ewe-aktuell 1/ 2018
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Jahrgang 21 - Januar <strong>2018</strong><br />
Eine große Gemeinschaft<br />
WEITERE THEMEN IN DIESER AUSGABE<br />
Die Zeit vergeht<br />
Die Neuen Freiwilligen<br />
Zeitreise in mein FSJ
Seite 2 Seite 3<br />
Editorial<br />
Liebe Leser,<br />
in diesem Jahr jährt es sich zum zwanzigsten Mal, dass<br />
die ersten beiden <strong>ewe</strong>-Freiwilligen, Karina und Lars,<br />
von ihrem Sambiajahr zurückgekehrt sind. Seitdem<br />
sind mit Ausnahme eines Jahres (2005/2006) immer<br />
mindestens einen deutschen Freiwillige (in der Regel<br />
mehr) in Sambia unterwegs g<strong>ewe</strong>sen.<br />
In die andere Richtung<br />
waren inzwischen auch<br />
über 20 Sambierinnen<br />
und Sambier unterwegs<br />
und haben bei uns für<br />
ein Jahr ihre Heimat<br />
gefunden.<br />
Ein beachtlicher<br />
Erfahrungsschatz, den<br />
unser Verein dadurch<br />
besitzt.<br />
Und ein großartiges<br />
Instrument, von<br />
dem nicht nur die<br />
Freiwilligen selbst, sondern viele Menschen im Umkreis<br />
mit profitieren. Viele von euch und Ihnen konnten Zeit<br />
mit den Freiwilligen verbringen und haben auch selbst<br />
viel dazu beigetragen, zum Gelingen des Austausches<br />
beizutragen.<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
2<br />
6<br />
10<br />
Editorial<br />
Die Neuen<br />
Mbonyiwe<br />
Chilala<br />
Jolina<br />
Alisha<br />
3<br />
8<br />
14<br />
Die Neuen<br />
In der vergangenen Ausgabe hatten<br />
wir bereits von den neuen Freiwilligen,<br />
berichtet, die ab dem Sommer für ein Jahr<br />
nach Sambia gehen. Hier kommen nun ihre<br />
Vorstellungen:<br />
The new ones<br />
In the past issue we already talked about<br />
the newly selected volunteers who will go<br />
to Zambia this coming summer. In the<br />
following, they talk about themselves…<br />
Es tut gut, hin und wieder danke dafür zu sagen; und es<br />
tut gut zu wissen, dass wir mit euch und Ihnen auch in<br />
der kommenden Zeit an diesem Kernelement unserer<br />
Vereinsarbeit festhalten können.<br />
Ich freue mich daher sehr, auch das Jahr <strong>2018</strong> mit einem<br />
bunten Überblick über das Leben der Freiwilligen in<br />
Deutschland und Sambia beginnen zu können.<br />
Viel Spaß dabei wünscht<br />
Johann Heilmann<br />
18<br />
22<br />
Gemeinden im<br />
Bistum Monze<br />
Charleen<br />
Zeitreise in<br />
mein FSJ<br />
21<br />
Hallo, …<br />
… ich bin Ben Lukas Koch und einer der beiden<br />
Freiwilligen, die <strong>2018</strong>/2019 ihr FSJ beim eine-weltengagement<br />
machen werden.<br />
Ich bin 17 Jahre alt und mache aller Voraussicht<br />
nach im Sommer <strong>2018</strong> mein Abitur am Einhard-<br />
Gymnasium in Aachen. Ich wohne ganz in der Nähe<br />
der Schule mit meinem kleinen Bruder Tobias und<br />
meinen beiden Eltern, Sabina und Thomas. Meine<br />
ältere Schwester Anna-Lea lebt in Köln und studiert<br />
bereits.<br />
In meiner Freizeit mache ich viel Musik. Ich<br />
singe im Aachener Domchor und nehme<br />
Einzelgesangsunterricht. Zudem spiele ich Klavier<br />
Auswahlseminar der neuen deutschen Freiwilligen<br />
Dear Sirs and Madams,<br />
my name is Ben Lukas Koch and I am 17 years old.<br />
After my successful application for a voluntary service<br />
with the local German social aid organisation “ein<strong>ewe</strong>lt-engagement”,<br />
I am now introducing myself to tell<br />
you about my ambitions and expectations concerning<br />
my year abroad.<br />
I live together with my brother Tobias and my parents,<br />
Sabina and Thomas, in Germany more precisely in the<br />
city of Aachen, near to the border triangle with the<br />
Netherlands and Belgium. My older sister Anna-Lea<br />
lives and studies in Cologne.<br />
Furthermore, I describe myself as a very open minded<br />
and independent person. I can also adapt myself to
Seite 4 Seite 5<br />
und Posaune in einem Orchester und einer Band.<br />
Um mich auch sportlich zu betätigen, bin ich aktives<br />
Mitglied im Tischtennisverein Alemannia Aachen,<br />
in dem ich mich teilweise als Hilfstrainer betätige.<br />
Zusätzlich gebe ich einem Realschüler im Fach<br />
Mathematik Nachhilfe.<br />
In den Ferien habe ich häufiger in der<br />
Auferstehungskirche als Betreuer bei den<br />
Ferienspielen mitgearbeitet. Generell macht mir<br />
die Arbeit mit anderen Menschen und vor allem<br />
Kindern sehr viel Spaß. Diese Arbeit hoffe ich auch<br />
in Sambia fortsetzen zu können. Ansonsten könnte<br />
ich mir vorstellen in einem Krankenhaus zu arbeiten,<br />
da ich überlege nach dem FSJ ein Medizinstudium<br />
aufzunehmen. Davon abgesehen freue ich mich aber<br />
vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Menschen<br />
vor Ort. Außerdem mache ich in den Ferien viele<br />
Fernreisen mit meiner Familie, so zum Beispiel nach<br />
Ostasien und Südamerika. Den kulturellen Austausch,<br />
den ich dabei erfahren konnte, habe ich immer sehr<br />
genossen und er hat mir gezeigt, wie sehr Menschen<br />
unterschiedlicher Länder mich interessieren. Ich freue<br />
mich aber auch darauf, durch die Musik ein wenig<br />
deutsche Traditionen und Lebensgewohnheiten<br />
mit den Menschen meiner Gastfamilie, meiner<br />
Arbeitsstelle und der Gemeinde zu teilen.<br />
Gerade weil ich viel Zeit mit meiner Familie und<br />
Freunden verbringe, wird es sicherlich nicht leicht,<br />
sie für ein Jahr zu verlassen.<br />
Die Erfahrungen, die ich bisher<br />
an dem Auswahlwochenende<br />
machen konnte, und die<br />
positiven Berichte der bisherigen<br />
Freiwilligen lassen jedoch kaum<br />
Sorgen darum zu, da ich mich<br />
schon jetzt sehr gut beim <strong>ewe</strong><br />
aufgehoben fühle.<br />
Ich bin sehr dankbar, dass der<br />
<strong>ewe</strong> mir die Möglichkeit gibt,<br />
das FSJ bei Ihrer Organisation<br />
antreten zu dürfen, da ich<br />
vor allem den beidseitigen,<br />
partnerschaftlichen, kulturellen<br />
Austausch der sambischen und<br />
deutschen Organisation sehr<br />
schätze.<br />
other people and new situations quickly and easily.<br />
My favourite subjects in school are maths and<br />
chemistry and I consider studying in a field closely<br />
connected to these subjects. In my free time I play<br />
the piano and trombone and I sing in a choir. Music<br />
is very important to me. On the one hand I like to<br />
compose and play music by myself, on the other hand<br />
I like listening to it. Right now, I am practising with<br />
an orchestra and a big band for two concerts. Another<br />
hobby of mine is playing table-tennis. Moreover, I<br />
work as a volunteer especially with children during<br />
school holidays. I expect to finish my school time with<br />
the German certificate: “Allgemeine Hochschulreife”<br />
(similar A-levels).<br />
My excitement to do my voluntary year of social<br />
service in Zambia and support your work grows every<br />
day. I hope that my assistance will be helpful with<br />
