierina. Als dann beim Räumen des Hauses Peters Frau<br />

Céline in einem Tagebuch liest und dort immer wieder<br />

Susannas Name auftaucht, nimmt die Geschichte eine<br />

unerwartete Wendung.<br />

«Es gibt kein Später mehr, es gibt nur noch ein Jetzt.»<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

2007


Personen<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Urs Neumann, Ehemann von Susanna, Gemeindepräsident<br />

Céline Engi, Ehefrau von Peter<br />

Pierina Neumann,<br />

Jaqueline Dupont,<br />

Susannas Tochter<br />

Serviertochter<br />

Gemeinde an der Bahnhauptverbindung<br />

<strong>Die</strong> Melodie „au claire de la lune“erklingt zur Einstimmung<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 2 -


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Bahnhofplatz<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Peter, festlich gekleidet, mit Hut, holt Céline, en<br />

vogue gekleidet, ohne Hut, grelle Tasche, vom Zug<br />

ab.<br />

Reicht’s noch kurz in den Löwen?<br />

Schon in die Kneipe?<br />

Will nachfragen, ob alles in Ordnung ist – für danach.<br />

Ich möchte mich noch kurz hinlegen.<br />

Dauert nicht lange.<br />

Kennen wir doch: Alte Bekannte und schon vergisst du<br />

dich!<br />

Jetzt ist keine Zeit für lange Geschichten! Gehst du<br />

schon vor?<br />

Der Schlüssel?<br />

Mutters Haus ist nicht verschlossen. Komme gleich<br />

nach.<br />

Hier sieht’s aus wie vor fünfzehn Jahren – die Zeit ist<br />

stehen geblieben.<br />

Sie gehen in unterschiedliche Richtungen ab.<br />

Bauernhof Neumann<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Susanna und Pierina, beide brav und traditionell<br />

gekleidet, mit Hut, treten aus dem Haus, Urs,<br />

ebenfalls festlich mit Hut, steht abseits und<br />

telefoniert.<br />

Ich will diesen doofen Hut nicht tragen!<br />

Der gehört zum Kleid!<br />

Mama, niemand ausser dir und mir...<br />

- 3 -


Susanna<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Deine Hip-Hop Klamotten kannst du in der Schule<br />

tragen, nicht in der Kirche!<br />

Das war im letzten Jahrhundert!<br />

Pierina zieht sich den Hut vom Kopf, Susanna stülpt<br />

ihn ihr grob wieder auf den Kopf.<br />

am Telefon. Wollt ihr den ganzen Wald roden? <strong>Die</strong><br />

Bewilligung liegt nur für den Crest vor! – Sag dem<br />

Förster, es sei wichtig. – <strong>Die</strong> Nachbarin. – <strong>Die</strong> Stämme<br />

können doch auch warten. – Ah, mit dem Helikopter,<br />

verstehe. – Na dann – Tschüss. Stellt Handy ab.<br />

Hut auf oder...<br />

Du bist doof! Wirft den Hut auf Boden.<br />

...oder du bleibst hier!<br />

Urs tritt hinzu<br />

Beat hat eben telefoniert. Er kann unmöglich weg.<br />

Wenn Beat nicht kommt...<br />

Gehen wir?<br />

Vater, sag Mama, dass ich diesen Hut nicht anziehen<br />

muss! Sonst bleib ich hier!<br />

Du nicht auch noch! Mutter machte schon Theater. Ihr<br />

kommt beide mit! Basta!<br />

Ohne den da. Deutet auf den Hut am Boden. Das<br />

Kleid ist schon brav genug.<br />

Pippa, setz den Hut auf! Liest den Hut auf und reicht<br />

ihn ihr.<br />

Kirchenglocken läuten.<br />

Mama, du zitterst ja!<br />

Sie läuten schon! Hut auf! Kommt! Macht mir keine<br />

Szene! Ich will mich nicht schämen. Das ganze Dorf<br />

wird dort sein.<br />

Wegen Nina?<br />

Sie hat vielen im Dorf geholfen.<br />

Pah... verhext hat sie sie!<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 4 -


Susanna<br />

Sie war keine Hexe!<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Urs Und ob... Wer ist auf diesem Hof aufgewachsen? Ich,<br />

nicht du! Werde es wohl wissen! Gehen wir!<br />

Kirchenglocken werden immer lauter, übertönen bald<br />

Dialog; Urs, Susanna und Pierina auf dem Weg zur<br />

Kirche.<br />

Susanna Nina und ich hatten den Garten nebeneinander.<br />

Urs Was hast du mit der schon geredet? Sie konnte doch<br />

kein richtiges Deutsch.<br />

Susanna Urs... Sie lebte mehr als dreissig Jahre im Dorf. Beide<br />

Kinder gingen hier zur Schule.<br />

Urs Peter sogar mit mir! Trotzdem: Kräuterhexe...<br />

Pendelweib... Nicht mal ihre eigene Tochter konnte sie<br />

dann retten.<br />

Susanna Nina half bei einer Geburt und Amanda war allein im<br />

Garten.<br />

Urs Davon stirbt noch keiner.<br />

Susanna Konnte das Kind wissen, dass Maiglöcklein giftig<br />

sind?<br />

Urs Selbst schuld, wenn man solche Pflanzen züchtet.<br />

Susanna Bitte, hör auf! Der Wald beginnt gleich hinter ihrem<br />

Haus – und Blätter von Bärlauch und Maiglöcklein<br />

sind zum Verwechseln ähnlich.<br />

Urs Ja, ja, das erzählt man sich so... trotzdem, die Alte war<br />

ne Hexe!<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 5 -


Kirchplatz<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Céline<br />

Urs<br />

Peter<br />

Céline<br />

Urs<br />

Peter<br />

- 6 -<br />

Nach der Beerdigung, Glocken läuten. Auf dem Platz<br />

beginnen Peter und Céline das Leid abzunehmen,<br />

Serviertochter Jacqueline, hochschwanger, mit Hut,<br />

kondoliert und setzt sich beiseite auf eine Bank, Urs,<br />

Susanna und Pierina treten aus der Kirche, Susanna<br />

setzt Pierina den Hut auf, die Kirchenglocken läuten.<br />

Niemand hat nen Hut...<br />

Liebes...<br />

Ich geh’ nicht Hände schütteln – kenn die ja nicht.<br />

Stell dich nicht so an. Das macht man so!<br />

Was soll ich sagen?<br />

Das weiss man doch! Er geht vor.<br />

Sag einfach: Mein Beileid.<br />

Dann kommen mir gleich Tränen.<br />

Wozu Hüte doch gut sind...man sieht deine Augen<br />

kaum, Pippa!<br />

Du zuerst!<br />

Jacqueline sitzt dort im Schatten. Du kannst ja nachher<br />

bei ihr warten.<br />

Kondoliere Frau Engi - Neumann Urs, Gemeindepräsident.<br />

Danke.<br />

Kondoliere Peter.<br />

Danke. ’s ist lange her. Céline, das ist Urs. Wir haben<br />

zusammen die Schulbank gedrückt.<br />

Ja? Freut mich. Und Sie sind dem Dorf treu geblieben?<br />

Anders als Peter. Du lässt dich ja kaum mehr blicken.<br />

Nie im Löwen einen schnappen?<br />

Heute...<br />

Urs ist schon einen Schritt weiter.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.


Susanna<br />

Céline<br />

Pierina<br />

Céline<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Peter<br />

Céline<br />

Susanna<br />

Céline<br />

Susanna<br />

Céline<br />

Susanna<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Ich kondoliere Ihnen, Frau Engi.<br />

Danke.<br />

Mein Beileid.<br />

Danke.<br />

Herzliches Beileid, Peter. Ich wünsche dir viel Kraft<br />

für die kommende Zeit.<br />

Susanna? – Du? Schön dich zu sehen, nach all den<br />

Jahren... Danke, dass du gekommen bist... Susanna<br />

lässt Hand los, zögert, stellt Pierina vor.<br />

Das ist Pierina – unsere Tochter.<br />

Freut mich, dich kennen zu lernen. Nimmt Pierinas<br />

Hand, zu Susanna. Wie sagtest du?<br />

Pierina.<br />

Mein Beileid.<br />

Danke. Céline, das sind Susanna und Pierina, die<br />

Familie von Urs. Mutters Nachbarn. Du weißt schon.<br />

Sie hat viel von ihnen erzählt.<br />

Susanna und Céline geben sich nochmals die Hand.<br />

Céline.<br />

Susanna – und das – das ist Pierina.<br />

Pierina, nimm doch den Hut ab. Man sieht dein<br />

hübsches Gesicht gar nicht...<br />

Susanna legt schützend die Hand um Pierinas<br />

Schultern.<br />

Schade, dass wir uns an einem solch traurigen Tag<br />

kennen lernen. Doch – wir wollen euch nicht länger<br />

aufhalten.<br />

Céline greift an den Hut, Pierina kommt ihr zuvor<br />

und nimmt den Hut ab, Peter mustert Pierina<br />

aufmerksam<br />

abwesend. Kommt ihr noch in den Löwen?<br />

Urs kommt bestimmt. Ich muss arbeiten gehen. Auf<br />

Wiedersehen, Céline, alles Gute.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 7 -


