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Uni-Magazin 3_2009.indd - Zentrale Universitätsverwaltung - Martin ...

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3/09<br />

UNI<br />

MAGAZIN<br />

Campus statt Kaserne:<br />

Willkommen am Weinberg<br />

Spinnfäden mit Metall:<br />

Die Spider-Man-Seide<br />

Wissenschaft publizieren:<br />

360 Grad studentisch<br />

Alarmierende Aussichten:<br />

Sparen an der Bildung<br />

scientia halensis


Hurtigruten<br />

(Postschiff)<br />

MEER ERLEBEN<br />

Winter 2009<br />

(letzte Abreise<br />

13.12.2009)<br />

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12 Tage ab Hamburg<br />

10.05.2010 Rund um Großbritanien<br />

11 Tage ab Hamburg<br />

16.07.2010 Island – Südgrönland<br />

15 Tage (Fluganreise)<br />

13.09.2010 Ostgrönland<br />

11 Tage<br />

26.09.2010 Island – Grönland –<br />

15 Tage Kanada<br />

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Gruppenreisen 2011<br />

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24.02.–17.03.2011<br />

Große Antarktisexpedition mit<br />

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22-tägig<br />

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Lektorenteam an Bord<br />

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(inkl. Flug)<br />

19.01.–03.02.2011<br />

Sonderexpedition Weddellmeer<br />

16-tägig<br />

HÖHEPUNKTE:<br />

ab � 7.134,– p.P.<br />

(inkl. Flug)<br />

Tafeleisberge, Großpinguinkolonien<br />

mit Jungtieren, Lektoren an Bord<br />

Weitere Routen & Termine<br />

2010/2011<br />

Okt. 2010 Südgeorgien<br />

22 Tage<br />

Nov./Dez. 2010 Chilenische Fjorde<br />

18 Tage<br />

26.09.2010 Bis zum Südpolar-<br />

16 Tage kreis<br />

Foto: Hurtigruten | Collage: vivid designz Anja Weidner


Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

unabhängig davon, wo Sie Ende September<br />

Ihr Kreuz gemacht haben: Grün scheint Ihnen<br />

zu gefallen, jedenfalls im <strong>Uni</strong>magazin.<br />

Die Reaktionen auf unseren Farbwechsel und<br />

generell die Neugestaltung des Heftes fielen<br />

größtenteils sehr positiv aus. Genaueres lässt<br />

sich erst sagen, wenn die Online-Umfrage ausgewertet<br />

ist – an der sich mehr als 800 Leser<br />

beteiligt haben. Dafür ein großes Dankeschön!<br />

Mit unserem Titelthema beleuchten wir diesmal<br />

den universitären Großumzug an den<br />

Standort Heide-Süd auf dem Weinberg Campus.<br />

So erfahren Sie etwas über Umzugsprofis,<br />

alte Hasen und Campus-Liebhaber. Dass der<br />

Weinberg seinen Namen durchaus zu Recht<br />

trägt, obwohl dort heute überraschenderweise<br />

Bier gebraut wird – auch das ist in diesem<br />

Heft nachzulesen.<br />

Impressum<br />

scientia halensis<br />

<strong>Magazin</strong> der <strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

Halle-Wittenberg (MLU)<br />

Ausgabe 3/09, 17. Jahrgang<br />

ISSN 0945-9529<br />

erscheint viermal im Jahr<br />

sowie im Internet:<br />

www.unimagazin.uni-halle.de<br />

Herausgeber:<br />

Rektor der <strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

Halle-Wittenberg<br />

Redaktion:<br />

Carsten Heckmann (V.i.S.d.P.),<br />

Dr. Petra Hoffmann, Silvio Kison,<br />

Ute Olbertz, Paolo Schubert<br />

Zudem wartet die Ausgabe mit vielen Helden<br />

auf. Spider-Man kommt vor, ebenso Helden<br />

des Alltags und der Forschung. Das Redaktionsteam<br />

offeriert Ihnen eine bunte Themenmischung<br />

– und wünscht viel Spaß beim Lesen!<br />

Fast wäre ich versucht, Ihnen zudem bereits<br />

ein frohes Weihnachtsfest zu wünschen. Aber<br />

nein, das käme dann doch ein wenig früh.<br />

Obwohl dies bereits das letzte <strong>Uni</strong>magazin im<br />

Jahr 2009 ist. Es wird keine vierte Ausgabe<br />

geben, denn wir stellen den Erscheinungsrhythmus<br />

um: Ab sofort können Sie mit der<br />

scientia halensis stets im ersten Monat eines<br />

Quartals rechnen, der Abstand zwischen zwei<br />

Ausgaben wird somit immer der gleiche sein.<br />

Statt im Dezember erscheint das nächste Heft<br />

also im Januar, rechtzeitig vor dem Ende der<br />

Vorlesungszeit.<br />

Kontakt:<br />

<strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

Halle-Wittenberg<br />

Stabsstelle des Rektors / Pressestelle<br />

<strong>Uni</strong>versitätsplatz 9, 06108 Halle (Saale)<br />

Telefon: 0345 55-21004<br />

Fax: 0345 55-27066<br />

E-Mail: magazin@uni-halle.de<br />

Mediadaten:<br />

www.pr.uni-halle.de/mediadaten<br />

Redaktionsbeirat:<br />

Prof. Dr. Wulf Diepenbrock (Rektor),<br />

Prof. Dr. Dr. Gunnar Berg (Altrektor),<br />

Carsten Heckmann, Prof. Dr. Andrea<br />

Jäger, Prof. Dr. Gerhard Lampe, Ramona<br />

Mitsching (VFF), Jens Müller,<br />

Ute Olbertz, Katrin Rehschuh,<br />

Dr. Ralf-Torsten Speler<br />

Layout und Satz:<br />

Digital Druckservice Halle GmbH<br />

Druck:<br />

dmv / druck-medienverlag GmbH<br />

Grafik-Design:<br />

Barbara Dimanski, Dipl.-Grafik-<br />

Designerin AGD/BBK<br />

Steffen Schenk (Inhaltsverzeichnis)<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

geben die Meinung der Autoren wieder.<br />

Die Redaktion behält sich Änderungen<br />

eingesandter Texte vor. Bei unverlangt<br />

eingesandten Texten/Fotos besteht<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Zwischen zwei Ausgaben passiert an der<br />

MLU natürlich sehr viel – und falls Sie darüber<br />

auf dem Laufenden sein wollen, kann ich<br />

Ihnen nur den Newsletter empfehlen, den die<br />

Pressestelle anbietet. Er erscheint mit Beginn<br />

des Wintersemesters in überarbeiteter Form,<br />

mit neuem Layout und festen Rubriken – noch<br />

dazu wöchentlich statt wie bisher alle 14 Tage.<br />

Demnächst kommt noch eine Datenbank<br />

hinzu, sodass Sie im Newsletter-Archiv recherchieren<br />

können. Wie wäre es mit einem<br />

Probe-Abo?<br />

www.pr.uni-halle.de/newsletter<br />

Auf Wiederlesen!<br />

Carsten Heckmann<br />

Leiter der Pressestelle<br />

Der <strong>Uni</strong>versitätscampus am Von-Danckelmann-Platz. Foto: Maike Glöckner<br />

keine Gewähr für einen Abdruck. Der<br />

Nachdruck von Artikeln ist bei Angabe<br />

der Quelle gestattet. Die Redaktion bittet<br />

um ein Belegexemplar.<br />

scientia halensis erscheint mit freundlicher<br />

Unterstützung der Vereinigung der<br />

Freunde und Förderer der <strong>Martin</strong>-Luther-<br />

<strong>Uni</strong>versität Halle-Wittenberg e. V. (VFF)<br />

Das Titelbild zeigt Franziska<br />

Setzer, Studentin der Angewandten<br />

Geowissenschaften und MLU-<br />

Studienbotschafterin, im Geologischen<br />

Garten am Von-Seckendorff-Platz.<br />

Foto: Maike Glöckner<br />

3<br />

V ORWORT


4<br />

I NHALT<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

8<br />

Varia<br />

„Erleuchtung der Welt“<br />

Die <strong>Uni</strong>versität Leipzig begeht am<br />

2. Dezember den 600. Jahrestag der<br />

Gründung ihres Bestehens. Von der<br />

ruhmreichen Geschichte der MLU-Partneruniversität<br />

erzählt die Jubiläumsausstellung<br />

„Erleuchtung der Welt“, in der<br />

auch Exponate aus Halle zu sehen sind,<br />

zum Beispiel das Rektorenbildnis von<br />

Christian Wolff (Foto: Marion Wenzel,<br />

<strong>Uni</strong>versität Leipzig).<br />

Kontroverse Debatte<br />

setzt sich fort<br />

Leser schreiben zum Thema<br />

Naturkundemuseum<br />

Bilderrätsel 7<br />

Sprachsalat 7<br />

Zur „Erleuchtung der Welt“ 8<br />

Jubiläumsausstellung der <strong>Uni</strong>versität<br />

Leipzig mit MLU-Beteiligung<br />

„Facetten der Gerechtigkeit“ 9<br />

Vortragsreihe vor dem Hintergrund<br />

zweier Jubiläen<br />

Fruchtbare Partnerschaft 9<br />

Senshû <strong>Uni</strong>versität Tokio wird 130<br />

Jahre alt<br />

6<br />

10<br />

Titelthema<br />

Mit dem Lkw ins Grüne 10<br />

Ein Umzugsbericht über emsige Arbeiter,<br />

kurze Wege und große Potenziale<br />

Kolumne von Dr. Zeitgeist 16<br />

Warum „Weinberg Campus“? 16<br />

Die Geschichte des heutigen<br />

Wissenschaftsareals<br />

Kenntnisse, Kontakte – Karriere 17<br />

Die Studentische Förderinitiative der<br />

Naturwissenschaften<br />

Der Gipfel des guten<br />

Geschmacks<br />

Das Studentenwerk ist ab 2010 mit zwei<br />

Mensen auf dem Weinberg vertreten<br />

Wachstumsschub für den Weinberg Campus<br />

Für Agrar- und Ernährungswissenschaftler, Physiker und Chemiker war die<br />

vorlesungsfreie alles andere als eine stressfreie Zeit: Für sie stand der Umzug<br />

zum Weinberg Campus an. In den dortigen Standort Heide-Süd flossen<br />

in den letzen Jahren 70 Millionen Euro. Nun leben sich 3000 Studierende<br />

und 400 Beschäftigte am Von-Danckelmann-Platz ein. Ein Bericht über emsige<br />

Arbeiter, kurze Wege und große Potenziale. Ergänzend dazu: ein Weinberg-Mensa-Report<br />

und Informationen über die Studentische Förderinitiative<br />

der Naturwissenschaften (Abbildung: Auszug aus einer 3-D-Darstellung des<br />

Weinberg Campus, Gesamtansicht und Informationen dazu auf S. 14/15).<br />

18<br />

Hochschulpolitik<br />

Alarmierende Aussichten 20<br />

Landesetat: Weitere Belastungen für die<br />

Hochschulen<br />

Studieren, lehren, leben<br />

Frauenpower für studentische<br />

Experten<br />

Projekt „PraxisBilder“: Studierende<br />

beraten Unternehmer<br />

Moderne IT für den „Student<br />

Life Cycle“<br />

Campusmanagement an der MLU wird<br />

weiterentwickelt<br />

21<br />

22<br />

Nach den Sternen greifen 24<br />

Ein Physiker bringt zukünftigen Lehrern<br />

die Astronomie näher


25 Spider-Man-Seide<br />

aus Halle<br />

Spinnfäden haben erstaunliche<br />

Eigenschaften. Sie sind<br />

wahnsinnig stark und dennoch<br />

elastisch. Aber auch Gutes<br />

kann noch besser werden: Mit<br />

Metall gestärkte Spinnfäden<br />

sind reißfester und dehnbarer<br />

(Foto: Max-Planck-Institut für<br />

Mikrostrukturphysik).<br />

Forschen und publizieren<br />

Die Spider-Man-Seide<br />

aus Halle<br />

Wissenschaftler machen Spinnfäden<br />

reißfester und dehnbarer<br />

25<br />

„Telefonieren kann nicht jeder“ 26<br />

Sprechwissenschaftler helfen Call-<br />

Center-Agenten<br />

Gerechte Verteilung im<br />

Gesundheitswesen?<br />

Vereinigung der Freunde und Förderer<br />

unterstützt wichtige Tagung<br />

28<br />

Meldungen 29<br />

Stillgestanden! 30<br />

Biologen klären Rolle eines Enzyms für<br />

die Stabilität von Genomen<br />

42<br />

Magdeburger Dom gibt<br />

Geheimnisse preis<br />

MLU-Forscher begleiten erfolgreichen<br />

Ausgrabungsprozess<br />

(Fach-)Literaturfabrik<br />

<strong>Uni</strong>versität<br />

Some stories are also available in English<br />

on our international website<br />

www.international.uni-halle.de<br />

Please look for the fl ag!<br />

22<br />

32<br />

34<br />

360 Grad studentisch 36<br />

Studierende publizieren ihre wissenschaftlichen<br />

Arbeiten<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Modernes System für das<br />

Campus-Management<br />

„Dorthin, wo es stinkt und knallt“<br />

Derzeit werden an der MLU verschiedene Serviceangebote<br />

für Studierende durch mehrere Softwareprodukte<br />

gewährleistet. Nach außen sichtbar ist<br />

dieses Campus-Management-System unter anderem<br />

durch Stud.IP und das Löwenportal. Deren Funktionalitäten<br />

sollen in Zukunft gebündelt und erweitert<br />

werden (Zeichnung: Oliver Weiss).<br />

Jahr für Jahr bietet die MLU ein breit gefächertes Spektrum an Ausbildungsplätzen.<br />

Fachangestellte für Bürokommunikation, Feinmechaniker und Gärtner werden<br />

genauso ausgebildet wie Laboranten. Doreen Rüdel ist eine von 19 neuen Auszubildenden.<br />

Sie arbeitet seit August im Bereich Lebensmittel- und Umweltchemie<br />

(Foto: Paolo Schubert).<br />

Personalia<br />

Über die Hängebrücke<br />

in die Klinik<br />

Ole Hensel hilft in Nepal aus<br />

37<br />

Meldungen 38<br />

Ehrensenator Gerhard Holland<br />

verstorben<br />

39<br />

Neu berufen 39<br />

20 Fragen an Petra Lohse 41<br />

Verbales Portrait einer Zeitgenossin<br />

„Dorthin, wo es stinkt<br />

und knallt“<br />

Doreen Rüdel ist eine von 19 neuen<br />

Auszubildenden<br />

42<br />

5<br />

I NHALT


6<br />

V ARIA<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Kontroverse Debatte setzt sich fort<br />

Leser schreiben zum Thema Naturkundemuseum<br />

Die naturhistorischen Sammlungen der MLU gehören mit über fünf Mio. Objekten zu den zehn<br />

größten derartigen Kollektionen Deutschlands. In einer neuen <strong>Zentrale</strong>n Einrichtung sollen drei<br />

dieser Sammlungen vereint werden. Geplant ist darüber hinaus ein Naturkundliches <strong>Uni</strong>versitätsmuseum<br />

am Friedemann-Bach-Platz. In Ausgabe 2/09 des <strong>Uni</strong>versitätsmagazins erläuterten<br />

die Dekane der Naturwissenschaftlichen Fakultäten I und III ihre unterschiedlichen Auffassungen<br />

zu dem Projekt. Diskussionsstoff für viele Leser. Drei von ihnen kommen hier zu Wort.<br />

