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LÖHRER Saga - Leben im 20 JH mit all seinen Vorteilen, Nachteilen und aller Dramatik

Kaum so gut habe ich bisher Dokumente einer Persönlichkeit gesehen: begonnen mit jedem Schulzeugnis über Ausbildung, Beruf, Freizeit, Behördenpost und all dem, was ein Leben vor und in dem Krieg war und danach noch lückenlos mit allen Kriegsunterlagen und Bildberichterstattung vorhanden ist. Mit der Entnazifizierung begann ein neues kapitel das noch umso schwieriger wurde weil es immer ums Geld ging das 2x durch die Währungsreform verloren ging. Essen und Trinken und Überleben - fast im Erzählton zu erleben.

Kaum so gut habe ich bisher Dokumente einer Persönlichkeit gesehen: begonnen mit jedem Schulzeugnis über Ausbildung, Beruf, Freizeit, Behördenpost und all dem, was ein Leben vor und in dem Krieg war und danach noch lückenlos mit allen Kriegsunterlagen und Bildberichterstattung vorhanden ist.
Mit der Entnazifizierung begann ein neues kapitel das noch umso schwieriger wurde weil es immer ums Geld ging das 2x durch die Währungsreform verloren ging. Essen und Trinken und Überleben - fast im Erzählton zu erleben.

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<strong>LÖHRER</strong> <strong>Saga</strong><br />

<strong>Leben</strong> <strong>im</strong> <strong>20</strong>. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Rheinbach als Mittelpunkt<br />

Es wird die Zeit des industriellen Aufbruchs. Die Menschen organisieren sich,<br />

schaffen Verbünde, neue Machtzirkel entstehen.<br />

Elektrischer STROM heißt eines der Zauberworte <strong>und</strong> geheizt wird <strong>im</strong>mer noch<br />

<strong>mit</strong> Kohlen, <strong>im</strong> Rheinland auch Brikett genannt oder liebevoll „Klütten“.<br />

Und was verbindet 2 Familien-Dynastien?<br />

Krautwig in Rheinbach <strong>und</strong> Löhrer in Botzdorf (Bornhe<strong>im</strong>)?<br />

1911 ging diese Karte von Heinrich Löhrer an seine geliebte Fre<strong>und</strong>in Elisabeth<br />

Kerz nach Mainz die dort bei der Apothekerfamilie Saßmann in Stellung war, die<br />

von Bonn nach Mainz umgezogen war <strong>und</strong> <strong>mit</strong> nach Mainz wechselte.<br />

Der Unternehmer Martin Krautwig in Rheinbach führte neben der<br />

Landwirtschaft eine Feldbrand Ziegelei <strong>und</strong> war <strong>im</strong> Brikett- <strong>und</strong> Baustoffhandel<br />

tätig <strong>und</strong> hatte eine wichtige Funktion <strong>im</strong> Braunkohlesyndikat inne. Der<br />

Bahnhof Rheinbach <strong>mit</strong> Gleis zum Entladen der Züge lag gerade mal 100 Meter<br />

weit weg vom Geschäftsbetrieb <strong>und</strong> 800 Meter von der Ziegelei entfernt.<br />

Brühl war der Arbeitsplatz für Heinrich Löhrer, der sich der „neuen Kraft“, dem<br />

elektrischen Strom verschrieben hatte: das Elektrizitätswerk Berggeist hat <strong>seinen</strong><br />

Werdegang best<strong>im</strong>mt (hervorgegangen aus der Braunkohlegrube Berggeist).<br />

Und schon sind wir bei der 1. Verbindung Löhrer <strong>und</strong> Rheinbach.


3. Oktober 1911 versendet:<br />

Fräulein Lisbetchen Kerz in Mainz<br />

Bei einem Arbeitseinsatz für sein Unternehmen Berggeist ist nicht mehr zu klären,<br />

ob es um den Einkauf von Ziegelsteinen ging oder um Verträge zu Briketts. Viel<br />

wahrscheinlicher die Besprechungen um elektrischen Strom, wo doch gerade die<br />

Elektrizitätswerke Berggeist AG von dem neuen Großaktionär RWE übernommen<br />

wurden <strong>und</strong> dieser Eigentümer von Berggeist wird. 1909-1910 erfolgte dieser Schritt<br />

<strong>und</strong> gilt als der Einstieg von RWE in Braunkohleaktivitäten – genau hier war der<br />

Kaufmann Martin Krautwig maßgeblich <strong>mit</strong> aktiv. Und nun begann der Übergang<br />

ins Zeitalter des elektrischen Stromes – <strong>und</strong> das wurde die Zeit für Heinrich Löhrer.<br />

Heinrich Löhrer, noch nicht verheiratet, aber <strong>mit</strong> strategischen Aufgaben in<br />

Rheinbach unterwegs, konnte nicht ahnen, dass diese kaufmännischen Kontakte zu<br />

einer besonderen Beziehung führen sollten. Denn auch Franziska (*1913) war lange<br />

noch nicht geboren.<br />

1912 heiratet Heinrich Löhrer seine Elisabeth Kerz <strong>und</strong> Löhrer bekommt Lechenich<br />

als verantwortlicher Montageleiter für das Elektrizitätswerk Berggeist Brühl<br />

überantwortet <strong>und</strong> ist so<strong>mit</strong> zuständig für die Elektrifizierung vor Ort <strong>und</strong> der<br />

Region. Da<strong>mit</strong> war ein Umzug nach Lechenich vorgegeben <strong>und</strong> in der Klosterstraße<br />

fanden sie eine Wohnung, zunächst in dem Haus der Schreinerei Z<strong>im</strong>mermann.<br />

Hier hatten Johannes (*1913) <strong>und</strong> Anna (*1915) ihr erstes zu Hause.<br />

Später, 1918, 50 Meter weiter, Klosterstraße 18 – elektrisch war es <strong>im</strong>mer eine<br />

Vorzeigewohnung/haus für <strong>all</strong>es, was <strong>mit</strong> Strom machbar war.


