EVENT JOURNAL FEBRUAR - MÄRZ 2018-neu
EVENT JOURNAL FEBRUAR - MÄRZ 2018
EVENT JOURNAL FEBRUAR - MÄRZ 2018
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
6 event journal<br />
Liebe Frau Seuffert, Sie<br />
haben Ende der 60-er<br />
Jahre eine künstlerische<br />
Laufbahn eingeschlagen.<br />
Die Medienlandschaft<br />
war damals noch ganz anders<br />
als heute bzw. die Medien waren<br />
im Alltag bei weitem noch<br />
nicht so präsent. Somit war<br />
der Vorbildcharakter von<br />
Stars bei weitem noch nicht<br />
so allgegenwärtig. Trotzdem<br />
haben Sie sich für eine klassische<br />
Gesangsausbildung entschieden…<br />
Das ist richtig. Es gab zum<br />
Beispiel medientechnisch nur<br />
zwei Fernsehprogramme,<br />
nämlich ARD und ZDF. Den<br />
Gedanken singen zu wollen,<br />
hatte ich tatsächlich schon im<br />
Kindergarten. Das hat sich<br />
sehr früh bei mir ausgeprägt.<br />
Ich glaube, meine Mutter<br />
wusste als ich klein war gar<br />
nicht, dass ich singen konnte.<br />
Dieses Talent hat die Kindergärtnerin<br />
in mir entdeckt bei<br />
den Spielen, die sie mit uns<br />
gemacht hat und hat meine<br />
Mama dann aufgeklärt. Meine<br />
Mutter hat mir Jahre später<br />
erzählt, dass besagte Dame<br />
extra zu uns nach Hause gekommen<br />
sei, um ihr von meiner<br />
Begabung zu berichten.<br />
Selbst kann ich mich an diese<br />
Begebenheit nicht mehr erinnern.<br />
Sie sagte, meine Mama<br />
sollte in den Kindergarten<br />
kommen und sich „das Kind<br />
anhören“. Allerdings kann ich<br />
mich noch an lustige Begebenheiten<br />
in der Kirche erinnern,<br />
als mich meine Oma am<br />
Sonntag dorthin mitnahm. Sie<br />
saß immer ganz hinten in diesen<br />
hohen Kirchenstühlen, die<br />
es früher gab, um sich unter<br />
die Männer zu mischen; die<br />
Geschlechtertrennung in der<br />
Kirche behagte ihr ganz und<br />
gar nicht. Und immer wenn<br />
ich als Kind zwischen den<br />
Männern stand und ihre kräf-<br />
SOPRANISTIN<br />
Kleinwallstadt/Main<br />
tigen Stimmen hörte, habe ich<br />
meine Kinderlieder gesungen,<br />
nicht die Kirchenlieder.<br />
Am Anfang stand also natürlich<br />
Ihre Liebe zum Gesang,<br />
aber das hätte Ihnen ja niemand<br />
genommen. Sie haben<br />
ja dann noch etliche harte<br />
Jahre für das Studium in Kauf<br />
genommen. Was hat dieser<br />
Berufswunsch für Sie bedeutet?<br />
"Alles!<br />
Musik war und ist<br />
für mich alles".<br />
Ich musste das einfach machen<br />
und habe mir dann Gesangslehrer<br />
gesucht. 1968<br />
kam ich in den Chor von Fred<br />
Schecher und er hat mir dann<br />
geholfen, eine gute Lehrerin<br />
in Frankfurt zu finden. Das<br />
war früher ein privates Studium<br />
und musste von mir auch<br />
selbst bezahlt werden. Gesang<br />
an der Hochschule zu<br />
studieren, war damals aus<br />
meiner Sicht sinnlos wegen<br />
der langen Semesterferien.<br />
Beim Singen musst du ständig<br />
üben und am Ball bleiben<br />
und da ist es nur schlecht<br />
möglich, eine wochen- bzw.<br />
monatelange Unterbrechung<br />
des Gesangsunterrichts zu<br />
überbrücken. Ein ernsthaftes<br />
Gesangsstudium duldet keine<br />
Pausen.<br />
Und Ihre Eltern haben Ihren<br />
ungewöhnlichen Werdegang<br />
von Anfang an unterstützt…<br />
Sie haben mich insofern unterstützt,<br />
dass sie mir keine<br />
Schwierigkeiten gemacht haben.<br />
Sicherlich hätten sie das<br />
auch finanziert, aber das wiederum<br />
