Exkursion in den Frankenwald und das Thüringer ... - NWV-Darmstadt
Exkursion in den Frankenwald und das Thüringer ... - NWV-Darmstadt
Exkursion in den Frankenwald und das Thüringer ... - NWV-Darmstadt
Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!
Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.
<strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Frankenwald</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>das</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge<br />
05. bis 08. Juli 2012<br />
Übersicht<br />
Für <strong>den</strong> Naturwissenschaftlichen Vere<strong>in</strong> war es die erste <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> diese Gegend Deutschlands.<br />
1990 waren <strong>das</strong> Fichtelgebirge (siehe Höllwarth/Feustel/Kammerer <strong>in</strong> Berichtsband NF 14, 1992; S.<br />
23) <strong>und</strong> 1999 Süd-Thür<strong>in</strong>gen (siehe Feustel <strong>in</strong> NF 23, 2000; S. 50) die nächstgelegenen Ziele gewesen.<br />
Bei der jetzigen <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge lagen die e<strong>in</strong>zelnen<br />
<strong>Exkursion</strong>sziele nordöstlich der sog. „Fränkischen L<strong>in</strong>ie“. Hierbei handelt es sich um e<strong>in</strong>e Bruchzone,<br />
die möglicherweise schon bei der variskischen Gebirgsbildung angelegt wor<strong>den</strong> ist, dann aber<br />
vor etwa 55 Mio. Jahren mit dem Beg<strong>in</strong>n der Alpenauffaltung nachhaltig aktiv wurde. Die Fränkische<br />
L<strong>in</strong>ie zieht etwa von Schmalkal<strong>den</strong> <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen nach Südosten, an Sonneberg, Kronach, Bad<br />
Berneck <strong>und</strong> Wei<strong>den</strong> vorbei, <strong>und</strong> trennt die „alten Gebirge“ (Thür<strong>in</strong>ger Wald, <strong>Frankenwald</strong>, Münchberger<br />
Masse, Fichtelgebirge <strong>und</strong> Oberpfälzer Wald) vom mesozoischen Bruchschollen-Vorland. In<br />
der Gegend, <strong>in</strong> der wir uns zur <strong>Exkursion</strong> aufhielten, ist <strong>das</strong> Gebiet jenseits der Fränkischen L<strong>in</strong>ie<br />
gegenüber dem mesozoischen Vorland um ca. 1000 m angehoben wor<strong>den</strong>. Weiter südöstlich noch<br />
mehr. Bei dieser Hebung wur<strong>den</strong> die auf dem Urgeste<strong>in</strong> aufliegen<strong>den</strong> Schichtenfolgen aus dem<br />
Erdmittelalter, wie sie südwestlich dieser Fränkischen L<strong>in</strong>ie anstehen, praktisch vollständig abgetragen.<br />
So f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich heute im <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> im Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, <strong>das</strong> an <strong>den</strong> <strong>Frankenwald</strong><br />
nach Nor<strong>den</strong> anschließt, nur noch Geste<strong>in</strong>e aus dem Erdaltertum.<br />
Unter ihnen hatte bis vor wenigen Jahrzehnten vor allem der hier verbreitet auftretende Schiefer<br />
e<strong>in</strong>e große wirtschaftliche Bedeutung gehabt. Je nach se<strong>in</strong>en speziellen Eigenschaften wur<strong>den</strong> daraus<br />
nicht nur Abdeckungen <strong>und</strong> Verkleidungen von Gebäu<strong>den</strong>, Bo<strong>den</strong>platten, Fensterbänke <strong>und</strong><br />
andere Bauteile geschaffen, wie sie heute noch <strong>das</strong> Aussehen der Orte <strong>in</strong> dieser Gegend nachhaltig<br />
prägen. Auch für die e<strong>in</strong>stigen „ABC-Schützen“ auf der ganzen Welt war dieser Schiefer unentbehrlich.<br />
Die Tafeln, auf <strong>den</strong>en die e<strong>in</strong>stigen Schulanfänger ihre ersten Schreibübungen machten, kamen<br />
weltweit <strong>in</strong> großem Umfang, die Griffel, mit <strong>den</strong>en diese Schreibübungen ausgeführt wur<strong>den</strong>, praktisch<br />
ausnahmslos von hier. 30 Milliar<strong>den</strong> sollen es gewesen se<strong>in</strong>. Diesen Spuren <strong>in</strong>tensiv nachzugehen<br />
durch Aufsuchen aufgelassener Schieferste<strong>in</strong>brüche <strong>und</strong> durch Führungen <strong>und</strong> Vorführungen<br />
im Schieferpark Lehesten (thür<strong>in</strong>gisch) <strong>und</strong> im Schiefermuseum <strong>in</strong> Ludwigsstadt (bayerisch) waren<br />
demnach auch die zentralen, wenn auch lange nicht die e<strong>in</strong>zigen Themen unserer <strong>Exkursion</strong>.<br />
So machte uns e<strong>in</strong>e Wanderung durch <strong>das</strong> „Höllental“ bei „Bad Steben“ auch mit e<strong>in</strong>em anderen<br />
paläozoischen Geste<strong>in</strong> bekannt. In dieser weit ausgeräumten Schlucht, die der kle<strong>in</strong>e Bach Selbitz<br />
geschaffen hat, ist der „Diabas“ aufgeschlossen, e<strong>in</strong> devonisches Ergussgeste<strong>in</strong>, <strong>das</strong> als „Kissenlava“<br />
im devonischen Meer entstan<strong>den</strong> ist. Hoch<strong>in</strong>teressant erwies sich auch die durchwanderte kurze
Klamm der fränkischen Ste<strong>in</strong>ach, die sich hier durch e<strong>in</strong>en bei der Hebung als „Gleitscholle“ abgerutschten,<br />
isolieren Felsklotz von „Quarzkeratophyr“ durchfressen musste.<br />
Auch „Grauwacke“, e<strong>in</strong> paläozoisches Sedimentgeste<strong>in</strong>, ließ sich bei unseren Wanderungen beobachten,<br />
so z.B. <strong>in</strong> der „Schlucht der Schwarza“, schon etwas außerhalb des Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirges<br />
gelegen. E<strong>in</strong> kurzer Aufenthalt <strong>in</strong> „Bad Steben“, dem höchstgelegenen Bayerischen Staatsbad,<br />
war leider durch Starkregen bee<strong>in</strong>flusst. Die hier erschlossene Radonquelle deutet auf uranhaltige<br />
Erzlagerstätten h<strong>in</strong>. Heilsamen Quellen hier wur<strong>den</strong> schon 1444 beschrieben. Doch geht der<br />
Bergbau <strong>in</strong> dieser Gegend noch weiter zurück, angeblich bis <strong>in</strong>s 8. Jh., <strong>und</strong> der Ort war bis zur Ernennung<br />
zum Bayerischen Staatsbad 1832 weitaus bekannter als Bergwerksort. Der Friedrich-<br />
Wilhelm-Stollen, <strong>das</strong> bedeutendste ehemalige Bergwerk hier, <strong>in</strong> dem vor allem silberhaltige Kupfer-<br />
Z<strong>in</strong>kerze gewonnen wur<strong>den</strong>, war auch verknüpft mit der äußerst erfolgreichen Tätigkeit Alexander<br />
von Humboldts <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jahren 1792-1795, als dieser für e<strong>in</strong>ige Jahren <strong>in</strong> preußischen Diensten stehend,<br />
<strong>das</strong> Bergwerk hier saniert <strong>und</strong> auf <strong>den</strong> neuesten Stand gebracht hat. Das Thema Bergwerkstätigkeit<br />
wurde dann allerd<strong>in</strong>gs im Verlauf unserer <strong>Exkursion</strong> nicht weiter vertieft. Dem Regen fiel<br />
dann leider e<strong>in</strong> Besuch des erst vor kurzem aufgelassenen Ste<strong>in</strong>bruchs im Ortsteil Horwagen zum<br />
Opfer, wo e<strong>in</strong> buntgefärbter paläozoischer Flaserkalk gebrochen wurde, der zu sog. „Deutschrot-<br />
Marmor“ poliert wer<strong>den</strong> konnte <strong>und</strong> zur Ausschmückung bedeutender Gebäude, wie z.B. des<br />
Schlosses Weißenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Pommersfel<strong>den</strong>, des Hauses der Deutschen Kunst <strong>in</strong> München <strong>und</strong> der<br />
Walhalla bei Regensburg verwendet wor<strong>den</strong> ist.<br />
Da unsere e<strong>in</strong>zelne Ziele diesseits <strong>und</strong> jenseits der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze lagen,<br />
<strong>und</strong> wir diese ehemalige Grenze bei unseren Anfahrten vor Ort immer wieder überschreiten mussten,<br />
bot es sich an, e<strong>in</strong>e Stelle aufzusuchen, wo die Zustände während der Trennung bis zur Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />
mit zahlreichen Bildern <strong>und</strong> kurzen Berichten museal dokumentiert s<strong>in</strong>d. Das ist <strong>in</strong><br />
der „Thür<strong>in</strong>ger Warte“ der Fall. Sie ist e<strong>in</strong> 1963 errichteter Aussichtsturm auf dem 678 m hohen<br />
