07.04.2018 Aufrufe

Arabische Pferde IN THE FOCUS 1/2018 (Vol. 13) - Leseprobe

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Sport Distanzreiten<br />

die leider immer mehr gleichgesetzt wird<br />

mit maximaler Profitorientierung, und einer<br />

weiter wachsenden Zahl von Nationen, in<br />

denen <strong>Pferde</strong>sport, insbesondere Endurance<br />

durchgeführt wird, hat anscheinend der<br />

Kommerz gewonnen. Die FEI könnte durch<br />

andere Anreizsysteme die katastrophale<br />

Entwicklung durchaus positiv beeinflussen,<br />

sie scheint aber zu schwach oder zu sehr an<br />

monetären Zielen orientiert, um wirklich<br />

Änderungen herbeizuführen. Ein schwaches<br />

System wird immer Teilnehmer haben,<br />

die diese Schwächen auszunutzen wissen.<br />

AP: Es ist auch in Europa eine Tendenz zu<br />

immer flacheren Ritten mit gerader Streckenführung<br />

zu erkennen (z.B. Samorin,<br />

Pisa). Was ist davon zu halten?<br />

A.A.S.: Dies ist auch die Folge der zunehmenden<br />

Einflussnahme durch das gezielte Sponsoring.<br />

Samorin hatte zu Beginn noch mehrere<br />

technisch anspruchsvollere Teilstrecken mit<br />

erheblichen Höhenmetern rund um Bratislava.<br />

Mit der EM 2015 und der WM 2016 wurden<br />

aber auf Wunsch der Hauptsponsoren der FEI<br />

Meisterschaften, die Strecken verändert und<br />

es wurden die flachsten Streckenteile ausgesucht.<br />

Das Problem ist aber, dass es dort eben<br />

nicht möglich war, eine flache Rennpiste mit<br />

sandigem, gleich bleibendem Geläuf zu präparieren.<br />

Vielmehr wurden flache Feldwege mit<br />

schlechten steinigen Oberflächen und ruppige<br />

Asphaltstrecken, flache Sandpisten mit löcherigen<br />

Wegen kombiniert, weil es eben nicht<br />

anders ging. Abrupte Richtungswechsel taten<br />

ihr Übriges und somit war das Geläuf und die<br />

Streckenführung eine erhebliche Herausforderung,<br />

was ja durch viele Ausfälle mit Lahmheiten<br />

sowie einem Todesfall bezahlt wurde.<br />

Ich war Kommentator im Vetgate und konnte<br />

mir ein eigenes Bild von den <strong>Pferde</strong>n machen,<br />

insbesondere vom erschöpften und teilweise<br />

leeren Ausdruck der meisten <strong>Pferde</strong>, die unter<br />

den ersten 10-15 ins Ziel liefen. Da die FEI die<br />

nächsten Championate in Europa an Veranstalter<br />

vergeben hat, die alle den oder die gleichen<br />

Hauptsponsoren haben, werden die nächsten<br />

Championate eben auch alle auf flachen<br />

schnellen Strecken durchgeführt werden. In<br />

Florac aber, oder auch in Marbach, würden andere<br />

<strong>Pferde</strong> und Reiter vorne liegen, hier sind<br />

auch die besten niemals schneller als 20km/h.<br />

Die EM in Florac 2011 wurde mit 18,5 Km/h im<br />

Durchschnitt gewonnen.<br />

Insgesamt muss man die Entwicklung sehr<br />

kritisch sehen. Für flachere Strecken ist auch<br />

weniger reiterliches Können (im Sinne von<br />

Qualität) notwendig. Die "Haltbarkeit", d.h.<br />

der Einsatz der <strong>Pferde</strong> über viele Saisons, hat<br />

sich in den letzten Jahren verkürzt, die Zahl<br />

der Todesfälle steigt weiter an. Das Distanzreiten<br />

steht zumindest in einigen Ländern<br />

dadurch stark in der Kritik, auch wenn die<br />

angesprochenen Probleme in diesen Ländern<br />

meist gar nicht akut sind, wie wir ja in<br />

Deutschland sehen können.<br />

AP: Distanzritte werden derzeit nur nach ihrer<br />

