Stephen Westerholm: Angriff auf die Rechtfertigung
Stephen Westerholm Angriff auf die Rechtfertigung Die Neue Paulusperspektive auf dem Prüfstand Mit einem Vorwort von Martin Erdmann
Stephen Westerholm
Angriff auf die Rechtfertigung
Die Neue Paulusperspektive auf dem Prüfstand
Mit einem Vorwort von Martin Erdmann
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Stephen Westerholm
Angriff auf die
Rechtfertigung
Die Neue-Paulus-Perspektive auf dem Prüfstand
Stephen Westerholm
Angriff auf die
Rechtfertigung
Die Neue-Paulus-Perspektive auf dem Prüfstand
Bibelzitate folgen meist der Übersetzung von Hermann Menge (Stuttgart:
Württembergische Bibelanstalt, 1940) und der Schlachter Version 2000
(© 2000 Genfer Bibelgesellschaft). Ferner wurden verwendet:
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift (© 1980 Katholische Bibelanstalt
GmbH, Stuttgart); Lutherbibel 1984 (© 1985 Deutsche Bibelgesellschaft,
Stuttgart); Neue Evangelistische Übersetzung (© 2014 Karl-Heinz Vanheiden)
Stephen Westerholm, geb. 1949, stammt aus Schweden und ist Professor für
Frühchristentum an der McMaster University in Hamilton, Ontario (Kanada).
Er ist ein anerkannter Paulus-Experte und Autor etlicher Bücher und Artikel,
unter anderem Perspectives Old and New on Paul: The ›Lutheran‹. Paul and
His Critics (Grand Rapids: Eerdmans, 2004) und Israel’s Law and the Church’s
Faith: Paul and His Recent Interpreters (Grand Rapids: Eerdmans, 1988).
1. Auflage 2015
© 2013 Stephen Westerholm
Erschienen bei Wm. B. Eerdmans Publishing Co., Grand Rapids, Michigan
Originaltitel: Justification Reconsidered
© der deutschen Übersetzung
Betanien Verlag 2015
Postfach 1457 · 33807 Oerlinghausen
www.betanien.de · info@betanien.de
Übersetzung: Joachim Schmitsdorf
Lektorat: Hans-Werner Deppe
Cover: Sara Pieper, Betanien Verlag
Bild Museum: Friedberg @ Fotolia.com
Bild Paulus: Ausschnitt aus Petrus und Paulus von El Greco, 1541 – 1614
Satz: Betanien Verlag
Druck: drusala.cz
ISBN 978-3-945716-03-8
Inhalt
Vorwort von Martin Erdmann zur deutschen Ausgabe 7
Einleitung 13
1 Die Gefahr, Paulus durch eine moderne Brille zu sehen 15
2 Eine jüdische Lehre? 39
3 Sind wir wirklich so schlimme »Sünder«? 53
4 Gerechtfertigt durch den Glauben 69
5 Nicht durch Werke des Gesetzes 93
6 Rechtfertigung und »Rechtfertigungstheorie« 105
7 Auf den Punkt gebracht 113
Literaturverzeichnis 119
Bibelstellenverzeichnis 123
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Von Martin Erdmann
E. P. Sanders veröffentlichte 1977 sein Hauptwerk Paul and Palestinian
Judaism, eine Umdeutung der paulinischen Rechtfertigungslehre
unter einschlägiger Beachtung des judaistischen Religionsverständnisses
im 1. Jahrhundert, und stieß damit eine rege
Debatte an. Es stimmt zwar, dass die »Neue Paulusperspektive«
(NPP) schon in den Schriften des presbyterianischen Theologen
G. F. Moores komprimiert zu finden ist, doch erst Sanders sorgte
für eine weitflächige Verbreitung dieser Ansicht. Sein noch bedeutsameres
Werk Paul, the Law and the Jewish People (1983) schlug
schon deshalb hohe Wellen in den Fakultäten neutestamentlicher
Gelehrsamkeit, weil Sanders darin eine völlige Revision der bestehenden
Auffassung über Paulus’ Verhältnis zum damaligen Judentum
forderte. Sanders stellte nachdrücklich seine Kritik an der
lutherischen Paulus-Interpretation in den Mittelpunkt. Er unterstellte
Luther, er habe Paulus’ Meinung über die jüdischen Legalisten
falsch verstanden.
Nach Sanders Darstellung meinte Luther, dass Paulus sich mit
einem völlig fehlgeleiteten Versuch seiner jüdischen Kontrahenten
konfrontiert sah, Wohlgefallen und Annahme bei Gott durch das
Halten der mosaischen Gesetze zu finden. Doch die vor Gott gültige
Gerechtigkeit könne nicht in Eigenleistung verdient werden.
Alle nachfolgenden Gelehrten der protestantischen Kirchen seien
getreu der Spur des Wittenberger Theologen gefolgt, ohne auch nur
im Geringsten von der vorgegebenen Interpretation der paulinischen
Rechtfertigungslehre abzuweichen. Man habe Paulus einfach
durch die Brille Luthers gelesen, ohne sich bewusst zu sein, dass eine
Korrektur in der Betrachtungsweise der paulinischen Theologie
nötig war. Sanders war sich deshalb sicher, dass die Schriften des
7
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Heidenapostels, besonders der Römer- und Galaterbrief, ganz neu
vor dem historischen Hintergrund des damaligen Judaismus untersucht
werden müssten. Das führte in den Folgejahren bei einigen
bekannten Auslegern des Neuen Testamentes wie James D. G.
Dunn und N. T. Wright, dem emeritierten anglikanischen Bischof
von Durham, zu einer radikalen Veränderung der Stoßrichtung des
paulinischen Heilsverständnisses. Allgemein wird Dunn die Formulierung
des Begriffes »Neue Paulusperspektive« im Zuge seiner
1982 gehaltenen Vorlesung Manson Memorial Lecture zugeschrieben.
1 Dunn weist jedoch auf N. T. Wright als ursprünglichen Wortschmied
hin. Dieser habe den Begriff in seiner 1978 vorgetragenen
Tyndale Lecture erstmals im Beisein Dunns 2 verwendet.
Sanders meinte, dass der zu Paulus’ Zeiten vorherrschende Judaismus
in Palästina als eine Art »Bundesnomismus« (d. h. etwa
»Bundes-Gesetzesherrschaft«) angesehen werden müsse. Das Gesetz
sei ein äußeres Zeichen des Bundes zwischen Gott und Israel
und einzig dem Zwecke dienlich, klar und deutlich aufzuzeigen,
welches menschliche Verhalten im Kontext des Bundes angebracht
sei. Die richtige Definition der von Gott geforderten Gerechtigkeit
habe also unmittelbar etwas mit der Einstellung oder dem Verhalten
des Bundesvolkes Gottes zu tun, das die besonderen Privilegien
des Bundes genießt.
Der Neuen Paulusperspektive zufolge sind die Werke des Gesetzes
keinesfalls – wie Luther vorgab – als Mittel zu verstehen, den
Juden Zugang zum Bund zu verschaffen. Vielmehr seien diese Werke
ein Ausdruck der bestehenden Tatsache, dass die Juden bereits
zum Bundesvolk Gottes gehörten und einzig ihre Verpflichtung
diesem Bund gegenüber auslebten.
Sanders verwarf die Meinung, dass die Gerechtigkeit, die vom
Gesetz kommt, eine verdienstliche Leistung darstellt, die es den
Juden erlaubte, eine Belohnung von Gott einzufordern. Die Juden
hätten in ihrem Eifer für die Einhaltung des mosaischen Gesetzes
weder die Gnade Gottes verneint, noch ihr eigenes Heil zu er-
8
1 Siehe, Richard N. Longenecker, Introducing Romans: Critical Issues in Paul’s Most
Famous Letter, Eerdmans, 2011, S. 27.
2 Siehe, N. T. Wright, Justification: God’s Plan and Paul’s Vision, SPCK, 2009, S. 11-2.
Vorwort zur deutschen Ausgabe
werben versucht. Das richtige Verständnis der Gesetzeswerke sei
vielmehr, dass ihre Einhaltung die Bedingung erfüllte, ein Bundesgenosse
zu bleiben; soche Werke hätten deshalb nichts mit dem
Erwerb des Heils zu tun. Sollte diese Meinung Sanders richtig sein,
müsste die klassisch-reformatorische Rechtfertigungslehre, sowie
sie unter anderem Luther und Calvin gelehrt haben, gänzlich verworfen
werden. Die Abspaltung der protestantischen Kirchen im
Laufe der Reformation sei demnach die tragische Folge eines kolossalen
Irrtums gewesen.
Eine eingehende Analyse der These Sanders ist nicht zuletzt
deshalb wichtig, weil sie uns zwingt, eingehende Fragen über die
Beziehung von Paulus zu seinem jüdischen Umfeld, über die Erlangung
der Gerechtigkeit Gottes durch den Glauben und über die
Teilhabe des Gläubigen am Werk Jesu Christi zu stellen. Nebenbei
sei erwähnt, dass sowohl Martin Luther als auch Johannes Calvin
die Vorstellung der Teilhabe an Christus zum zentralen Kern ihrer
Rechtfertigungslehre machten.
Doch haben Sanders und in seinem Gefolge alle weiteren Befürworter
der NPP, insbesondere Dunn und Wright, recht, wenn
sie der protestantischen Christenheit vorwerfen, fast 500 Jahre lang
an einer Gerechtigkeitslehre festgehalten zu haben, die dem – sowie
er es sah – eigentlichen biblischen Befund völlig widerspricht? Es
ist keineswegs zu leugnen, dass die breitgefächerte und nicht nur
auf die NPP beschränkte Theologie N. T. Wrights regen Zuspruch
von evangelikalen und katholischen Theologen empfängt, wie die
Einladungen zu Studientagen evangelikaler Hochschulen in der
Schweiz 3 , des Arbeitskreises für biblisch erneuerte Theologie 4 , und
der katholischen Fakultät an der Universität Fribourg 5 im Laufe
des Jahres 2014 unterstreichen. Damit will nicht gesagt sein, dass
die Befürworter der Theologie N. T. Wrights sich scheuen, ihm kritische
Fragen zu stellen, wenn sich die Gelegenheit dazu beispiels-
3 http://ntwright.ch/; http://www.sthbasel.ch/fr/forschen/tagungen-/fruehere-tagungen/studientag-mit-N.
T.-wright.html; http://tsc.chrischona.ch/news/artikel/
anders-als-gedacht
4 http://ntwright.ch/index.php?id=84; http://ntwright.ch/fileadmin/user_upload/
News/ideaspektrum_2014_5.pdf
5 http://www.glaubeundgesellschaft.ch/studientage/studientage-nt-wright-2014/
9
Vorwort zur deutschen Ausgabe
weise während Podiumsdiskussionen ergibt. Wie in christlichen
Nachrichtenmedien zu lesen war, zogen die Veranstalter jedoch ein
positives Fazit hinsichtlich der Rückmeldungen von den Zuhörern
über die Vorträge Wrights. Selbstverständlich erheben sich auch
kritische Stimmen in der Öffentlichkeit, die zwar wahrgenommen
werden, aber deutlich eine Minderheitsmeinung darstellen.
Was steht jedoch auf dem Spiel, wenn sich die Neue Paulusperspektive
allgemein durchsetzen sollte? Um diese Frage auch nur
annähernd zu beantworten, müssen wir etwas weiter ausholen.