Ratzenberg bei Lauenste<strong>in</strong>, unmittelbar an der bayerisch-thür<strong>in</strong>gischen Grenze gelegen. Von ihm<br />
lässt sich weit <strong>in</strong> <strong>das</strong> damals nicht mehr zugängliche Thür<strong>in</strong>gen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>schauen. Man konnte vor allem<br />
die damaligen Grenzanlagen der DDR mit dem Todesstreifen e<strong>in</strong>sehen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> stückweit verfolgen.<br />
Heute hebt sich dieser ehemalige Grenzstreifen hellgrün als geschütztes „Grünes –Band“ aus<br />
der Landschaft hervor.<br />
Erwähnenswert ist schließlich noch e<strong>in</strong> Besuch <strong>in</strong> der Farbglashütte <strong>in</strong> Lauscha, wo e<strong>in</strong>st die farbigen<br />
Christbaumkugeln erfun<strong>den</strong> wur<strong>den</strong>. Dieser farbige Christbaumschmuck ist zwar heute vielfach<br />
durch billiger herzustellende Massenwaren verdrängt. Doch hat die Glashütte, die die Rohstoffe<br />
nicht nur für die eigene Weiterverarbeitung, sondern für zahlreiche kle<strong>in</strong>e Glasbläser aufbereitet,<br />
offenbar nicht nur genügen<strong>den</strong> Eigenbedarf, sondern auch noch genügend Interessenten <strong>und</strong> Abnehmer<br />
ihrer farbigen Glasstäbe, bzw. -rohre, so <strong>das</strong>s sie weiter existieren kann. Aus diesen farbigen<br />
Glasstäben wer<strong>den</strong> dann die Tiere, Figuren, kunstvollen Vasen, Schalen, Gläser, Murmeln u. ä.<br />
hergestellt, wie wir sie <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ausstellungsräumen dieser Glashütte bew<strong>und</strong>ern konnten.<br />
40 Teilnehmer schlossen sich dieser <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge<br />
an. Die <strong>Exkursion</strong> war von Dr. Höllwarth zusammengestellt wor<strong>den</strong>. Er hatte auch <strong>den</strong> schriftlichen<br />
<strong>Exkursion</strong>sführer erstellt <strong>und</strong> <strong>in</strong> bewährter Weise die Leitung bei der <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> der Hand.<br />
Untergebracht waren wir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em größeren Hotel im ehemaligen Flößerort Ste<strong>in</strong>wiesen, ca. 15 km<br />
nordöstlich von Kronach gelegen. Das recht gefällig <strong>in</strong> die Talaue des Flüsschens Rodach e<strong>in</strong>gebette-<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 2<br />
www.nwv-darmstadt.de
te Hotel erwies sich als sehr gut geeignet für die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>und</strong> Verpflegung von Busgesellschaften.<br />
<strong>Exkursion</strong>sverlauf<br />
05.07.12<br />
Unser Bus startet leicht verspätet um etwa 8.15 Uhr am Hauptbahnhof <strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong>. Es ist sehr<br />
schwül <strong>und</strong> feucht. Kaum s<strong>in</strong>d wir auf der A 5 Richtung Nor<strong>den</strong>, wird e<strong>in</strong> längerer Stau gemeldet.<br />
Sofort verlassen wir wieder die A 5, um über die B 3 <strong>und</strong> die A 661 auf die A 3 zu gelangen. Das<br />
br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e weitere, nicht e<strong>in</strong>geplante, wenn auch nicht gravierende Verzögerung im Zeitplan. Die<br />
Begrüßungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen erfolgt <strong>und</strong> die schriftlichen <strong>Exkursion</strong>sführer ausgeteilt. Nach kurzen<br />
Erläuterungen des <strong>Exkursion</strong>splanes gibt es auch gleich die ersten H<strong>in</strong>weise zu Aufschlüssen an der<br />
A 3. Wir wer<strong>den</strong> diese Geste<strong>in</strong>e aus dem Erdmittelalter, die wir hier während der Fahrt an e<strong>in</strong>igen<br />
Aufschlüssen zu sehen bekommen, später im <strong>Exkursion</strong>sgebiet nicht mehr antreffen. Das ist zuerst<br />
der Buntsandste<strong>in</strong> bald h<strong>in</strong>ter Aschaffenburg. In der Würzburger Gegend dann die nächste Schichtstufe,<br />
der Muschelkalk. Am Bibelrieder Kreuz wechseln wir auf die A 7 nordwärts, um bei Arnste<strong>in</strong><br />
auf die A 70 e<strong>in</strong>zubiegen.<br />
Es grüßen die bei<strong>den</strong> Kühltürme des Kernkraftwerks Grafenrhe<strong>in</strong>feld, ca. 7,5 km südlich von<br />
Schwe<strong>in</strong>furt. Noch zeigt e<strong>in</strong>e Dampfwolke an, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Werk nicht abgeschaltet ist. Nach dem Gesetz<br />
vom 06.06.2011 zur Energiewende soll es bis zum Ende des Jahres 2015 endgültig stillgelegt<br />
se<strong>in</strong>. Beim Reaktor handelt es sich um e<strong>in</strong>en Druckwasserreaktor der 3. Generation. Das Gelände<br />
gilt als erdbebensicher. E<strong>in</strong> Hochwasserdamm soll <strong>das</strong> Gelände vor extremen Hochwässern des<br />
Ma<strong>in</strong>s schützen, der <strong>in</strong> etwa 500 m Entfernung vorbeifließt. Die Leistung des Reaktors beträgt laut<br />
Literaturangaben nach Abzug des Eigenbedarfs 1345 MW (Megawatt). Bald s<strong>in</strong>d die Kühltürme unseren<br />
Blicken entschwun<strong>den</strong>. Stattdessen kann man entlang der A 70 immer wieder Photovoltaik-<br />
Anlagen beobachten. Offenbar ist <strong>das</strong> für viele Landwirte die bequemere Art gewor<strong>den</strong>, aus ihren<br />
Äckern ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Aber wer<strong>den</strong> diese flächenfressen<strong>den</strong> Anlagen hier<br />
je <strong>das</strong> KKW Grafrhe<strong>in</strong>feld ersetzen können? Es reizt mich zu e<strong>in</strong>er Überschlagsrechnung: In NF 34,<br />
2011, S. 69 gibt Dr. E. Müller <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Erfahrungsbericht über <strong>den</strong> zehnjährigen Betrieb se<strong>in</strong>er Photovoltaik-Anlage<br />
für 1 m² Modulfläche e<strong>in</strong>e effektive durchschnittliche Leistung von 83,45 kWh an.<br />
Die maximale Leistung des KKW Grafenrhe<strong>in</strong>feld ist dagegen 1345 x 8760 MWh = 117,8 x 10 8 kWh.<br />
Nimmt man im Schnitt e<strong>in</strong>e etwa 70%ige Auslastung an, dann ergäbe <strong>das</strong> 82,5 x 10 8 kWh. Das entspräche<br />
etwa e<strong>in</strong>er Modulfläche von 100 km², oder mit Blick auf die Autobahn, 2000 km lange Photovoltaik-Anlagen<br />
von 50 m Breite. Die jetzt an der Autobahn entlang vorhan<strong>den</strong>en schätze ich auf<br />
<strong>in</strong>sgesamt vielleicht 20 km x 50 m (= 1 km²). Woher die anderen 99 km² nehmen? Das wird kaum<br />
realisierbar se<strong>in</strong>, auch wenn man noch sämtliche Hausdächer der anliegen<strong>den</strong> Orte dazu nimmt.<br />
Aber da gebe ich dann doch me<strong>in</strong> Überschlagsrechnen lieber auf. An die bis 2015 nur noch vorhan<strong>den</strong>e<br />
kurze Zeit zur Realisierung, an <strong>den</strong> Rohstoff- <strong>und</strong> <strong>den</strong> Energiebedarf zur Herstellung der Module,<br />
an die riesigen F<strong>in</strong>anzierungskosten <strong>und</strong> an die Veränderungen am Landschaftsbild <strong>und</strong> Auswirkungen<br />
auf die Natur wage ich dabei gar nicht erst zu <strong>den</strong>ken. Ich hoffe nur, unsere lieb-<strong>und</strong>teuren<br />
Abgeordneten haben dies alles wohl bedacht, bevor sie die entsprechen<strong>den</strong> Gesetze verabschiedet<br />
haben.<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 3<br />
www.nwv-darmstadt.de
Jetzt wird es auf der Weiterfahrt wieder mit der Geologie <strong>in</strong>teressant: Die Hassberge <strong>und</strong> der Steigerwald<br />
zeigen die nächste Schichtstufe der Trias an, <strong>den</strong> Keuper. Es dauert dann bis nach Bamberg,<br />
bis wir an e<strong>in</strong>em Straßenaufschluss die nächste Schichtstufe, <strong>den</strong> Jura, beobachten können. Dann<br />
s<strong>in</strong>d wir aber auch schon auf der A 9 Richtung Nor<strong>den</strong>, die wir an der Abfahrt Naila verlassen, um<br />
über Marxgrün an <strong>den</strong> E<strong>in</strong>gang zum „Höllental“, unserem ersten <strong>Exkursion</strong>sziel bei Bad Steben, zu<br />
gelangen.<br />
Es ist 12.50 Uhr als wir dort <strong>in</strong> „Höll“ ankommen Wir brauchen sofort unsere Regenschirme, <strong>den</strong>n<br />
