D Waret über de Isidor W. (ZH)
D Waret über de Isidor W. (ZH)
D Waret über de Isidor W. (ZH)
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Zum Aufführungsrecht<br />
• Das Recht zur Aufführung erteilt <strong>de</strong>r<br />
teaterverlag elgg, CH-3123 Belp<br />
Tel. + 41 (0)31 819 42 09<br />
www.theaterverlage.ch / information@theaterverlage.ch<br />
Montag - Freitag von 09.00 bis 11.30 Uhr & 13.30 bis 17.00 Uhr<br />
• Der Bezug <strong>de</strong>r nötigen Texthefte - Anzahl Rollen plus 1 - berechtigt<br />
nicht zur Aufführung.<br />
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• Mit <strong>de</strong>m Verlag ist vor <strong>de</strong>n Aufführungen ein Aufführungsvertrag<br />
abzuschliessen, <strong>de</strong>r festhält, wo, wann, wie oft und zu welchen<br />
Bedingungen dieses Stück gespielt wer<strong>de</strong>n darf.<br />
• Auch die Aufführung einzelner Teile aus diesem Textheft ist<br />
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Spielgruppe die Tantième zu bezahlen.<br />
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auszugsweise - ist nicht gestattet (dies gilt auch für<br />
Computerdateien).<br />
• Übertragungen in an<strong>de</strong>re Mundarten o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Schriftsprache in<br />
die Mundart sind nur mit <strong>de</strong>r Erlaubnis von Verlag und Verfasser<br />
gestattet.<br />
• Dieser Text ist nach <strong>de</strong>m Urheberrechtsgesetz vom 1. Juli 1993<br />
geschützt. Wi<strong>de</strong>rhandlungen gegen die urheberrechtlichen<br />
Bestimmungen sind strafbar.<br />
• Für Schulen gelten beson<strong>de</strong>re Bestimmungen.<br />
"Es gibt Leute, die ein Theaterstück als etwas "Gegebenes"<br />
hinnehmen, ohne zu be<strong>de</strong>nken, dass es erst in einem Hirn erdacht,<br />
von einer Hand geschrieben wer<strong>de</strong>n musste.“<br />
Rudolf Joho
Mike LaMarr<br />
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong><br />
<strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Komödie in zwei Akten<br />
Mundartfassung<br />
Besetzung 5 Frauen, 8 Männer teilweise variabel<br />
Bil<strong>de</strong>r Wohnzimmer<br />
< Neuesten Untersuchungen zu Folge schrieb <strong>Isidor</strong><br />
Wanner je<strong>de</strong>n Abend von halb neun bis Punkt elf. ><br />
Dank <strong>de</strong>s professionellen Managements seines Verlegers<br />
sowie <strong>de</strong>r seriösen Arbeit seines Lektors gelingt <strong>de</strong>m<br />
Karosserie-spengler <strong>Isidor</strong> Wanner die Sensation: Sein<br />
Erstlingsroman «Der Wirbelmacher» wird von <strong>de</strong>n Medien<br />
als Höhepunkt <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschsprachigen Literatur betrachtet und<br />
erreicht schwin<strong>de</strong>l-erregen<strong>de</strong> Auflagen. Mitten in einen<br />
Medientermin platzt allerdings <strong>de</strong>r Grundschullehrer Felix<br />
Hungerbühler, <strong>de</strong>r behauptet, Wanner habe ihm die Diskette<br />
mit <strong>de</strong>m Roman im Zug gestohlen...Das Gerangel um die<br />
«Wahrheit <strong>über</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner» beginnt.<br />
< Sie verzeihen, wenn ich ein weiteres Mal <strong>de</strong>n Begriff<br />
„Meisterwerk“ bemühe. ><br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
elgger schaulust 17
Personen<br />
Führerin<br />
Schöne Frau<br />
Junge Frau<br />
Älterer Herr<br />
Junger Mann<br />
<strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Verleger<br />
Felix Hungerbühler<br />
TV-Reporterin<br />
Zeitungsjournalist<br />
Lektor<br />
Fotografin<br />
Kameramann<br />
Ort<br />
Wanners Wohnzimmer<br />
Zeit<br />
Heute<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 2 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Führerin<br />
Junger Mann<br />
Führerin<br />
Prolog<br />
Ein bie<strong>de</strong>res Wohnzimmer. Hinten links ein Sofa,<br />
dahinter eine Pendule, davor ein ovales Holztischchen.<br />
In <strong>de</strong>r Mitte ein Fenster mit geblümten<br />
Gardinen und Blumenkistchen auf <strong>de</strong>m Sims. Hinten<br />
rechts eine Wohnwand samt Fernseher, kitschigen<br />
Figürchen und Rea<strong>de</strong>r’s Digest-Bän<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Ecke<br />
ein Gummibaum. Zwischen Sofa und Wohnwand<br />
eine Stehlampe. Auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n ein älterer<br />
Spannteppich.<br />
Rechts vorne - nicht im Einklang mit <strong>de</strong>r übrigen<br />
Einrichtung - ein Personal Computer auf einem<br />
Tischchen. Auf <strong>de</strong>m PC-Monitor oben einige<br />
Wörterbücher, davor ein Bürostuhl. An <strong>de</strong>r rechten<br />
Wand ein Porträtfoto von <strong>Isidor</strong> Wanner und seiner<br />
Frau.<br />
Links eine Tür hinaus in <strong>de</strong>n Gang.<br />
Durch diese Tür treten nun fünf Personen ein, drei<br />
Frauen und zwei Männer. Angeführt wird die Gruppe<br />
von einer älteren, streng blicken<strong>de</strong>n Frau.<br />
Und das, mini Dame und Härre, isch d Stube. Uf däm<br />
Sofa hät <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner je<strong>de</strong> Aabig <strong>de</strong> Lokalaazeiger<br />
studiert. Mit gespielter Beschei<strong>de</strong>nheit. Am liebschte<br />
übrigens d Kultursiite, won ich betroie.<br />
Die übrigen, mit Ausnahme einer jungen, unkonventionell<br />
geklei<strong>de</strong>ten Frau am Schluss <strong>de</strong>r Gruppe,<br />
nicken be<strong>de</strong>utungsschwer. Ein junger Mann mit<br />
Brille macht sich eifrig Notizen.<br />
Wüssed Sie grad au no, wonär amigs gsässe isch?<br />
Een<strong>de</strong>r linggs o<strong>de</strong>r een<strong>de</strong>r rächts?<br />
Wämmer <strong>de</strong> Sofabezuug gnau aalueget, gseet mer, dass<br />
<strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner mäischtens uf <strong>de</strong> lingge Siite gsässe<br />
isch.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 3 -
Junger Mann<br />
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
Junger Mann<br />
Führerin<br />
Führerin<br />
Junger Mann<br />
Älterer Herr<br />
Führerin<br />
notiert. Linggs. Natürli.<br />
Eine attraktive Frau streicht - zum Missfallen <strong>de</strong>r<br />
Führerin – <strong>über</strong> die betreffen<strong>de</strong> Stelle.<br />
betont ergriffen. Jesses Gott. Das isch alles so<br />
autentisch.<br />
versucht <strong>de</strong>r schönen Frau zu imponieren. Ganz miini<br />
Mäinig. D Luft da ine vibriert gera<strong>de</strong>zue vor<br />
literarischer Bedüütig.<br />
hat nicht zugehört. Puah! Da ine miifts ja grausam.<br />
Als hetti mer scho ewig nüme glüftet.<br />
Sieht sich auf eigene Faust um, während die übrigen<br />
missbilligend <strong>de</strong>n Kopf schütteln.<br />
weist feierlich auf <strong>de</strong>n PC. Und da äne hät <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong><br />
Wanner sis schriftstellerischi Œuvre erschaffe.<br />
zwischen Faszination und Enttäuschung. Uf däm<br />
chliine Tischli?<br />
S Groossi wachst hüüfig ufem Chliine. De Sartre hät<br />
zum Bispiel nume im Bistro gschribe. Uf Papiersärwiette.<br />
Die schöne Frau zeigt sich beeindruckt, während die<br />
Führerin Belehrungen an<strong>de</strong>rer nicht schätzt.<br />
Mer töörff doch fotografiere, o<strong>de</strong>r?<br />
Nume ooni Blitzliecht.<br />
Der jüngere Mann zückt seine Kamera. Da sich <strong>de</strong>r<br />
ältere Mann <strong>de</strong>m PC nähert.<br />
Nöd aalange, bitte! Au das Zimmer hät mer gnau so<br />
erhalte, wies a säbem tragische Aabig muess uusgsee<br />
haa.<br />
Am 3. April!<br />
Der schönen Frau entfährt ein kleiner Schrei.<br />
En Truurtag.<br />
zeigt effektvoll auf <strong>de</strong>n Teppich. Wämmer gnau lueget,<br />
gseet mer immer no <strong>de</strong> äint o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>r Bluetfläck.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 4 -
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Junger Mann<br />
Führerin<br />
Älterer Herr<br />
Führerin<br />
Junger Mann<br />
Führerin<br />
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Jesses Gott! Das isch alles so furchtbar. Weicht einen<br />
Schritt zurück. Der ältere Herr möchte sie am<br />
liebsten beschützend in die Arme nehmen.<br />
Ganz miini Mäinig.<br />
versucht am an<strong>de</strong>ren En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zimmers <strong>de</strong>n Spannteppich<br />
etwas anzuheben. Dä wüeschti Spannteppich<br />
mit däne gruusige Fläcke tüürffti mer sicher useriisse,<br />
o<strong>de</strong>r? Da drun<strong>de</strong>r häts doch garantiert en<br />
wun<strong>de</strong>rschöne Parggettbo<strong>de</strong>.<br />
entsetzt. Useriisse?! Am <strong>Isidor</strong> Wanner sin Teppich?!<br />
Hin<strong>de</strong>rt die junge Frau an ihrem Vorhaben.<br />
Jesses Gott! Das isch ja so pietäätloos.<br />
Ich würd sogar säge blasfeemisch!<br />
nach<strong>de</strong>nklich. Aber waarschiinli müsst mer <strong>de</strong><br />
Parggett no rächt abschliiffe.<br />
Also ich muess Si doch seer bitte!<br />
immer noch fotografierend. Tschuldigung. Wäiss mer<br />
äigetli, wänn <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner amigs gschribe hät?<br />
Also, luut noischte Un<strong>de</strong>rsuechige, wonich eerevollerwiis<br />
ebefalls dra betäiliget gsi bin, hät <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong><br />
Wanner je<strong>de</strong> Abig vom halbi nüüni bis am Punkt elfi<br />
gschribe. Mit ere churze Pause am viertel vor zäni.<br />
Vo sonere Disziplin sötti sich mäng junge Kärli e<br />
ghöörigi Schiibe abschnii<strong>de</strong>.<br />
Hetti <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner ggaant, wie wenig Ziit är no<br />
hätt, dänn hett är gwüss bis am halbi zwölfi gschaffet.<br />
Wo hät mer en dänn – gfun<strong>de</strong>?<br />
mit routinierter Ergriffenheit. Sin Chopf isch gnau<br />
daa glägge, i däre Bluetlache.<br />
Jesses Gott! Weicht in die offenen Arme <strong>de</strong>s älteren<br />
Herrn zurück. Das isch alles so traagisch!<br />
tätschelt <strong>de</strong>r schönen Frau besänftigend die Schulter.<br />
En schlimme Verluscht!<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 5 -
Junge Frau<br />
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
Führerin<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Junge Frau<br />
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
kommt wie<strong>de</strong>r hinzu. Sorry. Töörff mer da ine äigetli<br />
Chatze haa? Im Inseraat isch nüüt vo Huustier gstan<strong>de</strong>.<br />
Chatze?!<br />
Inseraat?!<br />
Vo waas i aller Wält re<strong>de</strong>t Si <strong>über</strong>haupt?<br />
Jä, vom Inserat i <strong>de</strong> Ziitig... Ob <strong>de</strong>r entrüsteten Blicke<br />
unsicher. Das isch doch di frei Mietwonig a <strong>de</strong><br />
Gloggegass 4, o<strong>de</strong>r?<br />
spitz. Beduure. Das isch s <strong>Isidor</strong> Wanner-Museum a <strong>de</strong><br />
Gloggegass 6.<br />
Du häilige Strohsack. Da hani schiints <strong>de</strong> falsch Iigang<br />
verwütscht.<br />
Ganz offebaar.<br />
Das gits ja nöd. Tja, dänn gan ich gschii<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r.<br />
Ich glaub, das isch würkli s Gschiidscht.<br />
will ab, zögert. Was für es Museum, händ Si gsäit, isch<br />
das?<br />
mit Nachdruck. S <strong>Isidor</strong> Wanner-Museum!<br />
Aha. Und was isch das für äine gsii?<br />
Alle starren sie entsetzt und ungläubig an, auch <strong>de</strong>r<br />
