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HartzIV oder Idiotengeld

Bis ich meine Begegnung aufgearbeitet habe, möchte ich Euch einen Text eines Matpatienten vorstellen und habe die Befürchtung, daß Ihr bald nur noch von ihm was lesen wollt. Aber wenn das so wäre, würde ich mich bedingungslos für ihn freuen, da er so viele Talente hat (hochbegabt?) und unverschämterweise;-) und logischerweise auch noch schreiben kann. Seht den Text als eine ähnliche Geschichte zu meiner begonnenen, lediglich wieder in einer Parallelwelt. Verspreche Euch bald mein Ende zu präsentieren und freue mich bis dahin einen so tollen Menschen nun zu meinen Freunden zählen zu dürfen. Und er sich und ich mir ein geileres Leben gestalte. Vieles davon auch hoffentlich gemeinsam.

Bis ich meine Begegnung aufgearbeitet habe, möchte ich Euch einen Text eines Matpatienten vorstellen und habe die Befürchtung, daß Ihr bald nur noch von ihm was lesen wollt. Aber wenn das so wäre, würde ich mich bedingungslos für ihn freuen, da er so viele Talente hat (hochbegabt?) und unverschämterweise;-) und logischerweise auch noch schreiben kann. Seht den Text als eine ähnliche Geschichte zu meiner begonnenen, lediglich wieder in einer Parallelwelt. Verspreche Euch bald mein Ende zu präsentieren und freue mich bis dahin einen so tollen Menschen nun zu meinen Freunden zählen zu dürfen. Und er sich und ich mir ein geileres Leben gestalte. Vieles davon auch hoffentlich gemeinsam.

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Hartz VI <strong>oder</strong><br />

<strong>Idiotengeld</strong> ?<br />

Meine Erfahrung im<br />

Jobcenter<br />

[Wählen Sie das Datum aus]<br />

André


Hartz IV <strong>oder</strong> <strong>Idiotengeld</strong> ?<br />

Ob diese Frage berechtigt ist? Ich denke, ja! Nun, ich<br />

beantrage es gerade selber. Nur mit dem unterschied dass<br />

ich mein Arbeitslosengeld damit aufstocken muss da<br />

mein Alg 1 nicht für meinen derzeitigen Lebensunterhalt<br />

ausreicht. Ich war noch nie in dieser Situation dass ich<br />

noch weiter unten nach Geld fragen muss. Das Problem<br />

ist nur, ich hatte einen Teilzeitjob, und das Bruttogehalt<br />

war dementsprechend gering im Vergleich zu einem<br />

Vollzeitjob. Das erste was ich lernte war, dass es das<br />

Sozialamt so nicht mehr gibt. Tatsächlich heißt es jetzt<br />

Jobcenter. Klingt ja viel m<strong>oder</strong>ner als ersteres. Zumal<br />

sich mit diesem Namen auch Jugendliche eher<br />

angesprochen fühlen, da sie diese Sprache eher<br />

verstehen. Ich meine, es klingt ja auch wirklich besser<br />

wenn jemand sagt; >> Ich muss zum Jobcenter Sitze gerad im Sozialamt.


Synonyme sind etwa „Dummkopf“, „Depp“, „Trottel“,<br />

„Schwachkopf“ <strong>oder</strong> (veraltend) „Narr“. ( Quelle, Wikipedia )<br />

Da wir das geklärt haben können wir nun mit dem<br />

eigentlichen Thema fortfahren. Bei meinem ersten<br />

Besuch im Jobcenter kam ich direkt vom Arbeitsamt, im<br />

Eingangsbereich sah ich 6 Schalter, hinter der, durch<br />

Glas geschützt, Mitarbeiter saßen und mit dem Schild<br />

über Ihrem Kopf >> Anmeldung


Ihm ein weiteres Schild mit der Beschriftung<br />

„Wartezimmer 1“. Ich ging an Ihm vorbei und schaute in<br />

dieses Wartezimmer um eventuell was zu sehen was mir<br />

die Möglichkeit gab in die Bereits wartende Menge mich<br />

einzureihen. Eine Nummer zum Beispiel die man sich<br />

irgendwo ziehen konnte. Doch da kam schon der<br />

Wachmann.<br />

>>Neu? Ja.