es regnet jetzt. Auch wählen wir <strong>in</strong> Anbetracht des Wetters <strong>den</strong> praktisch ebenen Fahrweg l<strong>in</strong>ks<br />
entlang der Selbitz, an dem die hier aufgeschlossenen, aus Kissenlaven gebildeten Diabas-Felsen<br />
auch besser zu sehen s<strong>in</strong>d, als auf dem höher liegen<strong>den</strong> Steig auf der anderen Bachseite (Abb. 1 <strong>und</strong><br />
2).<br />
Zunächst aber geht es zu e<strong>in</strong>em Brunnenhaus am Schluchte<strong>in</strong>gang,<br />
<strong>in</strong> dem <strong>das</strong> „Höllenwasser“ auch für Besucher zugänglich ist. Das stark m<strong>in</strong>eralische Wasser<br />
ist als e<strong>in</strong>e Art Arznei durchaus tr<strong>in</strong>kbar. Es aber kanisterweise als Tr<strong>in</strong>kwasser abzufüllen, wie zu<br />
beobachten, erfordert doch e<strong>in</strong>en starken Glauben an die Heilkräfte dieses Wassers. Wir gehen<br />
weiter, an e<strong>in</strong>er ehemaligen Mühle vorbei, <strong>und</strong> kommen bald an e<strong>in</strong> Wehr, an dem e<strong>in</strong> deutlicher<br />
Anteil des Bachwassers abgenommen <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Rohrleitung knapp 2 km weitergeführt wird. Dabei<br />
wer<strong>den</strong> gegenüber dem Bachniveau 38 m Höhenunterschied gewonnen. Dieser Höhenunterschied<br />
wird genutzt, um <strong>in</strong> zwei Turb<strong>in</strong>en <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kraftwerk, <strong>das</strong> wir dann später passieren, bis zu<br />
900 kW Strom zu erzeugen. Ganz schön! Und schon wieder überschlage ich: Mit ca. 1500 solcher<br />
Anlagen könnte man, zum<strong>in</strong>dest bei e<strong>in</strong>em überdurchschnittlichen Wasserstand der Bäche, <strong>das</strong><br />
KKW Grafenrhe<strong>in</strong>feld ersetzen, wenn man e<strong>in</strong>mal <strong>den</strong> Eigenbedarf an Energie dieser Anlagen außer<br />
Acht lässt.<br />
Doch wer kennt die Bäche, nennt die Namen, wo diese 1500 Kraftwerke noch errichtet wer<strong>den</strong><br />
könnten, <strong>und</strong> wer glaubt, <strong>das</strong>s man die zum<strong>in</strong>dest partielle Trockenlegung der Bäche durch diese<br />
Anlagen gegen die sich erheben<strong>den</strong> Proteste politisch durchsetzen könnte?<br />
Bei der Wanderung tritt die Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium) am Wege auf.<br />
Noch häufiger <strong>das</strong> e<strong>in</strong>geschleppte Klebrige Spr<strong>in</strong>gkraut (Impatiens glandulifera). Wiesenblatterbse<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 4<br />
www.nwv-darmstadt.de
(Lathyrus pratensis), Mädesüß (Filipendula ulmaria), Geißbart (Aruncus silvestris), e<strong>in</strong>ige weißblühende<br />
Pfirsichblättrige Glockenblumen (Campanula persicifolia), Baldrian (Valeriana offic<strong>in</strong>alis),<br />
verblühte Ährige Teufelskrallen (Phyteuma spicatum), Waldziest (Stachys silvatica), Waldwicke (Vicia<br />
silvatica), e<strong>in</strong> relativ kle<strong>in</strong>blütiges Weideröschen (wohl Epilobium parviflorum), an trockeneren<br />
Stellen auch <strong>das</strong> Schmalblättrige Weideröschen (Epilobium angustifolium) <strong>und</strong> die Schwarze Heckenkirche<br />
(Lonicera nigra) s<strong>in</strong>d weitere Pflanzen, die wir am Wege beobachten können. Dr. K.H.<br />
Müller gibt dankenswerter Weise ab <strong>und</strong> zu H<strong>in</strong>weise auf die Pflanzen für die <strong>Exkursion</strong>smitglieder,<br />
die nicht mit der <strong>Exkursion</strong>sführung <strong>in</strong> der Spitzengruppe vornweg wandern, sondern etwas h<strong>in</strong>ten<br />
nach hängen. E<strong>in</strong>e aus Diabas erbaute Brücke über <strong>den</strong> Bach für die <strong>in</strong>zwischen stillgelegte Bahnl<strong>in</strong>ie<br />
durch diese Schlucht <strong>und</strong> zwei etwas ungewöhnliche Holzstege wer<strong>den</strong> passiert. Dann grüßt von<br />
der anderen Talseite der sogenannte „Hirschsprung“, e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner, übergroßer Fels, bei dem man<br />
sich unwillkürlich fragt, wie da e<strong>in</strong> Hirsch h<strong>in</strong>auf gekommen se<strong>in</strong> soll <strong>und</strong> woh<strong>in</strong> er <strong>den</strong>n von da<br />
oben gesprungen se<strong>in</strong> könnte. Jetzt kommt man am Ende der Schlucht nochmals an e<strong>in</strong>er aufgelassenen<br />
Mühle vorbei <strong>und</strong> f<strong>in</strong>det sich schließlich nach <strong>in</strong>sgesamt ca. 4 km an e<strong>in</strong>em von Alexander<br />
von Humboldt angelegten Entwässerungsstollen zum Friedrich-Wilhelm-Stollen, der als Besucherstollen<br />
zugänglich gemacht wor<strong>den</strong> ist, momentan aber nicht offen hat.<br />
Hier erwartet uns wieder unser Bus, der uns zunächst nach Bad Steben zu e<strong>in</strong>er verspäteten Mittagspause<br />
br<strong>in</strong>gt. Als wir dort aussteigen, fängt es an, wie aus Kübeln zu schütten. Alle stürzen <strong>in</strong><br />
<strong>das</strong> nächstbeste Lokal im Kurbereich, um noch e<strong>in</strong>e Kle<strong>in</strong>igkeit zu essen oder wenigstens etwas zu<br />
tr<strong>in</strong>ken, zum<strong>in</strong>dest aber, um im Trockenen zu se<strong>in</strong>. Auch wenn der Regen später nachlässt, aus e<strong>in</strong>em<br />
ausgedehnteren Kurparkbummel oder gar Ortsbummel wird nichts. Es wird auch beschlossen,<br />
<strong>den</strong> als nächstes Ziel e<strong>in</strong>geplanten ehemaligen Ste<strong>in</strong>bruch bei Horwagen wegen se<strong>in</strong>er schlechten<br />
Zugänglichkeit aufzugeben. Hier wäre man ohneh<strong>in</strong> nicht an <strong>den</strong> schleiffähigen, geaderten <strong>und</strong><br />
gelbbraun bis rot gefärbten Flaserkalk nahe herangekommen, der bis vor e<strong>in</strong>igen Jahren zu<br />
Deutsch-Rot Marmor verarbeitet wurde. Mit diesem „Deutsch-Rot“ wur<strong>den</strong> manche bedeutende<br />
Gebäude <strong>in</strong> Bayern verziert. Das oberhalb des Ste<strong>in</strong>bruchs ausgelegte, geschliffene Referenzstück<br />
aber wurde als e<strong>in</strong> allzu blasses Musterstück angesehen, für <strong>das</strong> sich die etwas komplizierte Anfahrt<br />
mit e<strong>in</strong>em großen Bus unter diesen Wetterbed<strong>in</strong>gungen nicht lohnen würde.<br />
Also fahren wir gleich weiter nach „Ste<strong>in</strong>wiesen“, wo wir um 16.30 Uhr an unserem Hotel ankommen.<br />
Das E<strong>in</strong>checken geht schnell <strong>und</strong> problemlos. Das Hotel hat außer dem Rezeptionsgebäude, <strong>in</strong><br />
dem auch die Essensräume untergebracht s<strong>in</strong>d, fünf weitere Gebäude mit <strong>den</strong> Schlafräumen. Die<br />
Gebäude s<strong>in</strong>d, -z.T. im rechtem W<strong>in</strong>kel,- ane<strong>in</strong>andergereiht, so <strong>das</strong>s alle Räume trocken zu erreichen<br />
s<strong>in</strong>d. Jedes Gebäude hat <strong>in</strong>sgesamt 20 bis 24 Zimmer <strong>in</strong> zwei Stockwerken. So weit zu beurteilen,<br />
sche<strong>in</strong>en nicht nur die Gebäude, sondern auch deren Zimmer alle <strong>in</strong> gleicher Form angelegt zu<br />
se<strong>in</strong>, <strong>und</strong> auch die Ausstattung variiert offenbar nur wenig. An <strong>das</strong> Hotel schließt sich e<strong>in</strong>e Badelandschaft<br />
an, die von Hotelgästen unentgeltlich genutzt wer<strong>den</strong> kann. Das Buffetessen, -wir haben<br />
Halbpension gebucht,- ist abwechslungsreich, vielseitig <strong>und</strong> gut. Die zu <strong>den</strong> Essen gewählten Getränke<br />
(auch Bier <strong>und</strong> We<strong>in</strong>) s<strong>in</strong>d kostenfrei <strong>und</strong> können <strong>in</strong> beliebiger Menge, allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong> der<br />
streng begrenzten Essenszeit, selbst gezapft wer<strong>den</strong>.<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 5<br />
www.nwv-darmstadt.de
Nach des Tages Regengüsse können wir heute Abend<br />
nach dem Abendessen sogar noch etwas auf der Freiterrasse<br />