Sie nehmen Bezug auf den Beitrag von Prof. Dr. Elmar Wahle („Beeindruckend, aber nicht<br />

bezahlbar“).<br />

ıGenuiner Teil einer weltweiten Forschungsinfrastruktur„<br />

Reinhold Leinfelder<br />

Foto: privat<br />

<strong>Uni</strong>versitäten tun sich<br />

manchmal schwer mit<br />

ihrem kulturellen und<br />

wissenschaftlichen Erbe,<br />

vor allem wenn es Ressourcen<br />

kostet.<br />

Umso bemerkens- und<br />

begrüßenswerter, dass<br />

die <strong>Uni</strong>versität Halle<br />

plant, ein neues naturkundliches<br />

Museum zu<br />

eröffnen. Allerdings zeugt die Position von<br />

Elmar Wahle hierzu von einem fundamentalen<br />

Missverständnis sowohl (1) zur Rolle<br />

eines Museums, (2) zur Forschungsrelevanz<br />

der halleschen und anderer Sammlungen, aber<br />

auch (3) bezüglich seiner Auffassung zur Ausrichtung<br />

moderner Biowissenschaften.<br />

(1) Die Statuten sowie der Code of Ethics<br />

des International Council of Museums<br />

(ICOM) sind eindeutig: „Ein Museum<br />

ist eine gemeinnützige, ständige, der Öffentlichkeit<br />

zugängliche Einrichtung im<br />

Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung,<br />

die zu Studien-, Bildungs- und<br />

Unterhaltungszwecken materielle Zeugnisse<br />

von Menschen und ihrer Umwelt<br />

beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt<br />

macht und ausstellt.“ Sammlungsbasierte<br />

Forschung ist von einem Museum nicht<br />

wegzudenken. Schon allein der Vorschlag<br />

Herrn Wahles, die Sammlungen vom Mu-<br />

ıVon Armut zu Armseligkeit„<br />

Das kennt man ja. Es betrifft Sachen, Personen,<br />

Ideen und Geschichte. Das, was stört,<br />

wird eliminiert. Was stört? Das, was nicht<br />

oder nicht mehr in die Zeit passt. Und das,<br />

was Geld kostet und was keines oder wenig<br />

bringt. Weg damit, was Effizienzkriterien<br />

nicht gehorcht. Verwertbarkeit und Gewinn<br />

als Kriterien auch in der Wissenschaft?<br />

Biologie ohne Systematik und Taxonomie?<br />

Zoologie ohne Tiere – lebende, genadelte<br />

und ausgestopfte?<br />

Ob der Genius loci damit beschädigt oder<br />

ausgelöscht wird, spielt keine Rolle. Aber der,<br />

seum zu trennen und vielleicht an eine<br />

weit entfernt liegende Institution zu übergeben,<br />

macht das geplante Museum von<br />

vornherein zur Farce.<br />

(2) Kann es sein, dass Herr Wahle die halleschen<br />

Sammlungen nicht zur Genüge<br />

kennt?<br />

Wie sonst kann er unberücksichtigt lassen,<br />

dass die paläontologischen Geiseltal-Sammlungen<br />

sowohl von der ästhetischen<br />

Qualität als insbesondere von der<br />

Forschungsrelevanz her ein weltweites<br />

<strong>Uni</strong>kat darstellen – soll dieser Schatz des<br />

weltberühmten Geiseltals auch abgegeben<br />

werden?<br />

Des weiteren sind nicht nur die Insekten-,<br />

sondern auch die sonstige naturkundliche<br />

Sammlung von hoher wissenschaftlicher<br />

Relevanz – dass die Institutskollegen dort<br />

derzeit vielleicht nicht mit ihr forschen,<br />

steht auf einem anderen Blatt, umso wichtiger,<br />

sie der globalen Forschungsgemeinschaft<br />

als Ressource zu erschließen.<br />

(3) Mir steht es nicht an, die wissenschaftliche<br />

Ausrichtung der Fakultät zu kritisieren.<br />

Wenn der Dekan auf die Erforschung<br />

„eines mechanistischen Verständnisses<br />

von Lebensvorgängen“, auf „Modellorganismen“<br />

setzt, oder meint, dass sammelnde<br />

und „beschreibende Tätigkeit“ (er<br />

meint wohl die Forschungsrichtungen Taxonomie<br />

und Phylogenetik) in die Zeit des<br />

Kolonialismus gehörte, und dass dies alles<br />

gerade der, kann ein wichtiger Standortfaktor<br />

sein. Und: Der Schritt von Armut zu Armseligkeit<br />

ist nur ein kleiner.<br />

Einem Professor an einer deutschen <strong>Uni</strong>versität<br />

und einem Dekan dazu würde man Unrecht<br />

tun, wenn man ihm eine solche Haltung unterstellen<br />

würde. Auf den ersten Blick und entlang<br />

der Oberfläche des vorliegenden Textes<br />

liegt diese Deutung allerdings nahe.<br />

Es gibt aber auch einen zweiten Blick und<br />

Subtext. Dieser zeugt von der misslichen Lage<br />

des Dekans, Mittel für den Erhalt der Zoologischen<br />

Sammlung bereit zu stellen. So gese-<br />

Naturkundliches <strong>Uni</strong>versitätsmuseum am<br />

Friedemann-Bach-Platz. Entwurfsskizze von Dr.<br />

Frank Steinheimer.<br />

„die Entwicklung der Wissenschaft widerspiegelt“,<br />

ist dies seine Sache.<br />

Eine wirklich moderne Ausrichtung der Zoologie<br />

wäre allerdings etwas anderes. Die Zeit<br />

der rein mechanistischen Beschreibungen, der<br />

Reduktionen auf Modellorganismen, ist zwar<br />

noch nicht zu Ende, moderne Entwicklungen<br />

gehen jedoch von ganzheitlichen Ansätzen aus.<br />

Die Genforschung geht in die Genom-Forschung<br />

über, anstelle vom Gen zum Phän zu<br />

kommen, müssen ganzheitliche Ansätze in der<br />

Evolutionären Entwicklungsbiologie zum Einsatz<br />

kommen, statt möglichst einfache Modellökosysteme<br />

zu erforschen, muss die nicht linear-mechanistische<br />

Dynamik vernetzter Ökosysteme<br />

und ganzer Biome erforscht werden.<br />

Naturkundliche, sammlungsbasierte Forschung<br />

gliedert sich hier überall ein. Schon längst hat<br />

die Molekularbiologie bis hin zu automatisierten<br />

Verfahren (DNA-BarCoding, Metagenomics),<br />

aber auch die Biogeochemie (Isotopen<br />

etc.) in Sammlungen Einzug gehalten.<br />

Die <strong>Uni</strong>versität Halle wäre sehr gut beraten,<br />

ihre Sammlungen als Teil einer weltweiten<br />

vernetzten Forschungsinfrastruktur und eines<br />

Weltkulturerbes zu begreifen.<br />

Prof. Dr. Reinhold Leinfelder, Generaldirektor<br />

des Museum für Naturkunde Berlin, Vorsitzender<br />

des Konsortiums „Deutsche Naturwissenschaftliche<br />

Forschungssammlungen“<br />

hen, scheinen mir die Einlassungen von Professor<br />

Wahle als Ruf nach Solidarität. Nur<br />

diese Lesart kann und will ich gelten lassen.<br />

Sie zeugt von großem Verantwortungsbewusstsein<br />

und organisiert pfiffig Unterstützung<br />

für sein eigentliches Vorhaben. Der Widerspruch<br />

und das Missverständnis sind also<br />

wohl kalkuliert und gewollt.<br />

Ich glaube, dass ich also die Botschaft verstanden<br />

habe und unterstütze gern seine Mission,<br />

die Sammlung erhalten und drohender<br />

Armseligkeit die Stirn bieten zu wollen.<br />

PD Dr. Christoph Gallschütz,<br />

MLU-Bio-Matrikel 1973


ıFehlentwicklungen erkennen„<br />

Im Heft 2/09 hat Prof. Dr. Elmar Wahle ein<br />

Statement zu den Zoologischen Sammlungen<br />

abgegeben, das darauf abzielt, die Sammlungen<br />

künftig nicht weiter zu führen. Als<br />

Kustodin der Wirbellosensammlungen kann<br />

ich diese Meinung nicht teilen. In einer sich<br />

verändernden Welt müssen wir einen dramatischen<br />

Rückgang der Artenvielfalt verzeichnen.<br />

Allein vor diesem Hintergrund ist es verwerflich,<br />

die Naturkundlichen Sammlungen<br />

unserer <strong>Uni</strong>versität, die einzigartige Archive<br />

der Natur darstellen, als Relikte zu bezeichnen,<br />

die mitgeschleppt werden müssten. Der<br />

Bilderrätsel<br />

Was zeigt dieses Bild?<br />

Wie in den letzten Heften ist des Rätsels<br />

Lösung wieder in diesem <strong>Uni</strong>magazin<br />

versteckt.<br />

Viel Vergnügen beim Lesen und Glück<br />

beim Betrachten der Bilder! Wer der Redaktion<br />

als erste(r) per Telefon, E-Mail, Fax<br />

oder (Haus-) Post die richtige Lösung übermittelt,<br />

auf die oder den wartet ein GUT-<br />

SCHEIN im Wert von 15 Euro, einzulösen<br />

im <strong>Uni</strong>-Shop im Marktschlösschen.<br />

Das Rätselfoto in der scientia halensis<br />

2/09, Seite 8, zeigte einen Teil des 800-<br />

MHz-Spektrometers, mit dem MLU-Physiker<br />

u. a. die Strukturen von Proteinen<br />

erforschen (Ausschnitt eines Fotos von<br />

S. 34). Am schnellsten erkannt hat das<br />

Maren Hübner, Lehramtsstudentin im 12.<br />

Semester (Englisch/Sozialkunde). Den versprochnen<br />

Zuschuss zum nächsten Einkauf<br />

im <strong>Uni</strong>-Shop hat sie bereits erhalten.<br />

Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt<br />

baut in Norwegen eine Datenbank auf, sammelt<br />

Samen und anderes biologisches Material,<br />

bewahrt es auf, um für viel Geld einen<br />

Gen-Pool zu schaffen, damit einerseits Genreserven<br />

erhalten bleiben und andererseits Fehlentwicklungen<br />

korrigiert werden können.<br />

Wie wollen wir aber diese Entwicklungen erkennen,<br />

wenn das Vergleichsmaterial fehlt?<br />

Im Jahr 2002 feierte die MLU ihr 500-jähriges<br />

Bestehen. Mit Stolz präsentierte die <strong>Uni</strong>versität<br />

ihre großen Erfolge in der Vergangenheit<br />

und darauf aufbauend in der Gegenwart mit<br />

In Interviews wird gern nach den drei Büchern<br />

für die Insel gefragt. Bei mir wäre auf jeden<br />

Fall Klemperers LTI (Lingua Tertii Imperii,<br />

die „Sprache des Dritten Reichs“) dabei. Dass<br />

trotz der Fülle wissenschaftlicher und unterhaltsamer<br />

Sprach-Bücher eine in adäquater<br />

Weise den heutigen Alltagswortschatz auslotende<br />

LQI noch immer ein Desiderat darstellt,<br />

sollen hier ein paar mediale Beispiele (mag<br />

auch das eine oder andere ironisch gemeint<br />

sein) belegen:<br />

► In der kleinen feinen Rubrik „Gedanken<br />

zum Tag“ auf der Titelseite der Mitteldeutschen<br />

Zeitung (MZ) wurde am 18. Juni 2009<br />

Friedrich Nowottny zitiert: „Damit unsere<br />

Sprache nicht noch mehr militarisiert wird,<br />

müssen wir aufpassen wie die Schießhunde.“<br />

► Im Juli 2009 militarisierte die MZ mehrfach<br />

das Thema Bildung: Am 8. Juli legte<br />

Katja Müller <strong>Uni</strong>-Rektor Diepenbrock die<br />

Worte in den Mund: „Die Rekrutierung von<br />

Eliten müsse in den verschiedenen Bereichen<br />

[...] geschehen …“; am 11. Juli kommentierte<br />

Manuela Bank die Diskussion um die sachsen-anhaltische<br />

Schulstruktur (wie explosiv es<br />

zugehen wird) mit militanter Streitlust: „Die<br />

Fronten sind eindeutig …, … ein Bombardieren<br />

mit wissenschaftlichen Theorien …“,<br />

„Ich hoffe, dass wir aus den Schützengräben<br />

kommen …“ (Zitat von Adolf Spotka), „Die<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

ıBitte einmal gemischten Sprachsalat ⁄„<br />

Diesmal mit realen Kostproben aus einer fiktiven LQI<br />

Zeichnung:<br />

Oliver Weiss<br />

Visionen für die Zukunft. Dabei wurde auch<br />

auf die erfolgreiche Arbeit der zoologischen<br />

Sammlungen, ihre internationale Beachtung<br />

und ihre repräsentative Wirkung hingewiesen<br />

bzw. zurückgegriffen (größter Leihgeber mit<br />

177 Exponaten zur Landesausstellung). Ruhen<br />

wir uns nicht auf diesen Lorbeeren aus,<br />

sondern setzen fort, was vor über 230 Jahren<br />

begonnen wurde.<br />

Dr. Karla Schneider,<br />

Institut für Biologie, Zoologische Sammlungen<br />

Die Leserbriefe wurden von der Redaktion gekürzt.<br />

Die ungekürzten Fassungen finden Sie im<br />

Internet: www.unimagazin.uni-halle.de<br />

Sachverständigen rasseln jedoch bereits mit<br />

den Säbeln.“<br />

► Seinen Beitrag Vertreibung aus dem Land<br />

des Lächelns zu den Folgen der Dienstwagen-<br />

Affäre von Ulla Schmidt begann Christian<br />

Bommarius am 1. August 2009 auf S. 5 der<br />

MZ so: „Mag sein, dass Leben nur ein anderes<br />

Wort für Kämpfen ist …“ Ein Stück weiter variiert<br />

er das Motiv: „Das Leben als Kampf und<br />

der Kampf als Lebensform …“, um schließlich<br />

zum absehbaren Höhepunkt zu gelangen:<br />

„… erfahrene Lebenskämpfer wissen, dass<br />

nicht der Sieg und nicht die Niederlage zählt,<br />

sondern allein der Kampf. Bis zum letzten Gefecht.“<br />

► Im Morgenmagazin des ZDF am 25. August<br />

2009 stellte Dunja Hayali den Apfelbauern<br />

Eckart Brandt vor; um 6.45 Uhr sprach sie<br />

den Satz: „Es gibt ja wahnsinnig viele Apfelsorten,<br />

aber im Supermarkt findet man dann<br />

doch immer die Allzweckwaffen …“<br />

► Vor der Landtagswahl konstatierte Daniela<br />

Carls am 29. August 2009 um 8.13 Uhr<br />

im Deutschlandradio: „In Sachsen haben die<br />

Parteien eine wahre Materialschlacht ausgefochten.“<br />

► Vor einer Erklärung der Kanzlerin im<br />

Bundestag zum Einsatz deutscher Truppen<br />

in Afghanistan meinte die Moderatorin im<br />

Morgenmagazin des ZDF am 08.09.2009 um<br />

6.35 Uhr: „Heute ist, wenn man so will, parlamentarischer<br />

Großkampftag.“ Zehn Minuten<br />

später wurde Karsten Müller (MdB, CDU)<br />

vorgestellt und einer seiner Auftritte zur Bundestagswahl<br />

2009 in Braunschweig so apostrophiert:<br />

„Zeit für Nahkampf nah am Volk.“<br />

Am selben Tag um 7.47 Uhr sprach Clemens<br />

Verenkotte im Deutschlandfunk in einem<br />

Kommentar zur israelischen Siedlungspolitik<br />

im Westjordanland<br />

(Barak Ehud hatte 455 neue Siedlungen<br />

im Westjordanland genehmigt)<br />

von der „PR-Front.“<br />

Margarete Wein<br />

7<br />

V ARIA


8<br />

V ARIA<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Zur ıErleuchtung der Welt„<br />

