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Sport Distanzreiten<br />
die leider immer mehr gleichgesetzt wird<br />
mit maximaler Profitorientierung, und einer<br />
weiter wachsenden Zahl von Nationen, in<br />
denen <strong>Pferde</strong>sport, insbesondere Endurance<br />
durchgeführt wird, hat anscheinend der<br />
Kommerz gewonnen. Die FEI könnte durch<br />
andere Anreizsysteme die katastrophale<br />
Entwicklung durchaus positiv beeinflussen,<br />
sie scheint aber zu schwach oder zu sehr an<br />
monetären Zielen orientiert, um wirklich<br />
Änderungen herbeizuführen. Ein schwaches<br />
System wird immer Teilnehmer haben,<br />
die diese Schwächen auszunutzen wissen.<br />
AP: Es ist auch in Europa eine Tendenz zu<br />
immer flacheren Ritten mit gerader Streckenführung<br />
zu erkennen (z.B. Samorin,<br />
Pisa). Was ist davon zu halten?<br />
A.A.S.: Dies ist auch die Folge der zunehmenden<br />
Einflussnahme durch das gezielte Sponsoring.<br />
Samorin hatte zu Beginn noch mehrere<br />
technisch anspruchsvollere Teilstrecken mit<br />
erheblichen Höhenmetern rund um Bratislava.<br />
Mit der EM 2015 und der WM 2016 wurden<br />
aber auf Wunsch der Hauptsponsoren der FEI<br />
Meisterschaften, die Strecken verändert und<br />
es wurden die flachsten Streckenteile ausgesucht.<br />
Das Problem ist aber, dass es dort eben<br />
nicht möglich war, eine flache Rennpiste mit<br />
sandigem, gleich bleibendem Geläuf zu präparieren.<br />
Vielmehr wurden flache Feldwege mit<br />
schlechten steinigen Oberflächen und ruppige<br />
Asphaltstrecken, flache Sandpisten mit löcherigen<br />
Wegen kombiniert, weil es eben nicht<br />
anders ging. Abrupte Richtungswechsel taten<br />
ihr Übriges und somit war das Geläuf und die<br />
Streckenführung eine erhebliche Herausforderung,<br />
was ja durch viele Ausfälle mit Lahmheiten<br />
sowie einem Todesfall bezahlt wurde.<br />
Ich war Kommentator im Vetgate und konnte<br />
mir ein eigenes Bild von den <strong>Pferde</strong>n machen,<br />
insbesondere vom erschöpften und teilweise<br />
leeren Ausdruck der meisten <strong>Pferde</strong>, die unter<br />
den ersten 10-15 ins Ziel liefen. Da die FEI die<br />
nächsten Championate in Europa an Veranstalter<br />
vergeben hat, die alle den oder die gleichen<br />
Hauptsponsoren haben, werden die nächsten<br />
Championate eben auch alle auf flachen<br />
schnellen Strecken durchgeführt werden. In<br />
Florac aber, oder auch in Marbach, würden andere<br />
<strong>Pferde</strong> und Reiter vorne liegen, hier sind<br />
auch die besten niemals schneller als 20km/h.<br />
Die EM in Florac 2011 wurde mit 18,5 Km/h im<br />
Durchschnitt gewonnen.<br />
Insgesamt muss man die Entwicklung sehr<br />
kritisch sehen. Für flachere Strecken ist auch<br />
weniger reiterliches Können (im Sinne von<br />
Qualität) notwendig. Die "Haltbarkeit", d.h.<br />
der Einsatz der <strong>Pferde</strong> über viele Saisons, hat<br />
sich in den letzten Jahren verkürzt, die Zahl<br />
der Todesfälle steigt weiter an. Das Distanzreiten<br />
steht zumindest in einigen Ländern<br />
dadurch stark in der Kritik, auch wenn die<br />
angesprochenen Probleme in diesen Ländern<br />