1913 wurde das älteste von 4 Kindern geboren: Johannes Löhrer am<br />

29. Juni 1913.<br />

Schwester Anna wurde 1915 geboren. Probleme bei der Geburt<br />

verursachten eine gravierende Unterversorgung <strong>und</strong> verursachten eine<br />

lebenslange irreversible Schädigung beider Beinextre<strong>mit</strong>äten.<br />

Zeitlebens war sie auf Bett <strong>und</strong> Rollstuhl angewiesen. Keine<br />

Krankenkasse war bereit sie aufzunehmen. Alles musste privat<br />

finanziert werden. Behinderungsgrad 100 %. Sohn Peter kam 19<strong>20</strong> zur<br />

Welt, die Schwester Kathi 1926.<br />

So wurde Johannes vor <strong>all</strong>em <strong>mit</strong><br />

Schwester Anna groß. Vom 1. Weltkrieg<br />

bekamen beide nicht wirklich etwas <strong>mit</strong> -<br />

der spielte nicht mal weit weg <strong>im</strong><br />

Hürtgenwald <strong>und</strong> den Ardennen eine große<br />

Rolle.<br />

"Verstecken spielen" fand oft in den<br />

Särgen der Schreinerei dort statt <strong>und</strong><br />

das <strong>Leben</strong> der Kinder verlief normal. So<br />

kam Johannes am 1. April 1919 in die<br />

katholische Schule zu Lechenich <strong>im</strong><br />

Regierungsbezirk Köln.<br />

Johannes war stets ein aufmerksamer,<br />

interessierter Schüler der sich ständig<br />

verbesserte <strong>und</strong> gute Noten <strong>mit</strong> nach<br />

Hause brachte. Mittlerweile waren auch<br />

die Geschwister Peter <strong>und</strong> Katharina<br />

geboren <strong>und</strong> sorgten für großen<br />

finanziellen Aufwand für die 6 köpfige<br />

Familie.


Trotz <strong>all</strong>er Wünsche <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

gab es für Johannes keine Möglichkeit,<br />

eine weiterführende Schule, gar Abitur<br />

erreichen zu können. Es musste ein<br />

"handfester" Beruf her, was 1927 gar<br />

nicht so einfach sein sollte. Die<br />

Kontakte waren zwar gut, aber die<br />

Möglichkeiten zu der Zeit<br />

ausgesprochen schlecht.<br />

Johannes Löhrer (rechts)<br />

Weißen Sonntag 1924<br />

am Tag seiner<br />

1. hl. Kommunion


Kinderkummonion 1924 von Johannes Löhrer: schon damals eine große Familienfeier.<br />

Hier <strong>im</strong> Garten <strong>mit</strong> Angehörigen der Löhrer <strong>und</strong> Kerz Familiendynastien die Johannes<br />

noch namentlich darstellen konnte.<br />

Nachzuvollziehen ist <strong>all</strong>es <strong>im</strong> Stammbaum der beiden Linien. Ein später kleiner Vorteil<br />

der 30er Jahre, in denen Ahnen ein wichtiges Dokumentationsfeld wurden.<br />

Dass die Bilder noch zuzuordnen sind, ein besonderes Geschenk.


Links:<br />

Löhrer / Kerz Familienbild 1924<br />

Kinderkommunion von Johannes<br />

(vorne rechts)<br />

unten:<br />

nach der Schulentlassung 1927 vor<br />

dem <strong>Leben</strong>s<strong>mit</strong>telladen „Zilliken“ in<br />

Lechenich in der Klosterstraße.<br />

Links: 1925 bei der Wanderung<br />

<strong>mit</strong> dem Eifelverein dem Vater<br />

Heinrich Löhrer (oben links) bei<br />

dem Johannes schon begeistert<br />

<strong>mit</strong>machte. Untere Reihe sitzend, 4. von<br />

links.<br />

Unten:<br />

Johannes am Tag der Kommunion<br />

(2. v. r.) <strong>mit</strong> Schwester Anna (Mitte<br />

<strong>mit</strong> Krücken)


Johannes kam so nach Gymnich in die Bäckerei Segschneider um dort eine<br />

Bäckerlehre zu absolvieren.<br />

Es war eine harte Zeit. Es war noch üblich, Gartenarbeit <strong>und</strong> anderes <strong>mit</strong> zu<br />

erledigen <strong>und</strong> Jugendschutz gab es nicht einmal als Wortschöpfung,<br />

Nachtarbeit wurde so<strong>mit</strong> <strong>mit</strong> 14 Jahren schon Standard. Ausbildung war<br />

auch noch ein Fremdwort <strong>und</strong> eigentlich galt es, <strong>im</strong> Hause Löhrer "einen<br />

Esser weniger" zu haben <strong>und</strong> Johannes dafür "versorgt" zu wissen. Ohne zu<br />

murren <strong>und</strong> <strong>im</strong>mer höchst wissbegierig "zog" er das durch. Gymnich hatte<br />

eine eigene "Gewerbe Fortbildungsschule" die Johannes besuchte ebenso<br />

wie eine Fachschule in Euskirchen. Sein wichtigstes Fortbewegungs<strong>mit</strong>tel<br />

war sein Fahrrad auf dem auch <strong>all</strong>es transportiert wurde - auch, wenn es<br />

auf einer Hand hochgehalten oder festgehalten werden musste. Auch <strong>all</strong>es,<br />

das heutzutage elektrisch betrieben wird ging seinerzeit nur <strong>mit</strong> der Kraft<br />

der Hände.<br />

~1927/28 Johannes <strong>mit</strong> seinem<br />

Vater Heinrich Löhrer<br />

~1927/28 Familie der Bäckermeister<br />

Bernard Segschneider in Gymnich <strong>mit</strong> Tochter +<br />

Vater<br />

Links die Abschrift des Lehrzeugnis 1930<br />

Es war schon eine Besonderheit,<br />

wenn es eine Maschine (Kneter)<br />

gab, die <strong>mit</strong> einem separaten<br />

Elektromotor <strong>mit</strong><br />

Transmissionsriemen betrieben<br />

werden konnte. Eier z. B. wurden<br />

<strong>mit</strong> der Hand aufgeschlagen, ein<br />

kraftzehrender Akt. Die Arbeits-<br />

Zeugnisse der Chefs zeugen noch<br />

heute von seiner Mobilität: seine 1.<br />

Stelle nach der Lehre war in Liblar.


Oben:<br />

Entlassungszeugnis der<br />

Berufsschule<br />

Rechts:<br />

Original<br />

handgeschriebenes<br />

Zeugnis vom Lehrherrn.<br />

Lesbare Abschrift davon<br />

vorige Seite.<br />

Darunter:<br />

Die 1. Stelle als Geselle:<br />

Zeugnis 2


Johannes wechselte nun nach Köln<br />

<strong>und</strong> lernte Gemeinschaften neuer<br />

Art kennen: 1931 schloss er sich<br />

direkt dem katholischen<br />

Gesellenverein an <strong>und</strong> bekam als<br />

Mitglied ein Wanderbuch für seine<br />

künftigen Aktivitäten <strong>und</strong> gehörte<br />

gleichzeitig der großen<br />

Kolpingfamilie an. Leider war die<br />

Zeit der Arbeitslosigkeit wieder<br />

Schuld zu einem erneuten Wechsel<br />

der ihn noch einmal in <strong>seinen</strong><br />

Lehrbetrieb führte.