junge Mann, <strong>de</strong>r mit Fotografieren und Notieren<br />
beschäftigt war. Schliesslich.<br />
Das gits doch gar nöd.<br />
Wännd Si, jungi Frau, im Ärnscht bhaupte, Si hebet no<br />
nie öppis vom <strong>Isidor</strong> Wanner ghöört?<br />
Nä-äh. Das häisst: Min Oberstuufeleerer hät Wanner<br />
ghäisse. Aber sowiit ich mich mag erinnere, isch sin<br />
Voorname Willy gsi. Nach<strong>de</strong>nklich. O<strong>de</strong>r Walter?!<br />
Je<strong>de</strong>falls hämmer ihm nume <strong>de</strong> „Spanner-Wanner“<br />
gsäit, will är ois Mäitli bim Turnunterricht immer uf<br />
d...<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Führerin De <strong>Isidor</strong> Wanner isch zuefelligerwiis <strong>de</strong><br />
bedüütendschti Schwiizer Schriftsteller vo <strong>de</strong> letschte<br />
füfzg Jahr.<br />
- 6 -
Junger Mann<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Schöne Frau<br />
Junger Mann<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Schöne Frau<br />
Junger Mann<br />
Älterer Herr<br />
Führerin<br />
Junger Mann<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Junger Mann<br />
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
strebsam. Wahrschiinli sogar vo <strong>de</strong> letschte foifesibezg<br />
Jaar.<br />
bemüht, <strong>de</strong>n Jüngeren zu <strong>über</strong>trumpfen. O<strong>de</strong>r vo <strong>de</strong><br />
letschte hun<strong>de</strong>rt Jaar.<br />
Eerewort? Ich ha immer gmäint, das seged <strong>de</strong> Frisch<br />
und <strong>de</strong> Dürrematt gsi.<br />
So wichtig di bäi<strong>de</strong> zwiifellos au gsi sind, iri Wärch<br />
verblassed vor <strong>de</strong> unerhörte Schaffens-Chraft vomene<br />
<strong>Isidor</strong> Wanner.<br />
Vor sinere animalische Fabuliirluscht.<br />
Vor sinere bestächen<strong>de</strong> Erzäältechnik.<br />
wie oben. Und vor sinere filosoofische Stringänz.<br />
Tatsächli? Ich sött mer glaub mal öppis vo ihm<br />
uusleene. Suscht liis i ja vor allem Krimis. Und<br />
Gaston-Comics. Will ab, zögert. A was isch dä Tüp<br />
<strong>über</strong>haupt gstorbe?<br />
mit Nachdruck. De <strong>Isidor</strong> Wanner isch ermor<strong>de</strong>t<br />
wor<strong>de</strong>.<br />
Läck mir, Eerewort? Erschauernd Und ich ha da wele<br />
iizieh... Mit neu erwachtem Interesse. Und hät mer <strong>de</strong><br />
Tääter verwütscht?<br />
Wenigschtens das, ja.<br />
En gäischtesgstöörte Fanatiker.<br />
En fäige Moichelmör<strong>de</strong>r.<br />
En impotänte Milchbart.<br />
Zwiifelloos. Aber vergässed mer nöd De <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
isch nöd zletscht au a sinere Ziit zerbroche.<br />
Är isch sinere Ziit um Jaare voruus gsi.<br />
Um Jaarzäänt!<br />
Und wänn isch das alles passiert?<br />
wie an einem Examen. Am 3. April vor zwäi Jaar,<br />
zimli gnau am zabig am zäni.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 7 -
Älterer Herr<br />
Schöne Frau<br />
ebenso. Drüehalb Mönet nach em Erschiinie vo sim<br />
sensationelle Erschtling.<br />
entnimmt ihrer Handtasche ein Buch. „Der Wirbelmacher“.<br />
Junger Mann und Älterer Herr ziehen ebenfalls je ein Buch hervor.<br />
„Der Wirbelmacher.“<br />
Führerin Richtig. Doch gnau gnoo hät s Unglück scho es paar<br />
Tääg vorane sin Lauf gnoo.<br />
Junger Mann Ändi März also. Notiert.<br />
Führerin nickt. Zerscht hät no nüüt druff hii düütet, wie tragisch<br />
sich d Eräigniss wür<strong>de</strong>d entwickle. Ganz im Gägetäil<br />
De <strong>Isidor</strong> Wanner isch uf em Zenit vo sinere junge<br />
Karriäre gstan<strong>de</strong>. Sis erschti Buech...<br />
Schöne Frau, Junger Mann und Älterer Herr ihr Exemplar<br />
präsentierend. „Der Wirbelmacher“.<br />
Führerin <strong>über</strong> die Unterbrechung genervt. Ähm, genau. „Der<br />
Wirbelmacher“ also hät mit emene Erfolg<br />
iigschlage, wo nume di wenigschte - Deutet mit einer<br />
Geste an, dass sie zu diesen wenigen gehörte. -<br />
erwartet hettet. Und drum händ all es Interwiu o<strong>de</strong>r e<br />
Reportaasch wele mache. D Ziitige, d Radiostatioone,<br />
Färnseesän<strong>de</strong>r usem In- und Ussland, äifach all. Au a<br />
säbem Taag isch das nöd an<strong>de</strong>rsch gsi. Aber ich wäiss,<br />
Si wüssed das alles scho. Kokett. Ich möcht Si uf käin<br />
Fall langwiile.<br />
Junger Mann Aber doch nöd im gringschte.<br />
Schöne Frau Über <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner chammer gar nöd gnueg säge.<br />
Älterer Herr mit Blick auf die junge Frau. Usserdäm würd es bitz<br />
Nachhilf i Sache Literatuur gwüsse Lüüt da ine sicher<br />
nöd scha<strong>de</strong>.<br />
Junge Frau arglos. Mir gaats gliich wie ihm. Es näämt mi<br />
schampaar wun<strong>de</strong>r, warum dä Wänner abgmurkst<br />
wor<strong>de</strong> isch.<br />
Führerin Also guet, wänn Si all so druff bestöönd. Wie gsäit: A<br />
säbem Taag häts i däre Wonig nume so gwimmlet vor<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 8 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Lüüt, Färnseemitarbäiter und Verleger, Ziitigsschurnalischte<br />
und Lektoore, Radioreporter und Fotografe...<br />
Ihre Stimme wird leiser und die Gruppe zieht sich<br />
von <strong>de</strong>r Bühne zurück, möglichst nicht durch die<br />
Türe, während die besagten Personen das Wohnzimmer<br />
betreten.<br />
Kein Vorhang<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 9 -
1. Akt<br />
Gleiches Bühnenbild. Bereits gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Prologs<br />
hat ein Kameramann damit begonnen, seine Geräte<br />
ins Wohnzimmer zu schleppen. Er richtet die Kamera<br />
sowie einen Scheinwerfer auf das Sofa. Eine sehr<br />
gepflegte Fernsehjournalistin <strong>über</strong>prüft ihre Notizen<br />
und <strong>de</strong>n Sitz ihres Deux-Pièce.<br />
Ein Zeitungsjournalist und eine Fotografin treten<br />
ebenfalls ins Wohnzimmer. Der Journalist, ein<br />
nachlässig geklei<strong>de</strong>ter Kettenraucher, stösst mit <strong>de</strong>m<br />
Knie an <strong>de</strong>n Scheinwerfer, <strong>de</strong>r gleich bei <strong>de</strong>r Türe<br />
steht.<br />
Journalist Autsch! Stärnebütschgi nomaal, müend ihr<br />
Färnseehäinis oii Schiisskameras uusgrächnet bim<br />
Iigang häre stelle.<br />
Reporterin Erschtens isch das ekai Schiisskamera, son<strong>de</strong>rn en<br />
Schiissschiiwärfer. Und zwäitens lömmer ois vomene<br />
Värslibrünzler vo <strong>de</strong> „Goldposcht“ gwüss nöd vorschriibe,<br />
wie mir sölled schaffe.<br />
Journalist Im Gägesatz zu oi verschlüü<strong>de</strong>ret mir wenigschtens<br />
ekäi Stüürgäl<strong>de</strong>r, Spätzli.<br />
Reporterin zum Kameramann, <strong>de</strong>n Journalisten meinend.<br />
Unbil<strong>de</strong>te Hornochs!<br />
Journalist zur Fotografin, die Reporterin meinend. Iibil<strong>de</strong>ti<br />
Chleechue!<br />
Sie richten sich weiter ein.<br />
Reporterin mit Blick auf die Uhr. Wänn’s nöd bald chömed,<br />
wird’s öppe knapp fürs Aabigschurnaal.<br />
Kameramann nickt zum „Goldpost“-Team hin. Die bäi<strong>de</strong> sind erscht<br />
no vor ois draa.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 10 -
Reporterin<br />
Journalist<br />
Reporterin<br />
Journalist<br />
Reporterin<br />
Verleger<br />
Wanner<br />
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Ich wäiss, ich wäiss. Betrachtet sich zufrie<strong>de</strong>n in<br />
einem Handspiegel und zupft an ihrem Haar herum.<br />
A däne lampige Fä<strong>de</strong> chasch no lang umezüpfle,<br />
Spätzli, das git nie e Frisuur.<br />
ihn abschätzig musternd. Was Sii nöd säged. Und was<br />
verstönd uusgrächnet Sii vo Frisuure?<br />
Ich bi näbedbii au no für oisi „Beauty“-Siite<br />
zueständig.<br />
sarkastisch. D „Beauty“-Siite vo <strong>de</strong> „Goldposcht“?<br />
Jetz bin i aber schüüli beiidruckt.<br />
Dennoch betrachtet sie sich nun mit neuer Skepsis im<br />
Spiegel und zieht schliesslich verstohlen einen Kamm<br />
hervor. <strong>Isidor</strong> Wanner und sein Verleger treten ein,<br />
gefolgt vom Lektor. Wanner ist En<strong>de</strong> Vierzig und von<br />
ungeschlachtem Äussern. Er spricht nur wenig und<br />
dies erst noch zögernd und unsicher. Der Verleger,<br />
Anfang Vierzig, ist selbstgefällig, dynamisch und<br />
momentan hoch zufrie<strong>de</strong>n. Der Lektor wie<strong>de</strong>rum<br />
wirkt dürr und verkniffen.<br />
in sein Funktelefon. Was säisch du da? Di ganz viert<br />
Uuflaag isch scho wäg?! Säg das bitte nomaal, s hät so<br />
waansinnig schöön töönt. Lauscht entzückt. No<br />
eimaal! Lauscht nochmals. Das isch ja groossartig.<br />
100'000 Exemplaar i nume drüüehalb Mönet. Di an<strong>de</strong>re<br />
Verlääg wär<strong>de</strong>d sich vor Niid is Füdli biisse. Und mir<br />
sind fürs erschti putzt und gsträälet. Gisch allne<br />
Redaktioone Bschäid, dass mir beräit sind für<br />
Interwius. Und mit allne mäin ich allne, klar? Steckt<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
das Telefon weg und klopft Wanner auf die Schulter.<br />
Ha, däm säg ich doch e gueti Nachricht, gälled Si,<br />
Wanner? Und als nöchscht stürmed mer grad no <strong>de</strong><br />
Zwäihun<strong>de</strong>rttuusiger. „Der Wirbelmacher“ gaat als dää<br />
Superbeschtseller i d Gschicht vo <strong>de</strong> düütschspraachige<br />
Literatuur ii. Da verschlaat’s Ine grad d Spraach, gälled<br />
Si, Wanner?<br />
Ich äh...<br />
- 11 -
Verleger<br />
Lektor<br />
Verleger<br />
Reporterin<br />
Wanner<br />
Journalist<br />
zu <strong>de</strong>n Journalisten. Tja, Kwalitäät setzt sich<br />
schlussäntli ebe doch dure. Voruusgsetzt es staat au no<br />
es professionells Mänädschmänt hinedraa.<br />
Und e gwüssehafts Lektoraat.<br />
Natüürli.<br />
die Haare neu frisiert. Mir gratuliiret, Härr Wanner.<br />
Wie füült sich en Automechaniker als noie Stärn am<br />
Schwiizer Literatuurhimmel?<br />
eher leise. Karosseriispängler. Nöd Automechaniker.<br />
Halt, so nöd! Zersch sind mir draa.<br />
Verleger beschwichtigend. Naja, offebaar pressierts <strong>de</strong><br />
Färnseelüüt.<br />
Journalist<br />
Verleger<br />
Lektor<br />
Verleger<br />
Verleger<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Journalist<br />
Mir schiissegliich. Mir bringed <strong>de</strong> Wanner ufem<br />
Titelblatt. Und uf vier Siite grad nach em Horoskoop.<br />
Grad nach em Horoskoop? Legged Si loos. Zum<br />
Fernsehteam. Sie chönnd sich un<strong>de</strong>r<strong>de</strong>sse mit em Härr<br />
Döbeli, oisem Lektor, unterhalte...<br />
Schefflektor.<br />
Natüürli. Är wird Ine gärn verzelle, wie mir <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong><br />
Wanner ent<strong>de</strong>ckt und uufbout, ich mäin gföör<strong>de</strong>ret<br />
händ. Und da no oisi Dokumentationsmappe mit<br />
Biografii, Prässestimme us ganz Europa und oisem<br />
reschtliche Verlaagsprogramm. Reicht <strong>de</strong>r Reporterin<br />
die Mappe; Lektor und Fernsehcrew gehen nach<br />
rechts. Verleger wählt auf seinem Funktelefon eine<br />
Nummer. Während er auf Anschluss wartet, zu<br />
Wanner.<br />
Erwääned Si möglichscht hüüfig <strong>de</strong> Titel vom Buech,<br />
Wanner. Und <strong>de</strong> Verlaag. Und natüürli <strong>de</strong> Priis: Nume<br />
29 Franke 90.<br />
begriffsstutzig. 29 Franke 90? Aber warum?<br />
klopft ihm auf die Schulter. Ganz <strong>de</strong> wältfrämdi<br />
Künschtler, gälled Si? Gönd Si scho.<br />
auf das Sofa zeigend. Da <strong>über</strong>e bitte, Härr Wanner.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 12 -
Verleger<br />