nichts zu lesen dabei. Musik hören war schlecht da ich<br />

wahrscheinlich meinen Aufruf nicht sofort mitbekam.<br />

Allerdings hatte ich genug zu sehen und zu hören. Der<br />

Raum war zwar kläglich mit wartenden gefüllt, jedoch<br />

konnte ich drei verschiedene Modelle von I-Phones<br />

entdecken. Mein zwei Jahre altes LG Touchscreen Handy<br />

gab zwar gerade den Geist auf- aber ein I- Phone konnte<br />

ich mir leider zu Arbeitenden Zeiten nicht leisten. Ich<br />

hatte mich auch nicht sonderlich bemüht eins zu<br />

bekommen, da ich wusste das neue kosten auf mich zu<br />

kamen. Eine junge Frau, ende 20, hielt Ihr weißes Handy<br />

in der Hand und lachte mit Ihrer Sitzpartnerin über ein<br />

Foto auf der allseits bekannten und geliebten Facebook<br />

Seite. Ich habe natürlich auch ein Account dort. In der<br />

Zeit hatte der Arme Wachmann alle Hände voll zu tun.<br />

Vor Ihm standen nun drei Leute. Tatsächlich kam von<br />

Links ein weiterer Wachmann, der allerdings über sein<br />

Hellblaues Hemd einen Dunkelblauen V- Kragen<br />

Pullover trug. Fragen wie; „Wo muss ich hin?“, „Ist das<br />

hier nicht das Arbeitsamt?“, „Ich kann die Anmeldung<br />

nicht finden, wo ist die?“. Sowie die Aussage einer Frau;<br />

„Wie soll man sich hier zu Recht finden, is´ ja voll der<br />

Horror.“ Der Satz ließ meine Augen soweit nach oben<br />

rollen dass ich tatsächlich mein Gehirn sehen konnte.<br />

Dass ich mir die Zeit mit Diskussionen und fragen<br />

vertreiben konnte die ein Intelligenzquotienten von einer<br />

Topfpflanze aufwiesen, war eine neue Erfahrung und<br />

dennoch sehr Amüsant. Nach gerade einmal 20 Minuten


wurde meine Nummer auch schon aufgerufen. Eine<br />

einzelne Dame saß an zwei gegenüberliegenden<br />

Schreibtischen. Ich setzte mich hin, und gab meinen<br />

Personalausweis ab indem ich den Ausweis auf den<br />

Schreibtisch legte. In der recht kurzen Vernehmung wo<br />

sich die Dame mit dem Computerbildschirm unterhielt<br />

und dem Bildschirm erklärte was der Neuantrag ist und<br />

dass dies nur die Anmeldung sei. Nach gerade einmal<br />

fünf Minuten wurde ich wieder rausgeschickt und die<br />

Dame sagte, diesmal zu mir, „Sie werden gleich<br />

aufgerufen, warten Sie solange im Wartezimmer“. Auch<br />

das dauerte kaum fünf Minuten und ich wurde wieder<br />

aufgerufen. Diesmal saß an beiden Schreibtischen jeweils<br />

ein Mitarbeiter des Jobcenters. Ich setzte mich an den<br />

Tisch der Dame die mich aufrief. Personalausweis<br />

abgegeben und schon konnte es mit weiteren Fragen<br />

weiter gehen. In der Zwischenzeit bekam ich im dreißig-<br />

Sekundentakt ein Formular zum Ausfüllen. Der Mann zu<br />

meiner rechten stellte mir auf einmal eine Frage.<br />

Ziemlich überrascht sah ich Ihn auch dementsprechend<br />

an. Gewohnt war ich es ja, dass Mitarbeiter <strong>oder</strong><br />

Kollegen sich im Fragejournal einmischten, aber diese<br />

Frage kam aus dem Fragekatalog der Dame. Auf meine<br />

Antwort hin Tippten auch beide gleichzeitig auf Ihrer<br />

Tastatur rum, was mich vermuten lies dass die beiden<br />

tatsächlich nur für mich gerade da sind und meine<br />

Ankunft und dessen Folgen zu bearbeiten. Mein Antrag<br />

auf Hartz IV. Oder wie man es in diesen Räumen


ausdrückte, Alg 2 ( Arbeitslosengeld 2 ). Auf einer Art<br />

fand ich es von Vorteil zwei Leute für einen<br />

Antragssteller einzusetzen, auf der anderen Seite sah ich<br />

in dem Herrn lediglich meine gezahlten Steuern.<br />

Nachdem ich nun einen ziemlich beeindruckenden Stapel<br />

an Formularen in meinen Händen hielt wurde ich von<br />

dem Mann zu meiner rechten Seite über die benötigten (<br />

kopierten ) Unterlagen in Kenntnis gesetzt. Unter<br />

anderem ein Formular was ich unterschreiben musste und<br />