Johannes nutzte die Zeit <strong>und</strong> betätigte sich<br />

ehrenamtlich bei den katholischen Jungmännern <strong>und</strong><br />

gleichzeitig führte er auch eigene Jugendgruppen in<br />

seiner Freizeit.


Die Arbeitslosigkeit damals forderte großen Tribut <strong>und</strong> war finanziell ein<br />

wirkliches Desaster. Stellen kaum bis gar nicht zu finden. Die große Zeit der<br />

Arbeitslosigkeit nahm keinen aus. Es gab keine Chance weit <strong>und</strong> breit ein<br />

Stelle zu finden oder eine Stelle antreten zu dürfen weil es gesetzlich nicht<br />

möglich war, von außerhalb eines Arbeitsbezirkes in einen anderen zu<br />

wechseln. Als guter Fachmann hätte er einen Job bekommen, die<br />

Arbeitsämter verboten es einfach!<br />

So ging Johannes noch einmal zurück nach Gymnich, konnte aber auch hier<br />

nicht so lange bleiben, wie es ihm lieb gewesen wäre.<br />

Familienfoto Kommunion (ohne Johannes)<br />

Kathi Löhrer, Lisbeth Lemper, Ferdi Strunk<br />

So setzte sich Johannes aus sein Fahrrad <strong>und</strong> "ging auf die Walz". Sein Weg<br />

führte ihn nach Singen am Hohentwiel wo die Schwester von Vater Heinrich<br />

lebte, die <strong>mit</strong> einem Ingenieur Eiffeler verheiratet war der in den USA (New<br />

York) Fabriken aufbaute <strong>und</strong> bald nach China (Schanghai) übersiedeln sollte.<br />

Über 1 Monat war er unterwegs <strong>und</strong> erreichte <strong>all</strong>e seine Ziele <strong>und</strong> führte<br />

dazu ein eigenes "Wandertagebuch" <strong>und</strong> sammelte Stempel der<br />

Übernachtungsstellen - so, wie es Pflicht war für die, die auf der Walz<br />

waren. Und so, wie es Aufgabe derer war ihn aufzunehmen, bei denen er<br />

klopfte.<br />

Links: Johannes Mit Mutter Elisabeth,<br />

Vater Heinrich, Schwestern Anna<br />

(Mitte), Kathi <strong>und</strong> Bruder Peter um<br />

1931. Ein seltenes gemeinsames Foto.<br />

Unten:<br />

Wanderbuch für die Walz


So einsam <strong>und</strong> <strong>all</strong>eine fotografierte sich Johannes <strong>mit</strong><br />

Selbstauslöser <strong>im</strong> he<strong>im</strong>ischen Wohn- <strong>und</strong> <strong>Leben</strong>sz<strong>im</strong>mer<br />

von Anna bevor er sich auf den Weg machte, Vaters<br />

Schwester in Singen zu besuchen.


Die Walz <strong>mit</strong> seinem Tagebuch ist eine eigene Geschichte an anderer Stelle wert: hier<br />

sind nur die wichtigsten Stationen – ohne Vollständigkeit - vermerkt.


3. Mai bis 17. Juni 1932<br />

Johannes Löhrer <strong>mit</strong> dem<br />

Fahrrad auf der Walz.<br />

Immer wieder traf man<br />

auf andere Handwerker<br />

die auch unterwegs waren<br />

<strong>und</strong> teilweise kurz Arbeit<br />

fanden.<br />

Oben links: Johannes links<br />

in Mainz <strong>und</strong> am<br />

Deutschen Eck in Koblenz<br />

Ruine in Hohentwiel<br />

Fahrradpanne <strong>im</strong> Schwarzwald<br />

Johannes r. auf Hohentwiel


Den Süden Deutschlands abgeradelt <strong>und</strong><br />

wieder <strong>im</strong> Kreise der Fre<strong>und</strong>e zu Hause.<br />

Johannes Mitte, oben: Jugendtreffpunkt:<br />

Pfarrhaus.


3. Mai bis 17. Juni 1932<br />

Johannes Löhrer: Wandertagebuch über die<br />

gesamte Zeit aufgeschrieben. Akribisch, <strong>mit</strong> <strong>all</strong>en<br />

entstanden Kosten notiert <strong>und</strong> sogar einer<br />

Überweisung an die Eltern (Heinrich Löhrer) von<br />

10 Reichsmark aus Augsburg.<br />

Das ganze handgeschriebene Tagebuch, mehr<br />

Bilder <strong>und</strong> die „Buchführung“ dazu <strong>im</strong> eigenen<br />

Bericht: „1932 - Wanderschaft Hans Löhrer“


1932 – extra für die Wanderschaft von Hans Löhrer beantragt: REISEPASS<br />

Deutsches Reich: Preußen<br />

Ein Kuriosum be<strong>im</strong> Grenzübertritt in<br />

die Schweiz <strong>und</strong> später Österreich:<br />

Reisepass gilt NUR für die Person,<br />

das Fahrrad war eine „ZOLL-Sache“<br />

<strong>und</strong> wurde bepfandet <strong>und</strong> bei<br />

Ausreise kontrolliert


Arbeitsbuch


Zurück zu Hause war es <strong>im</strong>mer noch kaum möglich eine Stelle zu finden <strong>und</strong> so<br />

ging Johannes, um Arbeit zu haben, in die Krautfabrik in Lechenich <strong>und</strong><br />

verdingte sich dort während der Saison als Fabrikarbeiter fürs Rübenkraut<br />

kochen.