Journalist<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Journalist<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Fotografin<br />
Verleger<br />
Journalist<br />
Fotografin<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
ins Funktelefon. Ich bis. Säg <strong>de</strong> Druckerei, mir<br />
erhööched di foift Uuflaag um 10'000. D „Goldposcht“<br />
knallt <strong>de</strong> Wanner uf ires Titelblatt; das häisst, jedi<br />
Huusfrau, wo bim nöchschte Kafichränzli nöd stumm<br />
wienen Fisch will dahöckle, sprintet am<br />
Dunschtigmorge Richtig Buechhandlig. Uusgezäichnet.<br />
Steckt das Telefon weg.<br />
Also, di äigetlichi Homestory hämmer ja scho gha. Das<br />
mal wämmer oise Läserinne zäige, wie beschäi<strong>de</strong> und<br />
natüürli Si trotz Irem Erfolg blibe sind. Ich nimme aa,<br />
Si händ je<strong>de</strong> Taag Fäänposcht?<br />
Was für Poscht?<br />
Natüürli hät är Fäänposcht. Weist auf einen Korb voll<br />
Briefe. Das isch nume scho die Wuche choo.<br />
pfeift beeindruckt Potztuusig.<br />
verblüfft. Die sind all a miich? Will einen Brief<br />
rausnehmen.<br />
klopft ihm auf die Finger. De Härr Wanner<br />
beantwortet je<strong>de</strong> Brief persöönlich. Vo oisem<br />
Sekretariat effiziänt un<strong>de</strong>rstützt.<br />
Härr Wanner, nämed Si <strong>de</strong> Chorb doch bitte uf d<br />
Chnüü. Genau soo. Knipst mehrfach. Und jetz vilicht<br />
no mit Irem Verleger.<br />
Wänn Si würkli druff bestönd. Schiebt sich fürs Foto<br />
in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund.<br />
tippt einen Text in seinen Laptop. „Eine gemütliche<br />
Stube in einer heimeligen Altbauwohnung. Niemand<br />
wür<strong>de</strong> vermuten, dass hier einer <strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n<br />
Schweizer Schriftsteller lebt...“<br />
Fürs Titelblatt, Härr Wanner, sötted mer no es Bild haa<br />
vo Ine mit Irere Frau.<br />
Mit... mit minere Frau. Blickt hilfesuchend zum<br />
Verleger.<br />
Mit sinere Frau?<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
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Fotografin<br />
Journalist<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Wanner<br />
Fotografin<br />
Wanner<br />
Journalist<br />
Wanner<br />
Journalist<br />
Journalist<br />
Fotografin<br />
Verleger<br />
nickt Richtung Bild, das <strong>über</strong> <strong>de</strong>m PC hängt. Wie<br />
scho letscht Mal. Es glücklichs Paar ufem Cover ziet<br />
immer.<br />
Drum hämmer au so wenigi Titelgschichte mit em<br />
Papscht.<br />
Also mini Frau isch...<br />
I <strong>de</strong> Färie. Bi irere Schwöschter. Gälled Si, Wanner?<br />
erstaunt. I <strong>de</strong> Färie? Begreift, nach<strong>de</strong>m ihm <strong>de</strong>r<br />
Verleger gegen das Bein getreten hat, doch noch. Au!<br />
Äh ja, genau. I <strong>de</strong> Färie. Si isch i <strong>de</strong> Färie.<br />
Das isch aber würkli jammerschaad. Händ Si<br />
wenigschtens es Huustier? Öppis Schnüsigs mit Pelz?<br />
Mit Pelz? Näi, ich äh...<br />
Arbäited Si äigetli scho amene noie Pelz, ich mäin<br />
amene noie Stoff, Härr Wanner?<br />
Also ich...<br />
Mir händ mit em <strong>Isidor</strong> Wanner en Vorvertraag für<br />
drüü wiiteri Büecher abgschlosse. S nöchschti Buech<br />
wird scho Mitti Dezämber erschiine. Übers s nöchschti<br />
Wienachtsgschänk muess sich also niemert <strong>de</strong> Chopf<br />
zerbräche, hehe. Si töörffed das ruig so verwän<strong>de</strong>.<br />
Danke.<br />
Der Journalist tippt. Der Kameramann hört sich<br />
<strong>de</strong>sinteressiert die engagierten Ausführungen <strong>de</strong>s<br />
Lektors, <strong>de</strong>r immer wie<strong>de</strong>r auf sich zeigt, an, während<br />
die Reporterin wie<strong>de</strong>r mit ihrer Frisur beschäftigt ist.<br />
Zum Schluss no e Serii bi <strong>de</strong> Woonwand, Härr<br />
Wanner.<br />
Wanner posiert mit einem „Wirbelmacher“-<br />
Exemplar vor <strong>de</strong>r Wohnwand. Das Funktelefon <strong>de</strong>s<br />
Verlegers piepst.<br />
Ja? - Ah, buenas dias. Sì... sì..., momentos. Zum<br />
Lektor. Döbeli! De spanisch Übersetzer möcht wüsse,<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
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Lektor<br />
Verleger<br />
Reporterin<br />
Wanner<br />
Reporterin<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Lektor<br />
Verleger<br />
Reporterin<br />
Wanner<br />
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
öb mer „Wirbelmacher“ mit „<strong>de</strong> wirbelndi Macher“<br />
o<strong>de</strong>r „<strong>de</strong> wirbligi Macher“ muen <strong>über</strong>setze.<br />
entrüstet. Aber bäi<strong>de</strong>s isch doch komplett falsch;<br />
wämmer <strong>de</strong> Gsamtkontext aalueget, dänn gseet mer<br />
doch äidüütig, dass...<br />
Verzelled Si das nöd mir, son<strong>de</strong>rn em Übersetzer.<br />
Lektor mit Telefon ab. Verleger zum Fernsehteam.<br />
So, ich glaub, Iri Kolleege vo <strong>de</strong> Präss sind grad färtig.<br />
Kamm und Spiegel wegsteckend. Das sind nöd oisi<br />
Kolleege. Sie begibt sich zum Sofa, wo Wanner<br />
wie<strong>de</strong>r Platz genommen hat. Die Fotografin knipst<br />
Wanners PC. Also, Härr Wanner De berüchtigti<br />
Literatuurkritiker Luzius Muggli-Hofstetter schriibt<br />
<strong>über</strong> Sii: „Unsere selbsternannte Schriftsteller-<br />
Intelligenzia mit ihrer blutleeren Buchhalterprosa wird<br />
ausgerechnet von <strong>de</strong>n subtilen Gefühlsdiagrammen<br />
eines Automechanikers in <strong>de</strong>n Schatten gestellt.“<br />
Karosseriispängler, nöd Automechaniker.<br />
Was mäined Si? Händ Si als Automechaniker en Art<br />
Büezerbonus?<br />
unsicher. En Bonus? Also, ich han immer ganz en<br />
normale Monetsloon gha. Ooni Drizääte. Das häisst,<br />
bis ich entlaa wor<strong>de</strong> bin. Wäg mim Rugge, wüssed Si.<br />
Em <strong>Isidor</strong> Wanner sin Erfolg begrün<strong>de</strong>t sich äinzig und<br />
eläi uf harter Arbet und emene professionelle<br />
Mänädschmänt.<br />
<strong>de</strong>n Kopf ins Zimmer steckend. Und emene gwüssehafte<br />
Lektorat.<br />
Verschwin<strong>de</strong>d Si, Döbeli. Im übrige will sich <strong>de</strong> Härr<br />
Wanner vo jetz aa uusschlüüsslich <strong>de</strong> Schriftstellerei<br />
widme.<br />
Si sind Automechaniker, Härr Wanner,...<br />
Karrosseriispängler.<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
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Reporterin ...schriibed aber <strong>über</strong> di erschüttern<strong>de</strong> Erfaarige<br />
vomene ehemalige Primarschuelleerer inere<br />
psüchiatrische Klinik. Wie isch s Ine glunge, sich<br />
<strong>de</strong>rmässe huutnööch und wortgwaltig i die spezielli<br />
Situation iezfüüle?<br />
Wanner Tja, also ich...<br />
Von draussen wer<strong>de</strong>n Rufe hörbar wie „Wo isch er?<br />
Ich muess zu ihm!“<br />
Reporterin Kamera stopp! Was i aller Wält isch da usse los?<br />
In <strong>de</strong>r Türe steht Felix Hungerbühler, ein hagerer<br />
Mann En<strong>de</strong> Dreissig mit dicken Brillengläsern und<br />
einer abgewetzten Aktentasche. Seine dünne Stimme<br />
<strong>über</strong>schlägt sich wie<strong>de</strong>rholt. Der Lektor zerrt an<br />
seinem Ärmel.<br />
Hungerbühler Wo isch är?! Wo isch dä elendi Halungg?! Stösst beim<br />
Eintreten mit <strong>de</strong>m Knie gegen Scheinwerfer. Aua!<br />
Kameramann Säged Si maal, chönnd Si äigetli nöd uufpasse.<br />
Hungerbühler sich das Knie reibend. Si müend villmals entschuldige.<br />
Lektor Ich han em gsäit, är töörffi da nöd ine.<br />
Verleger zu Hungerbühler. Was zum Tunnerhagel fallt Ine ii,<br />
äifach so da iezplatze?<br />
Hungerbühler Also, ich...<br />
Lektor Ich ha däm Übersetzer grad wele erchlääre, warum s<br />
we<strong>de</strong>r „De wirbligi Macher“ no „<strong>de</strong> wirbelndi Macher“<br />
cha häisse, wänn im Gsamtkontext alles druff hiiwiist,<br />
dass...<br />
Verleger Hebed Si d Schnörre, Döbeli. Zu Hungerbühler. Und?<br />
Hungerbühler ob <strong>de</strong>r vielen Blicke verwirrt. Ich... ich ha nöd mit so<br />
villne Lüüt grächnet.<br />
Verleger Dänn sorged Si jetz rasch <strong>de</strong>füür, dass es wie<strong>de</strong>r äine<br />
weniger wird. Für Autogrammcharte o<strong>de</strong>r <strong>Isidor</strong><br />
Wanner-T-Shirts wän<strong>de</strong>d Si sich gfelligscht a oises<br />
Sekretariaat. Be<strong>de</strong>utet <strong>de</strong>m Lektor, Hungerbühler<br />
hinaus zu begleiten.<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
- 16 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Hungerbühler wen<strong>de</strong>t sich humpelnd zum Gehen. Jä so. Dänn gang<br />
i... Aber Momänt emaal! Ich wott ja gar ekais T-Shirt.<br />
Schüttelt <strong>de</strong>n Arm <strong>de</strong>s Lektors ab, wobei er mit <strong>de</strong>r<br />
Hand gegen <strong>de</strong>n Scheinwerfer stösst. Aua! Zum<br />
Kameramann. Si müend entschuldige.<br />
Verleger ungeduldig. Mir händ au <strong>Isidor</strong> Wanner-<br />
Baseballchäppli o<strong>de</strong>r Aschebächer, wänn s Ine lieber<br />
isch. Und jetz gönd Si äntlich.<br />
Hungerbühler eindringlich. Ich will doch nume Grächtigkäit. Zu<br />
allen. Nüüt wie Grächtigkäit.<br />
Journalist Fürs Bezirksgricht müend Si scho uf Züri gaa, guete<br />
Maa.<br />
Hungerbühler mit sich <strong>über</strong>schlagen<strong>de</strong>r Stimme. S Buech „Der<br />
Wirbelmacher“ isch nöd vom <strong>Isidor</strong> Wanner!<br />
Verblüfftes Schweigen. Wanner sitzt regungslos auf<br />
<strong>de</strong>m Sofa. Schliesslich.<br />
Reporterin ungläubig. Was händ Si da grad gsäit?<br />
Hungerbühler De <strong>Isidor</strong> Wanner hät s Buech „Der Wirbelmacher“<br />
nöd gschribe. Nöd äi Silbe.<br />
Journalist Soso? Und wär hät s dänn gschribe? De DJ Bobo?<br />
Allgemeines Schmunzeln.<br />
Hungerbühler Näi. Ich! Ich ha s gschribe!<br />
Kurzes Schweigen, anschliessend explodieren<strong>de</strong>s<br />
Gelächter.<br />
Was isch da draa so luschtig?<br />
Noch mehr Gelächter. Einzig <strong>Isidor</strong> Wanner rutscht<br />
unruhig auf <strong>de</strong>m Sofa hin und her, während Verleger<br />
und Lektor einen raschen Blick austauschen. Der<br />
Verleger nimmt Hungerbühler am Arm.<br />
Verleger Min liebe Härr...<br />
Hungerbühler Hungerbüeler, Felix Hungerbüeler. Früener Primarschulleerer<br />
z Züri-Altstette.<br />
Verleger Losed Si, Härr Hugetobler, als Verleger schetz ich<br />
fantasiivolli Mänsche <strong>über</strong> alles. Wie zum Biispiil mini<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 17 -
liebi Grossmueter. Was hät sie ois Gagle nöd di<br />
unglaublichschte Gschichte verzellt, und was simmir<br />
ire nöd stun<strong>de</strong>lang a <strong>de</strong> Lippe ghanget. Und wüssed Si,<br />
Härr Hugetobler, was ich miech, wänn di güetig alt<br />
Frau i däm Momänt zur Tüür ie zschlaarpe chiem?<br />
Hungerbühler blickt unwillkürlich zur Türe. Näi. Käi Aanig.<br />
Verleger Ich wüürd si hööchkant laa usespediire. Will ich im<br />
Momänt uf gar ekäin Fall möchti gstöört wär<strong>de</strong>. Han i<br />
mich äinigermaasse düütlich uusdruckt? Macht <strong>de</strong>m<br />
Lektor ein Zeichen, worauf dieser Hungerbühler<br />
ebenfalls am Arm packt.<br />
Hungerbühler erregt und hastig. Vor acht Mönet, am 16. Auguscht,<br />
bin i mit em Schnällzuug vo Winterthur uf Züri gfaare.<br />
Wäret <strong>de</strong> Faart muess mer e Dissggette us däre<br />
Aktetäsche da usegheit sii. Er hält die Tasche hoch<br />
