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Guter Name oder Schall und Rauch? Rechtsschutz durch Marken und geschäftliche Bezeichnungen

Was es mit dem Rechtsschutz durch Marken und Unternehmenskennzeichen auf sich hat, beschreibt dieses E-Book (Neuauflage 1.1) durch die Beantwortung von einem Dutzend Fragen. Dabei werden nicht nur die rechtlichen Grundlagen dargestellt und für näher Interessierte in den Fußnoten verlinkt, sondern auch viele Anregungen für den praktischen Umgang mit diesen Schutzrechten gegeben, ebenfalls mit vielen Links zu hilfreichen Informationsquellen. Solche Fragen stellen sich nicht nur bei Unternehmensgründungen und Produktneuheiten, sondern auch bei namentlicher Änderung bestehender Unternehmen oder Produkte. - PDF gerne auf Anfrage an mail@wk-ip.eu.

Was es mit dem Rechtsschutz durch Marken und Unternehmenskennzeichen auf sich hat, beschreibt dieses E-Book (Neuauflage 1.1) durch die Beantwortung von einem Dutzend Fragen. Dabei werden nicht nur die rechtlichen Grundlagen dargestellt und für näher Interessierte in den Fußnoten verlinkt, sondern auch viele Anregungen für den praktischen Umgang mit diesen Schutzrechten gegeben, ebenfalls mit vielen Links zu hilfreichen Informationsquellen. Solche Fragen stellen sich nicht nur bei Unternehmensgründungen und Produktneuheiten, sondern auch bei namentlicher Änderung bestehender Unternehmen oder Produkte. - PDF gerne auf Anfrage an mail@wk-ip.eu.

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<strong>Guter</strong> <strong>Name</strong> <strong>oder</strong> <strong>Schall</strong> <strong>und</strong> <strong>Rauch</strong>? <strong>Rechtsschutz</strong> <strong>durch</strong> <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> <strong>geschäftliche</strong><br />

<strong>Bezeichnungen</strong><br />

E-Book-Ausgabe 1.1 (vom 31.03.2018)<br />

Verfasser <strong>und</strong> Herausgeber:<br />

Frank Tyra<br />

Rechtsanwalt<br />

Fachanwalt für gewerblichen <strong>Rechtsschutz</strong>*<br />

WürtenbergerKunze Rechtsanwälte<br />

Maximiliansplatz 12b<br />

80333 München<br />

T: +49 (0) 89 2554379-0<br />

F: +49 (0) 89 2554379-25<br />

E: mail@wk-ip.eu<br />

W: wk-ip.de<br />

Frank Tyra im „ORHIDEAL ® IMAGE“-Magazin (Januar 2017, „Experte des Monats“-<br />

Titelstory):<br />

http://www.orhideal-image.com/_orhideal/pdf/IMAGE-Magazin-Orhideal-2017-01-H.pdf<br />

(Achtung: Die dort angegebenen Kontaktdaten haben sich geändert!)<br />

Coverfoto <strong>und</strong> -gestaltung (herzlichen Dank dafür):<br />

Orhidea Briegel<br />

Inh. Orhideal IMAGE Int.<br />

T: +49 (0) 177 3550112<br />

F: +49 (0) 8024 4674533<br />

E: orhidea@orhideal-image.com<br />

W: orhideal-image.com<br />

*Für die Berechtigung zur Führung dieser Bezeichnung sind eine anwaltsspezifische Fortbildung, schriftliche<br />

Prüfungen <strong>und</strong> der Nachweis praktischer Erfahrungen erforderlich. Wer eine Fachanwaltsbezeichnung führt, muss<br />

kalenderjährlich auf dem betreffenden Gebiet wissenschaftlich publizieren <strong>oder</strong> an fachspezifischen, der Aus- <strong>oder</strong><br />

Fortbildung dienenden Veranstaltungen hörend <strong>oder</strong> dozierend teilnehmen. Zu dem vom Verfasser insoweit<br />

abgedeckten Fachgebiet „gewerblicher <strong>Rechtsschutz</strong>“ gehören über das in diesem Buch behandelte „Recht der<br />

<strong>Marken</strong> <strong>und</strong> sonstigen Kennzeichen, einschließlich des Rechts der europäischen <strong>Marken</strong>“ hinaus u.a. auch seine<br />

weiteren Tätigkeitsschwerpunkte, nämlich das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb, Designrecht,<br />

einschließlich des Rechts der europäischen Geschmacksmuster, <strong>und</strong> urheberrechtliche Bezüge des gewerblichen<br />

<strong>Rechtsschutz</strong>es.


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung<br />

1. Welche Kennzeichen gibt es?<br />

a) Marke – Was ist das?<br />

b) Geschäftliche Bezeichnung – Was ist das?<br />

ba) Unternehmenskennzeichen<br />

bb) Werktitel<br />

c) Identifikationsfunktion als Unterscheidungskriterium<br />

d) Wechselseitiges Verletzungsrisiko für <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Unternehmenskennzeichen<br />

e) Abgrenzung: Logo als Kennzeichen <strong>oder</strong> als Design<br />

2. Was schützen Rechte an diesen Kennzeichen?<br />

a) Marke<br />

aa) Wortmarke<br />

ab) Wort-/Bildmarke<br />

ac) Bildmarke<br />

ad) dreidimensionale Marke<br />

ae) Kennfadenmarke<br />

af) Farbmarke<br />

ag) Hörmarke<br />

ah) sonstige <strong>Marken</strong>form<br />

b) Unternehmenskennzeichen<br />

ba) <strong>Name</strong> <strong>oder</strong> Firma<br />

(1) Was wird als <strong>Name</strong>/Firma geschützt?<br />

(2) Besonderheit: Firmenschlagwort<br />

bb) Besondere Bezeichnung des Geschäftsbetriebs/Unternehmens<br />

bc) Geschäftsabzeichen <strong>und</strong> sonstige Unterscheidungszeichen mit Verkehrsgeltung<br />

c) Werktitel<br />

3. Wie entstehen Rechte an diesen Kennzeichen?<br />

a) Marke<br />

aa) Nationale Entstehung des <strong>Marken</strong>schutzes<br />

ab) IR-Marke mit Benennung von DE <strong>oder</strong> EM<br />

ac) EU-weiter Erwerb einer Unionsmarke<br />

b) Unternehmenskennzeichen<br />

4. Was müssen Kennzeichen dafür haben?<br />

a) Was muss eine Marke haben?<br />

aa) Grafische Darstellbarkeit<br />

ab) Ausschlussgründe<br />

ac) Beispiele aus der BGH-Rechtsprechung<br />

(1) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft<br />

(a) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei Wortmarken<br />

(b) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei Wort-/Bildmarken<br />

(c) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei Bildmarken<br />

(d) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei 3D-<strong>Marken</strong><br />

(e) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei abstrakten Farbmarken<br />

(2) Bestehen eines Freihaltebedürfnisses<br />

(3) Bestehen einer Täuschungseignung


(4) Verstoß gegen die guten Sitten<br />

b) Was muss ein Unternehmenskennzeichen haben?<br />

5. Wie komme ich zum ®?<br />

a) Formale Erfordernisse der <strong>Marken</strong>anmeldung beim DPMA<br />

aa) Wiedergabe der Marke ohne ®<br />

ab) Verzeichnis der Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

b) DPMA-Verfahren zur Eintragung in das <strong>Marken</strong>register<br />

c) Exkurs: UWG-Abmahngefahr<br />

6. Kostet die Veröffentlichung einer <strong>Marken</strong>eintragung etwas?<br />

7. Gibt eine <strong>Marken</strong>eintragung (endgültige) Rechtssicherheit?<br />

8. Kann ich zur Rechtssicherheit beitragen?<br />

a) Professionelle Verfügbarkeitsrecherche als Obliegenheit vor Zeichenbenutzung <strong>und</strong>/<strong>oder</strong><br />

<strong>Marken</strong>anmeldung<br />

b) Umfang einer Verfügbarkeitsrecherche<br />

9. Wovor schützen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Unternehmenskennzeichen?<br />

a) Identitätsschutz<br />

aa) Identitätsschutz für <strong>Marken</strong><br />

ab) Identitätsschutz für Unternehmenskennzeichen<br />

b) Verwechslungsschutz<br />

ba) Arten der Verwechslungsgefahr<br />

bb) Beurteilungsmaßstab<br />

(1) Zeichenähnlichkeit<br />

(2) Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit<br />

(3) Kennzeichnungskraft der älteren (Angriffs-)Marke<br />

c) Bekanntheitsschutz<br />

10. Wo schützen diese Kennzeichenrechte?<br />

a) Wo schützen <strong>Marken</strong>?<br />

b) Wo schützen Unternehmenskennzeichen?<br />

11. Wie lange schützen diese Kennzeichenrechte?<br />

a) Wie lange schützen <strong>Marken</strong>?<br />

b) Wie lange schützen Unternehmenskennzeichen?<br />

12. Wie kann ich mein Kennzeichenrecht verteidigen?<br />

a) (Fremd-) Anmeldung als Marke<br />

b) Drohende Benutzung (sog. Erstbegehungsgefahr)<br />

c) Bereits begangene Rechtsverletzung (sog. Wiederholungsgefahr)<br />

d) Archivierung von Benutzungsmaterial als Obliegenheit<br />

da) Nachweis rechtserhaltender Benutzung für Registermarken<br />

db) Nachweis gesteigerter Kennzeichnungskraft für Registermarken<br />

dc) Nachweis der Entstehung von Unternehmenskennzeichenschutz<br />

e) Kollisionsüberwachung als Obliegenheit<br />

f) Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung vermeiden


<strong>Guter</strong> <strong>Name</strong> <strong>oder</strong> <strong>Schall</strong> <strong>und</strong> <strong>Rauch</strong>? <strong>Rechtsschutz</strong> <strong>durch</strong> <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> <strong>geschäftliche</strong><br />

<strong>Bezeichnungen</strong><br />

Frank Tyra 1<br />

Einleitung<br />

Der allgemeine Sprachgebrauch in Deutschland legt nahe, dass Kennzeichnungen, die einem<br />

im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr begegnen, immer eins sind: Marke. Begünstigt wird dieser Eindruck<br />

da<strong>durch</strong>, dass im Marketing oft ein weiter <strong>Marken</strong>begriff benutzt wird, der über das hinausgeht,<br />

was aus rechtlicher Sicht eine Marke ist. Demgegenüber legt im <strong>Marken</strong>recht schon die<br />

Bezeichnung des nationalen Regelwerks als „Gesetz über den Schutz von <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> sonstigen<br />

Kennzeichen“ nahe, dass der Oberbegriff das „Kennzeichen“ ist <strong>und</strong> es im Kennzeichenrecht,<br />

wie das Rechtsgebiet umfassender bezeichnet wird, nicht nur <strong>Marken</strong> gibt. 2 Die Gr<strong>und</strong>züge der<br />

Entstehung <strong>und</strong> Durchsetzung der für die unternehmerische Tätigkeit in Deutschland<br />

wichtigsten Kennzeichenrechte werden in diesem Buch anhand folgender Fragen dargestellt:<br />

1. Welche Kennzeichen gibt es?<br />

2. Was schützen Rechte an diesen Kennzeichen?<br />

3. Wie entstehen Rechte an diesen Kennzeichen?<br />

4. Was müssen Kennzeichen dafür haben?<br />

5. Wie komme ich zum ®?<br />

6. Kostet die Veröffentlichung einer <strong>Marken</strong>eintragung etwas?<br />

7. Gibt eine <strong>Marken</strong>eintragung (endgültige) Rechtssicherheit?<br />

8. Kann ich zur Rechtssicherheit beitragen?<br />

9. Wovor schützen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Unternehmenskennzeichen?<br />

10. Wo schützen diese Kennzeichenrechte?<br />

11. Wie lange schützen diese Kennzeichenrechte?<br />

12. Wie kann ich mein Kennzeichenrecht verteidigen?<br />

1<br />

Der Autor ist Rechtsanwalt <strong>und</strong> zugleich Fachanwalt für gewerblichen <strong>Rechtsschutz</strong> bei WürtenbergerKunze<br />

Rechtsanwälte, München. Das Buch vertieft seinen Impulsvortrag „<strong>Guter</strong> <strong>Name</strong> <strong>oder</strong> <strong>Schall</strong> <strong>und</strong> <strong>Rauch</strong>?<br />

<strong>Rechtsschutz</strong> <strong>durch</strong> <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> <strong>geschäftliche</strong> <strong>Bezeichnungen</strong>“, der im Mai 2014 beim Unternehmerstammtisch<br />

München-Laim Premiere hatte. Die Links in den Fußnoten sind mit Stand vom 31.03.2018.<br />

2<br />

Neben dem nationalen <strong>Marken</strong>gesetz (<strong>Marken</strong>G) gilt in Deutschland als EU-Mitgliedstatt auch die<br />

Unionsmarkenverordnung (UMV), die am 23.03.2016 die Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) ablöste.<br />

Obwohl beide <strong>Marken</strong>systeme autonom nebeneinander stehen, sind sie insoweit einander angeglichen, dass deren<br />

Gr<strong>und</strong>lage die <strong>Marken</strong>rechtsrichtlinie (MRRL) ist, die sie jeweils umsetzen, also aktuell die Richtlinie (EU)<br />

2015/2436 des Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 16.12.2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften<br />

der Mitgliedstaaten über die <strong>Marken</strong> (Neufassung).


1. Welche Kennzeichen gibt es?<br />

Das deutsche <strong>Marken</strong>G schützt drei Arten von Kennzeichen: <strong>Marken</strong>, <strong>geschäftliche</strong><br />

<strong>Bezeichnungen</strong> (Unternehmenskennzeichen <strong>und</strong> Werktitel) <strong>und</strong> geografische<br />

Herkunftsangaben. 3 Davon werden im Folgenden nur eingetragene (Individual-) <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />

Unternehmenskennzeichen (erste Alternative der <strong>geschäftliche</strong>n <strong>Bezeichnungen</strong>) eingehender<br />

behandelt. 4 Werktitel (zweite Alternative der <strong>geschäftliche</strong>n <strong>Bezeichnungen</strong>) werden ihrer Art<br />

<strong>und</strong> Funktion nach zwar vorgestellt, ohne aber anschließend auch hierfür noch auf die<br />

Entstehung <strong>und</strong> Durchsetzung von Kennzeichenrechten einzugehen. 5<br />

Nicht behandelt werden geografische Herkunftsangaben. 6 Nach dem Willen des Gesetzgebers<br />

sind sie keine individuellen Schutzrechte, sondern von allen Unternehmen für solche Waren<br />

<strong>oder</strong> Dienstleistungen zu benutzen, die aus dem gekennzeichneten Ort <strong>oder</strong> Gebiet stammen. 7<br />

Um den damit verkörperten „kollektiven Goodwill“ geht es hier nicht, sondern darum, dass<br />

individuelle Kennzeichen zur Unverwechselbarkeit eines Unternehmens <strong>und</strong> seiner Produkte<br />

beitragen können, wenn daran bestehende Ausschließlichkeitsrechte sachgerecht behandelt <strong>und</strong><br />

verteidigt werden.<br />

a) Marke – Was ist das?<br />

Eine umfassende gesetzliche Definition des Rechtsbegriffs „Marke“ existiert nicht. Die für<br />

Deutschland maßgeblichen Regelungswerke bestimmen aber, welche Zeichen als <strong>Marken</strong><br />

schutzfähig sein können. So bestimmt § 3 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G: Als Marke können alle Zeichen,<br />

insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen,<br />

Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware <strong>oder</strong> ihrer<br />

Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben <strong>und</strong><br />

Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

3<br />

Vgl. § 1 <strong>Marken</strong>G.<br />

4<br />

Neben den sog. Individualmarken gibt es auch Kollektivmarken (vgl. §§ 97 ff. <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 74 ff. UMV).<br />

Die in der UMV (Art. 83 ff.) zusätzlich vorgesehenen (Unions-)Gewährleistungsmarken werden vermutlich bald<br />

im <strong>Marken</strong>G ebenfalls geregelt; vgl. §§ 106a ff. im Referentenentwurf für ein <strong>Marken</strong>rechtsm<strong>oder</strong>nisierungsgesetz.<br />

5<br />

Zur Begründung vgl. unten: 2. c).<br />

6<br />

Nach § 126 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G sind das die <strong>Name</strong>n von Orten, Gegenden, Gebieten <strong>oder</strong> Ländern sowie sonstige<br />

Angaben <strong>oder</strong> Zeichen, die im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr zur Kennzeichnung der geografischen Herkunft von Waren<br />

<strong>oder</strong> Dienstleistungen benutzt werden.<br />

7<br />

Vgl. BT-Drs. 12/6581, S. 116. Dementsprechend geht auch der B<strong>und</strong>esgerichtshof (BGH) davon aus, dass<br />

geografische Herkunftsangaben mangels Zuordnung zu einem bestimmten (ausschließlichen) Rechtsträger<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht mit individuellen Schutz- <strong>oder</strong> subjektiven Kennzeichenrechten verknüpft seien; vgl. S. 23 im<br />

BGH-Urteil „Stich den Buben“ (I ZR 126/98) vom 10.08.2000.


eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. 8 Das zeigt, dass<br />

die Unterscheidungseignung für Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen zentral ist, <strong>und</strong> viele (äußere)<br />

Erscheinungsformen denkbar sind. Dabei sind allerdings solche Formen dem <strong>Marken</strong>schutz<br />

nicht zugänglich, die ausschließlich <strong>durch</strong> die Art der Ware selbst bedingt <strong>oder</strong> zur Erreichung<br />

einer technischen Wirkung erforderlich sind <strong>oder</strong> der Ware einen wesentlichen Wert verleihen. 9<br />

b) Geschäftliche Bezeichnung – Was ist das?<br />

Als <strong>geschäftliche</strong> <strong>Bezeichnungen</strong> werden in Deutschland Unternehmenskennzeichen <strong>und</strong><br />

Werktitel geschützt. 10<br />

ba) Unternehmenskennzeichen<br />

Die deutsche Regelung der Unternehmenskennzeichen unterscheidet zwei Formen: Zeichen mit<br />

<strong>Name</strong>nsfunktion <strong>und</strong> solche ohne <strong>Name</strong>nsfunktion. Diejenigen mit <strong>Name</strong>nsfunktion werden im<br />

<strong>geschäftliche</strong>n Verkehr als <strong>Name</strong>, als Firma <strong>oder</strong> als besondere Bezeichnung eines<br />

Geschäftsbetriebs <strong>oder</strong> eines Unternehmens benutzt. 11 Zeichen ohne <strong>Name</strong>nsfunktion können<br />

als Geschäftsabzeichen <strong>und</strong> sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen<br />

Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen geschützt werden, wenn sie innerhalb beteiligter<br />

Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten 12 .<br />

bb) Werktitel<br />

Werktitel sind die <strong>Name</strong>n <strong>oder</strong> besonderen <strong>Bezeichnungen</strong> von Druckschriften, Filmwerken,<br />

Tonwerken, Bühnenwerken <strong>oder</strong> sonstigen vergleichbaren Werken. 13<br />

8<br />

Ähnlich heißt es in Art. 4 UMV: Unionsmarken können Zeichen aller Art sein, insbesondere Wörter,<br />

einschließlich Personennamen, <strong>oder</strong> Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Farben, die Form <strong>oder</strong> Verpackung der<br />

Ware <strong>oder</strong> Klänge, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen eines Unternehmens von<br />

denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.<br />

9<br />

Vgl. § 3 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G. Diese Schutzhindernisse haben den BGH im Herbst 2017 in gleich vier Verfahren<br />

beschäftigt, je zwei Mal wegen der Löschung von quadratischen Verpackungsmarken für Tafelschokolade <strong>und</strong><br />

von dreidimensionalen Formmarken für Traubenzucker. Dabei wurde zum einen geltend gemacht, die in den<br />

<strong>Marken</strong> gezeigten Verpackungen gäben typische Gebrauchseigenschaften von darin verpackter Tafelschokolade<br />

wieder <strong>und</strong> zum anderen sei die Form der Traubenzuckertäfelchen zur Erreichung einer technischen Wirkung<br />

erforderlich; vgl. Mitteilungen Nr. 162/2017 <strong>und</strong> 163/2017 der BGH-Pressestelle.<br />

10<br />

Vgl. § 5 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G. Der Schutz <strong>geschäftliche</strong>r <strong>Bezeichnungen</strong> ist in der MRRL nicht geregelt <strong>und</strong><br />

dementsprechend auch nicht in der darauf basierenden UMV. Die EU-Mitgliedstaaten haben dazu ggf. jeweils<br />

eigene Regelungen in ihren nationalen Rechtssystemen.<br />

11<br />

Vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 <strong>Marken</strong>G.<br />

12<br />

Vgl. § 5 Abs. 2 S. 2 <strong>Marken</strong>G.<br />

13<br />

§ 5 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G.


c) Identifikationsfunktion als Unterscheidungskriterium<br />

Nach Vorstehendem können die hier interessierenden Kennzeichen anhand ihrer<br />

Identifikationsfunktion unterschieden werden. Nur wenn ein Zeichen zur Unterscheidung für<br />

eine (körperliche) Ware <strong>oder</strong> für eine (unkörperliche) Dienstleistung benutzt wird, ist es aus<br />

rechtlicher Sicht eine Marke. Wird es hingegen zur Unterscheidung eines Geschäftsbetriebs<br />

<strong>oder</strong> Unternehmens benutzt, ist es ein Unternehmenskennzeichen. 14 Unscharf <strong>oder</strong> sogar<br />

missglückt ist es deshalb, wenn innerhalb einer Firma das Symbol ® benutzt wird, das den<br />

Hinweis auf den Schutz <strong>durch</strong> eine eingetragene Marke symbolisiert, z.B. XY ® GmbH. 15 Wird<br />

ein Zeichen schließlich zur Identifikation eines Werks benutzt, z.B. als Buch-, Musik- <strong>oder</strong><br />

Filmtitel, ist es ein Werktitel. Geistig geprägte Produkte werden da<strong>durch</strong> primär nach deren<br />

Inhalt individualisiert, der von deren betrieblicher Herkunft gr<strong>und</strong>sätzlich unabhängig ist.<br />

d) Wechselseitiges Verletzungsrisiko für <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Unternehmenskennzeichen<br />

Trotz ihrer unterschiedlichen Identifikationsfunktionen besteht für <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />

Unternehmenskennzeichen ein wechselseitiges Verletzungsrisiko. Dem liegt die Erwägung zu<br />

Gr<strong>und</strong>e, dass eine Produktbezeichnung häufig auch das Unternehmen bezeichnet <strong>und</strong><br />

umgekehrt die Unternehmensbezeichnung zumindest mittelbar auch die Herkunft der aus dem<br />

Betrieb stammenden Produkte kennzeichnet. Eine Unternehmensbezeichnung kann daher auch<br />

da<strong>durch</strong> verletzt werden, dass sie von einem Dritten als Marke verwendet wird, ebenso wie<br />

umgekehrt eine Marke da<strong>durch</strong> verletzt werden kann, dass ein Dritter, der ähnliche Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen anbietet, sie als Bezeichnung seines Unternehmens verwendet. 16 Die<br />

Benutzung eines Unternehmenskennzeichens ist zugleich eine markenmäßige Benutzung, wenn<br />

die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt wird <strong>oder</strong> werden kann. Das ist der Fall, wenn<br />

<strong>durch</strong> die Verwendung des Unternehmenskennzeichens – etwa <strong>durch</strong> die Anbringung auf den<br />

Waren <strong>oder</strong> <strong>durch</strong> die Verwendung in der Werbung für die Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

beispielsweise in Katalogen <strong>oder</strong> im Rahmen eines Internetauftritts – der Verkehr zu der<br />

Annahme veranlasst wird, dass eine Verbindung zwischen dem angegriffenen<br />

Unternehmenskennzeichen <strong>und</strong> den vom Unternehmen angebotenen Waren <strong>oder</strong> erbrachten<br />

14<br />

Unternehmenskennzeichen individualisieren einen Betrieb <strong>und</strong> stehen damit den <strong>Marken</strong> nahe, die ebenfalls auf<br />

die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinweisen sollen, wenn man die rechtliche Hauptfunktion einer<br />

Marke zu Gr<strong>und</strong>e legt.<br />

15<br />

Auch wenn dem Symbol ® häufig der Hinweis auf eine eingetragene Marke entnommen wird, gilt das nicht,<br />

wenn dieses Symbol innerhalb eines anderen Kennzeichens als einer Marke angebracht ist, z.B. innerhalb eines<br />

Unternehmenskennzeichens. Trotz Verwendung des ® bei dem Wort „Voodoo“ innerhalb der Firma „Voodoo<br />

Flyfishing Ltd.“ wurde deshalb die rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke „VOODOO“ (EM 001911742)<br />

verneint, vgl. Rn. 1 i.V.m. Rn. 47 im BGH-Urteil „VOODOO“ (I ZR 106/11) vom 06.02.2013.<br />

16<br />

Vgl. Leitsatz a) i.V.m. S. 8 f. im BGH-Urteil „Leysieffer“ (I ZR 65/00) vom 09.10.2003.


Dienstleistungen besteht. 17 Zudem sind bekannte <strong>Marken</strong> auch dann gegen die Benutzung als<br />

Unternehmenskennzeichen eines Dritten geschützt, wenn eine markenmäßige Benutzung zwar<br />

nicht gegeben ist, aber eine der Funktionen einer Marke beeinträchtigt wird <strong>oder</strong> werden kann. 18<br />

e) Abgrenzung: Logo als Kennzeichen <strong>oder</strong> als Design<br />

Das Designrecht schützt die zwei- <strong>oder</strong> dreidimensionale Erscheinungsform eines Erzeugnisses<br />

<strong>oder</strong> eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben,<br />

der Gestalt, Oberflächenstruktur <strong>oder</strong> der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst <strong>oder</strong> seiner<br />

Verzierung ergibt. 19 Ein Logo kann als Marke (ebenso als Unternehmenskennzeichen) <strong>und</strong><br />

parallel als Design geschützt werden. Was davon in Frage kommt, hängt im Wesentlichen vom<br />

beabsichtigten Einsatzzweck ab. Für ein Logo zur markenmäßigen Kennzeichnung von Waren<br />

<strong>oder</strong> Dienstleistungen, die vom Unternehmen hergestellt <strong>oder</strong> angeboten werden, um die<br />

Herkunft der Produkte aus genau diesem Unternehmen kenntlich zu machen, sollte der Erwerb<br />

von <strong>Marken</strong>rechtsschutz erwogen werden. Demgegenüber sollte Designrechtsschutz erwogen<br />

werden, wenn es in erster Linie darum geht, Erzeugnisse auf deren Oberfläche mit dem Logo<br />

zu versehen, wie z.B. T-Shirts, Tassen <strong>oder</strong> Druckerzeugnisse, <strong>oder</strong> wenn es darum geht,<br />

Verpackungen zu verzieren bzw. auszustatten. 20<br />

2. Was schützen Rechte an diesen Kennzeichen?<br />

Der <strong>Marken</strong>schutz erfasst (körperliche) Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> (unkörperliche) Dienstleistungen,<br />

wohingegen <strong>geschäftliche</strong> <strong>Bezeichnungen</strong> (Unternehmenskennzeichen <strong>und</strong> Werktitel) jeweils<br />

Unternehmen <strong>oder</strong> geistige Leistungen identifizieren <strong>und</strong> von anderen Unternehmen <strong>oder</strong><br />

geistigen Leistungen unterscheiden.<br />

a) Marke<br />

Beim <strong>Marken</strong>schutz für (körperliche) Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> (unkörperliche) Dienstleistungen besteht<br />

aus rechtlicher Sicht die Hauptfunktion einer Marke darin, dem Verbraucher <strong>oder</strong> Endabnehmer<br />

die betriebliche Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware <strong>oder</strong> Dienstleistung zu<br />

garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware <strong>oder</strong> Dienstleistung ohne<br />

Verwechslungsgefahr von Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen anderer betrieblicher Herkunft zu<br />

17<br />

Vgl. Rn. 45 im BGH-Urteil „Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke“ (I ZR 30/16) vom 02.03.2017.<br />

18<br />

Vgl. Leitsatz e) i.V.m. Rn. 80 im BGH-Urteil „Sparkassen-Rot/Santander-Rot“ (I ZR 78/14) vom 23.09.2015.<br />

19<br />

Erforderlich ist dafür, dass das Design neu ist <strong>und</strong> Eigenart hat.<br />

20<br />

Vgl. DPMA-Antwort auf die Frage „Ich habe ein ‚Logo‘ gestaltet. Wie kann ich es schützen? Kann ich ein<br />

‚Logo‘ auch als Design anmelden?“.


unterscheiden. Demnach bietet eine Marke hauptsächlich Gewähr dafür, dass alle Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen, die mit ihr versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens<br />

hergestellt <strong>oder</strong> erbracht worden sind, das für die Qualität der Ware <strong>oder</strong> Dienstleistung<br />

verantwortlich gemacht werden kann. 21 Dabei können die Unterscheidungszeichen viele<br />

Erscheinungsformen haben <strong>und</strong> insbesondere geschützt werden als Wortmarke,<br />

Wort-/Bildmarke, Bildmarke, dreidimensionale Marke, Kennfadenmarke, Farbmarke,<br />

Hörmarke <strong>und</strong> sonstige <strong>Marken</strong>form (z.B. Positionsmarke). Diese <strong>Marken</strong>formen lassen sich<br />

dahingehend charakterisieren 22 , dass eine:<br />

aa) Wortmarke ohne grafische Ausgestaltung <strong>oder</strong> Farben allein aus Wörtern, Buchstaben,<br />