Stolzer Feuerwehrhauptmann <strong>und</strong> Rot Kreuz Kolonnenführer war Vater Heinrich Löhrer<br />

neben <strong>seinen</strong> karnevalistischen Aktivitäten <strong>und</strong> Mutter Elisabeth, geb. Kerz, eine<br />

liebevolle Mutter <strong>mit</strong> den Kindern Kathi links <strong>und</strong> Peter rechts. Anna <strong>im</strong> Rollstuhl Mitte<br />

Links: Peter Nacken, Sohn des Molkereibesitzers, bester Fre<strong>und</strong> von<br />

Johannes. Die Wege trennen sich durch die Stellungswechsel<br />

1933 - Alte Rheinbrücke in Bonn<br />

Hobby von Johannes: fotografieren


Und <strong>im</strong>mer wieder begeisterte er sich für <strong>all</strong>es, das ihm ein Studium hätte<br />

bringen können. In <strong>seinen</strong> Jugendjahren war er den "katholischen<br />

Jungmännern" <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> der Kirche sehr nahe <strong>und</strong> leitete auch selbst<br />

Jugendgruppen <strong>und</strong> blieb <strong>im</strong>mer zu jeder Zeit aktiv in seiner wenigen Freizeit.<br />

Fre<strong>und</strong>schaften <strong>und</strong> Kameradschaft waren ihm stets wichtig.<br />

So kam Johannes dann <strong>im</strong> Mai 1933 nach Rheinbach. Be<strong>im</strong> Obermeister<br />

Heinrich Breuer am Voigtstor bekam er eine Stellung <strong>und</strong> fühle sich dort wohl.<br />

Jetzt zahlte sich schon sofort aus, dass er der Kolpingfamilie angehörte <strong>und</strong><br />

die katholischen Jungmänner seiner Neigung <strong>im</strong> privaten Bereich voll<br />

entsprachen. So hatte er sofort Kontakt zu den jungen Leuten in seinem Alter.<br />

Auf diesem Weg kam er ins Haus der Familie Krautwig in der Bahnhofstraße:<br />

Michael Krautwig, der älteste Sohn der Familie war besonders aktiv bei den<br />

Jungmännern <strong>und</strong> so wurden die sehr bald eine eingeschworene Truppe zu der<br />

auch Josef Beyer zählte der in der Bauernfamilie auf der Weiherstraße zu<br />

Hause war. Die Geschwister von Michael, Maria, Peter <strong>und</strong> August der auch<br />

Bäcker lernte wurden ihm auch ein Stück "zu Hause". Von Franziska wusste <strong>und</strong><br />

erfuhr er nichts - sie arbeitete hauswirtschaftlich in Köln bei der Familie Dr.<br />

Klinkenberg <strong>und</strong> war ständig in Köln.<br />

Rheinbach war <strong>und</strong> wurde für Hans, so ließ er sich jetzt rufen - es war ihm<br />

zuwider, <strong>im</strong>mer neue Namensversionen zu hören wie: Johann, Hannes u. a., <strong>und</strong><br />

die Kurzform Hans lasse sich nicht "verniedlichen" so seine erfolgreiche<br />

Meinung - der wichtigste Ort nach seiner He<strong>im</strong>atstadt Lechenich. Die<br />

vielleicht wichtigste Station in seinem jungen <strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> dem wachsenden<br />

Widerstand gegen die auch in Rheinbach schnell wachsende<br />

Nationalsozialistische Bewegung der Hans ideologisch nicht folgen konnte <strong>und</strong><br />

sie ablehnte.


Johannes o .rechts unter/bei <strong>und</strong> <strong>mit</strong><br />

Fre<strong>und</strong>en seiner Jungmänner.<br />

Bilder zumeist selbst gemacht.<br />

Und Rheinbach fesselte ihn schon optisch:<br />

Oben rechts:<br />

Die Birken<strong>all</strong>ee vom Wald heraus in den<br />

Stadtpark führend<br />

Links:<br />

Die Merzbacher Straße <strong>im</strong> Schnee. Höhe<br />

Waldhotel <strong>und</strong> Schwanenweiher.<br />

Rechts:<br />

Blick vom Forsthaus her auf den Weiher


1. Mai 1933 Eintritt in die Rheinbacher Gemeinschaft KOLPING/KIRCHE


1933<br />

Gerade war Hitler zum Reichskanzler gemacht <strong>und</strong><br />

hat <strong>mit</strong> seiner NSDAP sofort die Macht übernommen.<br />

Erkennbar an den auch sofort in <strong>all</strong>em geänderten<br />

Ausweisen, Arbeitspapieren <strong>und</strong> Anforderung an die<br />

Meldungen an den einzelnen Standorten.<br />

Noch war auch Kolping <strong>und</strong> Kirche nicht von<br />

Eingriffen belastet, doch das sollte sich auch sehr<br />

schnell ändern. Gerade an <strong>all</strong> diesen Dokumenten ist<br />

das sichtbar.<br />

Der Wechsel nach Rheinbach sollte auch der<br />

Wichtigste <strong>im</strong> <strong>Leben</strong> von Johannes sein. Er beginnt<br />

schon da<strong>mit</strong>, dass er sich von hier an HANS rufen<br />

lässt.


1933/34<br />

Hans Löhrer als Geselle bei<br />

Obermeister Heinrich Breuer bei<br />

der Arbeit<br />

Unten<br />

Hans Löhrer <strong>mit</strong> seinem Vater,<br />

Mutter, Geschwistern <strong>und</strong><br />

Fre<strong>und</strong>en/innen <strong>im</strong> elterlichen<br />

Garten: kath. Jungmann <strong>und</strong><br />

neuer Fre<strong>und</strong> Michael Krautwig<br />

wird in Lechenich eingeführt.<br />

Obere Reihe, 4. von links<br />

1933/34<br />

Portrait<br />

<strong>mit</strong><br />

Selbstauslöser<br />

1934<br />

Rheinbach,<br />

Hauptstraße Höhe<br />

Einmündung<br />

Bungert/Löherstraße<br />

<strong>mit</strong> Blick Richtung<br />

Kirche (rechts) <strong>und</strong><br />

Bachstraße (links ab) am<br />

1. Mai, dem<br />

Maifeiertag.<br />

Noch ist die Welt<br />

(fast) in Ordnung.


Das Flugblatt, das für Wirbel <strong>und</strong> Unruhe sorgte <strong>und</strong> die SA Mannschaft in Rheinbach<br />

die kath. Jungmänner suchen <strong>und</strong> in den K<strong>all</strong>enturm sperren ließ – zu Pfingsten 1934.


Der Kaplan Milles förderte <strong>und</strong> unterstütze <strong>und</strong> forderte auch dazu auf, Flugblätter<br />

zu verteilen. Während die Jungmänner Flugblätter verteilten, suchten die SA-Leute<br />

(auch Peter Krautwig) nach den "Übeltätern", griffen sie auf <strong>und</strong> steckten sie in den<br />

K<strong>all</strong>enturm, der zu der Zeit der Polizei als Gefängnis diente. So kam auch Hans Löhrer<br />

in den K<strong>all</strong>enturm. Der Kaplan ließ seine "Jungs" dabei völlig <strong>im</strong> Stich <strong>und</strong> überließ sie<br />

sich selbst. Das hat Hans Löhrer dem Kirchenmann nie verzeihen können.