all your daily labour. Apart from the social work and<br />
me helping in different areas of education, my vision<br />
is to establish some cultural exchange for example<br />
regarding music.<br />
My interests concern various working spaces and I<br />
am happy to discover new abilities, but I would prefer<br />
to work in a hospital or any kind of school, because<br />
I think about studying medicine after my voluntary<br />
year of social service. Nevertheless, I am glad to help<br />
you wherever I can.<br />
In case of any questions I would be happy to answer<br />
via email.<br />
I am looking<br />
forward to my time<br />
in Zambia.<br />
Hallo, ich heiße Silja<br />
Thönnes und freue mich,<br />
eines der neuen Gesichter<br />
des <strong>ewe</strong> zu sein.<br />
Ich bin 19 Jahre alt und<br />
mache diesen Frühling<br />
mein Abitur am St. Ursula<br />
Gymnasium in Aachen.<br />
Mein Berufswunsch ist<br />
es Polizistin zu werden.<br />
Deshalb b<strong>ewe</strong>rbe ich<br />
mich dieses Jahr an<br />
der Polizeischule in<br />
Köln, werde aber die<br />
Ausbildung erst nach dem<br />
FSJ beginnen.<br />
In meiner Freizeit lese und<br />
zeichne ich sehr gerne.<br />
Zudem habe ich lange Zeit<br />
Basketball gespielt. Am<br />
Wochenende gehe ich oft<br />
mit meinen Freunden ins<br />
Kino.<br />
Zurzeit arbeite ich samstags in einer Bäckerei.<br />
Besonders interessant finde ich den Kontakt mit<br />
vielen verschiedenen Kunden und die Möglichkeit<br />
in einem tollen Team zu arbeiten. Schon viele Jahre<br />
helfe ich regelmäßig, in vier Familien kleine Kinder<br />
zu betreuen. Mit den Kleinen zu spielen macht mir<br />
besonders viel Spaß.<br />
Ich habe mich für das FSJ in Sambia entschieden, weil<br />
ich die Kultur, die Menschen und das Land näher<br />
kennenlernen möchte. Meiner Meinung nach geht<br />
das am besten in einer afrikanischen Familie. Diese<br />
besondere Möglichkeit bietet mir das <strong>ewe</strong>.<br />
Durch das Kennenlernen einer neuen Kultur lerne ich<br />
mich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden und<br />
Menschen anderer Kulturkreise besser zu verstehen.<br />
Das hilft mir auch in meinem künftigen Beruf.<br />
My name is Silja Thönnes<br />
and I am happy to be one<br />
of the new faces of <strong>ewe</strong><br />
this year. I am 19 years<br />
old and I am heading<br />
towards my final exams<br />
at the secondary school in<br />
Aachen in spring. I wish<br />
to become a police woman<br />
and will apply for the<br />
police school in Cologne<br />
this year, but plan to start<br />
my training after the year<br />
in Zambia.<br />
My hobbies include<br />
reading and drawing. I also<br />
used to play basketball for<br />
a couple of years. At the<br />
weekend, I often go to the<br />
cinema with my friends.<br />
Currently, I work in a<br />
bakery shop on Saturdays.<br />
It is interesting getting<br />
into contact with many different customers and being<br />
part of a wonderful team. For many years I take care of<br />
little children as a baby-sitter in four different families.<br />
It has always been fun for me to play with the kids. So<br />
I would love to work in a kindergarten.<br />
I chose to go to Zambia as a volunteer because I want to<br />
get to know the culture and the people of this country.<br />
In my opinion, the best way to do this is to live in an<br />
African family. I am happy to get this opportunity by<br />
joining the <strong>ewe</strong> program.<br />
Getting to know a new culture helps me to find my<br />
way in a new environment and to understand people<br />
from different cultural groups. And this I expect to be<br />
very helpful in my future job.
Seite 6 Seite 7<br />
Unglaublich, es ist schon Halbzeit<br />
Six Months in Deutschland<br />
Ich kann es gar nicht glauben, dass es schon sechs<br />
Monate her ist, seitdem ich nach Deutschland kam.<br />
Mir geht es gut und ich bin gesund. Ich habe vieles<br />
gelernt und neue Orte gesehen. Ich spiele nun jeden<br />
Donnerstag Volleyball in dem Team meines Gastvaters<br />
und habe abgesehen davon auch viele andere Sportarten<br />
ausprobiert, wie beispielsweise Schwimmen, Golf und<br />
Wandern, wenn das Wetter schön war. Zurzeit bringt<br />
meine Gastmutter mir das Stricken bei. Wenn ich von<br />
der Arbeit komme oder Freizeit habe, dann stricke ich<br />
meine eigenen Kissenbezüge, Handschuhe oder eine<br />
Mütze. Warme Kleidung kann man hier im deutschen<br />
Winter wirklich gut gebrauchen.<br />
Im Kindergarten läuft alles sehr gut, so wie ich erwartet<br />
hatte. Ich genieße meine Zeit mit den Kindern, das<br />
gemeinsame Spielen und besonders, den ganzen<br />
Arbeitstag über auf sie aufzupassen. Vor allem aber<br />
I believe I can and I am halfway there. It‘s now six<br />
months since I came to Germany, and I am still alive<br />
and healthy. I have seen a lot and as well visited many<br />
places. I now play volleyball on every Thursday and I<br />
belong to a volleyball team in my village of which my<br />
guest father is the coach. I have also tried swimming,<br />
playing golf, wandering only when the weather is<br />
favourable. And I now learnt knitting from my guest<br />
mother, this I do after my work and when am free. I<br />
have made my own pillow, hand warmers and a head<br />
sock, very important for the winter season.<br />
Just according to my expectations,, everything is<br />
going on well at the kindergarten, I enjoy being with<br />
the kids, playing with them and taking care of them all<br />
through the day, and this makes my German language<br />
to be better.<br />
The experience of seeing snow was so nice for me but<br />
kann ich durch die Gespräche mit den Kindern mein<br />
Deutsch verbessern.<br />
Eine weitere schöne Erfahrung für mich war der<br />
viele Schnee. Es war sehr kalt, aber es gehört zu<br />
einem Weihnachten und Silvester in Europa dazu.<br />
Der Kontrast zu meinen bisher erlebten Ritualen<br />
an Weihnachten und Silvester war sehr groß. In<br />
Sambia habe ich an Weihnachten viel Zeit in der<br />
Kirche verbracht. Nach der Messe am Abend haben<br />
wir anschließend mit Freunden gefeiert. Hier in<br />
Deutschland war es mehr ein Familienereignis,<br />
bei dem man viel Zeit miteinander und mit engen<br />
Freunden verbringt. Dazu gehört es, Kuchen zu essen<br />
und Kaffee zu trinken und bei einem Weihnachtsessen<br />
auch gerne Wein zu trinken.<br />
Zuletzt habe ich eine der schönsten kulturellen<br />
Erfahrungen gemacht: Karneval. Die Menschen<br />
haben sich nach Belieben ihre Kostüme ausgewählt<br />
und sind in eine andere Rolle geschlüpft. Ich hatte<br />
zwei verschiedene Kostüme für die Karnevalsfeier<br />
im Kindergarten und den Karnevalszug in meinem<br />
Wohnort Obermaubach. Laute Musik tönt durch die<br />
Straßen und es gibt Konzerte in der Stadt, es war ein<br />
tolles Erlebnis mit viel Spaß.<br />
Ich danke meiner Gastfamilie und dem <strong>ewe</strong>!<br />
Mbonyiwe<br />