Jubiläumsausstellung der <strong>Uni</strong> Leipzig mit MLU-Beteiligung<br />

R ALF-TORSTEN SPELER<br />

Die <strong>Uni</strong>versität Leipzig begeht am 2. Dezember den 600. Jahrestag der Gründung ihres Bestehens.<br />

Somit zählt sie zu den ältesten <strong>Uni</strong>versitäten Deutschlands und gehörte immer zu den<br />

größten deutschen Hochschulen. Von der ruhmreichen Geschichte der MLU-Partneruniversität<br />

erzählt auch die Jubiläumsausstellung „Erleuchtung der Welt“, die seit dem 9. Juli im Alten<br />

Rathaus in Leipzig läuft.<br />

Nach dem Prager Vorbild wurde die Leipziger<br />

<strong>Uni</strong>versität 1409 von den Wettinern gegründet,<br />

später erfolgten zwei weitere sächsische<br />

<strong>Uni</strong>versitätsgründungen: 1502 in Wittenberg<br />

und 1548/58 in Jena. Die Wittenberger Alma<br />

mater wurde schließlich 1817 mit der halleschen<br />

Fridericiana vereinigt, die 2002 auch<br />

den Anlass gab, an der <strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

das 500-jährige Jubiläum der Hohen<br />

Schule von <strong>Martin</strong> Luther (1483–1546) und<br />

Philipp Melanchthon (1497–1560) zu feiern.<br />

Neben der überregionalen Wirkung der Leipziger<br />

<strong>Uni</strong>versität im spätmittelalterlichen<br />

Alten Reich kann Leipzig neben Berlin und<br />

München ihre Glanzzeit mit Weltgeltung nach<br />

der Reichsgründung von 1871 beanspruchen.<br />

Die Leipziger entschieden sich jedoch, den<br />

Schwerpunkt ihrer Jubiläumsausstellung auf<br />

das späte 17. und das 18. Jahrhundert, das<br />

Zeitalter der Aufklärung, zu legen.<br />

Es ist unbestritten, dass die Musteruniversität<br />

der Aufklärung Halle (1694 gegründet) und<br />

die 1734 gegründete Hohe Schule in Göttingen<br />

an der Entstehung der modernen Wissenschaften<br />

einen zukunftsweisenden Anteil<br />

hatten, Vorbild für andere Hochschulen waren<br />

und beide in hohem Maße Bildungs- und<br />

Wissenschaftsgeschichte geschrieben haben.<br />

Aber die Leipziger Ausstellungsautoren präjudizieren,<br />

dass Halle und Göttingen nicht<br />

Schöpfungen aus dem Nichts waren und ihre<br />

ersten und auch viele späteren Lehrer aus anderen<br />

<strong>Uni</strong>versitäten kamen, durch die sie geprägt<br />

worden waren und an denen sie gewirkt<br />

haben.<br />

Aus dieser These resultierend sind im Mittelpunkt<br />

der Abteilung Philosophie die<br />

halleschen Sessionssaalbilder von Christian<br />

Thomasius (1655–1728) und Christian Wolff<br />

(1679–1754) zu sehen und in der Abteilung<br />

Theologie das hallesche Rektorgemälde von<br />

August Hermann Francke (1663–1727).<br />

Aufgrund der intoleranten sächsischen Konfessionspolitik<br />

wechselten diese teilweise<br />

verfolgten Hochschullehrer nach Halle und<br />

wurden die geistigen Begründer der fortschrittlichen<br />

halleschen Reformuniversität.<br />

Beide mitteldeutschen Traditionsuniversitäten<br />

Leipzig und Halle sind nachweislich eng miteinander<br />

verknüpft.<br />

Besuch der Leipziger Jubiläumsausstellung<br />

am 5. November 2009, 16 Uhr<br />

Führung durch den Kustos und Projektleiter<br />

der Ausstellung,<br />

PD Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen<br />

Treffpunkt: Leipzig, Altes Rathaus,<br />

unter den Arkaden, Markt 1<br />

Anmeldung: <strong>Zentrale</strong> Kustodie, Tel.: 55 21 733<br />

In der auf 1400 Quadratmeter mit rund 700<br />

Exponaten bestückten, vornehm gestalteten<br />

Jubiläumsausstellung wird die ruhmreiche<br />

<strong>Uni</strong>versitätsgeschichte Leipzigs mit bestens<br />

restaurierten Kunstwerken und Kabinett- und<br />

Sammlungsstücken belegt. In den Abteilungen<br />

Archäologie und Deutsche Literatur sieht man<br />

beispielsweise Gemälde des Wittenberger<br />

Studiosus Novalis (1772–1801) und des halleschen<br />

Studenten Johann Joachim Winckelmann<br />

(1717–1768), die das 18. Jahrhundert<br />

entscheidend prägten – das der einstige Leipziger<br />

Student Johann Wolfgang von Goethe<br />

(1749–1832) auch das Jahrhundert Winckelmanns<br />

nannte. Halle profitierte viel von der<br />

nahegelegenen sächsischen Landesuniversität<br />

durch zahlreiche Berufungen Leipziger akademischer<br />

Bürger. Der Leipziger Absolvent Johann<br />

Heinrich Michaelis (1663–1738) wurde<br />

als geschätzter Kenner der semitischen Sprachen<br />

1699 zum Professor für Alte Sprachen<br />

an die Alma mater Halensis berufen. Aus der<br />

alten Leipziger Gelehrten- und Schriftstellerfamilie<br />

Johann Jacob Volkmann (1732–1803)<br />

stammen zwei berühmte hallesche Medizinergenerationen<br />

des 19. Jahrhunderts.<br />

Es gibt zahlreiche Berührungspunkte zwischen<br />

Leipzig und Halle, einige davon sind in<br />

der Exposition dargestellt. Zweifellos gehört<br />

die größte mitteldeutsche <strong>Uni</strong>versität Leipzig<br />

zu den führenden Bildungsstätten in der deutschen<br />

Geschichte, die heute wieder an diese<br />

großen Erfolge anknüpft. Die übersichtlich<br />

sehr gut gegliederte Jubiläumsausstellung im<br />

Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig, Altes<br />

Rathaus, zeigt in beeindruckender Weise, wie<br />

der Titel es ankündigt, die „Erleuchtung der<br />

Welt – Sachsen und der Beginn der modernen<br />

Wissenschaften“.<br />

■<br />

Dr. Ralf-Torsten Speler<br />

Leiter der <strong>Zentrale</strong>n Kustodie<br />

Telefon: 0345 55-21732<br />

E-Mail: r-t.speler@kustodie.uni-halle.de<br />

Internet: www.kustodie.uni-halle.de<br />

Blick in die Abteilung Philosophie der Leipziger Jubiläumsausstellung mit den halleschen Rektorenbildnissen von Christian Thomasius (l.) und Christian Wolff.<br />

Foto: Marion Wenzel, <strong>Uni</strong>versität leipzig


ıFacetten der Gerechtigkeit„<br />

Vortragsreihe vor dem Hintergrund zweier Jubiläen<br />

Anlässlich des 60. Geburtstags des Grundgesetzes<br />

und des 20. Jahrestags der Maueröffnung<br />

organisiert das Hallesche Forum für<br />

Verwaltungsrecht, das am Lehrstuhl für Öffentliches<br />

Recht der MLU angesiedelt ist, in<br />

diesem Jahr die Vortragsreihe „Facetten der<br />

Gerechtigkeit“.<br />

Der Startschuss fiel im Mai. Durchgeführt<br />

wird die Reihe in Kooperation mit der Stiftung<br />

Rechtsstaat Sachsen-Anhalt e. V. sowie<br />

dem Ministerium der Justiz des Landes<br />

Sachsen-Anhalt. Vor dem Hintergrund beider<br />

Jubiläen wird in den Vorträgen die allgemeine<br />

Thematik der Gerechtigkeit aus einer wissenschaftlichen<br />

Perspektive aufgegriffen und<br />

Fruchtbare Partnerschaft<br />

Senshû <strong>Uni</strong>versität Tokio wird 130 Jahre alt<br />

– ausgehend von der grundsätzlichen Frage<br />

der Beziehung zwischen Recht und Gerechtigkeit<br />

– der Entfaltung des Prinzips der Gerechtigkeit<br />

in zentralen Politikfeldern nachgespürt.<br />

„Die bisherigen Vorträge haben gezeigt, dass<br />

vor allem die jungen Studierenden eine hohe<br />

Sensibilität für theoretische und praktische<br />

Gerechtigkeitsfragen besitzen und sich in die<br />

Diskussion einbringen“, resümiert Prof. Dr.<br />

Winfried Kluth, Inhaber des Lehrstuhls für<br />

Öffentliches Recht an der MLU und Initiator<br />

der Vortragsreihe. „Wenn jede Veranstaltung<br />

zehn neue Zuhörer zum Nachdenken über das<br />

Thema Gerechtigkeit anregt, ist das wichtigste<br />

Ziel der Vortragsreihe erreicht.“<br />

Die Senshû <strong>Uni</strong>versität Tokio ist mit der MLU seit 13 Jahren eng verbunden. Foto: Senshû <strong>Uni</strong>versität<br />

„Creating a student-focussing university“<br />

– unter diesem Motto feiert die traditionsreiche<br />

Senshû-<strong>Uni</strong>versität in Tokio in diesem<br />

Jahr ihr 130-jähriges Bestehen. Seit 13 Jahren<br />

ist sie der MLU als Partneruniversität eng<br />

verbunden. Die Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens<br />

markierte 1996 den Beginn<br />

einer intensiven Zusammenarbeit, die von<br />

der halleschen Japanologin Prof. Dr. Gesine<br />

Foljanty-Jost und dem Juristen Prof. Dr. Yoshihiro<br />

Hidaka, heute Präsident der Senshû-<br />

<strong>Uni</strong>versität, initiiert und von beiden ausgebaut<br />

und gefestigt wurde. „Yoshihiro Hidaka gebührt<br />

großer Dank für sein Engagement“, sagt<br />

Gesine Foljanty-Jost. „Er intensivierte ständig<br />

die Partnerschaft mit der MLU, indem er das<br />

Kooperationsnetz persönlich und institutionell<br />

immer weiter ausbaute, sodass Studierende,<br />

Ein- & Zweifamilienhäuser, Wohnungen & Gewerbeimmobilien<br />

www.immoHAL.de<br />

Beratungscenter “Am Leipziger Turm” � 0345-520490<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Zum Abschluss findet am 19. November 2009<br />

eine prominent besetzte Podiumsdiskussion<br />

zum Thema „Wiedervereinigungsgerechtigkeit“<br />

statt, zu der u. a. Sachsen-Anhalts<br />

Ministerpräsident Wolfgang Böhmer und der<br />

langjährige Bundesaußenminister Hans-Dietrich<br />

Genscher erwartet werden. „Ziel der Abschlussveranstaltung<br />

soll u. a. sein, an einem<br />

konkreten Beispiel deutlich zu machen, dass<br />

Gerechtigkeit ohne Gewährleistung bürgerlicher<br />

Freiheit undenkbar ist. Schon deshalb<br />

war und ist die Wiedervereinigung mit einem<br />

weit reichenden Gerechtigkeitsschub verbunden“,<br />

ist Prof. Kluth überzeugt.<br />

P. H.<br />

Doktoranden und Lehrende auf beiden Seiten<br />

auch weiterhin profitieren werden.“ Aus Anlass<br />

des Jubiläums wird die hallesche Japanologie-Professorin<br />

Ende Oktober in Vertretung<br />

des Rektors Wulf Diepenbrock als Festrednerin<br />

nach Tokio reisen. Sie trifft dort gute<br />

Freunde und Kollegen.<br />

1880 gegründet, ist die Senshû-<strong>Uni</strong>versität<br />

im Zentrum der Metropole Tokio eine der<br />

traditionsreichsten privaten <strong>Uni</strong>versitäten<br />

des Landes, die sich besonders durch ihren<br />

Beitrag bei der Einführung eines modernen<br />

westlichen Rechtssystems nach Japan in der<br />

zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hervorgetan<br />

hat.<br />

Heute gehört sie mit sechs Fakultäten, in denen<br />

über 20.000 Studenten eingeschrieben<br />

sind, zu den großen privaten <strong>Uni</strong>versitäten des<br />

Landes. Sie bietet den Studierenden der MLU<br />

hervorragende Sprachkurse und ein breites<br />

Studienangebot, aber auch die Möglichkeit,<br />

japanische Sportarten und Kultur in studentischen<br />

Zirkeln selbst zu erproben.<br />

Mehr als 50 Studierende haben in den vergangenen<br />

13 Jahren an dem Austausch teilgenommen,<br />

viele davon mit Stipendien des<br />

japanischen Kultusministeriums. Der Deutsche<br />

Akademische Austauschdienst (DAAD)<br />

hat die Partnerschaft über Jahre hinweg<br />

großzügig gefördert. Gemeinsame Projekte<br />

– darunter die ökologischen Sommerschulen,<br />

Forschungen zu den Ursachen von Gewalt<br />

an Schulen in Deutschland und Japan oder<br />

auch die aktuelle Kooperation in der vergleichenden<br />

Erforschung von Bürgergesellschaft<br />

in beiden Ländern – zeugen neben dem kontinuierlichen<br />

Austausch von Studierenden aus<br />

unterschiedlichsten Fachrichtungen von der<br />

Fruchtbarkeit der wissenschaftlichen Zusammenarbeit.<br />

U. O.<br />

9<br />

V ARIA


10<br />

T ITELTHEMA<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Mit dem Lkw ins Grüne<br />

Weinberg Campus erlebt seinen größten Wachstumsschub<br />

S ILVIO KISON, CARSTEN HECKMANN, PETRA HOFFMANN<br />

70 Millionen Euro flossen in den letzten Jahren in den Ausbau des Weinberg Campus im Stadtteil<br />

Heide-Süd. Die MLU startete am 15. Juli mit der vorerst letzten Etappe dieses Großprojekts<br />

und läutete den Umzug der Agrar- und Ernährungswissenschaftler, Physiker und Chemiker zum<br />