womit Ich bestätige über alles aufgeklärt worden zu sein,<br />

mich selber um einen neuen Arbeitsplatz zu kümmern<br />

und dass falsche Angaben zu einer Sperre führen.<br />

Insgesamt war alles sehr ordentlich und freundlich. Zu<br />

meiner Verwunderung. Nicht selten schleichen hier<br />

gestalten rum in dessen Nähe ich mich nicht unbedingt<br />

aufhalten möchte. Kurz bevor ich das Büro verließ<br />

erklärte mir der gute Mann wo ich mit den ausgefüllten<br />

Unterlagen, innerhalb einer Woche, hin musste. Gleiche<br />

Etage, gleicher Flur, nur rechts, statt Links. Recht<br />

einfach, beim rausgehen sah ich das Schild, neben dem,<br />

das auf das Wartezimmer 1 hinwies, auf dem<br />

Antragsabgabe stand.<br />

Nach genau einer Woche, am Donnerstag, konnte ich den<br />

Antrag nun vollständig in meinen Händen halten. Was<br />

nicht ganz einfach war. Einige benötigten Formulare<br />

musste ich anfordern, Krankenkasse, Arbeitgeber usw.<br />

Die Zahlreichen Kopien konnte ich im Arbeitsamt


machen. Dort standen in jeder Etage mindestens 2<br />

Kopierer an denen man sich nach Belieben austoben<br />

durfte. Da ich verschiedene Formulare mehrmals<br />

durchgegangen war, von Anlage KDV über Anlage<br />

XYZ, um sicher zu gehen alles richtig ausgefüllt zu<br />

haben, machte ich mich nochmal über die To-do Liste<br />

her. Dort standen alle Unterlagen auf drei DinA 4 Seiten<br />

die das Job Center anfordern konnte. Mit jeweils einem<br />

leeren Kästchen davor, wo dann die benötigten<br />

unterlagen markiert werden. Sehr übersichtlich und<br />

enorm hilfreich wie ich fand. Mit meiner Mappe in dem<br />

sich die Unterlagen noch in einer Klarsichtfolie<br />

befanden, machte ich mich nun ein zweites Mal auf den<br />

Weg zum M<strong>oder</strong>nen Jobcenter. Auch an diesem Tag kam<br />

ich nicht direkt von zu Hause, sondern hatte noch<br />

kurzfristig einen Termin bei meiner Bank bekommen.<br />

Wir hatten zehn Uhr.<br />

Was mir diesmal im Eingangsbereich auffiel, war der<br />

hintere Teil, da ich nicht nach dem Weg schauen musste<br />

schlenderte mein Blick weiter nach hinten. Da der<br />

Eingangsbereich etwas verwinkelt war und das<br />

Treppenhaus in die Erste Etage direkt am Anfang war,<br />

fiel mir dies auch beim ersten Besuch nicht auf. Stühle in<br />

zehnerreihen formten ein Bild dass einer Wartezone im<br />

Flughafen glich. Einen leeren Stuhl konnte ich in der<br />

kurzen Zeit nicht ausmachen. Der Eingangsbereich, der<br />

übrigens auch eine Halle sein konnte, durch seine


mindestens 10 Meter hohen Decken, war voll mit<br />

Menschen. Als hätten tatsächlich gerade die<br />

Sommerferien angefangen und alle machten sich auf den<br />

Weg in den Süden. Mit dem Unterschied dass man hier<br />

eher eine Reise in den Keller bekam, als in die Sonnigen<br />

Länder. Alle Glaskästen, hinter denen sich Mitarbeiter<br />

des Centers befanden, waren diesmal besetzt. Die<br />

Akustik war sehr laut. Mehrere Sprachen drangen in<br />

meine Ohren. Kinder schrien, lachten <strong>oder</strong> liefen Queer<br />

durch die Gegend. Selbst Hunde konnte man hier finden,<br />

die allerdings bei Ihren Herrchen und Frauchen angeleint<br />

saßen. So viele verschiedene Schichten an Menschen,<br />

eine Vielfalt wie ich Sie bisher nur hier gesehen habe.<br />

Hier war alles anzutreffen. Da gab es Anzugsträger, mit<br />

Mappe, Aktenkoffer <strong>oder</strong> Ihre unterlagen in der Hand mit<br />

angewinkeltem Arm haltend, den Eindruck machten sie<br />

würden sich in einer angesehenen Weltbekannten<br />

Agentur für Mediengestaltung bewerben. Menschen die<br />

bis zur Unkenntlichkeit Tätowiert sind. Frauen die nur<br />

Ihre Augenpartien frei von schwarzen Tüchern hatten.<br />

Eine große Anzahl an Sportlern, die alle wahrscheinlich<br />