zusammensitzen. Doch die Versorgung mit Sitzkissen<br />
auf die noch nassen Korbgeflechte der Stühle stößt<br />
auf e<strong>in</strong> gewisses Unverständnis bei der Bedienung.<br />
Der große Brunnen auf dieser Freiterrasse ist übrigens an<br />
se<strong>in</strong>em Fuße mit größeren Felsbrocken e<strong>in</strong>gefasst. E<strong>in</strong>er<br />
davon ist e<strong>in</strong> rötlicher, geaderter Flaserkalk, wie er im<br />
Horwagener Ste<strong>in</strong>bruch gebrochen <strong>und</strong> zu „Deutsch-Rot“<br />
Marmor verarbeitet wurde (Abb. 3). Also doch noch e<strong>in</strong><br />
brauchbares Referenzstück dieses Geste<strong>in</strong>s, auch wenn<br />
wir heute nicht zu dem vorgesehenen Ste<strong>in</strong>bruch gekommen<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
06.07.12<br />
Wir wollen heute <strong>in</strong> <strong>das</strong> Griffelschiefergebiet um <strong>den</strong><br />
Fellberg (842 m) beim thür<strong>in</strong>gischen Ste<strong>in</strong>ach. Die Durchquerung des <strong>Frankenwald</strong>es <strong>und</strong> auch des<br />
Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirges über die Höhen ist recht zeitaufwändig <strong>und</strong> kurvenreich. Das Hochland<br />
ist durch zahlreiche Täler kle<strong>in</strong>er Bachläufe zerschnitten <strong>und</strong> die 45 Jahre währende Trennung der<br />
bei<strong>den</strong> deutschen Staaten hat bis heute bewirkt, <strong>das</strong>s nicht <strong>in</strong> jedem Fall e<strong>in</strong>e Straßenverb<strong>in</strong>dung<br />
zwischen zwei benachbarten Orten besteht, die diesseits <strong>und</strong> jenseits der ehemaligen deutschdeutschen<br />
Grenze lagen. Da ist es oft besser, längere Wege über die gut ausgebauten B<strong>und</strong>esstraßen<br />
zu wählen, die <strong>das</strong> Gebiet z.T. umfahren.<br />
Das machen wir heute auch. Auf der B 173 fahren wir zunächst <strong>in</strong> südwestlicher Richtung dem<br />
Bachlauf der Rodach folgend um die oberfränkische Kreisstadt Kronach herum, um dann auf der B<br />
85 nach Nor<strong>den</strong> zunächst <strong>das</strong> weite Tal der Haßlach zu nutzen <strong>und</strong> dann über die B 89 nach der<br />
thür<strong>in</strong>gischen Kreisstadt Sonneberg <strong>in</strong>s Tal der thür<strong>in</strong>gischen Ste<strong>in</strong>ach überzuwechseln.<br />
Dieses Tal liegt nun schon ab Sonneberg nördlich der Fränkischen L<strong>in</strong>ie im Schiefergebirge. Es hat<br />
weiter ausgeräumte Talpartien, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en dann auch die Dörfer liegen, <strong>und</strong> auch schluchtartige Engstellen.<br />
E<strong>in</strong>e meist gute Landstraße führt durch <strong>das</strong> Tal <strong>und</strong> auch e<strong>in</strong>e Bahnl<strong>in</strong>ie bis Lauscha, die<br />
nach Art e<strong>in</strong>er Stadtbahn zwischen Sonneberg <strong>und</strong> Lauscha betrieben wird. Wir folgen der Straße<br />
bis zum Orte Ste<strong>in</strong>ach mit se<strong>in</strong>en schön verzierten schiefergedeckten <strong>und</strong> –verkleideten Gebäu<strong>den</strong>.<br />
Kurz h<strong>in</strong>ter Ste<strong>in</strong>ach führt e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Sträßchen hoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Skigebiet am Fellberg. Wir können diesem<br />
Sträßchen mit dem Bus bis zu e<strong>in</strong>em großen Sporthotel folgen, <strong>das</strong> aber geschlossen hat. E<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e Baude daneben, die Postbaude, ist aber mit beschränkten Öffnungszeiten noch <strong>in</strong> Betrieb.<br />
Überall f<strong>in</strong>det man Warnh<strong>in</strong>weise wegen der Gefahr durch Mounta<strong>in</strong>biker, die sommers die mit<br />
zusätzlichen „Schikanen“ versehenen Skipisten bevölkern.<br />
Wir steigen von der Postbaude <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Direttissima steil e<strong>in</strong>en Waldweg hoch bis zu zwei ehemaligen<br />
Griffelschieferbrüchen, <strong>den</strong> Barthelbrüchen. Am Weg f<strong>in</strong>det man Wachtelweizen, <strong>in</strong>teressanterweise<br />
<strong>den</strong> Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum pratense) mitten im Wald, wie Herr Dressler<br />
kennerisch bemerkt. Auch F<strong>in</strong>gerhut (Digitalis purpurea) steht vere<strong>in</strong>zelt hier. Man hat aus dem<br />
umfangreichen Schieferschutt der bei<strong>den</strong> Ste<strong>in</strong>brüche <strong>in</strong> etwa 800 m Höhe e<strong>in</strong>e große Aussichtsplattform<br />
geschaffen. Leider ist heute die Sicht enttäuschend. Dass man nach Osten <strong>den</strong> Ochsen-<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 6<br />
www.nwv-darmstadt.de
kopf <strong>und</strong> <strong>den</strong> Fichtelberg im Fichtelgebirge heute nicht würde sehen können, hatten wir ja bei dieser<br />
Wetterlage angenommen. Dass man aber von der Höhe noch nicht e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong>s Tal h<strong>in</strong>ab oder die<br />
Höhe an der anderen Talseite erkennen kann, hatten wir nicht erwartet. Und da beg<strong>in</strong>nt es auch<br />
wieder zu regnen. Das Bew<strong>und</strong>ern der dichten, schönen Moosbestände vor allem an <strong>den</strong> Flanken<br />
dieses Griffelschieferbruchs <strong>und</strong> des flächendecken<strong>den</strong> Vorkommens des Harzer Labkrautes (Galium<br />
hercynicum) auf der Halde hält sich deshalb <strong>in</strong> engen zeitlichen Grenzen. Wir ziehen jetzt auf<br />
markiertem Waldweg weniger steil weiter <strong>in</strong> Richtung des eigentlichen Fellberges. Nach vielleicht<br />
10 M<strong>in</strong>uten kommen wird an e<strong>in</strong>em weiteren Aussichtpunkt vorbei, der „Milonsruh“ (820 m). E<strong>in</strong>e<br />
kle<strong>in</strong>e Hütte steht hier. Nicht e<strong>in</strong>er macht sich die Mühe, vom Waldweg aus um die Hütte herum<br />
zum Aussichtspunkt zu gehen. Man sieht ja schließlich, <strong>das</strong>s man nichts sieht!<br />
Dann führt der Weg an der Bergstation des Fellberg-Sesselliftes vorbei. Er steht heute still, so <strong>das</strong>s<br />
man <strong>in</strong> Ruhe die Sessel näher betrachten kann. Sie haben nicht nur Vorrichtungen, um seitlich bei<br />
e<strong>in</strong>er Bergfahrt die Skier e<strong>in</strong>zustecken, sondern auch Halterungen für <strong>den</strong> Transport von Mounta<strong>in</strong>bikes.<br />
In <strong>den</strong> Sommerferien <strong>und</strong> an Wochenen<strong>den</strong> dient die hier bef<strong>in</strong>dliche Skiabfahrtsstrecke über<br />
<strong>den</strong> Schieferschutt <strong>den</strong> Mounta<strong>in</strong>biker als Abfahrtsstrecke. Heute aber ist Freitag, mieses Wetter<br />
<strong>und</strong> noch ke<strong>in</strong>e Ferien, so <strong>das</strong>s ke<strong>in</strong> Mounta<strong>in</strong>biker auf <strong>den</strong> Skipisten zu sehen ist. Dann ist die<br />
höchste Stelle der Fellbergkuppe erreicht, hervorgehoben durch e<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>säule mit der Höhenangabe:<br />
842 m. Von nun an geht’s bergab, <strong>und</strong> zwar relativ steil durch aufgelassene Griffelschieferbrüche<br />
auf regennassem Verwitterungsschutt. Der fällt bei diesem weichen Schiefer aus dem Ordovizium<br />
nicht plattenförmig an, sondern mehr oder m<strong>in</strong>der säulenförmig. Daher eignete sich dieser<br />
weiche Schiefer auch besonders gut zur Griffelherstellung. Der Regen hat <strong>in</strong>zwischen aufgehört.<br />
Man kann sich jetzt mehr Zeit lassen, die<br />
w<strong>und</strong>erschönen, vielfältigen Flechten mit<br />
ihren roten, gelben oder weißen Fruchtkörpern<br />
(Apothecien) zu bew<strong>und</strong>ern (Abb. 4).<br />
Vere<strong>in</strong>zelt wagen sich Schmetterl<strong>in</strong>ge hervor.<br />
E<strong>in</strong> Wachtelweizen-Scheckenfalter<br />
(Melitaea athalia) <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Dukatenfalter<br />
(Lycaena virgaurea) wer<strong>den</strong> von Frau Weischedel<br />
i<strong>den</strong>tifiziert. Andere suchen sich<br />