Von-Danckelmann-Platz ein. Ein Großteil der 5872 Kubikmeter Umzugsgut wechselte seitdem<br />

den Standort. 3000 Studierende und 400 Beschäftigte leben sich ein. Ein Bericht über emsige<br />

Arbeiter, kurze Wege und große Potenziale.<br />

„Unsere Umzüge beginnen immer um 8 Uhr“,<br />

schrieb die Gesellschaft für Planung und Projektmanagement,<br />

von der MLU mit der Koordination<br />

des Umzugs beauftragt. Von wegen.<br />

Die Arbeiter haben bereits alle Hände voll zu<br />

tun an diesem 15. September, kurz nach acht.<br />

Der Lehrstuhl Allgemeiner Pflanzenbau/Ökologischer<br />

Landbau verlässt seinen Standort<br />

in der Ludwig-Wucherer-Straße 2 – und es<br />

scheint, als hätte das Umzugsgeschehen bereits<br />

vor langer Zeit seinen Lauf genommen.<br />

Die letzten Kisten werden gepackt, ein Lehr-<br />

ling verstaut Reagenzgläser, es gibt bereits rege<br />

Diskussionen darüber, welche der größeren<br />

Geräte zu welchem Zeitpunkt im Lkw mitgenommen<br />

werden. Und immer wieder heißt es:<br />

„Ist da schon ein Aufkleber drauf?“ Eine Kiste<br />

ohne Kennzeichnung darf es nicht geben.<br />

„Dann wissen unsere Arbeiter am Zielort nicht<br />

mehr, in welchem Raum die einzelnen Materialen<br />

gelagert werden sollen, und es gibt ein<br />

Durcheinander“, sagt der zuständige Projektmanager<br />

der Firma Geuer, Claus Beckgerd.<br />

Es sind Profis am Werk, das ist nicht zu übersehen.<br />

Alles rein in die Kisten und so schnell<br />

wie möglich auf den Weg damit, das würde<br />

bei diesem Großvorhaben schnell im Chaos<br />

münden. Unzählige unbeschriftete Kisten vorerst<br />

oder gar auf unbestimmte Zeit im Keller<br />

zu lagern, ist undenkbar. Trotz des Zeitdrucks:<br />

System ist gefragt. „Wir arbeiten immer in<br />

zwei Teams. Heute sind wir zu zehnt. Ein<br />

Teil arbeitet am alten Standort und belädt den


Lkw, der Rest steht am neuen Standort bereit,<br />

um zu entladen und die einzelnen Gegenstände<br />

in die richtigen Räumlichkeiten zu bringen“,<br />

beschreibt Projektmanager Beckgerd die<br />

Vorgehensweise.<br />

ıDIE VORTEILE ÜBERWIEGEN„<br />

Wenige Tage später sind Büros und Labore<br />

des Lehrstuhls geräumt, ist der Umzug abgeschlossen.<br />

Professor Olaf Christen zeigt<br />

sich zufrieden: „Die Zusammenarbeit mit<br />

der Umzugsfirma hat hervorragend funktioniert.<br />

Ich war selbst von der Geschwindigkeit<br />

überrascht, in der das Ganze verlief.“ Dabei<br />

war das Unterfangen auch für ihn und sein<br />

Team eine besondere Herausforderung. Alle<br />

Professoren, Dozenten und Mitarbeiter der<br />

einzelnen Fachbereiche hatten nach dem Ende<br />

der Vorlesungszeit diesmal keine Zeit, um zu<br />

verschnaufen. Sofort hieß es Kisten packen,<br />

Absprachen mit dem Planungsbüro treffen und<br />

sich auf die Umzugsphase vorbereiten. Und es<br />

hieß auch: Abschied nehmen.<br />

Letzteres ist Olaf Christen nach eigener Aussage<br />

nicht schwer gefallen: „Erstens waren die<br />

Bedingungen am alten Standort eher schlecht.<br />

Unsere Büroräume befanden sich in der Ludwig-Wucherer-Straße,<br />

die Labore dagegen in<br />

der Emil-Abderhalden-Starße. Das hat sich<br />

jetzt grundlegend geändert. Alles befindet sich<br />

auf einem Flur – was die Arbeitsfähigkeit natürlich<br />

enorm verbessert.“<br />

Auch sieht der Professor in der Konzentration<br />

aller Naturwissenschaften auf einem<br />

Campus große Vorteile. „Ich bin an den zwei<br />

Tagen, die ich bisher auf dem Campus war,<br />

bereits mehr Kollegen begegnet, als in den<br />

letzten Monaten am alten Standort. Gerade<br />

das vereinfacht die Situation für uns, und es<br />

ergibt sich eine viel bessere und zeitnahe Zu-<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

sammenarbeit.“ Trotz der rundum positiven<br />

Veränderungen bleibt ein Wermutstropfen.<br />

„Mein neues Büro ist etwas kleiner als das<br />

vorherige“, merkt er am Ende des Gespräches<br />

an. Schlimm sei dies aber nicht, „immerhin<br />

überwiegen die Vorteile.“<br />

Das große Ziel der MLU – die Konzentration<br />

der Naturwissenschaften am Weinberg<br />

Campus – ist fast erreicht. Die Umzugsfirmen<br />

fahren mit den letzten Büro- und Labormaterialien<br />

durch Halle. Die Mitarbeiter schließen<br />

die Türen in den alten Standorten und beginnen<br />

ihre Arbeit auf dem Weinberg Campus.<br />

Auf reichlich 16.000 Quadratmetern Nutzfläche<br />

können mehr als 30 Professuren und<br />

deren Mitarbeiter der Naturwissenschaftlichen<br />

Fakultät II (Chemie/Physik) und der Naturwissenschaftlichen<br />

Fakultät III (Agrarwissenschaften)<br />

sowie ihre Arbeit in modernen<br />

Gebäuden verrichten. Im gerade angelaufenen<br />

Wintersemester 2009/10 haben die 3000 Stu-<br />

Von großen Geräten bis zu kleinen Kartons: 5872 Kubikmeter Umzugsgut waren zu transportieren. Links: der<br />

Abtransport eines Transmissionselektronenmikroskops aus Merseburg (Werkstoffwissenschaften). Unten: Reges<br />

Treiben in der Ludwig-Wucherer-Straße 2 (Lehrstuhl Allgemeiner Pflanzenbau/Ökologischer Landbau).<br />

Fotos: Silvio Kison<br />

11<br />

T ITELTHEMA


12<br />

T ITELTHEMA<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

dierenden und 400 Beschäftigten die Gelegenheit,<br />

ihr neues Terrain zu erkunden und für<br />

sich einzunehmen.<br />

Vor allem für die Studierenden ergeben sich<br />

kürzere Wegzeiten, zudem bekommen sie<br />

zum Beispiel einen schnelleren Zugriff auf<br />

Fachliteratur, da mehrere Einzelstandorte der<br />

<strong>Uni</strong>versitäts- und Landesbibliothek zusammengefasst<br />

wurden. Insgesamt studiert jetzt<br />

rund die Hälfte der MLU-Studierenden am<br />

Weinberg Campus. „Die Naturwissenschaften<br />

sind in einem sehr guten Umfeld miteinander<br />

verknüpft, es ist eine echte Campus-Situation<br />

entstanden. Dieser Umzug schweißt die Wissenschaftler<br />

noch mehr zusammen“, kommen-<br />

tiert MLU-Rektor Prof. Dr. Wulf Diepenbrock<br />

die neu geschaffene Situation.<br />

ıHOHES NIVEAU GEWÄHRLEISTET„<br />

Die Qualität der Flächen sei beachtlich, bei<br />

den Laboratorien werde ein hohes Niveau<br />

gewährleistet. Über 70 Millionen Euro seien<br />

in den vergangenen drei Jahren in den Campus<br />

in Heide-Süd investiert worden, Gelder<br />

der Europäischen <strong>Uni</strong>on, des Bundes und des<br />

Landes Sachsen-Anhalt. Dr. <strong>Martin</strong> Hecht,<br />

Kanzler der <strong>Uni</strong>versität, verweist darauf, dass<br />

der Campus in naher Zukunft weiter aufge-<br />

Ein Aufzug erleichterte die schwere Arbeit in der Ludwig-Wucherer-Straße. Foto: Silvio Kison<br />

wertet wird. „Ab 2010 entsteht dort auch noch<br />

ein Hörsaalgebäude, eine Mensa wird folgen.<br />

Für uns ist das gesamte Gelände ein wesentlicher<br />

Pfeiler der Standortplanung. Neben dem<br />

<strong>Uni</strong>versitätsplatz mit dem angrenzendem <strong>Uni</strong>versitätsviertel,<br />

in dem das Geistes- und Sozialwissenschaftliche<br />

Zentrum entstehen wird,<br />

und den Franckeschen Stiftungen bildet der<br />

Weinberg Campus den dritten Standort.“<br />

Hecht und Diepenbrock betonen: Der Standort<br />

Heide-Süd werde ebenso wie das traditionsreiche<br />

<strong>Uni</strong>versitätsklinikum als Teil des Areals<br />

Weinberg Campus begriffen. „Dieses Label<br />

hat ein Gemeinschaftsgefühl entstehen lassen,<br />

das noch stärker werden dürfte. Beste Voraussetzungen<br />

also für eine Fortsetzung der Weinberg-Campus-Erfolgsgeschichte“,<br />

so Rektor<br />

Diepenbrock.<br />

Der Umzug selbst ist eine logistische Herausforderung.<br />

Allein das Umzugsgut – hauptsächlich<br />

Büromaterial, Laboreinrichtungen und<br />

Einrichtungsgegenstände – umfasst 5872 Kubikmeter.<br />

Hinzu kommen noch ca. 7000 laufende<br />

Meter Buch- und Zeitschriftenbestände<br />

der Zweigbibliotheken, die bisher an unterschiedlichen<br />

Standorten angesiedelt waren.<br />

Die Menge des Umzugsgutes entspricht fast<br />

300 normalen Lkw-Ladungen. Der gesamte<br />

Transport schlägt mit einer geschätzten Summe<br />

von 350.000 Euro zu Buche.<br />

Parallel zum Speditionsumzug erfolgt(e) der<br />

Umzug von Großgeräten und Sondertechnik,<br />

zum Beispiel der für das Institut für Physik<br />

so wichtigen Rasterelektronenmikroskope.<br />

Für den Umzug beauftragte das Planungsbüro<br />

zwei Firmen. Zum einen die Firma Geuer<br />

International GmbH, die mit dem Ausräumen<br />

und dem Transport der Labore und Büroeinrichtungen<br />

betraut wurde, und zum zweiten<br />

die F. Stamm GmbH mit Sitz in Schkeuditz,<br />

verantwortlich für den Abbau, Abtransport sowie<br />

Aufbau der Großgeräte.<br />

C AMPUS STATT KASERNE<br />

Was früher eine Kaserne war, wird nun endgültig<br />

ein Campus. Franziska Setzer weiß<br />

bereits, wie es sich dort studiert, wo einst<br />

Soldaten marschierten. Die 23-Jährige studiert<br />

im dritten Fachsemester Angewandte Geowissenschaften.<br />

Ihr Fachbereich residiert seit<br />

2004 am Von-Seckendorff-Platz. „Ich habe<br />

zunächst gar nicht gemerkt, dass es sich um<br />

eine ehemalige Kaserne handelt. Es ist doch<br />

sehr hübsch hier, mir gefällt es jedenfalls<br />

ausgesprochen gut. Man hat einen richtigen<br />

Campus.“ Ihr Tipp an die neuen Weinberg-<br />

Campus-Studierenden: „Man sollte auf jeden<br />

Fall mit dem Fahrrad herfahren, den schönen<br />

Weg über die Peißnitz-Insel nehmen und im<br />

nächsten Frühjahr die Vorlesungen genießen,<br />

die draußen stattfinden.“<br />

Auch Steven Polifka, eingeschrieben im<br />

Studiengang Management natürlicher Ressourcen,<br />

weiß die Stärken des Standorts zu


SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Oben: Der neue Campus in Heide-Süd, im<br />

Vordergrund der Von-Seckendorff-Platz mit dem<br />

Geologischen Garten, im Hintergrund der Von-<br />

Danckelmann-Platz. Foto: Maike Glöckner<br />

Links: Bei brütender Hitze mussten im Sommer die<br />

letzten Arbeiten auf dem Von-Danckelmann-Platz<br />

abgeschlossen werden. Foto: Silvio Kison<br />

Unten links: die neue Bibliothek. Foto: Maike<br />

Glöckner<br />

Unten rechts: Steven Polifka und Franziska Setzer in<br />

einer Lore auf ihrem Campus. Foto: Silvio Kison<br />

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SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

