Schachnovelle
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mechanischen Apparat; gegen sich selbst zu spielen,<br />
bedeutet also im Schach eine solche Paradoxie, wie<br />
über seinen eigenen Schatten zu springen.<br />
Dr. B.-Spieler geht immer wilder im Raum hin und<br />
her, springt auch tatsächlich wie eine Schachfigur<br />
herum.<br />
Aber ich hatte keine Wahl als diesen Widersinn. Ich<br />
war gezwungen, diese Spaltung in ein Ich Schwarz und<br />
ein Ich Weiss zumindest zu versuchen, um nicht<br />
erdrückt zu werden von dem grauenhaften Nichts um<br />
mich.<br />
Ich war also genötigt, diese Kämpfe gegen mich selbst,<br />
oder, wenn Sie wollen, mit mir selbst zu führen, die<br />
möglichen weiteren Züge von beiden Partnern mir<br />
doppelt und dreifach, nein, sechsfach, achtfach,<br />
zwölffach auszukalkulieren, zu imaginieren. Das<br />
Gefährlichste daran war aber nicht diese Aufspaltung,<br />
sondern dass ich immer mehr ins Bodenlose geriet.<br />
Denn das blosse Nachspielen fremder Partien hatte<br />
mich selber nicht ins Spiel gebracht, ob Schwarz oder<br />
Weiss siegte, blieb mir gleichgültig. Von dem<br />
Augenblick an, da ich aber gegen mich zu spielen<br />
versuchte, begann ich mich unbewusst<br />
herauszufordern.<br />
Dr. B.-Spieler gerät in noch mehr in Eifer, läuft<br />
ruhelos hin und her und feuert sich an.<br />
Dr. B.-Spieler ...Schwarz, du Betrüger, du machst mir nichts vor!...<br />
Hier, nimm das, a3 auf b5!... Ha, überrumpelt!... Ah,<br />
ich Tölpel!.. Sehr gut!..<br />
Dr. B.-Erzähler Jedes meiner beiden Ich, mein Ich Schwarz und mein<br />
Ich Weiss gerieten jedes für seinen Teil in einen<br />
Ehrgeiz, in eine Ungeduld, zu siegen, zu gewinnen.<br />
Jedes meiner beiden Ich triumphierte, wenn das andere<br />
einen Fehler machte, und erbitterte sich gleichzeitig<br />
über sein eigenes Ungeschick. So steigerte ich mich<br />
während des Spiels in eine fast manische Erregung.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
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