it was very cold, but that’s what makes up the festival<br />
season in most European countries. The contrast of<br />
Christmas and New Year was very wide according to<br />
how I spent this season in Zambia. I was mostly at<br />
church of every eve and later have a party with my<br />
friends. But here it was more like a family gathering<br />
and close friends togetherness. Eating of sweet cakes<br />
and drinking wine and of course coffee.<br />
Just like the saying goes, „if you can‘t beat them, join<br />
them „.<br />
The carnival celebrations were on, there were different<br />
kinds of outfits of what one has always wished to<br />
be. Well, I also had different outfits for both at the<br />
kindergarten and my village group. Loud music and<br />
concerts in the city, it‘s was a nice culture experience<br />
for me and I had so much fun.<br />
Mbonyiwe
Seite 8 Seite 9<br />
Eine Zeit des Genießens<br />
A time to enjoy<br />
Erfahrungen zu machen, ist die beste Art zu lernen.<br />
Etwas zu lernen und sich anzupassen lässt dich zu<br />
einem Teil der Menschen um dich herum werden.<br />
Das bringt dir das großartige Gefühl, die Zeit sehr<br />
zu genießen. Die Erlebnisse in den schon sechs<br />
Monaten in Deutschland waren durchweg positiv für<br />
mich, ich habe fast alles mit großer Freude miterlebt.<br />
Während meines Urlaubs mit meiner Gastfamilie in<br />
der Schweiz habe ich das Ski fahren gelernt. Ich habe<br />
meine Zeit dort sehr genossen und wir hatten viel<br />
Spaß miteinander.<br />
Bei all den ungewohnten Dingen, die die Deutschen<br />
anders erleben als wir in Sambia, war ich mit großer<br />
Freude Teil der Karnevalsfeier. Ich fand es sehr<br />
lustig, dass die Menschen sich verkleidet haben und<br />
wünschte mir, dass es Karneval vor meiner Abreise<br />
nach Sambia nochmal geben würde.<br />
Ich freue mich darüber zu berichten, dass es mir hier<br />
in Deutschland außer des kalten Wetters sehr gut<br />
geht. In meiner Gastfamilie und auch auf der Station<br />
im Krankenhaus läuft alles gut.<br />
Vielen Dank, dass ich das alles miterleben darf.<br />
Chilala<br />
Experiencing is the best way every person learns,<br />
therefore learning makes one to be part of the people<br />
around and this brings in a great feeling of full<br />
enjoyment. In the six months I have already stayed<br />
in Deutschland, I have done so many things, of which<br />
I liked almost all of what I have done, having been so<br />
good, I learnt how to ski when my family and I went for<br />
ski holiday to Austria, I enjoyed it very much and had<br />
so much fun. With so many different things Germans<br />
done, I participated in the carnival celebration, which<br />
I found to be totally funny but I enjoyed it so much, the<br />
funny part of it where everyone wears funny clothes,<br />
I really loved it, I wished it could happen again once<br />
before my year is over.<br />
I am glad to report once<br />
again that I am doing well<br />
in Deutschland, apart from<br />
the cold weather which<br />
also not so bad, my family,<br />
my voluntary place of<br />
work and indeed my stay<br />
in Deutschland is all good.<br />
Thank you.<br />
Chilala
Seite 10 Seite 11<br />
Auf verschiedene Weisen leben<br />
Different ways of living<br />
Ich kann mich noch so genau an das Gefühl erinnern,<br />
als wir im August über Afrika geflogen sind und das<br />
erste Mal neugierigie Blicke auf die neue Heimat<br />
werfen konnten.<br />
Kaum zu glauben, dass wir nun schon ein halbes Jahr<br />
hier in Sambia verbracht haben!<br />
In den letzten drei Monaten habe ich nochmal viel<br />
über das Leben hier gelernt, über Traditionen und<br />
Bräuche, die Kunst des Kochens und die Rolle der<br />
Frau.<br />
Seit Anfang Dezember arbeite ich wegen der<br />
einmonatigen Ferien leider nicht mehr in der Schule<br />
und habe bisher auch noch keine neue Arbeit,<br />
was besonders an dem Weihnachtstrubel und<br />
unglücklicherweise an einer Cholera-Epidemie liegt.<br />
So habe ich mich mehr oder weniger freiwillig zwei<br />
Monate lang dem Leben einer sambischen Hausfrau<br />
gestellt.<br />
Obwohl Hausfrauen einen Großteil ihrer Zeit zu<br />
Hause verbringen, kann ich nicht behaupten, dass sie<br />
sich auf die faule Haut legen. Morgens gegen sechs oder<br />
I can still remember, when the three of us were flying<br />
over Africa in August, having the chance to curiously<br />
look at our new home from above.<br />
It is hard to believe that we‘ve already spent half a year<br />
in Zambia now!<br />
During the last three months I have again learnt a lot<br />
more about life here, about traditions, cooking and<br />
especially the role of a woman.<br />
Since the schools closed for vacation in december I<br />
don‘t have a job anymore. Finding a new job was<br />
difficult because of all the preparations for christmas<br />
and new year’s eve, and finally also because of the<br />
cholera outbreak. That’s why I have given myself the<br />
challenge now to improve my skills as a housewife.<br />
Although housewives spent a lot of time at home,<br />
I cannot say that they live a lazy life. Just like on a<br />
workday I wake up every morning around 6 or 7 am,<br />
then go bathing (in the shower which only has water<br />
in the morning and in the evening) and start my work.<br />
This means sweeping and mopping the house every<br />
sieben Uhr stehe ich auf, wie alle anderen, um mich<br />
(in der nur morgens und abends funktionierenden<br />
Dusche) zu erfrischen. Danach geht es normalerweise<br />
ans Fegen und Schrubben, dann nach draußen zum<br />
Waschen, zum Tee und Porridge Kochen über der<br />
Feuerstelle und schließlich wird den Eltern das<br />
Frühstück serviert. Frühstück besteht hier meistens<br />
aus dem, was man eben so im Haus findet, oftmals<br />
Weißbrot mit Butter, manchmal aber auch Porridge,<br />
Nudeln, Reis oder Pommes. Ich persönlich habe mich<br />
zwar inzwischen daran gewöhnt, zu jeder Tageszeit<br />
warm essen zu können, trotzdem genieße ich es<br />
sehr, dass ich mir in dieser Zeit auch einfach ein paar<br />
Mangos oder Guavas zum Frühstück pflücken kann.<br />
Nachdem nach und nach alle gefrühstückt haben, wird<br />
gespült und angefangen, das Mittagessen zu kochen.<br />
Nach einem halben Jahr in Sambia kann ich Nsima<br />
für eine Großfamilie kochen, auf den Markt gehen<br />
und lebendige Hühner einkaufen, Fische ausnehmen<br />
und eine Menge Gemüse kochen – Kochkünste, die<br />
bestimmt irgendwann nochmal hilfreich sind, auch<br />
wenn unsere Essensgewohnheiten in Deutschland<br />
ziemlich anders sind.<br />
Neben meiner Zeit im Haushalt habe ich zum Glück<br />
noch einige Freunde, mit denen ich mir ab und zu<br />
kleine Highlights wie eine Pizza oder einen Kaffee<br />
gönne, ich gehe noch immer zu den Chorproben,<br />
und ich habe angefangen, an einem Sportkurs für<br />
Frauen teilzunehmen, der von meiner norwegischen<br />
Freundin geleitet wird.<br />