und stopft ein Buch, das aus einer zerschlissenen<br />
Ecke ragt, in die Tasche zurück. Und uf säbere<br />
Dissggette isch s Manuskript vo miim allererschte<br />
Romaan druff gsi, praktisch scho färtig.<br />
Journalist zün<strong>de</strong>t sich eine Zigarette an. Oje, mir chömed bald d<br />
Trääne.<br />
Hungerbühler Ich wäiss scho, was Si jetz dänked Es banaals<br />
Missgschick. S isch aber e Katastrooffe gsi. Will nume<br />
zwäi Tääg vorhäär hät mer en bösartige Feschtplattewiiruss<br />
alli Computerdaate zerstöört. Und drum han i<br />
nume grad die äinti Sicherhäitskopii gha.<br />
Verleger En bööse, bööse Wiiruss. Lueg au aa.<br />
Hungerbühler Ich bi uf allne Fundbüroo go frööge, aber mini<br />
Dissggette isch niened gsi. Drum isch mir nume öppis<br />
übrig blibe De ganz Romaan us miim Gedächnis z<br />
reproduziire. Reisst sich vom Verleger und vom<br />
Lektor, die ihn beinahe draussen hatten, los, wobei er<br />
mit <strong>de</strong>m Kopf gegen <strong>de</strong>n Scheinwerfer stösst. Aua!<br />
Hält sich <strong>de</strong>n Kopf, zum Kameramann. Si müend<br />
entschuldige. S isch en irrsinnig uufwändigi Büez gsi,<br />
das töörffed Si mir glaube. Vorgeschter aber, wonich<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
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D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
ich zum zwäite Maal so guet wie färtig gsi bin, da han i<br />
inere Buechhandlig i äim vo dä Büecher umebletteret,<br />
wo uusgstellt gsi sind. Und da trifft mich doch fascht<br />
<strong>de</strong> Schlaag Das isch miin Romaan gsi. Satz für Satz.<br />
Wort für Wort. Nume <strong>de</strong> Titel hät mer gän<strong>de</strong>ret. Und<br />
natürli <strong>de</strong> Autor Mit Abscheu. <strong>Isidor</strong> Wanner. En<br />
himmeltruurige Dieb und Hoochstaapler. Erstmals<br />
zeigt Wanner eine Regung <strong>de</strong>r Empörung. Dä<br />
uverschäämti Betrüüger muess mini Dissggette<br />
doozmaal gfun<strong>de</strong> und mitgnoo haa. Und drum bin i jetz<br />
choo, zum min Romaan zruggverlange. Da uf <strong>de</strong> Stell!<br />
Schweigen. Alles blickt auf Wanner, <strong>de</strong>r weiterhin<br />
schweigt.<br />
Reporterin mit nachsichtiger Skepsis. Seer en ussergwöönlichi<br />
Gschicht, Härr Hungerbüeler, das muess i scho säge.<br />
Ich nimme aa, Si händ Ires Manuskript vorane scho<br />
verschidne Lüüt zäiget gha, wo jetz iri Bhauptige all<br />
chönnd belegge.<br />
Hungerbühler Ja. Das häisst näi. Ich... sit s mich us <strong>de</strong> psüchiatrische<br />
Klinik entlaa händ, läb i seer zrugg zoge.<br />
Die an<strong>de</strong>ren sehen sich vielsagend an.<br />
Journalist So so. Dänn hat also käin Mäntsch Ihres tolli<br />
Manuskript jemaals gsee. Was für es unglaublichs<br />
Päch.<br />
Hungerbühler Ja, aber Si müend mer glaube...<br />
Verleger Si müend miich entschuldige, miini Dame und Härre,<br />
aber ich ha bald e häiligi Wuet im Ranze. Chuum lan<strong>de</strong>t<br />
en bo<strong>de</strong>ständige Büezer dank emene professionelle<br />
Mänädschmänt...<br />
Lektor ... und emene gwüssehafte Lektoraat...<br />
Verleger ... Rue, Döbeli! Chuum lan<strong>de</strong>t dä also en Bestseller,<br />
chunnt au prompt so en studiirte Schlaubärger <strong>de</strong>häär<br />
und bhauptet ooni root zwär<strong>de</strong>, är hebi dänn das Buech<br />
gschribe. Waarschiinli hät das no müesse choo.<br />
Hungerbühler verzweifelt. Aber ich han das Buech würkli gschribe.<br />
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Journalist So, mir fäält jetz nume no d Schlagziile.<br />
Verleger etwas beruhigt. Härr Hugetobler, verraated Si mir doch<br />
bitte öppis. Wie vili Auto händ Si i Irem Läbe scho<br />
usenand gnoo?<br />
Hungerbühler Auto usenand gnoo? Iich?<br />
Verleger Gseets öppe so uus, als red i mit däm Schiiwärffer?<br />
Natüürli Sii.<br />
Hungerbühler Ich... no käis. Ich bi ja au käin Automechaniker.<br />
Wanner Karrosseriispängler.<br />
Verleger Aha. Si sind also ekäin Automechaniker. Aber wüssed<br />
Si was, <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner isch Automechaniker.<br />
Wanner Karosseriespängler.<br />
Verleger Bis vor wenige Mönet hät är je<strong>de</strong> Taag unzeligi Auto<br />
usenand gnoo und au wi<strong>de</strong>r zäme gsetzt. Bis sin Rugge<br />
irgetwänn nüme mitgmacht hät. Bis im sini langjäärig<br />
Firma vo äim Taag uf <strong>de</strong> an<strong>de</strong>r kündt hät. Ooni s<br />
chliinschti Dankeschöön.<br />
Hungerbühler kleinlaut. Das tuet mer würkli läid.<br />
Verleger Das muess Ine aber nöd läid tue, Härr Hugetobler. Will<br />
<strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner hät Glück gha. De <strong>Isidor</strong> Wanner hät<br />
nämli vom Härrgott es riisigs Talänt gschänkt<br />
<strong>über</strong>choo. Nach emene härte Arbetstaag hockt är nöd<br />
öppe stumpfsinnig vor <strong>de</strong> Glotzchischte. Wanner<br />
hustet schuldbewusst. O näi, <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner sitzt<br />
Aabig für Aabig a dä PC und schriibt amene Buech.<br />
Und wonär das Buech äntli färtig hät, fin<strong>de</strong>t är<br />
tatsächlich en gguraschiirte Verlegger...<br />
Lektor ... und en gwüssehafte Lektoor...<br />
Verleger Döbeli! Er fin<strong>de</strong>t also en sälbschtloose Verlegger, wo<br />
ihm zumene Sensatioonserfolg verhilft. Und jetz<br />
chömed Sii, Härr Hugetobler, und wännd sich mit<br />
främ<strong>de</strong> Fä<strong>de</strong>re schmücke.<br />
Hungerbühler Hungerbüeler. Felix Hungerbüeler.<br />
Verleger Schämed Si sich, Härr Hugetobler!<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
- 20 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Die übrigen Anwesen<strong>de</strong>n nicken. Die Medienleute<br />
beginnen das Interesse an Hungerbühler zu verlieren<br />
und sehen ungeduldig auf die Uhr. Die Reporterin<br />
än<strong>de</strong>rt nochmals ihre Frisur.<br />
Hungerbühler geht auf Wanner zu. Re<strong>de</strong>t Si äntli, Si Scharlataan!<br />
Gäänd Si äntli zue, dass Si mis Manuskript im<br />
Schnällzug uufgläse händ! Loos, gäänd Sis zue! Will<br />
Wanner an <strong>de</strong>n Schultern packen, doch hält ihn<br />
dieser mit Riesenpranken an <strong>de</strong>n Handgelenken fest.<br />
Der Verleger, <strong>de</strong>r Lektor und <strong>de</strong>r Kameramann eilen<br />
zu Hilfe.<br />
Verleger Immer mit <strong>de</strong> Rue, Härr Hugetobler.<br />
Journalist weiterhin auf seinem Laptop tippend. Dä händs es<br />
paar Jöörli zfrüe us <strong>de</strong> Spinnwin<strong>de</strong> uselaa.<br />
Hungerbühler Hilfe! Mini Handglänk! Mini Handglänk!<br />
Reporterin Lönd Si sofort <strong>de</strong> Härr Wanner loos. Mir wänd äntli<br />
oise Bricht träie.<br />
Hungerbühler Wo sind Si am Zischtig, 16. Auguscht, namittag am<br />
vieri gsii, Härr Wanner? Im Schnällzug Winterthur –<br />
Züri, gälled Si?! Ganz hine i <strong>de</strong> 2. Klass, gälled Si?<br />
Wanner mit leisem Triumph. Ich faar gar nie Zug. Ich ha ja es<br />
Auto.<br />
Verleger Da ghööred Sii’s, Si Psüchopaat. Är hät es Auto. Reisst<br />
Hungerbühler weg.<br />
Journalist Suscht wäär är öppe <strong>de</strong> erschti Automechaniker, wo<br />
mit em Zug würdi pändle.<br />
Allgemeines Gelächter.<br />
Hungerbühler ausser sich. Är lüügt! Glaubed Si’s mir doch au, är<br />
lüügt! Händ Si sich als kritischi Schuurnalischte dänn<br />
gar nie gfrööget...<br />
Reporterin Und Schuurnalischtinne, bitte.<br />
Hungerbühler Natüürli, tschuldigung. Händ Si sich nie gfrööget,<br />
warum en Automechaniker uusgrächnet es Buech <strong>über</strong><br />
en närvechranke ehemaalige Primaarschuelleerer<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 21 -
schriibt? Wie i Himmels Wille hetti är sich sölle i däm<br />
sini Gfüül und Gedanke ie versetze?<br />
Journalist De Erich von Däniken schriibt vo chliine grüene<br />
Männdli und hät au no ekäim s Händli gschüttlet.<br />
Hungerbühler Und <strong>de</strong> Stiil?! Schriibt so öppe en unbil<strong>de</strong>te<br />
Automechaniker?<br />
Wanner Karosseriespängler.<br />
Reporterin Ire aka<strong>de</strong>mischi Dünkel isch da absoluut fääl am Platz,<br />
Härr Hungerbüeler. Es git offebar tatsächli no<br />
Automechaniker, wo mit Goethe und Musil meh<br />
chönnd aafaa als mit emene blutte Buuse ufem Pirelli-<br />
Jaareskalän<strong>de</strong>r.<br />
Wanner hustet schuldbewusst.<br />
Verleger Usserdäm hät sich <strong>de</strong> Härr Wanner mit verschidne<br />
Wörterbüecher sälber wiiter bil<strong>de</strong>t. Weist auf die<br />
Wörterbücher auf <strong>de</strong>m PC. Autodidaktisch.<br />
Journalist Das isch mini Schlagziile <strong>Isidor</strong> Wanner, <strong>de</strong>r Auto –<br />
Strich – Didakt. Äifach geniaal. Tippt.<br />
Hungerbühler zu sich, verstört. Si wännds mer äifach nöd glaube.<br />
Niemert intressiirt sich für d <strong>Waret</strong>.<br />
Reporterin steckt ihren Kamm weg. Chömmer jetz äntli wiiter<br />
mache. Mir sind scho düütlich hinedrii.<br />
Verleger Bringed S en wäg, Döbeli.<br />
Der Lektor will <strong>de</strong>n ermatteten Hungerbühler hinaus<br />
führen, doch bricht dieser vorne links schluchzend<br />
zusammen.<br />
Kameramann Psst. Ton lauft.<br />
Hungerbühler Tschuldigung. Schluchzt leiser. Der Lektor reicht ihm<br />
ein Taschentuch. Das Fernsehteam dreht, während<br />
sich die Fotografin verabschie<strong>de</strong>t. Hungerbühler<br />
schneuzt sich geräuscharm. Vier Jaar. Vier langi Jaar<br />
han ich an <strong>de</strong> Ho<strong>de</strong> vo miim Cousin gschaffet.<br />
Lektor verständnislos. A <strong>de</strong> Ho<strong>de</strong> vo Irem Cousin?<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
- 22 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Hungerbühler „Die Ho<strong>de</strong>n meines Cousins“. De plaanti Titel vo mim<br />
Romaan. Und iir händ druus „Der Wirbelmacher“<br />
gmacht. Was für es grausaams, gfüülloses Verbräche.<br />
Lektor beleidigt. Was passt Ine dänn nöd a miim... ich mäin a<br />
däm Titel?<br />
Hungerbühler D Schlüsselszene vo mim Romaan isch ganz äidüütig<br />
die Stell, wo <strong>de</strong> Erzääler sin Cousin s erscht Mal ooni<br />
Chläi<strong>de</strong>r i <strong>de</strong> Härregar<strong>de</strong>robe gseet. Da erscht springed<br />
im gwüssi Unterschiid gna<strong>de</strong>loos is Aug.<br />
Lektor nickt herablassend. Penisniid, miinetwäge. Aber<br />
warum bruuched Si für di säb Szene nume grad e<br />
viertel Siite, wäret Sii uf 125 Siite <strong>über</strong> Ire<br />
Psüchiatriiuufenthalt... Ire Psüchiatriiuufenthalt... Die<br />
Be<strong>de</strong>utung seiner Worte beginnt ihm zu dämmern.<br />
Erschrocken und hilfesuchend sieht er sich nach <strong>de</strong>m<br />
Verleger um, <strong>de</strong>r tatsächlich Ungemach wittert und<br />
hinzu kommt. Flüsternd zum Verleger. Ich ha fascht s<br />
Gfüül, är...<br />
Verleger Härr Hugetobler. Jetz losed Si mir mal guet zue.<br />
Hungerbühler Min Name isch...<br />
Verleger Nämed mer doch mal räin teoreetisch aa, s Buech „Der<br />
Wirbelmacher“ segi tatsächli vo Ine. Ich betoone räin<br />
teoreetisch. Si wääred also usem Irrehüüsli entlaa<br />
wor<strong>de</strong>, hetted sich häreghocked und gschwind äis vo <strong>de</strong><br />
beschte Büecher vo <strong>de</strong> letschte füfzg Jaar gschribe.<br />
Und <strong>de</strong>naa hetted Sii s Manuskript uf faarläässigi Art<br />
und Wiis äifach verschlampt. Nämed mer e halbi<br />
Minuute lang aa, Iri abstrusi und lächerlichi Gschicht<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