schöne Er<strong>in</strong>nerungsstücke aus <strong>den</strong> Schieferbruchstücken,<br />
die nicht nur e<strong>in</strong>e graue<br />
bis schwarze Färbung aufweisen, sondern<br />
auch durch Eisenoxide dunkelrot gefärbt se<strong>in</strong> können. Gut beraten durch <strong>den</strong> <strong>Exkursion</strong>sleiter wird<br />
auch nach <strong>den</strong> <strong>in</strong> diesem Schiefer nicht gerade häufigen Fossilien gesucht, etwa <strong>den</strong> damals die<br />
Fauna bestimmen<strong>den</strong> Trilobiten (Trilobita). Die F<strong>und</strong>e halten sich erwartungsgemäß <strong>in</strong> beschei<strong>den</strong>en<br />
Grenzen (Abb. 5). Schon vor der vere<strong>in</strong>barten Zeit s<strong>in</strong>d alle an der Fellberg-Baude angekommen,<br />
wo e<strong>in</strong>e Mittagspause vere<strong>in</strong>bart ist. Man ist gut auf die Busgruppe vorbereitet <strong>und</strong> bietet<br />
mehrere unterschiedliche Gerichte an, alle mit Thür<strong>in</strong>ger Knödel als Beilage, damit jeder die Gelegenheit<br />
hat, diese Thür<strong>in</strong>ger Spezialität e<strong>in</strong>mal zu verkosten. Wer sie noch nicht kennt, ist ob ihres<br />
schwabbligen Äußeren etwas irritiert. E<strong>in</strong> <strong>Exkursion</strong>mitglied an unserem Tisch beschreibt <strong>den</strong> Kloß<br />
mit dem Ausruf: „Der lebt ja noch!“. Doch <strong>in</strong>sgesamt f<strong>in</strong><strong>den</strong> die verschie<strong>den</strong> Gerichte guten Anklang.<br />
Sie wer<strong>den</strong> durchweg als geschmacklich gut beurteilt <strong>und</strong> es geht überraschend schnell. Nur<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 7<br />
www.nwv-darmstadt.de
mit dem komplizierten Kassieren macht<br />
man sich <strong>das</strong> Leben auf der Baude unnötigerweise<br />
etwas schwer. Aber es wird<br />
schließlich doch gemeistert <strong>und</strong> wir können<br />
von der Fellberg-Baude, vorbei an der<br />
Talstation des ruhen<strong>den</strong> Sesselliftes, zur<br />
Postbaude <strong>und</strong> unserem Bus zurückwandern.<br />
Hier hat der Busfahrer schon Kaffee<br />
vorbereitet, so <strong>das</strong>s noch an Ort <strong>und</strong> Stelle<br />
e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Kaffeepause e<strong>in</strong>geschoben<br />
wer<strong>den</strong> kann.<br />
Wir s<strong>in</strong>d noch relativ früh dran, als wir<br />
schließlich um 14.45 Uhr zu unserem<br />
nächsten <strong>Exkursion</strong>sziel weiterfahren,<br />
dem letzten heute, der Farbglashütte <strong>in</strong> Lauscha. Nach kurzer Wartezeit wer<strong>den</strong> wir <strong>in</strong> zwei Gruppen<br />
durch die Werksanlagen geführt <strong>und</strong> hören dabei nicht nur e<strong>in</strong>e Menge über die Herstellung<br />
<strong>und</strong> Verwendung des hier hergestellten farbigen Glases, sondern können auch sehen, wie die ca. 90<br />
m langen Glasröhren als Ausgangsmaterialien für Glasbläser <strong>in</strong> dieser Fabrik noch <strong>in</strong> re<strong>in</strong>er Handarbeit<br />
hergestellt wer<strong>den</strong> (Abb. 6). Was an Zeit darüber h<strong>in</strong>aus noch zur Verfügung steht, kann gut<br />
zum Bew<strong>und</strong>ern, Fotografieren<br />
<strong>und</strong> auch<br />
zum Auswählen <strong>und</strong><br />
Kaufen vieler farbiger<br />
Glasprodukte <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
Ausstellungsräumen<br />
verwendet wer<strong>den</strong>.<br />
Ob farbige Tiere,<br />
menschliche Figuren<br />
oder Fabelgestalten,<br />
ob kunstvolle Schalen,<br />
Vasen, Gläser, Krüge<br />
oder Teller, ob<br />
Schmuckstücke, Kerzenhalter,<br />
Lampen,<br />
Glasmurmeln, Weihnachtskugeln,Osterschmuck<br />
oder besondere<br />
Tischdekorationen für andere festliche Anlässe, ob farbige Zierkugeln oder Stecker für <strong>den</strong><br />
Garten oder nur für e<strong>in</strong>en Blumentopf,– auch wenn kaum e<strong>in</strong>es der ausgestellten D<strong>in</strong>ge wirklich<br />
zum Leben nötig ist, man könnte se<strong>in</strong> Herz an viele dieser Schmuckstücke verlieren, <strong>und</strong> die Auswahl<br />
e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>es Souvenirs für sich selbst oder für die Lieben daheim fällt nicht jedem leicht.<br />
Die Wolken haben sich <strong>in</strong>zwischen deutlich ausgelichtet, <strong>und</strong> zwischendurch lacht auf der Rückfahrt<br />
zum Hotel sogar die Sonne. Auch wenn wir heute Mittag noch recht früh <strong>in</strong> unserem Zeitplan war-<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 8<br />
www.nwv-darmstadt.de
en, <strong>in</strong>zwischen ist dieser Zeitvorrat aufgebraucht, <strong>und</strong> wir können ke<strong>in</strong>eswegs auf der Rückfahrt<br />
zum Hotel noch <strong>in</strong> Kronach e<strong>in</strong>e kurze Zwischenrast e<strong>in</strong>schieben, wie lose „angedacht“ war. Nichts<br />
mit der sehenswerten Altstadt <strong>und</strong> Burg, ke<strong>in</strong>e Referenz dem größten Sohn der Stadt, Lukas Cranach.<br />
Es wird ohneh<strong>in</strong> 18.00 Uhr, bis wir <strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>wiesen ankommen, <strong>und</strong> <strong>das</strong> ist der Zeitpunkt, an<br />
dem <strong>das</strong> zeitlich limitierte Abendessen beg<strong>in</strong>nt. Anschließend kann man heute recht angenehm an<br />
trockenen Tischen <strong>und</strong> auf trockenen Stühlen (<strong>und</strong> auch mit Kissen) im Freien auf der Terrasse sitzen.<br />
Von hier aus wird auch die Tanzmusik, die heute im Hotel aufspielt, angenehmer empfun<strong>den</strong><br />
als dr<strong>in</strong>nen. Musik für „ältere Herrschaften“! Doch wo bleibt der „Langsame Walzer“?<br />
07.06.12<br />
Nach <strong>den</strong> Erfahrungen gestern mit der zeitaufwändigen Anfahrt <strong>in</strong> <strong>das</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge,<br />
fahren wir heute etwas früher, um 8.30 Uhr, vom Hotel ab. Es ist wieder trüb <strong>und</strong> regnet leicht. Wir<br />
fahren diesmal <strong>das</strong> Rodachtal aufwärts, um über Nordhalben <strong>und</strong> Tschirn nach Lehesten <strong>und</strong> Ludwigsstadt<br />
zu kommen. Es soll heute e<strong>in</strong>en weiteren „Schiefertag“ geben. Zunächst lässt sich alles<br />
gut an. In <strong>den</strong> Talauen der Rodach stellenweise Geißbart (Aruncus), dann wieder Rohrkolben (Typha).<br />
Schließlich e<strong>in</strong> Aufschrei durch <strong>den</strong> Bus: „E<strong>in</strong> Schwarzstorch“! In der Tat steht <strong>in</strong> <strong>den</strong> Wiesen<br />
nahe der Straße e<strong>in</strong> Schwarzstorch (Ciconia nigra). Wer e<strong>in</strong>st bei der Polenexkursion die Suche e<strong>in</strong>es<br />
Schwarzstorchs unter Führung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heimischen Försters mit e<strong>in</strong>em großem Fernrohr mitgemacht<br />
hat, lächelt noch heute über die damalige Schau um <strong>den</strong> seltenen Vogel. Und hier steht er<br />
<strong>in</strong> der Wiese. Wir kommen nach Nordhalben. Totale Straßensperre! Ke<strong>in</strong> Umleitungsschild! Was<br />
tun? Wir biegen <strong>in</strong> die e<strong>in</strong>zige, vor der Straßensperre abbiegende Abzweigung e<strong>in</strong>. „He<strong>in</strong>ersberg“<br />
sagt der Wegweiser. Es geht steil aus dem Tal <strong>und</strong> dann über die Höhen ostwärts. Inzwischen s<strong>in</strong>d<br />
die Straßenkarten durchgesehen. Weder <strong>in</strong> He<strong>in</strong>ersberg noch <strong>in</strong> <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Orten gibt es die<br />
Möglichkeit, nach Nor<strong>den</strong> oder gar Nordwesten, wo wir h<strong>in</strong>wollen, abzubiegen. Das Sträßchen verläuft<br />
etwa parallel zur ehemaligen Zonengrenze nach Osten weiter. Also müssen wir umdrehen <strong>und</strong><br />
erst e<strong>in</strong>mal genauer sehen, was es mit der Absperrung auf sich hat. Offenbar haben Orkanböen <strong>in</strong><br />
der Nacht am Hang oberhalb der Straße nach Nordhalben zahlreiche Bäume abgeknickt <strong>und</strong> über<br />