Céline<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Peter<br />

Céline<br />

Jacqueline<br />

Pierina<br />

Jacqueline<br />

Pierina<br />

Jacqueline<br />

Pierina<br />

Auf Wiedersehen...eh...?<br />

Susanna. Ergreift Peters Hand. Peter... Peter erwacht<br />

aus Erstarrung.<br />

Du gehst – du kommst noch...?<br />

Ich gehe arbeiten. Urs kommt noch. In Gedanken bin<br />

ich bei dir – bei euch. Wiedersehen, Peter, viel Kraft<br />

und alles – alles Gute!<br />

Auf Wiedersehen!<br />

Susanna... Pierina... Pierina geht zu Jacqueline, Urs<br />

und Susanna bleiben abseits stehen.<br />

Das Mädchen erinnert mich an jemanden. Wie<br />

altmodisch, immer noch mit Hüten!<br />

Beide gehen nochmals zum Grab im Hintergrund,<br />

später ab.<br />

Kirchplatz<br />

* Parallelgespräche<br />

Pierina setzt sich zu Jacqueline, mustert von weitem<br />

Peter und Céline<br />

Salut Pierina. Schon lange nicht mehr gesehen!<br />

Tag, Jacqueline.<br />

Joli – der Hut. Betrachtet ihn und legt ihn neben sich<br />

hin.<br />

Du auch noch! Hast du einen Komplott mit Mama?<br />

Hab’ ihn nicht freiwillig angezogen, darauf kannst du<br />

Gift nehmen!<br />

Nina trug immer einen Hut – ich dachte… Pierina<br />

beginnt zu weinen. Oh, pardon! Ich wollte nicht...<br />

Schon gut.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 8 -


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

*<br />

Urs Hat sich ’rausgeputzt für heute, der Herr Städter.<br />

Susanna Urs, an der Beerdigung der Mutter...<br />

Urs Kaum die Schule fertig, weg von hier. Zu fein fürs<br />

Dorfleben.<br />

*<br />

Pierina Mist! Wischt sich die Tränen ab.<br />

Jacqueline Voilà, ein Taschentuch.<br />

Pierina Danke, hab’ selber eins.<br />

Mit Hervornehmen des Taschentuches fällt ein Foto<br />

auf den Boden.<br />

Jacqueline Da, du hast was verloren. Ah – une photo.<br />

Pierina wischt sich die Tränen, Jacqueline studiert<br />

eingehend das Foto.<br />

*<br />

Susanna Ich glaub’ sein Beruf ist hier nicht gefragt.<br />

Urs Hat sich wohl deswegen so ’was ausgesucht. Pinseln...<br />

Hast gesehen – die Leute – feiern ihn wie den<br />

verlorenen Sohn – wie wenn sein Ruhm auf sie<br />

abfärben würde... Kommt zurück, spielt sich auf...<br />

Susanna Dazu ist er doch zu bescheiden.<br />

*<br />

Jacqueline zeigt auf Foto. Hier trägst du ja auch einen Hut –<br />

hübsch! Doch in einer Tracht habe ich dich noch nie<br />

gesehen.<br />

Pierina Jacqueline, ich glaub du brauchst ’ne Brille. Das bin<br />

nicht ich. Lies mal hinten.<br />

*<br />

Susanna Er hatte hier einfach kein Auskommen. Lass...<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 9 -


Urs<br />

*<br />

Jacqueline<br />

Pierina<br />

*<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

*<br />

Jacqueline<br />

Von wegen Auskommen... Er war sich zu gut für eine<br />

richtige Arbeit. So nennt man das! Kunstakademie<br />

...pha... Da war die <strong>Griechin</strong> wohl stolz auf ihren<br />

Sohnemann. Genutzt hat’s ihr nicht viel. Er nie da, und<br />

sie? Jetzt liegt sie kalt unter der Erde. Geschieht ihr<br />

recht.<br />

Zur Erinnerung, für Pierina von deiner Nonna.<br />

Nina, nicht Nonna. Der i – Punkt ist verwischt. Du<br />

brauchst wirklich eine Brille! Nimmt Foto, steht auf.<br />

Pierina? Ah, bei Jacqueline.<br />

Kam der schon mal zu Besuch?<br />

Nina hat mir manchmal von ihm erzählt.<br />

Du hast ihn gekannt?<br />

Flüchtig – nein – eigentlich nicht.<br />

Flüchtig?<br />

Habe ihn mal zusammen mit Nina im Garten gesehen.<br />

Pierina kommt... Ich geh nochmals zum Grab. Kommst<br />

du auch oder...?<br />

Ich muss wohl... Zeigt zum Gasthaus, Susanna mit<br />

Pierina ab.<br />

zu sich. Herrgott! Wie bin ich blind! Nina – Nonna! Da<br />

brauchen andere auch noch eine Brille, liebes Kind!<br />

Da, der Hut – jetzt ist sie schon weg.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 10-


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Friedhof<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Schweigend stehen Susanna und Pierina am Grab,<br />

die Mittagsglocken läuten,<br />

innerer Dialog. Nina – Warum nur? Nun schweigst du<br />

für immer. Wer hilft mir jetzt? Mir und Pierina. Das<br />

Kind deines Sohnes und seiner Geliebten... Geliebte…<br />

einen Frühling nur, drei kurze Wochen. Dann kommt<br />

Urs aus dem Militär zurück, grober, herrischer denn je.<br />

Weshalb war ich nur so feige? Gehen – mit Beat und<br />

dem Ungeborenen – bevor er sah, dass ich schwanger<br />

war...<br />

Melodie „au clair de la lune“ klingt an.<br />

Da kommst du eines Tages: Peter habe geheiratet.<br />

Céline – die Tochter des Kunsthändlers – deine<br />

Schwiegertochter nun! War sie mal da? Kam sie dich<br />

besuchen? All die 15 Jahre nicht! Und wir – lebten<br />

neben dir – mit dir. Nicht Schwiegertochter, aber<br />

Enkelin. Wusstest du es? Was wusstest du?<br />

Ich hatte einfach nicht den Mut wegzulaufen – nein,<br />

nicht nochmals da stehen, ohne Dach überm Kopf...<br />

Nein! Bleiben... schweigen...<br />

Susanna legt Pierina den Arm um die Schultern, sie<br />

gehen nach Hause.<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Vor dem Gasthaus<br />

Jacqueline auf dem Weg zur Arbeit im Gasthaus, Urs<br />

tritt hinzu.<br />

Hallo Jacqueline.<br />

Tag Urs!<br />

steckt sich eine Parisienne an. Zigarette?<br />

- 11-


Jacqueline<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Ma petite würde das nicht so schätzen.<br />

Ach, ich vergass. Noch immer nicht geworfen, wie ich<br />

sehe. Klar, in deinem Brutkasten ist es wohl zu<br />

angenehm. Mir würde es da auch gefallen.<br />

Kannst die Kleine ja dann fragen, wie’s war...<br />

Eine Sie? – Willst wohl nicht behaupten... Keinen<br />

Stammhalter für Heinz?<br />

Nina sagte noch vor einer Woche, sie freue sich auf das<br />

Mädchen. - Schade, hat sie es nicht mehr erlebt.<br />

Ihr habt dieser griechischen Hexe aus der Hand<br />

gefressen, allesamt. Susanna ebenfalls. Kräuter, Säfte...<br />

ein Wunder, dass sie niemanden vergiftet hat! Pendeln<br />

und sagen, die Brut sei ein Mädchen und du glaubst es.<br />

Eigenartig. Der Arzt sagte das gleiche – und übrigens:<br />

Der Sohn der Hexe lädt auch dich zum Essen ein. Pass<br />

bloss auf, dass dir nicht übel wird!<br />

Was servieren sie denn?<br />

Antipasti.<br />

Anti- was? Wieder so was für „feinere Leute“.<br />

Antipasti sind kleine Vorspeisen, italienische und<br />

griechische. Ganz im Sinne der Verstorbenen.<br />

Südländisches? – Da kennst du dich ja bestens aus als<br />

Französin.<br />

Ja doch – und sonst gibt es Kochbücher.<br />

Hm... ich denke, der Wirt liess sich nur zu gerne<br />

beraten. Südliche Leckerbissen hat er ja noch nie<br />

verachtet!?!<br />

Ist wohl nicht der einzige.<br />

So?<br />

Andere hier mögen auch Abwechslung.<br />

Ach ja?<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 12-


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Jacqueline<br />

Urs<br />

Öffne die Augen, dann siehst du es schon. Schau, der<br />

Hut. Pierina hat ihn vergessen. Nimmst du ihn mit? Ich<br />

muss gehen. Wir haben Hochbetrieb. Ab.<br />

Fetter Verdienst so ein Leichnam.<br />

Urs geht ebenfalls ins Gasthaus<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Bauernhof Neumann<br />