Es fällt auf, dass viele Menschen um uns herum gleichgültig dem
Christentum gegenüber eingestellt sind und offensichtlich kein
Interesse daran haben, sich näher mit der Bibel zu befassen. Eine
pauschale Antwort ist auf diese Frage nicht möglich. Viele verschiedene
Gründe mögen hier ausschlaggebend sein. Dennoch gibt es
eine Antwort, die den tiefsten Kern bloßlegt, der ausschlaggebend
für diese Gleichgültigkeit ist. Interessanterweise hat dieser Grund
nicht unmittelbar etwas mit einer modernen Lebenseinstellung
zu tun, sondern trat seit der anfänglichen Verbreitung des Christentums
vor mehr als zweitausend Jahren zu bestimmten Zeiten
wiederholt in Erscheinung. Es handelt sich dabei um ein fehlendes
oder zu geringes Bewusstsein der menschlichen Sündhaftigkeit.
Die akute Besorgnis, ein Sünder zu sein, befällt nur die wenigsten
unserer Zeitgenossen und somit fehlt die Motivation, nach einem
Ausweg aus diesem beklagenswerten Zustand zu suchen. Wenn
nun der Eckstein des Christentums von sich behauptete, nur deshalb
in diese Welt gekommen zu sein, um durch seinen Tod am
Kreuz die Schuld der Sünder zu büßen, stoßen seine Worte auf
taube Ohren. Auch die Briefe des Apostels Paulus lassen sich nur
aus diesem Blickwinkel richtig verstehen, wenn man sie als Aufruf
an sündige Menschen wahrnimmt, das Heil – also die Vergebung
der Sündenschuld – in Jesus Christus im Glauben anzunehmen.
Der Appell des Christentums ergeht nicht an solche, die nicht die
schwere Last der Sünde und die Aussichtslosigkeit verspüren, sie je
durch eigenes Bemühen ablegen zu können.
Der Anstoß des Christentums bestand immer in seiner Botschaft
des Kreuzes. Wie damals so heute ist Christus den Juden ein
Ärgernis und den »Griechen« (Nichtjuden) eine Torheit. Es wäre
10
Vorwort zur deutschen Ausgabe
zwar sicherlich einfach, das anstößige Element des Kreuzes zu entfernen,
doch würde das die sofortige Auflösung des Christentums
bedeuten. Denn das Kreuz ist der Mittelpunkt dieses Glaubens, der
sich im Sterben und Auferstehen Jesu Christi, also im Heilswirken
Gottes, konkretisiert. Was der christliche Glaube der Welt anzubieten
hat, ist nicht ein bloßes Gebot der Gottes- und Nächstenliebe.
Zur Liebe anderer muss nicht erst aufgerufen werden, da jeder
Mensch von sich aus weiß, dass er so lieben sollte. Was die Welt
dringend benötigt, ist die Fähigkeit, die Pflicht zu erfüllen, dem
Nächsten in Liebe zu begegnen, denn dazu fehlt die Kraft. Und gerade
diese Kraft vermittelt das Christentum in der Erlösung durch
den Sohn Gottes und in der Erneuerung durch den Heiligen Geist.
Das Christentum liefert nicht nur einen Verhaltenskodex, sondern
die Befähigung zu einem neuen Leben.
Doch wie kommt man in den Besitz dieses neuen Lebens mit all
seiner lebenserneuernden Kraft? Das Sündenproblem muss zuerst
gelöst werden, denn nur so kann die Beziehung zwischen Gott und
Mensch wieder in Ordnung gebracht werden. Die Bibel nennt das
Rechtfertigung durch Glauben. Wie kann Gott den Sünder gerecht
erklären außer auf Grundlage von Werken, die gerecht sind? Wie
kann der Sünder aber Taten der Gerechtigkeit erbringen, die ihn
vor Gott wohlgefällig machen? Nicht durch seine eigene Leistung,
denn sein Tun ist von Sünde völlig durchdrungen und geprägt.
Ihm bleibt keine andere Aussicht übrig als die sichere Verdammnis.
Die einzige Hoffnung, die bleibt, ist, dass ein anderer an seiner statt
verdienstliche Werke vor Gott erwirkt.
Dieser andere ist der Sohn Gottes, Jesus Christus, der durch
sein sündloses Leben und sein stellvertretendes Sterben am Kreuz
die Schuld des bußfertigen und gläubigen Sünders durch das Vergießen
seines eigenen Blutes beglich und somit die Gerechtigkeit
vor Gott erwirkte, die den Zorn des Allmächtigen vollkommen besänftigte
und eine ewige Erlösung erwirkte. Die in jeder Hinsicht
perfekte Gerechtigkeit Jesu Christi wird den Gläubigen zurückgerechnet.
Nur so kann man den Frieden mit Gott erlangen; nur so
kann man in die Gemeinschaft mit dem Schöpfer des Himmels
und der Erde treten; nur so steht der Zugang zum ewigen Leben in
der himmlischen Herrlichkeit offen.
11
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Es ist zu wünschen, dass Stephen Westerholms jetzt ins Deutsche
übersetzte Buch »Angriff auf die Rechtfertigung« von vielen
Christen in den deutschsprachigen Ländern gelesen und ernst
genommen wird. Persönlich könnte ich mir fast kein wichtigeres
Buch als dieses vorstellen. Der breiten Akzeptanz der Neuen Paulusperspektive
in evangelikalen Kirchen kann nur so effektiv entgegengetreten
werden. Dem Betanien Verlag gebührt Dank, dass er
die Notwendigkeit sieht und den Mut aufbringt, ein solches Buch
zu veröffentlichen.
Dr. Martin Erdmann,
Greer, South Carolina, im Februar 2015
12
Einleitung
Wer nicht nur mit den Paulusbriefen an sich aufgewachsen ist, sondern
auch mit einer bestimmten Art und Weise, sie zu verstehen, tut
gut daran, sich mit der Sichtweise derer zu befassen, die Paulus anders
verstehen. Schließlich lernen wir am meisten von anderen Meinungen.
Andersdenkenden kann etwas auffallen, was wir übersehen.
Sie liegen vielleicht dort richtig, wo wir irren. Und selbst wenn
wir sicher sind, dass nicht wir, sondern sie irren: Wenn wir mit neuen
Fragestellungen an bekannte Texte herangehen, kann uns das
nicht nur in unserem bisherigen Verständnis bestärken, sondern
kann auch eine gesteigerte Wertschätzung gegenüber jenen hervorbringen,
die durch ein gründliches Studium der Paulusbriefe Erkenntnisse
erlangten, die wir bislang für selbstverständlich hielten.
In diesem kurzen Buch befasse ich mich mit Theologen, die
mit neuen Fragestellungen an Paulus’ Aussagen über Rechtfertigung
herangehen und neue Antworten dazu bieten. Zwar haben
sich schon viele Christen von ihren neuen Deutungen überzeugen
lassen, doch meine eigene erneute Untersuchung der Paulusbriefe
hat mich vielmehr dahin geführt, die Behauptungen dieser »Revisionisten«
in Frage zu stellen. Hier möchte ich erklären, warum. Nun
ist schon eine ganze Generation von Theologen herangewachsen,
die ausschließlich in diesen modernen Thesen unterrichtet wurden,
wie Paulus zu verstehen sei. Ich hoffe, diese Theologen und Prediger
stellen bei der Lektüre dieses Buches fest: Die herkömmlichen
Paulus-Ausleger erkannten Aspekte, die heutige Ausleger übersehen
bzw. sie legten diese Texte auf eine Weise aus, die Paulus besser
gerecht wird. Wenn die Leser aber doch an den neuen Perspektiven
festhalten, können sie vielleicht besser verstehen, vor welcher Herausforderung
die Vordenker dieser Ansichten standen.
Ich möchte betonen, dass sich diese Untersuchung hauptsächlich
auf das Thema der Rechtfertigung bei Paulus beschränkt sowie
13
Angriff auf die Rechtfertigung · Einleitung
auf jüngere revisionistische Thesen, wie Rechtfertigung zu verstehen
sei – und wie nicht. Andere Themen halte ich nicht für unwichtig
oder zweitrangig. Würden wir aber versuchen, bei der Erklärung
des Rechtfertigungs-Begriffes noch weitere Nebengedanken einzubeziehen,
dann trüge das mehr zur Verwirrung bei statt zur Klärung
der Frage, was Paulus über Rechtfertigung zu sagen hat. Rechtfertigung
ist nur eine Weise, wie Paulus die Erlösung des Menschen
beschreibt. Was er darüber sagt, ist von entscheidender Bedeutung
für die Heilslehre, aber es ist und bleibt nur einer von mehreren
Aspekten. Und doch ist seine Rechtfertigungslehre zwangsläufig
mit anderen paulinischen Themen verwandt. Mein Anliegen ist, zu
beleuchten, welchen besonderen Beitrag die paulinische Rechtfertigungslehre
zur gesamten Theologie bei Paulus liefert.
Mit diesem Buch möchte ich meine bisherigen Veröffentlichungen
zum Thema sowohl auf den neuesten Stand bringen als auch
einer breiten Leserschaft zugänglich machen. Ich habe dieses Material
mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber in diesem
Buch verarbeitet. 1
Ich möchte Todd Still und Monica Westerholm dafür danken,
dass sie einen früheren Entwurf dieser Ausarbeitung gründlich gelesen
und nützliche Anmerkungen dazu gemacht haben. Sie sind
natürlich nicht für meine dargelegten Ansichten und Meinungen
verantwortlich, aber sie haben mir sehr dabei geholfen, meine Meinung
noch klarer auszudrücken.
Dieses Buch widme ich meiner Tochter Jessica und ihrem Mann
Paul. Jessica wurde mit Paulus erzogen und ist mit Paulus aufgewachsen;
doch nur, wer sie nicht kennt, würde es für belanglos halten,
dass sie am Ende sogar einen Paul(us) geheiratet hat. Möge der
Segen dessen, der die beiden auf erstaunliche Weise zusammengeführt
hat, auf ihrer Ehe und auf ihrem Dienst für ihn ruhen.
14
1 Meine bisherigen Veröffentlichungen zum Thema sind der Artikel »Justification by
Faith Is the Answer: What Is the Question?« (etwa »Rechtfertigung durch Glauben
ist die Antwort: Was war nochmal die Frage?«), erschienen im Concordia Theological
Quarterly 70, 2006, S. 197-217, sowie besonders das Buch Perspectives Old and New
on Paul: The »Lutheran« Paul and His Critics (etwa: »Alte und neue Paulusperspektiven:
der ›lutherische‹ Paulus und seine Kritiker«, Grand Rapids: Eerdmans, 2004).
Kapitel 3 basiert auf dem Manuskript eines Vortrags, der im November 2008 bei der
Jahresversammlung der Society of Biblical Literature in Boston gehalten wurde.
KAPITEL 1
Die Gefahr, Paulus durch eine
moderne Brille zu sehen
Sir Edmund Hillary hat außer dem Mount Everest noch viele andere
Berge bestiegen. Neil Armstrong hat neben dem berühmten
Schritt auf den Mond noch viele andere Schritte getan. Der
schwedische Lutheraner Krister Stendahl hat eine ganze Reihe von
Artikeln verfasst und nicht nur »The Apostle Paul and the Introspective
Conscience of the West« (»Der Apostel Paulus und das zur
Selbstprüfung neigende westliche Gewissen«). Aber das interessiert
niemanden. Wenn man heute noch an Hillary, Armstrong und
Stendahl denkt, dann dank eines einzigen, kurzen und glorreichen
Augenblicks.