Länge klassifiziert, also CEI 3* = 160km,<br />

CEI 2* = 120 km, usw. Macht das wirklich<br />

Sinn? Denn die Topografie und das Geläuf<br />

der Ritte finden dabei ja keinen Eingang,<br />

sind aber ein wichtiges Kriterium.<br />

A.A.S.: Das Klassifizierungssystem ist im<br />

Grundsatz völlig in Ordnung – man muss nur<br />

weg von den präparierten Rennpisten und<br />

einen Weltrekord wegen Unvergleichbarkeit<br />

verbieten. Topografie und Geläuf aber auch<br />

die klimatischen Bedingungen am Rittag<br />

sind die eigentlichen Herausforderungen.<br />

Gerade aber wegen der Vielfalt dieser Parameter<br />

machen Rittkategorien und vergleichbare<br />

Rittlängen als Konstante Sinn.<br />

AP: Welche Gefahr sehen Sie durch das<br />

Sponsoring von Ritten in Europa durch den<br />

Mittleren Osten?<br />

A.A.S.: Grundsätzlich war das Sponsoring der<br />

letzten 20 Jahre für den Distanzsport mehrheitlich<br />

positiv. Das Problem ist die Grenzüberschreitung:<br />

Aus einer Sportförderung<br />

wurde sozusagen eine „Übernahme“. Wenn<br />

auf einer Jugend WM, die ja eine FEI-Veranstaltung<br />

ist, bei der Siegerehrung nur noch<br />

die ersten drei genannt werden und sich das<br />

Siegerteam aus dem Land des Hauptsponsors<br />

über 30 Minuten selbst feiern lässt, dann<br />

entspricht das nicht mehr einem fairen und<br />

für alle wertschätzenden Wettbewerb. Gerade<br />

für die jungen Reiter und Reiterinnen<br />

Hintergrundwissen Vereinigte <strong>Arabische</strong> Emirate<br />

Die Vereinigten <strong>Arabische</strong>n Emirate sind<br />

eine Föderation von sieben Emiraten, gegründet<br />

1971 unter Sheik Zayed [bin Sultan<br />

Al Nahyan]. Abu Dhabi nimmt im Rahmen<br />

dieser Emirate die wichtigste Stellung ein,<br />

besitzt die größte Grundfläche und das<br />

meiste Geld (d.h. Öl und Gas). Alle anderen<br />

jetzigen Emirate sind in die UAE integriert<br />

worden, seinerzeit durch geschickte<br />

Verhandlungen und Zugeständnisse des<br />

alten Sheik Zayed, der, wie es aussieht, ein<br />

wirklich kluger und bodenständiger Staatsgründer<br />

war.<br />

Derzeitiger Herrscher des Emirats Dubai<br />

ist Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum,<br />

auch Sheikh Mo genannt. Bereits<br />

Sh. Mo's Vater [Sheikh Rashid bin Saeed<br />

Al Maktoum] hatte damit begonnen, neben<br />

den vertraglich vereinbarten Provisionen<br />

aus Abu Dhabi eine eigene Industrie<br />

aufzubauen. Er wollte Dubai als das "Tor<br />

zum Osten" etablieren, also die Rolle, die<br />

ehemals Beirut zukam, welches durch die<br />

anhaltenden Konflikte diese Stellungen<br />

seit einigen Jahrzehnten eingebüßt hatte.<br />

Sh. Mo hatte schon zu Lebzeiten des alten<br />

Sheikh Zayed diese Strategie erfolgreich<br />

vorangetrieben und heutzutage ist Dubai<br />

weltweit bekannt und Ziel von Millionen<br />

von Urlaubern, Firmen, die sich die Duty<br />

Free Zone Jebel Ali (größter Freihandelshafen<br />

der Welt) zunutze machen und eine<br />

Horde von Geschäftsleuten aus aller Welt.<br />

Zur Marketingstrategie der Maktoum-Familie<br />

gehört es, in möglichst vielen Bereichen<br />

lich (Ferrari World, F1, Museen etc). Abu<br />

eine Führungsrolle anzustreben und Dhabi ist der wesentlich potentere Partlich<br />

innezuhaben. Das dient vorwiegend den ner in den UAE und so wurde sukzessive<br />

politischen Zielen eines autokratischen ein Teil des Prestiges aus Dubai durch Abu<br />