Schon Viertel nach.<br />

Auf dem Friedhof vorhin hattest du es auch nicht eilig.<br />

Ich wollte noch einen Augenblick allein am Grab sein<br />

– nur mit dir, Pippa.<br />

Das mit dem Hut war doof.<br />

Der Hut! Wo hast du ihn jetzt?<br />

Oh, bei Jacqueline.<br />

Jacqueline?<br />

Als ich nach der Kirche auf dich wartete. Sag mal:<br />

Sehen Schwangere schlechter?<br />

Wie kommst du drauf?<br />

Sie hat das Foto gesehen, das Nina mir geschenkt hat.<br />

Nina hat dir ein Foto geschenkt?<br />

Letzte Woche noch.<br />

Was hat das Foto mit Jacquelines Augen zu tun?<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

Darauf trägt Nina auch einen Hut. Jacqueline hat zuerst<br />

gemeint, das sei ich. Witzig, nicht?<br />

Jacqueline hat...<br />

Sie hat mir erst geglaubt, als sie hinten gelesen hat.<br />

Und was steht dort?<br />

Hier, lies selbst. Gibt Susanna das Foto.<br />

- 13-


Susanna<br />

Pierina<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

liest immer langsamer und leiser. Für Pierina…<br />

von…deiner… Schaut erschreckt Pierina an. Nonna.<br />

Nina. Sag nur, du könnest es auch nicht lesen. Ihr<br />

braucht alle ne Brille!<br />

Susanna schaut sich das Foto nochmals an, ihre<br />

Hände zittern, das Foto fällt zu Boden, beide bücken<br />

sich gleichzeitig und stossen aneinander.<br />

He! - Ist was?<br />

Nein, nichts. Ich geh deinen Hut holen.<br />

Susanna zum Gasthaus, Pierina ab<br />

Vor dem Gasthaus<br />

Susanna kommt zum Gasthaus, Jacqueline schnappt<br />

draussen nach frischer Luft.<br />

Falls du Urs suchst – er ist oben.<br />

Hallo Jacqueline. Nein, ich suche weder ihn noch sonst<br />

irgendwen.<br />

Das halbe Dorf ist hier.<br />

Dich brauche ich. Vorhin...<br />

Der Hut? Ich hab ihn Urs gegeben.<br />

Komm setzen wir uns. Deinen Beinen eine kleine<br />

Pause!<br />

Wo brennt’s?<br />

Als du mit Pierina – das Foto – ich meine...<br />

Ich will nichts wissen.<br />

Verstehst du... er würde...<br />

Ich verstehe mehr als du meinst.<br />

Jacqueline...<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 14-


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Jacqueline Sag nichts, ich will wirklich nichts wissen. Hab genug<br />

gesehen, ich schweige. Andere plappern genug!<br />

Susanna Du meinst doch nicht etwa...<br />

Jacqueline Psst, es kommt jemand.<br />

Urs tritt aus dem Gasthaus und steckt sich eine<br />

Zigarette an. Er bemerkt die Frauen vorerst nicht.<br />

Jacqueline Kaum spricht man vom Teufel…<br />

Urs sieht sie und kommt näher, Susanna steht auf.<br />

Urs Na ihr zwei? <strong>Die</strong> eine lässt die Familie hungern, die<br />

andere eine Gesellschaft verdursten.<br />

Susanna Pierina hat das Essen bereitgestellt. Ich bin auf dem<br />

Weg zum Kiosk. Jacqueline! Für den Löwenwirt liegen<br />

beim Kiosk noch Zeitschriften bereit. Könntest du sie<br />

in deiner Zimmerstunde...<br />

Jacqueline <strong>Die</strong> Zeitschriften kommen doch nicht freitags...<br />

Susanna Es liegen welche bereit... Sonderausgaben... Flüsternd.<br />

muss dich dringend sprechen!<br />

Jacqueline Sonderausgaben? Ja – ich entsinne mich... wie konnte<br />

ich sie nur vergessen! - Gut, dass du mich an meinen<br />

Job erinnert hast, Urs, danke! Bin schon weg! Bis<br />

später dann, Susanna!<br />

Urs Dann bediene die Herrschaften auch recht nett!<br />

Jacqueline ab.<br />

Susanna Ihr Kind kommt im nächsten Monat.<br />

Urs Schlampe! Man munkelt, das Kind habe ihr der<br />

Löwenwirt gemacht!<br />

Susanna Und du glaubst das?<br />

Urs Nimm sie noch in Schutz, diese Hure. Spreizt die Beine<br />

für jeden, der seinen hochkriegt...<br />

Susanna Urs –<br />

Urs Wenn Heinz mal früher von ner Tour heimkommt und<br />

sie erwischt... Würd sie glatt umbringen!<br />

Susanna Das geht uns nichts an – und da bringt keiner wen um...<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 15-


Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Hab noch Verständnis. Umbringen sollte man sie, diese<br />

Nestbeschmutzer. Elendes Pack, hüpfen über fremde<br />

Bettkanten, Kinder da und dort…! Dir würde die Lust<br />

vergehen…<br />

Ich muss zum Kiosk…<br />

…ein für allemal.<br />

…bin jetzt schon spät dran. Ab.<br />

Ich würde dich umbringen! Ab.<br />

Leise Musik „au clair de la lune“.<br />

Bahnhofplatz<br />

Peter kommt zum Bahnhofkiosk, Susanna ordnet vor<br />

dem Kiosk die Auslage.<br />

Unmöglich, diese Rauchfreiphobie! Nun muss man<br />

sogar schon bis zum Bahnhof für ne Zigarette. Stutzt.<br />

Du – hier?<br />

Peter!?<br />

Machst du das regelmässig?<br />

Immer am Freitag, vom Mittag weg.<br />

Und die Familie?<br />

Es gibt ja Timer an den Backöfen!<br />

Kannst du dich dann einfach absetzen?<br />

<strong>Die</strong> Kinder sind ja nicht mehr klein. Für mich... es ist<br />

die einzige Möglichkeit. Ich muss einfach. Was<br />

möchtest du?<br />

Seid ihr so knapp dran?<br />

Ich mach es nicht wegen des Geldes. Blickt nervös<br />

umher. Was…?<br />

Ich bin überrascht, dich hier zu sehen. Weshalb…?<br />

Verzeih, das geht mich nichts an… aber...?<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 16-


Susanna<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Schon gut… So komm’ ich wenigstens unter die Leute.<br />

Peter Ihr wohnt doch immer noch neben Mutter im<br />

Oberdorf?<br />

Susanna Ja schon... doch... Drängend. Peter, was …?<br />

Peter Verzeih, es geht mich wirklich nichts an.<br />

Susanna Du weißt doch: Urs sieht es nicht gerne, wenn ich<br />

„über den Zaun“ plaudere. Nicht mal hier bin ich...<br />

Peter Könntest jemandem zu tief in die Augen gucken?! Mit<br />

deinen wunderschönen, geheimnisvollen...<br />

Susanna Du machst mich nervös!<br />

Peter Sorry! Wollte ich nicht.<br />

Susanna Schon gut. Was möchtest du? Du wirst im Löwen<br />

bestimmt vermisst!<br />

Peter Eigentlich möchte ich lieber mit dir plaudern als im<br />

Löwen sitzen.<br />

Susanna Deswegen bist du kaum hergekommen. Und... er darf<br />

dich hier nicht sehen!<br />

Peter Wer?<br />

Susanna Urs!<br />

Peter Das tönt ja nach Beschattung.<br />

Susanna Urs’ Eifersucht ist krankhaft geworden.<br />

Peter Das war sie doch schon immer.<br />

Susanna Wie weisst du das?<br />

Peter Von der Schule... und du hast davon erzählt.<br />

Susanna Ich?<br />

Peter Im Garten – damals.<br />

Susanna Damals – das war wie ein Traum... so unwirklich.<br />

Peter Er war wirklich – dieser Traum. – Ich hab ihn nie<br />

vergessen.<br />

Susanna Bitte – hör auf. – Leise zu sich. Sag, was du möchtest –<br />

und dann geh – bitte!<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 17-


Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Jacqueline<br />

Peter<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Peter<br />

Jacqueline<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Also keine Träume, dann eben – Realität: Sieben Tage<br />