gerade vom Sport auch kamen, mit Jogginghosen, die ich<br />

aus Persönlichen Gründen noch nicht einmal zu Hause<br />

tragen würde auch wenn ich allein bin. Trainingsjacken<br />

aus Zahlreichen Kollektionen der achtziger und<br />

neunziger. Hüte in Massen. Da waren Sportliche Caps<br />

bei, Turban Variationen in verschiedenen Farben und


Kopfschmuck der aber eigentlich nur Haare darstellte<br />

und schlecht zu erkennen war.<br />

In der ersten Etage angekommen ging ich Zielbewusst in<br />

die Räumlichkeiten für Neuanträge. Dort befand sich ein<br />

weiteres Wartezimmer, und zwar Nummer zwei. Hier<br />

konnte ich diesmal eine Nummer ziehen, ohne aber von<br />

einem Wachmann, der letzte Woche nicht hier war,<br />

gefragt zu werden; „Antrag abgeben?“. Mit einem<br />

Kopfnicken zog ich die Nummer A25. Ich nahm Platz<br />

und begutachtete den Bereich der eher eine Große Nische<br />

war. Wieder mit einem Teppich und den dazu passenden<br />

Stühlen in Blau. Hier allerdings weitaus weniger als im<br />

ersten Wartezimmer. Allerdings waren hier fast alle<br />

besetzt. Nach meiner Zählung waren 6 Leute vor mir<br />

dran. Aus Erfahrung wusste ich dass dies schnell ging. In<br />

der Nische befand sich auch ein Kopierer, neben dem ich<br />

auch auf dem freien Stuhl Platz nahm. Da ich alles hatte,<br />

konnte ich beruhigt meine Zeit dem Warten widmen.<br />

Auch hier fiel mir ein Aushang an jeder Wand auf, auf<br />

dem mitgeteilt wurde, was für die Neuanträge Relevant<br />

ist. Im ersten Satz hieß es, dass das Jobcenter ​NUR<br />

Kopien und keine Originale annimmt. Des Weiteren<br />

wurde durch den Aushang darauf hingewiesen, dass die<br />

Neuanträge nur mit vollständig eingereichten verlangten<br />

Formularen bearbeitet werden kann. Diese „To-Do“ Liste<br />

bekam ich beim ersten Besuch und erstantrag auf Hartz<br />

IV.


Nach einer gefühlten halben Stunde saßen immer noch<br />

alle sechs Kandidaten in der Warte Nische. Ich fing an<br />

den mit wartenden meine Aufmerksamkeit zu schenken<br />

in dem ich sie begutachtete. Direkt Links neben mir saß<br />

ein Dunkelheutiger Mann, komplett in Beige gekleidet.<br />

Er saß nach vorne gebeugt und wippte ungeduldig mit<br />

dem Bein. In der Hand hielt er Formulare und ein Handy.<br />

Scheinbar schon weitaus länger hier wie ich. In der Ecke,<br />

etwas versteckt, saßen eine Frau und ein Mann, die<br />

scheinbar zusammen gehörten. Die Frau war klein,<br />

Korpulent und wirkte äußerst ungepflegt. Ihre Kleidung<br />

war komplett in Schwarz, Sie trug einen Rock, der Ihr bis<br />

zu den Knien ging. Ihre Strumpfhose hatte tolle<br />

Applikationen, die wir auch als Laufmasche kennen. Ihre<br />

schwarze Lederjacke hatte die Besten Jahre schon hinter<br />

sich. Auf beiden Plätzen Rechts und Links von Ihr, hatte<br />

sie Ihre Formulare ausgebreitet. Der Mann, Sah dagegen<br />

etwas gepflegter aus. Er trug ein Hellblaues Hemd, eine<br />

dazu passende Krawatte und eine Graue Hose. Optisch<br />

sehr abweichend von seiner Begleitung. Zwei Plätze<br />

weiter von dem Beige gekleideten Mann saß noch eine<br />

Frau, die es schaffte fast gar nicht auf zu fallen. Weder<br />

durch Ihre Kleidung, noch durch sonst was, ich<br />

vermutete dass Sie sich wohl ebenso unwohl fühlte wie –<br />

und das ganze schnell hinter sich bringen wollte. Rechts<br />

neben mir, uns trennte der Kopierer, saß ein junger<br />

Mann, vielleicht zwei, drei Jahre Jünger wie ich, und<br />

hielt eine Ledertasche in der Hand, die sehr nach einer


Laptoptasche aussah. Seine Frisur war die, die ich bei<br />

allen jungen Leuten sehe, und zwar vom Hinterkopf<br />

Lang gewachsene Haare, die sich bis zur Stirn und noch<br />

weiter in einer nach rechts, <strong>oder</strong> Links ( je nach Vorliebe,<br />