Dieses Schreiben kam von „ganz oben“ aus der Kirchenführung.<br />

Anders als die Reaktionslosigkeit des Rheinbacher Kaplan Milles.<br />

Weit<br />

fortgeschritten<br />

war die<br />

Augenkrankheit von<br />

Hans Löhrer schon,<br />

als er <strong>mit</strong> letzten<br />

Kräften versuchte,<br />

das Geschehene in<br />

Worte zu fassen<br />

<strong>und</strong> aufzuschreiben<br />

um es so erhalten<br />

zu können:<br />

schon 1934, zu<br />

Beginn der NSDAP<br />

Zeit polarisierte<br />

die Partei <strong>und</strong><br />

machte anderes<br />

denkend schon<br />

strafbar.


Abschrift der Originalnotiz der vorigen Seite von Hans Löhrer: Dieses Flugblatt hatten wir, Josef Beyer, Willi<br />

Frings <strong>und</strong> ich damals Nachts verteilt. Es wurde befürchtet, dass das Flugblatt von den Nazis<br />

beschlagnahmt würde. Josef Beyer, der später die Schwester von Willi Frings geheiratet hat, sprach mich<br />

an, ob ich <strong>mit</strong>machen wollte.<br />

Beyer war damals Präfekt <strong>im</strong> Jungmänner Verein (katholische Jungmänner). Wir zogen Abends los, jeder<br />

hatte ein best<strong>im</strong>mtes Revier. Es dauerte nicht lange, entdecken wir einen regen Betrieb der SA <strong>und</strong><br />

duckten uns <strong>im</strong>mer in Straßenecken da<strong>mit</strong> wir nicht gesehen wurden. Wir hatten <strong>all</strong>es verteilt als es<br />

morgens anfing hell zu werden.<br />

Zum Schluss traf ich am Bahnhof Willi Frings nochmal. Wir gingen he<strong>im</strong>wärts, ich hatte mich von Frings<br />

aber getrennt. Als ich die Bahnhofstraße entlang ging warf ich bei Krautwig noch ein Blatt über das<br />

Straßentor.<br />

Dann hörte ich Schritte hinter mir, aber dann waren die Schritte so nahe zu hören <strong>und</strong> dachte, denen<br />

entgegen zu gehen sei unauffälliger <strong>und</strong> machte wieder kehrt. Zu meinem Erstaunen war es der SA Mann<br />

Peter Krautwig (Anmerkung Sohn Heinz: Bruder von Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Jungmann Michael Krautwig).<br />

Da ich schon in Mutti (Anm.: Franziska Krautwig später Löhrer) verliebt war, kannten wir uns sehr gut.<br />

Von ihm erfuhr ich dann, dass die SA uns schon sucht. ("Hau' ab Hans, wir suchen dich" wurde mir,<br />

dem Sohn Heinz mündlich <strong>im</strong>mer wieder überliefert).<br />

Da wir nichts mehr bei uns hatten, gingen wir ein Stück weiter. An der Ecke am Wilhelmsplatz standen<br />

die SA Leute <strong>und</strong> Polizei. Als man uns sah, wurden wir ins Gewahrsam <strong>und</strong> kamen ins Polizeigewahrsam<br />

<strong>im</strong> K<strong>all</strong>enturm. 4 ½ St<strong>und</strong>en dauerte es, bis unser Präfekt uns durch Gespräche <strong>mit</strong> dem<br />

Ortsgruppenleiter "Wirz" frei bekam.<br />

Zur Karnevalszeit 1934, Franziska Krautwig war in Rheinbach, traf Hans bei<br />

seinem Treffen <strong>mit</strong> Michael <strong>im</strong> Hause Krautwig auf sie <strong>und</strong> fragte verw<strong>und</strong>ert,<br />

wer sie denn sei. So lernte er Franziska kennen ohne, dass es sofort zu<br />

engeren Kontakten kam. Die blieben Michael <strong>und</strong> <strong>seinen</strong> Fre<strong>und</strong>en vorbehalten.<br />

Hier war er <strong>mit</strong> Michael Krautwig, Josef Beyer, Willi Frings <strong>und</strong> vielen anderen<br />

in bester Gesellschaft. Auch, wenn Michaels Bruder Peter ein glühendheißer<br />

Anhänger <strong>und</strong> Mitstreiter der SA war, klappte das innerhalb der Familie<br />

dennoch gut. Als Krautwig, Löhrer, Beyer u. a. unterwegs waren Flugblätter der<br />

Jungmänner zu verteilen, kam die Gegenseite schnell darauf, dass da was "<strong>im</strong><br />

Busch" war <strong>und</strong> organisierte rasch einen Trupp der die "Protestierer" fangen<br />

<strong>und</strong> einsperren sollte. Die Jungmänner erfuhren auch davon, trennten sich<br />

be<strong>im</strong> Verteilen ihrer Wurfzetteln <strong>und</strong> <strong>im</strong> Morgengrauen, nach der Aktion,<br />

gingen sie auch in verschiedene Richtungen auseinander. Peter <strong>und</strong> Hans<br />

kannten sich aus dem Haus Krautwig natürlich <strong>und</strong> genau diesem Peter lief<br />

Hans in die Arme. "Mensch Hans, hau' ab, wir suchen dich !!" rief Peter <strong>und</strong> sie<br />

gingen zusammen weiter .... Bis sie auf einen Trupp SA Leute <strong>und</strong> Polizei<br />

stießen. Hans wurde "gefasst" <strong>und</strong> <strong>im</strong> K<strong>all</strong>enturm in Gewahrsam genommen. So<br />

landete Hans dann <strong>im</strong> K<strong>all</strong>enturm, dem berüchtigten Polizeigefängnis für solche<br />

Fälle. Ihm blieb nur, aus dem Fenster heraus zu rufen <strong>und</strong> zu bitten, "sagen sie<br />

dem Breuer, ich sitze <strong>im</strong> K<strong>all</strong>enturm, ich kann nicht zur Arbeit kommen".<br />

Präfekt <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong> Josef Beyer brauchte über 4 ½ St<strong>und</strong>en bei Bürgermeister<br />

Wirz, Hans wieder frei zu bekommen.<br />

Es blieb aber eine Ausnahme für ihn eingesperrt zu werden, aber sie haderten<br />

<strong>mit</strong> dem Kaplan, der sich entgegen seiner Beteiligung (er hatte das Verteilen<br />

veranlasst) nicht zu seiner Verantwortung bekannte <strong>und</strong> die Jungmänner "<strong>im</strong><br />

Riss" ließ. Natürlich war dann an eine Weiterbeschäftigung nicht mehr zu<br />

denken.