seg nöd vo A bis Z erstunke und erloge. Chömed Si<br />
äinigermasse naa, Härr Hugetobler? Hungerbühler<br />
nickt. Guet. Sogar i somene Fall, wo schlicht und<br />
äifach unmöglich isch, müesst ich Ine <strong>de</strong> dringendi<br />
Raat gää, nüme lenger z insischtiire. Käin Uufwand<br />
und ekäi Müeh isch mer zvill gsi, zum <strong>de</strong> Medie di<br />
erstuunlichi Story vom schriiben<strong>de</strong> Automechaniker<br />
schmackhaft z mache. Es hät es Wiili duuret, bis si all<br />
- 23 -
aabisse händ, aber mittlerwiile chann sich s ekäi Ziitig,<br />
ekäis Radio und ekäin Färnseesän<strong>de</strong>r läischte, nöd <strong>über</strong><br />
das Fänomeen z brichte. Uusfüürlich z brichte,<br />
woolgmärkt. Und drum laan ich s uf käin Fall zue, dass<br />
irgetes <strong>de</strong>härglaufes Exemplaar us <strong>de</strong> Heerschaar vo<br />
schriiben<strong>de</strong> Schuel-leerer mis Wärch vernichtet. Händ<br />
Si mich verstan<strong>de</strong>, Härr Hugetobler?<br />
Hungerbühler sich aufrappelnd. Und wenn i vor Gricht gang?<br />
Verleger Ooni Bewiis? Versueched Sis nume. Min Aawalt<br />
nimmt Si wäg Verlüümdig därmaasse draa, dass Si sich<br />
<strong>de</strong>naa nöd emal en Bleistiftstummel meh chönnd<br />
läischte. Legt seinen Arm um Hungerbühlers<br />
Schulter. Aber ich bi ja käin Unmäntsch. Sötted Sii mit<br />
Irere blüen<strong>de</strong> Fantasii würkli mal es Buech schriibe,<br />
dänn schicked Sii s mir ruig zue. Ich wirff dänn en<br />
Blick drii.<br />
Hungerbühler Aber ich han es Buech gschribe „Die Ho<strong>de</strong>n meines<br />
Cousins“.<br />
Verleger Wäg däm müend Si no lang nöd uusfellig wär<strong>de</strong>. Guete<br />
Taag. Nickt <strong>de</strong>m Lektor zu. Döbeli.<br />
Lektor Chömed Si scho.<br />
Hungerbühler wirft einen letzten Blick auf Wanner,<br />
<strong>de</strong>r starr wegsieht, und lässt sich schliesslich<br />
resigniert vom Lektor hinausführen.<br />
Verleger Am beschte, mini Dame und Härre, vergässed mer dä<br />
Zwüschefall äifach. Offebar laat mer Gäischtes-<br />
Chranki wi<strong>de</strong>r mee in Uusgang.<br />
Reporterin E kurligi Gschicht. So absurd, mer chönnd si fascht<br />
wi<strong>de</strong>r glaube.<br />
Verleger forciert lachend. Ich muess Si doch bitte. Scho vom<br />
Shakespeare händ niidigi Lüüt bhauptet, är schriibi sini<br />
Stuck nöd sälber. Lachhaft.<br />
Journalist Trotzdäm gäbs villicht ganz e glungni Story „Irrer<br />
springt Erfolgsautor an die Gurgel!“ Anna, häsch vo<br />
däm Spinner es paar Bil<strong>de</strong>r gschosse? Sieht sich um.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 24 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Äh ja, si isch scho uf <strong>de</strong> Redaktioon. Was sölls,<br />
lömmers. Tippt weiter.<br />
Reporterin Härr Wanner, was säged Sii zu däne Aaschuldigunge<br />
vo vorig?<br />
Wanner Zu däne Aaschuldigunge? Also ich...äh...<br />
Verleger Erfolg ziet Profitööre halt aa wie s Liecht d Motte.<br />
Drum vertraut <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner ja au uusschlüsslich<br />
sine waare Fründ, han i rächt? Legt seinen Arm auf<br />
Wanners Schulter.<br />
Reporterin Seer schöön. Also, mached mer äntli wiiter.<br />
Kameramann Momänt. Am Härr Wanner sis Gsicht würkt es Spüürli<br />
bläicher als vorane.<br />
Verleger Fin<strong>de</strong>d Si? Käis Probleem, das hämmer grad.<br />
Entnimmt seiner Jackentasche eine Pu<strong>de</strong>rdose und<br />
bepu<strong>de</strong>rt Wanners Gesicht.<br />
Reporterin Beschtens. Also Härr Wanner, Si sind für vili dää<br />
Favorit für <strong>de</strong> disjäärig Friedrich Glauser-Priis und Si<br />
verträtted d Schwiiz au a <strong>de</strong> Frankfurter Buechmäss.<br />
Händ Si jemals damit grächnet, dass „Der<br />
Wirbelmacher“ därmasse würdi...<br />
Vorhang<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 25 -
2. Akt<br />
Wanner<br />
Gleiches Bühnenbild. Es herrscht beträchtliche<br />
Unordnung. Bierdosen, Pizzaschachteln, Zigarettenstummel<br />
und Zeitungsausschnitte liegen herum; <strong>de</strong>r<br />
Fernseher steht nicht mehr in <strong>de</strong>r Wohnwand,<br />
son<strong>de</strong>rn auf <strong>de</strong>m ovalen Tischchen; das Sofa schräg<br />
davor. <strong>Isidor</strong> Wanner sitzt am PC, auf <strong>de</strong>m Tisch eine<br />
Flasche Bier darunter einige mehr, und versucht zu<br />
schreiben. Allerdings hat er, da offenkundig angetrunken,<br />
bereits beträchtliche Mühe, auch nur die<br />
richtige Taste zu treffen.<br />
Schiiss-Taschtatuur! Für waas bruucht’s au je<strong>de</strong><br />
Buechstabe dopplet? Nimmt einen langen Schluck<br />
aus <strong>de</strong>r Flasche. Wie er sie hinsetzt, klirrt Fensterglas<br />
im Zimmer nebenan. Wanner glaubt, das Geräusch<br />
selber erzeugt zu haben, und sieht die Flasche<br />
verdutzt an. Da er nichts ent<strong>de</strong>cken kann, nimmt er<br />
sicherheitshalber einen weiteren Schluck. Wie er sie<br />
hinsetzt, klirrt es nebenan nochmals. Wie<strong>de</strong>r studiert<br />
Wanner die Flasche, nimmt einen Schluck und setzt<br />
sie vorsichtig hin. Da es diesmal nicht klirrt, will er<br />
beruhigt weitertippen, als es nochmals klirrt. Er stutzt<br />
und erhebt sich schliesslich, wegen Rückenschmerzen<br />
und Trunkenheit eher mühevoll Miin<br />
Rugge! Und miin Chopf! Nicht verängstigt. Holla! Äh,<br />
hallo! Wäär isch da? Keine Antwort. Wanner trinkt<br />
mit einem langen Schluck die Flasche leer und hält<br />
sie als Schlagwaffe, mit schwerer Zunge. Ich wäiss,<br />
da isch öppert. Si händ drüü Sekun<strong>de</strong> Ziit zum<br />
fürechoo Äis, zwäi... Rülpst unbeabsichtigt. Äxgüsi...<br />
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- 26 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
drüü! Erblickt im Flur jeman<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n wir noch nicht<br />
sehen. Lueg au aa. Sii sind’s also. Han i grad tänkt.<br />
Felix Hungerbühler tritt ein, in <strong>de</strong>r einen Hand die<br />
Aktentasche, in <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren einen mittelgrossen<br />
Stein.<br />
Hungerbühler Ganz rächt. Ich bi’s. De Felix Ängelbärt Hungerbühler.<br />
De Autor vo Irem unglaubliche, villbejubelte,<br />
epochaale und sensationelle Bestseller, Härr Wanner.<br />
Hat <strong>de</strong>n Stein weggeworfen. Realisiert, dass sein<br />
rechter Zeigefinger blutet. Stärnefoifi nomaal, die<br />
chäibe Doppelfäischter.<br />
Wanner S hät Si niemert zwunge, <strong>de</strong>ete iezstiige. Ich hett Ine d<br />
Tüür scho uufgmacht. Ich ha nüüt z verstecke.<br />
Hungerbühler drückt ein Taschentuch gegen die Wun<strong>de</strong>. Käis<br />
Wun<strong>de</strong>r. Ich ha ja au käis Manuskript mee zum Stäle.<br />
Wanner wirft erbost die Flasche weg. Ich ha i mim ganze Läbe<br />
no nie gstole. Ämel nöd, sit mich min Vatter emal<br />
verwütscht hät. Reibt sich noch in Erinnerung die<br />
Wange.<br />
Hungerbühler Und öb Si gstole händ, Si kleptomaanische Lugihund.<br />
Entnimmt seiner Aktentasche ein Wörterbuch,<br />
schlägt es auf einer markierten Stelle auf. Un<strong>de</strong>r<br />
Diebstaal verstaat mer luut Du<strong>de</strong>n „Das<br />
unrechtmässige Ansichbringen frem<strong>de</strong>n Eigentums.“<br />
Entnimmt seiner Tasche ein Strafgesetzbuch. Und im<br />
Schwiizerische Straafgsetzbuech, Artikel 139 häisst’s<br />
„Diebstahl wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren o<strong>de</strong>r<br />
mit Gefängnis bestraft.“ Seer empfälenswärti Lektüüri<br />
für Lüüt wie Sii. Si töörffed’s gärn bhalte. Reicht die<br />
bei<strong>de</strong>n Bücher Wanner, <strong>de</strong>r sie erzürnt wegwirft. Aha,<br />
Si händ schiints es bsun<strong>de</strong>rs raffiniirts<br />
Ablaagesischteem.<br />
Wanner Verlönd Si miini Wonig.<br />
Hungerbühler Je<strong>de</strong>falls isch das, wo Si am Ziischtig, 16. Auguscht,<br />
am vieri zabig gmacht händ, nüüt an<strong>de</strong>rs gsi als Stäle,<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 27 -
Härr Wanner. E bsun<strong>de</strong>rs ni<strong>de</strong>rträchtigi Form vo Stäle<br />
obedrii.<br />
Wanner Ich ha scho mal gsäit, dass i nie Zug faare. Wäär hät<br />
scho je vomene Automechaniker ghöört, wo Zug faart.<br />
Lacht gezwungen.<br />
Hungerbühler Karosseriispängler, liebe Wanner, nöd<br />
Automechaniker. Zieht einen Ordner aus <strong>de</strong>r<br />
Aktentasche und schlägt ihn auf. Töörff ich Ires<br />
Gedächniss es bitz uuffrüsche. Am Mäntig, 15.<br />
Auguscht, zwäi Mönet nachdäm mer Si entlaa hät,<br />
händ Si Ihres Auto Irem früenerige Arbetgeber<br />
verchauft. Ich nimm aa, Si händ Gäld bruucht, au wänn<br />
är Ine en miserable Priis gmacht hät.<br />
Wanner unwillkürlich. Dä eländi Halungg.<br />
Hungerbühler Si händ Ires Auto erscht grad vor vier Wuche zrugg<br />
kauft. Zumene stolze Uufpriis vo 1500 Franke.<br />
Wanner erregt. Däm Halsabschnii<strong>de</strong>r hett i am liebschte...<br />
stutzt Aber vo woo...? Verstummt.<br />
Hungerbühler Vo woo ich das alles wäiss? Tja, mir Schriftsteller<br />
tüend halt ab und zue gärn röschärschiire. Aber das<br />
muen ich amene Bruefskolleeg ja nöd säge, gälled Si.<br />
Wanner holt sich schweigend eine Dose Bier,<br />
Hungerbühler blättert im Ordner weiter. Si händ also<br />
am Ziischtig, 16. Auguscht, ekäis Auto gha und sind<br />
drum mit em Zug vo Winterthur uf Züri. Abfaart<br />
füfzäni vierzg, 2. Klass hine, Nichtraucher. Da sich<br />
Wanner eine Zigarette ansteckt. Aha, ich gsee, Si<br />
händ sich näbed em Stäle no wiiteri Laschter<br />
aagwöönt.<br />
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D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Wanner Das gaat Si en füechte Dräck aa. Zieht an <strong>de</strong>r<br />
Zigarette und wirft sie angewi<strong>de</strong>rt zu Bo<strong>de</strong>n. Und<br />
sogar wänn i i däm chäibe Zug drin gsi wäär. Das<br />
häisst no lang nöd, dass ich die blööd blaui Dissggette<br />
gfun<strong>de</strong> han.<br />
Hungerbühler Nöd? Und vo woo wüssed Si i däm Fall, dass d<br />
Dissggette blau gsi isch? Ich mäin, di mäischte<br />
Dissgette sind grau o<strong>de</strong>r schwarz. Es git si aber au i<br />
root o<strong>de</strong>r grüen o<strong>de</strong>r gälb, mängisch sogar i orange,<br />
minere Lieblingsfaarb.<br />
Wanner nach einem Schluck Bier, fast schon mü<strong>de</strong>. Warum<br />
haued Si’s nöd äntli zum Tüfel.<br />
Hungerbühler Ich cha Si mit Irne Gwüssensbiss doch nöd eläi laa,<br />
Wanner. Entnimmt <strong>de</strong>m Ordner ein Blatt. Ich han es<br />
schriftlichs Geständniss vorberäitet, wo Si<br />
äifach chönnd un<strong>de</strong>rschriibe. Söll ich’s Ine voorläse<br />
o<strong>de</strong>r chönnd Si öppe läse?<br />
Wanner Entreisst Hungerbühler zornig das Blatt, liest<br />
stockend. „Hiermit gestehe ich, <strong>Isidor</strong> Wanner, im<br />
Vollbesitz meiner beschei<strong>de</strong>nen geistigen Fähigkeiten,<br />
dass ich...“ Zerknüllt das Blatt und wirft es weg.<br />
Hungerbühler Ts, ts, Si händ gar nonig färtig gläse, Wanner.<br />
Wanner Ich un<strong>de</strong>rschriib gar nüüt.<br />
Hungerbühler Si chönnd au äifach drüü Chrüüzli anetue. Ich ha no es<br />
paar Zä<strong>de</strong>l <strong>de</strong>bii.<br />
Wanner Ich ha nüüt gstole. Ich ha die Dissggette gfun<strong>de</strong>.<br />
Hungerbühler Natüürli. Immer voruusgsetzt mer gsäch <strong>de</strong> Begriff<br />
„fin<strong>de</strong>“ es bitz weniger äng als <strong>de</strong> Du<strong>de</strong>n <strong>de</strong>et, gälled<br />
