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Diplomarbeit_Hermann_Grab

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Seite -25-<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Nachdiplomstudium zur<br />

Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität<br />

Als beliebtes Mittel zur Bildung von finanziellen Sicherheitspolstern diente den Unternehmern -<br />

insbesondere in der Schweiz - das Instrument der stillen Reserven. Die Bewertungsgrundsätze<br />

nach Obligationenrecht lassen es zu, Aktiven unter- bzw. Passiven überzubewerten. Im Zuge der<br />

Globalisierung rückten neuere Rechnungslegungsstandards wie FER, IAS und US-GAAP in den<br />

Mittelpunkt und wurden zum Muss für jede grössere Unternehmung. Abschlüsse nach IAS oder<br />

US-GAAP gelten unter dem Aspekt der "true and fair view" als besonders transparent und aufschlussreich<br />

für den Bilanzleser. Viele aktuelle Beispiele schwächen nun dieses "Label" merklich<br />

ab. Man stellt fest, dass auch diese angeblich strengeren Bestimmungen dem Bilanzersteller -<br />

durch diverse Wahlrechte - noch genügend Spielraum zur Gestaltung des Abschlusses lassen. Die<br />

verschiedenen Rechnungslegungsnormen verfolgen teilweise andere Ziele. Insbesondere das OR<br />

verfolgt klar den Ansatz des Gläubigerschutzes. Das heisst, es wird dem Unternehmen ermöglicht,<br />

stille Reserven zu bilden. Somit ist der Abschluss in guten Zeiten oft schlechter dargestellt, als er<br />

in Wirklichkeit ist. Es hilft also, Gewinne zu verstecken. Ganz anders die "true and fair view",<br />

welche vor allem den Aktionär im Mittelpunkt sieht. Im Zuge der Shareholder-Epoche will der<br />

Aktionär möglichst hohe Transparenz über sein Unternehmen. Das Ziel des Aktionärs liegt darin,<br />

seine Eigenkapitalrendite bzw. seine Investitionsrendite zu maximieren. Dadurch stellt er den Anspruch,<br />

sämtliche nicht benötigten Mittel aus der Unternehmung zu ziehen und an sich auszuschütten.<br />

Das Management versucht, diesen Forderungen des steten Gewinnstrebens gerecht zu werden<br />

und ist bestrebt, möglichst hohe Gewinne in den Jahresrechnungen darzustellen. Somit werden aus<br />

dieser Sichtweise eher Verluste kaschiert, was uns die jüngste Zeit - insbesondere im "true and fair<br />

view"-Land USA - zeigt.<br />

Die Bedeutung freier Ermessensreserven nach Obligationenrecht darf im Rahmen der Sicherheitsüberlegungen<br />

einer Unternehmung nicht unterschätzt werden. Er wird dem Unternehmer ein Instrument<br />

zur Abfederung von Gewinn- und Verlustspitzen gegeben, was im Rahmen internationaler<br />

Rechnungslegungsvorschriften - zugunsten vermehrter Transparenz - nicht mehr möglich ist.<br />

Währenddem man nach Obligationenrecht die stillen Reserven ohne Publizitätswirkung gestalten<br />

kann, hat man nach IAS oder US-GAAP alles offen zu legen. So bleiben schliesslich zur buchhalterischen<br />

Gestaltung nur noch die kreativen Wahlrechte oder die kriminellen Machenschaften. Die<br />

Schaffung von stillen Reserven - und somit Eigenkapital - wurde lange Zeit auch durch die eidgenössischen<br />

und kantonalen Steuergesetzgebungen begünstigt. Der Gewinnsteuersatz nahm überproportional<br />

zur Eigenkapitalrendite<br />

(Gewinn * 100)<br />

Eigenkapital<br />

zu. Das heisst, die Unternehmung war bestrebt, möglichst wenig Gewinn auszuweisen oder möglichst<br />

viel Eigenkapital zu halten, damit die Eigenkapitalrendite und damit auch die Steuerbelastung<br />

möglichst tief ausfiel. Heute gilt einfach ein proportionaler einheitlicher Steuersatz ohne Progressionswirkung.<br />

Als Argument gegen die stillen Reserven wird vielfach auch der Einwand aus<br />

Unternehmersicht erfolgen, dass die Haltung von Eigenkapital sehr teuer sei, da der Aktionär eine<br />

risikoadäquate Rendite auf seinem Investment erwartet. Dies stimmt natürlich nur insofern, als der<br />

Aktionär überhaupt vom Umfang der stillen Reserven Kenntnis hat, also die stillen Reserven<br />

transparent sind. Ansonsten stellen diese für die Unternehmung "stilles Eigenkapital" dar, worauf<br />

niemand explizit Anspruch erhebt und somit für das Unternehmen "gratis" zur Verfügung stehen.<br />

Ebenso sollte das Eigenkapital parallel zu allfälligen Expansionsbestrebungen mitwachsen und<br />

mit zunehmender Grösse sollte man den vermehrten Risiken (Agency-Problematik) 39 , welche<br />

meist überproportional zunehmen, entsprechende Beachtung schenken. Hierbei erfüllen die Kapital-Deckungsbestimmungen<br />

nach Art. 725 OR ihre Gläubigerschutzfunktion noch nicht vollständig,<br />

da diese erst bei einer Unterbilanz zum Tragen kommen. Insbesondere die Benachrichtigung<br />

des Richters bei einer Überschuldung nach Art. 725 Absatz 2 OR setzt meist sehr spät - oft zu spät<br />

ein. Es wäre zu prüfen, ob nicht aufgrund eines Finanz-Kennzahlensystems frühere Meldepflichten

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