schätzen. Eine davon hänge direkt mit der<br />

allseits geforderten Interdisziplinarität zusammen.<br />

„Mein Studiengang ist per se fächerübergreifend.<br />

Geologie, Agrarwissenschaften,<br />

Wirtschaftswissenschaften – alle spielen eine<br />

Rolle. Dadurch kenne ich auch schon ein paar<br />

Agrarwissenschaftler, und das wird jetzt sicher<br />

noch besser“, sagt der 22-Jährige. „Wir haben<br />

mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Wir<br />

ticken ähnlich. Allerdings hakt es teilweise ein<br />

wenig, wenn es dann wirklich an die Zusammenarbeit<br />

von Instituten geht. Aber jetzt dürfte<br />

auch das einfacher werden – allein schon<br />

für den Dekan.“<br />

B ESUCH BEI ı ALTEN HASEN„<br />

Auf der anderen Seite des Weinberg Campus,<br />

am Weinbergweg, der Kurt-Mothes- und<br />

der Wolfgang-Langenbeck-Straße, kann man<br />

bereits auf einen großen Erfahrungsschatz<br />

zurückgreifen. Zu den „alten Hasen“ zählen<br />

zum Beispiel die beiden Professoren Dr. Dirk<br />

Steinborn, bis April 2009 Direktor des Instituts<br />

für Chemie, und Dr. Reinhard Neubert,<br />

Ein Pferdewender unterwegs<br />

Auch abseits des Großumzugs wurden in den<br />

letzten Wochen große Gerätschaften von A nach B<br />

transportiert. Ein <strong>Uni</strong>kum dabei: ein 1903 angeschaffter<br />

Pferdewender („Vinsot“), der bis vor<br />

Kurzem in der Tierklinik stand. Was es damit auf<br />

sich hat, steht in der Online-Ausgabe des <strong>Uni</strong>magazins<br />

– inkl. Bildergalerie.<br />

www.unimagazin.uni-halle.de<br />

Die 3D-Karte zeigt den Weinberg Campus in seinem<br />

jetzigen baulichen Zustand. Links zu sehen<br />

ist das ehemalige Kasernengelände mit dem Von-<br />

Seckendorff-Platz und dem Von-Danckelmann-<br />

Platz. Rechts der Heideallee befinden sich zum<br />

Beispiel das Biozentrum, das Biologicum (beides<br />

am Weinbergweg) und jene Institute der MLU,<br />

die bereits seit längerer Zeit auf dem Weinberg<br />

Campus ansässig sind. Auch zahlreiche außeruniversitäre<br />

Einrichtungen sind zu erkennen, zum<br />

Beispiel das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie<br />

(rechts unten) und das Fraunhofer-Institut für<br />

Werkstoffmechanik (links unten). Nicht im Bild: das<br />

<strong>Uni</strong>versitätsklinikum, gelegen an der Ernst-Grube-<br />

Straße (oberer Bildrand).<br />

Die Grafik wurde durch das Fachgebiet<br />

Geofernerkundung und Kartographie (Department of<br />

Remote Sensing and Cartography, RSC) am Institut<br />

für Geowissenschaften erstellt. Das Copyright liegt<br />

bei Christian Dette. (Darstellung auf der Grundlage<br />

von Auszügen aus der Landesluftbildsammlung. Mit<br />

Erlaubnis des Landesamtes für Vermessung und<br />

Geoinformation Sachsen-Anhalt vom 28.09.2009;<br />

Erlaubnisnummer: LVermGeo/A9-46 752-2009-14.)<br />

Direktor des Instituts für Pharmazie. Steinborn<br />

kam 1992 als C4-Professor für Anorganische<br />

Chemie an die MLU und arbeitet seitdem<br />

auf dem Weinberg Campus. „Ich habe den<br />

Großteil meines wissenschaftlichen Lebens<br />

am Chemischen Institut in Halle verbracht“,<br />

erzählt er. „Für das Weinberggelände und den<br />

Wissenschaftspark sehe ich durch die Konzentrierung<br />

der naturwissenschaftlichen Institute<br />

der MLU, dazu die Fraunhofer-, Leibniz-,<br />

Max-Plack-Institute und das Technologie- und<br />

Gründerzentrum eine große Chance für die<br />

Naturwissenschaften – insbesondere durch<br />

die Ansammlung von Forschungskompetenz<br />

zu den wissenschaftlichen Grundlagen bis zur<br />

Überführung von Forschungsergebnissen in<br />

die Praxis.“<br />

Nach Meinung des Chemikers muss jede universitäre<br />

Forschung in einem Fachgebiet eine<br />

notwendige und hinreichende Breite haben.<br />

„Eine mittelgroße <strong>Uni</strong>versität wie die MLU<br />

braucht aber auch eine Schwerpunktsetzung<br />

und Spezialisierung. Mit der Konzentrierung<br />

der mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />

Institute ergibt sich jetzt die Aufgabe, unter<br />

Nutzung der vorhandenen Mittel eine gute Balance<br />

zwischen notwendiger Breite und Spezialisierung<br />

zu finden.“<br />

Ähnlich schätzt Reinhard Neubert die Lage<br />

am Weinberg Campus ein. „Der Standort ist<br />

der zweitgrößte wissenschaftliche Campus in<br />

Ostdeutschland. Hierfür wurde eine Milliarde<br />

Euro eingesetzt. Diese Leistung muss man<br />

einfach anerkennen. Nach 1990 steckte das<br />

Institut für Pharmazie in einer Sackgasse, hatte<br />

beispielsweise nur ein Gerät für die Hochdruck-Flüssigkeitschromatografie,<br />

inzwischen<br />

hat es zehn Geräte. Unser MALDI-TOF-Massenspektrometer<br />

erlaubt uns eine spezielle internationale<br />

Ausrichtung in der Proteinanalyse


Die Professoren Dirk Steinborn und Reinhard Neubert schauen optimistisch in die Zukunft. Foto: Silvio Kison<br />

und eine enge Zusammenarbeit mit dem Institut<br />

für Pflanzenbiochemie und dem Mitteldeutschen<br />

Zentrum für Dynamik und Struktur<br />

der Proteine.“<br />

Neubert arbeitet seit seinem Studium auf dem<br />

Weinberg Campus, wurde 1978 promoviert<br />

und habilitierte sich 1987. Er glaubt, dass sich<br />

die Attraktivität des Forschungsstandorts nun<br />

weiter erhöhe. Damit habe auch eine „Ruf-<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

abwehr“ bessere Chancen, exzellente Professoren<br />

könnten also eher an der MLU gehalten<br />

werden. „Das Beste ist, dass die Kollegen nun<br />

fußläufig zu erreichen sind, beispielsweise in<br />

der Cafeteria. Anfallende Probleme und wissenschaftliche<br />

Fragestellungen können auf<br />

kurzem Wege besprochen werden.“<br />

A NKOMMEN, AUSPACKEN, EINLEBEN<br />

Angekommen sind sie bereits, die neuen Kollegen,<br />

bis auf wenige Ausnahmen. Aber vor<br />

dem Cafeteria-Besuch steht Auspacken auf<br />

dem Programm. Emsiges Treiben herrscht<br />

in den Gängen und Räumen am Von-Danckelmann-Platz,<br />

gerade dort, wo soeben die<br />

Mitarbeiter der Firma Geuer die sehnlichst<br />

erwartete letzte Kiste abgestellt haben. Im<br />

Hintergrund summt die neue Lüftungsanlage.<br />

Mancherorts sind gar schon erste Laboranten<br />

in weißen Kitteln zu sehen. Leben ist einzogen.<br />

Einleben ist angesagt.<br />

■<br />

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SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

D R. USUS ZEITGEIST<br />

Den (Wissens)durst<br />

am Weinberg stillen<br />

Allerorten wird<br />

geklagt, wenn<br />

auch auf hohem<br />

Niveau. Denn physischen<br />

Hunger<br />

und Durst kennt<br />

man ja hierzulande<br />

kaum. Wie aber<br />

steht es mit den<br />

geistigen Bedürfnissen,<br />

vor allem<br />

mit der universitären Wissenschaft?<br />

Gelegentlich riskiert die hiesige Saalestadt<br />

gefährliche Gratwanderungen. Zum Beispiel<br />

gibt es großformatige Plakate, die<br />

jungen Leuten einen irren Imperativ servieren:<br />

„Schock Deine Eltern ...“ – klein<br />

und mickrig folgen die Worte: „... lies ein<br />

Buch!“ (PISA lässt grüßen!) Die Wurzeln<br />

des Slogans, der neue Nutzer für die Stadtbibliothek<br />

werben will, sollen in Halles<br />

Partnerstadt Karlsruhe liegen. Eine clevere<br />

Idee? Was sagt der Slogan über die Eltern?<br />

Ein zweites Beispiel: Im neuen Stadt-Logo<br />

fehlt jeder Hinweis auf die traditionsreiche<br />

Hohe Schule. Ein geglückter Schachzug?<br />

Aber: Es gibt Lichtblicke! Die <strong>Uni</strong>versität<br />

wächst! Und zwar an Bedeutung. Zu<br />

danken ist dies auch einem altehrwürdigen<br />

Areal, den seit mindestens sieben Jahrhunderten<br />

bekannten, weiland vor den Toren<br />

der Stadt gelegenen „vornehmen“ Weinbergen.<br />

Ihre Geschichte lesen Sie am besten<br />

nebenan nach. Die jüngste Blütezeit des<br />

Areals als „Weinberg Campus“ begann vor<br />

20 Jahren. Und mit der letzten Phase des<br />

Umzugs der Naturwissenschaftler aus dem<br />

Stadtzentrum zum dritten Zentralort universitären<br />

Geschehens wird nun eine lange<br />

Entwicklung endlich Früchte tragen.<br />

Und sollte jemand mit der Idee „Schock<br />

Deine Eltern – studier in Halle!“ Studenten<br />

aus den alten Bundesländern an die Saale<br />

locken wollen, würde dieser zweifelhafte<br />

Werbegag aus der einen einstmaligen Landeshauptstadt<br />

in der anderen (zufällig verloren<br />

zeitgleich beide diesen Status 1952)<br />

am Ende sogar noch eine positive Wirkung<br />

entfalten. Denn wer einmal die Vorurteilshürde<br />

genommen hat und tatsächlich nach<br />

Halle gekommen ist, bleibt.<br />

Zumal, wenn er erfährt, dass an jener Stätte<br />

mit dem irreführenden Namen seit Kurzem<br />

sogar (obwohl nur in kleinen Mengen) ein<br />

eigenes Bier gebraut wird – man also auch<br />

als Student seine Trinkgewohnheiten nicht<br />

ändern muss.<br />

Warum ıWeinberg Campus„?<br />

Eine berechtigte Frage. Wie ein Weinberggebiet<br />

sieht das Areal heute wirklich nicht<br />

aus. Der Name ist dennoch kein Zufall. Im<br />

13. Jahrhundert bewirtschafteten zahlreiche<br />

hallesche Bürger, Pfänner und Patrizier als<br />

Winzer größere und kleinere Weinberge und<br />

Weingärten in diesem Gebiet.<br />

„Die Blütezeit dieser so genannten ‚vornehmen’<br />

Weinberge Halles wird für das<br />

14. Jahrhundert angenommen. Sie hatten<br />

große Bedeutung für die mittelalterliche<br />

Weinkultur. Der hallische Chronist Dreyhaupt<br />

beschreibt den ‚Saalwein’ als durchaus<br />

trinkbar“, schreibt Dr. Walter Müller in dem<br />

Buch „weinberg campus zwischen gestern<br />

und heute“.<br />

Die zwischen dem halleschen Stadtwald<br />

„Heide“ und dem Flusslauf der Saale gelegenen<br />

Weinberge waren eng mit der mitteldeutschen<br />

Aufklärung verbunden. So<br />

schreibt Müller: „Zu gewisser Berühmtheit<br />

gelangte im 18. Jahrhundert der Nietlebener<br />

Weinberg des verschrienen Aufklärers,<br />

Philosophen und theologischen Abenteurers<br />

Dr. Carl Friedrich Bahrdt (1741–1792), der<br />

seit 1779 als Schankwirt seines Weinberges<br />

bei Halle lebte. [...] Seine Schankwirtschaft<br />

hat auf Studenten und Akademiker, aber<br />

auch auf Offiziere und die Halloren eine<br />

ungeheure Anziehungskraft ausgeübt [...]“,<br />

weil er „als Privatdozent die hallischen Studenten<br />

und Professoren durch seine geistreichen<br />

Gespräche und Disputationen an<br />

sich fesselte. Zeitweilig sollen seine philosophischen<br />

Vorlesungen bis zu 900 Zuhörer<br />

gehabt haben.“<br />

Allerdings wurden nach mehrmaligem Besitzerwechsel<br />

sowohl der ehemals Bahrdt-<br />

sche Weinberg als auch einige benachbarte<br />

Weinberge als Bauland für die geplante Heil-<br />

und Irrenanstalt der Sächsischen Provinz<br />

verkauft, die 1844 eröffnet wurde. Anfang<br />

der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts begann<br />

die wissenschaftliche Erschließung und Nutzung<br />

der früheren Weinberg-Areale – sowohl<br />

seitens der <strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität (Neubauten<br />

der Institute für Chemie und Pharmazie)<br />

als auch der Deutschen Akademie der<br />

Wissenschaften der DDR.<br />

Im Juli 1945 hatten die sowjetischen Streitkräfte<br />

(27. Gardeschützendivision) die hier<br />

ansässige General-Maerker-Kaserne übernommen.<br />

Bekannt als die sowjetische Garnison<br />

„Heide“ waren dort bis Ende Juli ständig<br />

9000 sowjetische Soldaten und Offiziere mit<br />

ihren Familien untergebracht.<br />

Erst im Juli 1991 nach dem Abzug der<br />

GUS-Streitkräfte eröffneten sich neue Möglichkeiten<br />

für die alten Weinberge. 1993<br />

beschloss der Stadtrat von Halle, in diesem<br />

Gebiet Neubauten und Umnutzungen für die<br />

<strong>Uni</strong>versität, für den Wohnungsbau und für<br />

wissenschafts- und technologieorientiertes<br />

Gewerbe zu schaffen. 1994 erwarb die Stadt<br />

hierfür 134 Hektar des ehemaligen Kasernengeländes.<br />

Auch das Land Sachsen-Anhalt beteiligte<br />

sich mit dem Kauf von ca. 19 Hektar<br />

der Konversionsfläche zur Nutzung für universitäre<br />

Zwecke. 1997 begann man mit der<br />

Erschließung des Gebiets für den „Wissenschafts-<br />

und Innovationspark“ (WIP).<br />

Silvio Kison<br />

Mehr Informationen und<br />

Bilder sind u. a. zu finden<br />

im Buch „weinberg<br />

campus zwischen gestern<br />

und heute“, erhältlich<br />

im <strong>Uni</strong>-Shop im Marktschlösschen,<br />

sowie auf<br />

der Internetseite des<br />

weinberg campus e. V.:<br />

www.weinbergcampus.de


Kenntnisse, Kontakte � Karriere<br />

Die Studentische Förderinitiative der Naturwissenschaften<br />

S OPHIE EHRENBERG<br />

Wer möchte nicht gern gleich einem Manager zuhören, wenn es gilt, wirtschaftliche Grundregeln<br />

zu erfahren? Oder auf einer Messe am Studienort den potentiellen Arbeitgeber ansprechen?<br />

Die auf dem Weinberg Campus ansässige Studentische Förderinitiative der Naturwissenschaften<br />

e. V. (SFI) macht das möglich. Sie organisiert Lehrveranstaltungen, veranstaltet Messen und<br />

pflegt Kontakte zu Unternehmen der Region.<br />

2006 gründeten Studierende die Förderinitiative.<br />

„Zu dieser Zeit gab es gerade Proteste gegen<br />

Studiengebühren und wir wollten auch etwas<br />

bewegen. Also haben wir unseren Verein<br />

ins Leben gerufen und die Organisation selbst<br />

in die Hand genommen“, erklärt Matthias<br />

Müller, der Sprecher der SFI ist und Biologie<br />

an der MLU studiert. Anfangs richtete sich die<br />

SFI nur an Biologiestudenten. „Wir haben uns<br />

damit aber selbst beschränkt und dann die Initiative<br />

geöffnet.“ Seitdem sind auch Chemiker,<br />

Physiker, Biochemiker, Bioinformatiker, Ingenieurwissenschaftler,<br />

Wirtschaftinformatiker<br />

oder Pharmazeuten beteiligt.<br />

Zu Beginn bestand die SFI aus den sieben<br />

Gründungsmitgliedern. „Mittlerweile sind wir<br />

25 Leute. Jeder, der mitmachen möchte, ist bei<br />

uns willkommen“, so Matthias Müller. „Unser<br />

Am 11. November findet bereits zum<br />

dritten Mal die von der SFI organisierte<br />

Kontaktmesse „science meets companies“<br />

in der neugestalteten Mensa auf dem Weinberg-Campus<br />

statt. An ihr nehmen über 20<br />

Firmen teil.<br />

Internet: www.weinbergmesse.de<br />

Ziel ist es, die Studiensituation durch Geld-<br />

und Sachspenden zu verbessern, ein Vereinsleben<br />

zu schaffen und Kontakte zu anderen<br />

Initiativen und zur Wirtschaft zu pflegen.“<br />

Zunächst riefen die Studierenden 2007 die Firmenkontaktmesse<br />

„science meets companies“<br />

ins Leben. „Die Firmen profitieren von den<br />

Studierenden. Deshalb sind wir an die Unternehmen<br />

herangetreten und haben versucht, sie<br />

als Partner zu gewinnen“, so der Biologiestudent.<br />

„Von 400 angefragten Firmen haben 16<br />

sofort zugesagt. Bayer wollte beispielsweise<br />

unbedingt mit der MLU kooperieren, denn die<br />

fanden es gut, studentische Ansprechpartner<br />

zu haben.“<br />

Durch die Kontaktmesse ergaben sich Kooperationen<br />

der SFI mit namhaften Unternehmen.<br />

„Die Firmen haben so einen Werbeeffekt und<br />

können an zukünftige Arbeitskräfte herantreten.<br />

Auf der anderen Seite können durch die<br />

Partnerschaften viele zusätzliche Lehrveranstaltungen<br />

für die Studenten angeboten werden“,<br />

so Matthias Müller.<br />

Dazu gehört auch ein Angebot im Bereich der<br />

Allgemeinen Schlüsselqualifikationen (ASQ),<br />

das es seit dem Wintersemester 2008/2009<br />

jedes Jahr gibt. Der Kurs „Betriebswirtschafts-<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Oben: Vertreter der Studentischen Förderinitiative<br />