meist gar nicht akut sind, wie wir ja in<br />
Deutschland sehen können.<br />
AP: Distanzritte werden derzeit nur nach ihrer<br />
Länge klassifiziert, also CEI 3* = 160km,<br />
CEI 2* = 120 km, usw. Macht das wirklich<br />
Sinn? Denn die Topografie und das Geläuf<br />
der Ritte finden dabei ja keinen Eingang,<br />
sind aber ein wichtiges Kriterium.<br />
A.A.S.: Das Klassifizierungssystem ist im<br />
Grundsatz völlig in Ordnung – man muss nur<br />
weg von den präparierten Rennpisten und<br />
einen Weltrekord wegen Unvergleichbarkeit<br />
verbieten. Topografie und Geläuf aber auch<br />
die klimatischen Bedingungen am Rittag<br />
sind die eigentlichen Herausforderungen.<br />
Gerade aber wegen der Vielfalt dieser Parameter<br />
machen Rittkategorien und vergleichbare<br />
Rittlängen als Konstante Sinn.<br />
AP: Welche Gefahr sehen Sie durch das<br />
Sponsoring von Ritten in Europa durch den<br />
Mittleren Osten?<br />
A.A.S.: Grundsätzlich war das Sponsoring der<br />
letzten 20 Jahre für den Distanzsport mehrheitlich<br />
positiv. Das Problem ist die Grenzüberschreitung:<br />
Aus einer Sportförderung<br />
wurde sozusagen eine „Übernahme“. Wenn<br />
auf einer Jugend WM, die ja eine FEI-Veranstaltung<br />
ist, bei der Siegerehrung nur noch<br />
die ersten drei genannt werden und sich das<br />
Siegerteam aus dem Land des Hauptsponsors<br />
über 30 Minuten selbst feiern lässt, dann<br />
entspricht das nicht mehr einem fairen und<br />
für alle wertschätzenden Wettbewerb. Gerade<br />
für die jungen Reiter und Reiterinnen<br />
Hintergrundwissen Vereinigte <strong>Arabische</strong> Emirate<br />
Die Vereinigten <strong>Arabische</strong>n Emirate sind<br />
eine Föderation von sieben Emiraten, gegründet<br />
1971 unter Sheik Zayed [bin Sultan<br />
Al Nahyan]. Abu Dhabi nimmt im Rahmen<br />
dieser Emirate die wichtigste Stellung ein,<br />
besitzt die größte Grundfläche und das<br />
meiste Geld (d.h. Öl und Gas). Alle anderen<br />
jetzigen Emirate sind in die UAE integriert<br />
worden, seinerzeit durch geschickte<br />
Verhandlungen und Zugeständnisse des<br />
alten Sheik Zayed, der, wie es aussieht, ein<br />
wirklich kluger und bodenständiger Staatsgründer<br />
war.<br />
Derzeitiger Herrscher des Emirats Dubai<br />
ist Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum,<br />
auch Sheikh Mo genannt. Bereits<br />
Sh. Mo's Vater [Sheikh Rashid bin Saeed<br />
Al Maktoum] hatte damit begonnen, neben<br />
den vertraglich vereinbarten Provisionen<br />
aus Abu Dhabi eine eigene Industrie<br />
aufzubauen. Er wollte Dubai als das "Tor<br />
zum Osten" etablieren, also die Rolle, die<br />
ehemals Beirut zukam, welches durch die<br />
anhaltenden Konflikte diese Stellungen<br />
seit einigen Jahrzehnten eingebüßt hatte.<br />
Sh. Mo hatte schon zu Lebzeiten des alten<br />
Sheikh Zayed diese Strategie erfolgreich<br />
vorangetrieben und heutzutage ist Dubai<br />
weltweit bekannt und Ziel von Millionen<br />
von Urlaubern, Firmen, die sich die Duty<br />
Free Zone Jebel Ali (größter Freihandelshafen<br />
der Welt) zunutze machen und eine<br />
Horde von Geschäftsleuten aus aller Welt.<br />