Herrschermodells.<br />

Dhabi abgezogen und auch mehr Einfluß<br />

In Bezug auf den Distanzsport sind die UAE auf den Sport genommen u.a. durch zwei<br />

zum ersten Mal in Kansas im Rahmen der Veranstaltungsorte für den Distanzsport in<br />

WM 1996 aufgetaucht. In den folgenden 5 Abu Dhabi (Boudheib von Sh. Sultan, und<br />

Jahren entwickelte sich der Distanzsport Al Wathba von Sh. Mansoor) und durch Einflußnahme<br />

auf Grund des Engagements vornehmlich<br />

auf die National Federation (FN)<br />

von Sh. Mo in atemberaubender Geschwindigkeit<br />

– sehr zum Unbill von Sh Mo, der bis dahin<br />

vor Ort aber auch weltweit. <strong>Pferde</strong>, ziemlich freie Hand hatte, was die Beschi-<br />

Trainer, Reiter, Tierärzte – alles Wissen wurde<br />

ckung von Championaten betraf und auch<br />

soweit möglich zusammengekauft. Die bei sonstigen politischen Entscheidungen.<br />

Erfolge der Maktoum-Familie wurden in Es hatte sich mit Bezug zum Distanzsport<br />

den UAE sehr gut promoted und auch der eine Konkurrenzsituation (auch zwischen<br />

Rest des Landes begann, sich für diesen den Herrscherfamilien innerhalb des Landes)<br />

Sport zu interessieren und auch zu investieren,<br />

eingestellt, die in der Folge dahinge-<br />

vornehmlich in Dubai und Abu Dhabi. hend eskalierte, daß jeder der Schnellste im<br />

Der Staatsgründer der UAE, Sh Zayed verstarb<br />

eigenen Lande sein wollte und fatalerweise<br />

2004, sein Nachfolger als Präsident haben eine Unmenge Privatbesitzer diese<br />

wurde Sh. Khalifa [bin Zayed Al Nahyan]. Vorlage angenommen und versuchen oftmals<br />

Seine Brüder u.a. sind Sheik Sultan [bin<br />

ohne entsprechend fundiertes Grund-<br />

Zayed Al Nahyan] (Boutheib) und Sheik lagenwissen die führenden Ställe "zu schlagen",<br />

Mansoor [Khalifa bin Zayed Al Nahyan] (Al<br />

was de facto nicht möglich ist.<br />

Watbha). Während Sh Zayed sich weitgehend<br />

Boutheib ist nun auf Grund all dieser be-<br />

aus diesen Aktivitäten, wie man es kannten Eskalationen aus der gemeinsa-<br />

aus Dubai kannte, heraushielt, sind seine men Linie ausgeschert, und macht seine<br />

Söhne anders gestrickt und begannen, eigene Sache (Boudheib Initiative), Al Watbha<br />

nach seinem Tod Abu Dhabi in ähnlicher,<br />

bleibt bislang unverändert. Es zeich-<br />

wenn auch in einer weitaus weniger exzessiven<br />

nen sich aber neue Unstimmigkeiten zwi-<br />

Art und Weise, weltweit zu promoten schen Dubai und Al Wathba ab. Es bleibt<br />

und sich den westlichen Dingen mehr zu also spannend.<br />

öffnen, sei es kutlturell wie auch geschäft-<br />

Franz Brueck<br />

© ARABISCHE PFERDE - <strong>IN</strong> <strong>THE</strong> <strong>FOCUS</strong> 1/<strong>2018</strong><br />

42

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!