Si.<br />
Wanner Ich ha si im Fundbüro wele abgää. Aber – s isch zue<br />
gsi.<br />
Hungerbühler blättert im Ordner. Ire Schnällzug isch am sächzäni<br />
nullfoif aachoo – allefalls mit drüü, vier Minuute<br />
Verspöötig – , s Fundbüro schlüüsst un<strong>de</strong>r <strong>de</strong> Wuche<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
- 29 -
am zää vor elfi znacht. Sächsehalb Stund müsstet<br />
äigetli grad no so lange.<br />
Wanner Ich bi pressant gsi. Ich ha das choge Ding am<br />
nöchschte Taag weleabgää.<br />
Hungerbühler Was Si nöd säged.<br />
Wanner Ich ha’s i minere Täsche vergässe. Glaubed Si blooss<br />
nöd, ich hett mer wäge däm ständig <strong>de</strong> Chopf<br />
zerbroche. En Arbetsloose mit Ruggescha<strong>de</strong> hät ganz<br />
an<strong>de</strong>ri Soorge, das chan ich Ine säge.<br />
Hungerbühler So? Sind Si drum mit däre Dissggette diräkt zum<br />
nöchschte Verlaag gsecklet und händ sich als grosse<br />
Schriftsteller uusgää?<br />
Wanner trinkt eine Dose leer und wirft sie weg. Also guet, Sii<br />
Näärvtööter. Ich verraat Ine, wie’s würkli gsi isch.<br />
Hungerbühler S wird au langsam Ziit.<br />
Wanner Im letschte Summer han i z Züri en Computerkurs für<br />
Arbetsloosi bsuecht.<br />
Hungerbühler mit Blick in <strong>de</strong>n Ordner. Vom Juli bis Septämber<br />
binere Frau Lydia Rueschterholz.<br />
Wanner Schlimm. Nöd nume wäg däre Frau Rueschterholz,<br />
son<strong>de</strong>rn au wäg däne winzige Taschte. Und äm<br />
flirren<strong>de</strong> Bildschirm. Ich ha immer en riise<br />
Brummschä<strong>de</strong>l gha. Uf je<strong>de</strong> Fall han i die verwünscht<br />
Dissggette mit i dä Kurs gnoo, zum luege, öb’s<br />
<strong>über</strong>haupt öppis druff hebi.<br />
Hungerbühler Und da händ Si Irne Auge nöd traut, gälled Si?<br />
Wanner Stimmt. Es völlig birewäichs Chu<strong>de</strong>rwälsch hät’s druff<br />
gha. Wie vomene Irrehüüsler.<br />
Hungerbühler Das isch doch...<br />
Wanner Zerscht han i no tänkt, es stimmi öppis nöd mit em<br />
Computer.<br />
Hungerbühler entrüstet. Jetzt langet’s öppe, Si Kunschtbanaus.<br />
Wanner Aber plötzli isch die Frau Rueschterholz hin<strong>de</strong>r mir<br />
gstan<strong>de</strong> und hät wele wüsse, ob das scho mini<br />
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D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Huusarbet für di nöchscht Wuche seg. Und will mer di<br />
säb Arbet zimli ufem Mage gläge isch, han i halt ja<br />
gsäit. Druffabe hät d Frau Rueschterholz di Dissggette<br />
grad mitgnoo.<br />
Hungerbühler Und Si wännd mer tatsächli aagää, Iri Leereri hebi Ine<br />
sonen Text zuetrout?<br />
Wanner schulterzuckend. Die hät waarschiinli tänkt, ich heb en<br />
Tachscha<strong>de</strong>. Isch ja gliich. Uf je<strong>de</strong> Fall hät si di<br />
Dissggette churz druffabe irem Schwaager zäiget, und<br />
dä isch Verlegger.<br />
Hungerbühler Dä schliimig Oberschnöri vo letscht Wuche?<br />
Wanner nickt. Und plötzli isch alles irrsinnig gschwind gange.<br />
Ich bi sälber gar nonig rächt mit choo.<br />
Hungerbühler Die Gschicht isch ja en richtige Thriller, Wanner.<br />
Hollywood ma<strong>de</strong> in Switzerland. Für’s Häppi Änd<br />
müend Si nume no da un<strong>de</strong>rschriibe. Hält ihm ein<br />
weiteres Geständnis hin. Wanner wirft es routiniert<br />
weg.<br />
Wanner Wüssed Si, ich ha i letschter Ziit vill naatänkt.<br />
Hungerbühler So? Und mit was?<br />
Wanner Ich bi zum Schluss choo, dass das alles e Füegig vom<br />
Schicksaal gsi isch.<br />
Hungerbühler E Füegig vom Schicksaal?<br />
Wanner nickt. Wonich mis Auto ha müese verchaufe, bin i am<br />
Bo<strong>de</strong> zerstöört gsi. Aber grad bim erschte Mal Zug<br />
faare find ich die Dissggette. Da muess irgete<br />
höcheri Macht im Spiil gsi sii.<br />
Hungerbühler Si händ doch nöd öppe s Gfüül, Si chämed ungschoore<br />
<strong>de</strong>voo, wänn Si Iri gwüsseloosi Taat äifach enere<br />
höchere Macht i d Schue schiebed, o<strong>de</strong>r?<br />
Wanner Was häisst da „ungschoore“?! Vor zää Tääg hät mi d<br />
Frau verlaa, will si s Lüüge nüme verträit hät. Und d<br />
Kolleege vom Stammtisch lueged mi schief aa, will s<br />
mäined, ich seg en abghobene Schriiberling. Und will<br />
ich im nöchschte Buech <strong>über</strong> sii chönnti schriibe.<br />
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- 31 -
Hungerbühler Im nöchschte Buech. Ha! Dä isch nöd schlächt!<br />
Wanner trotzig. Ich han en Vertraag für drüü Büecher. Und am<br />
erschte bin ischo draa.<br />
Hungerbühler Nüme lang, Wanner. Si müend wüsse, ich ha nöd nume<br />
Papiirchraam mitgnoo. Zieht aus <strong>de</strong>r Tasche ein<br />
riesiges Klappmesser hervor. Das Klappmässer han i<br />
vor es paar Jaar emene Schüeler abgnoo. S isch immer<br />
no choge scharf.<br />
Wanner Dänn tüend Si’s gschii<strong>de</strong>r wi<strong>de</strong>r wäg. So ungschickt<br />
wie Si sind, haued Si sich no en Finger ab.<br />
Hungerbühler Erschtens bin i nöd ungschickt, und zwäitens hau ich<br />
Ine öppis ab, wänn Si nöd tiffig un<strong>de</strong>rschriibed.<br />
Wanner Für das isch es doch scho lang z spaat. Bis jetz han i<br />
scho zwäi Literatuurpriis <strong>über</strong>choo und en äidgenössische<br />
För<strong>de</strong>rbiitrag. Mer säit, ich seg en Bewiis<br />
<strong>de</strong>füür, wie effiziänt oisi kantonaale Arbetsloseprogramm<br />
sind. Und min Verlegger verhandlet mit<br />
zwäi Färnseesän<strong>de</strong>r <strong>über</strong> sone Talk-Dings.<br />
Hungerbühler Talk-Show.<br />
Wanner Genau. Wänn i jetz alles würdi zuegää, dänn wär i uf<br />
äin Tätsch d Witzfiigur vo <strong>de</strong> Natioon.<br />
Hungerbühler grimmig. Lieber e Witzfiguur als e Liich.<br />
Wanner nicht triumphierend. Höred Si doch uuf,<br />
Hungerbüeler. Si chönnd doch käinere Flüüge öppis z<br />
läid tue. Dank Irem Buech känn ich Sii fascht gliich<br />
guet wie mich sälber.<br />
Hungerbühler Also guet. Si händs eso wele. Stärbed Si! Klappt das<br />
Messer auf, schnei<strong>de</strong>t sich dabei aber tief in <strong>de</strong>n<br />
linken Zeigefinger; lässt das Messer fallen. Aua!<br />
Stärnechäib nomaal!<br />
Wanner Gseend Si. Ich ha’s ja grad gsäit, Si sind es richtigs<br />
Gstaabi. Zum Glück gseet mini Frau s Bluet nöd ufem<br />
Teppich. Geht auf Hungerbühler zu. Zäiged Si mal<br />
ane.<br />
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Kein Aufführungsrecht.<br />
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D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Hungerbühler hebt rasch das Messer auf und fuchtelt<br />
damit herum, obwohl er es seines verletzten<br />
Zeigefingers wegen kaum halten kann.<br />
Hungerbühler Chömed Si mir ja nöd z nööch. Verwun<strong>de</strong>t bin i<br />
bsun<strong>de</strong>rs gföörli... Sieht das Blut an sich herunter<br />
laufen. Jesses Gott. Mir wird plötzli so drümmlig.<br />
Lässt das Messer fallen und sinkt in Wanners Arme.<br />
Wanner Aua! Min Rugge! He Sii! Lönd Si sich nöd so hange!<br />
tätschelt Hungerbühlers Wange. Oomächtig, das au<br />
no. Was jetz? Ufs Sofa. Legt Wanner aufs Sofa.<br />
Muess Verbandszüüg go hole. Geht zur Türe,<br />
betrachtet das Blut. Das gaat sicher nie mee use. Ab.<br />
Hungerbühler liegt stöhnend auf <strong>de</strong>m Sofa. Plötzlich<br />
richtet er sich auf.<br />
Hungerbühler S Mässer. Ich muess en umbringe. Wo isch s Mässer?<br />
Sieht das Messer am Bo<strong>de</strong>n. Deet liit s ja. Will<br />
aufstehen. O je, warum wird da ine alles so schwarz?<br />
Fällt aufs Sofa zurück. Wanner kehrt mit einem<br />
Erste-Hilfe-Kasten zurück.<br />
Wanner Gaat’s besser, Hungerbüeler?<br />
Hungerbühler Und wie. Ich verblüete ja nume.<br />
Wanner Si händ höchschtens äin Dezi Bluet verloore. Und mini<br />
Stube ruiniirt. Verbin<strong>de</strong>t bei<strong>de</strong> Zeigefinger, während<br />
Hungerbühler jammert.<br />
Hungerbühler Aua. Nöd so ruuch. Mini Finger sind ekäi<br />
Schruubeschlüssel.<br />
Wanner Schruubeschlüssel zapplet wenigschtens nöd umenand.<br />
Hungerbühler Si müend mini Zäigfinger nöd grad meeterdick<br />
iiwickle; ich chas ja chuum mee bewege.<br />
Wanner Ich bin im Ziviilschutz bi <strong>de</strong> Sanitääter, also re<strong>de</strong>d Si<br />
mir nöd drii. Hungerbühler lässt sich erschöpft<br />
zurück fallen. Wanner versieht Hungerbühlers<br />
Zeigefinger mit dicken Bandagen. Sooli, das hettet<br />
mer.<br />
Hungerbühler Danke, dass Si mich wännd iibalsamiire.<br />
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- 33 -
Wanner<br />
Kurzes Schweigen.<br />
sich räuspernd. Ich – ich glaub, ich hett en rächt guete<br />
Vorschlaag, Hungerbüeler. Felix.<br />
Hungerbühler Für Sii immer no Hungerbüeler.<br />
Wanner<br />
Miinetwäge Hungerbüeler. Also, will Si gäg mich ja<br />
<strong>über</strong>haupt ekäi Bewiis händ...<br />
Hungerbühler Ich han Ires Gständniss. Sobald ich a mis Mässer<br />
chumme, han ich vo Ine es Gständniss.<br />
Wanner energisch. Jetz höred Si äntli uuf lafere und losed mer<br />
zue.<br />
Hungerbühler Also guet. Wie isch Ire Vorschlaag? Si gäbed alles zue<br />
und ich verzicht uf en Aachlaag, nimm i aa.<br />
Wanner Näi. Mir täiled ois d Arbet.<br />
Hungerbühler Mir täiled ois d Arbet?<br />
Wanner Jawoll.<br />
Hungerbühler Was zum Tüüfel mäined Si mit „täile“?<br />
Wanner Ganz äifach. Si <strong>über</strong>nämed das mit em Schriibe und ich<br />
<strong>über</strong>nimm <strong>de</strong> reschtlich Chraam.<br />
Hungerbühler Was für en „reschtliche Chraam“?<br />
Wanner Si wüssed scho: D Interwiuus, d Fotitermiin, d<br />
Autogrammstun<strong>de</strong>, d Läsige, di öffentliche Uuftritt;<br />
halt alles was mit Public Relations z tue hät.<br />
Hungerbühler beeindruckt, dass Wanner dieses Wort kennt. Public<br />
Relations.<br />
Wanner PR. Au im Kulturberiich immer wichtiger. Eifrig. Und<br />
vor allem han i mittlerwiile scho vill Erfaarig uf däm<br />
Gebiet.<br />
Hungerbühler richtet sich auf. Sii wännd miin PR-Verantwortliche<br />
sii.<br />
Wanner Aber näi. Vill mee als das. Ich würd Si gäg usse<br />
röpräsentiire, wäret Sii inkognito chönnted wiiter<br />
schriibe.<br />
Hungerbühler Inkognito?<br />
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- 34 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Wanner re<strong>de</strong>t sich in Fahrt. Genau. Si chönntet i aller Rue<br />
schaffe. Ungsstöört und ooni dass mer Si uf <strong>de</strong> Straasse<br />
ständig würdi aaschwätze. Ooni je<strong>de</strong> Prässerummel.<br />
Ooni dä gfüürchigi Erfolgsdruck. Das würd alles ich<br />
<strong>über</strong>nää.<br />
Hungerbühler Sii?<br />
Wanner Ja, ich. Für Sii. Mir wäred zwäi Helftene vomene<br />
Ganze Sing und Sang.<br />
Hungerbühler Sie mäined Ying und Yang.<br />
Wanner Genau. Ich wäär Ires Gsicht, Iri Stimm. Und Sii wäred<br />
<strong>de</strong>füür miin Gäischt und mini Seel.<br />
Hungerbühler Ire Gäischt und Iri Seel? Si sind glaub nüme ganz bi<br />
Troscht.<br />
Wanner Ganz im Gägetäil. De Gwünn wür<strong>de</strong>d mir ois natürli<br />
grächt täile Fifti-fifti.<br />
Hungerbühler Chunnt <strong>über</strong>haupt nöd i Fraag.<br />
Wanner Miinetwäge 60 für Sii, 40 für miich.<br />
Hungerbühler Vollkomme absurd.<br />
Wanner Also guet 70 für Sii, 30 plus d Speese für miich.<br />
Hungerbühler Lönd Si mich mit Irem glächrige Chuehan<strong>de</strong>l i Rue. Ich<br />
bruuch ekäin unbil<strong>de</strong>te Strohchopf – Strohmaa, zum<br />
mich <strong>de</strong>hin<strong>de</strong>r verstecke.<br />