Zur Marketingstrategie der Maktoum-Familie<br />
gehört es, in möglichst vielen Bereichen<br />
lich (Ferrari World, F1, Museen etc). Abu<br />
eine Führungsrolle anzustreben und Dhabi ist der wesentlich potentere Partlich<br />
innezuhaben. Das dient vorwiegend den ner in den UAE und so wurde sukzessive<br />
politischen Zielen eines autokratischen ein Teil des Prestiges aus Dubai durch Abu<br />
Herrschermodells.<br />
Dhabi abgezogen und auch mehr Einfluß<br />
In Bezug auf den Distanzsport sind die UAE auf den Sport genommen u.a. durch zwei<br />
zum ersten Mal in Kansas im Rahmen der Veranstaltungsorte für den Distanzsport in<br />
WM 1996 aufgetaucht. In den folgenden 5 Abu Dhabi (Boudheib von Sh. Sultan, und<br />
Jahren entwickelte sich der Distanzsport Al Wathba von Sh. Mansoor) und durch Einflußnahme<br />
auf Grund des Engagements vornehmlich<br />
auf die National Federation (FN)<br />
von Sh. Mo in atemberaubender Geschwindigkeit<br />
– sehr zum Unbill von Sh Mo, der bis dahin<br />
vor Ort aber auch weltweit. <strong>Pferde</strong>, ziemlich freie Hand hatte, was die Beschi-<br />
Trainer, Reiter, Tierärzte – alles Wissen wurde<br />
ckung von Championaten betraf und auch<br />
soweit möglich zusammengekauft. Die bei sonstigen politischen Entscheidungen.<br />
Erfolge der Maktoum-Familie wurden in Es hatte sich mit Bezug zum Distanzsport<br />
den UAE sehr gut promoted und auch der eine Konkurrenzsituation (auch zwischen<br />
Rest des Landes begann, sich für diesen den Herrscherfamilien innerhalb des Landes)<br />
Sport zu interessieren und auch zu investieren,<br />
eingestellt, die in der Folge dahinge-<br />
vornehmlich in Dubai und Abu Dhabi. hend eskalierte, daß jeder der Schnellste im<br />
Der Staatsgründer der UAE, Sh Zayed verstarb<br />
eigenen Lande sein wollte und fatalerweise<br />
2004, sein Nachfolger als Präsident haben eine Unmenge Privatbesitzer diese<br />
wurde Sh. Khalifa [bin Zayed Al Nahyan]. Vorlage angenommen und versuchen oftmals<br />
Seine Brüder u.a. sind Sheik Sultan [bin<br />
ohne entsprechend fundiertes Grund-<br />
Zayed Al Nahyan] (Boutheib) und Sheik lagenwissen die führenden Ställe "zu schlagen",<br />
Mansoor [Khalifa bin Zayed Al Nahyan] (Al<br />
was de facto nicht möglich ist.<br />
Watbha). Während Sh Zayed sich weitgehend<br />
Boutheib ist nun auf Grund all dieser be-<br />
aus diesen Aktivitäten, wie man es kannten Eskalationen aus der gemeinsa-<br />
aus Dubai kannte, heraushielt, sind seine men Linie ausgeschert, und macht seine<br />
Söhne anders gestrickt und begannen, eigene Sache (Boudheib Initiative), Al Watbha<br />
nach seinem Tod Abu Dhabi in ähnlicher,<br />
bleibt bislang unverändert. Es zeich-<br />
wenn auch in einer weitaus weniger exzessiven<br />
nen sich aber neue Unstimmigkeiten zwi-<br />
Art und Weise, weltweit zu promoten schen Dubai und Al Wathba ab. Es bleibt<br />
und sich den westlichen Dingen mehr zu also spannend.<br />
öffnen, sei es kutlturell wie auch geschäft-<br />
Franz Brueck<br />
© ARABISCHE PFERDE - <strong>IN</strong> <strong>THE</strong> <strong>FOCUS</strong> 1/<strong>2018</strong><br />
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