Zahlen <strong>oder</strong> sonstigen Schriftzeichen besteht, die sich mit der vom <strong>Marken</strong>amt verwendeten<br />

üblichen Druckschrift darstellen lassen;<br />

ab) Wort-/Bildmarke aus einer Kombination von Wort- <strong>und</strong> Bildbestandteilen besteht, <strong>oder</strong><br />

aus Wörtern, die grafisch/bildlich gestaltet sind, z.B. farbig in einer besonderen Schriftart <strong>oder</strong><br />

in einer besonderen Anordnung der Buchstaben zueinander;<br />

ac) Bildmarke aus Bildern, Bildelementen <strong>oder</strong> Abbildungen ohne Wortbestandteile besteht;<br />

ad) dreidimensionale Marke aus einer dreidimensionalen Gestaltung besteht, z.B. der Form<br />

der beanspruchten Ware <strong>oder</strong> deren Verpackung;<br />

ae) Kennfadenmarke in der Regel aus farbigen Streifen <strong>oder</strong> Fäden besteht, die auf<br />

bestimmten Produkten (meist Kabeln, Drähten <strong>oder</strong> Schläuchen) angebracht sind;<br />

21<br />

Vgl. Rn. 22 im BGH-Beschluss „FUSSBALL WM 2006“ (I ZB 96/05) vom 27.04.2006. Der dort mit seiner<br />

Rechtsprechung in Bezug genommene Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat inzwischen die<br />

Multifunktionalität einer Marke <strong>durch</strong> die Feststellung anerkannt, dass zu den rechtlich geschützten Funktionen<br />

nicht nur die Herkunftsfunktion als Hauptfunktion gehöre, sondern dazu auch andere Funktionen der Marke<br />

gehörten, wie u.a. die Gewährleistung der Qualität einer Ware <strong>oder</strong> Dienstleistung <strong>oder</strong> die Kommunikations-,<br />

Investitions- <strong>oder</strong> Werbefunktionen. Vgl. dazu auch Schulte-Franzheim/Tyra, Das „L'Oréal“-Urteil des EuGH –<br />

„Sternst<strong>und</strong>e“ <strong>oder</strong> „Sternschnuppe“ des <strong>Marken</strong>rechts?, FS Fezer, München, 2016, S. 509 ff.<br />

22<br />

Vgl. DPMA-Info über „<strong>Marken</strong>formen <strong>und</strong> deren Wiedergabe“ als „erforderliche Angaben für eine Anmeldung“<br />

mit weiterführenden Links. Dort war bis Juli 2016 als Beispiel für eine „sonstige <strong>Marken</strong>form“ die „Farbmarke“<br />

genannt, die inzwischen eigenständig behandelt ist. Am 24.06.2016 trat die Vierte Verordnung zur Änderung der<br />

<strong>Marken</strong>verordnung (<strong>Marken</strong>VO) in Kraft. Darin wird aufgr<strong>und</strong> ihrer wachsenden Bedeutung die Farbmarke als<br />

eigene <strong>Marken</strong>form in einem eigenständigen Paragraphen behandelt (§ 10a <strong>Marken</strong>VO); vgl. DPMA-„Hinweis<br />

zum Inkrafttreten der Vierten Verordnung zur Änderung der <strong>Marken</strong>verordnung“.


af) Farbmarke aus einer konturlosen Farbe <strong>oder</strong> der Kombination mehrerer Farben besteht;<br />

ag) Hörmarke aus Tönen, Tonfolgen, Melodien <strong>oder</strong> sonstigen Klängen <strong>und</strong> Geräuschen<br />

besteht;<br />

ah) sonstige <strong>Marken</strong>form vorliegt, wenn das Zeichen keiner der vorgenannten <strong>Marken</strong>formen<br />

zugeordnet werden kann, z.B. als Positionsmarke, die eine besondere Art <strong>und</strong> Weise der<br />

Anbringung <strong>oder</strong> Anordnung eines Zeichens auf einer Ware <strong>oder</strong> einem Warenteil schützt.<br />

b) Unternehmenskennzeichen<br />

Der Schutz von Unternehmenskennzeichen erfasst einen Geschäftsbetrieb <strong>oder</strong> ein<br />

Unternehmen, entweder als Zeichen mit <strong>Name</strong>nsfunktion (<strong>Name</strong>, Firma <strong>oder</strong> besondere<br />

Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs/Unternehmens) <strong>oder</strong> als Zeichen ohne <strong>Name</strong>nsfunktion<br />

(Geschäftsabzeichen <strong>und</strong> sonstige Unterscheidungszeichen mit Verkehrsgeltung).<br />

ba) <strong>Name</strong> <strong>oder</strong> Firma<br />

Der <strong>Marken</strong>G-<strong>Name</strong>nsschutz erfasst den <strong>Name</strong>n des Unternehmensträgers <strong>und</strong> gilt nur im<br />

<strong>geschäftliche</strong>n Verkehr. 23 Dort ist die Firma der <strong>Name</strong> des Kaufmanns. 24 Eine Differenzierung<br />

zwischen den beiden Zeichenarten „<strong>Name</strong>“ <strong>und</strong> „Firma“ ist deshalb allenfalls nötig, wenn der<br />

<strong>Name</strong> (im Sinne des § 12 BGB) des Unternehmensträgers nicht im Handelsregister eingetragen<br />

ist <strong>und</strong> es deshalb an einer firmenmäßigen Geltung für ein Handelsgewerbe fehlt. 25<br />

(1) Was wird als <strong>Name</strong>/Firma geschützt?<br />

Als <strong>Name</strong>/Firma schützbar sind zunächst einmal <strong>Bezeichnungen</strong> natürlicher <strong>oder</strong> juristischer<br />

Personen. Herkömmlicherweise mussten sie aussprechbar sein. 26 Inzwischen können auch nicht<br />

als Wort aussprechbare Buchstabenfolgen <strong>Name</strong>nsfunktion haben. 27 Trotz fehlender<br />

Aussprechbarkeit ist sogar <strong>Name</strong>nsschutz für Bildzeichen möglich, wenn sie z.B. als (Stadt-)<br />

23<br />

Vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 <strong>Marken</strong>G.<br />

24<br />

Vgl. § 17 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB).<br />

25<br />

Vgl. § 5 HGB.<br />

26<br />

Die frühere BGH-Auffassung, dass nicht als Wort aussprechbaren Buchstabenkombinationen von vornherein<br />

die kennzeichenrechtliche Unterscheidungskraft fehle, wird nicht mehr aufrechterhalten seit dem BGH-Urteil „DB<br />

Immobilienfonds“ (I ZR 166/98) vom 05.10.2000; vgl. dort S. 6.<br />

27<br />

Z.B. „MHO“ als Abkürzung für „Marienhospital Osnabrück“; vgl. S. 2 i.V.m. S. 5 im BGH-Urteil „mho.de“<br />

(I ZR 65/02) vom 09.09.2004.


Wappen <strong>oder</strong> als Siegel individualisierende Unterscheidungskraft haben <strong>und</strong> sich damit zur<br />

namensmäßigen Kennzeichnung eignen. 28<br />

Dementsprechend können z.B. bürgerliche <strong>Name</strong>n natürlicher Personen (Vor- <strong>und</strong> Nachname)<br />

<strong>und</strong> Nachnamen in Alleinstellung (ggf. auch in Kombination mit dem geschlechtsspezifischen<br />

Artikel 29 ) als Unternehmenskennzeichen geschützt sein, wenn sie im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr<br />

benutzt werden. 30 Vornamen in Alleinstellung werden dagegen meist nicht als Hinweis auf eine<br />

bestimmte Person verstanden. 31 Sie sind deshalb nur geschützt, wenn der Gebrauch die<br />

Erinnerung an einen bestimmten <strong>Name</strong>nsträger weckt. 32 Das setzt eine entsprechende<br />

Bekanntheit voraus, die auch erforderlich ist für den Schutz z.B. von Pseudonymen,<br />

Künstlernamen <strong>oder</strong> Spitznamen. 33 Fehlt eine solche Bekanntheit, kommt ein eigenständiger<br />

Schutz des Vornamens ausnahmsweise dann in Betracht, wenn dieser eine erhebliche<br />

Kennzeichnungskraft hat. 34 Offen ist, ob <strong>und</strong> ggf. inwieweit der BGH von diesen Gr<strong>und</strong>sätzen,<br />

die er zum BGB-(Vor-)<strong>Name</strong>nsschutz entwickelt hat, abzuweichen bereit ist, wenn es um den<br />

<strong>Marken</strong>G-<strong>Name</strong>nsschutz geht. Ein Anlass dazu könnte sein, dass Vornamen natürlicher<br />

Personen weiter verbreitet sind als es die Benennung von Unternehmen mit dem Vornamen des<br />

Inhabers ist, weshalb einem Vornamen für ein Unternehmen (ggf. in Verbindung mit einem<br />

dem Unternehmensgegenstand beschreibenden Zusatz) eher eine Eignung zur<br />

Individualisierung zukommen kann als für natürliche Personen. 35<br />

Der <strong>Name</strong> einer juristischen Person des öffentlichen <strong>oder</strong> des privaten Rechts kann ebenfalls<br />

als Unternehmenskennzeichen geschützt sein, wenn er im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr benutzt wird,<br />

z.B. für einen Verein. 36 Gleiches gilt für die Bezeichnung von Personengesellschaften wie<br />

28<br />

Vgl. zu § 12 BGB S. 9 im BGH-Urteil „Düsseldorfer Stadtwappen“ (I ZR 235/99) vom 28.03.2002.<br />

29<br />

Vgl. Rn. 34 im OLG Düsseldorf-Urteil „Der Wendler“ (I-20 U 67/12) vom 21.05.2013.<br />

30<br />

Vgl. Leitsatz a) im BGH-Urteil „shell.de“ (I ZR 138/99) vom 22.11.2001: „Der kennzeichenrechtliche Schutz<br />

aus §§ 5, 15 <strong>Marken</strong>G geht in seinem Anwendungsbereich gr<strong>und</strong>sätzlich dem <strong>Name</strong>nsschutz aus § 12 BGB vor.“<br />

31<br />

Vgl. BGH-Urteil „Marlene Dietrich“ (I ZR 49/97) vom 01.12.1999 (GRUR 2000, 709, 715).<br />

32<br />

Vgl. zu § 12 BGB Rn. 12 im BGH-Urteil „Zerknitterte Zigarettenschachtel“ (I ZR 96/07) vom 05.06.2008.<br />

33<br />

Vgl. zu § 12 BGB Leitsatz b) im BGH-Urteil „maxem.de“ (I ZR 296/00) vom 26.06.2003: „Das Pseudonym ist<br />

dem namensrechtlichen Schutz zugänglich, wenn der Verwender unter diesem <strong>Name</strong>n im Verkehr bekannt ist,<br />

also mit diesem <strong>Name</strong>n Verkehrsgeltung besitzt.“ Das gilt gleichermaßen für Künstler- <strong>oder</strong> Spitznamen.<br />

34<br />

Im BGH-Urteil „raule.de“ (I ZR 11/06) vom 23.10.2008 wurde diese Voraussetzung für den weiblichen<br />

Vornamen Raule bejaht (Rn. 12).<br />

35<br />

Vgl. Ziff. II.2.b) im OLG Frankfurt-Beschluss „Peter‘s Objektservice“ (6 U 27/16) vom 30.05.2016, bei dem<br />

allerdings der Vorname von der Redaktion geändert wurde. Tatsächlich ging es offenbar um die Bezeichnung<br />

„Holger‘s Objektservice“; vgl. BeckRS 2016, 11920.<br />

36<br />

Vgl. Leitsatz a) Satz 1 im BGH-Urteil „Haus & Gr<strong>und</strong> I“ (I ZR 158/05) vom 31.07.2008: „Dem<br />

unterscheidungskräftigen <strong>oder</strong> Verkehrsgeltung genießenden <strong>Name</strong>n eines Vereins kann als <strong>geschäftliche</strong><br />

Bezeichnung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 <strong>Marken</strong>G Schutz zukommen.“


Gesellschaften bürgerlichen Rechts 37 , Gebietskörperschaften 38 , R<strong>und</strong>funkanstalten 39 ,<br />

Religionsgemeinschaften bzw. kirchliche Einrichtungen <strong>und</strong> Veranstaltungen 40 <strong>oder</strong><br />

Wählervereinigungen 41 um hier nur einige weitere Beispiele zu nennen.<br />

(2) Besonderheit: Firmenschlagwort<br />

Obwohl dem deutschen Kennzeichenrecht ein sog. Elementenschutz gr<strong>und</strong>sätzlich fremd ist,<br />

kann an einem Firmenschlagwort ein Unternehmenskennzeichenrecht entstehen. Das gilt<br />

gleichermaßen für einen Bestandteil einer Gesamtbezeichnung, ggf. sogar unabhängig von<br />

einer Benutzung in Alleinstellung (z.B.: „ConText“ aus „ConText Communication“ 42 , „BCC“<br />

aus „BCC Unternehmensberatung GmbH“ 43 , „Haus & Gr<strong>und</strong>“ aus „Haus & Gr<strong>und</strong> Deutschland<br />

– Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>eigentümer e.V.“ 44 , „Seicom“<br />

aus „Seicom Communication Systems GmbH“ 45 <strong>oder</strong> „defacto“ aus „defacto marketing<br />

GmbH“ 46 ), <strong>und</strong> für eine von Bestandteilen der Gesamtbezeichnung abgeleitete Abkürzung (z.B.<br />

„ahd“ für „ARGE hellweg data GmbH & Co. KG“ 47 ).<br />

Für einen Teil einer Firma kann der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete<br />

Schutz als Unternehmenskennzeichen beansprucht werden, sofern es sich um einen<br />

unterscheidungsfähigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den<br />

übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis<br />

auf das Unternehmen <strong>durch</strong>zusetzen. Ist dies zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, ob<br />

die fragliche Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenbestandteil in Alleinstellung verwendet<br />

worden ist <strong>und</strong> ob sie sich im Verkehr <strong>durch</strong>gesetzt hat. 48<br />

Bei schlagwortfähigen Firmenbestandteilen ist der Kennzeichenschutz, der lediglich die<br />

Eignung voraussetzt, im Verkehr als Herkunftshinweis zu dienen, aus der Gesamtfirma<br />

37<br />

Vgl. S. 9 im BGH-Urteil „vossius.de“ (I ZR 317/99) vom 11.04.2002.<br />

38<br />

Vgl. zu § 12 BGB das BGH-Urteil „Düsseldorfer Stadtwappen“ (I ZR 235/99) vom 28.03.2002.<br />

39<br />

Vgl. zu § 12 BGB Rn. 11 im BGH-Urteil „sr.de“ (I ZR 153/12) vom 06.11.2013.<br />

40<br />

Vgl. zu § 12 BGB S. 7 im BGH-Urteil „Pro Fide Catholica“ (I ZR 92/02) vom 02.12.2004.<br />

41<br />

Vgl. zu § 12 BGB Rn. 12 im BGH-Urteil „Freie Wähler“ (I ZR 191/10) vom 28.09.2011.<br />

42<br />

Vgl. Rn. 21 im BGH-Urteil „ConText“ (I ZR 50/14) vom 05.11.2015.<br />

43<br />

Vgl. Rn. 1 i.V.m. Rn. 16 im BGH-Urteil „BCC“ (I ZR 10/09) vom 20.01.2011.<br />

44<br />

Vgl. Rn. 29 im BGH-Urteil „Haus & Gr<strong>und</strong> III“ (I ZR 21/06) vom 31.07.2008.<br />

45<br />

Vgl. S. 3 i.V.m. S. 6 im BGH-Urteil „Seicom“ (I ZR 161/02) vom 24.02.2005.<br />

46<br />

Vgl. S. 5 f. im BGH-Urteil „defacto“ (I ZR 230/99) vom 21.02.2002.<br />

47<br />

Vgl. Rn. 1 im BGH-Urteil „ahd.de“ (I ZR 135/06) vom 19.02.2009 i.V.m. den Inhaberdaten der dortigen<br />

Klagemarke „ahd“.<br />

48<br />

Vgl. S. 5 im BGH-Urteil „defacto“ (I ZR 230/99) vom 21.02.2002.


abgeleitet <strong>und</strong> entsteht daher bereits mit dem Schutz der vollständigen Bezeichnung. 49<br />

bb) Besondere Bezeichnung des Geschäftsbetriebs/Unternehmens<br />

Anders als der <strong>Name</strong> <strong>oder</strong> die Firma des Unternehmensträgers, die auf ihn als Rechtssubjekt<br />

hinweisen, weist eine besondere Bezeichnung des Geschäftsbetriebs/Unternehmens auf ein<br />

Rechtsobjekt hin. Das ist entweder die Gesamtheit der <strong>geschäftliche</strong>n Tätigkeit des<br />

Unternehmensträgers (Objekt: Unternehmen) <strong>oder</strong> ein abgegrenzter Unternehmensteil mit<br />

organisatorischer Selbstständigkeit (Objekt: Geschäftsbetrieb). Eine solche Bezeichnung<br />

benennt mithin nicht die Person des Unternehmensinhabers, sondern das von ihm betriebene<br />

Geschäft. Sie kann zusätzlich zur (davon verschiedenen) Firma des Unternehmers für ein<br />

Unternehmen als Ganzes <strong>oder</strong> für einen bestimmten Geschäftsbetrieb geführt werden. Dabei<br />

weist sie auf das Objekt als organisatorische Einheit hin, z.B. auf einen bestimmten<br />

Geschäftszweig. Sie kann vom selben Unternehmen neben weiteren Geschäftsbezeichnungen<br />

für voneinander getrennte Unternehmenseinheiten/Betriebe geführt werden z.B. als sog.<br />

Etablissementbezeichnung für verschiedene Hotels einer gleichen Kette.<br />

bc) Geschäftsabzeichen <strong>und</strong> sonstige Unterscheidungszeichen mit Verkehrsgeltung<br />

Fehlt einem Zeichen von Haus aus die <strong>Name</strong>nsfunktion, kann kennzeichenrechtlicher Schutz<br />

da<strong>durch</strong> entstehen, dass die beteiligten Verkehrskreise darin trotzdem einen Hinweis auf den<br />

Zeichenverwender sehen <strong>und</strong> es deshalb dem Verkehr als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs<br />

gilt, wenn also Verkehrsgeltung besteht. Dafür kommen dann alle Zeichen in Betracht, nicht<br />

nur Wortzeichen, sondern z.B. auch Bildzeichen (Logos), Gebäude- <strong>oder</strong><br />

Geschäftsraumgestaltungen, Bekleidungsaufmachung von Mitarbeitern, Telefonnummern,<br />

Werbesprüche, sog. Hausfarben eines Unternehmens <strong>oder</strong> eines Sportvereins. 50<br />

c) Werktitel<br />

Werktitel dienen als <strong>Name</strong>n <strong>oder</strong> besondere <strong>Bezeichnungen</strong> von eigenständigen geistigen<br />

Leistungen gr<strong>und</strong>sätzlich nur der Unterscheidung eines Werks von anderen. Sie weisen (im<br />

Unterschied zur Hauptfunktion einer Marke) in der Regel nicht auf den Hersteller <strong>oder</strong> den<br />

Inhaber des Werks hin <strong>und</strong> vermitteln nur unter bestimmten Voraussetzungen zugleich eine<br />

Vorstellung über eine bestimmte betriebliche Herkunft. 51 Das ist zugleich der Gr<strong>und</strong>, warum<br />

49<br />

Vgl. Rn. 17 im BGH-Urteil „ahd.de“ (I ZR 135/06) vom 19.02.2009.<br />

50<br />

Vgl. BeckOK <strong>Marken</strong>R/Weiler <strong>Marken</strong>G § 5 Rn. 62; Ingerl/Rohnke <strong>Marken</strong>G § 5 Rn. 31.<br />

51<br />

Vgl. S. 10 im BGH-Urteil „1, 2, 3 im Sauseschritt“ (I ZR 108/00) vom 06.06.2002.


im hier Folgenden nicht näher auf die Entstehung <strong>und</strong> etwaige Durchsetzung von Rechten an<br />

solchen Kennzeichen eingegangen wird. Zuvor ist aber noch festzuhalten, dass abweichend<br />

vom Normalfall z.B. der bekannte Titel einer regelmäßig im selben Verlag erscheinenden<br />

periodischen Zeitschrift die Schlussfolgerung nahe legen kann, dass der Zeitschriftentitel auch<br />

als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden wird. 52 Die dafür erforderliche<br />

Bekanntheit des Titels wurde allerdings z.B. einer nur regional in Sachsen erscheinenden<br />

Zeitschrift abgesprochen, die zunächst vierteljährlich <strong>und</strong> später lediglich halbjährlich über<br />

Apotheken <strong>und</strong> Kinderärzte verteilt wurde. 53<br />

Zu den Werkkategorien (Druckschriften, Filmwerke, Tonwerke, Bühnenwerke <strong>oder</strong> sonstige<br />

vergleichbare Werke) ist zudem noch festzuhalten, dass das Gesetz sie nur beispielhaft nennt,<br />

wie die „sonstige“-Formulierung zeigt. Dementsprechend kann z.B. in der Verwendung eines<br />

Domainnamens eine Benutzung als Werktitel liegen, wenn der Verkehr in dem Domainnamen<br />

ein Zeichen zur Unterscheidung eines Werks von einem anderen sieht. 54 Neben Domainnamen<br />

von Internetangeboten können auch Apps für Mobilgeräte titelschutzfähige Werke sein. 55<br />

<strong>Bezeichnungen</strong>, unter denen Computerprogramme in den Handel kommen, sind ebenfalls<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich dem Werktitelschutz zugänglich. 56 Und, um hier ein letztes Beispiel zu nennen,<br />

für die Bezeichnung einer Veranstaltung ist nicht generell ausgeschlossen, dass Werktitelschutz<br />

bestehen kann. 57<br />

3. Wie entstehen Rechte an diesen Kennzeichen?<br />

Rechte an <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> an Unternehmenskennzeichen entstehen auf unterschiedliche Weisen.<br />

a) Marke<br />

Bei der Entstehung von <strong>Marken</strong>schutz für Deutschland ist danach zu unterscheiden, ob es um<br />

eine deutsche Marke geht <strong>oder</strong> um eine internationale <strong>Marken</strong>registrierung (IR-Marke) mit<br />

Benennung von Deutschland (DE) bzw. der Europäischen Gemeinschaft (EM) <strong>oder</strong> um eine<br />

52<br />

Vgl. Rn. 29 im BGH-Urteil „test“ (I ZB 65/12) vom 17.10.2013.<br />

53<br />

Vgl. Rn. 23 im BGH-Urteil „Kinderstube“ (I ZR 254/14) vom 28.04.2016.<br />

54<br />

Vgl. Leitsatz b) i.V.m. Rn. 20 im BGH-Urteil „EIFEL-ZEITUNG“ (I ZR 47/07) vom 18.06.2009.<br />

55<br />

Die Titelschutzfähigkeit von Apps wurde im BGH-Urteil „wetter.de“ (I ZR 202/14) vom 28.01.2016 zwar<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich anerkannt, der konkret zu beurteilenden Bezeichnung „wetter.de“ für eine Wetter-App aber die<br />

erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen.<br />

56<br />

Vgl. Rn. 16 im BGH-Urteil „SmartKey“ (I ZR 109/03) vom 27.04.2006.<br />

57<br />

Vgl. Rn. 33 im BGH-Urteil „WM-<strong>Marken</strong>“ (I ZR 183/07) vom 12.11.2009, wo aber offen bleibt, unter welchen<br />

besonderen Voraussetzungen die Bezeichnung einer Veranstaltung als sonstiges vergleichbares Werk i.S.d. § 5<br />

Abs. 3 <strong>Marken</strong>G Werktitelschutz erlangen kann.


Unionsmarke, die ebenso wie die IR-Marke mit EM-Benennung in allen EU-Mitgliedstaaten<br />

gilt, also auch in Deutschland. 58<br />

aa) Nationale Entstehung des <strong>Marken</strong>schutzes<br />

Schutz für nationale <strong>Marken</strong> kann in Deutschland in dreierlei Weise entstehen. 59 Davon ist die<br />

erste, die Eintragung eines Zeichens als Marke in das vom Deutschen Patent- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>amt<br />

(DPMA) geführte Register, die vermutlich bekannteste. 60 Daneben kann <strong>Marken</strong>schutz aber<br />

auch entstehen, wenn ein Zeichen im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr benutzt wird <strong>und</strong> da<strong>durch</strong><br />

innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erwirbt. 61 Der dritte<br />

Entstehungstatbestand für nationalen <strong>Marken</strong>schutz ist die notorische Bekanntheit einer Marke,<br />

die zwar in Deutschland bestehen, nicht aber das Ergebnis einer <strong>Marken</strong>benutzung in<br />

Deutschland sein muss.<br />

ab) IR-Marke mit Benennung von DE <strong>oder</strong> EM<br />

Im sog. Madrider System der internationalen <strong>Marken</strong>registrierungen ist es dem Anmelder <strong>oder</strong><br />

Inhaber einer ausländischen (Basis-)Marke aus einem Teilnehmerland möglich, <strong>durch</strong> einen<br />

Antrag bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) den <strong>Marken</strong>schutz auf die<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland zu erstrecken, entweder als eigenständige DE-Benennung <strong>oder</strong> im<br />

Rahmen einer EM-Benennung. 62 Das hat dieselbe Wirkung, wie wenn am Tag der<br />

internationalen Registrierung <strong>oder</strong> der Eintragung einer nachträglichen Schutzerstreckung<br />

entweder eine nationale Marke <strong>oder</strong> eine Unionsmarke angemeldet worden wäre. 63<br />

ac) EU-weiter Erwerb einer Unionsmarke<br />

Die Unionsmarke wird <strong>durch</strong> Eintragung beim Amt der Europäischen Union für geistiges<br />

Eigentum (EUIPO) erworben. 64 Den Erwerb <strong>durch</strong> Verkehrsgeltung <strong>oder</strong> notorische<br />

58<br />

Wird für eine IR-Marke die Europäische Gemeinschaft als Schutzregion angegeben, ist die Abkürzung nicht<br />

EU, sondern EM; vgl. WIPO-„Standard ST.3: Two-letter codes for the representation of states, other entities and<br />

intergovernmental organizations“.<br />

59<br />

Vgl. § 4 <strong>Marken</strong>G.<br />

60<br />

Auf die sog. Registermarke sind deshalb auch die folgenden Ausführungen zur Entstehung <strong>und</strong> Durchsetzung<br />

von <strong>Marken</strong>rechten fokussiert.<br />

61<br />

Vgl. zur sog. Benutzungsmarke auch Schulte-Franzheim/Tyra, Benutzungsmarke ohne Benutzungshandlung des<br />

Inhabers?, FS Samwer, München, 2008, S. 183 ff.<br />

62<br />

Vgl. WIPO-Liste der Länder <strong>und</strong> Regionen, die am IR-<strong>Marken</strong>system teilnehmen.<br />

63<br />

Vgl. § 112 <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> Art. 189 Abs. 1 UMV.<br />

64<br />

Vgl. Art. 6 UMV.


Bekanntheit sieht die UMV nicht vor. Nationale Rechte auf dieser Gr<strong>und</strong>lage werden aber im<br />

Rahmen der relativen Eintragungshindernisse berücksichtigt. 65<br />

b) Unternehmenskennzeichen<br />

Rechte an Unternehmenskennzeichen entstehen nicht <strong>durch</strong> den Formalakt einer Anmeldung<br />

<strong>und</strong> Eintragung in ein Register, sondern formlos <strong>durch</strong> tatsächliche Handlungen im<br />

<strong>geschäftliche</strong>n Verkehr. Erforderlich sind nach außen wirkende Benutzungshandlungen, die auf<br />

den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lassen. 66 Dafür können<br />

Vorbereitungshandlungen mit Außenwirkung genügen, wie z.B. die Anmietung eines<br />

Geschäftslokals <strong>oder</strong> die Eintragung im Handels- <strong>oder</strong> Vereinsregister. 67 Wie bei der<br />

Eintragung der Firma im Handelsregister liegt auch in der Eintragung eines Vereins in das<br />

Vereinsregister eine Benutzung des <strong>Name</strong>ns, die prioritätsbegründend wirkt. 68<br />

Ansonsten ist bei den Arten der Benutzungsaufnahme danach zu unterscheiden, ob es um ein<br />

Zeichen mit <strong>oder</strong> ohne <strong>Name</strong>nsfunktion geht. Bei Zeichen ohne <strong>Name</strong>nsfunktion genügt jede<br />

Art der Benutzungsaufnahme, weil ein Schutzrecht ohnehin erst entsteht, wenn das Zeichen<br />

innerhalb beteiligter Verkehrskreise Geltung als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs erlangt<br />

hat. Demgegenüber müssen Zeichen mit <strong>Name</strong>nsfunktion namens- bzw. kennzeichenmäßig<br />

benutzt werden, dem gesetzlichen Wortlaut nach nämlich als <strong>Name</strong>, als Firma <strong>oder</strong> als<br />

besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs <strong>oder</strong> eines Unternehmens. 69 Der<br />

Unternehmenskennzeichenschutz entsteht bei von Haus aus unterscheidungskräftigen<br />

<strong>Bezeichnungen</strong> mit der Aufnahme der Benutzung im Inland im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr zur<br />

Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs <strong>oder</strong> Unternehmens. 70<br />

4. Was müssen Kennzeichen dafür haben?<br />

Diese Frage nach den materiellen Schutzvoraussetzungen für <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />

Unternehmenskennzeichen kann trotz struktureller Überschneidungen bei der<br />

65<br />

Vgl. Art. 8 Abs. 2 c) <strong>und</strong> Abs. 4 UMV.<br />

66<br />

Vgl. Rn. 34 im BGH-Urteil „Basler Haar-Kosmetik“ (I ZR 150/09) vom 09.11.2011.<br />

67<br />

Vgl. BeckOK <strong>Marken</strong>R/Weiler <strong>Marken</strong>G § 5 Rn. 111 f.; Ingerl/Rohnke <strong>Marken</strong>G § 5 Rn. 58.<br />

68<br />

Vgl. Rn. 31 im BGH-Urteil „Haus & Gr<strong>und</strong> II“ (I ZR 171/05) vom 31.07.2008. Anders wird das aber zu sehen<br />

sein, wenn zwischen der Registereintragung <strong>und</strong> dem tatsächlichen Beginn der Geschäftstätigkeit so viel Zeit<br />

vergeht, dass vom Beginn der wirtschaftlichen Betätigung <strong>durch</strong> die bloße Registereintragung nicht die Rede sein<br />

kann.<br />

69<br />

So auch BeckOK <strong>Marken</strong>R/Weiler <strong>Marken</strong>G § 5 Rn. 104 f.<br />

70<br />

Vgl. Rn. 34 im BGH-Urteil „Baumann“ (I ZR 93/12) vom 27.03.2013.


