Heimat-Rundblick Frühjahr 2018
Magazin für Kultur, Geschichte und Natur
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Profil durch den großen Ofen (c), Grundrisse des<br />
großen (a) und kleinen (b) Brandt-Ofens; aus:<br />
NLA Stade, Karten Neu Nr. 13061, Tab. VII. Nr. B<br />
gebrannt werden konnten, die in benachbarten<br />
Gebäuden geformt und vorbereitet wurden. Der<br />
benötigte Brenntorf konnte mit wenig Aufwand<br />
aus dem „Torff-Schauer“ (F) herangeschafft<br />
werden.<br />
Vorbereitet wurde der Ton in der Trete Deehle<br />
(K); auf überdachter Fläche wurde er hier ggf.<br />
angefeuchtet und dann von Pferden getreten,<br />
um eine gleichmäßige, geschmeidige Masse zu<br />
erhalten, die sich gut formen lassen sollte. Zwei<br />
Flächen gab es mit je einem Pferd. Das<br />
benötigte Wasser konnte aus dem nahen Bach<br />
entnommen und hierher geleitet werden.<br />
Diesem am nächsten erstreckt sich auf 260<br />
Fuß Länge und 28 Fuß Breite die Bek Hütte<br />
(auch Bach Hütte genannt). Da diese auch am<br />
nächsten zum Tonvorkommen gelegen ist, lässt<br />
sich hier dessen Anlieferung vermuten. Dann<br />
käme die Jungfern Bude (B) für die Formung<br />
und erste Trocknung der Ziegel in Frage, bevor<br />
sie zur weiteren Trocknung in die Pferde-Hütte<br />
(E) verbracht werden. Diese Funktion wird auch<br />
durch die Bezeichnung „Trocken Stein Hütte“<br />
nahe gelegt. Von dort ist es nur noch ein kurzer<br />
Weg in den großen oder kleinen Brandt-Ofen (c<br />
bzw. d).<br />
In einem Anbau an die Jungfern Bude (B) ist<br />
eine Wohnung für die Ziegelknechte untergebracht,<br />
die also direkt auf dem Betriebsgelände<br />
gewohnt haben. Was man aus der Zeichnung<br />
allerdings herauslesen kann, deutet doch auf<br />
eine Gruppenunterkunft mit sehr spartanischer<br />
Ausstattung hin.<br />
Herstellung der Rohziegel<br />
Ein separater Punkt in der „Umbständlichen<br />
beschreibung“ befasst sich speziell mit den<br />
Arbeiten im „Steinwerck“, da diese sich gegenüber<br />
anderen Ziegeleien unterschieden. Fasst<br />
man diese Beschreibung mit den Kartenbefunden<br />
und anderen Hinweisen 8) zusammen, so<br />
lässt sich folgender Arbeitsablauf für die Herstellung<br />
der Rohlinge konstruieren. Dabei waren<br />
einige Arbeitsgänge erforderlich, die arbeitsteilig<br />
zu absolvieren waren.<br />
1) Die Lehmgrube befand sich im Klosterholz.<br />
Hier wurde ggf. bereits im Vorjahr der Lehm<br />
vorbereitet und im Winter der Witterung<br />
ausgesetzt, um dessen Struktur zu verbessern.<br />
2) Die ersten drei Tage einer Woche dienten<br />
dazu, Lehm für 12 000 Steine zuzubereiten.<br />
Dazu mussten zwei Lehmmacher täglich 40<br />
Karren Ton graben. Sie bereiteten vor Ort den<br />
Rohstoff zu, damit er weich, gut formbar und<br />
von gleichmäßiger Qualität war. Zu „fetter“<br />
Lehm wurde mit Sand versetzt.<br />
3) Zwei Aufkarrer „fahren solchen an in die<br />
nahe bey der Hütten befindliche Kumpe“, wo<br />
er ggf. mit Wasser aus dem Bach angefeuchtet<br />
wurde.<br />
4) Zur Durchmischung bediente man sich auf<br />