die Woche im Haus, Garten und im Stall. Nur freitags<br />

hier... zur ganzen Arbeit noch.<br />

Es ist nicht zu viel und – Pierina hilft mit.<br />

Pierina – ein hübsches Mädchen!<br />

Ja, und eine liebenswerte Tochter.<br />

Doch noch einen Jungen? Schritte kommen näher,<br />

Susanna erstarrt.<br />

Zwei Kinder also. Susanna nickt abwesend.<br />

Ah – hier sind Sie! Man hat Sie gesucht!<br />

Mein Laster trieb mich zum Kiosk.<br />

blickt Susanna an. Wer oder was dies auch immer ist...<br />

Zu Peter. Andere lassen sich das Laster ins Haus<br />

liefern! - Susanna, einmal Parisienne extra bitte.<br />

Hier. Lacht. Schicken sie die Beweglichste?<br />

Es scheint so! Zahlt. Doch – ein bisschen frische Luft<br />

tut gut. Gehen wir gleich zusammen zurück – oder…<br />

Bin noch unentschlossen, die Auswahl ist zu gross.<br />

Na dann – bis gleich! Ab.<br />

War gestern schon im Dorf. Musste noch einiges<br />

organisieren.<br />

Wann reist ihr wieder ab?<br />

Am Abend. Unsere beiden Jungs...<br />

Verstehe.<br />

Wir sind immer noch... noch... wie gelähmt. Es ging ihr<br />

doch so gut. Und nun... Das Haus – der Garten...<br />

Es eilt ja nicht!<br />

Zum Glück. Ich bin nicht gut im „Abschiednehmen“.<br />

Das hast du von deiner Mutter.<br />

Du hast sie so gut gekannt? Sie war doch eine<br />

Meisterin im Verstecken von Gefühlen.<br />

Sie war... Sie...<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 18-


Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Hier – ein Taschentuch.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Danke. Sie war – mein Fels in der Brandung. Ich bin so<br />

verzweifelt, dass sie nicht mehr ist. Ich wollte sie doch<br />

noch so vieles fragen.<br />

Ich auch... Susanna... du...<br />

Susanna schaut erneut auf die Uhr.<br />

<strong>Die</strong> Leute warten auf dich. Was sagtest du... womit<br />

kann ich dienen?<br />

Wie viel Wünsche habe ich frei?<br />

Das Sortiment ist nicht so gross wie in der Stadt.<br />

Alles hier, was mein Herz begehrt!<br />

Ja?<br />

Ja!<br />

Also?<br />

Eine Camel.<br />

Da, dein Laster!<br />

Wie viel?<br />

Schon gut.<br />

Danke. Doch – kann ich so zahlen? Reicht ihr seine<br />

Visitenkarte.<br />

Edel – du führst eine Visitenkarte…<br />

Ich nicht – die Galerie…Vielleicht bist du ja mal in der<br />

Stadt.<br />

Susanna studiert die Visitenkarte aufmerksam<br />

Ruf’ vorher an. Bin nicht immer im Geschäft.<br />

Hier, das Wechselgeld. Gibt die Visitenkarte zurück.<br />

Ich habe mir die Nummer gemerkt.<br />

Ich habe noch mehr davon. So schlecht läuft die<br />

Galerie auch wieder nicht!<br />

Peter – hast du vorher nicht verstanden: Urs ist<br />

krankhaft eifersüchtig – Wir haben eine Tochter – ich...<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 19-


Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

...und einen Sohn– und... verzeih, bist du nicht<br />

übervorsichtig, Nachbarin?<br />

Peter. – Du verstehst mich nicht. Du musst zurück. Er<br />

könnte hier auftauchen. - Ich hab Angst – ich kann<br />

nicht – Es bleibt keine Zeit. Hier, deine Karte – das<br />

Taschentuch. <strong>Die</strong> Nummer ist in meinem Kopf. Dort<br />

hat er nichts zu suchen.<br />

Susanna, es...<br />

Bitte, geh jetzt.<br />

Ich komme wieder – wohl oder übel. Und wenn ich<br />

dich dabei sehe, dann eher wohl!<br />

Geh! Ich denk an dich, mon ami Pierrot.<br />

Au revoir voisine. Wendet sich zum Gehen, kramt<br />

Zigarette hervor.<br />

Peter, es… war schön, dich zu sehen.<br />

Ma chandelle est morte! Je n’ai plus de feu.<br />

Ouvre-moi ta porte pour l’amour de <strong>Die</strong>u. Gibt ihm<br />

Feuer.<br />

Leise Musik „au clair de la lune“. Peter ab.<br />

PAUSE<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 20-


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Friedhof<br />

Drei Wochen später.<br />

Peter und Céline stehen am Grab.<br />

Peter <strong>Die</strong> Blumen sind ganz welk geworden.<br />

Céline Gibt es hier keinen Friedhofgärtner, der ein bisschen<br />

zum Rechten schaut?<br />

Peter Ich könnte ja Susanna fragen.<br />

Céline Welche Susanna?<br />

Peter Mutters Nachbarin. Würde sie...<br />

Céline Ah ja, ich erinnere mich – sie oder – vielleicht möchte<br />

ihre Tochter sich ein wenig Taschengeld verdienen.<br />

Peter Ja –<br />

Céline Heute Nachmittag fragen wir sie! Bildhübsches Kind<br />

übrigens!<br />

Peter Komm, wir gehen... Wendet sich zum Gehen.<br />

Céline Hier ist’s doch kürzer.<br />

Peter Ich brauche eine kleine Stärkung! Gehen wir zuerst in<br />

den Löwen.<br />

Céline Nicht zu lange! Ich möchte vorwärts machen!<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 21-


Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Ninas Haus<br />

Leise Musik «Au claire de la lune».<br />

Susanna setzt sich auf die Bank vor Ninas Haus,<br />

stellt die leere Giesskanne ab und wischt sich den<br />

Schweiss von der Stirn.<br />

Das ist das mindeste, das ich für dich tun kann, Nina.<br />

Dein Garten – dein Herzstück. Was wohl daraus wird?<br />

Sie späht zum Fenster hinein. Noch ist alles an seinem<br />

Platz. Wann kommt er zurück? In sein Geschäft<br />

anrufen – und so unverbindlich fragen? Der Garten –<br />

wäre ein Grund... Doch nur schon seine Stimme<br />

hören... Ich kann nicht! Ich will nicht! Pierrot! Seit der<br />

Beerdigung verfolgst du mich wieder.<br />

Hallo!<br />

Pippa? Schon hier?<br />

<strong>Die</strong> letzte Stunde fiel aus. Dafür haben wir am<br />

Nachmittag einen Test. Sag mal – kommen die<br />

eigentlich zurück? Was geschieht mit dem Haus?<br />

Ich weiss es nicht.<br />

Weshalb giesst du dann jeden Tag?<br />

Ich weiss es nicht. Vielleicht, weil ich es nicht ertragen<br />

kann, wenn auch noch die Blumen sterben.<br />

will eine Blume pflücken. Meinst, darf ich?<br />

Ich denke schon.<br />

riecht an Blumen. Ich bin froh, hat Nina mir das Foto<br />

geschenkt. Denk: Nur eine Woche später – da war sie<br />

schon tot. Sie hat noch gesagt: Wer weiss, was einmal<br />

aus all meinen Sachen wird.<br />

Hat sie gesagt, dass sie krank ist?<br />

Krank?<br />

Ich hab mich nur schon gefragt, ob sie gespürt hat, dass<br />

sie sterben wird...<br />

Krank? Sie hat nur wehmütig übers Foto gestrichen...<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 22-


Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Und die Widmung?<br />

Widmung?<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Na. Immer leiser werdend. Zur Erinnerung für Pierina<br />

von deiner...<br />

Das war schon lange drauf.<br />

Lange?<br />

Ist ja auch verwischt. Mir knurrt der Magen! Gibt’s<br />

was?<br />

Ist schon im Ofen! Sag Vater nichts vom Giessen bitte.<br />

Ist doch kein Geheimnis.<br />

Bitte...<br />

zeigt auf Ninas Haus. Ich dachte, du weisst...<br />

Was?<br />

Er hat doch mit Beat über den Kauf gesprochen... wäre<br />

praktisch, das kleine Haus für euch zwei, wenn er dann<br />

mal den Hof übernimmt... Was ist mit dir?<br />

Davon weiss ich nichts! Will auch nicht! Und<br />

überhaupt: Da müsste Peter ja erstmal zurückkommen<br />

und das Haus räumen.<br />

Der war bestimmt ein cooler Typ – so in jungen<br />

Jahren! Heiss umschwärmt... langes wallendes Haar –<br />

sportlich – wow!<br />

Du hast ihn dir aber genau angesehen! Geht mit<br />

Pierina auf das Haus zu.<br />

Sicher! Der passt irgendwie nicht zu dieser steifen<br />

Stadtpflanze!<br />

Bitte – Sie sind immerhin 15 Jahre verheiratet!<br />

Vielleicht hatte er keine andere Wahl und musste...<br />

Warst du an der Hochzeit?<br />

Sie haben in Cham* (Stadt mit C: Chur u.a..)<br />

geheiratet.<br />

War die Braut in Weiss... schon mit Bauch?<br />

Wundernase!<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 23-


Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Susanna<br />

Pierina<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

- 24-<br />

Warst du nun dabei oder nicht? Du weißt mehr, als du<br />

erzählen willst.<br />

Ich weiss vor allem, dass das Essen anbrennt und ich<br />

zu spät zur Arbeit komme! Stellst du bitte die Kanne<br />

zurück?<br />

Ja, klar.<br />

Nichts vom Giessen zu Vater! Tschüss! Susanna ab.<br />

Tschüss. Zu sich. Dafür bald mehr über die<br />

geheimnisvolle Braut! So leicht kommst du mir nicht<br />

weg! Ab.<br />

Ninas Haus<br />

Peter kommt aus dem Garten und setzt sich auf die<br />

Bank vor dem Haus, Céline kommt von „Inspektionsrunde“<br />

mit ihrer Tasche zurück und setzt sich zu<br />

Peter.<br />

Hier, ich hab uns Arbeitskleidung eingepackt. Packt<br />

Kleider aus, Tasche bleibt unter Bank liegen.<br />

Hat es heute Morgen geregnet?<br />

Seit Tagen nicht, auch hier. Weshalb?<br />

<strong>Die</strong> Erde im Garten ist ganz feucht.<br />

Das Grünzeug wirft Schatten, vielleicht deshalb.<br />

Komm, wir machen uns an die Arbeit.<br />

Ich muss erst tief durchatmen, bevor... Welch Glück<br />

habe ich dich. Ich wüsste nicht wo beginnen. Gut, hilfst<br />

du mir.<br />

Reiner Eigennutz… mein Liebster... So schwer wie du<br />

dich von Altem trennst...<br />

Es geht alles so schnell.<br />

Nun ist es doch schon beinahe einen Monat her,<br />

seitdem sie gestorben ist!<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.


Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Einen Monat schon? Mir ist, als wäre die Beerdigung<br />

erst gestern gewesen!<br />

<strong>Die</strong> Distanz nun ist gut. Es macht das Räumen leichter.<br />

Steht auf.<br />

All die Entscheidungen, was nehmen wir mit uns – was<br />

bleibt hier...<br />

Wir räumen nach dem ABC-Prinzip: A wie Abfall – B<br />

wie Brocki –C wie Cham. Murmelt. Das geht am<br />

schnellsten – kurz und schmerzlos.<br />

Was sagtest du?<br />

Räumen nach dem ABC-Prinzip: A wie Abfall – B wie<br />

Brocki –C wie Cham. - Komm, du Künstlerherz...<br />

Deine Fee leitet dich durch den Dschungel der<br />

Antiquitäten.<br />

Wo beginnen wir?<br />

Im Estrich schlage ich vor: Sind dort nicht die<br />

Spielsachen und die Bücher?<br />

Ja, ja, dort lagern sie seit Jahren. Wenn die Jungs zu<br />

Besuch waren, nannten sie den Estrich „Paradise Lost“.<br />

Nicht, dass Nina den Kindern dieses ketzerische Buch<br />

vorgelesen hat!!!<br />

Nein, aber sie besass eine alte illustrierte Ausgabe - in<br />

Goldschnitt. - Vielleicht haben sich die Jungs die<br />

Bilder angeguckt - alte Stiche. Gelesen haben sie es<br />

bestimmt nicht, das Buch ist in altem Englisch.<br />

Ich hätte eine kleine Regieänderung zu unserer<br />

Räumungsaktion...<br />

...und die wäre...?<br />

C wie Christie’s statt C wie Cham. Wer weiss,<br />

vielleicht finden sich in Ninas Sammelsurium noch<br />

wirkliche Antiquitäten; so wie dieses Buch... Ein<br />

Testament hat sie ja wohl kaum geschrieben. Dort<br />

wären die wertvollen Dinge notiert.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 25-


Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Mit einem einzigen Erben schreibt man wohl kaum ein<br />

Testament.<br />

Deine Schwester, Amanda...?<br />

Ich habe mir in diesen Wochen viel überlegt, wie sie<br />

jetzt wohl aussähe, ob sie eine Familie hätte... Kinder...<br />

wem diese gleichen würden? – Wo hat Mutter bloss die<br />

Alben? Wahrscheinlich im Schlafzimmer.<br />

Wenn wir sie finden, nehmen wir sie mit. Du kannst<br />

zuhause in Erinnerungen schwelgen. Jetzt beginnen<br />

wir... Komm, ab ins „verlorene Paradies“.<br />

Beide ab.<br />

Bahnhofplatz<br />

Blickaffichen: „Pilzvergiftung“ und „Messerstecherei“<br />

sind sichtbar.<br />

Teilreprise des Dialogs mit Urs vor dem Gasthaus.<br />

U: „Umbringen sollte man sie, diese Nestbeschmutzer.<br />

Elendes Pack, hüpfen über fremde Bettkanten, Kinder<br />

da und dort…! Dir würde die Lust vergehen… ein für<br />

allemal. Ich würde dich umbringen!“<br />

Laut. Pierina muss weg... einfach weg!!! Warum hat<br />

sie bloss überlebt. Viel zu früh kam sie. Zart - schwach.<br />

Und jetzt: Pierrot – wie sie dir gleicht! Céline? Ist ihr<br />

was aufgefallen? Ahnt sie, dass Pierina...? Wenigstens<br />

die Locken abrasieren, Peter! Oder sie unter dem Hut<br />

verstecken... eine Sonnenbrille tragen! Wie lange geht<br />

es, bis nun wieder Gras über der Sache gewachsen ist?<br />

Ich kann nicht so lange warten. Sie muss weg! Sie hört<br />

Schritte, sieht Urs und zuckt zusammen.<br />

Er ist da!<br />

Wer?<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 26-


Urs<br />

Susanna<br />

Peter – mit Céline!<br />

Ja...<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Urs Ist er nicht vorbeigekommen? Beobachtet Susannas<br />

Reaktion.<br />

Susanna Nein –<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Susanna<br />

Sie haben im Löwen gegessen. Du hast sie nicht<br />

gesehen?<br />

Nein.<br />

Jetzt gehen sie das Haus räumen.<br />

Ja...<br />

Gib mir Zigaretten. Jacqueline hat keine mehr.<br />

Schlampe! Nimmt Zigaretten, ab.<br />

Teilreprise des Dialogs mit Urs vor dem Gasthaus.<br />

U: „Schlampe! Man munkelt, das Kind habe ihr der<br />

Löwenwirt gemacht! Spreizt die Beine für jeden, der<br />

seinen hochkriegt! Wenn Heinz sie erwischt... Würd sie<br />

glatt umbringen! Hab noch Verständnis. Umbringen<br />

sollte man sie, diese Nestbeschmutzer.“<br />

hält sich die Ohren zu. Nein! Peter! Bitte komm nicht!<br />

Komm nicht hierher! Sie hört im innern Ohr „au clair<br />

de la lune“. Er würde mich umbringen. Obwohl – <strong>Die</strong><br />

Geschichte liegt ja schon lange zurück. Doch – seine<br />

Eifersucht macht ihn so verdammt unberechenbar.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 27-


Bauernhof Neumann<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Urs<br />

Pierina<br />

Pierina tritt aus dem Haus, Urs kommt heim vom<br />

Löwen.<br />

Wo gehst du hin? Ist doch noch nicht Zeit für die<br />

Schule.<br />

Zu Marianne. Wir wollen für den Test am Nachmittag<br />

nochmals üben. Dein Mittagessen steht…<br />

Habe heute im Löwen gegessen. Wo hat Mutter die<br />

Fotos?<br />

Welche Fotos?<br />

Na, ihre, als sie klein war.<br />

Ich weiss nicht, ob sie die retten konnte. Alles, was sie<br />

von ihren Eltern noch hat, ist in einer Kiste in der<br />

Scheune. Ganz hinten. Sonst musst du sie fragen<br />

gehen. Sie ist im Kiosk.<br />

Werds schon finden. Übrigens: Heute hast du<br />

Stalldienst! Halb sieben!<br />

Ja, mach ich. Drück mir um halb drei die Daumen!<br />

Weshalb?<br />

Na, der Test! Oh, mein Heft!<br />

Pierina wirft Rucksack hin, mit Urs ins Haus<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 28-


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Ninas Estrich/ Bauernhof Neumann<br />

