11.04.2018 Aufrufe

Spicker_2018

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Laufen mit Köpfchen<br />

Sonntag, 16. Juli 2017, 9:30h – Startschuss des<br />

Hornissenlaufes in Kusterdingen – zu laut?<br />

Denn als ich kurz danach wieder zu mir gekommen<br />

war, war es mit der Motivation zum Laufen<br />

irgendwie vorbei: Die linke Körperseite fühlte<br />

sich nicht danach. Die anderen Läuferinnen<br />

und Läufer waren nicht mehr zu sehen, dafür<br />

die Stimme eines Sanitäters zu hören, der mir irgendwann<br />

auch den Transponder abnahm. Der<br />

Schock sorgte offensichtlich dafür, dass kaum<br />

Schmerzen zu spüren waren. Denn die Diagnose<br />

nach dem gut vierstündigen Aufenthalt im<br />

Tübinger Krankenhaus war durchaus vielfältig:<br />

Gehirnerschütterung, große Platzwunde an der<br />

Stirn, Schlüsselbeinbruch und Jochbeinbruch,<br />

daneben noch einige Schürfwunden an Hand,<br />

Hüfte, Schulter und Bein.<br />

Wie genau es zu dem Sturz kam, kann ich nicht<br />

sagen. Direkt nach dem Start mit ca. 300 Leuten<br />

ging es scharf links mit einer Verengung des Weges.<br />

Dabei bin ich – ganz vorne stehend – wohl<br />

von rechts angerempelt worden und dann gestürzt,<br />

was vermutlich nicht so tragisch gewesen<br />

wäre, wenn hierauf nicht jemand auf mich<br />

draufgetreten wäre.<br />

Der Schlüsselbeinbruch wurde bereits in Tübingen<br />

konventionell behandelt: Eine Schlaufe mit<br />

einer so komplexen Fixierung, dass erst ein hinzugerufener<br />

Pfleger die Verknotung hinbekam<br />

(später im Krankenhaus Stuttgart musste ich immer<br />

auf Dalinda warten, da auch das dortige<br />

Krankenhauspersonal damit überfordert war).<br />

Dass der dreifache Jochbeinbruch allerdings gerichtet<br />

werden musste, war deutlich zu sehen<br />

und zu spüren: Die linke Backe war deformiert,<br />

das Auge eingedrückt, und die Haut schillerte<br />

in bunten Farben, hinzu kam ein Taubheitsgefühl.<br />

Gut eine Woche später erfolgte dann im<br />

Katharinenhospital Stuttgart die Operation u.a.<br />

durch das Einsetzen von Titan-Platten ober- und<br />

unterhalb des Auges.<br />

Anstelle der ursprünglich angedrohten sechs<br />

Wochen bestand der anschließende Speiseplan<br />

glücklicherweise „nur“ gut vier Wochen<br />

lang ausschließlich aus weicher Kost (Brei, Suppe,<br />

Püree). Im Krankenhaus gab es an den vier<br />

Tagen auf der Station drei Mal täglich Grießbrei,<br />

ergänzt wechselweise durch Spargel- oder Broccolicremesuppe,<br />

Pudding und Joghurt – zwar<br />

schmackhaft, aber sehr farblos. Dass mein Zimmernachbar<br />

Fruchtjoghurt und ich stets Naturjoghurt<br />

bekommen habe, lag vielleicht daran,<br />

dass ich bald als der „Läufer der Station“ bekannt<br />

war... Wieder zu Hause hat Dalinda dann<br />

leckeres und reichhaltigeres Essen zubereitet,<br />

indem sie das normale Essen einfach püriert<br />

und mit Sahne verfeinert hat. So konnte ich<br />

meine verlorenen Kilos bald wieder aufholen,<br />

zumal die Wege Sofa in die Küche und zurück<br />

wenig Bewegung bedeuteten.<br />

Was mich während der ganzen Zeit tief berührt<br />

hat, war die große Anteilnahme zum Beispiel<br />

via WhatsApp. So fühlte ich mich trotz meines<br />

Unfalls weiterhin als vollwertiges Mitglied der<br />

Essinger Mannschaft. Ernst hat mich sogar im<br />

Krankenhaus besucht und mich nach der Entlassung<br />

mit dem Auto zum Bahnhof gebracht.<br />

Nur die anstehende DAMM machte mir Sorgen.<br />

Trotzdem haben Dalinda und ich uns für Kevelaer<br />

angemeldet, wo wir notfalls als Maskottchen<br />

teilnehmen würden. Am 8. August durfte<br />

ich immerhin die Armschlaufe abnehmen und<br />

somit beide Arme (eingeschränkt) einsetzen,<br />

doch die Ärzte rieten weiterhin vom Laufen ab.<br />

Dann kam der 25. August: Zweite Abschlussuntersuchung<br />

im Katharinenhospital Stuttgart. Offensichtlich<br />

war mein Flehen, mir zu erlauben,<br />

am 9.9. an einem ganz, ganz wichtigen Wettkampf<br />

teilzunehmen zu dürfen, überzeugend<br />

genug: Der Chefarzt gestattete ein vorsichtiges<br />

Beginnen des Lauftrainings! Das tat ich die Tage<br />

darauf in Form von sehr langsamen und pulsüberwachten<br />

Läufen.<br />

32

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!