die Straße geworfen. Man ist dabei, diese Straße wieder frei zu machen. Aber <strong>das</strong> kann noch lange<br />
dauern. Also fahren wir wieder talabwärts bis vor Ste<strong>in</strong>wiesen, um dann auf e<strong>in</strong>er Straße über die<br />
Höhen oberhalb des Ködelstausees, die sich dann als ausgesprochen gut befahrbar erweist, <strong>in</strong> <strong>das</strong><br />
Oberdorf von Nordhalben oberhalb der W<strong>in</strong>dbruchzone zu gelangen, <strong>in</strong> der Hoffnung, von dort weiter<br />
zu unseren Tageszielen zu kommen. Das gel<strong>in</strong>gt dann auch problemlos.<br />
Doch trotz unserer frühen Abfahrt s<strong>in</strong>d wir jetzt schon zu spät dran. E<strong>in</strong> telefonischer Kontakt mit<br />
dem warten<strong>den</strong> Führer im Schieferpark von Lehesten kommt nicht zustande. Aber als wir dort ankommen,<br />
wer<strong>den</strong> wir ohne Vorwürfe noch fre<strong>und</strong>lich erwartet. Es regnet übrigens wieder <strong>und</strong> der<br />
Regen beg<strong>in</strong>nt sich zu verstärken. Das veranlasst <strong>den</strong> redegewandten <strong>und</strong> witzigen Führer, auf e<strong>in</strong>en<br />
Freilandgang durch <strong>das</strong> aufgelassene <strong>und</strong> unter Schutz gestellte Schieferabbaugebiet (Abb. 8)<br />
zu verzichten <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Informationen nur <strong>in</strong> <strong>den</strong> Werkshallen zu geben, die zum Besichtigungsprogramm<br />
gehören. Zunächst halten wir uns im run<strong>den</strong> Schachthaus auf. Der Schiefer wurde zuletzt<br />
nur noch untertage gebrochen. Deshalb waren Förderanlagen erforderlich. Sie s<strong>in</strong>d noch alle vorhan<strong>den</strong>,<br />
wer<strong>den</strong> erläutert <strong>und</strong> z.T. mit höllischem Lärm <strong>in</strong> Gang gesetzt. Auch e<strong>in</strong>e orig<strong>in</strong>ale Pferdegöpelanlage<br />
ist noch erhalten. Die ganzen Anlagen, wie auch die später <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fertigungs- <strong>und</strong> Verarbeitungshallen<br />
gezeigten, wur<strong>den</strong> 1999 stillgelegt <strong>und</strong> <strong>das</strong> Ganze als technisches Denkmal e<strong>in</strong>ge-<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 9<br />
www.nwv-darmstadt.de
ichtet. In <strong>den</strong> Fertigungshallen zeigt <strong>und</strong> erläutert unser lokaler Führer, der vor der Stilllegung<br />
selbst aktiver Mitarbeiter im Werk war, die Werkzeuge <strong>und</strong> Masch<strong>in</strong>en, die zur Aufarbeitung der<br />
großen Schieferbrocken zu <strong>den</strong> gewünschten Platten für Dachabdeckungen <strong>und</strong> Hausverkleidungen<br />
oder anderen Bauelementen benutzt wor<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d (Abb. 7). Er kann diese Arbeiten mit <strong>den</strong> e<strong>in</strong>fachen<br />
Werkzeugen auch e<strong>in</strong>wandfrei vorführen. Dabei wird er nicht müde, immer wieder auf die<br />
früheren Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ste<strong>in</strong>brüchen<br />
<strong>und</strong> Verarbeitungshallen, vor allem die<br />
fehlen<strong>den</strong> Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzmaßnahmen<br />
<strong>und</strong><br />
auch die ger<strong>in</strong>gen Verdienstmöglichleiten h<strong>in</strong>zuweisen.<br />
Ganze 1 ½ Stun<strong>den</strong> dauert diese Führung,<br />
<strong>und</strong> ke<strong>in</strong>em wird dabei langweilig. Inzwischen<br />
hat der Regen aufgehört, <strong>und</strong> wir können<br />
hier an e<strong>in</strong>em Picknickplatz mit überdachten<br />
<strong>und</strong> deshalb trockenen Bänken <strong>und</strong> Tischen unser<br />
für <strong>den</strong> heutigen Tag vorgesehenes <strong>und</strong> vom<br />
Busfahrer beschafftes Picknick abhalten.<br />
12.30 Uhr ist dann Abfahrt zu unserem nächsten<br />
Ziel, der Thür<strong>in</strong>ger Warte bei Lauenste<strong>in</strong>,<br />
heute OT von Ludwigsstadt. E<strong>in</strong> schmales E<strong>in</strong>bahnsträßchen,<br />
<strong>das</strong> auch für Busse geeignet ist,<br />
lässt uns zu diesem 1963 an der damaligen Zonengrenze<br />
erbauten Aussichtturm kommen.<br />
Vom Turm kann man weit nach Thür<strong>in</strong>gen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />
schauen. Dies auch heute, wo die Sicht<br />
deutlich besser als gestern ist. Schön zu sehen<br />
ist vor allem der Verlauf der ehemaligen Grenze<br />
mit dem Todesstreifen. Er steht heute unter<br />
besonderem Schutz unter der Bezeichnung<br />
„Grünes Band“, <strong>das</strong> sich tatsächlich als hellgrünes Band zwischen <strong>den</strong> dunklen Waldbäumen verfolgen<br />
lässt. Damit soll die damalige rigorose Trennung der Menschen durch Grenzbefestigungen <strong>und</strong><br />
Todesstreifen heute zu etwas „Verb<strong>in</strong><strong>den</strong>dem“, e<strong>in</strong>em Band, umfunktioniert wer<strong>den</strong>. Dementsprechend<br />
erweist sich der Turm auch als der geeignete Ort für die museale Sammlung von Bildern <strong>und</strong><br />
Statistiken zu der lokalen Situation der Menschen nach der Grenzziehung <strong>und</strong> der immer vollkommener<br />
wer<strong>den</strong><strong>den</strong> Abschottung, dann aber auch zur Grenzöffnung <strong>und</strong> der erwartungs- <strong>und</strong> hoffnungsvollen<br />
Wiedervere<strong>in</strong>igung der Menschen <strong>in</strong> dieser Gegend. E<strong>in</strong>e sehr bee<strong>in</strong>druckende <strong>und</strong><br />
nach<strong>den</strong>klich stimmende Dokumentation!<br />
Auf dem kurzen Weg zum Busstandplatz zurück noch e<strong>in</strong> Blick auf e<strong>in</strong>e Gruppe von Perlpilzen<br />
(Amanita rubescens) am Wege. Frau Wache erläutert, wie sie sicher von <strong>den</strong> giftigen Pantherpilzen<br />
(Amanita panther<strong>in</strong>a) zu unterschei<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d. Wie zur Ergänzung steht gleich daneben e<strong>in</strong> von Dr.<br />
Höllwarth als Porphyrbrauner Wulstl<strong>in</strong>g (Amanita prophyra) i<strong>den</strong>tifizierter, wenig empfehlenswerter<br />
anderer Doppelgänger oder zum<strong>in</strong>dest ähnlicher Pilz, mit dem der Perlpilz nicht verwechselt<br />
wer<strong>den</strong> darf.<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 10<br />
www.nwv-darmstadt.de
Wir haben die Zeitverzögerung durch die W<strong>in</strong>dbruchsperrung heute Morgen noch nicht ganz aufholen<br />
können <strong>und</strong> kommen noch leicht verspätet zu unserer nächsten Führung an <strong>das</strong> nach modernen<br />
Vorstellungen neu e<strong>in</strong>gerichtete Schiefermuseum <strong>in</strong> Ludwigsstadt. Im H<strong>in</strong>blick auf unser heutiges<br />
Restprogramm wird der Museumsführer gebeten, die Führung auf e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e zu begrenzen. Das<br />
hält er dann <strong>in</strong> etwa auch e<strong>in</strong>, <strong>und</strong> es macht ihm auch ke<strong>in</strong>e Schwierigkeiten, aus se<strong>in</strong>em reichen<br />
Schatz an Ausstellungsstücken <strong>und</strong> <strong>den</strong> Geschichten dazu, die er wohl kennt, die auszuwählen, mit<br />
<strong>den</strong>en er <strong>das</strong> <strong>in</strong> Lehesten Gesehene <strong>und</strong> Gehörte <strong>in</strong>haltlich weiterführen <strong>und</strong> ergänzen kann. Er<br />
konzentriert sich darauf, wie aus <strong>den</strong> <strong>in</strong> Lehesten <strong>und</strong> auch an anderen Orten sozusagen als „Halbfertigware“<br />
hergestellten Schieferplatten Tafeln <strong>und</strong> Griffel für die ABC-Schützen hergestellt wor<strong>den</strong><br />
s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> welche Apparate <strong>und</strong> Masch<strong>in</strong>en zu diesem Zweck entwickelt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>gesetzt wur<strong>den</strong>.<br />
Er tut <strong>das</strong> sehr anschaulich <strong>und</strong> alles andere als langweilig. Gar<br />