Rechts: Hans Löhrer <strong>mit</strong> Franziska Krautwig<br />

seiner Fre<strong>und</strong>in<br />

Unten: Michael Krautwig <strong>mit</strong> Fre<strong>und</strong>in v. rechts<br />

daneben Hans Löhrer <strong>mit</strong> Franziska Krautwig<br />

Rechts: 1934 - Franziska wird<br />

bei Hans in Lechenich in der<br />

Familie bekannt gemacht<br />

Die Kath. Jungmänner. Hans Löhrer 2. Reihe, 4. von rechts


1934 – Hans blickt von der Rheinbacher Burg, dem „Hexenturm“ auf die Pfarrkirche<br />

Wehmütige Blicke von dem Hexenturm auf die noch unzerstörte Pfarrkirche. Aber:<br />

zunächst zog es ihn für 1 Jahr nach Andernach, weit weg von den Vorwürfen des<br />

Widerstandes gegen die NSDAP. Und <strong>im</strong>mer <strong>mit</strong> dem Fahrrad unterwegs von Andernach<br />

nach Rheinbach <strong>und</strong> zuweilen seinem zu Hause in Lechenich.<br />

Aber <strong>seinen</strong> Jungmännern blieb er treu verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> über<strong>all</strong> traf er auf diese<br />

Gemeinschaft. Geplant wurde eine Fahrt nach Rom zu Pabst Pius XII.


1935 – Romw<strong>all</strong>fahrt <strong>mit</strong> den katholischen Jungmännern<br />

Ganz so schwer fiel es Hans nicht, die Fahrt nach Rom zu Papst Pius XII. <strong>mit</strong>zumachen.<br />

Entsprach es doch <strong>seinen</strong> Wünschen <strong>und</strong> auch der Reiselust seit der Walz, sich in der<br />

Welt umzusehen. Dann auch gerade nach Rom, wo Geschichte, Kultur <strong>und</strong> Traditionen<br />

begründet sind die ihn doch so sehr reizten <strong>und</strong> seinem Wissenshunger weiterhelfen<br />

sollten. Zudem musste er um „seine Franziska“ <strong>im</strong>mer wieder kämpfen: wollte doch<br />

Pfarrer Tils sie in York <strong>mit</strong> einem jungen studierenden Mann zusammenbringen.<br />

„Referent Tils“ wie er auf seiner Pfarrstelle hieß, kam <strong>im</strong>mer wieder auf Familienbesuch<br />

nach Rheinbach (Mutter Angelina Tils war die Schwester vom Pfarrer). Schon zu 1.<br />

Weltkriegszeiten war er der Sorge wegen zum Militär zu müssen nach England emigriert<br />

– so war dies für Hans ein ungeliebter Pfarrer.<br />

Aber jetzt <strong>mit</strong> den deutschen Jungmännern nach Rom aufzubrechen war eine Erfüllung.<br />

Was für ein<br />

beeindruckend<br />

es Erlebnis das<br />

wurde<br />

beschreibt eine<br />

andere<br />

Geschichte von<br />

Hans. Ein paar<br />

Bilder<br />

nachfolgend<br />

geben einen<br />

kleinen<br />

Überblick über<br />

den 22 Jahre<br />

alten Löhrer.<br />

Die Wichtigen reisen<br />

flott <strong>mit</strong> der Bahn, die<br />

Jugend reist <strong>mit</strong> Zelt<br />

<strong>und</strong> per Bus durch die<br />

Alpen in die heilige<br />

Stadt des Jahres<br />

1935


Eine große Sache: Deutsche<br />

Jungmänner aus dem ganzen Land<br />

waren unterwegs nach Rom. Eine<br />

wahre Pilgerfahrt <strong>im</strong> wirklichen<br />

Sinn des Wortes.<br />

An den Lagerplätzen traf man<br />

sich, traf auf andere Gruppen.<br />

Der wichtigste Pass wurde <strong>mit</strong><br />

der Bahn „genommen“, aber auch<br />

so musste ganz schön geschoben<br />

werden um das Ziel pünktlich<br />

erreichen zu können.<br />

Rast am Straßenrand, kleine Pause <strong>und</strong> als<br />

Vorbereitung aufs Übernachten in Wald <strong>und</strong><br />

Flur.


Die <strong>mit</strong>reisenden Geistlichen<br />

hielten die feierlichen<br />

Feldgottesdienste ab. Waschen,<br />

Zähne putzen <strong>und</strong> rasiert werden,<br />

<strong>all</strong>es geschah in freier Natur – fast<br />

ein gutes Training für die langen<br />

Jahre Kriegsdienst wo noch<br />

niemand von ahnen konnte.<br />

Für Hans war es eine Erfüllung<br />

seines Traumes sich in dieser<br />

kameradschaftlichen Weise<br />

verb<strong>und</strong>en ,frei in der Welt zu<br />

bewegen.<br />

Die schiere Freude der Jugend ist<br />

hier erkennbar.<br />

Dabei war/ist der April wirklich<br />

keine warme Jahreszeit. Aber auf<br />

italienischer Seite war das schon ein<br />

kollossaler Unterschied gegenüber<br />

dem Kl<strong>im</strong>a nördlich der Alpen.<br />

Die Rückreise machte denselben Weg:<br />

Mit Papst Pius XII. als Erlebnis war dann<br />

<strong>all</strong>es viel einfacher. Vertraute man doch<br />

auf die Stärke der katolischen Kirche<br />

<strong>und</strong> die Unterstützung in diesem sich<br />

scheinbar zum Besseren wendenden<br />

Nationalsozialistischem Staat<br />

Papst Pius XII.<br />

Beschwerlicher He<strong>im</strong>weg


Und <strong>im</strong>mer wieder war Weiterbildung sein Ding. Es gab da die berühmte<br />

Meisterschule für die Konditoren in Köln <strong>mit</strong> abschließender Meisterprüfung.<br />

Wohl wissend um die gesetzlichen Best<strong>im</strong>mungen der erforderlichen 5 Jahre<br />

Gesellentätigkeit in diesem Beruf wechselte er nach Blatzhe<strong>im</strong> um wieder näher<br />

an Köln zu sein um dann <strong>im</strong> Juli 1936 für Monate die streng geführte<br />

Tagesschule der Konditoren um Adolf Heckmann (1913 gegründet) zu besuchen.<br />

Wie befürchtet wurde Hans nicht zu einer Prüfung zugelassen weil ihm Monate<br />

seiner Gesellentätigkeit fehlten.<br />

Andernach war seine 6. Stelle.<br />

Monat für Monat war die Kursgebühr fällig.<br />

Und das von einem kleinen Entgelt.