Unterscheidungskraft nicht einheitlich beantwortet werden. 71<br />

a) Was muss eine Marke haben?<br />

Zur Beantwortung dieser Frage wird hier nur die Registermarke berücksichtigt <strong>und</strong> dazu<br />

ergangene nationale Rechtsprechung. Die bei in Deutschland sitzenden Anmeldern ziemlich<br />

beliebte Unionsmarke folgt insoweit aber den gleichen Regeln, weil das für deutsche <strong>Marken</strong><br />

geltende <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> die für Unionsmarken geltende UMV entsprechende Vorgaben der<br />

MRRL umsetzen. 72 Dies vorausgeschickt ist die Frage nach den materiellen<br />

Schutzvoraussetzungen einer (Register-)Marke weniger damit zu beantworten, was sie haben<br />

muss, sondern vielmehr quasi umgekehrt damit, dass es „absolute Schutzhindernisse“ gibt, von<br />

denen keins gegeben sein darf. Das wird bei jeder <strong>Marken</strong>anmeldung von Amts wegen geprüft.<br />

Zentrale Vorschrift ist dabei § 8 <strong>Marken</strong>G. 73<br />

aa) Grafische Darstellbarkeit<br />

Im Eintragungsverfahren soll der Beurteilung einer <strong>Marken</strong>anmeldung eine festgelegte Form<br />

zu Gr<strong>und</strong>e gelegt werden können, um die Eintragung ins <strong>Marken</strong>register zu ermöglichen <strong>und</strong><br />

im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in Kraft stehenden <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> deren<br />

Schutzbereich zu veröffentlichen. 74 Dabei sind (derzeit noch) von der Eintragung als Marke<br />

solche Zeichen ausgeschlossen, die sich nicht grafisch darstellen lassen. 75 Dem liegt die<br />

herkömmliche Vorstellung zu Gr<strong>und</strong>e, dass nach der weiten Definition der eintragbaren<br />

Zeichenformen etwa auch Hörzeichen <strong>oder</strong> dreidimensionale Gestaltungsformen in das<br />

Register eingetragen werden können. Diese müssten z.B. in Notenschrift, <strong>durch</strong> ein<br />

Sonogramm, <strong>durch</strong> Zeichnungen usw. grafisch dargestellt werden können. 76<br />

Im Zuge der Umsetzung der EU-<strong>Marken</strong>rechtsreform 2016 wird das Erfordernis der grafischen<br />

Darstellbarkeit aber spätestens zum 14.01.2019 wegfallen. Bis dahin hat Deutschland als<br />

71<br />

Statt von „Unterscheidungskraft“ ist oft auch von „Kennzeichnungskraft“ die Rede, was inhaltlich keinen<br />

Unterschied machen dürfte. Andernfalls würde die BGH-Rechtsprechung nicht den Eindruck vermitteln, dass<br />

beide Begriffe synonym verwendet werden; vgl. Ingerl/Rohnke <strong>Marken</strong>G § 5 Rn. 35.<br />

72<br />

Vgl. Fn. 2, wo die Regelungswerke auch verlinkt sind.<br />

73<br />

Die weiteren Voraussetzungen für den Schutz von <strong>Marken</strong> <strong>durch</strong> Eintragung gemäß §§ 7-13 <strong>Marken</strong>G werden<br />

hier nicht behandelt. Die sog. relativen Schutzhindernisse werden im Folgenden aber noch bei den<br />

Widerspruchsgründen erwähnt. Bei Unionsmarken ist Art. 7 UMV „Absolute Eintragungshindernisse“ die zentrale<br />

Vorschrift. Durch beide Normen werden die Vorgaben von Art. 4 MRRL für „Absolute Eintragungshindernisse“<br />

umgesetzt.<br />

74<br />

Vgl. Rn. 13 im BGH-Beschluss „Tastmarke“ (I ZB 73/05) vom 05.10.2006.<br />

75<br />

Vgl. § 8 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G. Ähnlich hieß es früher in Art. 4 UMV: Unionsmarken können alle Zeichen sein, die<br />

sich grafisch darstellen lassen, (...).<br />

76<br />

Vgl. BT-Drs. 12/6581, S. 70.


EU-Mitgliedstaat die Neufassung der MRRL umzusetzen, wonach als Marke angemeldete<br />

Zeichen geeignet sein müssen, in dem Register in einer Weise dargestellt zu werden, dass die<br />

zuständigen Behörden <strong>und</strong> das Publikum den Gegenstand des ihrem Inhaber gewährten<br />

Schutzes klar <strong>und</strong> eindeutig bestimmen können. 77 Hierfür muss das Zeichen in eindeutiger,<br />

präziser, in sich abgeschlossener, leicht zugänglicher, verständlicher, dauerhafter <strong>und</strong><br />

objektiver Weise darstellbar sein. Dazu wird es künftig dann in jeder geeigneten Form unter<br />

Verwendung allgemein zugänglicher Technologie dargestellt werden dürfen <strong>und</strong> damit nicht<br />

notwendigerweise mit grafischen Mitteln, solange die Darstellung mit Mitteln erfolgt, die<br />

ausreichende Garantien bieten. 78 Das soll eine größere Flexibilität ermöglichen. 79<br />

ab) Ausschlussgründe<br />

Im deutschen <strong>Marken</strong>system gibt es zehn Ausschlussgründe, die der Eintragung eines Zeichens<br />

als Marke entgegenstehen können. 80 Diese sind jeweils für das konkret angemeldete Zeichen<br />

bezogen auf die bei der Anmeldung konkret angegebenen Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungen zu<br />

prüfen, wobei der Prüfungsmaßstab bei allen <strong>Marken</strong>formen gleich ist.<br />

Von der Eintragung als Marke sind solche Zeichen ausgeschlossen,<br />

(1) denen für die Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,<br />

(2) die ausschließlich aus Zeichen <strong>oder</strong> Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung<br />

der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen<br />

Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren <strong>oder</strong> der Erbringung der Dienstleistungen<br />

<strong>oder</strong> zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen dienen<br />

können,<br />

(3) die ausschließlich aus Zeichen <strong>oder</strong> Angaben bestehen, die im allgemeinen<br />

Sprachgebrauch <strong>oder</strong> in den redlichen <strong>und</strong> ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur<br />

Bezeichnung der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen üblich geworden sind,<br />

(4) die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit <strong>oder</strong> die<br />

geografische Herkunft der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen zu täuschen,<br />

(5) die gegen die öffentliche Ordnung <strong>oder</strong> gegen die guten Sitten verstoßen,<br />

77<br />

Vgl. Art. 3 i.V.m. Art. 54 Abs. 1 S. 1 MRRL. Für die Unionsmarke gilt die entsprechende Änderung von Art. 4<br />

UMV seit dem 01.10.2017; vgl. Art. 1 Nr. 8 i.V.m. Art. 4 S. 2 Änderungsverordnung (EU) 2015/2424 des<br />

Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 16.12.2015.<br />

78<br />

Vgl. Erwägungsgr<strong>und</strong> (13) MRRL.<br />

79<br />

Vgl. Erwägungsgr<strong>und</strong> (9) ÄnderungsVO.<br />

80<br />

Vgl. § 8 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G.


(6) die Staatswappen, Staatsflaggen <strong>oder</strong> andere staatliche Hoheitszeichen <strong>oder</strong> Wappen eines<br />

inländischen Ortes <strong>oder</strong> eines inländischen Gemeinde- <strong>oder</strong> weiteren Kommunalverbandes<br />

enthalten,<br />

(7) die amtliche Prüf- <strong>oder</strong> Gewährzeichen enthalten, die nach einer Bekanntmachung des<br />

B<strong>und</strong>esministeriums der Justiz <strong>und</strong> für Verbraucherschutz (BMJV) im B<strong>und</strong>esgesetzblatt<br />

von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sind,<br />

(8) die Wappen, Flaggen <strong>oder</strong> andere Kennzeichen, Siegel <strong>oder</strong> <strong>Bezeichnungen</strong> internationaler<br />

zwischenstaatlicher Organisationen enthalten, die nach einer Bekanntmachung des BMJV<br />

im B<strong>und</strong>esgesetzblatt von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sind,<br />

(9) deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse<br />

untersagt werden kann, <strong>oder</strong><br />

(10) die bösgläubig angemeldet worden sind.<br />

Die Ausschlussgründe Nr. (1)-(3) finden allerdings keine Anwendung, wenn die Marke sich<br />

vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die<br />

angemeldeten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen in den beteiligten Verkehrskreisen <strong>durch</strong>gesetzt<br />

hat. 81<br />

ac) Beispiele aus der BGH-Rechtsprechung<br />

Zur Sensibilisierung für die in der Praxis am häufigsten vorkommenden absoluten<br />

Schutzhindernisse hier einige Beispiele höchstrichterlicher Zurückweisungen von<br />

<strong>Marken</strong>anmeldungen: 82<br />

(1) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft 83<br />

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als<br />

Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet <strong>und</strong> diese<br />

damit von den Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen anderer Unternehmen unterscheidet. Die<br />

Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren<br />

<strong>oder</strong> Dienstleistungen zu gewährleisten. Dabei ist gr<strong>und</strong>sätzlich von einem großzügigen<br />

Maßstab auszugehen, sodass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das<br />

81<br />

Vgl. § 8 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G.<br />

82<br />

Soweit ersichtlich, waren noch nicht alle absoluten Schutzhindernisse Streitgegenstand in einem BGH-<br />

Verfahren. Gleichwohl sind die hier ausgewählten Fallgruppen <strong>und</strong> Beispiele nicht abschließend.<br />

83<br />

Absolutes Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G.


Schutzhindernis zu überwinden. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal<br />

informierten, angemessen aufmerksamen <strong>und</strong> verständigen Durchschnittsverbrauchers der<br />

fraglichen Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen abzustellen. 84<br />

„Originär“ <strong>oder</strong> „von Haus aus“ gegeben ist Unterscheidungskraft, wenn ein Zeichen geeignet<br />

ist, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die<br />

Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen eines Unternehmens <strong>und</strong> damit als Marke bei den beteiligten<br />

Verkehrskreisen einzuprägen. 85 Zeichen, die diese Eignung nicht haben, können<br />

Unterscheidungskraft da<strong>durch</strong> erwerben, dass sie umfangreich im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr<br />

benutzt werden. Führt das zu einer Verkehrsgeltung, steht der <strong>Marken</strong>eintragung das Fehlen<br />

jeglicher Unterscheidungskraft nicht mehr entgegen. 86 Der <strong>Marken</strong>schutz, den die Eintragung<br />

kraft Verkehrs<strong>durch</strong>setzung dem <strong>Marken</strong>inhaber vermittelt, ist nicht schwächer als der einer<br />

Marke, die aufgr<strong>und</strong> originärer Unterscheidungskraft eingetragen worden ist. 87 Üblicherweise<br />

besteht eine <strong>durch</strong>schnittliche Kennzeichnungskraft, wobei eine Kennzeichnungsschwäche nur<br />

bei Vorlage besonderer tatsächlicher Umstände angenommen werden kann. 88<br />

(a) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei Wortmarken<br />

Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für<br />

die in Frage stehenden Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen ohne Weiteres <strong>und</strong> ohne Unklarheiten als<br />

solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen<br />

Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Das gilt auch für Angaben, <strong>durch</strong> die ein<br />

enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen hergestellt<br />

wird. Die Eignung, Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu<br />

unterscheiden, fehlt zudem solchen Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern <strong>oder</strong> Wendungen<br />

84<br />

Vgl. Rn. 11 im BGH-Beschluss „Pippi-Langstrumpf-Marke“ (I ZB 97/16) vom 05.10.2017.<br />

85<br />

Vgl. Rn. 31 im BGH-Beschluss „BioGourmet“ (I ZB 56/14) vom 14.01.2016.<br />

86<br />

Vgl. § 8 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G.<br />

87<br />

Insbesondere droht der wegen Verkehrs<strong>durch</strong>setzung eingetragenen Marke nicht die Löschung, wenn<br />

nachträglich die Voraussetzungen für eine Eintragung als <strong>durch</strong>gesetztes Zeichen entfallen sind, weil ein solcher<br />

Löschungsgr<strong>und</strong> nicht besteht; vgl. Rn. 9 im BGH-Beschluss „Porsche 911“ (I ZB 34/04) vom 15.12.2005.<br />

88<br />

Solche Umstände können bei einer Unionsmarke darin liegen, dass ein von Haus aus nicht<br />

unterscheidungskräftiges Zeichen infolge Benutzung in einem Teil der EU eine Unterscheidungskraft erlangt hat,<br />

diese im Eintragungsverfahren aber nicht für Deutschland nachgewiesen wurde. So kann für Deutschland eine<br />

wenigstens <strong>durch</strong>schnittliche Kennzeichnungskraft eines originär nicht unterscheidungskräftigen Zeichens nicht<br />

<strong>durch</strong> eine intensive Zeichenbenutzung im Vereinigten Königreich nachgewiesen werden. Zwar muss einer<br />

solchen Unionsmarke auch in Deutschland wegen jedenfalls geringer Kennzeichnungskraft ein Schutz zugebilligt<br />

werden. Um über eine nur geringe Kennzeichnungskraft seiner Marke hinauszukommen, muss der Inhaber aber<br />

besondere Umstände vortragen; vgl. Leitsätze a) <strong>und</strong> b) i.V.m. Rn. 20-28 im BGH-Beschluss „OXFORD/Oxford<br />

Club“ (I ZB 45/16) vom 09.11.2017.


der deutschen Sprache bestehen, die stets nur als solche <strong>und</strong> nicht als Unterscheidungsmittel<br />

verstanden werden. 89<br />

Dementsprechend wurde z.B. diesen Wortmarkenanmeldungen jegliche Unterscheidungskraft<br />

abgesprochen: „marktfrisch“ für Lebensmittel 90 ; „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ für<br />

Tonträger, Bücher, Magazine, Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Fernsehunterhaltung<br />

<strong>und</strong> Filmproduktion 91 ; „FUSSBAL WM 2006“ für mit einer Fußballweltmeisterschaft<br />

üblicherweise verb<strong>und</strong>ene Dienstleistungen, Medienprodukte <strong>und</strong> auf die mediale Auswertung<br />

<strong>und</strong> Vermarktung derartiger Veranstaltungen ausgerichtete Dienstleistungen sowie bei der<br />

Veranstaltung eingesetzte Hilfsmittel <strong>und</strong> Hilfsdienstleistungen 92 ; „Neuschwanstein“ als <strong>Name</strong><br />

einer Sehenswürdigkeit (Schloss Neuschwanstein) für Reiseandenken/-bedarf 93 .<br />

Jedoch kann einem in der maßgeblichen Sprache nicht vorhandenen Fantasie- <strong>und</strong> Kunstwort<br />

mit eigenschöpferischem Gehalt auch bei Bestehen eines beschreibenden Anklangs<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht jegliche Unterscheidungskraft versagt werden, z.B. „Microcotton“ für<br />

Handtücher. 94 Vielmehr verhält es sich bei <strong>Marken</strong> mit beschreibendem Anklang nicht anders<br />

als in Fällen, in denen nicht beschreibende Zeichen als Werbemittel etwa in Form von<br />

Werbeslogans, Qualitätshinweisen <strong>oder</strong> Aufforderungen zum Kauf verwendet werden. Wenn<br />

das Zeichen (auch) als Herkunftshinweis für die fraglichen Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

wahrgenommen wird, kann die Unterscheidungskraft nicht deshalb verneint werden, weil es<br />

gleichzeitig <strong>oder</strong> sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird. 95<br />

(b) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei Wort-/Bildmarken<br />

Besteht eine Marke aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft<br />

von der Gesamtheit der Marke auszugehen. Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob<br />

die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den Anforderungen an die<br />

89<br />

Vgl. Rn. 19 im BGH-Beschluss „FUSSBALL WM 2006“ (I ZB 96/05) vom 27.04.2006.<br />

90<br />

Vgl. Leitsatz b) i.V.m. S. 6 ff. im BGH-Beschluss „marktfrisch“ (I ZB 42/98) vom 01.03.2001.<br />

91<br />

Vgl. Leitsatz i.V.m. S. 11 f. im BGH-Beschluss „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ (I ZB 60/98) vom 17.05.2001.<br />

92<br />

Vgl. Leitsätze a) <strong>und</strong> b) i.V.m. Rn. 32 im BGH-Beschluss „FUSSBALL WM 2006“ (I ZB 96/05) vom<br />

27.04.2006.<br />

93<br />

Vgl. Leitsatz a) i.V.m. Rn. 1 <strong>und</strong> 12 f. im BGH-Beschluss „Neuschwanstein“ (I ZB 13/11) vom 08.03.2012. Im<br />

autonomen Unionsmarkensystem wurde das vom Gericht der Europäischen Union (EuG) anders beurteilt <strong>und</strong><br />

Unterscheidungskraft teilweise auch für solche Waren angenommen, die zuvor Gegenstand im BGH-<br />

Löschungsverfahren waren; vgl. Rn. 3 i.V.m. Rn. 33-46 im EuG-Urteil „NEUSCHWANSTEIN“ (T-167/15) vom<br />

05.07.2016, wo in Rn. 44 klargestellt ist, dass das EUIPO <strong>und</strong> ggf. der Unionsrichter nicht an eine<br />

Eintragungsentscheidung geb<strong>und</strong>en sind, die in einem Mitgliedstaat <strong>oder</strong> in einem Drittland ergangen ist.<br />

94<br />

Vgl. Rn. 32 i.V.m. Rn. 2 im BGH-Teilurteil „MICRO COTTON“ (I ZR 101/15) vom 03.11.2016.<br />

95<br />

Vgl. Rn. 18 im BGH-Beschluss „Pippi-Langstrumpf-Marke“ (I ZB 97/16) vom 05.10.2017.


Unterscheidungskraft genügt. 96 Ist der Wortbestandteil einer Wort-/Bildmarke nicht<br />

unterscheidungskräftig, so kann das Zeichen in seiner Gesamtheit trotzdem<br />

Unterscheidungskraft haben, wenn die Bildelemente ihrerseits charakteristische Merkmale<br />

haben, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Einfache, werblich übliche grafische<br />

Gestaltungen sind allerdings nicht hinreichend unterscheidungskräftig. 97<br />

Dementsprechend wurde z.B. diesen Wort-/Bildmarkenanmeldungen jegliche<br />

Unterscheidungskraft abgesprochen:<br />

für Wasserenthärtungsmittel für Wasch- <strong>und</strong> Spülmaschinen 98 ;<br />

Filmverleih 99 ;<br />

für diverse Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen, z.B. CDs, DVDs, Bekleidung,<br />

Veranstalten, Durchführen von Messen 100 .<br />

für einen Teil der angemeldeten Dienstleistungen, z.B. Planen,<br />

Wer nur deshalb eine Wort-/Bildmarke im Auge hat, weil die Grafik dem schutzunfähigen<br />

Wortbestandteil ins Register verhelfen soll, sieht daran beispielhaft, dass nicht alle Grafiken<br />

geeignet sind, die Schutzschwäche von Wortbestandteilen zu überwinden. Vielmehr kann es<br />

auch bei Wort-/Bildmarkenanmeldungen zur Beanstandung der absoluten Schutzunfähigkeit<br />

kommen.<br />

(c) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei Bildmarken<br />

Einem Bildzeichen, das bloß die Ware abbildet, für die der <strong>Marken</strong>schutz beantragt ist, wird im<br />

Allgemeinen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlen. 101 Sie kann aber auch fehlen, wenn<br />

96<br />

Vgl. S. 5 im BGH-Beschluss „anti KALK“ (I ZB 58/98) vom 28.06.2001.<br />

97<br />

Vgl. Rn. 31 im BGH-Beschluss „BioGourmet“ (I ZB 56/14) vom 14.01.2016.<br />

98<br />

Vgl. S. 6 ff. im BGH-Beschluss „anti KALK“ (I ZB 58/98) vom 28.06.2001.<br />

99<br />

Vgl. Rn. 1 i.V.m. Rn. 13-17 im BGH-Beschluss „hey!“ (I ZB 32/09) vom 14.01.2010.<br />

100<br />

Vgl. Rn. 1 i.V.m. Rn. 7 im BGH-Beschluss „DüsseldorfCongress“ (I ZB 29/13) vom 15.05.2014.<br />

101<br />

Vgl. S. 6 f. im BGH-Beschluss „Zahnpastastrang“ (I ZB 3/98) vom 26.10.2000.


es nicht um die Abbildung der Ware selbst geht, sondern um einen Hinweis auf die Art <strong>oder</strong><br />

die Verwendungsweise der Ware, z.B. die Abbildung eines H<strong>und</strong>ekopfes im Zusammenhang<br />

mit H<strong>und</strong>efutter: 102<br />

Auch für Bildzeichen, die als Marke die betriebliche Herkunft der angemeldeten<br />

Dienstleistungen kennzeichnen sollen, ist zu fragen, ob das jeweilige Zeichen grafische<br />

Gestaltungselemente enthält, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft<br />

sieht. Denkbar ist demgegenüber auch, dass ein Zeichen in der Bildsprache die Dienstleistung<br />

selbst <strong>oder</strong> einzelne ihrer Merkmale beschreibt. So kann z.B. der fotografischen Abbildung<br />

eines Bürogebäudes für die Dienstleistung „Immobilienwesen“ jegliche Unterscheidungskraft<br />

fehlen, weil das ein Gegenstand ist, mit dem sich das Immobiliengeschäft typischerweise<br />

befasst: 103<br />

Zudem könnte ein solches Bildzeichen lediglich als Hinweis auf das Gebäude aufgefasst<br />

werden, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, das die angemeldeten Dienstleistungen<br />

erbringt. Wäre von einem derartigen Verkehrsverständnis auszugehen, könnte dem Bildzeichen<br />

als Beschreibung des Ortes, an dem die angemeldeten Dienstleistungen erbracht werden,<br />

jegliche Unterscheidungskraft auch für Dienstleistungen abseits vom „Immobilienwesen“<br />

fehlen. 104<br />

102<br />

Vgl. S. 6 f. im BGH-Beschluss „Westie-Kopf“ (I ZB 21/01) vom 03.07.2003.<br />

103<br />

Vgl. S. 6 f. im BGH-Beschluss „Bürogebäude“ (I ZB 1/04) vom 12.08.2004.<br />

104<br />

Vgl. S. 9 im BGH-Beschluss „Bürogebäude“ (I ZB 1/04) vom 12.08.2004 zur Prüfung der Unterscheidungskraft<br />

für die Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Versicherungswesen;<br />

Finanzwesen; Rechtsberatung <strong>und</strong> Vertretung“.


Zeigt darüber hinaus ein als Marke angemeldetes Bildzeichen eine dem Verkehr bekannte<br />

Person, kann für solche Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlen, bei<br />

denen der Verkehr einen thematischen <strong>oder</strong> sonstigen sachlichen Bezug zu der abgebildeten<br />

Person herstellt. Bezogen auf einige der angemeldeten Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen wurde<br />

deshalb z.B. bei diesem Bildzeichen die Unterscheidungskraft verneint: 105<br />

(d) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei 3D-<strong>Marken</strong><br />

Die oben genannten Gr<strong>und</strong>sätze zur Beurteilung von markenrechtlicher Unterscheidungskraft<br />

gelten auch für 3D-<strong>Marken</strong>, bei denen kein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei<br />

herkömmlichen <strong>Marken</strong>formen. Wie bei jeder anderen <strong>Marken</strong>form ist zu prüfen, ob der<br />

Verkehr in dem angemeldeten Zeichen einen betrieblichen Herkunftshinweis für die<br />

angemeldeten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen sieht. Bei solchen 3D-Zeichen, die aus der Form<br />

der Ware selbst <strong>oder</strong> ihrer Verpackung bestehen, wird das oft nicht der Fall sein. Sie werden<br />

nicht in gleicher Weise wahrgenommen wie Wort-, Wort-/Bild- <strong>oder</strong> Bildmarken, die vom<br />

Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängige gesonderte Zeichen sind. Bei<br />

3D-<strong>Marken</strong>anmeldungen ist deshalb stets zu prüfen, ob die Form lediglich einen im<br />

Vordergr<strong>und</strong> stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert, z.B. Auto. Geht sie darüber<br />

hinaus <strong>und</strong> zeichnet sie sich sogar <strong>durch</strong> besondere Gestaltungsmerkmale aus, ist zu prüfen, ob<br />

der Verkehr darin nur bloße Gestaltungsmerkmale sieht <strong>oder</strong> aber einen betrieblichen<br />

Herkunftshinweis. 106<br />

Dabei müssen solche Gestaltungselemente außer Betracht bleiben, die <strong>durch</strong> die technische<br />

Funktion bestimmt sind. Deshalb wurde z.B. bei diesem Uhrengehäuseträger die<br />

Unterscheidungskraft verneint: 107<br />

105<br />

Vgl. zweiten Leitsatz i.V.m. Rn. 12-15 im BGH-Beschluss „Marlene-Dietrich-Bildnis“ (I ZB 21/06) vom<br />

24.04.2008.<br />

106<br />

Vgl. Rn. 16 f. im BGH-Beschluss „Porsche Boxster“ (I ZB 33/04) vom 15.12.2005.<br />

107<br />

Vgl. Leitsatz a) i.V.m. S. 9 f. im BGH-Beschluss „SWATCH“ (I ZB 27/98) vom 14.12.2000.