Stendahls Ruhm ist gewiss weit geringer als der Hillarys oder
Armstrongs. Doch unter Neutestamentlern gilt sein Aufsatz über
das »zur Selbstprüfung neigende Gewissen« 1 als einer der bekanntesten
und einflussreichsten Einzelartikel des 20. Jahrhunderts.
Damit wollte er für die Paulusbriefe das tun, was Henry Cadbury
für die Evangelien tat, als er The Peril of Modernizing Jesus schrieb
(»Die Gefahr, Jesus durch die moderne Brille zu sehen«). 2 Und man
nimmt allgemein an, dass Stendahl dieses Vorhaben gelungen sei.
Wenn man Paulus aus seinem Kontext des 1. Jahrhunderts reißt,
heißt das, ihn verzerrt darzustellen. Und die antiken Autoren, zu
denen wir auch den Apostel Paulus zählen müssen, widmeten sich
1 »The Apostle Paul and the Introspective Conscience of the West«, Harvard Theological
Review 56 (1963), S. 199-215, hier zitiert nach der Fassung in Paul among Jews
and Gentiles and Other Essays (Philadelphia: Fortress, 1976), S. 78-96. Andere Teile
des genannten Buches repräsentieren »gewisse Schritte hin zu einer Paulus-Interpretation,
die sich [aus dem o.g. Artikel] ergab« (S. v). Die Darstellung der Position
Stendahls sowie die Seitenangaben im vorliegenden Kapitel beziehen sich auf dieses
Buch.
2 Henry J. Cadbury, The Peril of Modernizing Jesus (New York: Macmillan, 1937).
15
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 1
offenkundig nicht der Selbstprüfung. Laut Stendahl habe nicht
Paulus, sondern Augustinus »das Dilemma des zur Selbstprüfung
neigenden Gewissens formuliert«, und darin »kann er durchaus einer
der ersten gewesen sein« (S. 83). »Augustinus’ Bekenntnisse sind
die erste bedeutende Schrift in der Geschichte des zur Selbstprüfung
neigenden Gewissens. Die augustinische Denkrichtung mündete
ins Mittelalter und erreichte ihren Höhepunkt im Bußkampf
eines Augustinermönchs: Martin Luther« (S. 85). Selbstprüfung
führe bei »denen, die diese Praxis ernst nehmen«, zu Gewissensqualen;
diese wiederum führen zu der verzweifelten Frage: »Wie
finde ich einen gnädigen Gott?« – Und erst »angesichts dieser Frage:
›Wie finde ich einen gnädigen Gott?‹, erscheinen Paulus’ Worte
von einer Rechtfertigung in Christus durch den Glauben und ohne
Gesetzeswerke als die befreiende und rettende Antwort« (S. 83).
Doch die Frage von Augustinus, Luther und all den Gewissensgeplagten
sei nicht die Frage, auf die Paulus einging. Paulus gehe es
darum, so Stendahl, »welchen Platz die Heiden in der Kirche und
im Plan Gottes einnehmen« (S. 84). Stendahl meint: Daher »nahm
man im Westen jahrhundertelang fälschlich an, die Verfasser der
Bibel setzten sich mit Problemen auseinander, die zweifellos uns
betreffen, die ihnen selbst aber niemals in den Sinn kamen« (S. 95).
»Wo es Paulus darum geht, wie Heiden in die messianische Gemeinschaft
integriert werden können, klingen seine Aussagen nunmehr
wie Antworten auf die Suche des Menschen nach Gewissheit,
wie er aus seiner Misere erlöst werden könne« (S. 86). An späterer
Stelle fasst Stendahl seine Meinungsunterschiede zu Ernst Käsemann,
seinem schärfsten Kritiker, ganz ähnlich zusammen: »Zuerst
muss geklärt werden, was Paulus mit seiner Argumentation zur
Rechtfertigung bezweckte: Wollte er die Frage beantworten: Wie
soll ich, Paulus, meinen Platz in Gottes Plan und meine Sendung
zu den Heiden verstehen, und wie kann ich das Recht der Heiden
verteidigen, dass auch sie an den Verheißungen Gottes teilhaben?
Oder aber ging er auf die Fragestellung ein, die ich für später entstanden
und auf westlichem Denken basierend halte: ›Wie finde ich
einen gnädigen Gott?‹« (S. 131).
Was meint Paulus, wenn er sagt, »dass der Mensch durch den
Glauben gerechtfertigt wird, ohne Werke des Gesetzes«? Wie wir
16
Die Gefahr, Paulus durch eine moderne Brille zu sehen
diesen Vers (Galater 2,16) verstehen, hängt (zumindest teilweise)
davon ab, auf welche Frage Paulus damit unserer Meinung nach
eingeht. Für Stendahl lautet diese Frage nicht: »Wie kann ein Sünder
einen gnädigen Gott finden?«, sondern: »Unter welchen Bedingungen
können Heiden in das Volk Gottes aufgenommen werden?«
Diese Auffassung Stendahls darüber, welche Ausgangsfrage
Paulus in Galater 2,16 beantwortet, ist heute für viele unumstößlich
geworden. 3 Und wie viele andere unumstößliche Grundannahmen,
die Neutestamentlern lieb und teuer sind, enthält auch
diese ein Fünkchen Wahrheit. Die ersten Jünger Jesu waren Juden.
Paulus wurde »berufen, ein Apostel der Heiden« zu sein (Röm 1,1;
11,13). Die Frage, wie bekehrte Heiden mit gläubigen Juden in einer
einzigen Glaubensgemeinschaft zusammenfinden könnten, wurde
in der Frühkirche von verschiedenen Führungspersonen verschieden
beantwortet. Manche meinten, Heidenchristen müssten
erst durch Beschneidung Juden werden und wie Juden leben, d. h.
jüdische Speisegebote, den Sabbat usw. halten. Paulus bekämpfte
diese Lehre und ihre Vertreter an vorderster Front. Der Begriff der
»Rechtfertigung« wurde zuerst in jenen Briefen zum Hauptthema,
in denen Paulus diese Debatte führte. So viel muss jeder zugeben,
der das Neue Testament sorgfältig liest.
3 Stendahl bildet einen scharfen Gegensatz zwischen Paulus’ angeblichem Anliegen
mit seiner Rechtfertigungslehre (nach Stendahl: wie Heiden in das Volk Gottes aufgenommen
werden) und einem »späteren«, »westlich geprägten« Verständnis dessen,
was Paulus damit erklären wollte (wie Sünder einen gnädigen Gott finden können).
Dieser Gegensatz wurde in der Frühphase der Diskussion um die »Neue Paulusperspektive«
häufig aufgegriffen. In der späteren Diskussion jedoch sieht man (zumindest
manchmal) die Unterschiede mehr als Frage der Gewichtung anstatt als
Gegensatz. James Dunn schreibt z. B.: »Die Erklärung des Paulus, dass man durch
Glauben und nicht durch Werke gerechtfertigt wird, erwächst im Kontext seiner
Heidenmission und aus seiner Verteidigung dessen, was ihm grundsätzlich wichtig
war: Das Evangelium gilt allen, Heiden wie Juden, und es fordert vom Heiden nicht,
ein Proselyt zu werden oder einen jüdischen Lebensstil zu übernehmen. Das anzuerkennen
heißt nicht, die weit grundlegendere Tatsache zu leugnen oder herunterzuspielen,
dass niemand vor Gott bestehen kann, ohne von Gott aus Gnade Vergebung
und Rechtfertigung zu bekommen« (Dunn, »The New Perspective: Whence, What,
and Whither?«, S. 87). Ebenso stellte auch N. T. Wright fest, die »neue Perspektive«
betone zwar, »dass Paulus immer dann, wenn er über Rechtfertigung spricht, zugleich
über die Integration von Heiden spricht«, versage zugleich aber »gewöhnlich«
darin aufzuzeigen, »wie dies mit der traditionellen Sicht vereinbar ist, dass er davon
spricht, wie Sünder mit Gott ins Reine kommen« (Paul in Fresh Perspective, S. 36).
17
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 1
Problematisch wird es allerdings vielmehr bei dem, was Stendahl
bestreitet; und die Ironie daran ist: Stendahl will seine These gerade
dadurch schmackhaft machen, dass er anderen vorwirft, sie (und
nicht er) würden Paulus durch eine moderne Brille sehen. Zweifellos
hat der heutige säkularisierte Mensch die frühere Sorge, in
welchem Verhältnis der Mensch zu Gott steht, in den Hintergrund
gedrängt – oder gänzlich über Bord geworfen. Umgekehrt meint
man in unserer multikulturellen Gesellschaft, es sei für eine friedliche
Gesellschaft wichtiger als je zuvor, Menschen aus fremdem
ethnischen und kulturellen Hintergrund zu akzeptieren. Folglich
präsentiert Stendahl einen Paulus, der im negativen wie im positiven
Sinne an unser modernes Denken angepasst ist. Wie kann uns
dann Stendahls Paulus-Portrait zugleich dem historischen Paulus
des 1. Jahrhunderts näherbringen?
Der Schwerpunkt der paulinischen Mission:
Thessalonich und Korinth
Die Zweifel beginnen schon, wenn wir über das Thema hinausgehen,
das Stendahl zurecht als zentral für die paulinische Mission
beschreibt – die Bedingungen, zu denen Heiden in das Volk Gottes
aufgenommen werden können – und eine noch weit grundlegendere
Frage stellen: Was bewegt Heiden überhaupt dazu, einer Gemeinschaft
von Gläubigen beizutreten? Stendahl braucht uns nicht
erzählen, Paulus hätte den Mittelmeerraum durchzogen, ohne
Menschen mit einem von Sünden geplagten Gewissen Frieden anzubieten.
Ebenso wenig dürfen wir uns einbilden, er hätte Heiden
damit zur Bekehrung gelockt, dass er ihnen eine Mitgliedschaft im
jüdischen Volk Gottes anbot oder die Werbetrommel dafür gerührt
hätte, wie leicht man jetzt in den Bund mit Abraham aufgenommen
werden könne. 4 Ob mit oder ohne Beschneidung: Kaum ein
Heide hätte sich wohl übermäßig gedrängt gefühlt, einer jüdischen
18
4 Gewiss glaubte Paulus, dass eine solche Mitgliedschaft und ein solcher Zugang inbegriffen
sind, wenn man sein Evangelium im Glauben annimmt. Aber allein das
kann nicht die zündende oder große Anziehungskraft des Evangeliums auf Nichtjuden
ausmachen!
Die Gefahr, Paulus durch eine moderne Brille zu sehen
Gemeinschaft oder deren »Bund« beizutreten. Paulus’ Botschaft
konnte nur auf eine einzige Weise Anklang unter Nichtjuden finden:
Sie traf ein Bedürfnis, das sie selbst für wichtig hielten – und
wenn nicht schon zuvor, dann zumindest, nachdem Paulus zu ihnen
gesprochen hatte. Seine Briefe erklären eindeutig, welcher Art
dieses Bedürfnis ist.
Die Mehrheit der Neutestamentler glaubt, dass der 1. Thessalonicherbrief
auch als erster der uns erhaltenen Paulusbriefe verfasst
wurde. In Thessalonich hatte Paulus eine Gemeinde gegründet und
schrieb kurz darauf zwei Briefe dorthin. Sie spiegeln vom Anfang
bis zum Ende nachdrücklich wider, welche Botschaft Paulus verkündigte,
als er erstmals in der Stadt auftrat. Paulus hatte seine
Hörer gewarnt, dass Gott jederzeit seinen Zorn über die nichtsahnende
Menschheit ausgießen und plötzliches Verderben über sie
bringen kann (1,10; 5,3; vgl. 2Thes 1,5-10). Das Maß der menschlichen
Bosheit war praktisch voll. Die Heiden hatten den wahren
und lebendigen Gott ignoriert und Götzen gedient. Ihre Unmoral
war altbekannt und sie wandelten in Finsternis statt im Licht (vgl.