Peter und Céline stehen inmitten von Kisten,<br />

Schachteln....<br />

Céline Phuu... und ich hatte gehofft, wir wären vielleicht<br />

schon bald fertig...<br />

Peter Womit?<br />

Céline Mit dem Überblick, was wohin kommen wird. Doch<br />

schau dir mal all den alten Kram an! Hier hat’s sogar<br />

noch eine Puppe.<br />

Peter Eine Puppe?<br />

Céline entstaubt sie. Das ist eine Saschapuppe.<br />

Peter Amandas Liebling! Sie war immer dabei. Sieht ein<br />

bisschen mitgenommen aus!<br />

Céline <strong>Die</strong> könnten wir verkaufen; hat heute Sammlerwert!<br />

Peter Ich möchte sie lieber verschenken statt verkaufen.<br />

Céline Nun werde doch nicht gleich sentimental! Und –<br />

Mädels spielen heute lieber mit Barbies.<br />

Peter Vielleicht nicht alle. Guckt aus dem Fenster.<br />

Céline Wie willst du das schon wissen, hast ja keines.<br />

Pierina tritt aus dem Haus.<br />

Peter murmelt. Aber Susanna...<br />

Céline Was murmelst du?<br />

Peter Wir könnten sie ja trotzdem verschenken. Ich kümmere<br />

mich darum…<br />

Céline Um diese alte Holzkiste auch?<br />

Peter Holzkiste?<br />

Céline Ja, diese hier. So verstaubt, dass man nicht sieht, was<br />

drauf gemalt ist.<br />

Peter Céline! <strong>Die</strong> alte Spieldose... Ich zeig dir was<br />

Wunderbares! Schliess die Augen!<br />

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- 29-


Céline<br />

Peter<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Während Peter sorgfältig die Spieldose abstaubt und<br />

aufzieht, trommelt Céline ungeduldig mit den<br />

Fingern aufs Fensterbrett, Pierina verstaut das Heft<br />

im Rucksack.<br />

Du verlierst dich im Dschungel, komm, wir müssen...<br />

Moment! Hörst du...!<br />

„Au clair de la lune“ ertönt, Pierina schaut erstaunt<br />

zum Fenster hoch und horcht entzückt.<br />

Schön, nicht?<br />

Ein Modell aus der Urzeit. Typisch Französisch:<br />

Romantischer Kitsch! Wirf sie weg... oder... Ob<br />

Christie’s Interesse hätten?<br />

Wohl kaum. Ich räum’ es aus dem Weg. <strong>Die</strong> Puppe<br />

gleich mit.<br />

Peter klappt resigniert die Spieldose zu und geht zur<br />

Treppe. Pierina kehrt mit einem Schlag in die<br />

Wirklichkeit zurück. Sie blickt auf die Uhr und rennt<br />

davon.<br />

Wohin gehst du?<br />

Ich leg die Puppe und die Spieldose nach unten – die<br />

Alben dazu – damit sie nicht vergessen gehen. Ab.<br />

Mach zwei Stapel: „Brockenhaus“ und „zum Verkauf.“<br />

Guck mich noch kurz im Schlafzimmer um. Sie hatte<br />

ihre persönlichsten Dinge im Nachttisch. Murmelt.<br />

Nicht, dass diese im Dschungel verloren gehen.<br />

Was murmelst du wieder? – Jetzt ist er weg. Künstler...<br />

Hat er was von Schlafzimmer gesagt? Bei ihren alten<br />

Nachthemden wird er wohl nicht so nostalgisch.<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 30-


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Bahnhofplatz<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline kommt zum Bahnhofplatz<br />

Wenn du mich je wieder sehen willst: Voilà, die<br />

Adresse.<br />

Adresse? Gehst du weg?<br />

Zu meiner Schwester. Elle est à Paris. Ich geh heute<br />

noch auf den Zug. - Muss mir schon mal die Fahrkarte<br />

besorgen.<br />

Mit dem Zug – Paris?<br />

Ja – lies doch!<br />

Wann? Wie lange?<br />

Viertel nach sieben. Pour toujour. Aber das bleibt bei<br />

dir!<br />

Das ist... das ist..<br />

Bald! Susanna! Ich halte das nicht aus.<br />

Was ist geschehen?<br />

Seit drei Wochen nun – seit Ninas Beerdigung ist der<br />

Teufel los! Dir habe ich doch gesagt: Ich höre nichts –<br />

ich sehe nichts – ich will nichts wissen! Rien!<br />

Was tratschen sie dann?<br />

Peter war im Löwen – mit Céline! Heute Mittag.<br />

Ja, ich weiss. Er ist hier.<br />

Und wie es der Zufall will: Auch dein Mann war dort.<br />

Heute Mittag! Ich serviere, bin freundlich... arbeite wie<br />

ein Tier... stelle mich dumm... nur damit ich schweigen<br />

kann... Nun ist der Preis zu hoch geworden! Je pars!<br />

Der Preis?<br />

Frag noch! Von wegen... Schlampe... Hure... taub bin<br />

ich nicht. Verzeih – aber dein Mann...<br />

Urs ist ein... ach...<br />

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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 31-


Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Er ist ein Pflock, ein Grobian, ein verdammtes...<br />

Schwein. Stolz wie ein Pfau, mais aveugle comme...<br />

Und ich sage dir: Dafür haben andere gute Augen. Er<br />

hört sie nicht, die bösen Zungen seiner Stammbrüder...<br />

Il s’en fout de tout!<br />

War er...?<br />

Susanna!<br />

Hat er gehört, dass…?<br />

Merkst du es nicht?<br />

Was haben sie...?<br />

Bist du taub?<br />

Wissen sie....?<br />

Blind?<br />

Nein... bitte nicht...! Setzt sich verzweifelt hin.<br />

Susanna! Meine Tochter wird auch einem andern<br />

gleichen. Nicht dem offiziellen Vater, dem stolzen<br />

Erzeuger, wie er meint, dieser Gockel! Ich habe genug<br />

gehört. Heute Mittag fasste ich den Entschluss. Ich will<br />

mein Kind schützen... und mich dazu... vor dieser<br />

verfluchten Bande. Wie Hyänen stürzen sie sich auf<br />

jeden Fehltritt anderer.<br />

Pierina war kein Fehltritt.<br />

Ihre Welt ist so klein. Es wird hart, sehr hart; doch<br />

alles ist besser als hier zu bleiben. Öffne endlich Augen<br />

und Ohren! Oder vergöttere weiterhin deine Tochter<br />

und stürze dich ins Unglück – und sie dazu! Sie wendet<br />

sich zum Gehen.<br />

Jacqueline! Warte!<br />

mit Blick auf die Uhr. Ma chère! Ich habe noch<br />

<strong>Die</strong>nst! Ich kaufe mir jetzt die Fahrkarte.<br />

Warte! Sie wissen...? Pierina....<br />

Pierina – Pierrot! Es liegt auf der Hand!<br />

Jacqueline! Nimm – nimm Pierina mit – nach Paris!<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

- 32-


Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Susanna<br />

Jacqueline<br />

Was soll ich mit...<br />

Du bist hochschwanger und...<br />

Gerade deshalb kann ich nicht noch...<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Paris ist weit. Sie begleitet dich und – sie muss weg!<br />

Impossible! Du kannst doch nicht...<br />

Susanna Nimm sie mit, Jacqueline! Bis ich weiss, wie’s<br />

weitergeht – bitte. Bei dir ist sie sicher! Hier...<br />

Jacqueline Susanna!?!<br />

Susanna Jacqueline, bitte!<br />

Jacqueline Viertel vor sieben bei der Kirche – oder hier bei dir –<br />

wenig Gepäck. Einige Züge sind in meinem Leben<br />

abgefahren – ohne mich! <strong>Die</strong>ser hier nicht! Ab.<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Ninas Haus<br />