mancher <strong>den</strong>kt beim Betrachten der ausgestellten Utensilien, die e<strong>in</strong> früherer ABC-Schütze mit sich<br />
trug, selbst an se<strong>in</strong>e erste Schulst<strong>und</strong>e zurück, als er mit e<strong>in</strong>em Schulranzen, -streng unterschie<strong>den</strong><br />
für Jungen <strong>und</strong> Mädchen,- <strong>in</strong> dem sich e<strong>in</strong>e Schiefertafel <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Griffelkasten mit <strong>den</strong> Griffeln befand<br />
<strong>und</strong> <strong>das</strong> Löschschwämmchen lustig an e<strong>in</strong>er Schnur aus dem Ranzen baumelte, erwartungsvoll<br />
<strong>in</strong> die Schule g<strong>in</strong>g, um dort mit zittrigen F<strong>in</strong>gern mit „Auf-Ab-Auf <strong>und</strong> Tüpfelchen drauf“ <strong>das</strong> Schreiben<br />
zu lernen. Auch bei dieser Museumsführung wird die ungeheure Arbeitslast <strong>und</strong> der ger<strong>in</strong>ge<br />
Verdienst bei der Herstellung dieser D<strong>in</strong>ge betont. Da hört man, <strong>das</strong>s e<strong>in</strong>e Frau aus vorgefertigten<br />
quadratischen Schiefer-Stäbchen an e<strong>in</strong>em Tag bis zu 5000 r<strong>und</strong>e Griffel ausgefräst, diese auf e<strong>in</strong>em<br />
laufen<strong>den</strong> Schleifband zugespitzt, gewaschen <strong>und</strong> im h<strong>in</strong>teren Teil mit e<strong>in</strong>em bedruckten Papier<br />
umklebt hat, <strong>und</strong> <strong>das</strong>s sie dann am Abend ganze 1,25 Mark damit verdient habe. Da kann man <strong>in</strong>s<br />
Grübeln kommen: Zu Wohlstand führte diese Arbeit sicher nicht, je<strong>den</strong>falls nicht für die, welche<br />
diese Arbeiten ausführten. Vielleicht hatte man aber damals auch bzgl. „Wohlstand“ beschei<strong>den</strong>ere<br />
Ansprüche als wir heute. S<strong>in</strong>d wir aber durch unseren Wohlstand zufrie<strong>den</strong>er <strong>und</strong> glücklicher gewor<strong>den</strong>?<br />
Wohlstand erzeugt offenbar Gier nach immer mehr Wohlstand <strong>und</strong> fördert ke<strong>in</strong>eswegs die<br />
Zufrie<strong>den</strong>heit <strong>und</strong> sicher auch nicht die soziale Gerechtigkeit. Zur Steigerung unseres Wohlstandes<br />
nehmen wir ja schon <strong>den</strong> zukünftigen Verdienst unserer Enkel <strong>in</strong> Anspruch, <strong>in</strong>dem wir ihnen von<br />
Staats wegen e<strong>in</strong>en Berg von Schul<strong>den</strong> h<strong>in</strong>terlassen.<br />
Es ist dann schon 16.30 Uhr, bis wir wieder weit nach Sü<strong>den</strong> um Kronach herum zur „fränkischen“<br />
Ste<strong>in</strong>ach gekommen s<strong>in</strong>d. Diesem kle<strong>in</strong>en Bach hat sich südlich von Presseck bei der Burgru<strong>in</strong>e <strong>und</strong><br />
dem kle<strong>in</strong>en Weiler Wil<strong>den</strong>ste<strong>in</strong> e<strong>in</strong> bei der Hebung an der Fränkischen L<strong>in</strong>ie als sog. „Gleitscholle“<br />
abgerutscher Felsklotz aus Quarzkeratophyr <strong>in</strong> <strong>den</strong> Weg gelegt, der an Bruchstellen vom Bach<br />
durchbrochen wer<strong>den</strong> musste. So wurde e<strong>in</strong>e nur ca. 100 m lange Klamm gebildet (Abb. 9), die wir<br />
uns auf e<strong>in</strong>em bequemen Weg von etwa 2 km anschauen wollen. Dr. Höllwarth nutzt die Gelegenheit,<br />
hierbei e<strong>in</strong>e zusammenfassende Darstellung der Erdzeitalter <strong>und</strong> der dabei ablaufen<strong>den</strong> evolutionären<br />
Schritte zu geben (Abb. 10). Das ist an dieser Stelle besonders angebracht, weil an diesem<br />
kurzen Wegstück 12-15 mit Grafiken versehene Informationstafeln zu genau diesem Thema aufgestellt<br />
s<strong>in</strong>d. Die Aussagen ergänzen sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Fällen <strong>und</strong> run<strong>den</strong> sich gegenseitig ab. In e<strong>in</strong>igen<br />
Details kann man auch etwas abweichende Darstellungen feststellen, e<strong>in</strong> Zeichen, <strong>das</strong>s auch<br />
sche<strong>in</strong>bar unumstößliche Vorstellungen beim Auftreten neuer wissenschaftlicher Bef<strong>und</strong>e gegebenenfalls<br />
geändert wer<strong>den</strong> müssen, oder auch, <strong>das</strong>s man, je nach dem Gewicht, <strong>das</strong> man e<strong>in</strong>zelnen<br />
Befun<strong>den</strong> zumisst, zu unterschiedlichen Vorstellungen kommen kann.<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 11<br />
www.nwv-darmstadt.de
Es ist mittlerweilen 17.30 Uhr gewor<strong>den</strong>. Der Zeitverlust<br />
durch die Straßensperrung heute Morgen hat sich nicht e<strong>in</strong>holen lassen. Deshalb kann jetzt auch<br />
nicht mehr <strong>in</strong> Presseck an der spätgotischen evangelischen Kirche angehalten wer<strong>den</strong>, die mit volkstümlichen<br />
Wandfresken aus <strong>den</strong> Jahren 1512-1520 <strong>und</strong> stilistisch anderen Deckenfresken von<br />
1640-1648 ausgemalt ist. Die Ausmalungen stehen <strong>in</strong> Zusammenhang mit dem mehrfachen Konfessionswechsel<br />
dieses Kirchle<strong>in</strong>s: der E<strong>in</strong>führung der Reformation durch <strong>den</strong> Ortsherren <strong>und</strong> damit<br />
Abbruch der ersten Ausmalungen, der späteren Rekatholisierung durch <strong>den</strong> obersten Landesherrn,<br />
<strong>den</strong> Fürstbischof von Bamberg zu Beg<strong>in</strong>n des dreißigjährigen Krieges <strong>und</strong> der Fortsetzung der Ausmalung,<br />
<strong>und</strong> schließlich des erneuten Übergangs zum lutherischen Glauben nach dem Westfälischen<br />
Frie<strong>den</strong> <strong>und</strong> der Übertünchung der Bilder bis zu ihrer Freilegung im 20. Jh.. Der unter anderen<br />
Umstän<strong>den</strong> realisierbare Besuch dieses Kirchle<strong>in</strong> war allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> ausgemachter Programmpunkt,<br />
sondern als kle<strong>in</strong>e Dre<strong>in</strong>gabe gedacht gewesen.<br />
Auch auf schnellstem Weg s<strong>in</strong>d wir heute wieder erst um 18.00 Uhr im Hotel. E<strong>in</strong>e größere Hochzeitsfeier<br />
im Hotel schränkt heute unsere Raumfreiheit beim Essen e<strong>in</strong>. Doch da sich die Feierlichkeiten<br />
im großen Speisesaal des Hotels abspielen, kann auch heute, an unserem letzten Abend,<br />
nach dem Essen bei trockenem Wetter aber recht frischen Temperaturen noch auf der Hotelterrasse<br />
zusammengesessen <strong>und</strong> über <strong>das</strong> Gesehene diskutiert wer<strong>den</strong>.<br />
08.07.12<br />
Heute ist Rückfahrtstag. Der erste Tag, an dem uns am frühen Morgen die Sonne lacht. Wie lange<br />
wohl? Die Fahrt soll, anders als die Anfahrt, über <strong>den</strong> Thür<strong>in</strong>ger Wald gehen. Dort ist <strong>in</strong> der Schlucht<br />
der Schwarza noch e<strong>in</strong> letzter Programmpunkt vorgesehen. Wir fahren auf mittlerweilen schon gut<br />
bekanntem Weg um Kronach herum, über Sonneberg <strong>das</strong> Tal der Thür<strong>in</strong>gischen Ste<strong>in</strong>ach bis Lauscha<br />
hoch <strong>und</strong> weiter über Neuhaus, Oberweißbach, Sitzendorf <strong>und</strong> Schwarzburg nach dem etwas<br />
abseits liegen<strong>den</strong> Bechstedt. Von dort soll über <strong>den</strong> Trippste<strong>in</strong> langsam <strong>in</strong> die Schwarzaschlucht<br />
h<strong>in</strong>abgewandert wer<strong>den</strong>, wo wir am Schweizerhaus die Schwarza erreichen wollen, um nach e<strong>in</strong>er<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 12<br />
www.nwv-darmstadt.de
letzten Stärkung von hier aus die Rückfahrt ohne Unterbrechungen anzutreten. Die Wegstrecke für<br />
die relativ bequeme Wanderstrecke wird mit 5,4 km angegeben.<br />
Es hat <strong>in</strong>zwischen auf der Anfahrt wieder e<strong>in</strong> paar Spritzer geregnet. Doch ist <strong>das</strong> Wetter zum Zeitpunkt<br />
unseres Wanderungbeg<strong>in</strong>ns um 10.45 Uhr wieder recht fre<strong>und</strong>lich. Zunächst geht es an Wiesen<br />
<strong>und</strong> Feldern vorbei leicht aufwärts. Am Wegrand Pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula<br />