1Thes 1,9; 4,4f; 5,6f). Die Juden hingegen hatten ihre Entfremdung
von Gott in ihrer nicht weniger altbekannten Geschichte verdeutlicht,
dass sie nämlich notorisch Gottes Boten verwarfen: einst die
Propheten, jüngst den Herrn Jesus und jetzt seine Zeugen, die Apostel
(2,14ff). Über alle, Juden wie Heiden, würde die Strafe plötzlich
und ohne Entrinnen kommen (5,3).
Viele Leute von heute nehmen – aus Gründen, die wir hier nicht
näher erforschen brauchen – eine solche Botschaft nicht ernst.
Doch die Zuhörer von Paulus im Thessalonich des 1. Jahrhundert
nahmen ihn ernst. Die Vorstellung, dass ihre Taten eine Gottheit
erzürnten, war ihnen nicht neu, und das Missfallen der Götter zu
erregen war gefährlich. Juden und Nichtjuden waren gleichermaßen
stets bemüht, auf gutem Fuß mit den übernatürlichen Mächten
zu stehen, die ihr Schicksal beeinflussten oder gar lenkten. Angesichts
solcher Bemühungen fiel die Botschaft des Paulus auf fruchtbaren
Boden. Man muss sich schon wundern, wie Stendahl auf die
Idee kommt, die Frage: »Wie finde ich einen gnädigen Gott?« hätte
allein Menschen im neuzeitlichen Westen umgetrieben; völlig unverständlich
aber ist, wie er meinen kann, solche Gedanken hätten
19
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 1
den Menschen des Altertums nicht beschäftigt – besonders, wenn
wir an die Zuhörer denken, die Paulus’ Warnung vor dem drohenden
Gericht beherzigten. Die Frage aufzuwerfen, ob das zu jener
Selbstprüfung geführt hat, die spätere Zeiten kennzeichnet, führt
nur auf eine falsche Fährte. Ob jemand nun ein zur Selbstprüfung
neigendes Gewissen hat oder nicht: Wer auch immer die Warnung
vor einem drohenden göttlichen Gericht ernst nimmt, muss das
drängende Anliegen haben, einen gnädigen Gott zu finden.
So viel ist klar. Umgekehrt deutet auch nichts im 1. Thessalonicherbrief
darauf hin, dass das Verhältnis zwischen Heiden- und
Judenchristen in der dortigen Gemeinde ein Problem gewesen wäre.
Laut Dunn »stand in Paulus’ theologischem Denken die Überzeugung
im Vordergrund, dass Gottes Heilsplan Heiden wie Juden einschließt,
und nicht die Frage, wie ein Sünder einen gnädigen Gott
findet.« 5 Wenn das so wäre und das letztere Anliegen erst im späteren
Abendland aufkam, dann müsste man sagen: Die Botschaft,
die Paulus den Thessalonichern verkündigte, ließ sie über das Herzstück
seines Denkens im Dunkeln. Zugleich hätte er sinnloserweise
eine Frage beantwortet, die seinen Hörern an ihrem Ort und in
ihrer Zeit nicht einmal im Traum zu stellen eingefallen wäre.
Paulus’ Antwort auf die Frage, von der ihm heute abgesprochen
wird, dass er sie behandelt habe, lautet: Gott sorgt durch seinen
Sohn Jesus für Errettung vor dem kommenden Zorn (1,10; 5,9). Diese
Botschaft der »Errettung« – die mit Recht »Evangelium« (= gute
Botschaft) genannt wird – war Paulus anvertraut worden (2,4.16).
Um »gerettet« zu werden, mussten die Hörer sein Evangelium »annehmen«
(1,6); sie mussten anerkennen, dass es kein Menschenwort,
sondern Gottes Wort ist (2,13). Eine solche gläubige Reaktion
auf das Wort Gottes zeigte, dass sie sich zu dem lebendigen und
wahren Gott bekehrt hatten (1,9) und an ihn glaubten (1,8). Die
zum Heil Bestimmten reagierten anders auf das Evangelium als die
zum Zorn Verdammten: Sie glaubten. Sie werden daher wiederholt
als »die Gläubigen« bezeichnet (1,7; 2,10.13), und die anderen als die,
die der Wahrheit des Evangeliums nicht glauben (oder gehorchen;
vgl. 2Thes 1,8; 2,12; 3,2).
20
5 Dunn, »Works of the Law and the Curse of the Law (Gal. 3.10-14)«, S. 130.
Die Gefahr, Paulus durch eine moderne Brille zu sehen
Gelegentlich meinen manche, es sei selbstsüchtig (oder gar ungehobelt),
sich um sein Seelenheil zu sorgen. Doch sicher hätten
nur jene, die Paulus’ Botschaft ablehnten, das eigene Seelenheil
ausschlagen können; und die Frage: »Wie finde ich einen gnädigen
Gott?«, drückt praktisch genau das aus, worum sie sich dann zwingend
hätten sorgen müssen. Nicht nur Augustinus und seine Nachfolger
hatten diese drängende Frage, sondern auch die ursprünglichen
Empfänger des 1. Thessalonicherbriefs.
Natürlich würde es unsere Argumentation entkräften, wenn
man die Bedeutung des 1. Thessalonicherbriefs dadurch herunterspielt,
dass man ihn als »frühpaulinisch« abtut und behauptet,
Paulus würde darin eine ganz andere Botschaft verkünden als in
seinen späteren, angeblich »reiferen« Briefen. Doch seine Reise von
Thessalonich über Athen nach Korinth führte keineswegs zu einer
solchen Veränderung. Das Ziel, das Paulus in Korinth (und überall,
wie er uns versichert) ausdrücklich verfolgte, war, alles ihm Mögliche
zu tun, um die Hörer seiner Botschaft zu »retten«:
Den Juden bin ich ein Jude geworden, um Juden zu gewinnen;
denen, die unter dem Gesetz stehen, bin ich, obgleich ich
nicht unter dem Gesetz stehe, einer unter dem Gesetz geworden,
um die zu gewinnen, die unter dem Gesetz stehen. Den
Gesetzlosen war ich sozusagen ein Gesetzloser – nicht als ein
Gesetzloser vor Gott, sondern gebunden an das Gesetz Christi
–, um die Gesetzlosen zu gewinnen. Den Schwachen wurde
ich ein Schwacher, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin
ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten. (1Kor
9,20ff; vgl. 10,33)
»Errettung« bedeutet in den Thessalonicherbriefen »Rettung vor
dem Zorn und dem Gericht Gottes«; Gleiches gilt für die Korintherbriefe.
Der »Welt« droht laut 1. Korinther 11,32 das Verdammungsurteil;
die Menschen in ihr sind laut zahlreichen weiteren
Bibelstellen »verloren« (1,18; 2Kor 2,15; 4,3) – und zwar deshalb, weil
sie wegen ihrer Taten verdienen, verdammt zu werden: »Ungerechte
werden das Reich Gottes nicht erben« (1Kor 6,9). Denen, die andernfalls
verloren gehen würden, brachte Paulus das Evangelium,
21
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 1
das besagt, dass alle, die seiner Botschaft glauben, von Sünde und
Verdammnis gerettet werden:
Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit;
uns aber, die wir gerettet werden, ist es Gottes Kraft. …
[Es hat] Gott wohlgefallen, durch die Torheit der Predigt die
Glaubenden zu retten. (1Kor 1,18.21)
Ich tue euch aber, Brüder, das Evangelium kund, das ich
euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem
ihr auch steht, durch das ihr auch gerettet werdet, wenn ihr festhaltet,
mit welchem Wortlaut ich es euch verkündigt habe, es sei
denn, dass ihr vergeblich zum Glauben gekommen seid. (1Kor
15,1f)
Denn wir sind ein Wohlgeruch Christi für Gott unter denen,
die gerettet werden, und unter denen, die verloren gehen; den
einen ein Geruch vom Tod zum Tode, den anderen aber ein Geruch
vom Leben zum Leben. Und wer ist dazu tüchtig? (2Kor
2,15f; vgl. 6,1f)
Es steht somit außer Frage, was die Kernbotschaft des Apostels war,
als er nach Korinth kam. Für uns ist hierbei von Bedeutung: Die
Thessalonicherbriefe sprechen zwar nicht wortwörtlich von »Gerechtigkeit«
und »Rechtfertigung«, doch diese Begriffe finden sich
in beiden Korintherbriefen. Das griechische Verb, das mit »rechtfertigen«
übersetzt wird (dikaióō), leitet sich vom selben Wortstamm
ab wie die Worte für »gerecht« (dikaiós) und »Gerechtigkeit«
(dikaiosýnē). Es wird gewöhnlich in einem juristischen Kontext verwendet,
wo es »für unschuldig erklären«, »für gerecht befinden«,
»freisprechen« bedeutet. Paulus schreibt in 1. Korinther 4,4, er sei
sich nicht bewusst, ein Unrecht begangen zu haben; 6 da aber Gott
der Richter ist und nicht Paulus, bedeutet sein fehlendes Schuldbewusstsein
nicht, dass er »gerechtfertigt« wäre. Mit anderen Worten:
Gott allein kann das Urteil fällen, ob ein Mensch gerecht ist
oder nicht. Und um in diesem (ziemlich gewöhnlichen) Sinne des
22
6 Im dortigen Kontext geht es darum, dass Paulus nicht wüsste, seiner Beziehung zu
irgendeinem Korinther konkret geschadet zu haben.
Die Gefahr, Paulus durch eine moderne Brille zu sehen
Wortes »gerecht« zu sein, muss man das tun, wozu man moralisch
verpflichtet ist. Umgekehrt sind die »Ungerechten« jene, die nicht
so leben, wie sie sollen; und Paulus weiß eine ganze Reihe von Sünden
aufzuzählen, die sie begehen (1Kor 6,9f). Das Dilemma, das
Paulus mit seinem Evangelium anspricht, kann man daher auch so
beschreiben: Die Welt ist bevölkert von »Ungerechten«, die als solche
keine Hoffnung haben können, Gottes Gericht zu überstehen.
Das Evangelium hat eine Lösung für dieses Dilemma: Es bietet
Ungerechten einen Weg, wie sie dennoch »für gerecht erklärt« bzw.
»gerechtfertigt« werden können (6,11).