Insoweit wird auch bei 3D-Zeichen, die ein technisches Gerät darstellen, die äußere Gestaltung<br />

der technischen Merkmale in erster Linie an der Funktion orientiert sein. Einen Hinweis auf die<br />

betriebliche Herkunft der Geräte wird der Verkehr darin regelmäßig nicht sehen. Anderes kann<br />

aber gelten, wenn im betreffenden Warengebiet eine Übung besteht, aufgr<strong>und</strong> derer der Verkehr<br />

in technischen Formgebungen <strong>und</strong> Ausgestaltungen einen Herkunftshinweis sieht. Das war z.B.<br />

bei Zurückweisung dieses Transformatorengehäuses jedoch nicht dargelegt: 108<br />

Ist auf dem als Marke angemeldeten 3D-Zeichen zudem ein Schriftzug zu sehen, ist der Prüfung<br />

auf absolute Schutzhindernisse nicht allein die 3D-Form zu Gr<strong>und</strong>e zu legen, sondern die<br />

Kombination von Form <strong>und</strong> Wort. 109 Es kommt dann der oben bei Wort-/Bildmarken bereits<br />

erwähnte Gr<strong>und</strong>satz wieder zum Tragen: Besteht eine Marke aus schutzfähigen <strong>und</strong><br />

schutzunfähigen Bestandteilen, reicht es aus, dass der Verkehr in dem Gesamtzeichen, <strong>und</strong> sei<br />

es auch nur aufgr<strong>und</strong> eines Elements, noch einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht.<br />

Die Frage, ob <strong>und</strong> inwieweit die Form <strong>oder</strong> das Wort den Gesamteindruck der<br />

Kombinationsmarke prägt, stellt sich erst in einem Kollisionsfall. 110<br />

(e) Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft bei abstrakten Farbmarken<br />

Auch bei abstrakten Farbmarken ist kein strengerer Maßstab anzulegen als bei anderen<br />

<strong>Marken</strong>formen. Bei der Prüfung, ob der Verkehr in dem Anmeldezeichen einen betrieblichen<br />

Herkunftshinweis für die angemeldeten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen sieht, ist aber zu<br />

108<br />

Vgl. Leitsatz b) i.V.m. S. 12 f. im BGH-Beschluss „Transformatorengehäuse“ (I ZB 48/98) vom 20.11.2003.<br />

109<br />

Vgl. Leitsatz i.V.m. S. 8 im BGH-Beschluss „Stabtaschenlampe MAGLITE“ (I ZB 19/01) vom 12.08.2004.<br />

110<br />

Vgl. S. 10 im BGH-Beschluss „Stabtaschenlampe MAGLITE“ (I ZB 19/01) vom 12.08.2004.


erücksichtigen, dass das bei der Farbe eines Produkts oft nicht der Fall ist (ebenso wenig wie<br />

bei der Form der Ware <strong>oder</strong> ihrer Verpackung). Zudem ist bei abstrakten Farbmarken auch im<br />

Rahmen der Prüfung der Unterscheidungskraft das Allgemeininteresse an der freien<br />

Verfügbarkeit der Farben für andere Wirtschaftsteilnehmer zu berücksichtigen.<br />

Dementsprechend fehlt abstrakten Farbmarken im Allgemeinen die Unterscheidungskraft. Bei<br />

ihnen ist deshalb stets zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die gleichwohl die<br />

Annahme rechtfertigen, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig. Solche Umstände<br />

können sein, dass die Zahl der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet ist,<br />

sehr gering <strong>und</strong> der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist. 111<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde z.B. dieser für „Mittel zur Körper- <strong>und</strong> Schönheitspflege,<br />

nämlich Haut- <strong>und</strong> Körperpflegeprodukte“ als verkehrs<strong>durch</strong>gesetzt eingetragenen abstrakten<br />

Farbmarke in einem Löschungsverfahren die originäre Unterscheidungskraft abgesprochen: 112<br />

(2) Bestehen eines Freihaltebedürfnisses 113<br />

Das absolute Schutzhindernis des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses betrifft die Merkmale<br />

der angemeldeten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen, nämlich deren Art, Beschaffenheit, Menge,<br />

Bestimmung, Wert, geografische Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren <strong>oder</strong> der Erbringung<br />

der Dienstleistungen <strong>oder</strong> sonstige Merkmale. Damit wird das im Allgemeininteresse liegende<br />

Ziel verfolgt, dass zur Beschreibung solcher Merkmale geeignete Zeichen <strong>oder</strong> Angaben von<br />

allen Unternehmen verwendet werden können, um dieselben Eigenschaften ihrer eigenen<br />

Produkte zu beschreiben. Dabei ist nicht entscheidend, wie groß die Zahl der Konkurrenten ist,<br />

die daran ein Interesse haben könnten. Jeder Wirtschaftsteilnehmer, der Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen, die mit denen konkurrieren, für die die Eintragung beantragt wird,<br />

gegenwärtig anbietet <strong>oder</strong> künftig anbieten könnte, muss solche Zeichen <strong>oder</strong> Angaben frei<br />

nutzen dürfen. 114<br />

111<br />

Vgl. Rn. 10 f. im BGH-Beschluss „Nivea-Blau“ (I ZB 65/13) vom 09.07.2015.<br />

112<br />

Vgl. Rn. 13 <strong>und</strong> 16 im BGH-Beschluss „Nivea-Blau“ (I ZB 65/13) vom 09.07.2015. Zugleich wurde vom BGH<br />

gebilligt, dass vom B<strong>und</strong>espatentgericht (BPatG) als Vorinstanz ein Freihaltebedürfnis angenommen wurde (Rn.<br />

17-21). Nicht gebilligt wurde hingegen die BPatG-Beurteilung, die beiden Schutzhindernisse seien nicht im Wege<br />

der Verkehrs<strong>durch</strong>setzung überw<strong>und</strong>en. Die BPatG-Löschungsanordnung wurde deshalb aufgehoben <strong>und</strong> die<br />

Sache zur neuen Verhandlung <strong>und</strong> Entscheidung an das BPatG zurückverwiesen (Rn. 22-37). Soweit ersichtlich,<br />

steht die erneute Entscheidung noch aus.<br />

113<br />

Absolutes Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 <strong>Marken</strong>G.<br />

114<br />

Vgl. Rn. 35 im BGH-Beschluss „FUSSBALL WM 2006“ (I ZB 96/05) vom 27.04.2006.


Die gesetzliche Formulierung „dienen können“ zeigt, dass die bloße Eignung als<br />

sachbeschreibende Angabe reicht. Die <strong>Marken</strong>eintragung ist deshalb auch dann zu versagen,<br />

wenn die angemeldete Bezeichnung noch nicht als Sachangabe benutzt wird, eine solche<br />

Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann. 115<br />

Dabei setzt eine Charakterisierung als Sachangabe für die angemeldeten Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen nicht voraus, dass die Bezeichnung bereits feste begriffliche Konturen erlangt<br />

<strong>und</strong> sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Sachbeschreibend kann<br />

ein <strong>Marken</strong>wort auch sein, wenn es verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage ist <strong>oder</strong> nur<br />

eine der möglichen Bedeutungen die angemeldeten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen beschreibt.<br />

So wurde z.B. „SPA“ für geeignet gehalten, den Verwendungszweck der Waren „Parfümerien,<br />

Mittel zur Körper- <strong>und</strong> Schönheitspflege“ <strong>und</strong> die Dienstleistungen „Betrieb von Bädern,<br />

Schwimmbädern <strong>und</strong> Saunen“ ihrer Art nach zu beschreiben. 116<br />

Dementsprechend steht es der Annahme einer beschreibenden Angabe auch nicht entgegen,<br />

wenn es um eine Wortkombination geht, die lexikalisch nicht nachgewiesen ist. Werden solche<br />

Bestandteile, die jeweils Merkmale der angemeldeten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

beschreiben, kombiniert, bleibt ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung (insbesondere<br />

syntaktischer <strong>oder</strong> semantischer Art) die Kombination selbst für diese Merkmale beschreibend,<br />

auch wenn sie eine sprachliche Neuschöpfung ist. Dementsprechend erschöpft sich z.B. die<br />

Wortkombination „Rheinpark-Center Neuss“ in der beschreibenden Angabe der geografischen<br />

Herkunft der angemeldeten Dienstleistungen, nämlich des Ortes, an dem diese angeboten <strong>oder</strong><br />

erbracht werden können. 117<br />

Weil es bei der Prüfung dieses absoluten Schutzhindernisses im Eintragungsverfahren nicht auf<br />

eine bereits tatsächlich stattfindende Verwendung des Zeichens ankommt, kann ein rein<br />

beschreibender Inhalt auch nicht z.B. damit in Abrede gestellt werden, das als<br />

„Rheinpark-Center Neuss“ bezeichnete Einkaufszentrum befinde sich weder in unmittelbarer<br />

Nähe des Rheins noch in einem Park. 118<br />

115<br />

Vgl. Rn. 12 im BGH-Beschluss „SPA II“ (I ZB 53/05) vom 13.03.2008.<br />

116<br />

Vgl. Leitsatz b) i.V.m. Rn. 15 f. im BGH-Beschluss „SPA II“ (I ZB 53/05) vom 13.03.2008.<br />

117<br />

Vgl. Leitsatz a) i.V.m. Rn. 10-15 im BGH-Beschluss „Rheinpark-Center Neuss“ (I ZB 78/10) vom 22.06.2011.<br />

118<br />

Vgl. Rn. 16 f. im BGH-Beschluss „Rheinpark-Center Neuss“ (I ZB 78/10) vom 22.06.2011.


Zudem kann für Ortsnamen ein Freihaltebedürfnis auch bei abweichender Schreibweise<br />

bestehen, wenn diese eine große Ähnlichkeit zum Ort der geografischen Herkunft der<br />

beanspruchten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen ergibt, wie z.B. „Lichtenstein“. 119<br />

Sachbeschreibende Angaben können aber nicht allein <strong>durch</strong> Worte gemacht werden, sondern<br />

auch da<strong>durch</strong>, dass die äußere Form der Ware selbst abgebildet wird, wie z.B. beim „Porsche<br />

Boxster“, dessen 3D-<strong>Marken</strong>anmeldung für „Kraftfahrzeuge“ als freihaltebedürftig beurteilt<br />

wurde: 120<br />

Für das Vorliegen dieses Schutzhindernisses kommt es übrigens nicht darauf an, ob der<br />

<strong>Marken</strong>anmelder bereits über ein <strong>Name</strong>ns- <strong>oder</strong> Kennzeichenrecht verfügt, mit dem er Dritte<br />

von der Verwendung einer der Marke entsprechenden Angabe im Zusammenhang mit den<br />

beanspruchten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen ausschließen kann. Die Prüfung ist vielmehr<br />

losgelöst von der Person des Anmelders, weil dieser mit der Eintragung des angemeldeten<br />

Zeichens ein (weiteres) Recht erwirbt, das vom Fortbestehen seines <strong>Name</strong>ns- <strong>oder</strong><br />

Kennzeichenrechts unabhängig ist <strong>und</strong> das er auf einen Dritten übertragen kann. 121<br />

(3) Bestehen einer Täuschungseignung 122<br />

Bei der Beurteilung, ob das Schutzhindernis der Täuschungseignung vorliegt, geht es um die<br />

Täuschung <strong>durch</strong> den Zeicheninhalt selbst <strong>und</strong> nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer<br />

besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet sein kann, irreführende<br />

Vorstellungen zu wecken. Dabei wird der Zeicheninhalt im Wesentlichen geprägt <strong>durch</strong> die<br />

119<br />

Vgl. Leitsatz c) i.V.m. S. 7 im BGH-Beschluss „Lichtenstein“ (I ZB 10/01) vom 17.07.2003.<br />

120<br />

Vgl. Rn. 20 f. im BGH-Beschluss „Porsche Boxster“ (I ZB 33/04) vom 15.12.2005. Die <strong>Marken</strong>eintragung<br />

erfolgte dann wegen der vom BGH angenommenen Verkehrs<strong>durch</strong>setzung (Rn. 22-24). Nach Zurückverweisung<br />

(Rn. 27) sah die Vorinstanz sich daran geb<strong>und</strong>en; vgl. S. 3 f. im BPatG-Beschluss „Porsche Boxer“ (28 W [pat]<br />

102/00) vom 19.07.2006.<br />

121<br />

Vgl. Leitsatz a) i.V.m. Rn. 17 im BGH-Beschluss „Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.“ (I ZB 70/10)<br />

vom 17.08.2011.<br />

122<br />

Absolutes Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 <strong>Marken</strong>G.


angemeldeten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen. Ist hierfür eine <strong>Marken</strong>benutzung möglich, bei der<br />

keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt dieses absolute Schutzhindernis nicht vor. 123<br />

In diesem Sinne kann eine Marke zur Täuschung geeignet sein, wenn sie das Symbol ® enthält<br />

<strong>und</strong> dieses nur einem Bestandteil der Marke zugeordnet ist, für den kein gesonderter<br />

markenrechtlicher Schutz besteht. So wurde z.B. diese Wort-/Bildmarkenanmeldung mit der<br />

Begründung zurückgewiesen, dass das Symbol ® nur einem schutzunfähigen Teil der<br />

angemeldeten Marke zugeordnet sei, nämlich dem Wortbestandteil „grill“ <strong>oder</strong> der<br />

Wortkombination „grill meister“, <strong>und</strong> da<strong>durch</strong> der Verkehr darüber getäuscht werde, dass für<br />

diesen Zeichenbestandteil kein gesonderter markenrechtlicher Schutz bestehe: 124<br />

Demgegenüber sind irreführende Angaben zu den beanspruchten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen,<br />

die nicht aus dem Inhalt <strong>oder</strong> der Aussage der Marke selbst folgen, sondern sich erst in<br />

Verbindung mit der Person <strong>oder</strong> dem Unternehmen des <strong>Marken</strong>anmelders ergeben,<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht zur Täuschung geeignet. Deshalb stand der Eintragung der Wortmarke<br />

„Stadtwerke Bremen“ für Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen eines Versorgungsunternehmens eine<br />

Täuschungseignung nicht entgegen, obwohl die Stadt Bremen lediglich eine mittelbare<br />

Minderheitsbeteiligung an der <strong>Marken</strong>anmelderin innehatte. Entscheidend sei die Möglichkeit,<br />

dass die Stadt Bremen zukünftig einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der<br />

Anmelderin gewinnt <strong>oder</strong> die Anmelderin die Marke an einen von der Stadt Bremen geführten<br />

<strong>oder</strong> beherrschten Versorgungsbetrieb lizenziert <strong>oder</strong> überträgt. 125<br />

123<br />

Vgl. Rn. 21 f. im BGH-Beschluss „Stadtwerke Bremen“ (I ZB 43/15) vom 09.11.2016.<br />

124<br />

Vgl. Leitsatz b) i.V.m. Rn. 24 im BGH-Beschluss „grill meister“ (I ZB 11/13) vom 17.10.2013.<br />

125<br />

Vgl. Rn. 21 f. im BGH-Beschluss „Stadtwerke Bremen“ (I ZB 43/15) vom 09.11.2016.


(4) Verstoß gegen die guten Sitten 126<br />

Das absolute Schutzhindernis eines Verstoßes gegen die guten Sitten liegt vor, wenn das<br />

angemeldete Zeichen geeignet ist, das Empfinden der angesprochenen Verkehrskreise<br />

erheblich zu verletzen, indem es etwa in sittlicher, politischer <strong>oder</strong> religiöser Hinsicht anstößig<br />

<strong>oder</strong> herabwürdigend wirkt <strong>oder</strong> eine grobe Geschmacksverletzung darstellt. Dabei sind nicht<br />

nur die Verkehrskreise zu berücksichtigen, an die sich die angemeldeten Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen unmittelbar richten, sondern auch die Teile des Publikums, die dem Zeichen<br />

im Alltag zufällig begegnen. Maßgeblich ist eine normal tolerante <strong>und</strong> <strong>durch</strong>schnittlich sensible<br />

Sichtweise. Soweit eine Liberalisierung der Anschauungen des angesprochenen Verkehrs im<br />

Hinblick auf die Verwendung vulgärer, obszöner <strong>oder</strong> beleidigender Worte stattgef<strong>und</strong>en hat,<br />

muss ihr Rechnung getragen werden. Andererseits ist eine noch nicht eingetretene, sich nur in<br />

Ansätzen abzeichnende Liberalisierung <strong>oder</strong> Banalisierung der Sichtweise grob anstößiger<br />

Ausdrücke in der Eintragungspraxis nicht vorwegzunehmen.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werde das sittliche Empfinden breiter Bevölkerungskreise über<br />

Gebühr da<strong>durch</strong> verletzt, dass in dieser Wort-/Bildmarkenanmeldung die Wortfolge „READY<br />

TO FUCK“ erkannt <strong>und</strong> mit „bereit zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs“ übersetzt<br />

werde: 127<br />

b) Was muss ein Unternehmenskennzeichen haben?<br />

Zur vorstehenden Frage nach der Entstehung von Unternehmenskennzeichenrechten war<br />

bereits festzuhalten, dass bei von Haus aus unterscheidungskräftigen <strong>Bezeichnungen</strong> der Schutz<br />

mit der Aufnahme der Benutzung im inländischen Geschäftsverkehr zur Kennzeichnung des<br />

Geschäftsbetriebs entsteht. Fehlt demgegenüber dem benutzten Zeichen die originäre<br />

Unterscheidungskraft, kann daran ein Unternehmenskennzeichenrecht erst mit Erlangung von<br />

126<br />

Absolutes Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 <strong>Marken</strong>G. Als erste Handlungsalternative ist dort ein Verstoß<br />

gegen die öffentliche Ordnung geregelt, der – soweit ersichtlich – unter Geltung des <strong>Marken</strong>G noch nicht<br />

Gegenstand der BGH-Rechtsprechung war.<br />

127<br />

Vgl. Rn. 9-11 im BGH-Beschluss „READY TO FUCK“ (I ZB 89/11) vom 02.10.2012. Im autonomen<br />

Unionsmarkensystem wurde mit ähnlicher Begründung vom EuG die Wortmarkenanmeldung „Fack Ju Göhte“<br />

zurückgewiesen; vgl. Rn. 11 ff. im EuG-Urteil „Fack Ju Göhte“ (T-69/17) vom 24.01.2018.


Verkehrsgeltung entstehen. Deshalb ist die Feststellung von Unterscheidungskraft für ein<br />

Unternehmenskennzeichen von existenzieller Bedeutung.<br />

Die Frage hiernach stellt sich auch bei im Handelsregister eingetragenen Firmen. Zwar muss<br />

nach dem Handelsrecht die Firma zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein <strong>und</strong><br />

Unterscheidungskraft besitzen. 128 Diese Voraussetzung der handels(register)rechtlichen<br />

Zulässigkeit muss aber nicht zwingend mit der kennzeichenrechtlichen Kennzeichnungskraft<br />

übereinstimmen. Das gilt insbesondere für ältere Firmen aus der Zeit vor der Liberalisierung<br />

des Firmenrechts <strong>durch</strong> das Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes am 01.07.1998.<br />

Seither erst sind auch Fantasiefirmen für alle Unternehmen zulässig. Bis dahin musste z.B. bei<br />

Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Firma entweder als „Sachfirma“ von dem<br />

Unternehmensgegenstand entlehnt sein <strong>oder</strong> als „Personenfirma“ den <strong>Name</strong>n wenigstens eines<br />

der Gesellschafter aufweisen. 129<br />

Insoweit kommt einem als Firma <strong>oder</strong> Firmenbestandteil benutzten Zeichen von Haus aus<br />

kennzeichnungsrechtliche Unterscheidungskraft zu, wenn das Zeichen <strong>oder</strong> der<br />

Zeichenbestandteil ohne Weiteres geeignet ist, bei einer Verwendung im Verkehr als <strong>Name</strong><br />

eines bestimmten Unternehmens zu wirken. 130<br />

Das wird bei Fantasiefirmen in der Regel der Fall sein. 131 Gleiches gilt für Personenfirmen, seit<br />

einigen Jahren sogar auch dann, wenn diese aus Allerweltsnamen bestehen <strong>oder</strong> diese<br />

beinhalten. Aus Familiennamen gebildete <strong>geschäftliche</strong> <strong>Bezeichnungen</strong> sind unabhängig von<br />

der Häufigkeit des <strong>Name</strong>ns als Unternehmenskennzeichen geschützt. Die Häufigkeit des<br />

Familiennamens beeinflusst nur die Kennzeichnungskraft <strong>und</strong> damit den Schutzumfang der<br />

Bezeichnung. Wird ein Familienname als – seiner Natur nach nicht beschreibender – Teil einer<br />

Geschäftsbezeichnung verwendet, kann ihm trotz seiner Häufigkeit eine zur Begründung der<br />

Schutzfähigkeit hinreichende, wenn auch – mangels einer besonderen Eigenart des <strong>Name</strong>ns –<br />

schwache Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. 132<br />

128<br />

Vgl. § 18 Abs. 1 HGB.<br />

129<br />

Vgl. BT-Drs. 13/8444, 35.<br />

130<br />

Vgl. Rn. 21 im BGH-Urteil „XVIII PLUS“ (I ZR 37/10) vom 02.10.2012.<br />

131<br />

Vgl. Rn. 12 im BGH-Urteil „hufeland.de“ (I ZR 288/02) vom 23.06.2005, wo „Hufeland“ als<br />

Fantasiebezeichnung beurteilt <strong>und</strong> deshalb der Bezeichnung „Hufelandklinik“ originäre Unterscheidungskraft<br />

zugesprochen wurde.<br />

132<br />

Vgl. Leitsatz i.V.m. Rn. 12-17 im BGH-Urteil „Hansen-Bau“ (I ZR 134/05) vom 30.01.2008 mit der<br />

Abgrenzung von früheren BGH-Entscheidungen in Rn. 14: „Soweit Erwägungen in älteren Entscheidungen des<br />

Senats (…) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, wird daran nicht festgehalten.“


Demgegenüber kann bei Sachfirmen eher einmal die originäre Unterscheidungskraft fehlen. So<br />

konnte z.B. an dem Firmenschlagwort „Telekom“ erst mit Verkehrsgeltung ein<br />

Unternehmenskennzeichenrecht entstehen, weil der geläufigen Abkürzung des Begriffs<br />

„Telekommunikation“ als Unternehmenskennzeichen die originäre Unterscheidungskraft<br />

fehlte. 133 Eine solche Kennzeichnungsschwäche kann sich beim Versuch der<br />

Rechts<strong>durch</strong>setzung da<strong>durch</strong> negativ auswirken, dass sie nicht gelingt. 134 Das gilt auch für<br />

Wortkombinationen, wie z.B. „Star Entertainment“ als Bezeichnung für ein Unternehmen, das<br />

als Gegenstand die Produktion, Durchführung, Vermittlung <strong>und</strong> Vermarktung von<br />

Veranstaltungen der Unterhaltungsbranche hat. 135<br />

5. Wie komme ich zum ®?<br />

Diese Frage kann damit beantwortet werden: Durch <strong>Marken</strong>anmeldung beim zuständigen Amt<br />

<strong>und</strong> Eintragung ins dort geführte Register. Insoweit erfolgt hier die Konzentration auf die<br />

Anmeldung einer nationalen Marke beim DPMA, obwohl als Alternative dazu bei in<br />

Deutschland sitzenden Anmeldern die Unionsmarke ziemlich beliebt ist. Zum einen gibt es<br />

viele Unternehmen, die für ihre Geschäftstätigkeit einen über Deutschland hinaus wirkenden<br />

<strong>Marken</strong>schutz nicht benötigen. Zum anderen dürfte für viele Anmelder mit internationalem<br />

Geschäft eine nationale <strong>Marken</strong>anmeldung beim DPMA mit anschließender internationaler<br />

Registrierung bei der WIPO (ggf. unter Inanspruchnahme der deutschen Priorität) die<br />

sachgerechtere <strong>Marken</strong>strategie sein. Zwar locken bei der Unionsmarke die relativ geringen<br />

Amtsgebühren, wo<strong>durch</strong> aber nicht der Blick auf etwaige Nachteile im Eintragungsverfahren<br />

versperrt werden darf.<br />

Das DPMA bezeichnet den Vorteil einer dort angemeldeten Marke als „geringere<br />

Störungsanfälligkeit der nationalen Marke“. 136 Soweit dabei für das Widerspruchsverfahren<br />

darauf hingewiesen ist, dass schon eine verwechselbar ähnliche ältere Marke in einem der 28<br />

EU-Mitgliedstaaten ausreiche, um die gesamte Unionsmarke zu Fall zu bringen, ist das noch<br />

zu kurz gesprungen. Widerspruch kann auch aus einem Unternehmenskennzeichen, z.B. aus<br />

einer Firma erhoben werden. Umso mehr ist es deshalb möglich, dass aus einem<br />

133<br />

Vgl. Leitsatz a) i.V.m. S. 6-8 im BGH-Urteil „Telekom“ (I ZR 79/01) vom 27.11.2003.<br />

134<br />

Laut einem Privatgutachten hatten 60% der befragten Personen den Firmenbestandteil „Telekom“ dem<br />

Unternehmen der Klägerin als Bezeichnung zugeordnet. Diese (für Zeichen mit Verkehrsgeltung) „normale“<br />

Kennzeichnungskraft reichte trotz Branchenidentität nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr <strong>durch</strong> „01051<br />

Telecom“ anzunehmen; vgl. Leitsatz b) i.V.m. S. 9-11 im BGH-Urteil „Telekom“ (I ZR 79/01) vom 27.11.2003.<br />

135<br />

Vgl. Leitsatz i.V.m. S. 5 ff. im BGH-Urteil „Star Entertainment“ (I ZR 318/02) vom 21.07.2005.<br />

136<br />

Vgl. DPMA-Gr<strong>und</strong> 4. im Infoblatt „Sechs gute Gründe für eine nationale <strong>Marken</strong>anmeldung“.


EU-Mitgliedstaat, an dem der Anmelder gar nicht interessiert ist, Widerspruch erhoben <strong>und</strong><br />

da<strong>durch</strong> die Eintragung der Unionsmarke entweder dauerhaft verhindert <strong>oder</strong> erheblich<br />

verzögert wird. Wer nicht, z.B. als „global player“, wirklich (weitgehend) flächendeckend im<br />

EU-Wirtschaftsraum markenmäßig unterwegs sein wird, fährt deshalb mglw. besser damit, im<br />

beschleunigten DPMA-Verfahren eine nationale Marke anzumelden <strong>und</strong> darauf basierend in<br />

ausgesuchten Ländern international registrieren zu lassen, ggf. nicht nur in ausgesuchten<br />

EU-Mitgliedstaaten, sondern auch andernorts, z.B. im Nachbarland Schweiz <strong>oder</strong> ggf. nach<br />

dem Brexit in Großbritannien. 137<br />

Über die etwaigen Nachteile im EUIPO-Eintragungsverfahren hinaus, sind seit Kurzem auch<br />

Nachteile bei der gerichtlichen Rechtsverfolgung zu berücksichtigen, wenn der Verletzer einer<br />

Unionsmarke ausschließlich vom Ausland aus handelt <strong>und</strong> nicht in Deutschland. Ende 2017 hat<br />

der BGH nämlich klargestellt, dass die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts<br />

nicht damit begründet werden könne, dass Deutschland ein Ort der Verwirklichung des<br />

Schadenserfolgs einer <strong>Marken</strong>rechtsverletzung sei. Nach der insoweit maßgeblichen<br />

UMV-Vorschrift sei Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der<br />

EU-Mitgliedstaat, „in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist <strong>oder</strong> droht“. Das<br />

stelle auf ein aktives Verhalten des Verletzers ab <strong>und</strong> ziele auf den EU-Mitgliedstaat, in dem<br />

sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugr<strong>und</strong>e liegt, ereignet habe <strong>oder</strong> zu ereignen<br />

drohe, <strong>und</strong> nicht auf den EU-Mitgliedstaat, in dem die Verletzung ihre Wirkungen entfalte.<br />

Biete ein Wirtschaftsteilnehmer auf seiner Internetseite, die sich an Abnehmer in anderen<br />

EU-Mitgliedstaaten richte, unter Verletzung der Rechte aus einer Unionsmarke Waren zum<br />

Kauf an, die auf dem Bildschirm betrachtet <strong>und</strong> über die Internetseite bestellt werden können,<br />

sei für die internationale Zuständigkeit der Ort maßgeblich, an dem die Internetveröffentlichung<br />

in Gang gesetzt worden sei, <strong>und</strong> nicht der Ort, an dem die Internetseite abgerufen werden könne.<br />

Komme der Kontakt zu Abnehmern in anderen Mitgliedstaaten da<strong>durch</strong> zustande, dass der<br />

Händler Produkt- <strong>und</strong> Preislisten per E-Mail versende, sei der Ort des schadensbegründenden<br />

Ereignisses der Ort, an dem die Versendung der E-Mail veranlasst werde. 138<br />

137<br />

Im beschleunigten DPMA-Verfahren erfolgt die Eintragung einer schutzfähigen Marke in weniger als sechs<br />

Monaten nach der Anmeldung; vgl. DPMA-Antwort auf die Frage „Wie lange dauert das Eintragungsverfahren?“<br />

Bestzeit des Autors: Eine Woche.<br />

138<br />

Vgl. Leitsatz b) i.V.m. Rn. 27 im BGH-Urteil „Parfummarken“ (I ZR 164/16) vom 09.11.2017. Wird also ein<br />

Unionsmarkenrecht da<strong>durch</strong> verletzt, dass im EU-Mitgliedstaat „A“ eine Ware verkauft <strong>und</strong> von dort aus geliefert<br />

wird, <strong>und</strong> wird diese Ware anschließend <strong>durch</strong> den Erwerber im EU-Mitgliedstaat „B“ weiterverkauft, führt das<br />

nicht zu einer internationalen Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats „B“ für Klagen gegen den<br />

ursprünglichen Verkäufer aus dem Mitgliedstaat „A“, der in dem Mitgliedstaat „B“ selbst keine Handlung<br />

vorgenommen hat.


Wer trotzdem die Anmeldung einer Unionsmarke beim EUIPO bevorzugt, kann hierfür seit<br />

einiger Zeit ebenfalls ein beschleunigtes Verfahren nutzen, wenn bestimmte Voraussetzungen<br />

erfüllt sind. 139 Für eine Unionsmarkenanmeldung sollte aber auch berücksichtigt werden, was<br />

das DPMA zur geringeren Störungsanfälligkeit der nationalen Marke (dem Prüfungsablauf<br />

entsprechend) als Erstes nennt: Besteht in nur einem der 28 Mitgliedstaaten der EU ein<br />

absolutes Eintragungshindernis, kann die Unionsmarke nicht eingetragen werden. Besteht die<br />

Marke z.B. aus der Bezeichnung der Ware in der Amtssprache eines EU-Mitgliedstaats, wird<br />

die Unionsmarkenanmeldung zurückgewiesen. 140 Die Sprachen aller EU-Mitgliedstaaten sind<br />

bei Zeichen, die aus Wörtern bestehen <strong>oder</strong> solche beinhalten, aber nicht nur zur Vermeidung<br />

eines absoluten Eintragungshindernisses zu berücksichtigen, sondern auch zur Vermeidung<br />

einer ungewollten Negativaussage. 141<br />

a) Formale Erfordernisse der <strong>Marken</strong>anmeldung beim DPMA<br />

Gesetzlich gefordert sind für eine <strong>Marken</strong>anmeldung Angaben zur Identität des Anmelders,<br />

eine Wiedergabe der Marke <strong>und</strong> ein Verzeichnis der Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungen, für die<br />

die <strong>Marken</strong>eintragung beantragt wird. 142 Das DPMA informiert über diese formalen<br />

Erfordernisse in seinem Internetauftritt. 143 Dazu zwei Anmerkungen, weil der<br />

Schutzgegenstand einer Registermarke festgelegt wird <strong>durch</strong> die Wiedergabe der Marke <strong>und</strong><br />

das Waren- <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungsverzeichnis:<br />

aa) Wiedergabe der Marke ohne ®<br />

Das DPMA weist darauf hin, dass ein ® der <strong>Marken</strong>darstellung nicht schon bei der Anmeldung<br />

hinzugefügt werden sollte, da unter Umständen eine Zurückweisung wegen Täuschungsgefahr<br />

in Betracht komme. 144 Hierzulande ist die Benutzung des Symbols ® nicht erforderlich, weder<br />

zur Begründung des Rechts an einer eingetragenen Marke noch zu dessen Aufrechterhaltung.<br />

139<br />

Vgl. EUIPO-Info „Voraussetzungen für die Nutzung des Fast-Track-Verfahrens (beschleunigtes Verfahren)“.<br />

Während das DPMA für den Antrag auf beschleunigte Prüfung einer nationalen <strong>Marken</strong>anmeldung eine<br />

zusätzliche Gebühr von 200 € erhebt, ist „Fast Track“ ein kostenloser Dienst des EUIPO, der dazu geführt hat,<br />

dass Veröffentlichungen solcher Unionsmarkenanmeldungen <strong>durch</strong>schnittlich innerhalb von sieben Tagen<br />

erfolgen; vgl. EUIPO-Nachricht „Durchschnittlich sieben Tage für die Veröffentlichung einer Fast-Track-<br />

Anmeldung“.<br />

140<br />

Vgl. EUIPO-Antwort auf Frage 1.18. „Wenn sich ein Eintragungshindernis nur auf einen Mitgliedstaat der<br />

Europäischen Union bezieht, verhindert dies dann die gesamte Anmeldung?“<br />

141<br />

Vgl. dazu z.B. für die Autobranche: Wittich, Wenn Auto-<strong>Name</strong>n in die Hose gehen, „auto-motor-<strong>und</strong>-sport.de“-<br />

Beitrag vom 21.03.2013.<br />

142<br />

Vgl. § 32 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G.<br />

143<br />

Vgl. DPMA-Info über „Erforderliche Angaben für eine Anmeldung“.<br />

144<br />

Vgl. Ziff. 4. bei der DPMA-Info „Fünf Punkte, die Sie wissen müssen“ zu „<strong>Marken</strong>formen <strong>und</strong> deren<br />

Wiedergabe“. Seit Juni bzw. Juli 2016 stehen entsprechende Hinweise auch in den DPMA-Formularen „Antrag<br />

auf Eintragung einer Marke in das Register“ (W 7005/3.18) <strong>und</strong> „<strong>Marken</strong>wiedergabe“ (W 7005.1/2.18).