persicifolia), Wirbeldost (Satureja vulgaris), Wiesenblatterbse (Lathyrus pratensis) <strong>und</strong> am Waldrand<br />
auch <strong>das</strong> Schmalblättrige Wei<strong>den</strong>röschen (Epilobium angustifolium). Bald kommen wir <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
Wald, <strong>und</strong> es geht eben bis zum Trippste<strong>in</strong>, hoch über der Schwarza gelegen.<br />
Die Aussicht ist nicht schlecht, wenn auch nicht unbed<strong>in</strong>gt ideal (Abb. 11). Mehr bee<strong>in</strong>druckt noch<br />
e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Schutzhütte, die <strong>in</strong>nen liebevoll mit Holzstäben <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en, kreuzweise versetzten Karos,<br />
an der Decke auch mit kunstvoll gelegten Sternen, ausgeschmückt ist. Wer hat bloß diese kunstvolle<br />
aber zeitaufwändige Ausschmückung e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachen Schutzhütte durchgeführt? Es geht nahe des<br />
Schluchtabbruchs weiter bis zu e<strong>in</strong>er Stelle, die als „Rolle“ ausgewiesen wird <strong>und</strong> etwas mit Erfurter<br />
Stu<strong>den</strong>ten-Verb<strong>in</strong>dungen zu tun hat. E<strong>in</strong> Kolkrabe (Corvus corax) wird zunächst am Ruf i<strong>den</strong>tifiziert.<br />
Dann überfliegt er uns auch. Neben dem Getüpfelten Johanniskraut (Hypericum perforatum) am<br />
Wege kann man auch vere<strong>in</strong>zelt <strong>das</strong> Schöne Johanniskraut (Hypericum pulchrum) f<strong>in</strong><strong>den</strong>. Tollkirsche<br />
(Atropa belladonna) <strong>und</strong> Tausendgül<strong>den</strong>kraut (Centaurium m<strong>in</strong>us) stehen auch am Wegrand.<br />
Die Frage nach der Herkunft des Namens „Tausendgül<strong>den</strong>kraut“, <strong>das</strong> hier stellenweise gehäuft auftritt<br />
(Abb. 12), kann spontan nicht schlüssig beantwortet wer<strong>den</strong>. Die nach der Tollkirche stellt dagegen<br />
niemand. Sie wäre wohl e<strong>in</strong>facher zu beantworten.<br />
Doch die „Tausend Gul<strong>den</strong>“ lassen mir ke<strong>in</strong>e Ruhe. Zuhause f<strong>in</strong>de ich dann für <strong>das</strong> „Kraut des heilk<strong>und</strong>igen<br />
Zentaur Chiron“, der damit schlechtheilende Wun<strong>den</strong> erfolgreich geheilt haben soll, mehrere<br />
botanische Bezeichnungen. In allen kommt „Centaurium“ vor: Centaurium m<strong>in</strong>us, Centaurium<br />
umbellatum, Centaurium erythraea <strong>und</strong> Erythraea centaurium. Es lag schon im Mittelalter nahe, <strong>das</strong><br />
Wort centaurium nicht vom Zentaur Chiron, sondern von centum (=100) <strong>und</strong> aurum (<strong>das</strong> Gold, der<br />
Gul<strong>den</strong>) abzuleiten, lese ich im „Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen“ (Marzell, H.;<br />
Verl.Hirzel, Leipzig 1972). Und z.B. e<strong>in</strong> gewisser P<strong>in</strong>icianus (1521) <strong>und</strong> auch Fischart (1574) übersetzten<br />
es auch mit „H<strong>und</strong>ertgül<strong>den</strong>kraut“. Aus der 100 habe der „Volksm<strong>und</strong>“ dann aber e<strong>in</strong>e 1000<br />
gemacht. Dazu mag beigetragen haben, <strong>das</strong>s dieses Kraut nicht nur wegen se<strong>in</strong>er Heilkraft ge-<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 13<br />
www.nwv-darmstadt.de
schätzt war <strong>und</strong> noch ist, sondern <strong>das</strong>s man auch an die „Goldkraft“ des Krautes glaubte: Es heißt,<br />
wer am Johannistag (24.Juni) Tausendgül<strong>den</strong>kraut sammle <strong>und</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Geldbeutel stecke, der<br />
werde <strong>das</strong> Jahr über ke<strong>in</strong>en Mangel an Bargeld erlei<strong>den</strong>. Wenn aber schon durch unerklärliche<br />
dunkle Mächte so e<strong>in</strong>fach 100 Gul<strong>den</strong> zu erwerben s<strong>in</strong>d, warum dann nicht gleich 1000 ! Doch wie<br />
<strong>in</strong> <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Märchen von <strong>den</strong> „Drei Wünschen“ berichtet wird: Die Maßlosigkeit <strong>und</strong> unbeherrschte<br />
Gier des Wünschen<strong>den</strong> hat <strong>in</strong> allen mir bekannten diesbezüglichen Märchen dazu geführt,<br />
<strong>das</strong>s der Wünschende am Ende mit leeren Hän<strong>den</strong> <strong>das</strong>tand. So ist es jetzt wohl auch beim<br />
Tausendgül<strong>den</strong>kraut. Oder glauben Sie daran, <strong>das</strong>s Tausendgül<strong>den</strong>kraut <strong>in</strong> Ihrem Geldbeutel Sie der<br />
Geldsorgen entheben kann? Wären wir doch bloß bei <strong>den</strong> 100 Gul<strong>den</strong> geblieben! Ob man es vielleicht<br />
e<strong>in</strong>mal ganz beschei<strong>den</strong> mit dem „Pfennigkraut“ versuchen sollte?<br />
Dazu noch e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Gedicht von Karl-He<strong>in</strong>rich Waggerl:<br />
Tausendgül<strong>den</strong>kraut<br />
Überdrüssig me<strong>in</strong>er Schul<strong>den</strong><br />
Will ich e<strong>in</strong> paar Tausend-Gul<strong>den</strong>-<br />
Kräuter <strong>in</strong> <strong>den</strong> Garten pflanzen.<br />
Jahr um Jahr will ich <strong>den</strong> ganzen<br />
Gul<strong>den</strong>schatz zusammenlegen,<br />
Kunst <strong>und</strong> Wissenschaften pflegen<br />
Und zum Kummer me<strong>in</strong>er Erben<br />
E<strong>in</strong>st als Kräuterkrösus sterben.<br />
Um 12.45 Uhr s<strong>in</strong>d wir dann am Schweizerhaus. Jetzt setzt wieder Regen e<strong>in</strong> <strong>und</strong> man sucht se<strong>in</strong>e<br />
Zuflucht im Innern. So groß ist die Gaststätte gar nicht, <strong>das</strong>s wir alle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raum unterkommen<br />
können. Und angemeldet s<strong>in</strong>d wir auch nicht, nachdem trotz vielfacher Bemühungen ke<strong>in</strong> vorheriger<br />
telefonischer Kontakt zustande gekommen ist. Trotz alledem, die Dreimann(frau)besatzung des<br />
Schweizerhauses meistert <strong>den</strong> unerwarteten Ansturm recht gut, <strong>und</strong> mit nur 25 M<strong>in</strong>uten Verspätung<br />
können wir um 14.25 Uhr zur endgültigen Heimfahrt starten.<br />
Die ist schnell beschrieben: Über Bad Blankenburg geht es auf der B 88 nach Ilmenau <strong>und</strong> dort auf<br />
die A 71 <strong>und</strong> auf ihr über <strong>den</strong> Thür<strong>in</strong>ger Wald nach Südwesten. Doch statt dann über die A 70, die A<br />
7 <strong>und</strong> die A3 um Würzburg herum nach <strong>Darmstadt</strong> zu kommen, verlässt der Busfahrer bei Bad<br />
Neustadt schon die A 71, um über die B 279 zur K<strong>in</strong>zigtalautobahn A 66 zu gelangen.. Dann geht es<br />
bei nun strahlender Sonne weiter. Frau Dr. Wagner kommentiert humorvoll die e<strong>in</strong>zelnen Stationen<br />
der rückliegen<strong>den</strong> <strong>Exkursion</strong> <strong>und</strong> dankt im Namen der Teilnehmer dem Organisator <strong>und</strong> <strong>Exkursion</strong>sleiter,<br />
Herrn Dr. Höllwarth, aber auch <strong>den</strong>en, die, wenn auch nur <strong>in</strong> beschei<strong>den</strong>em Umfang, sonst<br />
zum Gel<strong>in</strong>gen der <strong>Exkursion</strong> beigetragen haben. Über Gelnhausen, Hanau <strong>und</strong> Eppertshausen<br />
kommen wir dann um etwa 18.30 Uhr <strong>in</strong> Messel an. Die Mitfahrer nach <strong>Darmstadt</strong> Hauptbahnhof<br />
West müssen sich noch etwa ¾ Stun<strong>den</strong> gedul<strong>den</strong>, bis auch sie <strong>den</strong> Bus verlassen können.<br />
Ke<strong>in</strong>e Frage: Die <strong>Exkursion</strong> „Schief – Schiefer – Griffelschiefer“ ist zu <strong>den</strong> großen kle<strong>in</strong>en <strong>Exkursion</strong>en<br />
des NVD zu zählen.<br />
Text: Klemens Schührer<br />
Bilder: Michael Höllwarth <strong>und</strong> Klemens Schührer<br />
Naturwissenschaftlicher Vere<strong>in</strong> <strong>Darmstadt</strong> e.V., <strong>Frankenwald</strong> <strong>und</strong> Thür<strong>in</strong>ger Schiefergebirge, Seite 14<br />
www.nwv-darmstadt.de