Dass ein detailliertes Führungszeugnis zur Kursteilnahme erforderlich war, daran<br />

störte man sich schon nicht mehr. Ein stolzer Johannes Löhrer <strong>im</strong> Kollegenkreis <strong>mit</strong><br />

seinem gesamten Kurs vor der weltweit renommierten Konditorenfachschule<br />

Heckmann in Köln. Eine Schule, die ihn als Ehrengast zum 80. Geburtstag 1993 <strong>im</strong><br />

Marit<strong>im</strong> Köln geladen <strong>und</strong> hofiert hat. Dieses Jubiläum hat Hans noch <strong>mit</strong> Freude<br />

erlebt.


Aber <strong>im</strong>mer noch war es nicht möglich, in Stadt oder Land frei einen<br />

Arbeitsplatz zu suchen <strong>und</strong> zu belegen - Auflagen zwangen <strong>im</strong>mer wieder<br />

zu Abbrüchen <strong>und</strong> Wechseln weil Genehmigungen einfach nicht zu<br />

bekommen waren. So war Hans dann für gut 1 Monat in Moselweiß als<br />

Konditor tätig bevor die „Arbeitsverwaltung“ zu einem gezwungenen<br />

Auflösen des Arbeitsvertrages zwang.


Hans als<br />

Vorname hat<br />

sich endgültig<br />

durchgesetzt.<br />

Mit Glück gelang es ihm, in Düsseldorf-Oberkassel eine erste Stellung<br />

beziehen zu können um auch den Versuch zu unternehmen, die<br />

Meisterprüfung <strong>im</strong> Bäckerhandwerk schon abzulegen.<br />

Auch das ging nicht lange gut, aber es gelang ihm, in Düsseldorf bei<br />

Schnippering auf der Herzogstraße Stellung zu beziehen wo Hans 1 Jahr<br />

blieb <strong>und</strong> gleichzeitig in Abendkursen zusätzlich studierte für die<br />

Meisterprüfung <strong>im</strong> Bäckerhandwerk abzulegen. Diese wurde zeitgleich bei<br />

der Handwerkskammer Düsseldorf angeboten. Dazu wechselte er noch<br />

einmal nach Düsseldorf Derendorf in eine Bäckerei um sich dort wieder<br />

<strong>mit</strong> den Arbeiten einer Bäckerei richtig vertraut zu machen.


Mit Glück gelang es ihm, in Düsseldorf-Oberkassel eine Stellung beziehen zu<br />

können. Auch das ging nicht lange gut, aber es gelang ihm, in Düsseldorf bei<br />

Schnippering auf der Herzogstraße Stellung zu beziehen wo Hans 1 Jahr blieb<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig in Abendkursen versuchte, die Meisterprüfung <strong>im</strong><br />

Bäckerhandwerk ablegen zu können die zeitgleich bei der Handwerkskammer<br />

Düsseldorf angeboten waren. Dazu wechselte er noch einmal ein Düsseldorf<br />

Derendorf in eine Bäckerei um sich <strong>mit</strong> den Arbeiten einer Bäckerei dort noch<br />

einmal richtig vertraut zu machen.<br />

Selbst <strong>im</strong> polizeilichen<br />

Führungszeugnis, das ja für <strong>all</strong>es<br />

<strong>im</strong>mer obligatorisch war <strong>und</strong> auf<br />

Ausweispapieren <strong>und</strong><br />

Meldebehörden beruhte, war<br />

Hans als Vorname jetzt<br />

anerkannt – ohne jedoch eine<br />

amtliche Änderung<br />

herbeigeführt zu haben.<br />

Bei Kramer in Düsseldorf ist<br />

Hans noch über seine erfolgte<br />

Meisterprüfung geblieben <strong>und</strong><br />

hat danach wieder versucht, in<br />

die Nähe von Franziska zu<br />

kommen. Trotz großer<br />

Abwesenheit hat sich der<br />

Kontakt gefestigt.


Meisterprüfung 1938 in Düsseldorf


Königsw. 3/9. 38.<br />

Zeugnis.<br />

Der Bäcker <strong>und</strong><br />

Konditorgehülfe Hans<br />

Löhrer aus Lechenich war<br />

vom 27/6. 38 bis 3./9.38 in<br />

meinen Geschäften zur<br />

Aushülfe tätig. Er war<br />

während dieser Zeit<br />

ehrlich pünktlich <strong>und</strong> fleißig<br />

<strong>und</strong> <strong>mit</strong> <strong>seinen</strong> Leistungen<br />

war ich sehr zufrieden <strong>und</strong><br />

wünsche Ihm für sein<br />

ferneres Fortkommen das<br />

Beste.<br />

Frau Ww. Clemens<br />

Hilleshe<strong>im</strong><br />

Königswinter, Hauptstr.<br />

117.<br />

Bäckerei Conditorei Cafe<br />

(Betriebsstempel)


Königswinter war in den 1930er Jahren eine deutsche „Touristen<br />

Hochburg“. Im Siebengebirge, am Rhein gelegen, <strong>mit</strong> dem Drachenfels.