einer speziellen Diele der Hilfe von zwei Pferden,<br />
die den Ton so lange treten mussten, bis<br />
dieser so fein und zäh geworden ist, dass<br />
Mauersteine daraus gestrichen werden<br />
konnten.<br />
5) Danach wurde „die zubereitete Erde aus dem<br />
Kumpen wieder in die Karren geschlagen“<br />
und in die Streichhütte gefahren.<br />
6) In Form gebracht wurde der Lehm dann in<br />
den drei restlichen Tagen der Arbeitswoche<br />
durch den Ziegelstreicher. Nachdem der Einschlager<br />
die Masse in vorbereitete Rahmen<br />
aus Holz geschlagen hatte, konnte der Streicher<br />
oder Former diese dann mit einem<br />
Streichbrett glätten. Bei dieser im Akkord<br />
verrichteten Tätigkeit erhielt der Lehm dann<br />
die gewünschte Form; in der Regel war es der<br />
Quader, aber auch andere Formen waren<br />
möglich.<br />
7) Im nächsten Arbeitsschritt war es dann der<br />
Abträger, der die gefüllten Formen zu einem<br />
Trockenplatz trug. Dort konnten die Formen<br />
dann abgezogen und zum Ziegelstreicher<br />
zurückgebracht werden.<br />
8) Nach einigen Tagen der Trocknung trat dann<br />
der Ziegler (Hagensetzer) in Aktion und stapelte<br />
die vorgetrockneten Rohlinge so, dass<br />
sie dann für 2 – 3 Wochen weiter trocknen<br />
konnten. Dabei verloren diese außer an<br />
Masse auch an Volumen, was im Vorfeld bei<br />
der Bemessung der Formen zu berücksichtigen<br />
war.<br />
Anmerkungen<br />
Wilhelm Berger<br />
1) Siehe HRB Nr. 122, S. 6.<br />
2) Zur Errichtung der Ziegelei und zu vertraglichen<br />
Regelungen s. HRB Nr. 123, S. 10 – 12.<br />
3) NLA Stade, Rep. 74 Osterholz Nr. 799<br />
4) Hans Siewert, Der Wandel von einer Tongrube<br />
zum Osterholzer Waldstadion; in: HRB Nr.<br />
3/2009, S. 21<br />
5) NLA Stade, Rep. 74 Osterholz Nr. 800. C. F.<br />
Meiners war Sohn von A. F. Meiners und seit<br />
1744 Amtschreiber und Kommissarius in Lilienthal.<br />
1744 war sein Vater gestorben, dessen<br />
Erbe er antrat. Dazu gehörte auch die<br />
Osterholzer Ziegelei. Drost in Osterholz war<br />
damals B. C. von Gruben. (Angaben von H.-C.<br />
Sarnighausen: Amtsjuristen…; in: Genealogie<br />
1/2015, S. 373 – 376)<br />
6) NLA Stade, Rep. 74 Osterholz Nr. 799<br />
7) NLA Stade, Karten Neu Nr. 13061, Tab. VI und<br />
VII. Die Gebäudestruktur deckt sich mit der<br />
im HRB Nr. 123, S. 10, veröffentlichten Darstellung.<br />
8) Die Ausführungen basieren u. a. auf:<br />
http//wiki-de.genealogy.net/Ziegler_(Beruf)<br />
April<br />
Der April kann rasen,<br />
nur der Mai halt Maßen.<br />
Ist die Krähe nicht mehr weit,<br />
wird‘s zum Säen höchste Zeit.<br />
Bauernregeln<br />
April – Mai – Juni<br />
Mai<br />
Donnert‘s im Mai viel,<br />
haben die Bauern leichtes Spiel.<br />
Der Mai, zum Wonnemonat erkoren,<br />
hat den Reif noch hinter den Ohren.<br />
Juni<br />
Was im September soll geraten,<br />
das muss bereits im Juni braten.<br />
Wenn im Juni wechseln Regen und Sonnenschein,<br />
wird die Ernte reichlich sein.<br />
RUNDBLICK <strong>Frühjahr</strong> <strong>2018</strong><br />
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