Peter sitzt erschöpft vor dem Haus, neben sich<br />

Spieldose, Puppe, Tagebüchlein, Alben. Er guckt sich<br />

gedankenverloren Fotos an.<br />

Peter!? Bist du eingeschlafen?<br />

Nein, nein. Nur... es hatte zwei – drei Dinge mehr im<br />

Schlafzimmer als nur das Nachthemd... Legt schnell<br />

Spieldose und Puppe unter die Bank.<br />

Céline kommt.<br />

Ich habe Hunger. Wann schliesst der Laden?<br />

Können wir nicht noch mal in den Löwen gehen?<br />

Nein danke! Ausserdem mag ich keinen Dorfklatsch<br />

mehr. Das am Mittag hat gereicht. Wie die Männer die<br />

Serviertochter behandelt haben...<br />

Ja?<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 33-


Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Sag, brauchst du eine Brille? <strong>Die</strong>se Hengste kannten<br />

keine Grenzen! Allen voran der Dorfhäuptling!<br />

Schleimer! Seine Frau kann einem Leid tun! Wie heisst<br />

sie schon wieder?<br />

Susanna.<br />

Kaum hat sie den Rücken gedreht, sind sie über sie<br />

hergefallen... Das Kind sei nicht von ihm. Sie habe sich<br />

von einem andern vögeln lassen... das sehe doch jeder.<br />

Wie? – Wer?<br />

Ist ja egal! Hunger habe ich!<br />

Was sagtest du von...?<br />

’rumgevögelt habe sie... das sehe doch jeder! Du warst<br />

doch auch dort! Komm, was geht es uns an. Wir<br />

verlieren bloss die Zeit mit diesem Quatsch. Ich brauch<br />

was zwischen die Zähne. Das hab’ ich auch noch<br />

gesagt! Gehst du einkaufen?<br />

Céline lädt sich Brennholz auf, das vor dem Haus<br />

gestapelt ist.<br />

Ist dir kalt?<br />

Wenn ich drinnen so rumgucke, wird mir eher heiss.<br />

Einige Kleinigkeiten könnten wir verbrennen. Ab ins<br />

Haus.<br />

Verbrennen?<br />

Willst du hundert Säcke füllen!<br />

Was willst du verbrennen?<br />

Céline tritt wieder aus dem Haus<br />

All den alten Krimskrams, der in den Ofen passt. Kaufe<br />

noch Abfallsäcke, bitte. <strong>Die</strong> hier reichen nicht weit.<br />

Peter ab, Céline mit noch mehr Brennholz ins Haus.<br />

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- 34-


<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Bahnhofplatz<br />

Susanna<br />

Céline<br />

Susanna blickt einem abfahrenden Zug nach.<br />

Abreisen! Wie damals! Geschichte wiederholt sich.<br />

Auch ich also – noch einmal! Wohin? Paris – wie<br />

Jacqueline? Urs erwartet mich erst nach acht. Ich – wir<br />

hätten Vorsprung! Pierina, nimm doch ab! Sie versucht<br />

Pierina per Handy zu erreichen. Geld? Bank geschlossen...<br />

wäre ja auch zu auffällig. <strong>Die</strong> Karten hat alle Urs.<br />

Peter? Ob er mir was leiht? Hat ja jahrelang nichts<br />

zahlen müssen! Kommt als lebender Beweis, setzt alles<br />

in Brand und.... Seine Nummer... doch jetzt ist er nicht<br />

im Geschäft. <strong>Die</strong> Handynummer habe ich mir nicht<br />

gemerkt. Verdammt! Warum habe ich die Visitenkarte<br />

bloss – hätte sie ja unters Bügelbrett – oder hier in die<br />

Kasse legen... Da wird wenigstens nicht rumgewühlt.<br />

Kickt die Kasse an, diese springt auf. He!... Besessen<br />

zählt sie das Geld. Fürs erste reichts!<br />

Ninas Haus<br />

Céline setzt sich erschöpft auf die Bank vor dem<br />

Haus, alles Brennholz weg.<br />

Eine Wissenschaft – so ein Ofen! Muss ich wirklich<br />

warten, bis Peter.... Ah, da hat’s ja Papier Greift zu<br />

Büchlein. Jetzt wird’s brennen! Beginnt zu blättern.<br />

Tagebücher? Kann man ja kaum entziffern. Céline<br />

guckt in alle, nimmt dann eines. Hier, das muss das<br />

erste sein: Amanda... Blättert eifrig weiter. – immer<br />

wieder – Amanda. Da hat sie wohl ihren Tod<br />

verarbeitet. Hier: Susanna?! So lernt man die Nachbarn<br />

auch kennen!<br />

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- 35-


Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Hab’ uns noch was Süsses gekauft. Dachte, wir<br />

könntens brauchen. Legt eine Schachtel Konfekt auf<br />

die Bank.<br />

Ganz deiner Meinung! Stopft sich ein Konfekt in den<br />

Mund. Ich lern’ gerade deine Nachbarn kennen! Hör<br />

mal: Urs bringt Susanna aus dem Süden mit.<br />

Ferienbekanntschaft....hm? Heirat – Kind. Na, das<br />

übliche.<br />

Wollten wir nicht... Packt Puppe und Spieldose in die<br />

Tasche.<br />

Komm, nimm auch eins. <strong>Die</strong> sind nicht schlecht.<br />

Frühling darauf: Peter oft hier. Hilft viel im Garten.<br />

Wusst ich gar nicht, dass du einen grünen Daumen<br />

hast!<br />

Mutter brauchte Hilfe mit Umgraben und...<br />

Ah – schau an! Du bist vor allem an einem Pflänzchen<br />

sehr interessiert! Aber, das Datum? Peter – da waren<br />

wir doch schon – bin ich hier eigentlich auch<br />

erwähnt?... - Immer nur Susanna.<br />

Ihr Mann war im <strong>Die</strong>nst. Sie hatte den Kleinen und<br />

Hilfe nötig.<br />

Da warst du der grosse Retter in ihrer Einsamkeit!<br />

Bitte – hör doch auf!<br />

Da schau! Hier bis auf die letzten Seiten immer wieder:<br />

Susanna – Peter – Peter – Susanna... Kein Wort von<br />

mir! Doch ihren ganzen Kram nun aufräumen – das<br />

schon! Dazu bin ich gut genug! Soll doch diese<br />

Susanna helfen kommen, wenn sie schon so den Narren<br />

an ihr gefressen hat!<br />

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Peter Halt Céline, nur mit der Ruhe. Sie waren<br />

Nachbarinnen, ich war wenig hier, die Jungs noch<br />

weniger... und du... na ja... Da liegt es auf der Hand...<br />

Céline ...dass man die Nachbarn zum Familienersatz macht?<br />

Und du hast ihr dabei geholfen? <strong>Die</strong> alte Romanze bei<br />

den Besuchen immer wieder aufgewärmt?<br />

- 36-


Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

Peter<br />

Céline<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Céline! Seit damals habe ich mit Susanna nicht mehr<br />

geredet. Ich habe sie erst bei der Beerdigung wieder<br />

gesehen.<br />

Und das soll ich dir glauben? Blättert fiebrig weiter.<br />

Ich kann es dir zwar nicht beweisen. Aber: Da könnten<br />

mir ja tagtäglich Frauen – Modelle, Kundinnen – den<br />

Kopf verdrehen. Du bist meine Frau!<br />

Was noch lange nichts heissen will! Mancher hat schon<br />

Familie, Geschäft, Kundschaft... alles aufs Spiel<br />

gesetzt... wegen einer... einer findet, was sie sucht:<br />

Hier! Hast du auch noch mit ihr geschlafen?<br />

Was? Nun lass dich nicht verrückt machen!<br />

Ich sag dir nun gleich, was mich verrückt macht. Im<br />

Dezember darauf, als Weihnachtsgeschenk: Geburt von<br />

Susannas zweitem Kind! Céline blättert zurück, zählt<br />

laut die Monate ab. April, Mai, Juni, Juli...<br />

Dezember... acht Monate – eine knappe Schwangerschaft.<br />

Hast du dir da jemals Gedanken gemacht? Ist<br />

Pierina deine Tochter? Kannst du mir das beantworten?<br />

Wirft Tagebüchlein auf Boden.<br />

Nein. Kann ich nicht! Doch werde ich’s gleich tun,<br />

damit du beruhigt bist! Ab mit Tasche.<br />

starrt ihm nach. Wohin gehst du?<br />

Bin gleich zurück!<br />

Was soll das? Weshalb nimmst du die Tasche mit?<br />

Damit nicht alles in Flammen aufgeht! Ab.<br />

Ich soll da warten – bis du mir eine neue Lüge<br />

auftischst? Kickt an Tagebüchlein. Ein Glück habe ich<br />

dich nicht schon verbrannt! Ah – Nina? Bist du<br />

Mitwisserin? Liest das Büchlein auf und liest weiter.<br />

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- 37-


Auf dem Friedhof<br />

Peter<br />

Peter<br />

Urs<br />

Céline<br />

Allen hast du geholfen – nur mir nicht! Und jetzt<br />

schweigst du – für immer! Was hast du gewusst? Sag<br />

dass es wahr... dass es nicht wahr ist! Das kann nicht<br />

sein! Das darf nicht sein. Hört kurz die Melodie im<br />

Innern.<br />

Reprise des Dialogs vor der Kirche und beim Kiosk.<br />

S: Das ist Pierina – unsere Tochter. P: Freut mich,<br />

dich kennen zu lernen. Wie sagtest du? S: Pierina! –<br />

S: Peter – hast du vorher nicht verstanden? Urs ist<br />

krankhaft eifersüchtig – Wir haben eine Tochter. P:<br />

...und einen Sohn. S: Peter – Du verstehst mich nicht.<br />

Weihnachten – April bis Weihnachten – Das kann<br />

nicht sein! Das sind nur acht Monate... Susanna, du<br />

warst schon schwanger als wir... Ich dachte, es sei<br />

längst vorbei. Das Feuer erloschen... Doch an der<br />

Beerdigung – dein Händedruck – dein Blick – und –<br />

wie wenn die Zeit stehen geblieben wäre. Susanna!<br />

Legt Puppe aufs Grab.<br />

Bauernhof Neumann<br />

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Pierina und Urs auf dem Weg zum Stall, Céline<br />

kommt hinzu, das Tagebuch noch in der Hand.<br />

Nora ist stierig (brünstig)! Pass auf, dass Aldo nicht<br />

ausbricht und steigt. Abend, Frau Engi.<br />

Guten Abend, Herr Neumann. Kann ich Sie kurz<br />

sprechen?<br />

- 38-


Urs<br />

Céline<br />

Dringend? Sie sehen...<br />

Ja, dringend.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Urs Beginne schon mal. Komme gleich nach.<br />