Auch hatten die anderen Freiwilligen und ich durch<br />
unsere Arbeitslosigkeit wegen der Cholera Zeit, die<br />
Familie Phiri auf ihrer kleinen Farm zu besuchen.<br />
Wir haben diese Woche in super netter Gesellschaft<br />
und unglaublicher Ruhe in der Natur sehr genossen.<br />
Außerhalb der Städte kann man auf den Farmen<br />
ein völlig anderes Leben führen, mit Hühnern und<br />
Kühen, auf Maisfeldern, zwischen meterhohen<br />
Bananenstauden und im Busch. Besonders<br />
beeindruckend war wieder einmal der Nachthimmel,<br />
der von so unglaublich vielen kleinen Sternen und<br />
einem strahlenden Mond erleuchtet wird, wie man es<br />
in Deutschland kaum erleben kann.<br />
Natürlich haben wir im Dezember auch das erste Mal<br />
Weihnachten und Silvester auf der anderen Seite der<br />
Welt erlebt. Ich muss zugeben, dass ich besonders<br />
morning, washing my clothes outside, cooking tea<br />
and porridge on the fireplace and serving breakfast<br />
for my parents. For breakfast we prepare the things we<br />
can find in the house, which can be bread or porridge,<br />
but also macaroni, rice or chips. By now I am even<br />
used eating warm meals at any time, but I also enjoy<br />
the privilege of having trees with fresh mangos and<br />
guavas that wait to be plucked in the morning...<br />
After everyone had breakfast we have to make the<br />
dishes and start to cook our lunch. After half a year<br />
in Zambia I am able to cook Nsima for a big family,<br />
to buy living chickens at the market, to clean and cut<br />
fresh fish, and to prepare lots of different vegetables.<br />
Even though food is not the same in Germany I am<br />
convinced that I can use some of my new skills also<br />
back home.<br />
Apart from helping in the household, I am lucky to<br />
have friends to sometimes grab a pizza or a coffee with,<br />
I am still a choir member, and I also started visiting a<br />
sports course for women.<br />
What’s more is that since the Cholera outbreak kept
Seite 12 Seite 13<br />
in dieser Zeit meine Familie und Freunde zu Hause<br />
sehr vermisst habe, da mir die beiden Feste einfach so<br />
wichtig sind.<br />
Ich war tatsächlich überrascht und enttäuscht, als wir<br />
nach der Kirche am Heiligen Abend zuhause gar nichts<br />
gemeinsames gemacht haben und ich mir zur Feier<br />
des Tages eine Portion Nudeln gekocht habe, während<br />
us from working for some weeks, we had timeto visit<br />
Family Phiri in their village for a week. We really<br />
did enjoy our stay with these friendly people in the<br />
outskirts of nature. At the farm we not only helped<br />
with the chickens and cows, we were also shown the<br />
bush and could help fertilizing the maize fields. And<br />
again all of us enjoyed eatching the sky at night, which<br />
looks bright because of the shining moon and so, so<br />
many stars.<br />
Of course we also experiences Christmas and New<br />
Year for the first time at the other time of the world. I<br />
have to admit that I missed my family and friends very<br />
much during this time, because being together in this<br />
period is so important for me.<br />
That’s why I was surprised and a bit disappointed<br />
when we didn’t do anything together with the family<br />
on Christmas Eve after the church service and I<br />
celebrated alone cooking some macaroni for me...<br />
Only the next day I learnt that Zambians celebrate<br />
the actual day of Christmas, the 25th december.<br />
meine Familie in Deutschland ein schönes Fest hatte.<br />
Am nächsten Tag erst ist mir klar geworden, dass<br />
Weihnachten hier erst am 25. Dezember gefeiert wird.<br />
Mit meinen vier großen Schwestern habe ich Nudeln,<br />
Reis und Kartoffeln gekocht (eine echt schräge<br />
Kombination, hier aber ein Festessen). Beim Kochen<br />
wurde Musik angemacht und alle haben getanzt und<br />
sich auf das Essen gefreut.<br />
Im Großen und Ganzen liegt der Schwerpunkt des<br />
Weihnachts- und Silvesterfestes aber eindeutig in der<br />
Kirche. Dreistündige Gottesdienste, Taufen, und die<br />
großzügigen Geschenke an die Kirche (an Jesus) sind<br />
ein fester Bestandteil und ersetzen unter anderem das<br />
gegenseitige Schenken, wie ich es aus Deutschland<br />
kenne. Auch Silvester habe ich anstatt draußen beim<br />
Feuerwerk drinnen in der Kirche zwischen laut<br />
betenden und singenden Menschen verbracht.<br />
Ich bin froh um meine neuen Erfahrungen und<br />
bewundere, wie sehr die Sambier den ursprünglichen<br />
Sinn dieser Feste im Blick haben, habe jedoch<br />
besonders die Gemeinschaft und das Zusammensein<br />
mit Familie und Freunden in Deutschland zu schätzen<br />
gelernt.<br />
Nun freue ich mich erstmal auf unser Zwischenseminar<br />
in Tansania und den anschließenden Sansibar-Urlaub,<br />
danach auf den Beginn<br />
meiner neuen Arbeit im<br />
Krankenhaus und natürlich<br />
auf den Besuch meiner<br />
Familie und der anderen<br />
Fairreisen-Teilnehmer im<br />
März.<br />
Together with my 4 older sisters we cooked macaroni,<br />
rice and potatos while dancing to african music on the<br />
verandah.<br />
All in all, people here focus more on church services<br />
during the Christmas and New Year’s period. A long<br />
mass including baptizing children and bringing many<br />
offerings to the church (to Jesus) are very important<br />
and replace for example our european tradition of<br />
giving gifts to each other. Also on New Year’s eve<br />
I was inside the church in between a lot of praying<br />
and singing people instead of watching the fireworks<br />
outside.<br />
I am thankful for my new experiences and I admire<br />
those people for focusing on the actual sense of<br />
the festivities, but I also learnt to appreciate the<br />
togetherness with family and friends in Geermany.<br />
Now I am looking forward to our seminar in Tanzania<br />
and vacation in Zanzibar, after that my new work<br />
in the hospital, and finally of course the visit of my<br />
family and the other Fairreisen-participants in march.<br />
Jolina Bilstein<br />
Jolina Bilstein
Seite 14 Seite 15<br />
Eine große Gemeinschaft<br />
A big community<br />
Halbzeit! Ich lebe jetzt schon seit so gut wie einem<br />
halben Jahr hier in Sambia und bin erstaunt, wie schnell<br />
die Zeit vorbeigegangen ist. Mittlerweile haben sich<br />
schon einige Leute, wie z.B. meine Nachbarn, endlich<br />
an den Muzungu in ihrer Nachbarschaft gewöhnt.<br />
Das fühlt sich gut an, da jetzt nicht mehr jeder meiner<br />
Schritte verfolgt wird wie zu Beginn. In der Gegend, in<br />
der ich lebe, wo sowieso eher dicht auf dicht gewohnt<br />
wird, wird mir oft bewusst, dass die Leute im Vergleich<br />
zu Deutschland in einer großen Gemeinschaft mit fast<br />
allen anderen aus der Nachbarschaft zusammenleben.<br />
Hier wird sich gegenseitig ausgeholfen; ist einem das<br />
Waschpulver ausgegangen, klopft man mal eben an<br />
die Nachbarstür; ist keine Wäscheleine mehr frei,<br />