Trotzdem gibt es viele Registermarken, deren grafische Wiedergaben dieses Symbol enthalten.<br />

Bei DPMA-Anmeldungen sollte jedenfalls dann davon abgesehen werden, wenn man es mit<br />

der Eintragung eilig hat. Andernfalls könnte etwas Zeit da<strong>durch</strong> unnötig ins Land gehen, dass<br />

das DPMA dem Anmelder einen Beanstandungsbescheid schickt, auf den entsprechend zu<br />

reagieren wäre. 145<br />

ab) Verzeichnis der Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

Bei DPMA-<strong>Marken</strong>anmeldungen sind (bislang noch) in der Anmeldegebühr drei<br />

Waren- <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungsklassen enthalten. 146 Das kann Anmelder dazu verleiten,<br />

<strong>Marken</strong>schutz auch für Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungen zu beantragen, die nicht zum<br />

Kernbereich der unter der Anmeldemarke geplanten Geschäftstätigkeit gehören. Von dieser<br />

„Mitnahmemöglichkeit“ sollte aber nur nach markenstrategischer Abwägung Gebrauch<br />

gemacht werden.<br />

Einerseits ist es sinnvoll, über den Tellerrand hinaus nicht nur auf die im Zeitpunkt der<br />

<strong>Marken</strong>anmeldung unmittelbar interessierenden Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungen zu gucken,<br />

sondern auch auf denkbare Erweiterungen in der Zukunft. Dabei kann ein mehrjähriges<br />

Zeitfenster deshalb ins Auge gefasst werden, weil nach der Eintragung einer DE-Marke eine<br />

sog. Benutzungsschonfrist von fünf Jahren gilt, in der es zu keinem Rechtsnachteil führt, wenn<br />

die Marke nicht <strong>oder</strong> noch nicht für alle darunter eingetragenen Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen benutzt wird. 147 Wer also aktuell z.B. Bonbons herstellt, in zwei <strong>oder</strong> fünf<br />

Jahren vielleicht aber auch Speiseeis anbieten möchte, sollte das bereits bei der aktuellen<br />

<strong>Marken</strong>anmeldung berücksichtigen. 148 Eine spätere Erweiterung des einmal angemeldeten<br />

Klassenverzeichnisses ist nicht möglich, sodass für anfangs nicht berücksichtigte Waren<br />

<strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungen eine Neuanmeldung erforderlich wäre. Bis dahin hat vielleicht aber<br />

145<br />

Vgl. dazu auch Tyra, „grill meister“ lässt grüßen …, XING-Beitrag vom 18.02.2015 in der Gruppe<br />

„<strong>Marken</strong>stärke & <strong>Marken</strong>image – Emotionalität von <strong>Marken</strong>“.<br />

146<br />

Das war unter Geltung der GMV auch so bei der Gr<strong>und</strong>gebühr für Gemeinschaftsmarkenanmeldungen. Mit<br />

Inkrafttreten der UMV am 23.03.2016 wurde dieses Gebührensystem aber auf eine „Zahlung pro Klasse“ geändert;<br />

vgl. EUIPO-Info zu den geänderten „Gebühren“.<br />

147<br />

Die Benutzungsschonfrist ist der Zeitraum, der dem <strong>Marken</strong>inhaber zur Vorbereitung <strong>und</strong> Aufnahme der<br />

Benutzung zur Verfügung steht. Dafür werden vom Gesetz fünf Jahre als ausreichend angesehen; vgl. Rn. 36 im<br />

BGH-Beschluss „COHIBA“ (I ZB 100/05) vom 28.09.2006. In dieser Zeit kann der <strong>Marken</strong>inhaber gegenüber<br />

Dritten sein Ausschließlichkeitsrecht in vollem Umfang geltend machen, auch wenn die Marke noch nicht benutzt<br />

wird. Berechnet wird der Zeitraum gr<strong>und</strong>sätzlich ab dem Tag der Eintragung; vgl. § 25 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G (ebenso<br />

bei Unionsmarken; vgl. Art. 18 Abs. 1 UMV). An die Stelle des Eintragungstags tritt ggf. aber der Zeitpunkt des<br />

Abschlusses des Widerspruchsverfahrens; vgl. § 26 Abs. 5 <strong>Marken</strong>G.<br />

148<br />

Bsp. übernommen aus EUIPO-Info „Die Angabe der Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen ist ein Balanceakt.“


schon ein Dritter diese <strong>oder</strong> eine ähnliche Marke in dem anfangs nicht berücksichtigten Bereich<br />

angemeldet.<br />

Andererseits vergrößert ein umfangreiches Klassenverzeichnis von Beginn an das Risiko,<br />

mit älteren Rechten Dritter zu kollidieren, <strong>und</strong> nach Ablauf der Benutzungsschonfrist die<br />

Möglichkeit von Rechtsnachteilen, wenn die Marke nicht <strong>oder</strong> nicht für alle darunter<br />

eingetragenen Waren <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> Dienstleistungen benutzt wird.<br />

b) DPMA-Verfahren zur Eintragung in das <strong>Marken</strong>register<br />

Damit das DPMA sich inhaltlich mit der <strong>Marken</strong>anmeldung befasst, hat innerhalb von drei<br />

Monaten ab dem Anmeldetag die Gebührenzahlung an das DPMA zu erfolgen. 149 Andernfalls<br />

gilt die <strong>Marken</strong>anmeldung ganz <strong>oder</strong> teilweise als zurückgenommen. 150<br />

Im Verfahren zur Eintragung einer Marke klärt das DPMA zunächst, ob alle erforderlichen<br />

Angaben vorliegen. Die <strong>Marken</strong>stelle prüft dann, ob die angemeldete Marke wegen absoluter<br />

Schutzhindernisse von der Eintragung ausgeschlossen ist. Dabei besteht selbst dann kein<br />

Anspruch auf Eintragung, wenn eine solche <strong>oder</strong> ähnliche Marke bereits eingetragen wurde.<br />

Die Entscheidung erfolgt in jedem Einzelfall allein auf Gr<strong>und</strong>lage des <strong>Marken</strong>G. Entspricht die<br />

Anmeldung den gesetzlichen Anforderungen <strong>und</strong> liegt kein absolutes Schutzhindernis vor, trägt<br />

das DPMA die Marke ins Register ein. 151 Erst dann darf das Zeichen mit dem Zusatz ® benutzt<br />

werden. 152<br />

Der Anmelder bzw. nunmehr Inhaber erhält eine Urk<strong>und</strong>e über die <strong>Marken</strong>eintragung, die kurz<br />

darauf im elektronischen <strong>Marken</strong>blatt veröffentlicht wird. Inhaber von älteren <strong>Marken</strong> <strong>oder</strong><br />

<strong>geschäftliche</strong>n <strong>Bezeichnungen</strong> haben dann drei Monate lang die Möglichkeit, Widerspruch<br />

gegen die Neueintragung einzulegen. Das kann dazu führen, dass die neu eingetragene Marke<br />

ganz <strong>oder</strong> teilweise wieder gelöscht wird. 153<br />

149<br />

Die DPMA-„Gebühren für <strong>Marken</strong>schutzrechte“.<br />

150<br />

Als teilweise Zurücknahme der <strong>Marken</strong>anmeldung gilt es, wenn die sog. Klassengebühren, die bei einer<br />

Anmeldung von mehr als drei Klassen anfallen, nicht <strong>oder</strong> nicht vollständig gezahlt werden. Bei vollständiger<br />

Zurücknahmefiktion steht im DPMAregister als Verfahrensstand des Anmeldeverfahrens: „Anmeldung gilt als<br />

zurückgenommen“.<br />

151<br />

Vgl. DPMA-Info zum „Weg Ihrer Marke ins Register“.<br />

152<br />

International tätige Unternehmen sollten auch den EUIPO-Hinweis für „<strong>Marken</strong> nach der Eintragung“<br />

beachten: „Verwenden Sie Symbol ® nicht mit <strong>Marken</strong>, die nicht eingetragen sind; dies ist in einigen Ländern<br />

eine Straftat.“<br />

153<br />

Vgl. DPMA-Info zum „Weg Ihrer Marke ins Register“.


c) Exkurs: UWG-Abmahngefahr<br />

Es kann nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) als irreführende Werbung<br />

mit einer Schutzrechtsberühmung angreifbar sein, ein Zeichen mit dem Zusatz ® zu verwenden,<br />

ohne Inhaber dieser Marke <strong>oder</strong> einer Lizenz an dieser Marke zu sein. Der Verkehr entnimmt<br />

dem Zusatz ® zu einem Zeichen regelmäßig den Hinweis, dass es eine Marke genau dieses<br />

Inhalts gibt. 154 Er erwartet, dass dieses <strong>oder</strong> ein nur geringfügig abweichendes Zeichen für den<br />

Verwender als Marke eingetragen ist <strong>oder</strong>, dass ihm der <strong>Marken</strong>inhaber eine Lizenz erteilt hat.<br />

Wird dieser Eindruck der Wahrheit zuwider erweckt, liegt es auf der Hand, dass sich das<br />

irreführend werbende Unternehmen hiervon einen Wettbewerbsvorteil verspricht. 155<br />

6. Kostet die Veröffentlichung einer <strong>Marken</strong>eintragung etwas?<br />

Diese mit „Nein.“ zu beantwortende Frage ist veranlasst, weil das DPMA im Zusammenhang<br />

mit Schutzrechtsanmeldungen <strong>und</strong> -verlängerungen seit langem vor teilweise irreführenden<br />

Angeboten, Zahlungsaufforderungen <strong>und</strong> Rechnungen warnt, die nicht vom DPMA stammen,<br />

sondern von privaten Unternehmen. 156 Dabei bieten die Unternehmen (teilweise unter<br />

behördenähnlicher Bezeichnung) die kostenpflichtige Veröffentlichung <strong>oder</strong> Eintragung von<br />

Schutzrechten in nichtamtliche Register <strong>oder</strong> eine Verlängerung des Schutzrechts beim DPMA<br />

an. Die Angebote, Zahlungsaufforderungen bzw. Rechnungen <strong>und</strong> Überweisungsträger dieser<br />

Unternehmen erwecken teilweise den Anschein amtlicher Formulare. Gleiches gilt für das<br />

EUIPO 157 <strong>und</strong> die WIPO 158 bezüglich der dort jeweils verwalteten Schutzrechte sowie für das<br />

Justizportal des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder 159 im Zusammenhang mit Onlinediensten <strong>und</strong><br />

Bekanntmachungen, z.B. handelsregister.de.<br />

7. Gibt eine <strong>Marken</strong>eintragung (endgültige) Rechtssicherheit?<br />

Auch diese Frage ist mit „Nein.“ zu beantworten. Im Anmeldeverfahren wird nicht geprüft, ob<br />

ältere Kennzeichenrechte Dritter der <strong>Marken</strong>eintragung entgegenstehen. 160 In dem nach<br />

Veröffentlichung der <strong>Marken</strong>eintragung möglichen DPMA-Widerspruchsverfahren kann<br />

vielmehr von Dritten geltend gemacht werden, dass die Marke gelöscht werden muss wegen<br />

154<br />

Vgl. Rn. 26 im BGH-Beschluss „Dorzo“ (I ZB 6/16) vom 11.05.2017.<br />

155<br />

Vgl. Rn. 16 <strong>und</strong> 21 im BGH-Urteil „Thermoroll“ (I ZR 219/06) vom 26.02.2009.<br />

156<br />

Vgl. DPMA-„Warnung vor – teilweise irreführenden – Angeboten, Zahlungsaufforderungen <strong>und</strong> Rechnungen<br />

im Zusammenhang mit Schutzrechtsanmeldungen <strong>und</strong> -verlängerungen“.<br />

157<br />

Vgl. EUIPO-Hinweis auf „Irreführende Rechnungen“.<br />

158<br />

Vgl. WIPO-„Warning – Requests for Payment of Fees“.<br />

159<br />

Vgl. Justizportal des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder-Warnung „vor – teilweise irreführenden – Angeboten,<br />

Zahlungsaufforderungen <strong>und</strong> Rechnungen, die nicht von Justizbehörden stammen“.<br />

160<br />

Vgl. DPMA-Info zum „Weg Ihrer Marke ins Register“.


erstens einer angemeldeten <strong>oder</strong> eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang, zweitens einer<br />

notorisch bekannten Marke mit älterem Zeitrang, drittens ihrer Eintragung für einen Agenten<br />

<strong>oder</strong> Vertreter des <strong>Marken</strong>inhabers <strong>und</strong> viertens einer nicht eingetragenen Benutzungsmarke<br />

mit älterem Zeitrang <strong>oder</strong> einer <strong>geschäftliche</strong>n Bezeichnung mit älterem Zeitrang. 161<br />

Hinzu kommt, dass nach Ablauf der dreimonatigen DPMA-Widerspruchsfrist die Nichtigkeit<br />

wegen älterer Rechte noch vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden kann <strong>und</strong><br />

nach Ablauf der Benutzungsschonfrist auch die Löschung wegen Verfalls. 162 Dabei kann die<br />

Verfallslöschung von jeder Person geltend gemacht werden. 163<br />

Darüber hinaus kann von jeder Person die Nichtigkeit wegen absoluter Schutzhindernisse bei<br />

einer „Fehleintragung“ mit einem Löschungsantrag beim DPMA (mit Möglichkeit der<br />

Beschwerde zum BPatG <strong>und</strong> ggf. noch der Rechtsbeschwerde zum BGH) geltend gemacht<br />

werden. 164 Dabei gilt die zeitliche Begrenzung <strong>durch</strong> das Erfordernis der Antragstellung<br />

„innerhalb von zehn Jahren seit dem Tag der Eintragung“ nicht einmal für alle<br />

Schutzhindernisse, sondern nur für diejenigen des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft, des<br />

Bestehens eines Freihaltebedürfnisses <strong>und</strong> der üblich gewordenen <strong>Bezeichnungen</strong>. 165<br />

8. Kann ich zur Rechtssicherheit beitragen?<br />

Hierzu ein klares „Ja.“ <strong>und</strong> den ehemaligen Hinweis der IHK München <strong>und</strong> Oberbayern: Wer<br />

mit einem eigenen Unternehmensnamen <strong>oder</strong> Produktnamen auf den Markt kommen will <strong>oder</strong><br />

eine Marke eintragen lassen will, muss nach bereits eingetragenen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> sonstigen<br />

geschützten Geschäftsbezeichnungen recherchieren. 166<br />

161<br />

Vgl. § 42 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G.<br />

162<br />

Vgl. § 51 Abs. 1 i.V.m. § 55 <strong>Marken</strong>G zur Nichtigkeitslöschungsklage wegen älterer Rechte <strong>und</strong> § 49 Abs. 1<br />

<strong>und</strong> 2 i.V.m. § 53 <strong>oder</strong> § 55 <strong>Marken</strong>G zur Verfallslöschung entweder im DPMA-Verfahren <strong>oder</strong> im zivilrechtlichen<br />

Klageverfahren. Absolute Eintragungshindernisse <strong>und</strong> ältere Kennzeichenrechte können auch gegen die<br />

Unionsmarke noch nach deren Eintragung geltend gemacht werden, entweder beim EUIPO <strong>oder</strong> auf Widerklage<br />

im Verletzungsverfahren; vgl. Art. 59 <strong>und</strong> Art. 60 UMV.<br />

163<br />

Vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 1 ggf. i.V.m. § 53 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G.<br />

164<br />

Vgl. § 50 Abs. 1 i.V.m. § 54 Abs. 1 S. 2 <strong>Marken</strong>G.<br />

165<br />

Vgl. § 50 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G.<br />

166<br />

Der Hinweis war im Internetauftritt der IHK München <strong>und</strong> Oberbayern ursprünglich unter<br />

„muenchen.ihk.de/de/recht/markenrecht/marken-namen-<strong>und</strong>-logos-schuetzen/Recherche-fuer-<strong>Marken</strong>-<br />

Geschmacksmuster-Patente“ abrufbar. In der zweiten Junihälfte 2016 wurde der IHK-Internetauftritt aber geändert<br />

<strong>und</strong> der Hinweis dabei entfernt. Mit Stand von Anfang 2013 ist er nur noch über die sog. Internetzeitmaschine<br />

unter „archive.org“ abrufbar.


a) Professionelle Verfügbarkeitsrecherche als Obliegenheit vor Zeichenbenutzung<br />

<strong>und</strong>/<strong>oder</strong> <strong>Marken</strong>anmeldung<br />

Recherchiert werden sollte bereits bei Unternehmensgründung vor Eintritt in den<br />

<strong>geschäftliche</strong>n Verkehr. Dort ist nämlich kein Unternehmen namenlos unterwegs, sondern jedes<br />

heißt irgendwie. Der <strong>Name</strong>, unter dem man im kaufmännischen Verkehr seine Geschäfte<br />

betreibt, kann als Unternehmenskennzeichen rechtlich geschützt sein. Das gilt auch bei<br />

Allerweltsnamen <strong>und</strong> bringt bei Unternehmensgründung stets das Risiko mit sich, dass es ein<br />

so <strong>oder</strong> ähnlich heißendes Unternehmen in derselben <strong>oder</strong> einer ähnlichen Branche bereits gibt,<br />

dessen Rechte verletzt werden können.<br />

Zudem kann ein auf die Löschung einer neu eingetragenen Marke gerichteter Widerspruch beim<br />

DPMA auf ältere Kennzeichenrechte Dritter gestützt werden. Bei Begründetheit des<br />

Widerspruchs wird die Neueintragung wieder gelöscht, was jedoch nicht so schwer wiegt, weil<br />

es letztlich „nur“ die Registerlage betrifft. 167 Schwerer wiegt demgegenüber der zivilrechtliche<br />

Aspekt, der beim administrativen Verfahren einer <strong>Marken</strong>anmeldung immer mit zu<br />

berücksichtigen ist: Aufgr<strong>und</strong> der Anmeldung eines Zeichens als Marke ist zu vermuten, dass<br />

eine Benutzung des Zeichens für die eingetragenen Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen in naher<br />

Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine solche<br />

Benutzungsabsicht sprechen. 168<br />

Das betrifft das Hauptproblem von Kennzeichenrechtsverletzungen, nämlich ihre<br />

zivilrechtlichen Folgen, insbesondere die Ansprüche auf Unterlassung (der Benutzung des<br />

eigenen Zeichens), Auskunft <strong>und</strong> Schadens- sowie Abmahnkostenersatz, ggf. auch auf<br />

Warenrückruf/-vernichtung. Das ist in der Regel teurer als eine Vorabrecherche mit rechtlicher<br />

Bewertung, insbesondere wenn das jüngere Zeichen bereits umfangreich benutzt wird, z.B. auf<br />

Waren (inklusive Aufmachung <strong>und</strong> Verpackung), in Geschäftspapieren <strong>oder</strong> in der Werbung. 169<br />

Dabei ist wegen der Kosten auch zu berücksichtigen, dass der BGH in 2017 seine<br />

Rechtsprechung gefestigt hat, dass ein Unterlassungsschuldner nicht nur zum Unterlassen<br />

weiterer Vertriebshandlungen verpflichtet ist, sondern zugleich dazu, aktiv Maßnahmen zu<br />

ergreifen, die den Weitervertrieb der rechtsverletzend aufgemachten Produkte verhindern. Sind<br />

also rechtsverletzend gekennzeichnete <strong>oder</strong> aufgemachte Produkte bereits weiter vertrieben<br />

167<br />

Ein Zeichen kann im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr auch als Marke benutzt werden, ohne als solche eingetragen zu<br />

sein.<br />

168<br />

Vgl. Rn. 30 im BGH-Urteil „REAL-Chips“ (I ZR 71/12) vom 22.01.2014.<br />

169<br />

Für Unternehmensgründer, die in der Regel keine entsprechenden Rücklagen haben, kann das sogar bald schon<br />

wieder das wirtschaftliche Aus bedeuten.


worden, beinhaltet die Unterlassungspflicht neben der Einstellung des weiteren Vertriebs<br />

regelmäßig auch den Rückruf der bereits gelieferten Produkte. 170 Es kann also nicht nach dem<br />

Motto „Was raus ist, ist raus.“ damit – im wahrsten Sinne des Wortes – gerechnet werden, dass<br />

bereits in den Handel gelangte Ware abverkauft <strong>und</strong> da<strong>durch</strong> das Kostenrisiko einer<br />

<strong>Marken</strong>rechtsverletzung verringert werden kann.<br />

Für IHK-Mitglieder kann es deshalb zwar nicht abschließend, aber zumindest für einen ersten<br />

Überblick interessant sein, einmal bei der örtlichen IHK nachzufragen, ob ein Service, wie ihn<br />

z.B. die IHK München <strong>und</strong> Oberbayern für Mitgliedsunternehmen kostenlos anbietet, auch dort<br />

geboten wird: Recherchen nach identischen <strong>und</strong> ähnlichen <strong>Marken</strong>eintragungen in<br />

Deutschland, der Schweiz, Europa (Unionsmarken) <strong>und</strong> international (IR-<strong>Marken</strong>). 171<br />

Allerdings ersetzt solch ein Recherche-Service ggf. nicht die kennzeichenrechtliche<br />

Fachberatung.<br />

Noch weniger kann diese <strong>durch</strong> eigene Online-Recherchen ersetzt werden, selbst wenn<br />

heutzutage die Online-<strong>Marken</strong>register von DPMA 172 , EUIPO 173 <strong>und</strong> WIPO 174 kostenlos zur<br />

Verfügung stehen. Ergänzend ist festzuhalten, dass im Handels-/Vereins-/<br />

Genossenschaftsregister eingetragene <strong>Bezeichnungen</strong> ebenfalls (weitgehend) kostenlos online<br />

abrufbar sind. 175 Zudem stehen nicht im jeweiligen Register eingetragene Unternehmen in der<br />

Regel in öffentlichen Telekommunikationsverzeichnissen <strong>und</strong> fallen dann bei einer<br />

Internetsuche an. 176 Auch die für Deutschland relevantesten Domains können kostenlos<br />

recherchiert werden, zumindest soweit es um deren Verfügbarkeit geht. 177 Dem<br />

kennzeichenrechtlichen Laien helfen Online-Register zur eigenen Recherche aber allenfalls<br />

zum Ausschluss <strong>oder</strong> zur Feststellung von „Volltreffern“, also bei (weitgehender) Identität im<br />

170<br />

Vgl. zuletzt Rn. 17-20 im BGH-Beschluss „Produkte zur W<strong>und</strong>versorgung“ (I ZB 96/16) vom 11.10.2017.<br />

171<br />

Vgl. Antwort auf FAQ „Wie recherchiert man nach älteren <strong>Name</strong>ns- <strong>und</strong> <strong>Marken</strong>rechten <strong>oder</strong> <strong>geschäftliche</strong>n<br />

<strong>Bezeichnungen</strong>?“ bei der IHK-Info zu „<strong>Name</strong>n <strong>und</strong> Logos schützen“.<br />

172<br />

Im DPMAregister können alle Registermarken recherchiert werden, die in Deutschland wirken, inzwischen<br />

auch IR-<strong>Marken</strong> mit EM-Benennung, die in allen EU-Mitgliedstaaten wirken <strong>und</strong> damit auch in Deutschland; vgl.<br />

„Internationale Daten“ bei der DPMAregister-Hilfe zu <strong>Marken</strong>. Bei Fertigstellung der Erstauflage waren IR-<br />

<strong>Marken</strong> nur mit DE-Benennung recherchierbar; vgl. dazu noch DPMAregister-Flyer mit „Stand Juli 2016“.<br />

173<br />

In der „eSearch plus“-Datenbank können Unionsmarken <strong>und</strong> IR-<strong>Marken</strong> mit EM-Benennung recherchiert<br />

werden.<br />

174<br />

In der „Madrid Monitor“-Datenbank können alle IR-<strong>Marken</strong> recherchiert werden, also auch die mit DE-<br />

<strong>und</strong>/<strong>oder</strong> EM-Benennung.<br />

175<br />

Im gemeinsamen Registerportal der Länder, wo die Handels-, Genossenschafts- <strong>und</strong> Partnerschaftsregister<br />

sowie zum Teil die Vereinsregister aller B<strong>und</strong>esländer <strong>und</strong> darüber hinaus die Registerbekanntmachungen<br />

recherchierbar sind, sind die Recherche von Firmen <strong>und</strong> der Abruf von Registerbekanntmachungen kostenfrei.<br />

176<br />

Die Internetfassung solcher Verzeichnisse wird vermutlich von kaum einem Unternehmen abgewählt.<br />

177<br />

Z.B. über Portale von darauf spezialisierten Dienstleistern, wie etwa „Markonet“ der Schutz <strong>Marken</strong> Dienst<br />

GmbH.