Diese Begrifflichkeiten prägen die Korintherbriefe zwar nicht,
sind aber dort durchaus vorhanden und haben nichts damit zu tun,
ob Heiden beschnitten werden und jüdische Speisegebote halten
müssen oder nicht (was in den Korintherbriefen kein Thema ist),
oder wie Heiden vor Gott ebenso annehmbar werden können wie
Juden (vielmehr haben auch Juden es nicht weniger nötig als Heiden,
»gerettet« zu werden, siehe 1Kor 9,20-23; vgl. 1,18-25). Paulus
spricht von Gerechtigkeit und Rechtfertigung, um aufzuzeigen,
wie Sünder jene Gerechtigkeit erlangen können, die sie brauchen,
um vor Gott zu bestehen. Dass Christus »unsere Gerechtigkeit«
ist, wie 1. Korinther 1,30 erklärt, trifft den Nagel am prägnantesten
auf den Kopf: Christus ist das Mittel, durch das Menschen, die
an sich ungerecht sind (sonst hätten sie nicht nötig, dass Christus
selbst ihre »Gerechtigkeit« ist), von Gott als gerecht befunden werden
können. Dieselbe Aussage trifft Paulus in 2. Korinther 5,21:
Gott »hat den, der Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde [d. h.
zum Sündopfer] gemacht, damit wir in ihm Gottes Gerechtigkeit
würden.« Paulus verwendet das Verb »rechtfertigen« in 1. Korinther
6,11 in einem Kontext, wo er diejenigen, die »gerechtfertigt«
(oder »für gerecht erklärt«) werden, ausdrücklich als »Ungerechte«
bezeichnet. Direkt davor hat er die Korinther ermahnt, »dass Ungerechte
das Reich Gottes nicht erben werden« (6,9). Dann zählt
er verschiedene Arten von »Ungerechten« auf und fährt fort: »Und
das sind manche von euch gewesen; aber ihr seid abgewaschen,
aber ihr seid geheiligt, aber ihr seid gerechtfertigt worden durch
den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres
Gottes« (6,11). Hier steht: »Rechtfertigung« wird dadurch erzielt,
23
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 1
dass Sünden getilgt werden, die sonst den »Ungerechten« vom
Reich Gottes ausschließen würden.
Ein weiterer Text aus den Korintherbriefen sollte hier ebenfalls
erwähnt werden. In 2. Korinther 3 nennt Paulus den Bund, dem
er dient, einen Bund der »Gerechtigkeit«, der »zum Freispruch
führt«. Er vergleicht ihn mit dem mosaischen Bund, der den Israeliten
»Verdammnis« und »den Tod bringt« (2Kor 3,7-9). Hier erklärt
Paulus nicht näher, warum der mosaische Bund verdammt statt
freizusprechen; doch im Lichte dessen, was er an anderen Stellen
schreibt, steht zweifellos fest, was er meint. Der mosaische Bund
verheißt denen Leben, die seine Gebote halten (Röm 10,5; Gal 3,12),
und verflucht die, die sie nicht halten (Gal 3,10). Daher ist er ein
Bund, der allein »Verdammnis« und »den Tod bringt« (so 2Kor
3,7.9), sofern vorausgesetzt wird, dass alle Bundesangehörigen seine
Vorschriften verletzen. Und genau davon ist Paulus natürlich
überzeugt (vgl. Röm 8,7f). In Adam sterben alle (1Kor 15,22) – und
das Gesetz Moses, das weit davon entfernt ist, eine Rettung aus
dieser Misere zu bieten, kann nichts als nur unser Todesurteil verkünden
(vgl. 15,56). Auf der anderen Seite beinhaltet Paulus’ Dienst
unter dem Neuen Bund, dass er denen, die sonst verdammt würden
(2Kor 3,9), eine Botschaft verkündigt, die Gerechtigkeit und Leben
bringt (»Rechtfertigung«, »Freispruch«).
Kurz gesagt: Die Korintherbriefe verbinden Ausdrücke wie
»Gerechtigkeit« oder »Rechtfertigung« mit der Botschaft, die in
den Korinther- und Thessalonicherbriefen als Hauptmotivation für
die paulinische Mission hervortritt: Sünder vor dem verdienten Gericht
zu »retten«. Der Ausdruck »Rechtfertigung« durch das Evangelium
von Jesus Christus ist für Paulus ein Mittel, um, die Frage
zu beantworten, die sich unausweichlich aus der Botschaft vom
drohenden eschatologischen Verderben ergibt: »Wie bekomme ich
einen gnädigen Gott?«
Ehe wir fortfahren, sollte noch betont werden: Das Thema
»Gerechtigkeit« bzw. »Rechtfertigung« ist nur eine von mehreren
Weisen, wie Paulus Gottes Abhilfe für das Problem der Sünde beschreibt.
Tatsächlich kommen diese Begriffe in 1. Thessalonicher gar
nicht vor. Die deutlichsten und vielleicht häufigsten Ausdrücke, die
Paulus verwendet, sind die Begriffe »retten« und »Errettung«:
24
Die Gefahr, Paulus durch eine moderne Brille zu sehen
Denn Gott hat uns nicht dazu bestimmt, dass wir seinem Gericht
verfallen, sondern dass wir durch Jesus Christus, unseren
Herrn, gerettet werden. (1Thes 5,9)
Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen,
Torheit; uns aber, die wir gerettet werden, ist es Gottes Kraft.
(1Kor 1,18)
Eine solche Ausdrucksweise betont, vor welch großem Verderben
die Gläubigen gerettet werden, wenn auch die Begriffe selbst nicht
den Anlass für das schwere Gerichtsurteil erklären. Und genau
dieser Aspekt, der Anlass der Erlösung, wird durch die Begriffe
»Gerechtigkeit« und »Rechtfertigung« herausgestellt. Menschen,
die sonst dem Verdammungsurteil anheimfielen, »schuldig« oder
»ungerecht« zu sein, werden trotzdem von Gott »freigesprochen«
(»gerechtfertigt«, »für gerecht erklärt«) – und entrinnen so dem Verderben.
Paulus spricht bei diesem Thema auch von »Versöhnung«:
Gott war in Christus und hat die Welt mit sich versöhnt, indem er
ihnen ihre Übertretungen nicht anrechnete und in uns das Wort
von der Versöhnung niedergelegt hat. Für Christus also reden wir
als seine Gesandten, da ja Gott durch uns ermahnt; wir bitten für
Christus: »Lasst euch mit Gott versöhnen!« (2Kor 5,19-20)
Denn wenn wir, als wir noch Feinde Gottes waren, mit ihm
durch den Tod seines Sohnes versöhnt worden sind … (Röm 5,10)
Hier geht es darum, dass die, die sonst Gottes Feinde wären (weshalb
sie in großer Gefahr schweben), sich jetzt einer guten Beziehung
zu ihm erfreuen können (»Friede«). Wenn von »Erlösung« die
Rede ist (Röm 3,24; 1Kor 1,30), deutet das darauf hin, dass die Erlösungsbedürftigen
gefangen bzw. versklavt sind und dass die Befreiung,
die Gott bietet, einen hohen Preis kostet (den Kaufpreis, das
Lösegeld). In allen diesen Fällen ist Christus derjenige, der Gottes
Problemlösung vollzieht; er ist es, durch den Gott rechtfertigt,
versöhnt und erlöst. Jeder dieser Ausdrücke (es gibt noch weitere) 7
7 Gläubige »sterben« mit Christus aus dem alten Leben, das von der Sünde beherrscht
wird, und sie werden mit Christus zu neuem Leben »auferweckt«, um
25
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 1
beschreibt einen bestimmten Aspekt von Gottes Lösung für das
Problem des Menschen. Dennoch sind die Begriffe in den Paulusschriften
weder synonym noch wechselseitig austauschbar: Sünder
werden für gerecht erklärt (und nicht versöhnt); Feinde werden versöhnt
(und nicht für gerecht erklärt) usw. Die Begriffe sind Metaphern,
aber keine toten Metaphern.
Das Dilemma der Galater
Eine klar ausformulierte »Lehre von der Rechtfertigung« finden
wir bei Paulus erstmals im Brief an die Galater: »Doch weil wir
wissen, dass der Mensch durch Werke des Gesetzes nicht gerecht
wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus …« (2,16).
Hier begegnen wir auch zum ersten Mal in den Paulusbriefen einer
Diskussion 8 , ob Heidenchristen beschnitten werden müssen
(diese Diskussion wurde von Irrlehrern entfacht, die Paulus nach
Galatien gefolgt waren). Paulus’ klare Rechtfertigungsaussage steht
eindeutig in Verbindung zu dieser Diskussion; doch worin genau
besteht diese Verbindung?
Was Paulus den Galatern ursprünglich verkündigte, war nichts
anderes als die Botschaft, die er auch den Thessalonichern und Korinthern
brachte: Christus ist es, durch den Gott Erlösung von dem
Verderben schafft, das einer heillosen Menschheit droht (vgl. Gal
1,4). Nichts in den Paulusbriefen legt nahe, dass in Thessalonich
oder Korinth die Frage aufgekommen wäre, ob Heiden sich beschneiden
lassen und andere jüdische Gebote halten müssen. Vermutlich
sprach Paulus dieses Thema auch nicht an, als er in Galatien
war. Und wenn, dann nur, um solche judaistischen Forderungen
abzuweisen; und die Galater wären, derart zugerüstet, nicht so
schnell denen auf den Leim gegangen, die damit an sie herantraten.
Wir dürfen uns daher mit Recht fragen: Wie nur konnte die
Forderung, sich beschneiden zu lassen, für die an Christus gläubig
Gott zu dienen (Röm 6); in Christus ist der Gläubige eine neue Schöpfung, die die
alte ersetzt (2Kor 5,17; vgl. Gal 6,15); usw.
8 Die drei Verse 1Kor 7,17-19 machen wohl kaum eine Diskussion aus.
26
Die Gefahr, Paulus durch eine moderne Brille zu sehen
gewordenen Galater so überzeugend klingen? Die Beschneidung
an sich erschien ihnen wohl kaum begehrenswert; sie konnte den
Galatern nur im Rahmen eines größeren Zusammenhangs aufgedrängt
worden sein. Gott hatte den »Samen« (die Nachkommen)
Abrahams als sein Volk erwählt. Am Sinai hatte er einen Bund
mit ihnen geschlossen. Gottes Volk sollte nach den Gesetzen dieses
Bundes wandeln. Dazu gehörte auch die Beschneidung. Wenn ein
Mann zum Volk Gottes gehören (und somit dem von Paulus geschilderten
drohenden Verderben entfliehen) wollte, musste er beschnitten
werden. So oder ähnlich plausibel dürften die Irrlehrer in
Galatien wohl argumentiert haben.
Für sie war es kein Widerspruch, Jesus als Messias anzuerkennen
und gleichzeitig die Beschneidung zu fordern. Auch sie beanspruchten,
das »Evangelium« zu verkündigen (vgl. Gal 1,6), dass
Gott, der das jüdische Volk erwählt hat, ihnen jetzt den Messias
gesandt hatte. Auch diese Lehrer sagten, dass alle an Jesus glauben
und sich auf seinen Namen taufen lassen sollen. Doch die Hoffnung
auf das Kommen des Messias war eine jüdische Hoffnung,
und ihre Erfüllung war für sie kein Grund, den jüdischen Lebenswandel
aufzugeben. Wenn Judentum bedeutet, einen Lebenswandel
unter dem mosaischen Bund und dessen Gesetzen zu führen,
dann kamen diese Lehrer nach Galatien, um für eine Sekte zu werben,
die gerade erst begonnen hatte, innerhalb des Judentums Gestalt
zu gewinnen. Sie unterschied sich von anderen Juden dadurch
(und nur dadurch), dass sie an Jesus als Messias glaubten. Nach
Meinung dieser Lehrer blieben das Gesetz und der Bund Moses der
Rahmen, in dem das ganze Volk Gottes wandeln sollte.
Die paulinische Rechtfertigungslehre (»der Mensch wird nicht
aus Gesetzeswerken gerechtfertigt, sondern nur durch den Glauben
an Christus Jesus«) wurde als Gegensatz zu dieser Position formuliert.