Hans war jetzt frei in <strong>all</strong>‘<br />

<strong>seinen</strong> Entscheidungen <strong>und</strong><br />

plante <strong>mit</strong> Franziska<br />

Krautwig nun sie eigene<br />

Zukunft <strong>mit</strong> eigenem<br />

Geschäft.<br />

Franziska machte es ihm<br />

nicht einfach: 1935 <strong>und</strong><br />

1937 war sie jeweils für<br />

einige Monate nach<br />

England gereist <strong>und</strong> hatte<br />

über den Pfarrer Tils den<br />

jungen<br />

Architekturstudenten<br />

John Galpine kennen<br />

gelernt der aus der<br />

Familie seiner<br />

Haushälterin stammte.<br />

Und jetzt, 1938, war sie<br />

zu Verwandten ab ins<br />

Münsterland.<br />

So kam es dann dazu, dass<br />

Hans sich eine Stelle in<br />

Münster suchte um in<br />

ihrer Nähe sein zu können.<br />

30. Mai 1938 war also das Datum seiner gut bestandenen Meisterprüfung.<br />

Ein paar Wochen noch blieb Hans in Düsseldorf.<br />

Es folgte eine Saisonstelle in Königswinter wo auch August Krautwig<br />

beschäftigt war <strong>und</strong> Hans so<strong>mit</strong> wieder nahe zu seiner Franziska war. Es war<br />

schon eine feste Beziehung geworden, <strong>im</strong>mer aus der Ferne verb<strong>und</strong>en.<br />

Dann ging Franziska nach Burgsteinfurt zu den <strong>mit</strong> dem Krautwig<br />

befre<strong>und</strong>eten Haus "Sprenger“. Natürlich verdingte sich Hans prompt nach<br />

Münster i. W. - <strong>und</strong> es war ihm nicht gegönnt, von dort wurde er zum<br />

Wehrdienst eingezogen: seit dem <strong>20</strong>. September 1939 wurde fürs Vaterland<br />

"gearbeitet". Es gab eine kurze Unterbrechung: am Ende des Wehrdienstes<br />

gab es kurz Hoffnung auf eine private Zukunft: Oktober 1940 bis März 1941<br />

gab es die Stellung in Bonn - <strong>im</strong>mer sollte mehr daraus werden: eine<br />

Selbständigkeit <strong>mit</strong> Franziska, aber dieses kleine Intermezzo war nur ein<br />

Lichtblick, bevor 1945 erneut eine Stellung als Meister in Hürth besetzt<br />

werden konnte wo der Inhaber fehlte.<br />

Es folgte jedoch erst einmal die Einberufung zum Kriegsdienst die Hans erst<br />

am 30. Mai 1945 <strong>mit</strong> seiner He<strong>im</strong>kehr wirklich beenden konnte.<br />

Aber das ist wieder eine ganz andere <strong>Leben</strong>sgeschichte von ihm.


Hans war in Celle zu Wehrübungen<br />

stationiert <strong>und</strong> guten Mutes, nach<br />

diesen 3 Monaten wieder frei<br />

planen zu können.<br />

Mit seiner Franziska hatte er sich<br />

das Münsterland schon angeschaut<br />

<strong>und</strong> es in die engere Wahl gezogen<br />

um sich dort nieder zu lassen.<br />

Aber statt dessen kam sofort nach<br />

der Entlassung seine Einberufung<br />

zum Militärdienst:<br />

Bergen/Belsen wurde die neue<br />

He<strong>im</strong>at <strong>und</strong> von hier wurde die<br />

Truppe in den Südwesten der<br />

Republik verlegt. Der Westfeldzug.<br />

Frankreich war genommen. Noch<br />

einmal ergab sich eine kurze<br />

Hoffnung auf ein eigenbest<strong>im</strong>mtes<br />

<strong>Leben</strong>, als Hans noch einmal aus<br />

dem Wehrdienst entlassen wurde.<br />

Bei Tr<strong>im</strong>born in Bonn bezog er eine<br />

Stellung: Franziska hatte nach Bonn<br />

gewechselt.<br />

Zeugnis.<br />

Herr Hans Löhrer war vom<br />

10. Oktober 40 bis 3.<br />

April 41 bei mir als<br />

Bäckergehülfe tätig. Herr<br />

Löhrer war ehrlich, fleißig<br />

<strong>und</strong> tüchtig in seinem<br />

Fach. Herrn Löhrer<br />

wünsche ich für die<br />

Zukunft <strong>all</strong>es Gute.<br />

Peter Tr<strong>im</strong>born<br />

Stempel<br />

Es hätte eine Betriebsübergabe<br />

erfolgen können.<br />

Nicht nur für Prüfungen oder andere<br />

behördlichen Meldungen, nein, diese<br />

Erklärung, arisch zu sein gehörte auch zur<br />

Einberufung zum Militär dazu: echter<br />

Deutscher musste man sein <strong>und</strong> es kam<br />

eine endlos lange Zeit <strong>mit</strong> <strong>im</strong>mer wieder<br />

Hoffnung auf ein eigenes <strong>Leben</strong>. Am 30.<br />

Mai 1945 kam Hans vom Ostfronteinsatz<br />

zurück.


Nur eine von vielen Dokumenten die an diese Zeit erinnern. H<strong>und</strong>erte von Bildern,<br />

Briefen, Urk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Auszeichnungen sind aus dieser Zeit erhalten <strong>und</strong> erinnern an<br />

ein unmenschliches System in dem vor Ort <strong>im</strong>mer wieder Kameradschaft existierte.<br />

Mit <strong>seinen</strong> behutsam aufgehobenen Unterlagen soll der Versuch unternommen<br />

werden, das Jahrh<strong>und</strong>ert des Hans Löhrer darzustellen <strong>und</strong> für jeden<br />

nachvollziehbar aufzuzeigen. Bilder <strong>und</strong> alte Texte geben Antwort auf viele Fragen.<br />

Seine berufliche Laufbahn war zerstört, dennoch versuchte es Hans Löhrer <strong>im</strong>mer<br />

wieder von vorne <strong>und</strong> seine 1. Stelle nach der Kriegszeit war dann in Hürth, über 40<br />

km von seiner Frau Franziska weg die am 16. Januar 1943 während eines „Urlaub“ von<br />

Leningrad geheiratet haben. Es war eine Meisterstelle. Der Handwerksmeister dem<br />

der Betrieb gehörte war noch nicht zurück <strong>und</strong> seine Frau musste einen Meister<br />

einstellen. Da<strong>mit</strong> hört dieser Teil der <strong>Leben</strong>sgeschichte auf. Zu intensiv sind die<br />

kommenden Jahre gewesen. Sie werden in einer eigenen Chronik wiedergegeben.<br />

Hubert Giersberg<br />

Bäckerei – Konditorei<br />

Sürth, Falderstr. 37<br />

Sürth, den 9. 2. 1946<br />

Bescheinigung.<br />

Bescheinige hier<strong>mit</strong>, das Herr<br />

Hans Löhrer in der Zeit vom<br />

22. 10. 1945 bis 9. 2. 1946 in<br />

meinem Betrieb als<br />

Bäckermeister beschäftigt war.<br />

Frau Hubert Giersberg<br />

Stempel

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