wird halt die des Gegenübers benutzt. Und wenn der<br />
eigene Kühlschrank nicht die richtige Temperatur<br />
hat, um Babynahrung aufzubewahren, wird nicht<br />
lange gezögert und es werden den netten Leuten von<br />
nebenan eben die Umstände erklärt. Und ein wenig<br />
Platz im Kühlschrank hat doch jeder. Es wird am<br />
Leben der anderen teilgenommen.<br />
Auch an der Erziehung ist mir aufgefallen, dass jeder<br />
für jedes Kind mitverantwortlich ist.<br />
Ein weiterer großer<br />
Unterschied zu<br />
Deutschland ist<br />
das Begleiten von<br />
Freunden und<br />
Bekannten. Das<br />
ist manchmal ein<br />
einziges Hin und Her.<br />
Wenn mich Freunde<br />
nach Hause begleiten,<br />
quatschen wir<br />
manchmal so lange,<br />
bis wir mein Haus<br />
erreicht haben, und<br />
dann begleite ich sie<br />
natürlich auch wieder<br />
ein Stück. Vergisst<br />
man dabei die Zeit,<br />
kann es vorkommen,<br />
dass man wieder am<br />
Haus des anderen<br />
angekommen ist.<br />
Half time! It´s almost a half year ago since I arrived<br />
in Zambia and I‘m surprised how fast this time has<br />
passed. It feels good that some people got used to the<br />
muzungu in their neighbourhood. Finally, people<br />
don’t follow all my steps anymore like it was in the<br />
beginning. Compared to Germany, here people live<br />
in a big community with almost all their neighbours.<br />
For example, if you‘re running out of washing powder<br />
you just knock at your neighbour’s door, if there‘s no<br />
place on your line for hanging clothes you use the<br />
neighbour’s one and those whose refrigerator doesn‘t<br />
have the correct temperature for keeping baby food<br />
will not be hesitated to ask the nice people living next<br />
door for explaining the circumstances; and we all have<br />
a little place. People take part of their friends life. They<br />
even take care of the other peoples children.<br />
Another big difference is that people escort their<br />
friends almost every time they meet. Its natural that I<br />
escort my friends back, even if their just from escorting<br />
me and sometimes we chat without even noticing that<br />
we already reached each others home.<br />
It took longtime for me to get used to spontaneous<br />
visits. If my friends are near by my place they just<br />
Woran ich mich<br />
lange gewöhnen<br />
musste, sind auch die<br />
spontanen Besuche.<br />
Ist man in der Nähe<br />
eines Freundes,<br />
schaut man mal eben<br />
vorbei, um Hallo zu<br />
sagen, und manchmal<br />
verabredet man sich<br />
an einem bestimmten<br />
Tag und Niemand<br />
kommt.<br />
Wie wichtig Religion<br />
hier für die Leute<br />
ist, wird mir bei<br />
den Treffen der<br />
Jugendlichen von<br />
meiner Gemeinde<br />
bewusst. Bevor es<br />
losgeht, wird erst<br />
einmal gebetet, und<br />
das machen sie freiwillig. Während des Treffens<br />
werden dann wichtige Veranstaltungen geplant<br />
und besprochen, denn hier geht so gut wie jede<br />
Veranstaltung von der Kirche aus. Am Ende des<br />
Meetings wird zum Abschluss wieder eine Runde<br />
gebetet. Womit ich noch immer Schwierigkeiten habe,<br />
ist der Dresscode, der in der Kirche gilt, sowohl für die<br />
Messe als auch für die nachmittäglichen Meetings mit<br />
den Jugendlichen. Denn als Mädchen darf ich meine<br />
Knie und Schultern nicht zeigen und muss immer ein<br />
Kleid oder zumindest einen Rock tragen.<br />
Weihnachten ist für mich eher enttäuschend<br />
ausgefallen. Zwar wusste ich, dass Weihnachten<br />
nicht so groß gefeiert wird wie in Deutschland, aber<br />
dennoch hatte ich mir mehr erhofft als einfach nur<br />
einen zusätzlichen Gottesdienst. In diesem wurde<br />
dafür aber mehr gesungen, einige Jugendliche<br />
haben getanzt, und es wurde sogar in Tonga ein<br />
Weihnachtsstück aufgeführt. Auch Silvester war, bis<br />
auf den Gottesdienst am Abend, wie jeder andere<br />
normale Tag. Eigentlich war am nächsten Tag eine<br />
Neujahrsparty für uns Jugendliche geplant, da aber<br />
come to greet me. Another thing is that if we arrange<br />
a meeting on a special day sometimes they just don‘t<br />
come and I have waited all day long for them.<br />
I‘m aware of how important religion is for the people<br />
at every meeting with the youths of my community.<br />
Before they start planning some future parties and<br />
meetings they pray first. I‘m still struggling with the<br />
dress code while mass and even at the meetings in the<br />
afternoons. Because of being a girl I cannot show my<br />
knees and shoulders and I always have to wear a dress,<br />
skirt or at least a chitenge.<br />
Christmas has turned out rather disappointing for me.<br />
Although I did know that Christmas is not that big<br />
celebrated as it is in Germany I still hoped for more<br />
than just an additional mass at church. But at least<br />
people sung more, some of the youths have danced<br />
and there even was a Christmas play performed,<br />
however, in Tonga. Even New Year’s Eve was like every<br />
other day except for the evening service. Actually, the<br />
next day was a New Year party for all of the youths<br />
but almost no one was able to pay in advance, so it got<br />
postponed.
Seite 16 Seite 17<br />
kaum jemand im Voraus bezahlen konnte, wurde<br />
diese enttäuschender Weise abgesagt.<br />
Abschied zu nehmen von meinen Schülern aus der<br />
Vorschule ist mir schwergefallen, da ich sie alle binnen<br />
kurzer Zeit sehr lieb gewonnen habe. Da sie wegen<br />
Ferien geschlossen hatte, habe ich in einem kleinen<br />
Krankenhaus auf der Kinderstation angefangen zu<br />
arbeiten. Dort war ich vor allem fürs Bettenmachen<br />
zuständig. Jedoch konnte ich nach sehr kurzer Zeit<br />
dort nicht mehr arbeiten, da der Cholera-Virus<br />
ausgebrochen war und das Krankenhaus zu gefährlich<br />
für eine freiwillige Arbeiterin wie mich geworden war,<br />
da ich nun einmal überhaupt nicht weiß, wie damit<br />
umzugehen ist. Wegen des Virus‘ wurde leider auch<br />
der diesjährige Ausflug mit allen Jugendlichen aus der<br />
Kirche abgesagt und auch die Schulen sind geschlossen,<br />
darunter leider auch die Behindertenschule, in der<br />
ich anfangen möchte zu arbeiten. Deshalb führe ich<br />
zurzeit ein typisches sambisches Hausfrauenleben.<br />
Oder besser gesagt das Leben eines sambischen<br />
Kindes, denn hier bin ich trotz meiner Volljährigkeit<br />
immer noch ein Kind, das auf die Regeln seiner Eltern<br />
hören muss. Hier ist mir sehr stark aufgefallen, dass<br />
ich einige meiner deutschen Freiheiten aufgeben<br />
musste. Zum einen wird Alkohol für Frauen eher als<br />
schlecht angesehen, und wenn ich erzähle, dass Bier<br />
zur deutschen Kultur gehört und es fast jeder trinkt,<br />
ernte ich oft erstaunte Blicke.<br />
Was mir am schwersten fällt, ist es, nicht mehr<br />
auszugehen oder männliche Freunde besuchen zu<br />
können. Generell gibt es die Gleichstellung von<br />
Mann und Frau nicht so, wie ich sie in Deutschland<br />