Diese Formulierung wird von Vertretern der Neuen Paulusperspektive
als eine Aussage verstanden, die Paulus’ Gegenposition
einleitet: »Ein Mensch (hier: ein Heide) wird nicht durch Werke
(dadurch, dass er beschnitten wird, die Speisegebote einhält usw.)
gerechtfertigt (zu einem Mitglied des Volkes Gottes erklärt) …«
Folglich versteht man den Ausdruck »gerechtfertigt werden« so, als
bedeute er »zu einem Mitglied des Volkes Gottes erklärt werden«
27
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 1
oder »zum Teilhaber des Bundes erklärt werden«, oder auch »zu
einem Mitglied der Familie Gottes erklärt werden«.
In Kapitel 4 werde ich nachweisen, dass diese Erklärungen tatsächlich
sehr seltsame Umschreibungen für die »Rechtfertigung«
sind. Zwar führt Paulus durchaus die »Lehre der Rechtfertigung«
gegen jegliche Forderung ins Feld, Heidenchristen müssten beschnitten
werden; hier aber soll es zunächst genügen zu zeigen,
wie die Formel von Galater 2,16 nicht allein eine Beschreibung von
Paulus’ Position ist, sondern ein Argument dafür.
Aufgrund dessen, was wir bereits in den Thessalonicher- und
Korintherbriefen gesehen haben, müssen wir die »Rechtfertigungsformel«
aus Galater 2,16 in etwa wie folgt verstehen:
28
»Ein Mensch (ob Jude oder Heide, jedenfalls zwingend ein Sünder)
wird nicht dadurch für gerecht erachtet (und so vor Gottes Verdammungsurteil
über Sünder verschont), dass er Gesetzeswerke
tut (indem er erfüllt, was das Gesetz fordert – weil Sünder genau
das eben nicht tun), sondern durch Glauben an Jesus Christus.«
Eine solche Umschreibung lässt dem Ausdruck »Rechtfertigung«
seine normale Stoßkraft. Und das ist dieselbe Stoßkraft, die auch
der Psalmvers hat, auf den Paulus noch im selben Vers anspielt,
um seine Aussage zu belegen: »[Herr,] geh nicht ins Gericht mit
deinem Knecht; denn vor dir ist kein Lebender gerecht« (Ps 143,2).
Das spricht dasselbe menschliche Dilemma an, das auch in anderen
Paulusbriefen zum Ausdruck kommt. Und diese Aussage – in
dieser Bedeutung – bietet auch eine bewundernswerte Erwiderung
auf die Forderung, dass Heidenchristen beschnitten werden sollen:
Warum, würde Paulus sagen, sollten Heiden sich einem System unterwerfen,
das unfähig ist, das zu geben, was Menschen angesichts
des drohenden Gerichtes Gottes so dringend brauchen? Allein der
Glaube an Christus bringt Erlösung (oder genauer: »Rechtfertigung«
bzw. »Freispruch«).
Dass Galater 2,16 tatsächlich genau das bedeutet, werde ich später
in diesem Buch noch darlegen. Vorerst möchte ich einfach nur
zeigen, welchen Sinn diese Aussage von Paulus im Kontext des Galaterbriefs
ergibt, wenn man sie so versteht.
Die Gefahr, Paulus durch eine moderne Brille zu sehen
Die neuen Lehrer der Galater (und Kontrahenten des Paulus)
dürften vorausgesetzt haben, dass der Sinaibund weiterhin der
Rahmen sei, in dem das Volk Gottes leben soll; doch an genau
diesem Punkt setzt Paulus zum Angriff gegen sie an. Die Beschneidung
(so argumentiert er praktisch) ist für die Heiden nicht erforderlich
– und zwar weder deshalb nicht, weil der mosaische Bund
zwar weiter in Kraft wäre, dieser Teil des Bundes aber nicht auf
sie anwendbar sei, noch deshalb nicht, weil ein weiterhin gültiger
mosaischer Bund als ganzer nicht den Heiden gelte; vielmehr gilt
der mosaische Bund insgesamt überhaupt nicht mehr. Seine Zeit
ist vorüber. Selbst unter den besten Umständen war Gerechtigkeit
mittels des mosaischen Bundes schlicht unerreichbar. Da dem mosaischen
Gesetz die Mittel fehlten, um Sünder zu rechtfertigen,
konnte es nichts anderes als sie verfluchen und versklaven. Im Heilsplan
Gottes spielten der Bund und die Gesetze vom Sinai eine
wichtige, aber zeitlich begrenzte Rolle – als Vormund des Volkes
Gottes, bis der Messias kommt und sie erlöst (Gal 3,23-24; 4,2-4).
Für Heidenchristen wäre es eine Katastrophe, sich jetzt beschneiden
zu lassen: Sie übernähmen nicht nur unnötigerweise Pflichten,
die allein Juden gelten, sondern würden dadurch auch Christus
verwerfen, dessen Tod das einzige Mittel ist, durch das Juden und
Heiden gleichermaßen Gerechtigkeit finden können. Außerdem
würden sie dadurch ein Leben unter einem Bund antreten, der sie
nur verdammen kann. Das ist die Hauptaussage des Galaterbriefs.
Ich will kurz die entscheidenden Punkte dieser Thesen erläutern:
9
1. Das Gesetz kann nicht gerecht machen
Wenn Paulus von Rechtfertigung spricht, dann meint er damit
im Galaterbrief wie auch in seinen anderen Briefen die Art und
Weise, wie Sünder für gerecht erfunden werden können. Dass
Heiden Sünder sind, war für Juden selbstverständlich (Gal 2,15).
Doch wenn Juden wie Petrus und Paulus Rechtfertigung in Christus
suchten, dann mussten auch sie diese brauchen; auch sie muss-
9 Eine detailliertere Abhandlung dazu findet sich in meinem Buch Perspectives Old
and New on Paul, S. 366-384.
29
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 1
ten dann Sünder sein (2,16). Wäre Rechtfertigung »durchs Gesetz«
möglich gewesen, dann hätte Christus nicht sterben müssen. Daher
ist sein Tod die einzige Möglichkeit, Sünder rechtfertigen zu
können (2,21). Laut Galater 3,22ff sind alle »von der Sünde gefangen
gehalten«; Christus aber ist gekommen, »damit wir aus Glauben
gerechtfertigt würden«. Paulus’ Botschaft von der Rechtfertigung
spricht kein Bedürfnis an, das nur für Heiden typisch wäre, sondern
das alle Menschen haben – Juden wie Petrus und Paulus nicht
weniger als Heiden wie die Galater –, denn alle sind Sünder.
Vielleicht fragen wir uns: Warum wählt Paulus ausgerechnet
Begriffe der Gerechtigkeit, um Gottes Lösung für das Problem des
Menschen darzustellen? Er hätte das ja auch auf zahlreiche andere
Weisen tun können. Zumindest ein Grund dafür dürfte sein,
dass er dadurch die Schrift zitieren und sich auf Abraham als Präzedenzfall
berufen kann, um seinen Standpunkt zu untermauern:
»Abraham glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet«
(Gal 3,6 mit Zitat aus 1Mo 15,6).
Die Schrift selbst zeigt also, dass es der Glaube ist, der zur Gerechtigkeit
führt. Das Gesetz hingegen kann das nicht, wie Paulus
in Galater 2,21 sagt. Anschließend erläutert er näher den Grund
dafür. Das Gesetz sagt den Menschen, was sie tun sollen, und verspricht
ihnen durchaus Leben, wenn sie es tun. Das Gesetz funktioniert
so: »Wer es tut, wird dadurch leben« (Gal 3,12; ein Zitat aus
3Mo 18,5). Da aber alle »von der Sünde gefangen gehalten« werden
(Gal 3,22), erfüllt niemand die Bedingungen des Gesetzes. (Bedenken
wir, dass Paulus in 2. Korinther 3,7.9 über den sinaitischen
Bund sagt, dass er ausschließlich »Verdammnis« und »Tod« mit sich
bringt.) Paulus hält es nicht für nötig, diese Aussage zu erläutern.
Unter Juden war es allgemein anerkannt, dass das Gesetz Mittel
vorschreibt, um Sühne für Sünden zu bewirken, die Menschen leider
unausweichlich begehen, anstatt Gott zu dienen. Wenn alle,
wie Paulus sagt, Gefangene der Sünde sind, dann ist kein Mensch
zu finden, der wirklich von Herzen Gott dient. Auf der anderen
Seite hätten andere Juden auch gar nicht bestritten, dass das Gesetz
unverbesserliche Sünder verdammt. Paulus unterscheidet sich
von anderen Juden weniger darin, wie er die Forderungen des Gesetzes
versteht, als vielmehr darin, wie er die Sündhaftigkeit des
30
KAPITEL 7
Auf den Punkt gebracht
Sogar in der modernen westlichen Welt teilen viele mit Paulus das
Bewusstsein, dass uns eine wunderschöne Welt gegeben wurde, wir
aber viel getan haben, all das Gute in ihr zu verderben. Außerdem
sind wir uns bewusst, dass wir eine moralische Verantwortung
haben und dass uns ein solches Verhalten schuldig macht.
Wir erkennen, dass dieses Übel zwei Wurzeln hat: unsere Habgier
und unser unverfrorenes Missachten des Wohlergehens aller anderen
Mitmenschen. Dennoch neigen wir Menschen seit Urzeit dazu,
die Verantwortung dafür auf die Sünden anderer zu schieben,
statt uns an die eigene sündige Nase zu fassen. Wir sind uns vielleicht
kaum bewusst, wie Zornausbrüche, verletzende Worte, verlockende
Gelegenheiten zum Betrug und lange schwelender Groll
das Gute, das uns im Leben zuteilwurde, nur noch mehr zerstören.
Trotzdem gibt es mehr als genug Beispiele für Ungerechtigkeit und
Unmenschlichkeit in unserer direkten Umgebung wie auch in internationalen
Beziehungen, und diese Beispiele erinnern uns daran,
dass die Welt, in der wir leben, nicht so ist, wie sie sein sollte.
Dieses Bewusstsein teilen wir mit dem Apostel Paulus. Was er
noch an Wahrheitserkenntnis besaß und was uns verloren gegangen
ist (er würde sagen: was wir »niederhalten« oder »unterdrücken«;
Röm 1,18), ist das Bewusstsein, dass die Gabe einer schönen
Welt und des Guten im Leben von einem Geber stammt. Ihm
Dank zu erweisen ist recht und auch vorzüglich und ein Anzeichen
dafür, dass man im Einklang mit dem Guten der Schöpfung
steht. Wer das nicht tut, zeigt damit, dass er für dieses Gute unempfindsam
ist und sich nicht im Einklang damit befindet. Diese
Abirrung wird zwangsläufig zu weiteren Perversionen des Guten
führen und jeden Aspekt seines Lebens infizieren und verderben
(Röm 1,18-32). Was uns betrifft, so können wir zwar zustimmen,
dass unsere Welt nicht so ist, wie sie sein sollte; aber letztlich kön-
113
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 7
nen wir nicht sagen, warum. Das moralische Gewissen und Gespür,
das – wie Paulus sagt – eine Gabe unseres Schöpfers ist und
wie ein Fenster dient, durch das wir die gute ethische Ordnung
erblicken (2,15), besteht für uns nur noch in ideellen Werten ohne
Bezug zur Realität. Wir sind unfähig zu sagen, warum die Welt
anders sein sollte, und haben keinen Grund zur Hoffnung, dass sie
jemals anders sein wird. Paulus war überzeugt, dass die Schöpfung
»sehr gut« geschaffen wurde und dass der Schöpfer sie letztlich
nicht zu Grunde gehen lässt. Eines Tages wird er sie wiederherstellen
und seine guten Absichten damit verwirklichen.