der Naturwissenschaften im Biologicum (v. l.):<br />

Matthias Roos, Heidi Scholze, Matthias Steimecke,<br />

Matthias Müller und Anja Katzschmann.<br />

Foto: Silvio Kison<br />

Links: Die Messe „science meets companies“ findet<br />

2009 bereits zum dritten Mal statt. Foto (2008):<br />

Paolo Schubert<br />

lehre für Naturwissenschaftler“ vermittelt<br />

Grundkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften.<br />

„In den Veranstaltungen werden Kenntnisse<br />

vermittelt, die über das Fachspezifische<br />

hinausgehen. Das ist besonders wichtig für<br />

alle, die nicht an der MLU bleiben, sondern in<br />

einem Unternehmen arbeiten werden“, betont<br />

der Sprecher des Vereins.<br />

„Die Studierenden sollen dabei vorrangig die<br />

Möglichkeit haben, von Experten zu lernen.<br />

Außerdem bekommen sie Einblicke in ökonomische<br />

Zusammenhänge“, erklärt er weiter.<br />

Für dieses Projekt konnten unter anderem die<br />

Deutsche Bank, Dow, Bayer und Q-Cells als<br />

Partner gewonnen werden. Die Vertreter der<br />

Firmen beschäftigen sich in ihrer Vorlesung<br />

mit einem spezifischen Thema oder gehen auf<br />

ein konkretes Beispiel ein.<br />

Auch Werksbesichtigungen sind ein Bestandteil<br />

des ASQ. Sie bieten die Möglichkeit,<br />

Unternehmen besser kennen zu lernen und<br />

vor Ort einen Eindruck zu gewinnen. Für die<br />

Etablierung des Kurses erhät die SFI am 15.<br />

Oktober den Lehrpreis der Vereiningung der<br />

Freunde und Förderer der MLU.<br />

Die Initiative organisiert außerdem Tutorien,<br />

in denen interdisziplinär zusammengearbeitet.<br />

„Die naturwissenschaftlichen Fachbereiche<br />

unterstützen sich gegenseitig“, erläutert<br />

Matthias Müller. „Die wissenschaftlichen<br />

Hilfskräfte können wir durch Spenden und<br />

Gelder aus Messen bezahlen.“ Bewerbertrainings<br />

und Kurse zum wissenschaftlichen Arbeiten<br />

veranstaltet der Verein ebenfalls.<br />

■<br />

Matthias Müller<br />

Telefon: 0345 9609442<br />

E-Mail: studentische.foerderinitiative@biologie.uni-halle.de<br />

Internet: http://sfi-halle.de<br />

17<br />

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SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Der Gipfel guten Geschmacks<br />

Das Studentenwerk ist ab 2010 mit zwei Mensen<br />

auf dem Weinberg vertreten<br />

R OMAN RÜHLE<br />

Beginnen Michael Fischer und seine Kollegen ihre Arbeit, liegen Studierende und Professoren<br />

noch im Tiefschlaf. Lange vor dem Hahnenkrähen stehen er und sein Team am Mensa-Herd auf<br />

dem Weinberg-Campus. Die Mensa dort wird vom Studentenwerk gerade generalüberholt: Das<br />

Speisenangebot ist erstklassig, was bisher jedoch fehlte, war ein zeitgemäßes Drumherum. Bis<br />

zum Jahresende soll die Renovierung abgeschlossen sein. Kurz darauf wird der Bau einer zweiten<br />

Mensa in der Nachbarschaft beginnen: am Standort Heide-Süd.<br />

Nudeln mit Tomatensauce. Spinat mit Kartoffeln<br />

und Rührei. Sauerbraten. Michael Fischer<br />

beherrscht das Repertoire im Schlaf. Fischer<br />

ist Küchenleiter der Mensa in der Wolfgang-<br />

Langenbeck-Straße auf dem Weinberg-Campus.<br />

Seit fünf Jahren hat er diesen Job, und<br />

er mag ihn ausgesprochen gern. „Obwohl ich<br />

wie jeder andere Junge etwas mit Maschinen<br />

machen wollte.“ Doch sein Vater hat anders<br />

entschieden. „Er wollte, dass ich einen Beruf<br />

ergreife, der auch zu Hause nützlich sein<br />

kann.“ Deshalb besteht Michael Fischers<br />

Handwerkszeug aus Quirl, Topf, Schüssel und<br />

Pürierstab.<br />

In „seiner“ Mensa-Küche kocht Michael<br />

Fischer täglich vier verschiedene Gerichte,<br />

„insgesamt 1800 Portionen“. 41 Frauen und<br />

Männer stehen ihm zur Seite, viele sind ausgebildete<br />

Köche. Gearbeitet wird in mehreren<br />

Schichten. Einige Kollegen beginnen bereits<br />

halb sechs. „Brötchen müssen geschmiert,<br />

verpackt und ausgeliefert werden. Da ist zeitiges<br />

Aufstehen angesagt“, verrät Fischer. Das<br />

Pensum ist also enorm, denn vom Weinberg<br />

aus werden auch Außenstellen des Studentenwerkes<br />

beliefert: die Burg Giebichenstein, die<br />

Cafeteria „Ein Stein“ und der Standort Brandbergweg.<br />

Was dorthin geliefert wird, muss<br />

täglich um zehn Uhr fertig sein. Eine Stunde<br />

bleibt Fischer dann noch, um das Angebot für<br />

„seine“ Mensa auf dem Weinberg fertig zu<br />

stellen. Fischer ist dabei nicht nur am Herd,<br />

sondern auch an Schreibtisch und Telefon gefragt:<br />

Er muss Waren bestellen und umsichtig<br />

vorausplanen.<br />

Heute stehen auf seinem Plan auch Makkaroni<br />

mit Tomatensauce. Nach passenden Töpfen<br />

muss er nicht lange suchen: Sie sind derart<br />

schwer und groß, dass keiner sie jemals freiwillig<br />

verstecken würde. Die Zutaten errechnet<br />

der Computer: 400 Portionen verlangen<br />

70 Kilogramm Pasta. Fischer setzt die Menge<br />

nicht auf einmal an, sondern teilt sie auf. „Es<br />

kann ja sein, dass nur 300 Portionen verkauft<br />

werden.“ Sein Credo: Nachkochen statt wegschmeißen.<br />

G ASTFREUNDLICHER DENN JE<br />

Im Wintersemester wird Fischer bestimmt<br />

nachkochen müssen. Denn mit dem Umzug<br />

etlicher Institute der MLU auf den Weinberg<br />

wird sich die Bedarfs- und Verkaufsmenge<br />

enorm erhöhen. Mit 3.500 Portionen pro Tag<br />

muss er dann rechnen. „Seine“ Mensa in der<br />

Wolfgang-Langenbeck-Straße ist dafür gut<br />

gerüstet: Bis zum Jahresende wird der 1974<br />

eröffnete Typenbau umgebaut. Fassaden, Aufgänge<br />

und die Cafeteria sind bereits fertiggestellt.<br />

Glänzen wie ein polierter Schuh werden<br />

In Aktion für 1800 Mittagessen – pro Tag: Michael<br />

Fischer ist Küchenleiter der Mensa in der Wolfgang-<br />

Langenbeck-Straße auf dem Weinberg-Campus. Foto:<br />

Maike Glöckner


Der geplante Mensa-Neubau in Heide-Süd könnte bereits im Dezember 2010 stehen – dank des<br />

Konjunkturpakets. Abbildung: gernot schulz architektur<br />

bald auch Foyer und Sanitärbereiche. Dafür<br />

gibt es allerdings keine Gesamtfinanzierung.<br />

Volkmar Thom, Chef des Studentenwerkes,<br />

bleibt deshalb bescheiden. Etliche Haushaltssperren<br />

hat er in der Vergangenheit bestreiten<br />

müssen. Dadurch hat sich der Fortgang der<br />

Bauarbeiten mehrmals verzögert. „Dieses<br />

ständige Improvisieren hat viele Gäste verprellt“,<br />

berichtet Thom. Auf absehbare Zeit<br />

wird jedoch alles gut, die Mensa wird modern<br />

und gastfreundlicher denn je sein, auch wenn<br />

„die Kosten der Sanierung inzwischen den<br />

Aufwendungen eines Neubaus entsprechen“.<br />

Die Studenten werden von diesen Sorgen im<br />

Wintersemester nicht mehr viel bemerken. Sie<br />

dürfte vor allem auch der neue EC-Geldautomat<br />

freuen.<br />

Während Mitte der Neunziger kurzzeitig sogar<br />

der Abriss der Weinberg-Mensa zur Diskussion<br />

stand, ist ihr Fortbestand heute unumstritten.<br />

Schließlich ist der Weinberg-Campus weiter<br />

ausgebaut worden. „Auf die preiswerten<br />

und vielseitigen Versorgungsmöglichkeiten<br />

durch das Studentenwerk mit seinen Mensen<br />

will daher niemand verzichten“, so Thom.<br />

Weil der Bedarf vorhanden ist und mit dem<br />

Zuzug etlicher <strong>Uni</strong>-Bereiche künftig sogar<br />

noch steigt, wird neben der Sanierung der<br />

Weinberg-Mensa ein kompletter Mensa-Neubau<br />

forciert: In Rekordbauzeit soll bis zum<br />

Winter 2010/2011 am Standort Heide-Süd<br />

eine zweite Weinberg-Mensa gebaut werden.<br />

Dass sie nicht weit entfernt zum „alten“<br />

Standort errichtet wird, darin sehen weder<br />

Thom noch Küchenleiter Fischer ein Problem.<br />

Mit erwähntem Umzug werden schließlich<br />

weitere 3.000 Studenten und 400 Mitarbeiter<br />

der MLU ihr Domizil auf dem Weinberg haben.<br />

Zwei Mensen in direkter Nachbarschaft<br />

können dann wesentlich mehr Gäste versorgen<br />

als eine.<br />

Außerdem erlaubt der Neubau dem Studentenwerk<br />

als Bauherrn und Träger hinsichtlich der<br />

Architektur, des Innendesigns und der Raumkonzeption<br />

eine enorme Gestaltungsfreiheit.<br />

„Statt der großen Speisensäle wie in anderen<br />

Mensen“, erklärt Thom, „wird in Heide Süd<br />

ein intimes Raumkonzept umgesetzt werden.<br />

Die Bestuhlung wird viel variabler sein. Es<br />

wird kleinere Sitzecken und Vierer-Tische geben.“<br />

Thom weiß: Kein Privatgastronom kann<br />

ein Mittagessen für 1,40 Euro anbieten. Künftig<br />

werden die Gäste die Mensen jedoch nicht<br />

nur nach dem Preis, sondern verstärkt auch<br />

nach dem Umfeld beurteilen. Deshalb die Investitionen.<br />

Ein entscheidender Vorteil kommt<br />

dem Studentenwerk zur Hilfe: „Im Gegensatz<br />

zur Konkurrenz kann sich eine Mensa immer<br />

noch am besten auf eine studentische Klientel<br />

einstellen“, so Thom.<br />

N EUBAU DANK KONJUNKTURPAKET<br />

Geht der Bauplan auf, könnte der Neubau in<br />

Heide-Süd bereits im Dezember des nächsten<br />

Jahres stehen, gut fünf Jahre früher als<br />

geplant. Dass es so schnell gehen kann, ist<br />

der Finanzkrise geschuldet und der Bundesregierung<br />

zu danken. „Denn die Mittel für den<br />

Bau stammen aus dem Konjunkturpaket II“,<br />

ergänzt Thom.<br />

Gebaut werden darf jedoch nur unter Auflagen:<br />

Wenn damit regenerative Energien gefördert<br />

werden und sich die Energieeffizienz der<br />

Mensa insgesamt erhöht. „Dieses Ziel werden<br />

wir auf jeden Fall erreichen: beispielsweise<br />

mit einer Geothermieanlage im Fußboden und<br />

Solarkollektoren auf dem Dach“, so der Chef<br />

des Studentenwerkes. Insgesamt 70 Prozent<br />

des Energiebedarfs der neuen Mensa, so haben<br />

es Ingenieure errechnet, werden nachhaltig<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

eingesetzt werden können. Mehrere Millionen<br />

Euro wird der Neubau kosten.<br />

Seine Architektur, das verraten erste Skizzen<br />

und Aufrisse vorab, wird modern, licht und<br />

großzügig sein. Für den Außenbereich ist ein<br />

Freigarten mit Ausschank und Grillplatz vorgesehen.<br />

Das Gesamtkonzept dafür hat<br />

Architekt Gernot Schulz erarbeitet. Der<br />

Mensa-Neubau Heide-Süd ist für den Kölner<br />

bereits das vierte Bauvorhaben innerhalb der<br />

MLU: Er konzipierte u. a. das Audimax und<br />

die Bibliothek im Juridicum am <strong>Uni</strong>versitätsplatz.<br />

Ein hohes Niveau verspricht Fischer auch für<br />

den „alten“ Mensa-Bau in der Wolfgang-<br />

Langenbeck-Straße. Dort wird die Produktpalette<br />

künftig erweitert. „Wir werden beispielsweise<br />

einen eigenen Backshop betreiben“,<br />

verrät Fischer. „Es wird Muffins, Bagels,<br />

selbstgebackenen Kuchen sowie einen Brötchenservice<br />

geben“. Studierende und Mitarbeiter<br />

der MLU wird es freuen. Damit erhöhen<br />

sich auf dem Weinberg Frischegrad und<br />

Service. Snacks muss also keiner mehr aus<br />

der Innenstadt mitbringen, die gibt es auf dem<br />

Weinberg „um die Ecke“. Auch einen Front-<br />

Cocking-Bereich plant Fischer.<br />

„Gerichte aus dem Wok werden dann vor den<br />

Augen der Gäste frisch zubereitet werden.“<br />

Dass die Preise für die tägliche Mittagsmahlzeit<br />

immer stabil und niedrig sind, dankt das<br />

Studentenwerk der Förderung durch das Land<br />

Sachsen-Anhalt. Es beteiligt sich heute mit<br />

etwa 1,90 Euro an jedem Mittagessen.<br />

Das ist aber nicht nur preiswert. Es ist auch<br />

vollwertig und ernährungspsychologisch gesund.<br />

Das bestätigen dem Studentenwerk nicht<br />

zuletzt die Wissenschaftler des MLU-Institutes<br />

für Ernährungswissenschaften. „Die Experten<br />

haben unseren Speiseplan unter die Lupe<br />

genommen und bewertet“, erzählt Michael Fischer.<br />

Das Ergebnis fiel positiv aus. „Was wir<br />

kochen, ist gesund.“<br />

Kritik gab es lediglich für Speisen mit hohem<br />

Fettgehalt. „Pommes essen Studenten jedoch<br />

besonders gern. Ich kann ihnen doch nicht<br />

vorschreiben, sie nicht zu essen“, meint der<br />

Küchenchef, der sich noch um die Nudeln und<br />

die Tomatensauce kümmern muss. Ein Leibgericht<br />

vieler Studenten, das wohl niemals<br />

vom Speiseplan verschwinden wird. Michael<br />

Fischer sieht es mit gemischten Gefühlen: Nudeln<br />

mit Tomatensauce ist das einzige Gericht,<br />

das er überhaupt nicht gern kocht.<br />

■<br />

Studentenwerk Halle<br />

Marketing / Öffentlichkeitsarbeit<br />

Telefon: 0345 68 47 520<br />

E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@studentenwerk-halle.de<br />

