Fraktion direkt | Ausgabe April 2018
"Fraktion direkt" ist das Magazin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Es erscheint jeweils am Anfang des Monats. Lesen Sie hier unsere aktuelle Ausgabe April 2018!
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16 Das Gespräch<br />
»Es kommt auch<br />
eine Zeit nach Putin«<br />
Johann David Wadephul über Russland nach der Präsidentenwahl<br />
R<br />
Russlands Präsident Wladimir Putin<br />
ist im März für weitere sechs Jahre<br />
im Amt bestätigt worden. Über<br />
Moskaus geopolitische Rolle und<br />
seine Ambitionen sowie über sein Verhältnis<br />
zu Europa sprach »<strong>Fraktion</strong> <strong>direkt</strong>« mit dem<br />
stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-<br />
Bundestagsfraktion, Johann David Wadephul.<br />
Herr Wadephul, seit 1999 ist Putin ununterbrochen<br />
an der Macht – als Ministerpräsident<br />
oder als Präsident. Warum hat die Opposition<br />
in Russland keine Chance?<br />
Wadephul: Die russische Führung hat Angst, dass es<br />
in Russland wie in der Ukraine – wir erinnern uns an<br />
die erfolgreiche Maidan-Revolution Anfang 2014 –<br />
zu einem Regime-Wechsel kommen könnte. Immerhin<br />
hatte es ja auch in Russland<br />
Ende 2011, Anfang 2012 große<br />
Demonstrationen gegen das Regime<br />
gegeben. Seit seinem erneuten<br />
Amtsantritt als Präsident<br />
vor sechs Jahren, vor allem aber<br />
seit dem Umsturz in Kiew hat<br />
Putin mit Gesetzen und Einschüchterungen<br />
alles getan, um<br />
die Opposition zu marginalisieren. Und der wichtigste<br />
Oppositionspolitiker, Alexej Nawalny, durfte<br />
an den Wahlen am 18. März nicht teilnehmen – auch<br />
wenn man einräumen muss, dass er gegen Putin<br />
keine Chance gehabt hätte. Zudem ist es Putin gelungen,<br />
von den erheblichen Defiziten im Inneren<br />
durch Machtdemonstrationen auf außenpolitischer<br />
Ebene abzulenken.<br />
Wie es aussieht, muss der Westen bis 2024<br />
mit dem schwierigen Partner Putin auskommen.<br />
In welche Richtung wird sich Russland<br />
Ihrer Meinung nach entwickeln?<br />
Wadephul: Ja, so sieht es aus. Ich fürchte, Putin ist<br />
zu einem Kurswechsel im Inneren, also zu politischen<br />
»Niemand hat<br />
Interesse an<br />
einem neuen Ost-<br />
West-Konflikt.«<br />
und strukturellen Reformen, nicht bereit. Denn die<br />
würden sein Regime infrage stellen. Also wird es<br />
weitere Jahre von Stagnation, von grassierender<br />
Korruption und ausufernder Bürokratie geben.<br />
Aber es kommt auch eine Zeit nach Putin. Darauf<br />
sollten wir uns schon jetzt vorbereiten und nach<br />
neuen Möglichkeiten einer Kooperation suchen. Die<br />
russische Gesellschaft ist vielschichtiger, als die<br />
russische Führung glauben machen will. Wir sollten<br />
dieser Gesellschaft mit mehr Offenheit begegnen.<br />
Welche Bedrohung geht von Russland für die<br />
östlichen NATO-Staaten, also das Baltikum<br />
und Polen, aus?<br />
Wadephul: Lassen Sie uns lieber sagen: das sicherheitspolitische<br />
Verhalten Russlands gegenüber dem<br />
gesamten Westen ist immer besorgniserregender<br />
geworden. Wir erleben Russland<br />
als ein Land, das fortgesetzt gegen<br />
internationale Regeln verstößt.<br />
Beispiele dafür sind die<br />
Annexion der Krim, die militärische<br />
Intervention in der Ostukraine,<br />
der Krieg in Syrien, die<br />
Drohung mit neuen Nuklearwaffen<br />
und die mutmaßliche Verletzung<br />
des INF-Vertrages. Mit größter Wahrscheinlichkeit<br />
ist Russland auch für den Nervengift<br />
Anschlag auf einen ehemaligen russischen Agenten<br />
und seine Tochter verantwortlich.<br />
Wir würden uns wünschen, dass Präsident<br />
Putin seine neue Amtszeit für einen Kurswechsel<br />
nutzt, um die Beziehungen zum Westen deutlich zu<br />
verbessern. Denn eine engere Zusammenarbeit<br />
liegt im beiderseitigen Interesse. Das allerdings<br />
setzt einen außenpolitischen Paradigmenwechsel<br />
der russischen Politik voraus. Kurzum: Niemand hat<br />
ein Interesse an einem neuen Ost-West-Konflikt.<br />
Aber solange der Kurswechsel nicht kommt, muss<br />
der Westen achtsam und widerstandsfähig sein und<br />
geschlossen agieren.