Doch Gottes Eingreifen zur Wiederherstellung stellt eine unmittelbare
Gefahr für jene dar, die zum Verderben der Schöpfung
beitragen. Da diese Menschen nicht durch das Evangelium verwandelt
wurden, können sie keinen Anteil an einer wohlgeordneten
Welt haben: »Ungerechte werden das Reich Gottes nicht erben«
(1Kor 6,9; vgl. Gal 5,19ff). So, wie es derzeit um sie steht, können sie
nur Gericht und Verdammnis erwarten. Paulus’ Botschaft ist darin
eindeutig, und wer die Kraft dieser Botschaft erfährt, kann sich
nur fragen: »Wie finde ich einen gnädigen Gott?« In ihrem Kern
aber ist die Botschaft, die Paulus »anvertraut« wurde, eine »gute
Botschaft« (1Thes 2,4): Gott, der in der Person Jesu Christi handelt,
hat ein Mittel geschaffen, durch das man dem gerechten Verdammungsurteil
entrinnen (1Thes 1,10; 5,9) und Anteil an der Herrlichkeit
des kommenden Zeitalters bekommen kann (Röm 5,1‐2). Eine
neue Menschheit wird für das Leben in der neuen Schöpfung zubereitet
(Röm 5,14-19; 2Kor 5,17), und diese Menschheit ist geschaffen
nach dem Ebenbild Christi – einem zweiten (nunmehr gehorsamem)
»Adam«, der im Gegensatz zum ersten Adam steht, dessen
Ungehorsam die alte Menschheit prägte.
Paulus beschreibt die Errettung und Umgestaltung durch
Christus auf vielerlei Weise; Rechtfertigung ist nur eine davon.
Wer sich allein auf Paulus’ Texte über Rechtfertigung beschränkt,
dem entgehen bedeutende Dimensionen des paulinischen Denkens.
Dasselbe gilt natürlich auch, wenn man Paulus’ Rechtfertigungslehre
übersieht oder verzerrt. In seinen Thessalonicherbriefen
benutzt Paulus die Begriffe »gerecht«, »Rechtfertigung« usw.
nicht, obwohl dort oft von Errettung die Rede ist. In den Korin-
114
Auf den Punkt gebracht
therbriefen finden sich diese Begriffe gelegentlich. Die Korinther
waren wegen ihres Fehlverhaltens »ungerecht« wie alle anderen
Menschen auch und somit untauglich für das Reich Gottes, aber
sie waren »gerechtfertigt (oder: ›für gerecht erklärt‹) worden durch
den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres
Gottes« (1Kor 6,9ff).
Die Galater waren ebenfalls durch Paulus gläubig geworden.
Kurze Zeit später wurden sie von Lehrern besucht, die ihnen
weismachen wollten: Wenn sie zum Volk Gottes gehören wollten,
müssten sie, die Heiden, beschnitten werden und wie Juden leben.
Paulus schreibt ihnen so alarmiert, als wären sie des Wahnsinns
fette Beute: Warum bloß sollte sich jemand den Gesetzen eines
Bundes unterwerfen, der alle seine Untertanen versklavt und verflucht?
Nach diesem Argument wechselt Paulus wieder zum Bild
der Rechtfertigung: Sünder, die Rechtfertigung brauchen (und das
sind alle Menschen, Juden wie Heiden gleichermaßen), müssen
einsehen, »dass der Mensch nicht aufgrund von Gesetzeswerken
gerechtfertigt (oder »für gerecht erklärt«) wird, sondern nur durch
den Glauben an Christus Jesus« (Gal 2,16). Das ist schließlich das,
was die Schrift schon vorher lehrte: »Abraham glaubte Gott, und
das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet« (Gal 3,6).
Das juristische Bild von der Rechtfertigung, das die Errettung
veranschaulicht und dafür im Galaterbrief nützlich war, benutzte
Paulus auch in seiner Zusammenfassung des Evangeliums in den
ersten Kapiteln des Römerbriefs und machte es hier zum Zentrum
seines Gedankengangs. Menschen tun nicht, was sie tun sollen,
und stehen darum unter Gottes Gericht und Zorn (Röm 1,18-32).
Sie müssen an das Gute erinnert werden, das sie tun sollen, und
dazu dient das mosaische Gesetz (2,17f). Würden die Menschen
sich an dieses Gesetz halten, würde Gott sie für gerecht befinden
(2,13). Doch für Menschen, die sich als von Natur unfähig und
unwillig erweisen, das zu tun, was sie tun sollen (und so sind alle
Menschen laut 3,10‐18), kann das Gesetz nur dazu dienen, sie
zur Sündenerkenntnis zu führen. Es kann nicht als Weg zur Gerechtigkeit
dienen, »weil aus Werken des Gesetzes kein Fleisch vor
ihm gerechtfertigt werden kann; denn durch das Gesetz kommt
Erkenntnis der Sünde« (3,20). Dieser Vers ist kein Angriff auf jüdi-
115
Angriff auf die Rechtfertigung · Kapitel 7
sche »Gesetzlichkeit«, als wären jene, die versuchen, das tun, was sie
tun sollen, »gesetzliche Legalisten«. Dass dieser Vers einen Strich
durch die Annahme macht, dass das Gesetz als Weg zur Gerechtigkeit
dienen könnte, gründet vielmehr auf einem Verständnis der
menschlichen Sündhaftigkeit, das viel radikaler ist als das Sündenverständnis
der meisten damaligen Juden. Folglich ist für Paulus
die einzige Gerechtigkeit, die sündige Menschen erlangen können,
jene, die ihnen von Gott aus Gnade geschenkt wird, »ohne Gesetzeswerke«
(3,24-28; 4,2-6; 5,17). Dadurch unterscheidet Paulus
Gnade von Werken auf eine Weise, wie es anderen Juden nicht für
nötig erschien.
Gott kann Sünder nur deshalb mit Recht für gerecht erklären,
weil Christus ihre Sünden auf sich nahm und durch seinen Opfertod
für sie Sühne erwirkt hat. Doch auch wenn eine solche Ernennung
zu Gerechten eine Gnadengabe ist, muss sie immer noch
empfangen werden: Erst wenn bisher sture und unwillige Sünder
Gott die ihm gebührende Ehre geben (1,21), ihren Widerstand aufgeben
und ihr Vertrauen auf das Erlösungswerk seines Sohnes setzen,
erklärt Gott sie für gerecht (3,22.28; 5,1). Wenn ihr Glaubensbekenntnis
sich nicht als leer erweist (1Kor 15,2), sondern zu einem
beharrlichen (Lebens-) Wandel im Glauben führt, der die Versuchungen
des Lebens überwindet (Röm 5,3-5; Kol 1,22f), dann wird
das Jüngste Gericht die Rechtfertigung bestätigen, die sie empfingen,
als sie auf Gottes Ruf des Evangeliums reagierten: Sie werden
aus Glauben gerechtfertigt werden (Gal 5,5f).
Entgegen allen Angriffen auf die Rechtfertigungslehre in letzter
Zeit glaube ich, dass man Paulus und seine Rechtfertigungslehre so
wie oben dargestellt richtig versteht. Man kann die herkömmliche
Rechtfertigungslehre nicht durch Behauptungen entkräften wie:
– im 1. Jahrhundert seien die Menschen nicht daran interessiert
gewesen, einen gnädigen Gott zu finden (wie hätte das angesichts
des drohenden Gerichtes Gottes sein können?);
– die herkömmliche Rechtfertigungslehre würde die Juden des
1. Jahrhunderts zu Unrecht als »gesetzlich« oder »Legalisten«
verurteilen (sie verurteilt vielmehr die Sündhaftigkeit aller
Menschen);
116
Auf den Punkt gebracht
– auch die damaligen Juden hätten sich von Gottes Gnade abhängig
gewusst (natürlich war das der Fall, aber sie unterschieden
nicht – wie Paulus – Gnade zwingend von Werken);
– »Gerechtigkeit« bedeute »Mitgliedschaft im Bund« (diese Bedeutung
hatte der Begriff nie und wird ihn nie haben);
– der Ausdruck »Werke des Gesetzes« bezeichne die »Grenzsteine«
des jüdischen Volkes (dieser Begriff bezeichnet alle »gerechten«
Taten, die das Gesetz fordert, um auf seine Weise zur Gerechtigkeit
zu gelangen).
Moderne Theologen haben Recht, wenn sie sagen: Paulus widmete
sich dem Rechtfertigungsthema erstmals vorrangig, als es um die
Frage ging, ob Heidenchristen beschnitten werden sollen. Sie betonen
zu Recht, welche sozialen Auswirkungen Paulus’ Rechtfertigungslehre
damals hatte (was sie »vor Ort« bedeutete); und es steht
ihnen frei, daraus abzuleiten, welche sozialen Auswirkungen sie für
uns heute hat. Aber Rechtfertigung bedeutet: Gott erklärt Sünder
für gerecht – unabhängig von gerechten Taten –, wenn sie an Jesus
Christus glauben. Die Gläubigen, die auf diese Weise gerecht
gemacht wurden, bilden die neue Menschheit, das Volk Gottes der
neuen Schöpfung (Röm 5,17ff).