wie ich denke ), geschwenkte Frisur vollendeten. Er war<br />

noch damit beschäftigt seine Formulare zu sortieren.<br />

Seine untere Gesichtshälfte war von einem fünf bis acht<br />

Tage Bart übersät, und machte irgendwie den Eindruck<br />

eines Studenten, der gerade sein letztes Semester hinter<br />

sich gebracht hatte. Während meiner Begutachtung<br />

vergaß ich warum ich hier eigentlich saß. Eine dreiviertel<br />

Stunde verging als sich eine Bürotür öffnete und ein<br />

Mann heraustrat. Im ersten Augenblick dachte ich das<br />

war ein Antragssteller der gerade fertig war, doch würde<br />

keiner dann eine Nummer aufrufen. Er war genau so groß<br />

wie ich, hatte eine Glatze, trug eine Brille und hatte die<br />

gleiche Figur von Rainer Calmund, allerdings mit dem<br />

Unterschied dass Herr Calmund bei weitem besser<br />

gekleidet war. Er hatte ein schlichtes Uni Farbendes<br />

schwarzes T-Shirt an, das nach zahlreichen Wäschen,<br />

wie mir schien, die Farbe Schwarz-Meliert-Grau bekam.<br />

Seine dazu passende schlichte Wrangler Jeans, dessen<br />

Schnitt in der Heutigen Mode Branche nicht mal mehr<br />

erwähnt wird, kombinierte er mit extrem abgelaufenen<br />

Turnschuhen. Ähnliche Turnschuhe hatte ich in meinem<br />

Schuhschrank, die ich für Umzug und- <strong>oder</strong><br />

Renovierungsarbeiten benutze. Die Nummer A 19, die er<br />

aufrief war verschwunden, es regte sich niemand. Bei A


20 stand der Safari Mann neben mir auf, der sein Handy<br />

noch schnell auf Stumm schaltete. Mit einem<br />

Freundlichen Handschlag begrüßt, verschwanden beide<br />

im Büro. Es verging keine Minute da kam das Beige<br />

Outfit auch schon wieder raus und machte sich am<br />

Kopierer zu schaffen, Genauso schnell war er wieder im<br />

Büro. Eine zweite Tür öffnete sich und heraus kam eine<br />

Frau, von wo mit hoher Wahrscheinlichkeit die<br />

Bezeichnung „Bunter Hund“ stammte. Sie trug eine grell<br />

Orange Weste, eine Sonnengelbe Bluse, kombiniert mit<br />

einer Dunkelblauen Röhren Jeans und ziemlich hoch<br />

hakigen Pomps, ebenfalls in Dunkelblau. Ihre<br />

hochgesteckten Blonden langen Haare waren mit einer<br />

ziemlich großen Haarklammer fixiert. Mit einer Akte<br />

unter dem Arm ging Sie davon, nachdem Sie die Tür<br />

abschloss. Nach circa zehn Minuten kam Sie im gleichen<br />

gemächlichen Schritt, mit der Sie auch fortging wieder<br />

und ging in Ihr Büro. In diesen zehn Minuten kam der<br />

Mann in Beige ganze sieben Mal heraus um am Kopierer<br />

seine Formulare zu vervielfältigen. Immer jeweils eine<br />

Seite. Frau Farbkasten kam heraus und rief die Nummer<br />

A 21 auf, nebenbei machte Sie die Rolle mit den<br />

Nummern ab und ging wieder ins Büro. Mit einem<br />

deftigen Kopfschwenker nach rechts stand der junge<br />

Mann hinter dem Kopierer auf, nahm seine Ledertasche<br />

und ging Ihr hinterher. In der Zwischenzeit war das<br />

Wesen in Beige wieder zweimal am Kopierer gewesen.<br />

Eine dritte Tür öffnete sich, und meine eigene Ungeduld


wurde etwas verringert, das es endlich danach aussah als<br />

würde ich noch vor Einbruch der Dunkelheit hier raus<br />

kommen. Die Frau trug eine Oberteil das weder nach<br />

einer Bluse noch nach einem Hemd aussah, - und trug es<br />

über die Jeans. Ihre Grau braunen Haare waren ein<br />

reinstes Vogelnest, das nicht danach aussah als hätte Sie<br />

versucht auch nur ansatzweise was daran zu machen<br />

wenn Sie morgens aufstand. Ihr Aufruf der Nummer war<br />

allerding auch die beste. Sie rief die erste Zahl mit einem<br />

Ton auf, der keinerlei Nervenbeherrschung mehr<br />

beinhaltete, und noch schlimmer wurde als sich niemand<br />

bei A 22 bewegte. Ihr Augen rollten leicht nach oben, ein<br />

schwerer Seufzer und die Nummer A 23 wurde von Ihr<br />

über die Lippen gebracht, das kann ich nicht mehr in<br />