genießen konnte. Damit meine ich, dass hier noch<br />
zwischen Männer- und Frauenarbeit unterschieden<br />
wird. Zur Frauenarbeit zählt das Kochen, Putzen und<br />
Wäschewaschen, Männer hingegen gehen arbeiten.<br />
Damit möchte ich nichts verallgemeinern, denn ich<br />
kenne auch Haushalte, bei denen der Mann mithilft zu<br />
putzen und wo die Frau auch arbeiten geht. Dennoch<br />
nehme ich die Stellung der Frau als eine andere war.<br />
Was die Sprache betrifft kann ich sagen, dass ich<br />
Bemba immer noch nicht sprechen kann, aber dafür<br />
schnappe ich manchmal englische Wörter auf und<br />
kann so manchmal sogar einer Unterhaltung folgen.<br />
Meine Nachbarskinder versuchen mir manchmal<br />
Saying goodbye to all the students of the preschool<br />
was hard to me because I really enjoyed my time with<br />
them. After it closed because of the holidays I started<br />
working in a small hospital in the children´s ward.<br />
But I had almost nothing to do, just preparing the<br />
beds. However, after a very short time I couldn‘t work<br />
there anymore because of the cholera virus outbreak<br />
and the hospital became too dangerous for a volunteer<br />
like me because I don‘t know how to deal with such<br />
things. Unfortunately, this month excursion with all<br />
the youths from church got canceled because of the<br />
virus and all the schools are closed, including the<br />
special school where I want to start working. That‘s<br />
why I‘m currently living a typical Zambian life of a<br />
child, because I still get treated like a child despite<br />
being of age.<br />
I‘ve noticed that I had to give up some of my German<br />
liberties. On the other hand, alcohol is considered as<br />
bad or a woman and when I tell them, that beer is part<br />
of German culture and almost everybody drinks it but<br />
people give me a confused look.<br />
What I find the hardest, is not being able to go out<br />
anymore or visit male friends.<br />
To me it feels that there are not really equal rights<br />
between men and women as it is in Germany because<br />
of typical men and women work. Of course I can´t<br />
say that about every Zambian. There are also some<br />
households were the husband knows how to cook and<br />
the wife is also going for work.<br />
I can tell you that learning how to speak Bemba is still<br />
very hard for me but therefore I can understand some<br />
English words and that‘s why I sometimes understand<br />
what people are talking about. The children that are<br />
staying next door are trying to teach me Nyanja but<br />
I usually forget everything immediately. Therefore<br />
I‘m teaching them to sing some German songs and<br />
sometimes there calling me from outside: “Alisha,<br />
Hoppe Hoppe Reiter” or “Wiza, sing for us Hänschenklein”.<br />
All in all I can say that I‘m trying to adapt the Zambian<br />
culture, sometimes it´s working more and sometimes<br />
less. But I definitely can say that I‘ve got to know<br />
myself much better. I‘m looking forward whats going<br />
to happen in the next six months in Zambia and till<br />
then I´ll enjoy having a great time together with all the<br />
Nyanga beizubringen, aber ich vergesse das meiste<br />
sofort. Dafür bringe ich ihnen deutsche Kinderlieder<br />
bei, und das kommt so gut an, dass ich manchmal von<br />
draußen höre: „Alisha, Hoppe, Hoppe Reiter“ oder<br />
„Wiza, sing nochmal das Hänschen-klein Lied“.<br />
Alles in einem kann ich sagen, dass ich jeden<br />
Tag versuche, mich der sambischen Kultur und<br />
Lebensweise anzupassen. Das klappt manchmal mehr<br />
und manchmal weniger gut. Aber ich kann definitiv<br />
sagen, dass ich meine Person in der Zeit bisher besser<br />
kennengelernt habe. Ich bin gespannt, was mich in<br />
der zweiten Hälfte meines Jahres in Sambia so alles<br />
erwartet und bis dahin genieße ich die gemeinsame<br />
Zeit mit den vielen Kindern in meiner großen<br />
Nachbarschaft.<br />
Alisha Ernst<br />
children in my neighborhood.<br />
Alisha Ernst
Seite 18 Seite 19<br />
Tag 167 - Feiertage in Sambia<br />
Day 167 - Holidays in Zambia<br />
Nun sind schon fast sechs Monate vorüber und<br />
somit auch die Hälfte meines Aufenthaltes hier. Ich<br />
hätte nicht damit gerechnet, aber so sehr ich mich<br />
auch auf mein Zuhause in Deutschland freue, bin<br />
ich gleichzeitig mindestens genauso traurig darüber,<br />
Sambia bald wieder zu verlassen.<br />
Der Grund, warum mir das so schwer fallen wird,<br />
sind wahrscheinlich all die schönen Ereignisse<br />
der vergangenen drei Monate, von denen ich nun<br />
berichten werde.<br />
Am 17. Dezember habe ich zusammen mit den<br />
„Youths“ anlässlich der „Christmas Carols“ in der<br />
Kirche getanzt und gesungen. Überwiegend wurden<br />
Weihnachtslieder auf Tonga gesungen. Die ganze<br />
Kirche war voll, sodass extra mehr Stühle dazugestellt<br />
wurden mussten. Obwohl die meisten wissen, dass ich<br />
im Chor und bei den Youths bin, waren die meisten<br />
wohl anscheinend doch darüber überrascht, dass<br />
ich an dem Tag mit den Youths mitgesungen habe.<br />
Es wurde viel Beifall gegeben, gelacht, getanzt und<br />
fotografiert, was das Zeug hält. Ich habe mich so<br />
integriert gefühlt wie noch nie zuvor hier, weshalb der<br />
Tag einer der schönsten Tage war, die ich 2017 hatte.<br />
Nach den Christmas Carols war ich nun auch im<br />
Weihnachtsfieber. Ich wusste, das Weihnachten<br />
hier von den meisten sambischen Familien nur in<br />
der Kirche gefeiert wird, doch meine Familie ist da<br />
etwas anders. Es gab viel Weihnachtsdekoration,<br />
einen Weihnachtsbaum, viel Zeit mit der Familie<br />
und sogar ein Festessen. Zum ersten Mal seit meiner<br />
Ankunft hier habe ich meine ganze Familie an einem<br />
Tag zusammen erleben können. Trotzdem muss ich<br />
hinzufügen, dass es dennoch sehr anders war als das<br />
deutsche Weihnachtsfest. Geschenke und typische<br />
deutsche Weihnachtsleckereien gab es natürlich nicht.<br />
Dennoch muss ich zugeben, dass Weihnachten 2017<br />
hier in Sambia zu meinem Lieblingsweihnachten<br />
geworden ist. Die Leute machen sich hier nicht so<br />
verrückt davon, sondern genießen das Fest ganz<br />
entspannt und locker mit der Familie. Mit viel Gesang<br />
und Getanze versteht sich.<br />
An Silvester habe ich mittags einen Ausflug mit<br />
dem Englisch-Chor gemacht. Wir sind nach Kizito<br />
gefahren und haben dort zusammen unsere „End of<br />
Nearly six months are over now and half of my time<br />
here in Zambia has passed.<br />
I did not expect that but as much as I am happy to go<br />
back home to Germany I am also sad that I have to<br />
leave Zambia eventually.<br />
I think the reason why I am afraid of leaving Zambia<br />
are all the great experiences I made in the last<br />
three months. In the following I will explain which<br />
experiences I mean.<br />
On 17th December I sang and danced together with<br />