117
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121
Bibelstellenverzeichnis
1. Mose
6,9. ..........78; 80
7,1 ............. 80
15,6 ............ 30
18,22-33 ..........81
18,25 ........... 78
2. Mose
20,3 .............63
23,6ff ............81
23,7 ............ 84
3. Mose
18,5 ......30f; 36; 96
19,35-36 ......... 79
4. Mose
32,23 ...........110
5. Mose
4,6-8 ...........100
4,8. ............ 79
9,6-7 . . . . . . . . . . . 80
16,19 ............82
25,1 ..........81; 84
27,26 ............31
28 ............. 72
29 ............. 72
1. Könige
21 ..............82
Hiob
4,17-19 ...........81
15,14ff ...........81
25,4ff ............81
27,17 ........... 78
Psalmen
1,6 ............. 78
5,10 .............54
7,9 ............. 78
10,7 .............54
14,1ff ............54
18,21-28 .........111
23,3 ............ 79
33,1 ............ 78
34,16f. .......... 78
36,2 .............54
96,11-13 .........110
140,4 ............54
143,2 ... 28; 81; 87; 95
Sprüche
1,7 .............100
1,29-32 ..........111
3,7 ............. 99
3,19 ............ 99
6,6ff. .........81; 99
8,12-31 .......... 99
12,10 ............81
12,15. ........... 99
13,5..............81
17,15.............81
17,26 ............82
21,2 ............ 99
21,26 ............81
Jesaja
5,23 ..........81; 84
29,21 ............82
59,7f ............54
Hesekiel
3,20 ............ 79
18,5-9 ........... 79
Amos
5,12 .............82
Habakuk
2,4. ..........31; 34
Matthäus
7,17f ........... 67
23,35 ............82
27,19 ............82
Lukas
1,1-4.............50
23,47 . . . . . . . . . . . .82
Apostelgeschichte
10,22 ........... 80
10,35 ........... 80
Römer
1-2 .............111
1,1 ..............17
1,3 ..............56
1,5 ......... 102; 112
1,14ff ............34
1,17 ..........34; 88
1,18 .......34; 84; 113
123
Bibelstellenverzeichnis
1,18-32 .....34; 58; 84;
...........113; 115
1,21 ..... 34; 67; 100;
.......... 109; 116
1,24 . . . . . . . . . . . . 111
1,26 . . . . . . . . . . . . 111
1,26f ...........100
1,28 ...... 67; 99; 111
1,28-31 ...........57
1,32 .............57
2 . ...........57; 71
2,4. ............110
2,6. ......... 98; 111
2,6-11. ...........34
2,7 ..........99; 101
2,7-10........... 98
2,10 .........99; 101
2,13 ...... 34; 36; 84;
...... 99; 100ff; 115
2,14-15 .......57f; 99
2,15 ......... 58; 114
2,17f ...........115
2,17-20 .......34; 72
2,17-22. ......... 99
2,17-27. ..........35
2,21f ...........100
2,25-27 .........58ff
3 . ........74; 85; 97
3,5 ............. 89
3,9 .......... 55; 103
3,9f ............ 84
3,9-11 ........... 44
3,9-18 ............35
3,9-20 ........34; 58
3,10 ..........84; 95
3,10-18 ....54; 84f; 115
3,19 ... 44; 58; 85; 100
3,19f. ...........102
3,20 ...... 34; 89; 97;
..........101f; 115
3,20f ........... 87
3,20-22 .........86f
3,21 ..........34; 97
124
3,21-26. .........102
3,22 ......73; 88; 89f;
........... 95; 116
3,22ff ........... 89
3,23 ..........34; 85
3,24 .......25; 35; 43;
........ 85; 90; 116
3,24ff. ..........112
3,25f. ........... 87
3,26 .............88
3,28 .........97; 116
4 . ...........85; 97
4,1-8 .........35; 87
4,2-6 ...........116
4,3 ............. 89
4,4-8 ..... 43; 90; 112
4,5 .......... 35; 84;
............87; 89
4,6-8 .........35; 85
4,9-12 ...........35
4,13-16 .......... 97
4,14 ............ 97
4,15 ............100
4,16 ............90
4,22ff. .......... 89
5 ...............35
5,1 .............116
5,1-2. ...........114
5,2 .............103
5,3-5............116
5,6 .......... 44; 87
5,6-10. ...........35
5,8 ............. 44
5,9 ..........87; 103
5,10 ..........25; 44
5,13 ............100
5,14-19 ..........114
5,15 .............43
5,15-19 ...........71
5,16-17 ...........35
5,17 .......43; 88; 116
5,17ff ...........117
5,18-19 ...........35
5,19 ..........44; 55
5,20 ............100
5,21 .............55
6 . .......26; 88; 102
6,1f ......... 55; 103
6,12 .............55
6,14 .............55
6,14f ...........103
6,16-23. ..........55
6,18 .............83
6,19 ............ 84
6,20f ........... 44
7 . ..............54
7,1-6 ........... 84
7,7 .............100
7,7-13 ...........101
7,12 ..... 83; 100; 109
7,14 .............55
7,16 ........102; 109
7,18 ..........44; 56
7,18f.............55
7,22 ........100; 109
8,1 . . . . . . . . . . . . 102f
8,5-8......... 55; 102
8,7 ..............56
8,7f ......24; 44; 101
8,8 ..............54
8,13 ............102
8,20-22 .........110
9 . ..............35
9,5 ..............56
9,11f. ........... 44
9,16 ............ 44
9,30 .............36
9,30f ........... 86
9,31 ..........36; 90
9,31ff ........... 98
9,32 ............112
9,33 ............ 89
10 ..............35
10,3 .............88
10,4 .............36
10,5 ..........24; 36
Bibelstellenverzeichnis
10,5-10 ..........102
10,6 ............ 89
10,9ff ........... 89
10,11f ............36
10,13 ............36
10,17 ........ 91; 112
10,20 ............36
11,6 .......43; 46; 90
11,13 .............17
12,17 ............57
13,1 ............60
13,1-4 ...........60
13,8ff ...........100
14,10ff ..........103
14,18 ............57
14,23 ........... 67
15,8 ..........89; 91
1. Korinther
1,18 .......21f; 25; 91
1,18-25 ...........23
1,18-29 .......... 86
1,21 .........22; 112
1,24 . . . . . . . . . . . . 112
1,30 ..........23; 25
2,4f .............91
3,10-15 ..........103
4,4. ..........22; 84
5,1 ..............57
6,9. ......21; 23; 102;
...........112; 114
6,9f ..........23; 84
6,9-11.........85; 115
6,11 .............23
7,17-19 .......... 26
9,20ff. ...........21
9,20-23 ..........23
9,25ff ...........103
10,1-12 ..........103
10,33 ............21
11,32. ............21
12,3 .............91
15,1f ............ 22
15,2 .........103; 116
15,3. .............88
15,10. ...........103
15,22 .........24; 54
15,56............ 24
2. Korinther
1,20 ............ 89
2,15 .............21
2,15f. ........... 22
3,7 ...........24; 30
3,7-9 ........... 24
3,9 .......24; 30; 101f
4,3 ..............21
5,10f. ...........103
5,14f ........... 72
5,17 ......26; 103; 114
5,19f. ............25
5,21 .....23; 74; 85; 88
6,1f ............ 22
6,14 .............83
8,21 .............57
12,9 ............103
13,5.............103
Galater
1,4 ...........26; 88
1,6 ..........27; 103
2 . ...........86; 91
2,11-16 ...........75
2,15 ..........29; 95
2,16 .......17, 26; 28;
........30f; 34; 73;
........85ff; 89; 93;
....... 96f; 101; 115
2,19 ............102
2,20. ............56
2,21 ......30f; 86; 96
3,6 ........30; 89; 115
3,7f .............33
3,10 .......24; 31; 73;
........86; 97; 101
3,11ff .....31; 102; 112
3,12 ....24; 30; 36; 96
3,13 ......73; 98; 102
3,17 .............32
3,17f. ........... 97
3,17-25 .......... 98
3,18 ............ 97
3,19 ............31f
3,21ff ........ 32; 101
3,21-24. .......29; 31
3,22 ......... 30f; 55
3,22ff ........... 30
3,24f ............32
4,2-4 ........... 29
4,4f .............32
4,5 ............. 80
4,21ff .........32; 98
4,25 .............32
5,1 ............. 98
5,4 ...........31; 96
5,5f.............116
5,17 .............56
5,18 .............32
5,19-21 ....56; 102; 114
5,22f ...........103
6,1 .............103
6,8. ............102
6,15 ............ 26
Epheser
2,8f ............90
2,8ff. ............43
Philipper
1,6 .........103f; 112
1,10 ............112
1,11. ............103
1,29 ......... 91; 112
3,3f ............60
3,6 .............59f
3,8f .............37
3,8-11 ...........60
3,9 ..........88; 102
4,8. ..........57; 83
125
Bibelstellenverzeichnis
Kolosser
1,22f. ........103; 116
1. Thessalonicher
1,6 ............. 20
1,7 ............. 20
1,8 ............. 20
1,9 .............19f
1,10 .........19f; 114
2,4. .........20; 114
2,10 ..........20; 83
2,13 ...20; 90; 103; 112
2,14ff. ...........19
2,16 ............ 20
4,4f .............19
4,12 .............57
5,3 ..............19
5,6f .............19
5,9 ....... 20; 25; 114
5,10 .............88
5,23f. ...........112
5,24 ...........103f
2. Thessalonicher
1,5-10 ............19
1,8 ............. 20
2,12 ............ 20
2,14 ............112
3,2 ............. 20
Titus
3,5ff . . . . . . . . . . . . .43
Hebräer
11,4 ............ 80
2. Petrus
2,7f ............ 80
1. Johannes
3,7 ............. 79
3,12 ............ 80
Offenbarung
22,11 ........... 79
126
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Preis geht. Was ist dieser Preis? Eine besondere, zusätzliche Auszeichnung
für überdurchschnittliche Leistung? Oder geht es um
die Errettung selbst? Kann man disqualifiziert werden, scheitern
und den Preis verfehlen? Oder ist der Preis jedem sicher, der bei
dem Lauf gestartet ist? Was ist mit den biblischen Warnungen vor
dem Versäumen des Preises? Kurz: Ist das Heil sicher oder verlierbar
und wie hängt es mit dem Ausharren zusammen?
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gründliche Untersuchung der biblischen Lehre vom rettenden
Glauben und zeigen die Folgerungen für das Volk Gottes auf. Diese
grundlegende Studie untersucht alle relevanten Texte des Neuen
Testaments und lotet deren Bedeutung für das Leben als Christ,
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Diskussionen sowohl um die Sicherheit oder Verlierbarkeit
des Heils als auch um »Lordship Salvation« versus angeblicher »freier
Gnade« nicht nur neu aufleben lassen, sondern viel Licht in alte
Denkstrukturen bringen. Vor allem aber wird es den ernsthaften
Christen ermutigen, durch Gottes Gnade im Glauben auszuharren
und ihm helfen, Gottes Heil und Gnade in Christus tiefer zu verstehen
und wertzuschätzen.
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Eine sehr einleuchtende und hilfreiche Einleitung in die Biblische Theologie –
in die Lehre von den roten Fäden der Bibel mit großem Praxisbezug. Es wird
deutlich, wie man beim Studieren und Verkündigen der Bibel den »ganzen
Ratschluss Gottes« erkennt und anderen lebensverändernd vermittelt.
Donald A. Carson
Stolpersteine der Schriftauslegung
Wie man sorgfältig und korrekt mit der Bibel umgeht
Paperback · 158 Seiten · ISBN 978-3-935558-79-2 · reduzierter Preis: 4,90 Euro
Sind Fehlschlüsse bei unserem Bibelstudium unvermeidlich? Dieses beliebte
Standardwerk zeigt, wie man die typischen Fehler bei der Schriftauslegung
vermeidet und stattdessen sorgfältig und wahrhaft »bibeltreu« mit dem Bibeltext
arbeitet und ihn »in gerader Richtung schneidet« (2. Tim 2,15).
John MacArthur
Sklave Christi
Die unterschlagene Wahrheit über deine Identität in Christus
Paperback · 217 Seiten · ISBN 3-935558-96-9 · 12,90 Euro
Das NT sagt sehr häufig, dass Christen »Sklaven« Jesu sind, doch oft wurde
dies nur mit »Diener« oder »Knecht« übersetzt. So wird diese reichhaltige
Wahrheit oft übersehen. Doch aus der Sklavenstellung des Gläubigen können
wir sehr viel über die Erlösung und unser Leben als Christ lernen.
Rechtfertigung
allein aus Glauben
– das ist nicht nur die zentrale
Erkenntnis der Reformation, sondern das A und O des
Evangeliums. Und gerade diese entscheidende Lehre von der
persönlichen Rechtfertigung des Sünders durch den Glauben
an Jesus wird in jüngster Zeit massiv angegriffen.
Theologen wie N.T. Wright, E.P. Sanders, James G.D. Dunn und
Douglas A. Campbell üben mit ihrer Neuen-Paulus-Perspektive
immer mehr Einfluss aus und werden bereitwillig angenommen.
An theologischen Ausbildungsstätten versteht man den Begriff
der Rechtfertigung plötzlich ganz anders und meint, bibeltreue
Christen hätten Paulus jahrhundertelang falsch verstanden.
Der Paulus-Experte Stephen Westerholm untersucht die
Argumente der Neuen-Paulus-Perspektive und prüft sie anhand
der Bibel. Seine gründliche Studie hilft uns, die biblische Lehre
der Rechtfertigung besser zu verstehen und gegen unbiblische
Auffassungen zu verteidigen. Weil dieses Buch eine so herrliche
Wahrheit des Evangeliums klar herausstellt, ist es nicht nur eine
Pflichtlektüre, sondern auch ein Genuss.