Zeichenvergleich <strong>und</strong> im Vergleich der Waren/Dienstleistungen bzw. Branchen. 178 Die<br />

kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr kann von Laien dagegen nicht beurteilt werden.<br />

Soweit darüber hinaus bei Empfehlung einer sachgerechten Verfügbarkeitsrecherche<br />

manchmal zu hören ist, man habe bereits im Internet geguckt <strong>und</strong> keine ältere Marke gef<strong>und</strong>en,<br />

ist das allein unergiebig, weil Registermarken eine Benutzungsschonfrist von mehreren Jahren<br />

genießen. In dieser Zeit kann der <strong>Marken</strong>inhaber all seine Ansprüche geltend machen, auch<br />

ohne Benutzung – ohne die seine Marke aber auch nicht mit einer Internetsuchmaschine<br />

gef<strong>und</strong>en wird. Die Nutzung einer Internetsuchmaschine kann deshalb zur Bestimmung des<br />

Risikos einer <strong>Marken</strong>rechtsverletzung allenfalls der zweite Schritt sein, nämlich um kursorisch<br />

zu prüfen, ob eine prioritätsältere Registermarke benutzt wird, soweit sie benutzungspflichtig<br />

ist <strong>oder</strong> bald wird. Demgegenüber kann der erste Schritt zur Bestimmung des Risikos einer<br />

kennzeichenrechtlichen Kollision nur sein, bei einem darauf spezialisierten Unternehmen eine<br />

Verfügbarkeitsrecherche zu beauftragen <strong>oder</strong> beauftragen zu lassen <strong>und</strong> die<br />

Rechercheergebnisse fachk<strong>und</strong>ig beurteilen zu lassen, z.B. <strong>durch</strong> einen kennzeichenrechtlich<br />

erfahrenen Rechtsanwalt. 179<br />

b) Umfang einer Verfügbarkeitsrecherche<br />

Die Verfügbarkeitsrecherche sollte nicht bei einem auf <strong>Marken</strong>eintragungen beschränkten<br />

Umfang halt machen. 180 Für Unternehmensgründer steht in der Regel zunächst die Benutzung<br />

ihres Unternehmenskennzeichens an (insbesondere als Firma), was bereits die Recherche nach<br />

Firmen veranlasst <strong>und</strong> nach Domains. 181 Das ist zusätzlich auch veranlasst, wenn es um die<br />

Anmeldung <strong>und</strong> Benutzung eines Zeichens als Marke geht. Wenn sich das oben zur ersten Frage<br />

erwähnte wechselseitige Verletzungsrisiko für <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Unternehmenskennzeichen<br />

realisiert, kann das zivilrechtlich verfolgt werden. Zudem können gegen Neueintragungen im<br />

178<br />

Für Laien eignen sich Online-Register zudem nur zur Recherche nach Wörtern <strong>oder</strong> Wortbestandteilen <strong>und</strong><br />

nicht auch für Bildbestandteile von <strong>Marken</strong>. Um solche <strong>und</strong> reine Bildmarken suchen zu können, muss man die<br />

„Wiener Klassifikation“ kennen; vgl. DPMA-Info zur „Klassifikation der Abbildungen von <strong>Marken</strong>“.<br />

179<br />

Ein solcher wird schon aus Haftungsgründen ein entsprechendes Vorgehen auch stets empfehlen, wohinter<br />

Beratene aber manchmal nur ein Gebühreninteresse vermuten.<br />

180<br />

Insoweit ist der Recherche-Service der IHK München <strong>und</strong> Oberbayern ausbaufähig (Fn. 171). Trotz<br />

Empfehlung, dass eine Recherche nicht nur Registermarken umfassen sollte, sondern auch <strong>geschäftliche</strong><br />

<strong>Bezeichnungen</strong>, sind diese nicht vom IHK-Service erfasst. Hierfür wird der Interessent vielmehr auf eigene<br />

Internetrecherchen verwiesen.<br />

181<br />

Durch die Benutzung eines Domainnamens kann ein entsprechendes Unternehmenskennzeichen entstehen; vgl.<br />

Leitsatz a) i.V.m. S. 6 f. im BGH-Urteil „soco.de“ (I ZR 135/01) vom 22.07.2004.


markenamtlichen Widerspruchsverfahren auch ältere <strong>geschäftliche</strong> <strong>Bezeichnungen</strong> geltend<br />

gemacht werden, um die jüngere <strong>Marken</strong>eintragung zu versagen. 182<br />

Sollte es dann auch noch um ein Logo gehen, könnte (je nach Grafik) die Empfehlung einer<br />

Bildmarken-Recherche hinzukommen <strong>und</strong> vorsorglich sogar die einer Design-Recherche. Als<br />

Design werden mitunter Logos eingetragen, die eigentlich Wort-/Bildmarken <strong>und</strong> oft auch<br />

parallel als solche eingetragen sind. Entsprechende Design-Schutzrechte können ebenfalls der<br />

Eintragung von <strong>Marken</strong> entgegengehalten werden, hierzulande zwar nicht im<br />

DPMA-Widerspruchsverfahren, wohl aber mit einer Nichtigkeitslöschungsklage vor den<br />

ordentlichen Gerichten. 183<br />

Berücksichtigt werden sollte darüber hinaus die Farbmarke, insbesondere wenn es um die Wahl<br />

der „Hausfarbe“ eines Unternehmens geht.<br />

9. Wovor schützen <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Unternehmenskennzeichen?<br />

Der Erwerb von <strong>Marken</strong>schutz <strong>und</strong> von Unternehmenskennzeichenschutz gewähren dem<br />

Inhaber jeweils ein ausschließliches Recht. 184 Dabei geht es jeweils um Identitäts-,<br />

Verwechslungs- <strong>und</strong> Bekanntheitsschutz.<br />

a) Identitätsschutz<br />

Während für <strong>Marken</strong> der Identitätsschutz gesondert geregelt ist, ist er bei<br />

Unternehmenskennzeichen von dem Tatbestand zum Verwechslungsschutz umfasst. 185<br />

aa) Identitätsschutz für <strong>Marken</strong><br />

Nach der hierfür maßgeblichen gesetzlichen Regelung ist es Dritten untersagt, ohne<br />

Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr ein mit der Marke identisches<br />

Zeichen für Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für<br />

182<br />

Was seit jeher im Unionsmarkensystem gilt, ist seit Oktober 2009 auch beim DPMA möglich; vgl. DPMA-<br />

„Informationen zu Widersprüchen aus nicht registrierten Kennzeichenrechten <strong>und</strong> zum Sonderschutz einer<br />

bekannten Marke“.<br />

183<br />

Vgl. §§ 51 Abs. 1, 13 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 55 <strong>Marken</strong>G.<br />

184<br />

Vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G.<br />

185<br />

Vgl. für <strong>Marken</strong> § 14 Abs. 2 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G bzw. § 9 Abs. 1 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G, wenn es um das relative<br />

Schutzhindernis im <strong>Marken</strong>eintragungsverfahren geht, <strong>und</strong> für Unternehmenskennzeichen § 15 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G,<br />

der die Zeichenidentität mit der Formulierung „die <strong>geschäftliche</strong> Bezeichnung“ in Bezug nimmt.


die die Marke Schutz genießt. 186 Es geht mithin um die sog. Doppelidentität, also die jeweilige<br />

Identität zum einen der miteinander zu vergleichenden Zeichen <strong>und</strong> zum anderen der<br />

miteinander zu vergleichenden Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen.<br />

Dabei setzt die Zeichenidentität gr<strong>und</strong>sätzlich eine vollständige Übereinstimmung der<br />

Vergleichszeichen voraus. Unschädlich sind aber so geringfügige Unterschiede zwischen den<br />

Zeichen, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können. Heutzutage gilt das etwa<br />

für unterschiedliche Groß- <strong>und</strong> Kleinschreibung, z.B. von „ROLEX“ <strong>und</strong> „Rolex“ 187 , nicht aber<br />

für Unterschiede in der Zusammen- <strong>oder</strong> Getrenntschreibung <strong>und</strong> deutliche Unterschiede in der<br />

graphischen Gestaltung, z.B. „Kinderstube“ <strong>und</strong> „Kinder STUBE“ 188 .<br />

Bei schwarz-weißen <strong>Marken</strong> wird der Identitätsbereich <strong>durch</strong> die Marke in der eingetragenen<br />

schwarz-weißen Form bestimmt. Deshalb ist eine schwarz-weiße Marke nicht mit demselben<br />

Zeichen in Farbe identisch, sofern die Farbunterschiede nicht unbedeutend sind, wie z.B. beim<br />

Vergleich dieser beiden Zeichen angenommen: 189<br />

Beim ebenfalls anzustellenden Vergleich der jeweiligen Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen besteht<br />

Identität auch dann, wenn ein (ggf. recht weiter) Oberbegriff eine bestimmte Ware <strong>oder</strong><br />

Dienstleistung erfasst, wie z.B. im Warenbereich bei „pharmazeutische Erzeugnisse“ <strong>und</strong><br />

„Humanarzneimittel, nämlich Magen-Darm-Präparate“ 190 sowie „alkoholische Getränke<br />

(ausgenommen Biere)“ <strong>und</strong> „Spirituosen mexikanischer Herkunft, nämlich Tequila“ 191 <strong>oder</strong> im<br />

Dienstleistungsbereich bei „Erziehung“ <strong>und</strong> „Vermittlung erzieherischen Wissens <strong>durch</strong><br />

186<br />

Vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 1 <strong>Marken</strong>G. Zudem kann unter den entsprechenden Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr.<br />

1 <strong>Marken</strong>G die Eintragung einer Marke gelöscht werden.<br />

187<br />

Vgl. Leitsatz c) i.V.m. Rn. 21 f. im BGH-Urteil „Uhrenankauf im Internet“ (I ZR 188/13) vom 12.03.2015.<br />

Unterschiedliche Groß- <strong>und</strong> Kleinschreibung führte früher aus der Zeichenidentität heraus <strong>und</strong> begründete „nur“<br />

eine (ggf. hochgradige) Zeichenähnlichkeit, z.B. bei „POWER BALL“ <strong>und</strong> „power ball“ bzw. „Powerball“; vgl.<br />

Rn. 19 i.V.m. Rn. 32 im BGH-Urteil „POWER BALL“ (I ZR 51/08) vom 04.02.2010.<br />

188<br />

Vgl. Leitsatz e) i.V.m. Rn. 61 im BGH-Urteil „Kinderstube“ (I ZR 254/14) vom 28.04.2016.<br />

189<br />

Vgl. Leitsatz a) i.V.m. Rn. 15-17 im BGH-Urteil „BMW-Emblem“ (I ZR 153/14) vom 12.03.2015.<br />

190<br />

Vgl. Rn. 14 im BGH-Beschluss „Pantogast“ (I ZB 55/05) vom 29.05.2008.<br />

191<br />

Vgl. Rn. 11 im BGH-Beschluss „SIERRA ANTIGUO“ (I ZB 61/07) vom 03.04.2008.


Beratung <strong>und</strong> Information über Erziehung“ 192 sowie „Telekommunikation“ <strong>und</strong> „Übermittlung<br />

von Nachrichten“ 193 <strong>oder</strong> „Transportwesen“ <strong>und</strong> „Personentransport einschließlich des<br />

öffentlichen Personennahverkehrs mit Bussen“ 194 .<br />

Voraussetzung für eine doppelidentische <strong>Marken</strong>rechtsverletzung ist zudem, dass die<br />

Benutzung des angegriffenen Zeichens eine der Funktionen der älteren Marke beeinträchtigt<br />

<strong>oder</strong> beeinträchtigen kann. Zu den insoweit geschützten Funktionen der Marke gehören neben<br />

der Gewährleistung der betrieblichen Herkunft als Hauptfunktion auch ihre anderen<br />

Funktionen, wie u.a. die Gewährleistung der Qualität der mit ihr gekennzeichneten Ware <strong>oder</strong><br />

Dienstleistung <strong>oder</strong> die Kommunikations-, Investitions- <strong>oder</strong> Werbefunktion. Dieser Schutz ist<br />

somit weiter als derjenige vor Verwechslungsgefahr, der die Möglichkeit einer<br />

Beeinträchtigung der Hauptfunktion der Marke voraussetzt. Kann aber die Benutzung des mit<br />

der Marke identischen Zeichens keine der Funktionen der Marke beeinträchtigen, kann ihr der<br />

<strong>Marken</strong>inhaber auf der Gr<strong>und</strong>lage von Identitätsschutz nicht entgegentreten. 195 Wann eine<br />

solche Funktionsbeeinträchtigung vorliegen kann, wird hier mit Rücksicht darauf nicht vertieft,<br />

dass dieses Buch lediglich in Gr<strong>und</strong>zügen die Sensibilisierung für kennzeichenrechtliche<br />

Kollisionen bezweckt. 196<br />

ab) Identitätsschutz für Unternehmenskennzeichen<br />

Nach der hierfür maßgeblichen gesetzlichen Regelung ist es Dritten untersagt, die <strong>geschäftliche</strong><br />

Bezeichnung <strong>oder</strong> ein ähnliches Zeichen im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr unbefugt in einer Weise zu<br />

benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. 197<br />

Dabei sind Fälle der Zeichenidentität <strong>durch</strong> die Formulierung „die <strong>geschäftliche</strong> Bezeichnung“<br />

erfasst. Der Identitätsschutz ist aber (anders als bei der Marke) nicht absolut. Verlangt wird<br />

vielmehr auch insoweit (wie bei der Benutzung eines ähnlichen Zeichens), dass eine<br />

Verwechslungsgefahr besteht.<br />

Die Identität der Zeichen beurteilt sich hier zwar nicht gr<strong>und</strong>sätzlich anders als bei <strong>Marken</strong>. So<br />

führen auch bei Unternehmenskennzeichen heutzutage Unterschiede in der Groß- <strong>oder</strong><br />

192<br />

Vgl. Leitsatz c) i.V.m. Rn. 48 im BGH-Urteil „Kinderstube“ (I ZR 254/14) vom 28.04.2016.<br />

193<br />

Vgl. Rn. 64 im BGH-Urteil „airdsl“ (I ZR 231/06) vom 14.05.2009.<br />

194<br />

Vgl. Rn. 45 im BGH-Urteil „METROBUS“ (I ZR 167/06) vom 05.02.2009.<br />

195<br />

Vgl. Rn. 11 im BGH-Urteil „GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE“ (I ZR 33/10) vom 14.04.2011.<br />

196<br />

Zudem konnte der BGH noch nicht alle Fragen klären, die da<strong>durch</strong> aufgeworfen sind, dass der EuGH in 2009<br />

die Multifunktionalität einer Marke anerkannt hat (vgl. Fn. 21).<br />

197<br />

Vgl. § 15 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G.


Kleinschreibung noch nicht aus dem Identitätsbereich hinaus, wie z.B bei „ConText“ <strong>und</strong><br />

„Context“. 198 Bei der Prüfung der Zeichenidentität <strong>oder</strong> -ähnlichkeit als eine Voraussetzung<br />

von Verwechslungsgefahr sind aber mehrteilige <strong>Marken</strong> jeweils als Ganzes miteinander zu<br />

vergleichen 199 , wohingegen bei mehrteiligen Unternehmenskennzeichen ggf. auf den Teil des<br />

gesamten Zeichens abzustellen ist, der gesonderten kennzeichenrechtlichen Schutz genießt. 200<br />

Diesem unterschiedlichen Ansatz liegen die Annahmen zu Gr<strong>und</strong>e, dass im Normalfall der<br />

Durchschnittsverbraucher eine Marke als Ganzes wahrnehme, wohingegen der Verkehr dazu<br />

neige, längere Firmenbezeichnungen auf den (ggf. allein) unterscheidungskräftigen Bestandteil<br />

zu verkürzen. Damit korrespondierend war oben zur zweiten Frage schon auf die Besonderheit<br />

hinzuweisen, dass an einem Firmenschlagwort ein Unternehmenskennzeichenrecht entstehen<br />

kann. Die praktische Bedeutung soll nun das Beispiel veranschaulichen, dass auf dieser Basis<br />

aus „ConText Communication“ vorgegangen werden konnte gegen die „Context Gesellschaft<br />

für Sprachen- <strong>und</strong> Mediendienste mbH“. 201<br />

Soweit darüber hinaus auch der Identitätsschutz für Unternehmenskennzeichen voraussetzt,<br />

dass eine Verwechslungsgefahr besteht, entspricht das dem Tatbestand des<br />

Verwechslungsschutzes für <strong>Marken</strong>. 202 Dazu sogleich.<br />

b) Verwechslungsschutz<br />

Nach der für den markenrechtlichen Verwechslungsschutz maßgeblichen gesetzlichen<br />

Regelung ist es Dritten untersagt, ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität <strong>oder</strong><br />

Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke <strong>und</strong> der Identität <strong>oder</strong> Ähnlichkeit der <strong>durch</strong> die Marke<br />

<strong>und</strong> das Zeichen erfassten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von<br />

Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich<br />

in Verbindung gebracht wird. 203<br />

198<br />

Vgl. Rn. 30 f. im BGH-Urteil „ConText“ (I ZR 50/14) vom 05.11.2015.<br />

199<br />

Vgl. Rn. 50 im BGH-Urteil „Culinaria/Villa Culinaria” (I ZR 85/11) vom 05.12.2012.<br />

200<br />

Vgl. Rn. 28 im BGH-Urteil „ConText“ (I ZR 50/14) vom 05.11.2015.<br />

201<br />

Vgl. Rn. 17 ff. im BGH-Urteil „ConText“ (I ZR 50/14) vom 05.11.2015.<br />

202<br />

Abzuwarten bleibt, ob die bei <strong>Marken</strong> erfolgte Ausweitung des Identitätsschutzes auch auf andere Funktionen<br />

als der Herkunftsfunktion (vgl. Fn. 21) beim Unternehmenskennzeichenschutz noch nachvollzogen wird, obwohl<br />

dieser auf autonomem nationalen Recht gründet <strong>und</strong> nicht auf der MRRL.<br />

203<br />

Vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 2 <strong>Marken</strong>G. Zudem kann unter den entsprechenden Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr.<br />

2 <strong>Marken</strong>G die Eintragung einer Marke gelöscht werden.


a) Arten der Verwechslungsgefahr<br />

Soweit im Ergebnis für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen bestehen muss, schließt<br />

das die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens ein. Das ist keine Alternative zur<br />

Verwechslungsgefahr, sondern nur eine genauere Bestimmung ihres Umfangs. 204 Abhängig<br />

vom Grad der Verwechslungsgefahr kann deshalb entweder eine unmittelbare<br />

Verwechslungsgefahr vorliegen <strong>oder</strong> eine Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens.<br />

Dabei besteht unmittelbare Verwechslungsgefahr, wenn der angesprochene Verkehr das<br />

angegriffene Zeichen für das Angriffszeichen hält. 205<br />

Ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht festzustellen, kann eine Gefahr des<br />

gedanklichen Inverbindungbringens unter verschiedenen Aspekten in Betracht kommen.<br />

Mit Rücksicht darauf, dass dieses Buch lediglich in Gr<strong>und</strong>zügen die Sensibilisierung für<br />

kennzeichenrechtliche Kollisionen bezweckt, werden davon hier nur die beiden Fallgruppen<br />

erwähnt, die – soweit ersichtlich – am häufigsten Gegenstand der jüngeren<br />

BGH-Rechtsprechung waren, nämlich Serienzeichen <strong>und</strong> Kombinationszeichen mit<br />

selbstständig kennzeichnendem Bestandteil.<br />

Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens hat unter dem Begriff des<br />

gedanklichen Inverbindungbringens Eingang in die MRRL <strong>und</strong> das <strong>Marken</strong>G gef<strong>und</strong>en. 206<br />

Sie liegt vor, wenn miteinander nicht verwechselbare Zeichen in einem Bestandteil<br />

übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht<br />

<strong>und</strong> deshalb die nachfolgenden <strong>Bezeichnungen</strong> mit wesensgleichem Stamm demselben Inhaber<br />

zuordnet. Dabei setzt das Vorliegen einer Zeichenserie die Benutzung mehrerer <strong>Marken</strong> mit<br />

einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das<br />

gemeinsame Element kennen <strong>und</strong> mit der Zeichenserie in Verbindung bringen. 207<br />

Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne kann zudem unter dem Gesichtspunkt einer<br />

selbstständig kennzeichnenden Stellung eines übereinstimmenden Zeichenbestandteils<br />

bestehen. Das setzt voraus, dass ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil<br />

identisch <strong>oder</strong> ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem<br />

204<br />

Vgl. BGH-Urteil „ECCO II“ (I ZB 36/95) vom 02.07.1998 (GRUR 1998, 1014, 1015).<br />

205<br />

Vgl. Rn. 43 im BGH-Urteil „Bounty“ (I ZR 23/14) vom 21.10.2015.<br />

206<br />

Vgl. Rn. 40 im BGH-Urteil „MIXI” (I ZR 142/07) vom 19.11.2009.<br />

207<br />

Vgl. Rn. 40 im BGH-Urteil „VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion“ (I ZR 214/11) vom 11.04.2013 unter Aufgabe<br />

der früheren Annahme, dass ausnahmsweise auch in einem erstmalig verwendeten Zeichen ein Stammzeichen<br />

gesehen werden könne.


Unternehmenskennzeichen <strong>oder</strong> Serienzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung<br />

behält. Zudem muss wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei<br />

den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden, dass die fraglichen<br />

Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verb<strong>und</strong>enen Unternehmen<br />

stammen. 208 Zugleich setzt das voraus, dass der Verkehr aufgr<strong>und</strong> besonderer Umstände<br />

überhaupt Veranlassung hat, dass zusammengesetzte Zeichen zergliedernd <strong>und</strong> nicht als<br />

einheitliche Bezeichnung aufzufassen. 209 Ist die Kennzeichnungskraft der älteren<br />

(Angriffs-)Marke unter<strong>durch</strong>schnittlich, sind strenge Anforderungen an das Vorliegen einer<br />

Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu stellen. 210<br />

bb) Beurteilungsmaßstab<br />

Ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, ist eine Rechtsfrage. 211 Deshalb ist nicht etwa die<br />

Tatsachenfrage maßgeblich, ob die beteiligten Verkehrskreise wirklich einer Verwechslung<br />

unterliegen. Vielmehr ist die rein rechtliche Beurteilung der Verwechslungsgefahr unter<br />

Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine<br />

Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität<br />

<strong>oder</strong> Ähnlichkeit der Zeichen <strong>und</strong> der Identität <strong>oder</strong> Ähnlichkeit der mit ihnen<br />

gekennzeichneten Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren<br />

(Angriffs-)Marke. Deshalb kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen <strong>durch</strong> einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen <strong>oder</strong> <strong>durch</strong> eine<br />

erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden <strong>und</strong> umgekehrt. 212<br />

(1) Zeichenähnlichkeit<br />

Um die Verwechslungsgefahr beurteilen zu können, muss u.a. festgestellt werden, ob <strong>und</strong><br />

inwieweit Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen besteht.<br />

Abzustellen ist dabei auf die eingetragene Form der Angriffsmarke <strong>und</strong> die konkrete Fassung<br />

des Kollisionszeichens. 213 Das Ergebnis dieser Prüfung kann von Zeichenunähnlichkeit über<br />

208<br />

Vgl. Rn. 43 im BGH-Beschluss „OXFORD/Oxford Club“ (I ZB 45/16) vom 09.11.2017.<br />

209<br />

Vgl. Rn. 26 im BGH-Beschluss „Maalox/Melox-GRY“ (I ZB 52/09) vom 01.06.2011.<br />

210<br />

Vgl. Rn. 43 im BGH-Beschluss „OXFORD/Oxford Club“ (I ZB 45/16) vom 09.11.2017.<br />

211<br />

Vgl. Rn. 40 im BGH-Urteil „Bounty“ (I ZR 23/14) vom 21.10.2015.<br />

212<br />

Vgl. Rn. 9 im BGH-Beschluss „OXFORD/Oxford Club“ (I ZB 45/16) vom 09.11.2017. Beim<br />

Verwechslungsschutz für Unternehmenskennzeichen besteht eine entsprechende Wechselwirkung zwischen dem<br />

Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden <strong>Bezeichnungen</strong>, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens<br />

des Klägers <strong>und</strong> der Nähe der Unternehmensbereiche; vgl. Rn. 23 im BGH-Urteil „ConText“ (I ZR 50/14) vom<br />

05.11.2015.<br />

213<br />

Vgl. Rn. 31 im BGH-Urteil „VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion“ (I ZR 214/11) vom 11.04.2013.


Zeichenähnlichkeit bis zu Zeichenidentität reichen. 214 Fehlt es an Zeichenähnlichkeit scheidet<br />

ein Verwechslungsschutz aus. 215 Liegt dagegen Zeichenähnlichkeit vor, ist deren Grad genauer<br />

zu bestimmen. Dabei kann zwischen sehr hoher (weit über<strong>durch</strong>schnittlicher), hoher<br />

(über<strong>durch</strong>schnittlicher), normaler (<strong>durch</strong>schnittlicher), geringer (unter<strong>durch</strong>schnittlicher) <strong>und</strong><br />

sehr geringer (weit unter<strong>durch</strong>schnittlicher) Zeichenähnlichkeit unterschieden werden. 216<br />

Jedoch kann eine Zeichenähnlichkeit allein im Hinblick auf eine Übereinstimmung in<br />

schutzunfähigen Bestandteilen nicht angenommen werden. 217 Dieser Gr<strong>und</strong>satz beruht auf der<br />

Erwägung, dass einer Klage- <strong>oder</strong> Widerspruchsmarke allein aus schutzunfähigen<br />

Bestandteilen kein Schutz erwachsen darf. 218 Dementsprechend kann z.B. eine<br />

Übereinstimmung in einem beschreibenden Zeichenbestandteil eine Verwechslungsgefahr<br />

nicht begründen. Vielmehr haben beschreibende Bestandteile beim Zeichenvergleich<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich außer Betracht zu bleiben. 219<br />

Dabei ist die Ähnlichkeit der Vergleichszeichen nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im<br />

Klang <strong>und</strong> im Bedeutungs- <strong>oder</strong> Sinngehalt zu beurteilen, weil <strong>Marken</strong> auf die mit ihnen<br />

angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher <strong>und</strong> begrifflicher Hinsicht wirken<br />

können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die<br />

Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche. 220 Es reicht daher, wenn die<br />

Zeichen einander entweder im (Schrift-)Bild <strong>oder</strong> im Klang <strong>oder</strong> in der Bedeutung ähnlich sind.<br />

Allerdings kann eine (schrift-)bildliche <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> klangliche Ähnlichkeit ausnahmsweise zu<br />

verneinen sein, wenn zumindest eines der Vergleichszeichen einen klar erkennbaren<br />

eindeutigen Sinngehalt hat. Dies setzt jedoch einen die Zeichen unterscheidenden, ohne<br />

Weiteres erkennbaren konkreten Begriffsinhalt voraus, wofür es nicht ausreicht, wenn ein<br />

Sinngehalt sich erst nach analytischer Betrachtung ergibt. 221 Offen ist, ob eine nach dem Klang<br />

zu bejahende Identität <strong>oder</strong> Ähnlichkeit der Wortbestandteile auch <strong>durch</strong> Abweichungen im<br />

214<br />

Vgl. Rn. 49 im BGH-Urteil „IPS/ISP“ (I ZR 161/13) vom 05.03.2015.<br />

215<br />

Vgl. Rn. 32 im BGH-Urteil „Goldbären“ (I ZR 105/14) vom 23.09.2015.<br />

216<br />

Vgl. Rn. 49 im BGH-Urteil „IPS/ISP“ (I ZR 161/13) vom 05.03.2015.<br />

217<br />

Vgl. Rn. 37 im BGH-Beschluss „BioGourmet“ (I ZB 56/14) vom 14.01.2016.<br />

218<br />

Vgl. Rn. 18 im BGH-Beschluss „BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE“ (I ZB 16/14)<br />

vom 09.07.2015, wo aber auch klargestellt ist, dass dieser Gr<strong>und</strong>satz nicht uneingeschränkt gilt.<br />

219<br />

Vgl. Rn. 27 f. im BGH-Urteil „Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke“ (I ZR 30/16) vom 02.03.2017.<br />

220<br />

Vgl. Rn. 24 im BGH-Urteil „BMW-Emblem“ (I ZR 153/14) vom 12.03.2015.<br />

221<br />

Vgl. Rn. 27 im BGH-Urteil „Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke“ (I ZR 30/16) vom 02.03.2017. Zuvor war<br />

in solchen Fällen vom „Neutralisieren“ bestehender Ähnlichkeiten die Rede, vgl. Rn. 32 im BGH-Urteil „Kappa“<br />

(I ZR 31/09) vom 20.01.2011.


Bild in einem Maße neutralisiert werden kann, dass eine Zeichenähnlichkeit <strong>und</strong> damit eine<br />

Verwechslungsgefahr ausscheidet. 222<br />

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den <strong>durch</strong> die Zeichen<br />

hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre<br />

unterscheidungskräftigen <strong>und</strong> dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. 223 Der<br />

Gesamteindruck ist deshalb maßgeblich, weil der Durchschnittsverbraucher eine Marke<br />

regelmäßig als Ganzes wahrnimmt <strong>und</strong> nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet. 224<br />

Zudem ist davon auszugehen, dass der Verkehr die jeweiligen Zeichen regelmäßig nicht<br />

gleichzeitig wahrnimmt <strong>und</strong> miteinander vergleicht. In einem dementsprechend <strong>und</strong>eutlichen<br />

Erinnerungseindruck fallen dann die übereinstimmenden Merkmale stärker ins Gewicht als die<br />

Unterschiede. Auch kann der Gesamteindruck in Fachkreisen anders ausfallen als bei<br />

Endverbrauchern, etwa weil die Fachkreise eine größere Aufmerksamkeit bei der Erfassung der<br />

Zeichen aufwenden <strong>und</strong> kleinere Unterschiede besser in Erinnerung behalten als die<br />

Endverbraucher. 225<br />

(2) Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit<br />

Für die Frage der Waren- <strong>oder</strong> Dienstleistungsähnlichkeit ist bei einer eingetragenen<br />

(Angriffs-)Marke auf die Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen abzustellen, für die sie eingetragen<br />

ist. 226 Eine Verwechslungsgefahr ist ausgeschlossen, wenn diese <strong>und</strong> die Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen des angegriffenen Zeichens einander nicht ähnlich sind. Eine absolute<br />

Unähnlichkeit der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen kann selbst bei Identität der Zeichen nicht<br />

<strong>durch</strong> eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren (Angriffs-)Marke ausgeglichen<br />

werden. 227 Von einer solchen Unähnlichkeit kann nur ausgegangen werden, wenn trotz<br />

(unterstellter) Identität der Zeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des<br />

Abstandes der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist. 228<br />

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen sind alle erheblichen<br />

Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den zu vergleichenden Waren <strong>oder</strong><br />

222<br />

Vgl. Rn. 26 im BGH-Urteil „Duff Beer“ (I ZR 135/11) vom 05.12.2012, wo betont wird, dass dies zuvor im<br />

„Kappa“-Urteil offengelassen wurde.<br />

223<br />

Vgl. Rn. 30 im BGH-Urteil „Culinaria/Villa Culinaria” (I ZR 85/11) vom 05.12.2012.<br />

224<br />

Vgl. Rn. 12 im BGH-Beschluss „Malteserkreuz II“ (I ZB 19/08) vom 25.02.2010.<br />

225<br />

Vgl. Rn. 23 <strong>und</strong> 29 im BGH-Urteil „IPS/ISP“ (I ZR 161/13) vom 05.03.2015.<br />

226<br />

Vgl. Rn. 28 im BGH-Urteil „Goldbären“ (I ZR 105/14) vom 23.09.2015.<br />

227<br />

Vgl. Rn. 10 im BGH-Beschluss „ZOOM/ZOOM“ (I ZB 77/13) vom 03.07.2014.<br />

228<br />

Vgl. Rn. 11 im BGH-Beschluss „OXFORD/Oxford Club“ (I ZB 45/16) vom 09.11.2017.