Wanner Was isch Ine wichtiger: Ds Schriibe o<strong>de</strong>r Ihres Foti i <strong>de</strong><br />
„Goldpost“ z gsee?<br />
Hungerbühler Ich will min Romaan zrugg, Stärnechäib nomaal. Mini<br />
Gedanke, mini Gfüül.<br />
Wanner Hafechääs. Es gaat Ine doch nume um <strong>de</strong> Ruum,<br />
Hungerbühler. Si wännd im Rampeliecht staa, und<br />
suscht nüüt.<br />
Hungerbühler erbost. Ich will nöd im Rampeliecht staa, Sii Chalbs-<br />
Chopf; ich wott öppis uussäge.<br />
Wanner Dänn säged Si’s doch dur miich.<br />
Hungerbühler Ich möcht öppis bewege.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 35 -
Wanner Beweged Si’s dur miich.<br />
Hungerbühler Ich wott öppis verän<strong>de</strong>re.<br />
Wanner Verän<strong>de</strong>red Si’s dur miich. Si chönnted da<strong>de</strong>mit<br />
irrsinnig vill Ziit spaare. Und Si wür<strong>de</strong>d Chreft spare<br />
und Närve schoone. Übrigens gseend Si immer no seer<br />
bläich und aagspannt uus.<br />
Hungerbühler Mir gaats au nöd grad boimig. Er lehnt sich wie<strong>de</strong>r<br />
zurück, legt die Brille auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n und massiert<br />
sich die Schläfen. Nach einer Weile. Villicht isch Ire<br />
soutummi Vorschlaag doch nöd eso tumm. Villicht<br />
wäär da sogar öppis draa.<br />
Wanner Mäined Si?<br />
Hungerbühler Mängisch bin i ja würkli komplett erschöpft. O<strong>de</strong>r ich<br />
trau mi vor luuter Depressioone chuum zum Huus uus.<br />
Wanner Würkli? Das froit mi aber. Ich mäin, es froit mi, dass Si<br />
<strong>über</strong> min Vorschlaag wänd naatänke. Drückt<br />
<strong>über</strong>schwenglich Hungerbühlers verletzte Hän<strong>de</strong>.<br />
Hungerbühler Aua! Lönd Si sofort mini Händ loos. No han i nöd ja<br />
gsäit.<br />
Wanner Aber Si <strong>über</strong>legged sich’s, gälled Si. Si <strong>über</strong>legged<br />
sich’s.<br />
Es klingelt an <strong>de</strong>r Wohnungstüre.<br />
Hungerbühler sitzt rasch auf. Wär cha das sii? Iri Frau?<br />
Wanner schüttelt <strong>de</strong>n Kopf. Die hett nöd glüütet. Waarschiinli<br />
isch’s miin Verlegger.<br />
Hungerbühler Dä Souchäib bring i grad au no um.<br />
Wanner Blöödsinn. Tüend Si sich verstecke. S isch besser,<br />
wänn är Si nöd da gseet. Hievt Hungerbühler hoch,<br />
steht dabei auf <strong>de</strong>ssen Brille.<br />
Hungerbühler Mini Brüle! Sii Halbschue sind mer uf d Brüle gstan<strong>de</strong>.<br />
Wanner Verstecked Si sich hin<strong>de</strong>r em Sofa.<br />
Hungerbühler Ooni mini Brüle gseen i aber nüüt.<br />
Wanner Si müend au nüüt gsee. Hauptsach, mer gseet Sii nöd.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 36 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Es klingelt ungeduldig. Wanner laut. Ich chumme ja<br />
scho. Zu Hungerbühler. Los. Hin<strong>de</strong>rs Sofa mit Ine.<br />
Hungerbühler Wo isch s Sofa scho wi<strong>de</strong>r? Wanner wuchtet<br />
Hungerbühler <strong>über</strong>s Sofa, worauf dieser dahinter zu<br />
Bo<strong>de</strong>n plumpst Aua! Mini Händ.<br />
Wanner Psst.<br />
Der Verleger tritt ein.<br />
Verleger Aabig, Wanner. Ha mer erlaubt iezchoo. Ich känn <strong>de</strong><br />
Wääg ja mittlerwile. Schüttelt ihm die Hand. Säged Si<br />
maal, wie gseend dänn Sii uus! Und dänn Ires Zimmer!<br />
Wanner Ich...<br />
Verleger Vor luuter Schriibe nüme zum Uufruume choo, gälled<br />
Si? Ich schick Ine mal e Putzfrau verbii. Schiebt das<br />
Sofa zur Wand hin, so dass Hungerbühler dahinter<br />
eingeklemmt wird.<br />
Hungerbühler Ahh!<br />
Verleger verblüfft. Was isch dänn das gsi?<br />
Wanner Das? Äh, das isch miin Rugge gsi. Demonstriert seine<br />
Schmerzen. Ahh!<br />
Verleger Si händ also scho fliissig gschribe. Töörff mer mal en<br />
Blick druff wärfe?<br />
Wanner stellt sich beschützend vor <strong>de</strong>n Computer. Ich - ich bi<br />
nonig ganz färtig.<br />
Verleger Macht nüüt. S gaat mee um en erschte Iidruck.<br />
Wanner Ich bi äigetli no ganz am Aafang.<br />
Verleger Ich verstaane. En Schriibstau. En writer’s block. Klopft<br />
Wanner auf die Schulter. Käin Grund zum Verzwiifle,<br />
Wanner. Das isch scho ganz an<strong>de</strong>rne passiirt.<br />
Wanner erleichtert. Tatsächli?<br />
Verleger nickt. De Konsalik hät schiints mal zwäi Wuche lang<br />
nöd äi Ziile gschribe.<br />
Wanner Oh.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 37 -
Verleger<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Wanner<br />
Verleger<br />
Wanner<br />
greift in seine Aktentasche. Und will ich mit däre<br />
Möglichkäit fascht es bitz grächnet han, han ich mir vo<br />
oisem Lektor es erschts Manuskript laa entwärfe.<br />
Nonig ganz uusgfiilt, aber ich würd mäine, ganz i Irem<br />
Sinn. Reicht es Wanner. Gönd Si’s bi Glegehäit doch<br />
mal rasch dure, damit’s dänn en ächte Wanner git,<br />
iiverstan<strong>de</strong>?<br />
Also ich...<br />
Und was d Abräis vo Irere Frau betrifft, das muess Si<br />
nüme lenger bedrücke.<br />
Nöd?<br />
Näi. Mir gönd <strong>de</strong>mit publizistisch voll id Offensive.<br />
Mir verzelled <strong>de</strong> Medie, dass Iri Ehe a Irere Bruefig hät<br />
müesse zerbräche und das Si als Autor d Äinsamkäit<br />
bruuched.<br />
Also, ich wäiss nöd rächt..<br />
Glaubed Si mir, Si chönnd sich <strong>de</strong>naa vor äidüütige<br />
Aagebot gar nüme rette. Reicht Wanner eine<br />
Aktenmappe. Da händ Si no d Termiin vo nööchscht<br />
Wuche. Mäntigmorge Autogrammstund i <strong>de</strong> grööschte<br />
Buechhandlig vo Dagmarselle; am Namittag Foti-<br />
Session für Ire noii Hauptsponsoor Chräebüel<br />
Siibdruck; und am Aabig Podiumsgsprööch mit em<br />
Läsezirkel Schwamedinge.<br />
Am Mäntigzabig han i äigetli e Sportsändig wele luege.<br />
leichthin. Vilicht es an<strong>de</strong>rs Mal. Am Zischtigmorge<br />
Autogrammstund i...<br />
Scho wi<strong>de</strong>r en Autogrammstund?<br />
Was häisst da „scho wi<strong>de</strong>r“? Jetz losed mal guet zue,<br />
Wanner. Uf <strong>de</strong> Taschte umetöggele isch s äint. Aber<br />
wämmer es Buech au will verchauffe, dänn isch‘s<br />
da<strong>de</strong>mit no lang nonig taa.<br />
Aber hämmer nöd mal bi Glägehäit min Vertraag wele<br />
bespräche? Min Aatäil tunkt mi äigetli zimli<br />
schmörzelig.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 38 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Verleger Das isch doch <strong>de</strong> Gipfel. Ich riiss mir <strong>de</strong> Aarsch uf für<br />
Sii, luege <strong>de</strong>füür, dass Ire Munigrind bekannter wird<br />
als dä vom Sepp Trütsch; und als Dank nörgled Si a<br />
oisem Vertrag ume.<br />
Wanner Ich mäin ja nume, miis Buech hät das alles erscht<br />
möglich gmacht.<br />
Verleger Mached mer ois doch nüme lenger öppis vor, Wanner.<br />
Si händ das Buech nöd gschribe. Si händs das<br />
Manuskript im Zugabtäil gfun<strong>de</strong>, so wie’s diese<br />
Hugetobler beschribe hät.<br />
Hungerbühler hinter <strong>de</strong>m Sofa. Hungerbüeler. Felix Hungerbüeler.<br />
Verleger O<strong>de</strong>r wie dä Holzchopf au immer ghäisse hät. Das<br />
Ganzi isch mer scho vo Aafang aa spanisch vorchoo,<br />
aber andrersiits han ich mir gsäit: Warum äigetli nööd?<br />
Nume will äine öppis vo Auto verstaat, muess är nöd<br />
unbedingt en Totsch sii. Min Garaschischt zum Bispiil<br />
isch en ganz en grissne Chäib. Wo aber dise<br />
Hugetobler...<br />
Hungerbühler Hungerbüeler.<br />
Verleger ...miinetwäge, wonär uuftaucht isch, isch <strong>de</strong> Fall für<br />
mich no offesichtlicher gsi als bim „Derrick“. Glück<br />
für Sii, Wanner, dass dä Tüpp äidüütig en Flick wäg<br />
hät. Und dass mer en schriiben<strong>de</strong> Automechaniker<br />
bedüütend besser chann vermarkte als <strong>de</strong> zwölftuusigscht<br />
Schuelleerer mit dubiose literarische<br />
Ambitioone.<br />
Hungerbühler hinter <strong>de</strong>m Sofa hervorspringend, wobei er die<br />
kaputte Brille so vors Gesicht hält, dass er <strong>de</strong>nnoch<br />
etwas sieht. Jetz isch aber gnueg Hoi dune, Si<br />
skrupelloose Profitjeger. Ich ha we<strong>de</strong>r en Flick wäg no<br />
dubiosi Ambitioone.<br />
Verleger erschrickt. Was zum Hänker mached Si da?<br />
Hungerbühler S Gliich wie scho vor drüü Taag. Ich verlang miin<br />
Romaan zrugg.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 39 -
Verleger Wänn Si die Wonig nöd nullkommaplötzli verlöönd,<br />
hol i d Polizei.<br />
Wanner fest. Näi, das mached Si nöd.<br />
Verleger So? Und warum nööd?<br />
Wanner Will <strong>de</strong> Härr Hungerbüeler min Gascht isch.<br />
Verleger Wie bitte? Ire Gascht? I däm Fall verbüüt ich Ine<br />
söttige Umgang, Wanner. Zu Hungerbühler, <strong>de</strong>r auf<br />
allen vieren am Bo<strong>de</strong>n kriecht.<br />
Was mached da am Bo<strong>de</strong>?<br />
Hungerbühler Ich ha das da gsuecht. Steht mit <strong>de</strong>m Messer auf. Er<br />
hat Mühe es zu halten, da seine Zeigefinger<br />
eingebun<strong>de</strong>n sind und er mit <strong>de</strong>r linken Hand die<br />
Brille vor das Gesicht halten muss. Wänn Sii nöd<br />
abhaued, dänn hau iich Ine öppis ab. Schwingt das<br />
Messer wild in <strong>de</strong>r Luft.<br />
Verleger bekommt es mit <strong>de</strong>r Angst zu tun. Wanner, halted Si<br />
mir dää Waansinnig vom Liib. Wanner sieht<br />
schweigend zu. Dä isch ja gmäingföörli. Rennt von<br />
Hungerbühler verfolgt um <strong>de</strong>n Tisch herum. Hilfe!<br />
Hungerbühler Si wär<strong>de</strong>d scho no gsee, wie tüür s Stäle vo<br />
gäischtigem Äigetum cha choo.<br />
Verleger tippt auf seinem Funktelefon eine Nummer. Nämed<br />
Si im das verdammti Mässer wäg, Wanner.<br />
Wanner setzt sich. Verleger ins Telefon. Hallo?<br />
Polizei? Losed Si! Ich bi da a <strong>de</strong> Gloggegass 6 und<br />
wärd vomene Amokloifer verfolgt. Näi, nöd<br />
Schoggihaas. Glogge-gass. Es gaat um Läbe und Tood.<br />
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Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
Er stürzt, das Telefon rutscht unters Sofa. Also guet,<br />
ich gaane. Ich gaan ja scho. Aber ich luege <strong>de</strong>füür, dass<br />
Si wi<strong>de</strong>r im Irrehuus lan<strong>de</strong>t, Hungerbüeler, das<br />
versprich ich Ine. Und Si, Wanner, spiled oises Spiil<br />
bis Schluss. Zu miine Bedingige. Ab.<br />
Hungerbühler hat in <strong>de</strong>r Hitze <strong>de</strong>s Gefechts die Brille verloren. Wo<br />
hät sich das Schwäin verchroche? Ich bring en um.<br />
- 40 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Wanner Das Schwäin isch abghaue, Hungerbüeler. Kwiikend<br />
wie sich’s für e Sou ghöört.<br />
Hungerbühler Abghaue?<br />
Wanner Ja.<br />
Hungerbühler Kwiikend?<br />
Wanner Wie ufem Wääg zur Schlachtbank. Imitiert das<br />
Quieken eines Schweins. Iiii-iiii-iiii.<br />
Hungerbühler Oink-oink-iiii-iiii. Sie imitieren gemeinsam und<br />
lachen herzhaft. Hungerbühler fuchtelt dabei mit<br />
<strong>de</strong>m Messer herum, weshalb Wanner es ihm abnimmt<br />
und auf <strong>de</strong>n Tisch legt.<br />
Wanner Vorsicht, das Ding chützlet.<br />
Hungerbühler Vor luuter Schiss hät dä doch grad es Ringelschwänzli<br />
<strong>über</strong>choo.<br />
Wanner Öppe so? Deutet ein geringeltes Geschlechtsorgan an,<br />
bei<strong>de</strong> brüllen vor Lachen.<br />
Hungerbühler Dä hät vo jetz aa zimli Probleem mit em Ziile.<br />
Gelächter.<br />
Wanner Und mit em... du wäisch scho was... Sie können sich<br />
kaum mehr beruhigen. Schliesslich aber, abrupt.<br />
Hungerbühler Die Sou will mich laa iispärre, <strong>Isidor</strong>.<br />