Internet: www.studentenwerk-halle.de<br />

19<br />

T ITELTHEMA


20<br />

H OCHSCHULPOLITIK<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Alarmierende Aussichten<br />

Landesetat: Weitere Belastungen für die Hochschulen<br />

C ARSTEN HECKMANN<br />

Drastische Kürzungspläne der Landesregierung im Bildungsbereich riefen im Juni starke Proteste<br />

hervor. Inzwischen steht fest: In voller Härte kommen die Kürzungen zwar nicht, der<br />

geplante Doppelhaushalt 2010/2011 verlangt den Hochschulen aber einiges ab – und manövriert<br />

auch die MLU in eine noch brenzligere Finanzsituation.<br />

Es war am 17. Juni, als der Bildungsstreik<br />

seinen Höhepunkt erreichte. In Halle demonstrierten<br />

2000 Studierende – unter anderem<br />

gegen weit reichende Kürzungspläne der<br />

Landesregierung. Rund eine Woche zuvor<br />

war das entsprechende Strategiepapier von<br />

Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) bekannt<br />

geworden. Seit dem 1. September kann konstatiert<br />

werden: Die Proteste, unterstützt durch<br />

die <strong>Uni</strong>versitätsleitung, haben etwas bewirkt<br />

– aber aus Sicht der MLU bei weitem nicht<br />

genug.<br />

Die Knackpunkte im Entwurf für den Doppelhaushalt<br />

2010/11, den die Landesregierung<br />

beschlossen hat: Die Tarifsteigerungen bei den<br />

Hochschulen, summa summarum 22 Millionen<br />

Euro, sollen ab 2010 zu 90 Prozent vom Land,<br />

zu 10 Prozent von den Bildungseinrichtungen<br />

selbst getragen werden. Und die bisherigen<br />

Mittel für Investitionen, für die MLU zuletzt<br />

1,7 Millionen Euro, sollen 2010 nicht fließen.<br />

Auch die Landesmittel für die Spitzenforschung<br />

sollen gekürzt werden.<br />

„Das können wir so nicht akzeptieren“, erklärte<br />

Rektor Prof. Dr. Wulf Diepenbrock. Um<br />

die Tarifsteigerungen abzufangen, sei ein weiterer<br />

Stellenabbau nicht zu vermeiden. „Wir<br />

könnten aber nur befristete Stellen unbesetzt<br />

lassen, das träfe ausgerechnet den wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs“, so Diepenbrock, der<br />

die MLU „teilweise am Rand der Existenz“<br />

sieht. Was die Kürzung der Exzellenzmittel<br />

angeht, befürchtet der Rektor einen irreparablen<br />

Schaden für die Konkurrenzfähigkeit der<br />

Landesuniversitäten auf internationaler Ebene.<br />

Doch damit nicht genug. Bereits die Grundfinanzierung<br />

der MLU auf gleichbleibendem<br />

Niveau ist für die <strong>Uni</strong>versitätsleitung problematisch.<br />

„Wir haben einen Mehrbedarf von<br />

zwölf Millionen Euro in den Jahren 2010<br />

und 2011“, sagt Kanzler Dr. <strong>Martin</strong> Hecht.<br />

Die chronische Unterfinanzierung zeige sich<br />

schließlich bereits jetzt mit 100 unbesetzten<br />

Mitarbeiterstellen. Setze sie sich fort, seien die<br />

Folgen absehbar und dramatisch.<br />

„Jetzt bleibt uns eigentlich nur noch, im Winter<br />

die Heizung abzustellen“, lautete der sarkastische<br />

Kommentar von Florian Döring, Sprecher<br />

des Arbeitskreises Bildungspolitik beim<br />

Studentenrat. Allerdings hat der Arbeitskreis<br />

®<br />

Große Steinstraße 10 · 06108 Halle<br />

Telefon (03 45) 2029241<br />

Steinweg 27 · 06110 Halle<br />

Telefon (03 45) 5126560<br />

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Rathenauplatz 12 · 06114 Halle<br />

Telefon (0345) 5238000<br />

www.trothe-sehzentrum.de<br />

Am 17. Juni versammelten sich rund 2000 Studierende<br />

auf dem <strong>Uni</strong>versitätsplatz. Foto: Silvio Kison<br />

einen Runden Tisch initiiert, bei dem Studierende,<br />

Professoren und <strong>Uni</strong>versitätsleitung ein<br />

gemeinsames Positionspapier verabschiedeten.<br />

Darin enthalten sind unter anderem die Forderungen<br />

nach Planungssicherheit und einer<br />

Etat-Erhöhung von 12 Millionen Euro für die<br />

nächsten beiden Jahre.<br />

Finanzminister Jens Bullerjahn stellte sich bei<br />

der Zweitauflage des Runden Tisches seinen<br />

Kritikern. Wer mehr Geld haben wolle, müsse<br />

auch sagen, wo gespart werden soll, erklärte<br />

der Minister. Die Diskussion verlief heftig.<br />

Der Sommer war heiß – der Herbst wird ihm<br />

wohl nicht nachstehen.<br />

■<br />

sehen erleben<br />

TROTHE OPTIK<br />

TROTHE sehzentrum<br />

Kontaktlinsen-Institut<br />

vergrößernde Sehhilfen


Frauenpower<br />

für studentische Experten<br />

Projekt „Praxisbilder“: Studierende beraten Unternehmen<br />

P ETRA HOFFMANN<br />

Ein vierköpfiges Frauen-Team arbeitet in der Kooperationsstelle der MLU und des DGB Sachsen-Anhalt.<br />

Der 1994 gegründete Trägerverein unterstützt und entwickelt Kooperationsbeziehungen<br />

zwischen Studierenden, Wissenschaftlern, Arbeitnehmern und Gewerkschaften, aktuell<br />

im Projekt „PraxisBilder – Wirtschaft trifft Campus“. Im Wintersemester beraten im Rahmen<br />

dieses Projekts erstmals studentische Expertengruppen kleine und mittelständische Unternehmen.<br />

Die Studierenden aus unterschiedlichen Fachrichtungen<br />

bearbeiten in Gruppen praxisrelevante<br />

Aufgaben. Die Auftaktveranstaltung für<br />

die Expertengruppen findet am 15. Oktober<br />

2009 statt – und am selben Tag das Methodenseminar,<br />

bei dem die teilnehmenden Studierenden<br />

in einem Vortrag zum Thema „Erfolg<br />

im Projekt durch systematisches Vorgehen“<br />

methodische Grundlagen zum effizienten Bearbeiten<br />

der Aufgaben vermittelt bekommen.<br />

Bisher haben sich 43 Studierende bei 13 Firmen<br />

zu 20 verschiedenen Themen angemeldet.<br />

Besonders groß ist das Interesse an Themen<br />

der Energieversorgung Halle (EVH), der Halle<br />

Messe GmbH und des Mitteldeutschen Verlags<br />

(mdv).<br />

Einige Unternehmer zeigen auch Interesse, im<br />

Referentenpool mitzuarbeiten. Dieser möchte<br />

Praktikern aus regionalen Unternehmen<br />

die Gelegenheit geben, ihr berufspraktisches<br />

Das Frauen-Team der Kooperationsstelle (v. l.): Susan Wilhardt, Sandra Piekarz, und Kathrin Schulze. Foto: Paolo Schubert<br />

Wissen direkt an die Studierenden und Absolventen<br />

in den Hochschulen weiter zu geben.<br />

„Für das Wintersemester ist deshalb neben<br />

den studentischen Expertengruppen auch noch<br />

eine gemeinsame Veranstaltungsreihe mit Referenten<br />

aus der regionalen Praxis in Zusammenarbeit<br />

mit dem Career Center geplant“,<br />

sagt Teamleiterin Susan Willhardt, die mit<br />

ihren Kolleginnen an weiteren Vernetzungen<br />

arbeitet, u. a. mit der IHK Halle-Dessau, dem<br />

Hochschulgründernetzwerk UNIVATIONS,<br />

dem Institut für Innovation und Entrepreneur-<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

ship (IIE) an der MLU sowie dem Fachkräfteportal<br />

Sachsen-Anhalt (PFIFF).<br />

2002 hat die Diplompädagogin Willhardt ein<br />

Praktikum in der Kooperationsstelle absolviert<br />

und ist anschließend gleich geblieben. Sie hat<br />

das Projekt „Wissenstransfer – die mitteldeutsche<br />

Praktikabörse“ geleitet und danach das<br />

Projekt „PraxisBilder – Wirtschaft trifft Campus“<br />

vorbereitet, welches sie jetzt ebenfalls<br />

leitet. Außerdem ist sie für die Konzeption<br />

methodischer Innovationen, die Netzwerkarbeit,<br />

die wissenschaftliche Evaluation der<br />

Projektergebnisse und die Nachhaltigkeit der<br />

Projekte verantwortlich.<br />

Die Diplom-Kulturpädagogin Sandra Piekarz<br />

kümmert sich in den laufenden Projekten um<br />

die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Unternehmenskontakte<br />

und den Referentenpool. Ihre<br />

Kollegin Kathrin Schulze, Diplom-Sozialpädagogin,<br />

ist insbesondere für die Hochschul-<br />

kontakte, studentischen Expertengruppen und<br />

Hochschul-Praxis-Netzwerke verantwortlich.<br />

Zum Team gehört außerdem die Verwaltungsfachangestellte<br />

Jana Vogel.<br />

■<br />

Sandra Piekarz<br />

Kooperationsstelle MLU – DGB, Öffentlichkeitsarbeit<br />

Telefon: 0345 552 3845<br />

E-Mail: sandra.piekarz@wirtschaft-trifft-campus.de<br />

Internet: www.wirtschaft-trifft-campus.de<br />

21<br />

S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN


S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

22 Moderne IT für<br />

den ıStudent Life Cycle„<br />

Campusmanagement an der MLU wird weiterentwickelt<br />

R OSWITHA GEILING UND KLAUS SCHOBER<br />

Derzeit werden an der MLU verschiedene Serviceangebote für Studierende durch mehrere Softwareprodukte<br />

gewährleistet. Nach außen sichtbar ist dieses Campus-Management-System unter<br />

anderem durch Stud.IP und das Löwenportal. Deren Funktionalitäten sollen in Zukunft gebündelt<br />

und erweitert werden.<br />

Freitag, 23.53 Uhr, Student Marco L. atmet<br />

auf. Das Semester ist fast gelaufen, Zeit,<br />

ins Partygeschehen abzutauchen. Nur noch<br />

schnell das Bankkonto prüfen … apropos prüfen<br />

… PRÜFUNG !!! Heute war ja Anmeldeschluss<br />

... Jetzt aber hurtig, der Computer läuft<br />

noch, wo ist die TAN-Liste … 3 Klicks, TAN<br />

eingeben, geschafft. Um 23.59 Uhr kommt die<br />

Bestätigung: „Sie sind zur Prüfung angemeldet.“<br />

Uff, jetzt aber ab auf die Partymeile…<br />

Was dieses Szenario beschreibt, ist ein ganz<br />

kleiner Teil eines IT-Systems, das auch Campus-Management-System<br />

genannt wird und<br />

zurzeit an der MLU durch mehrere Softwareprodukte<br />

realisiert wird. Viele Funktionalitäten<br />

aus dem Bereich der akademischen Lehre<br />

unterstützt das System Stud.IP. Dazu gehören<br />

das Vorlesungsverzeichnis, die Studien- und<br />

Stundenplanung, eine Kommunikationsplattform<br />

für Mitstudierende und Dozenten, die<br />

Blitzschnell<br />

und trotzdem<br />

nicht teuer!<br />

• Diplomarbeiten<br />

• Dissertationen<br />

• Promotionen<br />

• Broschüren- und<br />

• Buchdrucke aller Art<br />

• inklusive Bindung<br />

info@digitaldruck-halle.de<br />

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Kutschgasse 4 • 06108 Halle<br />

