Wirtschaftszeitung_26032018
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18 GELD &GESCHÄFT<br />
Das „neue Geld“<br />
fließt nicht immer<br />
Bei Paypal müssen Handelssanktionen des US-Amtes für die Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC)<br />
strikt beachtet werden. Überweisung aus Münster wurde wegen eines „Sicherheitsrisikos“ gestoppt.<br />
„Paypal ist das neue Geld“ –soverheißt<br />
esdie aktuelle Werbung, mit<br />
welcher der Internet-Bezahldienst<br />
seine Kundenlockt. Nurzahlen kann<br />
man damit nicht immer. Die Erfahrung<br />
machte auch Georg Schaaf aus<br />
Münster, als er eine Überweisung<br />
über Paypal tätigen wollte. Als<br />
Schaaf den geringen Betrag von 20<br />
Euro an einen Empfänger in Griechenland<br />
senden wollte,liefergegen<br />
eine virtuelle Mauer. Die für ihn verblüffende<br />
Begründung des Unternehmens<br />
lautete: „Sicherheitsrisiko“.Was<br />
war passiert?<br />
Schaaf hatte in der<br />
Betreffzeile das Wort<br />
„Syrien“ auf Englisch<br />
(Syria) eingegeben –<br />
das reichte für eine Stornierung. „Offenbar<br />
hat Paypals Software ‚Stoppworte’<br />
eingebaut, die bei Eingabe Alarm geben<br />
und einen Abbruch des Zahlvorgangs<br />
Der Online-Bezahldienst Paypal hat nach eigenen Angaben weltweit<br />
über 190 Millionen aktive Nutzer.<br />
Foto: dpa<br />
auslösen“, sagt Georg Schaaf, der als<br />
freier Lektor in Münster arbeitet.<br />
Seit einiger Zeit treibt ihn auch das Thema<br />
„Flucht und Erinnerung“ um, zu welchem<br />
er bereits Lesungen organisierte.<br />
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Georg Schaaf hat ganz eigene Erfahrungen mit Paypal gemacht. Als ereine Überweisung von 20Euro aneinen<br />
Empfänger in Griechenland senden wollte, lief er gegen eine virtuelle Mauer.<br />
Foto: privat<br />
stattfinden soll, beabsichtigt Schaaf,<br />
einen Kurzfilm des Lyrikers und Übersetzers<br />
Jazra Khaleed zu zeigen (der auch<br />
Elfriede Jelinek ins Griechische übersetzt<br />
hat). Dieser Kurzfilm –imvergangenen<br />
Jahr auch in Münster beim „Zebra Poetry“-Filmfestival<br />
zu sehen –beruht auf<br />
Khaleeds Gedicht „Gone is Syria, gone“.<br />
Diesen TitelhatteSchaaf arglos in die Betreffzeile<br />
getippt, als er Khaleeddie erbetene<br />
„Anerkennungs-Spende“ für dessen<br />
Sieben-Minuten-Film überweisen wollte.<br />
Die virtuellen Warnleuchten gingen<br />
prompt an.<br />
„Wortesind eben schärferals Waffen“, lächelt<br />
Schaaf –der den Beginn des Antikriegs-Gedichts<br />
so ins Deutsche übersetzt<br />
hat: „Fort ist Syrien, fort. Sie hat Ihre<br />
Kopftücher,ihreStraßen und Ruinen genommen,<br />
hat ihre Toten auf den Rücken<br />
gebunden und ging fort.“<br />
Der Münsteraner verweist auf einen ähnlichen<br />
Fall, der im Vorjahr von der FAZ<br />
berichtet wurde. Damals setzte die Betreffzeile<br />
„Damascus“ Paypals Warn-Algorithmen<br />
in Gang. Es handeltesich aber<br />
nur um die „virtuelle“ Waffe eines Computerspielers<br />
–einen Dolch, den er für<br />
das Spiel „Counter Strike, Global Offensive“<br />
online kaufen wollte. Und dieser<br />
„Internet-Dolch“ bestand aus „Damascus<br />
Steel“.<br />
Bei diesem Vorgehen hält sich Paypal als<br />
amerikanisches Unternehmen allerdings<br />
nur an die Gesetze, wie Pressesprecherin<br />
Sabrina Winter (Head of Communications<br />
für den deutschsprachigen Raum)<br />
telefonisch bestätigt: „Ja, wir verwenden<br />
Wortfilter –aber nicht nur. Das ist ein<br />
ganz komplexes System aus Mensch,Maschine<br />
und Algorithmen.“<br />
Das amerikanische Amt für Kontrolle für<br />
Auslandsvermögen (OFAC) verhängt<br />