Dienstleistungen kennzeichnen. Das sind insbesondere die Art der Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck <strong>und</strong> ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander<br />

konkurrierende <strong>oder</strong> einander ergänzende Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen. In die Beurteilung<br />

einzubeziehen ist, ob die Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen<br />

<strong>oder</strong> unter ihrer Kontrolle hergestellt <strong>oder</strong> erbracht werden <strong>oder</strong> ob sie beim Vertrieb<br />

Berührungspunkte aufweisen. 229<br />

Bei körperlichen Waren kann ein solcher Berührungspunkt sein, dass sie in denselben<br />

Verkaufsstätten angeboten werden. 230 Dem kommt unter Umständen aber nur ein geringeres<br />

Gewicht zu. So wird z.B. daraus, dass in einer Verkaufsstätte wie etwa einem<br />

Schreibwarengeschäft sowohl Zeitschriften, Zeitungen <strong>oder</strong> Bücher als auch Kopierpapier<br />

erworben werden können, nicht auf eine mögliche Herkunft der unterschiedlichen Waren aus<br />

demselben Betrieb <strong>oder</strong> von miteinander verb<strong>und</strong>enen Herstellern geschlossen werden<br />

können. 231 Eine größere Rolle kann da schon der Verwendungszweck von Waren spielen,<br />

insbesondere bei solchen, die einander ergänzen. Für den Verkehr liegt im Allgemeinen die<br />

Annahme nahe, dass sich ein <strong>Marken</strong>inhaber auch mit der Herstellung, dem Vertrieb <strong>oder</strong> der<br />

Lizenzierung funktionell nahestehender Produkte befasst, um seine vorhandenen Erfahrungen,<br />

Marktkenntnisse <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enbeziehungen weitergehend nutzen zu können. 232<br />

Bei Dienstleistungen sind wegen der fehlenden Körperlichkeit in erster Linie deren Art <strong>und</strong><br />

Zweck, also der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen, sowie die Vorstellung des<br />

Verkehrs maßgeblich, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortlichkeit erbracht<br />

werden. 233<br />

(3) Kennzeichnungskraft der älteren (Angriffs-)Marke<br />

Dieser Faktor zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist gesetzlich nicht geregelt, aber nach<br />

ständiger Rechtsprechung für die Wechselbeziehung mit den beiden gesetzlichen<br />

Voraussetzungen zu berücksichtigen. 234 Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft einer<br />

(Angriffs-)Marke sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die<br />

229<br />

Vgl. Rn. 21 im BGH-Beschluss „BioGourmet“ (I ZB 56/14) vom 14.01.2016.<br />

230<br />

Vgl. Rn. 40 im BGH-Urteil „Gelbe Wörterbücher“ (I ZR 228/12) vom 18.09.2014.<br />

231<br />

Vgl. Rn. 28 im BGH-Beschluss „ZOOM/ZOOM“ (I ZB 77/13) vom 03.07.2014.<br />

232<br />

Vgl. Rn. 20 im BGH-Beschluss „ZOOM/ZOOM“ (I ZB 77/13) vom 03.07.2014.<br />

233<br />

Vgl. Rn. 11 im BGH-Beschluss „OXFORD/Oxford Club“ (I ZB 45/16) vom 09.11.2017.<br />

234<br />

Wie oben wiedergegeben, setzt der gesetzliche Wortlaut voraus, dass wegen der „Identität <strong>oder</strong> Ähnlichkeit des<br />

Zeichens mit der Marke“ <strong>und</strong> der „Identität <strong>oder</strong> Ähnlichkeit der <strong>durch</strong> die Marke <strong>und</strong> das Zeichen erfassten Waren<br />

<strong>oder</strong> Dienstleistungen“ eine Verwechslungsgefahr besteht.


Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil,<br />

die Intensität, die geografische Verbreitung <strong>und</strong> die Dauer der Benutzung der Marke, der<br />

Werbeaufwand des Unternehmens für eine Marke <strong>und</strong> der Teil der beteiligten Verkehrskreise<br />

gehören, die die Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen aufgr<strong>und</strong> der Marke als von einem bestimmten<br />

Unternehmen stammend erkennen. 235<br />

Insoweit wird die originäre Kennzeichnungskraft bestimmt <strong>durch</strong> die Eignung der Marke, sich<br />

unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren <strong>oder</strong><br />

Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen <strong>und</strong> die<br />

Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. 236<br />

Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe <strong>oder</strong> geringe Kennzeichnungskraft<br />

sprechen, ist von normaler <strong>oder</strong> – was dem entspricht – <strong>durch</strong>schnittlicher Kennzeichnungskraft<br />

auszugehen. 237 <strong>Marken</strong>, die über einen für die jeweiligen Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre<br />

Kennzeichnungskraft. 238 Sie kann <strong>durch</strong> umfangreiche <strong>und</strong> langjährige Benutzung gesteigert<br />

werden. 239 Allerdings kann im Einzelfall angenommen werden, es handele sich um<br />

naheliegende <strong>Marken</strong>bildungen mit geringer Kennzeichnungskraft, wenn für gleiche <strong>und</strong><br />

benachbarte Warengebiete eine Reihe ähnlicher Zeichen eingetragen ist, ohne dass der<br />

<strong>Marken</strong>inhaber dagegen eingeschritten ist. Insoweit kommt es ebenfalls nicht auf die<br />

Benutzungslage an, sondern darauf, ob die Drittmarken der älteren (Angriffs-)Marke so<br />

nahekommen, dass der Registerstand einen Rückschluss auf deren Kennzeichnungsschwäche<br />

erlaubt. 240<br />

Die Kennzeichnungskraft der älteren (Angriffs-)Marke ist zwar bezogen auf die konkret unter<br />

ihr eingetragenen Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen zu bestimmen. Das schließt aber nicht aus, dass<br />

eine <strong>durch</strong> Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft auch dann vorliegen kann, wenn das<br />

betreffende Zeichen nicht nur als Marke benutzt wurde, sondern auch als<br />

Unternehmenskennzeichen. Hierfür spricht, dass das Publikum in der Erinnerung nicht nach<br />

der rechtlichen Art der Kennzeichen differenziert. Zudem gibt es Branchen, bei denen das<br />

235<br />

Vgl. Rn. 30 im BGH-Urteil „Stofffähnchen“ (I ZR 39/06) vom 05.11.2008.<br />

236<br />

Vgl. Rn. 31 im BGH-Beschluss „BioGourmet“ (I ZB 56/14) vom 14.01.2016.<br />

237<br />

Vgl. Rn. 10 im BGH-Beschluss „BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE“ (I ZB 16/14)<br />

vom 09.07.2015.<br />

238<br />

Vgl. Rn. 10 im BGH-Beschluss „ISET/ISETsolar“ (I ZB 2/14) vom 02.04.2015.<br />

239<br />

Vgl. Rn. 22 im BGH-Urteil „BMW-Emblem“ (I ZR 153/14) vom 12.03.2015.<br />

240<br />

Vgl. Rn. 30 im BGH-Beschluss „OXFORD/Oxford Club“ (I ZB 45/16) vom 09.11.2017.


Publikum daran gewöhnt ist, dass Unternehmenskennzeichen regelmäßig auch zur<br />

Kennzeichnung der vom betreffenden Unternehmen angebotenen Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

benutzt werden, z.B. bei großen Handelsketten. 241<br />

c) Bekanntheitsschutz<br />

Nach der hierfür maßgeblichen gesetzlichen Regelung ist es Dritten untersagt, ohne<br />

Zustimmung des <strong>Marken</strong>inhabers im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr ein mit der Marke identisches<br />

Zeichen <strong>oder</strong> ein ähnliches Zeichen für Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen zu benutzen, die nicht<br />

denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im<br />

Inland bekannte Marke handelt <strong>und</strong> die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft <strong>oder</strong><br />

die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Gr<strong>und</strong> in unlauterer Weise<br />

ausnutzt <strong>oder</strong> beeinträchtigt. 242 Die betreffende Vorschrift, deren Wortlaut die Unähnlichkeit<br />

der zu vergleichenden Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen voraussetzt, ist bei Identität <strong>oder</strong><br />

Ähnlichkeit der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen entsprechend anwendbar. 243<br />

Der (erweiterte) Schutz einer bekannten Marke setzt nicht voraus, dass der Grad der Ähnlichkeit<br />

zwischen der bekannten Marke <strong>und</strong> dem Kollisionszeichen so hoch ist, dass für die beteiligten<br />

Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr besteht. Es genügt vielmehr ein bestimmter Grad der<br />

Zeichenähnlichkeit, der bewirkt, dass die beteiligten Verkehrskreise einen Zusammenhang<br />

zwischen den beiden Kennzeichen sehen, d.h. die beiden gedanklich miteinander verknüpfen,<br />

ohne sie jedoch zu verwechseln. 244<br />

Für den Bekanntheitsschutz ist zudem erforderlich, dass die Benutzung des jüngeren<br />

(Kollisions-)Zeichens <strong>durch</strong> einen Dritten eine Funktion der älteren (Angriffs-)Marke<br />

beeinträchtigt <strong>oder</strong> beeinträchtigen kann. Dabei genügt auch die Beeinträchtigung einer anderen<br />

Funktion als der Herkunftsfunktion. Zu den weiteren <strong>Marken</strong>funktionen gehören<br />

u.a. die Gewährleistung der Qualität der mit ihr gekennzeichneten Ware <strong>oder</strong> Dienstleistung<br />

sowie die Kommunikations-, Investitions- <strong>und</strong> Werbefunktion. 245<br />

241<br />

Vgl. Rn. 22 im BGH-Urteil „REAL-Chips“ (I ZR 71/12) vom 22.01.2014. Die BGH-Feststellung, dass das<br />

Publikum in der Erinnerung nicht nach der rechtlichen Art der Kennzeichen differenziert, stützt zugleich die<br />

hiesige Eingangsthese, dass im allgemeinen Sprachgebrauch alle Kennzeichnungen, die einem im <strong>geschäftliche</strong>n<br />

Verkehr begegnen, immer eins sind: Marke.<br />

242<br />

Vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 3 <strong>Marken</strong>G. Zudem kann unter den entsprechenden Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr.<br />

3 <strong>Marken</strong>G die Eintragung einer Marke gelöscht werden.<br />

243<br />

Vgl. Rn. 76 im BGH-Urteil „Sparkassen-Rot/Santander-Rot“ (I ZR 78/14) vom 23.09.2015.<br />

244<br />

Vgl. Rn. 29 im BGH-Urteil „Springender Pudel“ (I ZR 59/13) vom 02.04.2015.<br />

245<br />

Vgl. Rn. 80 im BGH-Urteil „Sparkassen-Rot/Santander-Rot“ (I ZR 78/14) vom 23.09.2015.


Von einer Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke ist auszugehen, wenn<br />

ein Dritter <strong>durch</strong> Benutzung eines ähnlichen Zeichens versucht, sich in den Bereich der<br />

Sogwirkung der bekannten Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf <strong>und</strong><br />

ihrem Ansehen ohne jede finanzielle Gegenleistung <strong>und</strong> ohne eigene Anstrengungen zu<br />

profitieren <strong>oder</strong> auf andere Weise an der Aufmerksamkeit teilzuhaben, die mit der Verwendung<br />

eines der bekannten Marke ähnlichen Zeichens verb<strong>und</strong>en ist. 246<br />

Von einer Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke ist auszugehen,<br />

wenn die Eignung dieser Marke, als Hinweis auf die unter ihr eingetragenen <strong>und</strong> benutzten<br />

Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen zu wirken, da<strong>durch</strong> geschwächt wird, dass die Benutzung des<br />

jüngeren Zeichens die Identität der älteren Marke <strong>und</strong> ihre Bekanntheit beim Publikum auflöst.<br />

Das ist der Fall, wenn sich das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers der<br />

betreffenden Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen infolge der Benutzung des jüngeren Zeichens ändert<br />

<strong>oder</strong> wenn jedenfalls die Gefahr einer künftigen Änderung des Verhaltens besteht. 247<br />

Die Ausnutzung <strong>oder</strong> Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft geschieht in unlauterer Weise<br />

ohne rechtfertigenden Gr<strong>und</strong>, wenn kein Gr<strong>und</strong> für die Ausnutzung <strong>oder</strong> Beeinträchtigung der<br />

Unterscheidungskraft der bekannten Marke gegeben ist. 248<br />

10. Wo schützen diese Kennzeichenrechte?<br />

Für Rechte an <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> Unternehmenskennzeichen gilt das sog. Territorialitätsprinzip. 249<br />

a) Wo schützen <strong>Marken</strong>?<br />

Aufgr<strong>und</strong> des Territorialitätsprinzips ist der Schutz einer deutschen Marke auf das Gebiet der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland beschränkt. 250<br />

246<br />

Vgl. Rn. 38 im BGH-Urteil „Springender Pudel“ (I ZR 59/13) vom 02.04.2015.<br />

247<br />

Vgl. Rn. 60 im BGH-Urteil „VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion“ (I ZR 214/11) vom 11.04.2013.<br />

248<br />

Vgl. Rn. 42 im BGH-Urteil „OTTO CAP“ (I ZR 49/12) vom 31.10.2013.<br />

249<br />

Deshalb sind, wenn man dort nicht ebenfalls geschäftstätig ist, Domain-Angebote aus Asien <strong>oder</strong> sonstigen<br />

Gebieten uninteressant, die oft mit der Begründung an deutsche Unternehmen gerichtet werden, dass die <strong>durch</strong><br />

<strong>oder</strong> für einen Dritten registrierte Domain mit der Marke <strong>oder</strong> der Firma des Adressaten übereinstimme.<br />

250<br />

Vgl. Rn. 37 im BGH-Urteil „Resistograph“ (I ZR 134/16) vom 09.11.2017. Entsprechend ist der Schutz einer<br />

Unionsmarke territorial beschränkt auf das Gebiet der EU-Mitgliedstaaten <strong>und</strong> derjenige einer IR-Marke auf die<br />

benannten Länder/Regionen.


) Wo schützen Unternehmenskennzeichen?<br />

Der Schutz eines von Haus aus unterscheidungskräftigen Unternehmenskennzeichens bezieht<br />

sich regelmäßig auf das gesamte B<strong>und</strong>esgebiet. 251 Dabei sind seit der Wiedervereinigung solche<br />

Unternehmenskennzeichen, die keinen örtlichen <strong>oder</strong> regionalen Beschränkungen unterlagen,<br />

auf das gesamte (neue) B<strong>und</strong>esgebiet erstreckt <strong>und</strong> so zu behandeln, als hätte niemals eine<br />

Trennung Deutschlands bestanden. 252<br />

Bei nicht von Haus aus unterscheidungskräftigen Unternehmenskennzeichen <strong>und</strong> insbesondere<br />

den Zeichen ohne <strong>Name</strong>nsfunktion, deren Schutz erst mit Verkehrsgeltung entsteht, kommt es<br />

demgegenüber auf das regionale Wirtschaftsgebiet an, in dem das Zeichen Verkehrsgeltung als<br />

Kennzeichen des Geschäftsbetriebs hat. Insoweit kann die Verkehrsgeltung regional begrenzt<br />

sein <strong>und</strong> Schutz <strong>durch</strong> ein Unternehmenskennzeichen nur in einem bestimmten abgrenzbaren<br />

Wirtschaftsraum bestehen. 253 Dementsprechend ist der Schutzbereich von<br />

Unternehmenskennzeichen, die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung lediglich örtliche <strong>oder</strong><br />

regionale Bedeutung hatten, <strong>durch</strong> die Wiedervereinigung nicht auf die alten B<strong>und</strong>esländer<br />

erstreckt worden. 254<br />

Eine räumliche Schutzbeschränkung gilt aber auch für von Haus aus unterscheidungskräftige<br />

<strong>Bezeichnungen</strong> von solchen Unternehmen, die nach Zweck <strong>und</strong> Zuschnitt nur lokal <strong>oder</strong><br />

regional tätig <strong>und</strong> nicht auf Expansion angelegt sind. Deren Schutz ist auf das jeweilige<br />

räumliche Tätigkeitsfeld beschränkt, z.B. auf ein bestimmtes B<strong>und</strong>esland. 255 Insoweit lässt sich<br />

ein räumlich unbeschränkter Schutz nicht allein damit begründen, dass ein Unternehmen einen<br />

Internetauftritt betreibe. Trotz des ubiquitären Charakters des Internets kann nicht allein daraus,<br />

dass ein lokal <strong>oder</strong> regional tätiges Unternehmen sich <strong>und</strong> sein Angebot im Internet darstellt,<br />

darauf geschlossen werden, der räumliche Tätigkeitsbereich des Unternehmens werde<br />

entsprechend auf das gesamte B<strong>und</strong>esgebiet <strong>oder</strong> darüber hinaus ausgedehnt. Es ist weithin<br />

üblich, dass sich Unternehmen, die sich auf einen bestimmten räumlichen Wirkungskreis<br />

beschränkt haben, im Internet darstellen, ohne dass damit eine räumliche Ausweitung des<br />

Tätigkeitsbereichs verb<strong>und</strong>en ist. 256 So weisen z.B. ein Handwerksbetrieb, ein Restaurant <strong>oder</strong><br />

251<br />

Vgl. Rn. 29 im BGH-Urteil „Cambridge Institute“ (I ZR 49/04) vom 28.06.2007.<br />

252<br />

Vgl. Rn. 13 im BGH-Urteil „hufeland.de“ (I ZR 288/02) vom 23.06.2005.<br />

253<br />

Vgl. Rn. 8 im OLG Köln-Beschluss „4E“ (6 W 54/07) vom 07.05.2007.<br />

254<br />

Vgl. Rn. 15 in BGH-Urteil „hufeland.de“ (I ZR 288/02) vom 23.06.2005.<br />

255<br />

Vgl. Leitsatz a) i.V.m. Rn. 26-29 im BGH-Urteil „Cambridge Institute“ (I ZR 49/04) vom 28.06.2007, wo dem<br />

Unternehmenskennzeichen einer Sprachschule ein über Bayern hinausreichender Schutz versagt wurde.<br />

256<br />

Vgl. Rn. 18 im BGH-Urteil „hufeland.de“ (I ZR 288/02) vom 23.06.2005.


ein Hotel, die sich auf einen bestimmten Wirkungskreis beschränkt haben, mit ihrer Präsenz im<br />

Internet nicht notwendig darauf hin, dass diese Beschränkung in Zukunft wegfallen solle. 257<br />

11. Wie lange schützen diese Kennzeichenrechte?<br />

Während für eine Registermarke die Schutzdauer <strong>und</strong> die Verlängerungsmöglichkeit gesetzlich<br />

geregelt sind, kommt es für das Erlöschen von Rechten an Unternehmenskennzeichen auf die<br />

tatsächliche Benutzungslage an.<br />

a) Wie lange schützen <strong>Marken</strong>?<br />

Die Schutzdauer einer beim DPMA eingetragenen Marke beginnt mit dem Anmeldetag <strong>und</strong><br />

endet nach zehn Jahren am letzten Tag des Monats, der <strong>durch</strong> seine Benennung dem Monat<br />

entspricht, in den der Anmeldetag fällt. Die Schutzdauer kann um jeweils zehn Jahre verlängert<br />

werden. 258<br />

b) Wie lange schützen Unternehmenskennzeichen?<br />

Das Erlöschen des Schutzes an einer <strong>geschäftliche</strong>n Bezeichnung ist im <strong>Marken</strong>G nicht<br />

ausdrücklich geregelt. Ähnlich wie bei der Entstehung des Kennzeichenschutzes ist bei der<br />

Beurteilung der Frage, wann der Kennzeichenschutz erlischt, darauf abzustellen, ob die<br />

<strong>geschäftliche</strong> Bezeichnung noch in einer Art <strong>und</strong> Weise verwendet wird, die der Verkehr als<br />

Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen ansieht. Schutzfähig ist nur die Bezeichnung eines<br />

Unternehmens, unter der es sich am <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr beteiligt. Dieser Schutz entfällt<br />

mithin regelmäßig, wenn der Berechtigte entweder den Betrieb des von ihm geführten<br />

Unternehmens aufgibt <strong>oder</strong> das Unternehmenskennzeichen in seiner charakteristischen<br />

Eigenart ändert. Ausnahmsweise geht der Schutz des Unternehmenskennzeichens nicht<br />

verloren, wenn der Geschäftsbetrieb nur zeitweise stillgelegt wird, jedoch in seinem für die<br />

Wiedereröffnung wesentlichen Bestand erhalten bleibt <strong>und</strong> wenn die Absicht <strong>und</strong> die<br />

257<br />

Vgl. S. 8 im BGH-Urteil „soco.de“ (I ZR 135/01) vom 22.07.2004.<br />

258<br />

Vgl. § 47 Abs. 1 <strong>und</strong> 2 <strong>Marken</strong>G. Ähnlich regelt Art. 52 UMV: „Die Dauer der Eintragung der Unionsmarke<br />

beträgt zehn Jahre, gerechnet vom Tag der Anmeldung an. Die Eintragung kann gemäß Artikel 53 um jeweils zehn<br />

Jahre verlängert werden.“ Für IR-<strong>Marken</strong> gilt entweder die 20-jährige Schutzdauer mit entsprechender<br />

Verlängerungsmöglichkeit nach Art. 6 Abs. 1 <strong>und</strong> Art. 7 Abs. 1 des Madrider Abkommens über die internationale<br />

Registrierung von <strong>Marken</strong> (MMA) <strong>oder</strong> die 10-jährige Schutzdauer mit entsprechender Verlängerungsmöglichkeit<br />

nach Art. 6 Abs. 1 <strong>und</strong> Art. 7 Abs. 1 des Protokolls zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung<br />

von <strong>Marken</strong> (PMMA). Dabei kann die Verlängerung aber auch bei einer Schutzdauer von 20 Jahren immer nur<br />

für einen Zeitraum von 10 Jahren erfolgen; vgl. S. 2 im DPMA-„Merkblatt Die internationale Registrierung von<br />

<strong>Marken</strong> über das Madrider System“.


Möglichkeit gegeben sind, ihn innerhalb eines solchen Zeitraums fortzusetzen, sodass die<br />

Stilllegung noch als vorübergehende Unterbrechung erscheint. 259<br />

Erforderlich für das Erlöschen eines Unternehmenskennzeichenrechts ist hiernach eine<br />

dauerhafte Benutzungsaufgabe. Eine solche kann z.B. <strong>durch</strong> Umfirmierung 260 <strong>oder</strong> auch<br />

da<strong>durch</strong> erfolgen, dass die betreffende Bezeichnung nicht mehr zur Kennzeichnung eines<br />

Geschäftsbetriebs verwendet wird, sondern nur noch als Marke. 261<br />

Wann die (Ausnahme-) Voraussetzungen einer nur vorübergehenden Unterbrechung des<br />

Geschäftsbetriebs gegeben sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Von Bedeutung<br />

für die Beurteilung sind der Zeitraum, der Umfang <strong>und</strong> die Umstände der vorherigen<br />

Verwendung der Kennzeichnung sowie die Dauer <strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong> der Unterbrechung. 262<br />

Zudem endet bei Zeichen ohne <strong>Name</strong>nsfunktion, deren Unternehmenskennzeichenschutz erst<br />

mit Verkehrsgeltung entsteht, der Schutz mit dem Verlust der Verkehrsgeltung. 263<br />

12. Wie kann ich mein Kennzeichenrecht verteidigen?<br />

Die Verteidigung gegen Kennzeichenrechtsverletzungen beginnt nicht erst mit der Entdeckung<br />

des Kollisionsfalls, sondern bereits mit Beginn der Zeichenbenutzung.<br />

a) (Fremd-) Anmeldung als Marke<br />

Wie oben zur siebten Frage erwähnt, kann gegen die neue Eintragung <strong>oder</strong> Anmeldung einer<br />

Marke beim zuständigen Amt Widerspruch erhoben <strong>oder</strong> nach Ablauf der dreimonatigen<br />

Widerspruchsfrist ein Nichtigkeitsantrag gestellt werden. 264 Zum gewünschten Ziel kann es<br />

aber auch führen, rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist den Neuanmelder (ggf. über<br />

dessen Vertreter, wenn einer im <strong>Marken</strong>register steht) unter Hinweis auf das eigene ältere<br />

Kennzeichenrecht zum (Teil-) Verzicht auf die <strong>Marken</strong>eintragung bzw. zur (Teil-)<br />

259<br />

Vgl. Rn. 29 im BGH-Urteil „Baumann“ (I ZR 93/12) vom 27.03.2013.<br />

260<br />

Vgl. S. 12 im BGH-Urteil „Seicom“ (I ZR 161/02) vom 24.02.2005.<br />

261<br />

Vgl. Rn. 30 im BGH-Urteil „Baumann“ (I ZR 93/12) vom 27.03.2013.<br />

262<br />

Vgl. S. 14 im BGH-Urteil „FROMMIA“ (I ZR 300/99) vom 02.05.2002.<br />

263<br />

Vgl. Rn. 33 im BGH-Urteil „Landgut Borsig“ (I ZR 188/09) vom 28.09.2011.<br />

264<br />

Während sich beim DPMA der Widerspruch gegen die bereits erfolgte Eintragung <strong>oder</strong> Schutzgewährung einer<br />

Marke richtet <strong>und</strong> ggf. die Eintragung wieder gelöscht <strong>oder</strong> der Schutz verweigert wird, ist die Eintragung beim<br />

EUIPO noch nicht erfolgt, sondern dem Widerspruchsverfahren nachgelagert. Dementsprechend bewirkt der<br />

gegen eine Unionsmarkenanmeldung gerichtete Widerspruch ggf., dass die Eintragung gar nicht erst erfolgt. Beim<br />

Widerspruch gegen eine IR-Marke mit EM-Benennung tritt die Schutzverweigerung an die Stelle der<br />

Zurückweisung einer Unionsmarkenanmeldung.