Worte fassen. Das Pärchen in der Ecke stand auf und<br />

ging mit Ihr ins Büro. Die wird Dein Antrag gleich<br />

bearbeiten, dachte ich mir, während rechts neben mir der<br />

Kopierer Arbeitete und ich nur eine Hell beige Hose sah,<br />

da ich nach vorn gebeugt mit Armen auf den Knien<br />

gestützt, saß. Die zweite Bürotür öffnete sich und die<br />

rechts geschwenkten Haare kamen gefolgt von Sonnigen<br />

Farben heraus. Mit ein paar Worten verabschiedeten sich<br />

beide. Die Dame verschwand wieder in Ihr Büro, kam<br />

wieder mit einer Akte unter Ihren Armen, schloss die Tür<br />

ab und verschwand für den gleichen Zeitraum wie beim<br />

ersten Mal. Nun machte sich jemand anderes am<br />

Kopierer zu schaffen. Ich sah die Schwarzen<br />

abgelaufenen Schuhe und bemerkte noch mehr


Laufmaschen, während ein ziemlich übelkeitserregender<br />

Geruch meine Nase wahr nahm. Ich richtete mich auf<br />

und sah die Frau die vorhin beim Nervenbündel mit Ihrer<br />

Männlichen Begleitung ins Büro ging. Wenn mich von<br />

der Anzahl der Blätter die Sie kopierte, nichts täuschte,<br />

waren es alle benötigten Unterlagen den man für den<br />

Antrag kopieren musste. Nachdem Sie fertig war, hörte<br />

ich lautes Stimmengewirr aus dem Büro. Die Tür öffnete<br />

sich und schlug wie bei einem heftigen Durchzug, zu.<br />

Der Mann, der hinter der Naturparfümierten Frau ging<br />

ließ noch folgendes verlauten. „Olle Tussi“. Beide<br />

verschwanden und die Tür öffnete sich wieder. Die Frau,<br />

mit der Frisur von Hermine Granger, schrie den Gang<br />

entlang, wo das Pärchen entlang zum Ausgang gingen,<br />

dass man die Tür auch leise schließen kann, und schloss<br />

die Tür wieder. Das ist Definitiv Deine Beraterin, sagte<br />

ich mir nochmals. Die erste Tür ging auf und Herr<br />

Calmunds verlorener Bruder kam mit dem lächelnden<br />

Mann in Beige raus. In meinem Kopf entstand eine<br />

Szenerie, wonach alle sich im Raum befindenden<br />

Personen eine klatschende Standing Ovation hinlegten.<br />

Frau Farbkasten kam auch wieder und die beiden Männer<br />

aus Büro eins verschwanden im Gang. Keine fünf<br />

Minuten und der gute Herr aus Tor Nummer eins kam<br />

wieder. Ich hoffte dass jetzt die Frau aus Büro Nummer 3<br />

rauskam und die Letzte Person vor mir aufrief. Die<br />

unscheinbare junge Frau, mit der ich noch allein das<br />

Wartezimmer beherbergte. Da ich meinen gedanklichen


Belüftungen immer vertrauen kann, bekam ich auch die<br />

Dame, mit der ich mir schon einige bösartige Szenerien<br />

ausgedacht habe. Mit A 25 war meine Wartezeit von<br />

knapp zwei Stunden endlich beendet und ich ging in das<br />

Büro, in dem ich nicht wusste was auf mich zu kam. Ich<br />

wählte mich für eine Einstellung, mit der ich nicht das<br />

gleiche Ergebnis erzielte wie meine Vorgänger.<br />

Langjährige Erfahrung aus dem Einzelhandel halfen mir<br />

dabei die Situation bestmöglich an zu gehen. Ich verhielt<br />

mich defensiv und zurückhaltend und lauschte Ihren<br />

Sätzen, den Sie dem Monitor entgegenbrachten. Mein<br />

Stapel an Formularen lag bereits auf dem Tisch und da<br />

ich derjenige war, der sich mit diesen Unterlagen<br />

zurechtfand, bat ich Ihr meine Hilfe an, diese zu<br />

Sortieren und zu sagen welche Kopierten Seiten zu<br />

welcher Anforderrung der To-Do Liste gehörten. Sie<br />

nahm mein Angebot dankend an und das Gespräch<br />

verlief ruhig und Freundlich. Heraus kam, dass mein<br />

Antrag noch nicht bearbeitet werden kann, da durch<br />

einige Tatsachen in meinem Fall, von der gängigen<br />

Praxis der Bearbeitung abwichen und ich noch drei<br />

weitere Unterlagen benötigte die noch nicht auf der Liste<br />

vermerkt waren. Ein krankheitsfall aus dem letzten Jahr,<br />

den ich beim Arbeitsamt angegeben hatte und wohl nicht<br />