the Youths for Christmas Carols in church. Mostly<br />
Tonga Christmas songs. Church was full of people so<br />
that they extra brought more chairs for all the visitors.<br />
I think most people from church now that I am in<br />
the English quire and a member of the Youths, but it<br />
seems that most visitors were still surprised that I took<br />
part at the Carols. They made many pictures, clapped,<br />
laughed and danced together.<br />
I felt very integrated so that this day become one of<br />
my favourite days in 2017.<br />
the Year Party“ gefeiert. Auch dort wurde wieder viel<br />
getanzt und gesungen. Die Idylle war umwerfend.<br />
Kizito ist weit draußen bei den Dörfern und hat daher<br />
eine wunderschöne Landschaft zu bieten. Auf dem<br />
Heimweg sind wir an einigen Dörfern vorbeigefahren,<br />
haben angehalten, sind ausgestiegen und haben mit<br />
den Dorfbewohnern zusammen getanzt und gelacht.<br />
Ich bin immer noch beeindruckt, welch eine Offenheit<br />
die Sambier an den Tag legen. Als ich wieder zu Hause<br />
war, habe ich den Abend noch gemütlich mit der<br />
Familie verbracht. Um Mitternacht haben wir ein paar<br />
Raketen knallen lassen. Der Umfang des Feuerwerks<br />
lässt sich natürlich nicht mit dem vergleichen, was ich<br />
aus Europa kenne, dennoch war die Freude über das<br />
Feuerwerk bei meinen Geschwistern so groß, wie ich<br />
es nirgends sonst bisher erlebt habe.<br />
Am 23. Januar habe ich meinen 20. Geburtstag gefeiert.<br />
Und abermals kann ich sagen, dass ich tierisch Glück<br />
mit meiner Gastfamilie habe, da der Tag ohne sie nur<br />
halb so schön g<strong>ewe</strong>sen wäre.<br />
Ich habe einen Kuchen mit der Aufschrift „Happy<br />
Birthday Lumuno“ und einen neuen schönen roten<br />
Chitenge bekommen. Von Chitenges kann eine Frau<br />
in Sambia bekanntlich nie genug bekommen.<br />
Am Abend hin ist das passiert, wovor ich von<br />
meinen Geschwistern gewarnt wurde, und ich muss<br />
zugeben, dass ich echt überrascht war, dass es sich<br />
nicht um einen Witz gehandelt hat. Eine afrikanische<br />
Tradition besagt nämlich, dass jedes Geburtstagskind<br />
mit Wasser überschüttet wird und anschließend mit<br />
Maismehl (woraus Nshima zubereitet wird) und Sand<br />
eingeschmiert wird.<br />
Nachdem ich nicht drum herum gekommen bin, von<br />
Unmengen von Wasser gefüllten Eimern überschüttet<br />
zu werden, war ich froh, dass ich von Maismehl und<br />
Sand verschont wurde. Mein 20. Geburtstag wird mir<br />
somit immer gut in Erinnerung bleiben.<br />
Nicht so schön war dagegen die Cholera-Epidemie.<br />
Den Medien zufolge sind mehr als 3500 Menschen<br />
in Sambia an Cholera erkrankt. Um eine Zunahme<br />
weiterer Patienten zu verhindern, gab es strenge<br />
Maßnahmen. Alle Schulen in der südlichen Provinz<br />
wurden unmittelbar geschlossen, es gab viele<br />
Aufklärungskampagnen, und der Verkauf von Waren<br />
After the Carols I was in Christmas fever too. I knew<br />
that most Zambian familiess celebrate Christmas<br />
only in church but my family seems to be a little bit<br />
different. We had a lot of Christmas decoration, a<br />
Christmas tree, enjoyed time with the whole family<br />
and had very tasty food. For the first time I saw my<br />
whole Zambian family together since I am here.<br />
But I still have to admit that Christmas in Zambia<br />
was of course quietly different from Christmas in<br />
Germany. Gifts and Christmas sweets were missing.<br />
Nevertheless Christmas in 2017 became one of my<br />
favourite Christmas feasts.<br />
People just enjoy spending time together with someone<br />
singing and dancing instead of making themselves<br />
crazy for the best gift and Christmas food.<br />
On New Year’s Eve we had a trip with the English<br />
Quire to Kizito to celebrate our End of the Year Party<br />
there. Again we sang and danced a lot.<br />
The view was beautiful. Kizito is nearby the villages
Seite 20 Seite 21<br />
Gemeinden im Bistum Monze - Heute: Namwala<br />
auf der offenen Straße wurde verboten. Somit sollte<br />
verhindert werden, dass Menschen sich anstecken<br />
können, hieß es.<br />
Bei dem Cholera-Ausbruch war ich erleichtert, doch<br />
noch die Cholera-Prophylaxe genommen zu haben,<br />
die ich am letzten Tag in Deutschland geschluckt<br />
hatte. Aber nicht nur für mich, sondern auch für<br />
meine Familie war der Ausbruch ein einschneidendes<br />
Ereignis, den sie so bisher noch nie erlebt hatten.<br />
Da auch die Krankenschwesternschulen geschlossen<br />
blieben, war auch ich gezwungen, zu Hause zu<br />
bleiben und konnte fast einen Monat nicht arbeiten<br />
gehen. Umso schöner war es deshalb, dass auch meine<br />
ganzen Geschwister zu Hause waren, sodass es nicht<br />
so schnell langweilig wurde.<br />
Nun ist die Cholera-Krise jedoch überwunden, und<br />
ich konnte wieder angefangen zu arbeiten. Momentan<br />
arbeite ich in der Aids-Klinik. Aufgrund der vielen<br />
Patienten gibt es einiges zu tun, doch ich genieße<br />
die Arbeit dort. Ich habe wohl den „Arbeitsstress“<br />
vermisst, kann dort eine Menge lernen, höre<br />
interessante Geschichten und treffe nette Menschen.<br />
Im Februar geht es für die anderen Freiwilligen<br />
und mich zum Zwischenseminar nach Tansania.<br />
Anschließend geht es zum Urlaubmachen auf<br />
Sansibar. Ich bin gespannt darauf und freue mich<br />
schon tierisch.<br />
Charleen Kovac<br />
and has a wonderful nature. On the way back home<br />
we stopped at some villages, went outside, danced<br />
and laughed together. I am still impressed how open<br />
Zambians are to each other. Back home I enjoyed<br />
the rest of the evening together with my family. At<br />
midnight we made some firecrackers.<br />
It is not as much as we are using in Germany but at<br />
least I never saw people being so happy about firework<br />
than my siblings here.<br />
On 23rd January I celebrated my 20th Birthday here.<br />
Again I can say that I have luck to stay in such a nice<br />
Zambian family because without them the day would<br />
not have been so nice.<br />
I good a „Happy Birthday Lumuno“ cake and a nice<br />
new Chitenge. And as we now a Zambian woman<br />
cannot get enough of Chitenges. In the evening my<br />
family confronted me with an African tradition.<br />
They threw water upon my head. A lot of water. It was<br />
fun but I am happy that they did not threw milimeal<br />
or sand on me. My 20th Birthday will always be a nice<br />
memory now.<br />
Another experience which was not that nice was the<br />
Cholera outbreak. Schools were closed so that I also<br />
was not able to go to work in hospital. I stayed home<br />
nearly one month but the good part is that also my<br />
siblings had to stay home. So we had the possibility to<br />
spend time together before they have to go back again<br />
to college and boarding school.<br />
Now I am happy that the number of patients shrank<br />
and I am back at work.<br />
At the moment I am working in ART clinic. Work is<br />