Zurücknahme der <strong>Marken</strong>anmeldung aufzufordern <strong>und</strong> für den Fall, dass hierzu keine<br />

Bereitschaft besteht, die Widerspruchserhebung in Aussicht zu stellen. Dabei ist ggf. eine Frist<br />

zu setzen, die für den Fall der Weigerung noch genug Zeit lässt, um einen Widerspruch zu<br />

erheben, wozu auch die rechtzeitige Zahlung der Widerspruchsgebühr an das jeweilige<br />

<strong>Marken</strong>amt gehört.<br />

b) Drohende Benutzung (sog. Erstbegehungsgefahr)<br />

Gegen die drohende Benutzung eines rechtsverletzenden Kennzeichens kann unter dem<br />

Gesichtspunkt einer sog. Erstbegehungsgefahr ein vorbeugender Unterlassungsanspruch per<br />

Abmahnung geltend gemacht <strong>und</strong> ggf. gerichtlich weiterverfolgt werden. 265 Das ist<br />

insbesondere bei <strong>Marken</strong>anmeldungen zu berücksichtigen. Aufgr<strong>und</strong> der Anmeldung eines<br />

Zeichens als Marke ist zu vermuten, dass eine Benutzung des Zeichens für die eingetragenen<br />

Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen in naher Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände<br />

vorliegen, die gegen eine solche Benutzungsabsicht sprechen. In diesem Zusammenhang<br />

kommt es nicht auf die Motivation bei der <strong>Marken</strong>anmeldung an. Deshalb ist es unerheblich,<br />

ob es ggf. dem <strong>Marken</strong>anmelder allein darum ging, von den Registerinstanzen eine Bestätigung<br />

für eine fehlende Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens zu erhalten. Das sagt nichts<br />

darüber aus, ob er nach Zurückweisung der <strong>Marken</strong>anmeldung das Zeichen im <strong>geschäftliche</strong>n<br />

Verkehr benutzen wird. 266 Auch droht die Benutzung einer angemeldeten <strong>oder</strong> eingetragenen<br />

Marke nicht erst am Ende der Benutzungsschonfrist. Vielmehr muss schon vorher damit<br />

gerechnet werden, dass der <strong>Marken</strong>inhaber sein registriertes Recht <strong>durch</strong> eigene<br />

Benutzungshandlungen <strong>oder</strong> <strong>durch</strong> Lizenzierung in Gebrauch nimmt. 267<br />

Trotz dieser parallel zur Verfügung stehenden Möglichkeit zur zivilrechtlichen Reaktion auf<br />

eine störende Neuanmeldung/-eintragung beschränken sich viele <strong>Marken</strong>inhaber auf die<br />

Einlegung eines Widerspruchs im administrativen Verfahren beim zuständigen <strong>Marken</strong>amt.<br />

Dem dürfte vermutlich oft zu Gr<strong>und</strong>e liegen, dass die patent- <strong>oder</strong> rechtsanwaltlichen Vertreter<br />

der <strong>Marken</strong>inhaber dies als kostengünstige Möglichkeit preisen, eine Entscheidung über den<br />

265<br />

Zudem kann bei berechtigter Abmahnung auch Ersatz der hierfür aufgewandten Kosten geltend gemacht<br />

werden, in der Regel aber wohl nicht auch weitere Ansprüche, z.B. auf Schadensersatz. Ohne bereits erfolgte<br />

Zeichenbenutzung ist ein etwaiger Schaden ohne Weiteres nicht denkbar.<br />

266<br />

Vgl. Rn. 30 f. im BGH-Urteil „REAL-Chips“ (I ZR 71/12) vom 22.01.2014. Diese BGH-Feststellung stützt<br />

zugleich die hiesige These, dass ein Zeichen im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr auch als Marke benutzt werden kann, ohne<br />

als solche eingetragen zu sein (Fn. 167).<br />

267<br />

Vgl. Rn. 70 im BGH-Urteil „METROBUS“ (I ZR 167/06) vom 05.02.2009 <strong>und</strong> zur Benutzungsschonfrist<br />

hiesige Fn. 147.


geltend gemachten <strong>Marken</strong>schutz zu erreichen. 268 Einem <strong>Marken</strong>inhaber, der ernsthaft eine<br />

Beeinträchtigung des Identitäts-, Verwechslungs- <strong>oder</strong> Bekanntheitsschutzes seiner Marke<br />

befürchtet, kann das aber schon deshalb nicht reichen, weil das Widerspruchsverfahren<br />

allenfalls Einfluss auf die Registerlage hat <strong>und</strong> zudem recht lange dauert. Wirtschaftlich<br />

wahrnehmbare Störungen, die <strong>durch</strong> eine Benutzung des neuen Kollisionszeichens im<br />

<strong>geschäftliche</strong>n Verkehr entstehen können, lassen sich da<strong>durch</strong> jedoch nicht unterbinden, schon<br />

gar nicht in der gebotenen Kürze der Zeit. Eine solche Benutzung als Marke <strong>oder</strong> nach Art einer<br />

Marke ist vielmehr auch möglich, wenn die Neuanmeldung <strong>oder</strong> Neueintragung dem<br />

markenamtlichen Widerspruchsverfahren (ggf. nach mehrjährigem Instanzenzug) nicht<br />

standhält <strong>und</strong> deshalb entweder gar nicht erst eingetragen <strong>oder</strong> wieder gelöscht wird.<br />

Hinzu kommt, dass ein Verletzungsgericht nicht an eine Entscheidung geb<strong>und</strong>en ist, die im<br />

<strong>Marken</strong>-Widerspruchsverfahren ergeht. 269 Eine Bindungswirkung besteht nur mit der Folge,<br />

dass der Verletzungsrichter einer eingetragenen Marke nicht jeglichen Schutz versagen darf,<br />

wenn er die Schutzfähigkeit anders beurteilt als die Registerinstanz. Durch die Beurteilung der<br />

Registerinstanzen im Eintragungsverfahren ist der Verletzungsrichter aber nicht einmal beim<br />

Grad der Kennzeichnungskraft präjudiziert, den er im Verletzungsverfahren selbstständig zu<br />

bestimmen hat. 270 Erst recht gilt das dann für die weiteren Kriterien zur Beurteilung der<br />

Verwechslungsgefahr <strong>und</strong> für die beiden anderen Verletzungstatbestände (Identitäts- <strong>und</strong><br />

Bekanntheitsschutz).<br />

Geht man sachgerechterweise auch gegen die mit einer <strong>Marken</strong>anmeldung einhergehende<br />

drohende Benutzung eines Zeichens als Marke zivilrechtlich vor, ist allerdings zu<br />

berücksichtigen, dass ein ggf. zunächst per Abmahnung geltend gemachter vorbeugender<br />

Unterlassungsanspruch schneller erlischt als ein solcher Unterlassungsanspruch, der wegen<br />

bereits begangener Verletzungshandlung auf Wiederholungsgefahr gestützt ist. Ein aufgr<strong>und</strong><br />

einer <strong>Marken</strong>anmeldung <strong>oder</strong> -eintragung begründeter vorbeugender Unterlassungsanspruch<br />

268<br />

Bei der Kostenfrage ist zu berücksichtigen, dass in deutschen Widerspruchs(beschwerde)verfahren selten<br />

einmal einem Beteiligten die Verfahrenskosten auferlegt werden, sondern in der Regel jeder Beteiligte seine<br />

Kosten selbst trägt, auch wer in der Sache obsiegt. Das weicht vom zivilprozessualen Gr<strong>und</strong>satz ab, die Kosten<br />

nach der Obsiegens- <strong>und</strong> Unterliegensquote aufzuerlegen, was bei 100-prozentigen Fällen bedeutet, dass der<br />

Verlierer zahlt. In Widerspruchs(beschwerde)verfahren gegen Unionsmarken trägt zwar der Unterliegende u.a. die<br />

dem anderen Beteiligten entstehenden Kosten der Bevollmächtigten, Beistände <strong>und</strong> Anwälte, das aber nur im<br />

Rahmen festgelegter Tarife. Was darüber hinausgeht, hat man auch dort selbst zu tragen, sogar als Gewinner. Der<br />

gedeckelte Erstattungsbetrag (300 € im Widerspruchs- <strong>und</strong> 550 € im Beschwerdeverfahren) dürfte bei auf das<br />

<strong>Marken</strong>recht spezialisierten Rechts- <strong>oder</strong> Patentanwaltskanzleien nicht immer für die erste <strong>und</strong> kaum einmal noch<br />

für die volle zweite Arbeitsst<strong>und</strong>e reichen, schon gar nicht bei Großkanzleien.<br />

269<br />

Vgl. Rn. 17 im BGH-Urteil „Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke“ (I ZR 30/16) vom 02.03.2017.<br />

270<br />

Vgl. Rn. 44 im BGH-Urteil „Gelbe Wörterbücher“ (I ZR 228/12) vom 18.09.2014.


erlischt, wenn die Begehungsgefahr wegfällt. Dafür genügt ein „actus contrarius“, also ein der<br />

Begründungshandlung entgegengesetztes Verhalten. Dementsprechend führt z.B. die<br />

Zurücknahme der <strong>Marken</strong>anmeldung <strong>oder</strong> ein Verzicht auf die Eintragung der Marke<br />

regelmäßig zum Fortfall der Erstbegehungsgefahr. 271<br />

c) Bereits begangene Rechtsverletzung (sog. Wiederholungsgefahr)<br />

Wird ein Kennzeichenrecht <strong>durch</strong> bereits begangene Benutzungshandlungen verletzt, ist der<br />

Hauptanspruch des betroffenen Rechtsinhabers darauf gerichtet, dass die rechtsverletzende<br />

Zeichenbenutzung unterlassen wird. Oft kann das außergerichtlich da<strong>durch</strong> erreicht werden,<br />

dass auf eine Abmahnung hin der Verletzer eine Unterlassungsverpflichtung erklärt, die <strong>durch</strong><br />

das Versprechen einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der (schuldhaften)<br />

Zuwiderhandlung abgesichert ist. Im damit zu Stande kommenden Unterlassungsvertrag<br />

werden regelmäßig auch die sog. Folgeansprüche des betroffenen Rechtsinhabers mitgeregelt,<br />

insbesondere die auf Auskunft, Schadens- <strong>und</strong> Abmahnkostenersatz.<br />

Kann der Rechtsstreit nicht außergerichtlich beigelegt werden, kann der Rechtsinhaber<br />

gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine sofortige gerichtliche Inanspruchnahme ohne<br />

vorherige Abmahnung ist im Regelfall nicht empfehlenswert, weil dabei die Gefahr besteht,<br />

dass im Gerichtsverfahren vom Rechtsverletzer ein sofortiges Anerkenntnis erklärt wird <strong>und</strong><br />

der betroffene Rechtsinhaber dann die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, obwohl er in der<br />

Sache selbst Recht hat. 272 Insoweit besteht eine Obliegenheit zur vorgerichtlichen Abmahnung.<br />

Anderes kann nur gelten, wenn die Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich ist. Das ist z.B.<br />

denkbar, wenn der Rechtsverletzer einen Bestand an rechtsverletzenden Waren hat <strong>und</strong> der<br />

Rechtsinhaber zur Sicherung seines Folgeanspruchs auf Vernichtung im Eilverfahren die sog.<br />

Sequestration beantragen möchte, also die Anordnung der Herausgabe der rechtsverletzenden<br />

Waren zur Verwahrung an den Gerichtsvollzieher. In einem solchen Fall könnte die Besorgnis,<br />

dass der Unterlassungsschuldner sich bei einer vorherigen Abmahnung um schnelle<br />

Beseitigung eines etwa vorhandenen Warenbestands bemühen werde, die Unzumutbarkeit einer<br />

Abmahnung begründen. 273<br />

Bei der gerichtlichen (Weiter-)Verfolgung von Ansprüchen wegen einer<br />

Kennzeichenrechtsverletzung ist der Weg einer zivilgerichtlichen Klage wegen seiner<br />

271<br />

Vgl. Rn. 33 <strong>und</strong> 35 im BGH-Urteil „REAL-Chips“ (I ZR 71/12) vom 22.01.2014.<br />

272<br />

Vgl. § 93 ZPO.<br />

273<br />

Vgl. Rn. 5 im KG-Beschluss (5 W 39/06) vom 25.04.2008.


Verfahrensdauer nicht von spontaner Effektivität. Wird heute Klage erhoben, kann die<br />

mündliche Verhandlung mglw. erst in drei Monaten <strong>oder</strong> bei entsprechender Belastung des<br />

angerufenen Gerichts sogar noch später terminiert werden. Effektiven <strong>Rechtsschutz</strong> können<br />

Inhaber von Ausschließlichkeitsrechten an <strong>Marken</strong> <strong>und</strong>/<strong>oder</strong> an Unternehmenskennzeichen nur<br />

im gerichtlichen Eilverfahren auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung erreichen,<br />

soweit es um deren Hauptanspruch auf Unterlassung der rechtsverletzenden Benutzung geht<br />

<strong>und</strong> ggf. um die Sequestration zur Sicherung des Folgeanspruchs auf Vernichtung. 274 Das setzt<br />

u.a. voraus, dass die Angelegenheit im Rechtssinne „dringlich“ ist.<br />

Der Dringlichkeit kann aber die eigene (Un-)Tätigkeit des betroffenen Rechtsinhabers<br />

entgegenstehen, z.B. wenn er zu viel Zeit vergehen lässt, bis er seinen Verfügungsantrag zu<br />

Gericht reicht. Wie viel Zeit er sich seit Kenntniserlangung von der Rechtsverletzung <strong>und</strong> vom<br />

in Anspruch zu nehmenden Verletzer lassen darf, ist gesetzlich nicht geregelt <strong>und</strong> wird von den<br />

zuständigen Fachgerichten b<strong>und</strong>esweit unterschiedlich beurteilt. So gilt z.B. im Bezirk des<br />

OLG Köln eine Monatsfrist als Richtwert 275 , im (Nachbar-)Bezirk des OLG Düsseldorf<br />

dagegen eine Frist von zwei Monaten 276 .<br />

In einem solchen Eilverfahren findet gegen Urteile, <strong>durch</strong> die über die Anordnung, Abänderung<br />

<strong>oder</strong> Aufhebung einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, die Revision nicht statt<br />

<strong>und</strong> auch nicht die Rechtsbeschwerde. 277 Letzte Instanz im einstweiligen Verfügungsverfahren<br />

ist deshalb die Berufung.<br />

Unabhängig davon, ob kennzeichenrechtliche Ansprüche im Eilverfahren geltend gemacht<br />

werden <strong>oder</strong> im Klageverfahren, sind in erster Instanz ausschließlich die Landgerichte sachlich<br />

zuständig. 278 Für die örtliche Zuständigkeit besteht in den B<strong>und</strong>esländern mit mehreren<br />

Landgerichtsbezirken jeweils eine sog. Zuständigkeitskonzentration. 279 Im Zuge dessen sind<br />

Kennzeichen- <strong>und</strong> Unionsmarkenstreitsachen bei einem bestimmten Gericht konzentriert, z.B.<br />

274<br />

Folgeansprüche, z.B. auf Auskunft, Schadens- <strong>und</strong> Abmahnkostenersatz, können in einem solchen Eilverfahren<br />

nicht geltend gemacht werden, sondern nur im Klageverfahren.<br />

275<br />

Vgl. Rn. 26 im OLG Köln-Urteil „L-Thyrox“ (6 U 197/13) vom 25.07.2014. Vgl. dazu auch Tyra,<br />

Produktmanagement als unternehmerischer Wissensvertreter zur Kenntniserlangung von <strong>Marken</strong>rechtsverletzung,<br />

XING-Beitrag vom 13.10.2014 in der Gruppe „<strong>Marken</strong>stärke & <strong>Marken</strong>image – Emotionalität von <strong>Marken</strong>“.<br />

276<br />

Vgl. Rn. 10 im OLG Düsseldorf-Urteil (I-2 U 8/15) vom 28.05.2015, wo allerdings auch klargestellt ist, dass<br />

ausnahmsweise die Dringlichkeit schon vor Ablauf von zwei Monaten widerlegt sein kann.<br />

277<br />

Vgl. Rn. 3 im BGH-Beschluss (I ZB 11/15) vom 17.03.2015.<br />

278<br />

Vgl. § 140 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G für Kennzeichenstreitsachen nach dem <strong>Marken</strong>G <strong>und</strong> § 125e Abs. 1 <strong>Marken</strong>G für<br />

Unionsmarkenstreitsachen nach der UMV.<br />

279<br />

Vgl. „Gerichtszuständigkeiten“-Info des Deutsche Vereinigung für gewerblichen <strong>Rechtsschutz</strong> <strong>und</strong><br />

Urheberrecht e.V.


eim LG Bochum für die Landgerichtsbezirke Arnsberg, Bochum, Dortm<strong>und</strong>, Essen, Hagen<br />

<strong>und</strong> Siegen. In funktioneller Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass Streitsachen, die sich auf den<br />

Schutz der <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> sonstigen Kennzeichen beziehen, Handelssachen sind. 280 Ist bei einem<br />

Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so ist diese an Stelle der Zivilkammern<br />

zuständig. 281 Bei Gerichten, die für solche Streitsachen eine Kammer für Handelssachen <strong>und</strong><br />

eine Zivilkammer eingerichtet haben, was sich aus dem Geschäftsverteilungsplan ergibt, kann<br />

das auf Antrag des (Verfügungs-)Beklagten zu einer Verweisung <strong>und</strong> entsprechenden<br />

Verfahrensverzögerung führen, wenn der Verfügungs- <strong>oder</strong> Klageantrag bei der Zivilkammer<br />

anhängig gemacht wird.<br />

d) Archivierung von Benutzungsmaterial als Obliegenheit<br />

Für die Verteidigung der Ausschließlichkeitsrechte an <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> an<br />

Unternehmenskennzeichen sollte vom Beginn der Zeichenbenutzung an ein Archiv mit<br />

Benutzungsmaterial angelegt werden. Dort sollten Unterlagen, wie z.B. Verpackungen,<br />

Etiketten, Preislisten, Kataloge, Rechnungen, Werbeanzeigen, Fotografien von Messe- <strong>oder</strong><br />

sonstigen Präsentationen, jeweils mit Angaben zu Ort, Zeit, Umfang <strong>und</strong> Art der Benutzung<br />

kontinuierlich archiviert werden, um zu gegebener Zeit die Zeichenbenutzung nachweisen zu<br />

können.<br />

Für die Frage, was solche Unterlagen erkennbar machen sollen, können die gesetzlichen<br />

Beispiele für die Benutzung einer Marke als Orientierungshilfe dienen. 282 Das sind<br />

- die Anbringung der Marke auf Waren <strong>oder</strong> deren Aufmachung <strong>oder</strong> deren Verpackung,<br />

- das Angebot, das Inverkehrbringen <strong>oder</strong> zu diesem Zweck der Besitz mit der Marke<br />

gekennzeichneter Waren,<br />

- die Einfuhr <strong>oder</strong> Ausfuhr mit der Marke gekennzeichneter Waren,<br />

- das Angebot <strong>oder</strong> die Erbringung von Dienstleistungen unter der Marke sowie<br />

- die Benutzung der Marke in Geschäftspapieren <strong>oder</strong> in der Werbung.<br />

Die Pflege eines entsprechenden Archivs ist insbesondere aus folgenden Gründen veranlasst:<br />

280<br />

Vgl. § 95 Abs. 1 Nr. 4 c) GVG.<br />

281<br />

Vgl. § 94 GVG.<br />

282<br />

Vgl. § 14 Abs. 3 <strong>Marken</strong>G. Diese Aufzählung von Benutzungsformen ist nicht abschließend. Insbesondere<br />

können elektronische Formen des Geschäftsverkehrs <strong>und</strong> der Werbung <strong>durch</strong> die Anwendung der<br />

Informationstechnik zu Benutzungshandlungen führen, die über diese Katalogbeispiele hinausgehen; vgl. Rn. 25<br />

im BGH-Urteil „Parfummarken“ (I ZR 164/16) vom 09.11.2017 zur auf den dortigen Fall noch anwendbar<br />

gewesenen Gemeinschaftsmarkenverordnung.


da) Nachweis rechtserhaltender Benutzung für Registermarken<br />

Der Inhaber einer seit mehr als fünf Jahren eingetragenen Marke kann gegen Dritte wesentliche<br />

Ansprüche (insbesondere auf Unterlassung, Schadensersatz <strong>und</strong> Auskunft sowie ggf. auf<br />

Vernichtung <strong>und</strong> Rückruf) nicht geltend machen, wenn die Marke innerhalb der letzten fünf<br />

Jahre vor der Geltendmachung der Ansprüche nicht ernsthaft in deren Geltungsbereich benutzt<br />

worden ist <strong>und</strong> keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. 283 Für den<br />

uneingeschränkten Rechtserhalt kann es reichen, wenn die Benutzung erst kurz vor Ablauf des<br />

Fünfjahreszeitraums aufgenommen wurde, soweit dabei die Kriterien erfüllt werden, die an eine<br />

ernsthafte Benutzung gestellt werden. 284<br />

Ernsthaft ist die Benutzung einer Marke, wenn sie verwendet wird, um für die unter ihr<br />

eingetragenen Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen <strong>und</strong> zu sichern.<br />

Die Ernsthaftigkeit ist anhand sämtlicher Tatsachen <strong>und</strong> Umstände zu beurteilen, <strong>durch</strong> die die<br />

wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. Dazu rechnen<br />

insbesondere der Umfang <strong>und</strong> die Häufigkeit der Benutzung der Marke. 285<br />

Abzustellen ist dabei auf die Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen, auf die der <strong>Marken</strong>inhaber sich zur<br />

Begründung seines Anspruchs beruft. Geht es um einen weiten Oberbegriff sind bei der Prüfung<br />

der Waren- <strong>oder</strong> Dienstleistungsähnlichkeit nach Ablauf der Benutzungsschonfrist nur die<br />

darunter fallenden Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen zu berücksichtigen, für die der Anspruchsteller<br />

eine rechtserhaltende Benutzung nachweisen kann. 286<br />

db) Nachweis gesteigerter Kennzeichnungskraft für Registermarken<br />

Bei der rein rechtlichen Beurteilung der Verwechslungsgefahr besteht die vorstehend bei der<br />

neunten Frage erörterte Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren.<br />

283<br />

Vgl. § 25 Abs. 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G. Ähnlich unterliegt nach Art. 18 Abs. 1 S. 1 UMV die<br />

Unionsmarke bestimmten Sanktionen, wenn sie innerhalb von fünf Jahren seit der Eintragung nicht ernsthaft in<br />

der Union benutzt <strong>oder</strong> eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren<br />

ausgesetzt wurde <strong>und</strong> keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.<br />

284<br />

Vgl. Rn. 40 im BGH-Urteil „VOODOO“ (I ZR 106/11) vom 06.02.2013.<br />

285<br />

Vgl. Rn. 37 im BGH-Urteil „VOODOO“ (I ZR 106/11) vom 06.02.2013.<br />

286<br />

Vgl. Rn. 34 im BGH-Urteil „VOODOO“ (I ZR 106/11) vom 06.02.2013. Dieser Gr<strong>und</strong>satz für das<br />

Kollisionsverfahren gilt nicht auch für das Löschungsverfahren wegen Verfalls. Dort kann zwar ein weiter<br />

Oberbegriff nicht nur deshalb uneingeschränkt im Klassenverzeichnis verbleiben, weil die tatsächlich benutzte<br />

Ware <strong>oder</strong> Dienstleistung unter den weiten Oberbegriff fällt. Es sind aber auch die Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen<br />

im Klassenverzeichnis zu belassen, die nach der Verkehrsauffassung zum gleichen Bereich gehören; vgl. Rn. 32<br />

im BGH-Urteil „LOTTOCARD“ (I ZR 167/05) vom 10.04.2008. Erforderlich ist insoweit eine weitgehende<br />

Übereinstimmung in den Eigenschaften <strong>und</strong> in der Zweckbestimmung; vgl. Rn. 12 im BGH-Urteil „Probiotik“<br />

(I ZR 38/13) vom 08.01.2014.


Deshalb kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren <strong>oder</strong> Dienstleistungen <strong>durch</strong> einen<br />

höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen <strong>oder</strong> <strong>durch</strong> eine erhöhte Kennzeichnungskraft der<br />

älteren (Angriffs-)Marke ausgeglichen werden. Dementsprechend können <strong>Marken</strong> mit<br />

gesteigerter Kennzeichnungskraft einen größeren Schutzumfang haben. Auch deshalb kann es<br />

helfen, als <strong>Marken</strong>inhaber über hinreichend Benutzungsmaterial zu verfügen, mit dem die<br />

gesteigerte Kennzeichnungskraft dargelegt <strong>und</strong> unter Beweis gestellt werden kann. Bei der<br />

Bestimmung der Kennzeichnungskraft einer (Angriffs-)Marke sind schließlich alle relevanten<br />

Umstände zu berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere auch der von der Marke gehaltene<br />

Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung <strong>und</strong> die Dauer der Benutzung der<br />

Marke sowie der Werbeaufwand des Unternehmens für eine Marke. 287 Für die Frage, was<br />

Benutzungsunterlagen erkennbar machen sollen, kann das als weitere Orientierungshilfe<br />

dienen.<br />

dc) Nachweis der Entstehung von Unternehmenskennzeichenschutz<br />

Unternehmenskennzeichen entstehen, wie vorstehend bei der dritten Frage erörtert, formlos<br />

<strong>durch</strong> tatsächliche Handlungen im <strong>geschäftliche</strong>n Verkehr. Dafür sind nach außen wirkende<br />

Benutzungshandlungen erforderlich, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen<br />

Betätigung schließen lassen. Für die Geltendmachung des Ausschließlichkeitsrechts an einem<br />

Unternehmenskennzeichen ist es deshalb umso mehr eine Obliegenheit, vom Beginn der<br />

Zeichenbenutzung an ein Archiv mit Benutzungsmaterial anzulegen. Andernfalls wird die<br />

Zeichenbenutzung als Gr<strong>und</strong>voraussetzung für den Unternehmenskennzeichenschutz nicht<br />

<strong>oder</strong> nur unter erschwerten Bedingungen nachgewiesen werden können, insbesondere wenn ein<br />

Kollisionsfall erst lange Zeit nach dem Benutzungsbeginn aufkommen sollte.<br />

e) Kollisionsüberwachung als Obliegenheit<br />

Wer im markenamtlichen Widerspruchsverfahren gegen eine störende Marke mit Wirkung in<br />

Deutschland vorgehen möchte, hat innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der<br />

Neueintragung <strong>oder</strong> der Schutzgewährung <strong>oder</strong> der Neuanmeldung entweder beim DPMA <strong>oder</strong><br />

beim EUIPO den Widerspruch zu erheben, je nachdem, ob es um die Eintragung einer<br />

nationalen Marke bzw. die Schutzgewährung für eine IR-Marke mit Benennung von<br />

Deutschland <strong>oder</strong> die Anmeldung einer Unionsmarke bzw. die Eintragung von internationalem<br />

287<br />

Vgl. Rn. 41 im BGH-Urteil „Culinaria/Villa Culinaria” (I ZR 85/11) vom 05.12.2012.


<strong>Marken</strong>schutz mit Benennung der Europäischen Union geht. 288 Um diesen befristeten Zeitraum<br />

entsprechend nutzen zu können, ist eine Kollisionsüberwachung für die eigene Marke<br />

unerlässlich. Dabei werden von einem darauf spezialisierten Unternehmen die<br />

Veröffentlichungen in den jeweiligen <strong>Marken</strong>blättern dahingehend überwacht, ob mglw.<br />

identische <strong>oder</strong> ähnliche neue <strong>Marken</strong> mitzuteilen sind. Systembedingt kann das zwar zu vielen<br />

Mitteilungen führen, <strong>durch</strong> die nichts weiter veranlasst ist, weil der Identitäts-, Verwechslungs<strong>oder</strong><br />

Bekanntheitsschutz der überwachten <strong>Marken</strong> nicht in Gefahr ist. 289 Ohne eine<br />

Kollisionsüberwachung erfährt man aber in der Regel nichts von solchen Neuheiten, schon gar<br />

nicht wenn die betreffenden <strong>Marken</strong> so kurz nach der Anmeldung <strong>oder</strong> Eintragung noch nicht<br />

benutzt werden.<br />

f) Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung vermeiden<br />

Zur Vermeidung von Gegenansprüchen des Inanspruchgenommenen ist beim zivilrechtlichen<br />

Vorgehen im Wege einer Abmahnung vorab sorgfältig zu prüfen, ob <strong>und</strong> inwieweit die<br />

Abmahnung berechtigt ist. Das gilt insbesondere bei <strong>Marken</strong> mit beschreibenden Anklängen<br />

<strong>und</strong> bei benutzungspflichtigen <strong>Marken</strong>, deren Tragfähigkeit im konkreten Fall schon einmal<br />

zweifelhaft sein kann. Beim Bestehen solcher Zweifel kann es sachdienlicher sein, nur eine sog.<br />

Berechtigungsanfrage an den Benutzer des störenden Zeichens zu richten. 290 Die unbegründete<br />

Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht kann nämlich unter dem Gesichtspunkt eines<br />

rechtswidrigen <strong>und</strong> schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten <strong>und</strong> ausgeübten<br />

Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten. 291<br />

An der Vermeidung solcher Gegenansprüche sollte der vom Inhaber eines Kennzeichenrechts<br />

ggf. beauftragte Rechts- <strong>oder</strong> Patentanwalt bereits ein eigenes Interesse haben, um nicht auch<br />

288<br />

Vgl. § 42 Abs. 1 <strong>Marken</strong>G für nationale <strong>Marken</strong>, § 114 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G für IR-<strong>Marken</strong> nach dem MMA <strong>und</strong><br />

§ 124 i.V.m. § 114 Abs. 2 <strong>Marken</strong>G für IR-<strong>Marken</strong> nach dem PMMA sowie Art. 46 UMV für Unionsmarken <strong>und</strong><br />

Art. 196 UMV für IR-<strong>Marken</strong> mit EM-Benennung.<br />

289<br />

Ob <strong>und</strong> ggf. inwieweit der Schutz der überwachten Marke betroffen sein kann, sollte von solchen Rechts- <strong>oder</strong><br />

Patentanwälten beurteilt werden, die hinreichende Erfahrung im Kennzeichenrecht haben. Weder bei<br />

Patentanwälten noch bei solchen Rechtsanwälten, die zugleich Fachanwälte für gewerblichen <strong>Rechtsschutz</strong> sind,<br />

ist das selbstverständlich. Der jeweilige Berufsträger kann seinen Tätigkeitsschwerpunkt auch in einem anderen<br />

Fachgebiet des gewerblichen <strong>Rechtsschutz</strong>es haben, z.B. bei den technischen Schutzrechten, den Patenten <strong>und</strong><br />

Gebrauchsmustern.<br />

290<br />

Mit einer Berechtigungsanfrage fordert der Schutzrechtsinhaber unter Hinweis auf sein Schutzrecht den<br />

etwaigen Rechtsverletzer nur zur Stellungnahme über die Schutzrechtslage auf <strong>oder</strong> er fragt an, aus welchen<br />

Gründen sich der Adressat zur Benutzung für berechtigt hält. Demgegenüber ist eine Schutzrechtsverwarnung ein<br />

an eine bestimmte Person <strong>oder</strong> an einen bestimmbaren Personenkreis gerichtetes ernsthaftes <strong>und</strong> endgültiges<br />

Verlangen, eine bestimmte als Schutzrechtsverletzung beanstandete Handlung zu unterlassen; vgl. Rn. 40 im LG<br />

Düsseldorf-Urteil „Schutzrechtsverwarnung“ (4a O 88/12) vom 11.02.2014.<br />

291<br />

Vgl. Rn. 13 i.V.m. Rn. 20 im BGH-Urteil „Verwarnung aus Kennzeichenrecht II“ (I ZR 98/02) vom 19.01.2006.


der Erwägung einen Raum zu geben, ob sogar er selbst vom Inanspruchgenommenen mit<br />

entsprechenden Gegenansprüchen überzogen werden kann. Insoweit geht zumindest der beim<br />

BGH u.a. für Patentstreitsachen zuständige X. Zivilsenat davon aus, dass den vom<br />

Schutzrechtsinhaber im Hinblick auf eine Schutzrechtsverwarnung eingeschalteten<br />

Rechtsanwalt gegenüber dem später Verwarnten eine dahingehende Garantenpflicht treffe, den<br />

Schutzrechtsinhaber nicht in einer die Rechtslage unzutreffend einschätzenden Weise über die<br />

Berechtigung der Schutzrechtsverwarnung zu beraten. Gehe die unberechtigte<br />

Schutzrechtsverwarnung auf eine fahrlässig unzutreffende Rechtsberatung des<br />

Schutzrechtsinhabers <strong>durch</strong> einen Rechtsanwalt zurück, könne der Rechtsanwalt neben dem<br />

Schutzrechtsinhaber unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen <strong>und</strong> schuldhaften Eingriffs<br />

in den eingerichteten <strong>und</strong> ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichtet sein. 292<br />

292<br />

Vgl. Leitsätze a) <strong>und</strong> b) im BGH-Urteil „Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II“ (X ZR 170/12) vom<br />

01.12.2015. Offen ist, wie der beim BGH u.a. für Kennzeichenstreitsachen zuständige I. Zivilsenat dazu steht.

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