Wanner Ich wäiss. Und ich bi gschuld. Schweigen. Ich<br />
un<strong>de</strong>rschriib dis blöö<strong>de</strong> Gständniss, Felix.<br />
Hungerbühler ernst. Bisch <strong>de</strong>r au ganz sicher?<br />
Wanner Absolut. Lieber e Witzfiguur als e Marionette.<br />
Hungerbühler Du wirsch es nöd beroie, <strong>Isidor</strong>.<br />
Wanner Waarschiinli scho. Ich hole min Füli. Ab.<br />
Hungerbühler nach<strong>de</strong>nklich. Ich chumm min Romaan zrugg <strong>über</strong>.<br />
Erfreut. Ich chumm mini vier Jaar zrugg <strong>über</strong>.<br />
Jubelnd. Und ich wird berüemt und aagsehe. Etwas<br />
ertappt zur Türe hin. Was natüürli völligi Näbedsach<br />
isch. Mini Dokumänt. Wo isch mini Aktetäsche? Sucht<br />
auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n. Ooni Brüle find ich i däm Soustall ine<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 41 -
gar nüüt. Oink-oink-iiii-iiii. Lacht. Momänt, isch d<br />
Täsche nöd grad vorig no ufem Tisch gsi... Wirft<br />
Pizzaschachteln, Bierdosen und an<strong>de</strong>ren Abfall<br />
beschwingt nach allen Seiten. Auch sein Messer<br />
schleu<strong>de</strong>rt er, ohne es zu realisieren, weg; links - zur<br />
Türe hinaus.<br />
Wanner von draussen. Also, dänn wämmer mal... aaaaah!<br />
Hungerbühler hat weiter gesucht und die Aktentasche gefun<strong>de</strong>n. Ah,<br />
da isch si ja.<br />
Wanner torkelt ins Zimmer, das Messer im Bauch. Schäisse,<br />
Felix. Mit däm han i nüme grächnet.<br />
Hungerbühler Was häsch? Sieht zu Wanner und erschrickt. Um<br />
Gotts Wille, was isch mit dir los?<br />
Wanner Wänn mich nöd alles tüüscht, han i es Mässer im<br />
Ranze.<br />
Hungerbühler Jesses Gott! Wie isch das passiirt?! Was han i nume<br />
gmacht!<br />
Wanner ohne Vorwurf. Ich ha dä blöödi Fackel doch grad wele<br />
un<strong>de</strong>rschriibe. Lässt <strong>de</strong>n Füller fallen.<br />
Hungerbühler Um Gotts Wille. Das isch doch ekäi Absicht gsi, <strong>Isidor</strong>.<br />
Das isch en Unfall gsi. Mini Brüle. Wo isch mini<br />
verdammti Brüle. Tastet nach ihr.<br />
Wanner Bis jetz hät’s mi doch ständig im Rugge zwickt. Jetz<br />
sticht’s mal zur Abwächslig im Buuch.<br />
Hungerbühler seine Brille suchend. Nöd re<strong>de</strong>, <strong>Isidor</strong>. Du töörffsch di<br />
jetz nöd aastränge.<br />
Wanner Ich gsee sicher uus wiene abgstochni Sou. Iiii-iiii.<br />
Lacht, bis er husten muss und auf die Knie fällt.<br />
Hungerbühler Näi, <strong>Isidor</strong>! Fin<strong>de</strong>t die Brille. Liebe Gott im Himmel,<br />
was söll i au mache? Du bisch doch bi <strong>de</strong> Sanitääter.<br />
Söll ich s Mässer usezie o<strong>de</strong>r ebe nöd?<br />
Wanner Du muesch... Hustet. Du muesch...<br />
Hungerbühler Was muess i? Säg, was ich muess mache.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 42 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Wanner Du muesch mer verraate: Sind d Ho<strong>de</strong> vo diim Cousin<br />
würkli so unglaublich... du wäisch scho... Fällt zu<br />
Bo<strong>de</strong>n.<br />
Hungerbühler Näääiii! Du töörffsch nöd stärbe, <strong>Isidor</strong>. Stützt<br />
Wanners Kopf. Du muesch doch no un<strong>de</strong>rschriibe. Du<br />
muesch <strong>de</strong> ganz Wält d <strong>Waret</strong> verzelle. D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong><br />
<strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner.<br />
Wanner entrückt lächelnd. Scho verruckt, dass au en äifache<br />
Automechaniker mit somene groosse Ghäimnis chann<br />
abträtte.<br />
Hungerbühler Karosseriispängler, <strong>Isidor</strong>, nöd Automechaniker.<br />
Wanner Was söll’s. Sein Kopf fällt zurück.<br />
Hungerbühler Beaatme. Ich muess en beaatme. Jesses Gott, wie gaat<br />
das scho wi<strong>de</strong>r? Versucht es.<br />
Wanner gutmütig. Nöd is Oor, du Gstaabi. Stirbt.<br />
Hungerbühler schreiend. <strong>Isidor</strong>!!! Wanner!!! Schüttelt ihn. Hör<br />
sofort uuf <strong>de</strong>mit!! O Gott! Lässt Wanners Kopf fallen.<br />
O Gott! Steht auf. Das glaubt mer niemert. Niemals.<br />
Stolpert <strong>über</strong> <strong>de</strong>n Tisch und ergreift die Aktentasche.<br />
Mit einem letzten Blick auf Wanner. O Gott!<br />
Taumelnd ab.<br />
Kein Vorhang<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 43 -
Epilog<br />
Führerin<br />
Schöne Frau<br />
Junger Mann<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Schöne Frau<br />
Junger Mann<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Älterer Herr<br />
Führerin<br />
Älterer Herr<br />
Die Gruppe aus <strong>de</strong>m Prolog betritt wie<strong>de</strong>r die Bühne,<br />
wenn möglich nicht durch die Türe. Wanner bleibt tot<br />
liegen; die Gruppe benimmt sich aber so, als habe<br />
sich gegen<strong>über</strong> <strong>de</strong>m Prolog nichts verän<strong>de</strong>rt.<br />
Und das, mini Dame und Härre, isch also s Ändi gsi<br />
vom unvergliichliche <strong>Isidor</strong> Wanner.<br />
mit einem Taschentuch eine Träne wegtupfend. Es<br />
furchtbaars Ändi.<br />
Es tragischs Ändi.<br />
bemüht <strong>de</strong>n Jüngeren zu <strong>über</strong>treffen. Es alttestamentaarischs<br />
Ändi.<br />
Waansinn. Dänn isch dä Wanner also nüüt wiiters gsi<br />
als en Schwindler. Und sin Tood nume en tumme<br />
Unfall.<br />
entsetzt. Wie bitte? De <strong>Isidor</strong> Wanner en Schwindler?<br />
verständnislos. Siiin Tood nume en Unfall?<br />
Jetz gönd Si aber entschi<strong>de</strong> z wiit, jungi Frau.<br />
Aber wisoo? Jetz hämmer doch grad ghört, wie dä<br />
Wanner...<br />
Was ich Ine verzellt han, wäiss i seer wool. Nämli das,<br />
wo <strong>de</strong> Felix Hungerbüeler am nöchschte Taag <strong>de</strong><br />
Polizei z Protokoll gää hät.<br />
D Uusgeburt vo sinere chranke Fantasii.<br />
Sini äigeti Wärrsioon vo däm, wo passiirt isch, hät <strong>de</strong><br />
<strong>Isidor</strong> Wanner läi<strong>de</strong>r nüme chöne schil<strong>de</strong>re.<br />
Im Tood fääled au em Wortgwaltigschte d Wort. Da<br />
die schöne Frau schluchzt, tätschelt er sie. Nanana, es<br />
wird ja alles wi<strong>de</strong>r guet.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 44 -
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Führerin <strong>über</strong> die Unterbrechung wenig erfreut. Gott säi Dank<br />
gits no di höchscht glaubwürdigi Uussaag vom<br />
Verleger, wo <strong>de</strong> Wanner a säbem Abig i <strong>de</strong> Gwalt vo<br />
däm bewaffnete Unhold vorgfun<strong>de</strong> hät. Er, wo sälber<br />
vo säbere Schusswaffe bedroot gsi isch, hät i<br />
allerletschter Sekun<strong>de</strong> chöne flüchte und d Polizei<br />
alarmiire.<br />
Älterer Herr Wo dänn aber läi<strong>de</strong>r, läi<strong>de</strong>r z spaat iitroffe isch.<br />
Führerin Nach däne unfassbare Eräigniss hät sich’s <strong>de</strong> Verleger<br />
zur Uufgaab gmacht, s literarischi Ärbi vom <strong>Isidor</strong><br />
Wanner z bewaare. Nume wenigi Wuche nach däre<br />
Bluettaat isch es ihm glunge, usem unerwartet<br />
riichhaltige Nachlass en Roman und en Gedichtband z<br />
veröffentliche.<br />
Junger Mann eifrig notierend. „Neues vom Wirbelmacher“ und<br />
„Folgt mir nach, ich geh voraus“.<br />
Älterer Herr Je<strong>de</strong>s für sich es Mäischterwärch.<br />
Führerin Momäntaan sichtet dä verdienschtvolli<br />
Kunschtför<strong>de</strong>rer s Früewärch vom <strong>Isidor</strong> Wanner. Und<br />
wie Si sicher all wüssed, hät är au d <strong>Isidor</strong> Wanner-<br />
Stiftig grün<strong>de</strong>t, wo je<strong>de</strong>s Jaar <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner-<br />
Gedänkpriis vergibt und wo ich d Eer als Vorsitzendi<br />
han.<br />
Junge Frau Und wie isch’s äigetli em Felix Hungerbüeler ergange?<br />
Älterer Herr erzürnt. Däm gwüsseloose Schlächter isch no vill z<br />
guet ergange.<br />
Führerin Wäg aagäblicher Unzuerächnigsfähigkäit isch är wi<strong>de</strong>r<br />
inere Psüchiatrische Klinik glan<strong>de</strong>t. Es häisst, er<br />
schriibi <strong>de</strong>et un<strong>de</strong>r irget emene Psoidonüüm amene<br />
Teaater-stuck.<br />
Junger Mann Intressant. Wäiss mer <strong>über</strong> waas?<br />
Führerin Ich ha ghört, <strong>de</strong> Titel seg „D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong><br />
Wanner“.<br />
Junger Mann „D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner“.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
- 45 -
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Junger Mann<br />
Älterer Herr<br />
Junge Frau<br />
Führerin<br />
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
Führerin<br />
Älterer Herr<br />
Schöne Frau<br />
Älterer Herr<br />
Führerin<br />
Junger Mann<br />
Führerin<br />
„D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner“? Wie chammer nume<br />
so gottloos züünisch sii.<br />
Also, ich wäiss nöd. Vilicht tauched ja tatsächli es paar<br />
noii Fakte uuf. Ich mäin, es bitz erstuunlich isch es ja<br />
scho, wänn en Karrosseriispängler urplötzli...<br />
Die schöne Frau schreit auf.<br />
lässt sein Notizmaterial fallen. Du liebi Ziit, bin ich<br />
verschrocke.<br />
Was händ Si dänn?<br />
zeigt auf Wanner am Bo<strong>de</strong>n. Da... da...<br />
genervt. Was isch da?<br />
Ich... für en Augeblick hett i chöne schwööre, <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong><br />
Wanner liggi da am Bo<strong>de</strong>. Verstoche i sim Bluet.<br />
Das sind d Närve. Si sind es bitz aagspannt. Mit vorwurfsvollem<br />
Blick auf die junge Frau. Käis Wun<strong>de</strong>r<br />
bim Benää vo gwüsse Lüüt da ine.<br />
Sind no Fraage zum <strong>Isidor</strong> Wanner?<br />
zur schönen Frau. Chömed Si. Es romantischs Candle<br />
Light-Dinner wird Si wi<strong>de</strong>r beruige.<br />
Mäined Si?<br />
Ich bi sicher. Zuefellig känn ich es gmüetlichs Bäizli<br />
grad um <strong>de</strong> Egge.<br />
Bei<strong>de</strong> ab.<br />
ruft ihnen nach. Achtet Si bitte uf d Kasse bim<br />
Uusgang. Spän<strong>de</strong> für d <strong>Isidor</strong> Wanner-Stiftig sind<br />
immer willkomme.<br />
Em <strong>Isidor</strong> Wanner sis Früewärch wird bald publiziirt,<br />
händ Si gsäit?<br />
Das isch richtig. Erstuunlich riiffi Uufsätz us sinere<br />
Ziit als Stift und Churzgschichte, wonär i sine<br />
Arbetspause uf ölverschmiirti Bletter anegworfe hät.<br />
Ich ha s Privileeg gha, es paar Müschterli chöne z läse,<br />
und Si verstönd mi, wänn ich nomaal <strong>de</strong> Begriff<br />
„Mäischter-wärch“ muess bemüe.<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
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Junge Frau<br />
Führerin<br />
D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner<br />
Und das Teaaterstuck vom Felix Hungerbüeler o<strong>de</strong>r<br />
wienär sich jetz nännt „D <strong>Waret</strong> <strong>über</strong> <strong>de</strong> <strong>Isidor</strong><br />
Wanner?“ Wäiss mer, wänn s wird erschiine?<br />
scharf. Ich wäigere mich, mir vorzstelle, dass sones<br />
verloges Machwärch <strong>über</strong>haupt je vollän<strong>de</strong>t wird, jungi<br />
Frau. Aber falls doch, dänn sorg ich als Vorsitzendi vo<br />
<strong>de</strong> <strong>Isidor</strong> Wanner-Stiftig persöönlich <strong>de</strong>füür, dass das<br />
Stuck niemals uufgfüürt wird. Mit Nachdruck.<br />
Glaubed Si mir: Niemals.<br />
Vorhang<br />
© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />
Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />
Kein Aufführungsrecht.<br />
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