Pierina geht weiter, ihr Handy piepst. Sie liest das<br />

sms, pflückt einige Maiglöcklein und kehrt damit<br />

unbemerkt ins Haus zurück.<br />

Wo brennt’s? Ist ein richtiger Mann gefragt?<br />

Céline Ja, der richtige Mann ist gefragt!<br />

Urs Geht’s ums Grundstück? Haus? So ein Todesfall bringt<br />

immer unangenehme Dinge mit sich.<br />

Céline Allerdings!<br />

Urs Plötzlich tauchen Verwandte auf: Tanten in Amerika,<br />

eine Cousine in Afrika...<br />

Céline <strong>Die</strong> müssen ja nicht mal so weit weg sein...<br />

Urs Nein, sicher nicht! Wohnen um die Ecke, kommen<br />

dann, stellen Forderungen, kaum wittern sie Geld!<br />

Waren vorher nie zur Stelle!<br />

Céline Tja, und plötzlich sind sie da!<br />

Urs Weshalb erzählen Sie mir das?<br />

Céline Das könnte man sich fragen...<br />

Urs Sie wollen mir doch nicht sagen...?<br />

Céline Doch, will ich!<br />

Urs Verwandte aufgetaucht?<br />

Céline Eine, aber das genügt!<br />

Urs Bewiesen?<br />

Céline Wie beweist man uneheliche Kinder?<br />

Urs Uneheliche Kinder? Tja, diese:<br />

Vormundschaftsbehörde – Vaterschaftserklärung – und<br />

wenn der Bock bockt: DNA-Analyse! Dann ab zur<br />

Kasse! Da kommt keiner mehr so leicht weg! – Hat<br />

etwa Peter...? Leise. Dachte ich mir doch schon immer,<br />

dass der nicht sauber ist! Zu Céline. Ist es jemand aus<br />

dem Dorf?<br />

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- 39-


Céline<br />

Urs<br />

Céline<br />

Ja, sogar hier aus der Nachbarschaft!<br />

Sie können mir vertrauen, Frau Engi! Wer ist der<br />

Bastard?<br />

Pierina!<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Bahnhofplatz<br />

Susanna geht aufgeregt auf und ab, schaut auf die<br />

Uhr.<br />

Weg – nur weg von hier! Genug der Lügen! Urs im<br />

Löwen – Peter auch! Jacqueline geht. Höchste Zeit –<br />

auch für mich – für uns! Bevor es zu spät ist.<br />

Hoffentlich hat Pierina mein sms gelesen. Mit ihnen,<br />

mit dem Zug! Da – sie kommt – Nein – Peter?<br />

Susanna.<br />

Du...<br />

Ich muss wissen...<br />

Ja...<br />

Ich bringe... Taucht verlegen in die Tasche.<br />

Bringen?<br />

Du weißt, Céline und ich sind am Aufräumen. Céline<br />

ist sehr speditiv. Ich habe noch etwas – Susanna – eine<br />

Erinnerung.<br />

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Du hast ja hier nichts mehr um zurückzukommen.<br />

stellt die Spieldose auf die Ablage. Unsere Musik, nun<br />

gehört sie dir. Und – In Ninas Schlafzimmer fand ich<br />

Tagebüchlein. Beim Durchblättern sah ich oft deinen<br />

und Pierinas Namen.<br />

Susanna Hast du gelesen? Weißt du...?<br />

Peter <strong>Die</strong> Zeit von April bis Weihnachten... damals vor...<br />

Susanna Hast du’s gelesen?<br />

- 40-


Peter<br />

Susanna<br />

Peter<br />

Susanna<br />

Wann ist... Wer ist Pierinas...<br />

Peter – du! Hast du gelesen... weisst du?<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

Konnte nicht lesen – keine Zeit – später vielleicht –sag<br />

du mir...<br />

Es gibt kein Später mehr, es gibt nur noch ein Jetzt.<br />

Susanna öffnet die Spieldose, während der Musik<br />

erfährt Peter Pierinas Geschichte, die zwei versinken<br />

in einer innigen Umarmung.<br />

Friedhof<br />

Pierina mit Rucksack und Maiglöcklein, Jacqueline<br />

mit Koffer und Pierinas Hut in der Hand. Jacqueline<br />

legt den Hut, den Pierina am Morgen getragen hatte,<br />

zum Grab und drückt Pierina kurz freundschaftlich<br />

an sich, Pierina legt die Maiglöcklein dazu. Dann<br />

nimmt sie verwundert die Puppe auf, putzt die Erde<br />

weg und nimmt sie in den Arm. Beide wenden sich<br />

zum Gehen. <strong>Die</strong> Abendglocken läuten.<br />

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- 41-


Bahnhofplatz<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Sprecher<br />

Peter<br />

Urs<br />

Susanna<br />

Urs<br />

Urs<br />

Peter<br />

Urs<br />

Peter<br />

Susanna und Peter im vertrauten Gespräch, Urs<br />

kommt dazu, Spieldosenmusik erklingt.<br />

Biest!<br />

Urs… Klappt die Spieldose zu, nimmt sie auf den<br />

Rücken.<br />

Mit mir hast du nicht gerechnet, ha?! Was wird hier<br />

gespielt? Raus mit der Sprache! Verlogenes Weib! Zu<br />

Peter. Das zahl ich dir heim!<br />

Peter und ich... Nina...<br />

In wenigen Minuten folgt: Einfahrt des Regionalzuges<br />

nach Ziegelbrücke auf Gleis 1. Fahrplanmässige<br />

Abfahrt um 19.15 Uhr.<br />

Urs, sie trifft keine Schuld. Ich brachte ihr etwas von<br />

Nina. Da...<br />

Schweig! Glaub dir kein Wort!<br />

Urs packt Susanna am Arm und schüttelt sie.<br />

Bitte, Peter...<br />

Schweig, sage ich! Schüttelt sie noch kräftiger.<br />

Peter hält Susanna fest, um sie vor Urs zu schützen.<br />

Du verlogener Hund! Wie lange treibst du es schon mit<br />

meiner Frau!? Fertig mit dem Versteckspiel! Endlich<br />

hab ich den Beweis! Gevögelt hast du sie! Du<br />

Lustmolch! Das kommt dich teuer zu stehen!<br />

Ich hab sie nie gevögelt...<br />

Ist Pierina vom Storch, du griechischer Hurensohn?<br />

Ich hab sie geliebt!<br />

Urs will Susanna von Peter losreissen, Peter wehrt<br />

ihn ab, die Dose fällt zu Boden und die Melodie<br />

erklingt, alle erstarren für einen Moment. Von Ferne<br />

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Kein Aufführungsrecht.<br />

- 42-


Pierina<br />

Pierina<br />

<strong>Die</strong> <strong>Griechin</strong><br />

hört man den nahenden Zug. Jacqueline und Pierina<br />

kommen zum Bahnhof.<br />

<strong>Die</strong> Rauferei wird wieder gröber, die Spieldose<br />

rutscht in die Nähe der Geleise, Susanna hört<br />

innerlich die Melodie unerträglich laut, hält sich die<br />

Ohren zu, das Geräusch des nahenden Zuges wird<br />

immer lauter.<br />

Mama!<br />

Pierina rennt, nimmt Spieldose zu sich, Susanna<br />

reisst sie ihr aus den Händen und wirft sie auf die<br />

Schienen. <strong>Die</strong> Melodie ist wieder zu hören,<br />

Zugseinfahrt, kreischende Bremsen.<br />

Nein! - Nina!<br />

Sie rennt auf die Schienen, um die Spieldose zu<br />

retten, Susanna will Pierina zurückhalten und springt<br />

ihr nach.<br />

BLACK<br />

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