wollte ich nicht. Ich<br />
hatte damals mir eine Halbtagsstelle<br />
gesucht und da<br />
Anna Rose Seuffert<br />
durch mein Studium bezahlen<br />
können.<br />
Mit Ihrer Karriere ging es von<br />
Anfang an steil bergauf…<br />
Da waren schon zu Schulzeiten<br />
verschiedene Vorsingen<br />
im Spiel. Das hat mich natürlich<br />
bei meiner beruflichen<br />
künstlerischen Orientierung<br />
unterstützt. Irgendwann kam<br />
ich dann auf die Idee bei<br />
Wettbewerben mitzumachen,<br />
die damals vom Bayerischen<br />
Rundfunk und vom Südwestfunk<br />
Baden Baden organisiert<br />
wurden und die ich gewinnen<br />
konnte. Das war für mich wie<br />
gesagt ein großer Ansporn<br />
um zu sagen, dabei kann ich<br />
bleiben.<br />
Wie ging es dann weiter,<br />
nachdem Sie das Studium in<br />
Frankfurt absolviert hatten?<br />
Ich bin dann noch an die<br />
Hochschule in München gegangen<br />
und durfte bei Professor<br />
Hanno Plaschke lernen.<br />
Für mich war es eben<br />
auch wichtig, dass ich auf<br />
verschiedene Größen als Lehrer<br />
zurück greifen konnte. Natürlich<br />
stellte sich nach dem<br />
Abschluss die Frage, wie es<br />
nun weiter ginge. Ich hatte<br />
dann an verschiedenen Theatern<br />
vorgesungen, was für<br />
deutsche Sänger eher frustrierend<br />
war und ist, denn drei<br />
Viertel aller Vorsingenden<br />
kommt aus dem Ausland.<br />
Damals gab es sehr viele<br />
Amerikaner und Japaner, die<br />
sich um die Stellen an deutschen<br />
Bühnen bewarben. Auf<br />
jeden Fall hatte das damals<br />
bei mir nicht geklappt und ich<br />
überlegte mir, wie es weiter<br />
gehen könnte. Zu diesem<br />
Zeitpunkt war auch meine<br />
Mutter schwer krank und daher<br />
wollte ich natürlich auch<br />
auf sie Rücksicht nehmen.<br />
Und so wurde ich Konzertsängerin.<br />
Das bedeutet, dass<br />
ich für alle möglichen Veranstaltungen<br />
engagiert wurde,<br />
für Messen, Oratorien etc.<br />
Was bzw. wer waren für Sie<br />
ganz wichtige Stationen und<br />
auch musikalische Wegbegleiter?<br />
Mein erster Gesangswettbewerb<br />
fand in Aschaffenburg<br />
statt, als ich 20 Jahre alt war.<br />
Dann ging es mit den oben<br />
schon erwähnten weiter, als<br />
ich 23 war. Durch diese Wettbewerbe<br />
lernte ich natürlich<br />
Medienleute kennen. Das<br />
Medium schlechthin war damals<br />
der Rundfunk und dahin<br />
konnte ich so viele wichtige<br />
Kontakte knüpfen und hatte<br />
bei etlichen großen, öffentlichen<br />
Studios einen Fuß in der<br />
Tür, z. B. beim Studio Nürnberg<br />
und in München. Dort<br />
durfte ich viele Aufnahmen<br />
von verschiedenen Liederzyklen<br />
machen. Meine erste große<br />
Begegnung war die mit<br />
Horst Christoph Diehl, der<br />
damals in Frankfurt sehr<br />
schöne Sachen gemacht hatte<br />
und der mich dann förderte.<br />
Er war ein überaus akribischer<br />
Musiker, von dem ich<br />
noch viel lernen konnte. Später<br />
kam noch Kösler dazu, der<br />
damalige Musikdirektor vom<br />
Dom. In Würzburg durfte ich<br />
sehr viele Sachen singen, u.<br />
a. beim Mozartfest, im Dom,<br />
in der Residenzkirche und in<br />
der Neubaukirche.<br />
Sie waren Solisten bis auf Ihre<br />
Zeit beim Fred-Schecher-<br />
Chor, hatten dann aber auch<br />
immer wieder Partner, an die<br />
Sie sich bestimmt gerne zurück<br />
erinnern…<br />
Ich möchte gerne noch auf<br />
den Fred-Schecher-Chor eingehen,<br />
der für mich sehr wich-