zum Job Center durchgedrungen war. Mit einer<br />

Fristverlängerung, für die Abgabe der Unterlagen, wurde<br />

ich auch schon nach zehn Minuten wieder entlassen. Ich<br />

musste drei weitere Unterlagen, Bescheinigungen und


Abrechnungen, nachreichen. Dies dauerte Leider ein paar<br />

Tage, und da das Wochenende dazwischen war, kam ich<br />

erst die Woche darauf wieder ins Job Center. Diesmal<br />

aber um einiges früher. Generell versuch ich immer einer<br />

der ersten zu sein wenn es um Arztbesuche <strong>oder</strong> aber halt<br />

bei Ämtergängen geht. Je früher ich da bin, desto eher<br />

bin ich raus. So betrat ich also um viertel nach acht am<br />

Sonnigen Mittwochmorgen das Job Center. In der<br />

Eingangshalle angekommen hielt ich kurz inne, um<br />

sicher zu gehen dass ich nicht an einem Tag hier<br />

erscheine an dem das Job Center wohl nur Termine wahr<br />

nahm. Die Eingangshalle war so gut wie leer. Es<br />

befanden sich mehr Mitarbeiter als „Kunden“ hier. In<br />

meiner mittlerweilen vertrauten Nische befanden sich mit<br />

mir noch sechs andere. Der Trend aus der Eingangshalle<br />

ist leider nicht bis hier hin gekommen. Dafür war das<br />

Publikum weitaus Interessanter als letzte Woche. Eine<br />

Frau, die anscheinend die ganze Nacht hier mit warten<br />

verbracht hat, stöhnte, änderte Ihre Sitz Position alle zwei<br />

Minuten, fing an zu Singen bis sie Ihren Stuhl nach vorne<br />

zog um direkt ins Büro rein zu springen wenn die Tür<br />

aufging. Zwei Mädchen saßen mir gegenüber am<br />

Kopierer, wo ich diesmal mit Absicht nicht hinging. Die<br />

beiden waren nicht älter als 18 und machten sich über die<br />

sehr ungeduldige Frau lustig – ohne auch nur Ansatz<br />

weise zu versuchen dies zu verbergen. Eine Frau rechts<br />

von mir befand sich gerade in den Tiefen Ihrer<br />

Unterlagen. Sie beanspruchte die beiden Stühle neben


sich und den Teil des Bodens wo andere Ihre Füße hatten<br />

wenn Sie auf einem Stuhl saßen. Der Kopierer hatte an<br />

diesem Morgen einiges zu tun. In meiner ganzen<br />

Wartezeit war er in Betrieb. Teilweise hatte ich das<br />

Gefühl dass einige hier hin kamen nur um zu kopieren,<br />

nicht jedoch einen Antrag auf Hartz IV zu stellen. Bei<br />

einem war ich mir sicher dass er Lebensläufe und<br />

Zeugnisse von Arbeitgebern kopierte. Wie es halt so ist,<br />

wenn es etwas umsonst gibt. Im gleichen schleppenden<br />

Zeitraum wie zuvor, wurde einer nach dem anderen<br />

aufgerufen. Es dauerte aber weitaus länger, ich<br />

verbrachte mehr als zwei Stunden dort. Die sehr<br />

ungeduldige Frau haute sich jetzt mehrmals gegen die<br />

Stirn um nicht ein zu schlafen, während die beiden<br />

Mädchen einem Lachanfall nahe waren. An diesem Tag<br />

hatte ich das Glück Frau Farbkasten kennen zu lernen, als<br />

Sie mich nach endlos langen Stunden von der Wartezeit<br />

erlöste. Ich hatte die angeforderten Unterlagen, alles<br />

Kopiert und Unterschrieben. Dennoch sagte Sie mir das<br />

Sie noch mehr brauch. Da Sie noch was fand, was für<br />

den Antrag relevant war. Die Unterlagen konnte ich<br />

jedoch schnell besorgen und fragte Sie ob ich diese per<br />

Brief Einwurf einreichen kann.<br />

„Natürlich, einfach in den roten Briefkasten hier im Gang<br />

einwerfen“, sagte Sie.<br />

Ich versuchte die Ecke in meiner Erinnerung zu finden,<br />

die sich Fotografisches Gedächtnis nennt, um heraus zu


finden wo ich einen roten Briefkasten übersehen haben<br />

könnte.<br />

„Hätte ich diese Unterlagen auch einr…“, konnte ich<br />

gerade noch sagen, als Sie mich unterbrach und sagte:<br />

„Ja, dafür steht der Briefkasten ja da“.<br />

Für einen kurzen Augenblick kam in mir das verlangen<br />

hoch dieses Gebäude in Schutt und Asche zu legen.<br />

Nachdem alles geklärt, kontrolliert und abgesegnet<br />