really busy there but I enjoy it. I missed work stress, I<br />
can learn a lot there, hear interesting stories and meet<br />
nice people.<br />
Im Zentrum des Bistums ist man nicht gerade, wenn<br />
man sich in Namwala aufhält. Vielleicht dauerte es auch<br />
deswegen bis 2004, bis zum ersten Mal ein Freiwilliger<br />
des <strong>ewe</strong> dort sein Jahr verbrachte. Doch dann folgten<br />
zwei weitere an den durchaus idyllischen Ort, der über<br />
nicht komplett geteerte Straßen von Monze, Pemba<br />
oder Choma zu erreichen ist und fast direkt am Südufer<br />
des Kafue-Flusses liegt. Seit dem Bau des Itezhitezhi-<br />
Damms etwa 100km westlich von Namwala sind die<br />
Ernteverluste durch Überschwemmung vorbei, die<br />
die Kafueauen für Monate in einen bis zu 5.000 km²<br />
großen Binnensee verwandelten. Schlechter geworden<br />
ist dadurch allerdings die Bodenfruchtbarkeit des von<br />
der Landwirtschaft lebenden Städtchens mit ca. 5000<br />
Einwohnern. Neben den Tonga leben in Namwala<br />
und im gleichnamigen Distrikt auch viele mit den<br />
Tonga eng verwandte Ila. Die Ila halten einmal im Jahr<br />
im September oder Oktober im Namwala-Distrikt<br />
ihre berühmte Shimunenga-Zeremonie ab. Sie ist<br />
vor allem als Ehrerbietung gegenüber den Ahnen<br />
gedacht, ihr Schrein wird angebetet, es wird getanzt,<br />
und man führt sich gegenseitig das Vieh, Zeichen<br />
des Reichtums, vor. Regional bekannt ist Namwala<br />
ansonsten für seine weiterführende Schule, die<br />
Namwala Secondary School, die als Internat zurzeit<br />
1500 Schüler beherbergt.<br />
„Shimunenga-Zeremonie“<br />
In February I will go to a seminar in Tanzania together<br />
with the other volunteers.<br />
After that we will go to Zanzibar for vacation. I cannot<br />
wait to go there and I am really excited.<br />
Charleen Kovac
Seite 22 Seite 23<br />
Zeitreise in mein FSJ<br />
Knapp zwei Jahre nach ihrem Freiwilligenjahr<br />
in Sambia berichtet Helen Hermens von einem<br />
Wiedersehen…<br />
Als ich 2015/16 in Mazabuka mein FSJ machte, kam<br />
natürlich die Frage auf, ob ich denn vorhätte, wieder<br />
zurück zu kommen. Am liebsten natürlich, ob ich “for<br />
good“, sprich für immer, nach Sambia zurückkehren<br />
wolle. Nun endlich, dieses Jahr, im Februar, habe ich es<br />
hinbekommen ein wenig Geld zusammen zu suchen,<br />
einen Flug zu buchen und zu überlegen, was ich wohl<br />
wem mitbringe und was ich zu dieser Jahreszeit packen<br />
muss. Das Wetter hat mich trotzdem überrascht.<br />
Gestartet bei um die 0 Grad in Frankfurt, landete ich<br />
bei schwülen Temperaturen einen Tag später in Lusaka.<br />
Die Luft war wie im Schwimmbad, dachte ich zuerst,<br />
irgendwie ungewohnt. Genau wie die Gerüche im<br />
ersten Moment.<br />
Lusaka kam mir auch sofort anders vor als 2015. Erstens<br />
natürlich, hatte ich nicht denselben Kulturschock<br />
wie damals – ich hatte schließlich alles schon einmal<br />
gesehen. Aber es hatte sich verändert, diese so<br />
vollgepackte Hauptstadt. Keine Straßenverkäufer mehr,<br />
keine qualmenden Müllberge an jeder Ecke. Ich redete<br />
mit einem Taxifahrer darüber. Er lachte. Es sei wegen<br />
der Cholera, meinte er. Weil der Krankheitsausbruch<br />
dieses Jahr so schlimm g<strong>ewe</strong>sen war, hatte die Regierung<br />
das Militär angeheuert, die Straßen sauber zu halten.<br />
Schien zu funktionieren.<br />
Auch Mazabuka, die Stadt, in der ich mein Jahr<br />
verbrachte, sah auf den ersten Blick seltsam aus – wie,<br />
als würde ich bloß durch ein Fenster blicken. Die erste<br />
Begegnung mit meiner Familie und meinen Freunden,<br />
wieder der erste Schritt über die Türschwelle, wieder<br />
das erste Mal Minibus fahren oder mit einem Eimer<br />
Wasser duschen – es fühlte sich alles an, als wäre ich<br />
bloß eine Schlafwandlerin.<br />
Schließlich war alles dann doch irgendwie, als wäre ich<br />
niemals weg g<strong>ewe</strong>sen. So viele Leute erinnerten sich<br />
an mich, ich war wirklich erstaunt. Ganz, ganz schnell<br />
schlich sich der Alltag wieder ein. Ich hatte zwar vor,<br />
noch ein bisschen Ferien zu machen, aber die zwei<br />
Wochen, die ich in meiner Gastfamilie verbrachte,<br />
waren einfach, als wäre ich gestern erst gefahren und<br />
heute wieder gekommen. Es war wirklich wie eine<br />
kleine Zeitreise zurück nach 2015.<br />
Ich war sofort wieder die kleine Chileleko. Kein Stück<br />
älter geworden. Die immer noch Punkt sieben Uhr zu<br />
Hause sein musste. Keine Chance. Unter Mamas Dach<br />
war ich immer noch genauso Kind wie vor zwei Jahren.<br />
Viele Leute hatten sich verändert, manche<br />
gar nicht. Besonders die Kinder waren<br />
alle plötzlich so groß. Meine Nichte, die<br />
geboren wurde, als ich dort war, konnte<br />
nun rumrennen und sprechen. Erst da<br />
merkte ich, dass doch etwas Zeit vergangen<br />
war. Nicht nur diese Kinder waren älter<br />
geworden, auch ich. Ich merkte, dass ich<br />
die ersten Tage sehr vorsichtig war. Wasser<br />
abkochen, Hände waschen, kein rohes<br />
Gemüse essen, unter einem Mückennetz<br />
schlafen. Es war nicht wie im Laufe des<br />
Jahres, wo mir das alles irgendwann egal<br />
war und ich mich soweit angepasst hatte.<br />
Und auch meine Freunde dort hatten sich<br />
verändert, gingen plötzlich alle studieren<br />
und meine Schwester hatte ein Kind<br />
bekommen. Sie erzählte mir alles, wie<br />
spannend die Schwangerschaft und die Geburt g<strong>ewe</strong>sen<br />
war und wie es jetzt ist, gleichzeitig Mama zu sein und<br />
das Abitur nachzuholen. Es gab viel zu erzählen. So saß<br />
ich die ersten Tage viel herum, drinnen und draußen,<br />
begleitete Freunde zum Markt und wieder zurück und<br />
tat nicht viel außer quatschen und genießen und ein<br />
bisschen hier und da mit anpacken.<br />
Natürlich musste ich auch diverse Besuche abstatten,<br />
weil ein paar Familienmitglieder mittlerweile in<br />
anderen Städten wohnten. So fuhr ich zum Beispiel<br />
ein Wochenende nach Chikuni, einem sehr kleinen<br />
gepflegten Ort mitten im sambischen Busch. Vor lauter<br />
Regen durchpflügte unser Taxi tiefe Pfützen und wir<br />
verbrachten das Wochenende nahe dem Holzkohlefeuer.<br />
Ich hatte, bevor ich geflogen war, ein bisschen Angst,<br />
alles würde vielleicht anders sein, Erinnerungen zerstört<br />
oder meine Erwartungen enttäuscht. Aber das war nicht<br />
so. Sambia empfing mich mit offenen Armen, genau<br />
wie die Leute dort. Eine Freundin ließ fast ihr Baby<br />
fallen, als sie mich unerwartet wieder sah. Mein Bruder<br />
schrie vor Freunde, weil er nicht glauben konnte, dass<br />
ich wirklich vor ihm stand. Und ich konnte es ehrlich<br />
gesagt auch lange nicht glauben. Erst nach hundert Mal<br />
Atmen sambischer Luft, Gospelmusik-Hören, nachts<br />
dem Regen auf dem Wellblechdach lauschen und den<br />
Sonnenbrand in meinem Nacken Spüren, wusste ich,<br />
dass ich wirklich, wirklich wieder da war.<br />
Helen Hermens