Handelssanktionen, die auch für Paypal<br />
bindend sind. Ganz gleich, in welchem<br />
Land eine Zahlung getätigt wird, muss sie<br />
bei verdächtigen Wörtern genauer geprüft<br />
werden. Auch „Nordkorea“ oder<br />
„Kuba“ sind als Betreff nicht anzuraten.<br />
„In diesem Fall kann Paypal vorübergehend<br />
das Konto des Kunden einschränken,<br />
während parallel zusätzliche Informationen<br />
eingeholt werden. Diese Einschränkung<br />
erfolgt, um mögliche zusätzliche<br />
Zahlungen zu verhindern, die ebenfalls<br />
einen Verstoß darstellen könnten.<br />
FallsimRahmen der Überprüfung weitere<br />
Fragen aufk<br />
ommen und Paypal nicht<br />
in der Lageist, auf Basis der vorliegenden<br />
Informationendie Zahlung abzuwickeln,<br />
wird der Kunde direkt von uns kontaktiert.“<br />
Die Stopp-Wörter vergleicht Sabrina<br />
Winter mit einem „Boxenstopp“ für<br />
Rennwagen oder einer Weiche, mit der<br />
ein Zug aufs Nebengleis geleitet wird.<br />
Dort nehme sich dann ein Spezialist des<br />
Themas an, der den ganzen Tagmit dergleichen<br />
befasst ist –und dann meist feststellt:<br />
„Ach, das warjanur ein Computerspieler!“<br />
Wie im Falle des „Damascus<br />
Steel“.<br />
Und wie oft geschieht so etwas? Dazu gebe<br />
es keine genauen Zahlen, es sei aber<br />
sehr selten. Schließlich habe Paypal im<br />
letzten Jahr weltweit 7,6Milliarden Zahlungen<br />
abgewickelt, etwa 20Millionen<br />
proTag. Das Unternehmen ist in 202 Ländern<br />
beziehungsweise „Märkten“ aktiv.<br />
In vielen davon kann man nur Geld senden,<br />
aber nicht als Händleraktiv werden,<br />
in Marokko oder Tunesien etwa.<br />
Auch außerhalb des amerikanischen<br />
„Mutterlandes“ seien für Paypal die Vorgaben<br />
der OFAC eben verbindlich. Die<br />
sanktionierten Länder können auf der<br />
Internetseite der OFAC eingesehen werden:<br />
ww<br />
w w.treasury.gov/resource-cen-<br />
ter/sanctions/Pages/default.aspx.<br />
Da kann es durchaus mal ernst werden:<br />
Alsein zunächst gestoppter Zahlvorgang<br />
in einem Fall freigegeben wurde, der in<br />
ein sanktioniertes Empfängerland ging,<br />
musstePaypal eine „dickeStrafe“ zahlen.<br />
Das habe die Wachsamkeit des Unternehmens<br />
natürlich nochmals sensibilisiert.<br />
Sabrina Winter nennt als typisches Beispiel<br />
das Kuba-Embargo. Es gebe aber<br />
auch sanktionierte Personen –Waffenhändler<br />
oder in den USAgesuchteTerroristen.<br />
Zu den gebanntenLändern zählen<br />
Nordkorea, der Iran und eben auch Syrien.<br />
Dann gebe es außerdem noch jene,<br />
die sich mit den USAnicht gut verstehen,<br />
zu denen die EU aber eine etwas andere<br />
Einstellung habe. „Da entsteht dann ein<br />
quasi klassischer Rechtskonfl<br />
ikt.“<br />
Um es nochmals auf den Punkt zu bringen:<br />
„Wenn man Händler werden will<br />
und sagt: ‚Ich bin ein in Nordkoreasitzender<br />
Händler von kubanischem Rum’,<br />
kommt man mit uns nicht nicht ins Geschäft!“,<br />
verdeutlicht die Pressesprecherin<br />
lachend.<br />
Der Zahlungsverkehr verlaufe jedoch in<br />
den allermeisten Fällen völlig problemlos.<br />
So war imFalle des in der FAZ erwähnten<br />
„Counter Strike“-Spielers das<br />
gesperrte Konto anderntags wieder freigegeben.<br />
Und auch der Münsteraner<br />
Georg Schaaf konnte Paypal von der<br />
Harmlosigkeit seiner Überweisung überzeugen,<br />
die kurz daraufanJazra Khaleed<br />
(ein Künstlername) gegangen ist. Was<br />
die Zukunft des „neuen Geldes“ angeht,<br />
so werden derlei Probleme sicher noch<br />
zunehmen. Vom Thema des „gläsernen<br />
Bürgers“ gar nicht zu reden…<br />
Arndt Zinkant