wurde, ging ich mit meiner, mittlerweile drei Mal<br />

überarbeiteten To-Do Liste, aus dem Büro. Meine Augen<br />

suchten und fanden den Roten Briefkasten sofort, wo<br />

sich gerade ein junger Mann dran zu schaffen machte. Er<br />

hob den oberen Teil wie ein Deckel und schmiss sein<br />

Umschlag hinein. Ich weiß nicht warum, aber dieser<br />

Gegenstand war so unauffällig wie die Nadel einer<br />

Schneiderin in der Hand.<br />

Einen Tag später kam ich zurück um meine Unterlagen<br />

in den Roten Briefkasten zu werfen. Meine Frist dafür<br />

wurde um weitere sieben Tage verlängert und ich bekam<br />

nach drei Tagen eine Einladung zur Besprechung der<br />

Leistungsangelegenheiten. Einen Absatz fand ich<br />

allerdings sehr Interessant.<br />

Wenn Sie ohne wichtigen Grund dieser Einladung nicht<br />

Folge leisten, wird Ihr Alg II bzw. Sozialgeld um 10<br />

Prozent des für Sie nach §20 Zweites Buch


Sozialgesetzbuch ( SGB II )maßgebenden Regelbedarfs<br />

für die Dauer von drei Monaten gemindert.<br />

Wie viele womöglich schon davon Profitiert haben, hätte<br />

mich sehr Interessiert. Und wie als hätte man mich<br />

gehört, las ich einen Artikel darüber, dass das Hartz IV<br />

Geld für Jugendlich gekürzt werden soll. Und erfuhr des<br />

Weiteren dass die meisten Mahnungen und Minderungen<br />

von Hartz IV, Jugendliche betrafen.<br />

In der Zwischenzeit bemühe ich mich um eine zweite<br />

Ausbildung. Nach langem hin und her, fand ich diese<br />

Wahl am besten. Da ich mit 30 nun wirklich nicht der<br />

einzige bin, der so eine Entscheidung getroffen hat, da<br />

man nie zu alt sein kann um was Neues zu erlernen. Den<br />

Anstoß dafür gab mir das Arbeitsamt. Seit meinem<br />

Antrag habe ich noch kein Geld auf meinem Konto vom<br />

Staat bekommen, da ich noch ausbezahlten Resturlaub<br />

meines letzten Arbeitgebers bekam. Allerdings bekam<br />

ich schon zwei Angebote für eine Arbeitsstelle. Einmal<br />

betraf es die gleiche Branche in der ich mich zuletzt<br />

befand – ich dem Berater mitteilte dass ich dort nicht<br />

meine Zukunft sehe – und die zweite war für eine<br />

Bäckerei ausgeschrieben, wo Freundliche<br />

Mitarbeiter/innen, gesucht wurden. Da man laut Gesetz,<br />

niemanden ausschließen darf, wie in diesem Fall die<br />

Männliche Person, wurde hier natürlich keine<br />

Abgrenzung gemacht. Ich dachte tatsächlich daran den<br />

Berater dieses Schreiben in den Mund zu stopfen und Ihn


dazu zwingen es zu essen. Ich werde wenn es hoch<br />

kommt vielleicht zwei drei Monate Geld vom Staat<br />

einsacken müssen, wobei ich diese Zeit noch recht<br />

akzeptabel finde. Allein der Grund dass ich mich nicht so<br />

lange in Gewissen Häusern rumtreiben muss, mit<br />

gewissen Menschen zusammen Arbeiten muss <strong>oder</strong> aber<br />

Stunden in Räumen verbringe wo Menschen die<br />

Lustigsten Dinge taten um ja nicht zur Arbeit gezwungen<br />

zu werden. Ich gehöre zum Glück nicht dazu, und<br />

schreibe diese Erfahrung nieder um mir selbst zu<br />

verbildlichen in was ich da rein geraten bin und wie ich<br />

wohl in zehn Jahren aussehe. Vollendes Tätowiert, mit<br />

Jogginghose und Lederjacke bekleidet. Eine Frisur die<br />

man nicht mehr als Frisur bezeichnen kann, und eine<br />

Aussprache die nur ich verstehe.<br />

Das Ende von dem ganzen hier war übrigens, dass ich<br />

kein Alg 2 bekam. Es errechnete sich ein Betrag von<br />

circa 53€. Daraufhin sagte die Dame, die mein<br />

vollständigen Antrag bearbeitet hat, dass das<br />

Wohnungsamt vorrangig wäre und ich da nach Ihren<br />

Berechnungen 10€ mehr bekomme. Versuchen Sie erst<br />

gar nicht dies zu verstehen.<br />

In diesem Sinne,<br />

überlegen Sie wie Gut <strong>oder</strong> schlecht es Ihnen wirklich<br />

geht.

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