Telefon 0345 47 88 601 • Fax 0345 47 88 602 w<br />

info@digitaldruck-halle.de • www.digitaldruck-halle.de<br />

Verwaltung von Vorlesungsscripten und Dokumenten<br />

sowie die Einbeziehung von E-Learning-Verfahren,<br />

hier das System „Ilias“.<br />

Die „verwaltungsnahen“ Campus-Management-Funktionen<br />

bietet das Löwenportal der<br />

<strong>Uni</strong>versität an. Dort können die Studierenden<br />

zahlreiche Informationen und Dienstleistungen<br />

abrufen, die ansonsten den Besuch von verschiedenen<br />

Büros und Ämtern (z. B. Studierendensekretariat,<br />

Prüfungsamt) notwendig<br />

machen würden. Als Basisfunktionen können<br />

sich die Studierenden die pro Semester benötigten<br />

Bescheinigungen (Studienbescheinigung,<br />

Bafög-Bescheinigung, usw.) selbst erzeugen<br />

und Änderungen ihres Wohnortes selbst melden.<br />

Darüber hinaus können sich schon viele<br />

Studierende jedes Semester zu den von ihnen<br />

ausgewählten Modulen anmelden; eine Anmeldung<br />

zu den zu absolvierenden Prüfungen<br />

ist ebenfalls möglich. Dabei erhalten sie auch<br />

schenk verlag<br />

Verlag für Jungautoren und wissenschaftliche Publikationen.<br />

kontakt@buchverlag-schenk.de • www.buchverlag-schenk.de<br />

eine Übersicht über alle bisher erbrachten<br />

Leistungen in einem Notenspiegel.<br />

Das Löwenportal bietet allerdings noch einiges<br />

mehr. So nutzen es die Prüfungsämter z.<br />

T. für den Druck von Zeugnissen und anderen<br />

Studienabschlussdokumenten (Transcript of<br />

Records, Diploma Supplement). Auch eine<br />

spezielle Bafög-Bescheinigung, die nach dem<br />

4. Semester eines Bachelor-Studiengangs von<br />

Studierenden, die Bafög beziehen, im Bafög-<br />

Amt des Studentenwerks einzureichen ist,<br />

kann so erstellt werden. Prüfer können über<br />

das Löwenportal Noten verbuchen und sie<br />

nach Abschluss automatisch dem Prüfungsamt<br />

übermitteln. Damit ist der Weg frei für die<br />

Veröffentlichung der Noten im Löwenportal<br />

(natürlich nur für den jeweiligen Studierenden<br />

– Datenschutz wird groß geschrieben).<br />

E IGENENTWICKLUNG FÜR MODULINFOS<br />

Damit dies alles weitgehend reibungslos<br />

funktioniert, arbeitet in der Verwaltung eine<br />

Arbeitsgruppe „FIPS“ (siehe http://fips.unihalle.de),<br />

die alle Prozesse der IT-Unterstützung<br />

der Prüfungsverwaltung – vor allem für<br />

die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge<br />

–universitätsweit organisiert und unterstützt.<br />

Hier wurde auch das Modul- und Studienprogramm-Verwaltungssystem<br />

(MOS) entwickelt,<br />

das es gestattet, alle Modulinformationen und<br />

die darauf basierenden Studienprogramme in<br />

einer Datenbank zu erfassen und diese Informationen<br />

maschinell in das Prüfungsverwaltungssystem<br />

zu übertragen.<br />

Diese Eigenentwicklung war notwendig, da<br />

es am Markt keine vergleichbare Lösung gab,<br />

die insbesondere das an der MLU definierte<br />

und verwendete Modulmodell (Allgemeine<br />

und Spezielle Modulbeschreibungen) abbilden<br />

konnte. Interesse an der MOS-Datenbank<br />

haben schon mehrere Hochschulen bekundet.<br />

Viele Konzepte von MOS werden in zukünftige<br />

Entwicklungen der HIS-GmbH Hannover<br />

(das Softwarehaus der Hochschulen) einfließen.<br />

Auch wenn die <strong>Uni</strong>-Verwaltung keinen<br />

materiellen Gewinn erzielen kann, so ist es<br />

doch der ideelle Wert, der die Abteilung Hochschulplanung<br />

und Informationsmanagement<br />

stolz macht.<br />

Gegenwärtig arbeiten die Fachleute der Abteilung<br />

an einer Kopplung der Funktionalitäten<br />

von Stud.IP und dem Löwenportal, sodass perspektivisch<br />

der Nutzer gar nicht mehr merkt,<br />

in welchem Basissystem er gerade navigiert.<br />

Die Inhalte werden weiter ausgebaut und zusätzliche<br />

Funktionalitäten (z. B. Raum-Planung,<br />

Stundenplanung mit Konfliktmanagement)<br />

an die Bedürfnisse der MLU angepasst<br />

und frei geschaltet.<br />

Was erwartet Marco & Co. also in drei bis<br />

fünf Jahren und wie soll das umgesetzt werden?<br />

Gemeinsam mit der Hochschule Merseburg<br />

(FH) und der Hochschule für Kunst und De-


Zeichnung: Oliver Weiss<br />

sign Halle hat sich die MLU um eine Förderung<br />

durch die EFRE-Maßnahme „Förderung<br />

des Einsatzes neuer Technologien im Wissenschaftsbereich<br />

und zur Schaffung von Informations-<br />

und Wissensmanagementsystemen“<br />

beworben. Im Oktober vergangenen Jahres<br />

wurde der Antrag genehmigt. Die Federführung<br />

des Projekts liegt dabei in den Händen<br />

des MLU-Kanzlers Dr. <strong>Martin</strong> Hecht.<br />

D REI HOCHSCHULEN, DREI PHASEN<br />

Mithilfe der auf drei Jahre und für drei Hochschulen<br />

genehmigten 790.000 Euro war der<br />

Weg geebnet, das ehrgeizige Ziel in Angriff<br />

nehmen zu können. Unter dem langen Titel<br />

„Einführung und Nutzung von webbasierten<br />

Onlineplattformen für die effektive Unterstützung<br />

der Prozesse in Forschung, Lehre<br />

und Verwaltung an verschiedenen Hochschultypen“<br />

konnte am 1. September mit der Arbeit<br />

begonnen werden.<br />

Eine aus den eingeworbenen Mitteln finanzierte<br />

EFRE-Projektgruppe wird das Projekt<br />

gemeinsam mit dem IT-Personal vor Ort in<br />

drei Phasen bearbeiten.<br />

Im Fokus der Betrachtung steht dabei hauptsächlich<br />

der „Student Life Cycle“. Dazu<br />

erfolgt zunächst eine Bestandsaufnahme all<br />

jener IT-gestützten Aufgaben und Prozesse,<br />

die im weitesten Sinne mit dem studentischen<br />

Leben an der <strong>Uni</strong>versität assoziiert sind. Ziel<br />

ist dabei auch, bestehende Medienbrüche zu<br />

erfassen, um diese zukünftig zu vermeiden.<br />

Phase zwei umfasst Analyse und Folgerungen,<br />

d. h. bestehende Prozesse hinsichtlich ihrer<br />

elektronischen Umsetzung zu begutachten und<br />

in Referenzprozessen zusammenzufassen.<br />

Die Gemeinsamkeiten der Arbeitsabläufe einer<br />

klassischen <strong>Uni</strong>versität, einer Hochschule für<br />

angewandte Forschung und einer Kunsthochschule<br />

sollen dabei ebenso Berücksichtigung<br />

finden wie die Unterschiede. Im Ergebnis soll<br />

eine Argumentationsgrundlage für die Abstimmung<br />

zu bestehender oder den Erwerb neuer<br />

Software geschaffen werden und die bisherigen<br />

Arbeitsabläufe den Referenzprozessen<br />

angepasst werden. Dabei lautet das Ziel, den<br />

Informationsfluss und die Transparenz über<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Onlineplattformen weiter zu verbessern sowie<br />

neue Serviceleistungen anbieten zu können.<br />

In Phase drei soll dann die technische Umsetzung<br />

in Angriff genommen werden.<br />

Durch die Betrachtung der verschiedenen<br />

Hochschultypen wird das Spektrum aller<br />

Hochschularten in Sachsen-Anhalt abgebildet.<br />

Damit sind die Ergebnisse des Projekts<br />

zukünftig auch für Marcos Kommilitonen der<br />

anderen Hochschulen zugänglich und können<br />

auch dort einer serviceorientierten Studienunterstützung<br />

dienen.<br />

■<br />

Im Online-<strong>Magazin</strong>:<br />

ein Stud.IP-Erfahrungsbericht<br />

www.unimagazim.uni-halle.de<br />

Dr. Roswitha Geiling<br />

Abt. Hochschulplanung und Informationsmanagement<br />

Telefon: 0345 55-21370<br />

E-Mail: roswitha.geiling@verwaltung.uni-halle.de<br />

Internet: http://verwaltung.uni-halle.de/abteilung_5<br />

23<br />

S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN


24<br />

S TUDIEREN, LEHREN, LEBEN<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Nach den Sternen greifen<br />

Physiker bringt zukünftigen Lehrern die Astronomie näher<br />

S OPHIE EHRENBERG<br />

2009 ist das Internationale Jahr der Astronomie. Vor genau 400 Jahren publizierte Johannes Kepler<br />

sein Buch „Astronomia Nova“ und trug damit zum grundlegenden Verständnis der physikalischen<br />

Gesetzmäßigkeiten bei. Zu dieser Zeit setzte auch Galileo Galilei erstmals ein Teleskop<br />

ein, um astronomische Beobachtungen zu machen. Heute bietet die MLU als einzige Hochschule<br />

Sachsen-Anhalts die Möglichkeit an, Astronomie zu studieren.<br />

„Allerdings handelt es sich um ein Ergänzungsstudium<br />

für Lehramtsstudenten der<br />

Geografie, Mathematik oder Physik“, erklärt<br />

Dr. Helmut Grätz, für die Astronomieausbildung<br />

verantwortlicher Mitarbeiter am Institut<br />

für Physik. Die Lehramtstudierenden können<br />

nach zwei Jahren eine Staatsprüfung ablegen<br />

und erhöhen mit diesem Abschluss ihre Berufschancen.<br />

Auch Physikstudierende können in die Astronomie<br />

hineinschnuppern, wenn sie „Astrophysik<br />

der Sterne und Kosmologie“ als Wahlpflichtmodul<br />

für ein Semester belegen. „Das<br />

Interesse von studentischer Seite ist groß,<br />

aber leider haben die Bachelor-Studierenden<br />

meist keine Zeit mehr, den ganzen Kurs über<br />

vier Semester zu belegen“, erklärt Helmut<br />

Grätz.<br />

Sechs Mitarbeiter betreuen die rund 40 Studierenden<br />

über die Kursdauer von zwei Jahren.<br />

„Die Schwierigkeiten für uns liegen in den<br />

sehr unterschiedlichen Vorkenntnissen, denn<br />

vor allem mathematisches und physikalisches<br />

Verständnis ist unbedingt notwendig. Ich freue<br />

mich darüber, dass trotzdem nur wenige An-<br />

fänger gleich wieder aufhören, die meisten<br />

lassen sich nicht entmutigen. So soll es auch<br />

sein“, sagt der Astronomieverantwortliche.<br />

ıABSOLVENTEN KÖNNEN AUFBAUARBEIT LEISTEN„<br />

Die wesentlichen Inhalte des Astronomiestudiums<br />

bestehen aus Vorlesungen, Seminaren<br />

und Übungen, etwa mit Unterrichtsmitteln und<br />

Fernrohren. Damit werden die Lehramtsstudierenden<br />

auf den Schulunterricht vorbereitet.<br />

Allerdings ist die Astronomie nur in den neuen<br />

Bundesländern ein Unterrichtsfach. „Sie in<br />

allen Bundesländern als Pflichtfach einzurichten,<br />

ist wohl recht unrealistisch. Aber an jeder<br />

Schule sollte zumindest ein Wahlkurs angeboten<br />

werden; an manchen Schulen gibt es aber<br />

nicht einmal eine Arbeitsgemeinschaft. Hier<br />

können unsere Absolventen noch viel Aufbauarbeit<br />

leisten“, sagt Helmut Grätz.<br />

Das Interesse sei bei vielen Schülern da und<br />

die Astronomie enthalte auch nützliche Erkenntnisse<br />

für die Allgemeinbildung, denn sie<br />

sei nicht nur eine Naturwissenschaft, sondern<br />

Ein Blick in die Kuppel des halleschen Planetariums. Foto: Raumflugplanetarium Stadt Halle (Saale)<br />

auch ein wichtiges Kulturgut. „Beispielsweise<br />

werden durch astronomische Gegebenheiten<br />

die beweglichen Feiertage bestimmt: Das Osterfest<br />

etwa findet stets am Sonntag nach dem<br />

ersten Frühlingsvollmond statt. Das wissen<br />

nur wenige“, so Helmut Grätz.<br />

Außerdem ist die Astronomie eine besondere<br />

Wissenschaft. „Sie erscheint mehr als andere<br />

Fächer in den Medien, zum Beispiel wenn es<br />

um Sonnenfinsternisse und Raumfahrtmissionen<br />

geht, oder auch um Science-Fiction in<br />

Literatur und Film. Es ist mir deshalb unverständlich,<br />

wieso Astronomie in der Schule fast<br />

keine Rolle spielt.“<br />

Helmut Grätz selbst hat in Dresden Physik<br />

studiert. Seine Spezialrichtung ist die Reaktorphysik:<br />

„Die Kernfusion ist mein Lieblingsthema.“<br />

Nach der Wende ist er zufällig zur<br />

Astronomie gekommen und hat sich intensiv<br />

damit beschäftigt. „Ich habe mir Vorträge angehört<br />

und das Wichtigste im Selbststudium<br />

beigebracht.“ Zusammen mit dem emeritierten<br />

Prof. Dr. Peter Grau hat er das Astronomie-<br />

Angebot 1994 ins Leben gerufen. Einen Forschungsbereich<br />

gibt es an der MLU jedoch<br />

nicht. „So etwas muss in der Regel Tradition<br />

haben und die haben wir nicht. Das Ergänzungsstudium<br />

Astronomie ist ein reines Lehrangebot,<br />

vor allem für Lehramtsstudierende.“<br />

■<br />

Dr. Helmut Grätz<br />

Telefon: 0345 55-25363<br />

E-Mail: graetz@physik.uni-halle.de<br />

Internet: www.physik.unihalle.de/studium


Die Spider-Man-Seide aus Halle<br />

Wissenschaftler machen Spinnfäden reißfester und dehnbarer<br />

C ARSTEN HECKMANN<br />

Spinnfäden haben erstaunliche Eigenschaften. Sie sind wahnsinnig stark und dennoch elastisch.<br />

Aber auch Gutes kann noch besser werden: Ein Team um Dr. Mato Knez vom Max-Planck-Institut<br />

für Mikrostrukturphysik hat der Spinnenseide Metalle in geringsten Mengen hinzugefügt.<br />

An die so behandelten Spinnfäden kann man dreimal mehr Gewicht anhängen.<br />

Möglicherweise lassen sich auch andere Fasern mit der entsprechenden Methode kräftigen.<br />

Für die Untersuchungen haben MLU-Wissenschaftler 100 Nanometer dünne Scheiben von den<br />

Spinnfäden abgeschnitten.<br />

Peter Benjamin Parker lebt in Forrest Hills,<br />

New York. Das beschauliche Halle an der<br />

Saale dürfte ihm kein Begriff sein. Allerdings<br />

könnte er sich brennend für eine herausragende<br />

Forschungsleistung interessieren, die<br />

am Weinberg Campus vollbracht worden ist.<br />

Hat dieser Peter Parker doch, in jungen Jahren<br />

von einer radioaktiven Spinne gebissen und<br />

mit besonderen Kräften ausgestattet, einen<br />

Netzsprüher entwickelt. Mit dessen Hilfe kann<br />

er verschiede Arten von Spinnennetzen in<br />

Windeseile spinnen. Er nutzt dies, um Verbrecher<br />

zu jagen.<br />

Spider-Man, so der wohl bekanntere Name<br />

dieses Mannes, verfügt über besonders reißfeste<br />

Spinnfäden – deren Geheimnis bislang<br />

nicht gelüftet werden konnte. Ein immenser<br />

Wettbewerbsvorteil für den Superhelden.<br />

Doch der könnte passé sein.<br />

Denn auch Dr. Mato Knez vom Max-Planck-<br />

Institut für Mikrostrukturphysik wäre nunmehr,<br />

zumindest theoretisch, in der Lage, ein<br />

Fluchtauto zu stoppen, das mit 100 Kilome-<br />

tern pro Stunde unterwegs ist. Aus 20 Metern<br />

Entfernung würde ihm dazu ein fünf Millimeter<br />

dünner Faden reichen. Ein natürlicher<br />

Spinnfaden, verstärkt durch Metallionen.<br />

Dem Forscherteam um Knez ist es gelungen,<br />

die mechanischen Eigenschaften von Spinnenseide<br />

noch einmal deutlich zu verbessern.<br />

Das behandelte Material hält starkem Zug und<br />

kräftiger Dehnung stand, es kann zehnmal<br />

mehr Energie aufnehmen als das naturbelassene<br />

Pendant, bevor es reißt.<br />

Die Wissenschaftler haben den Fäden mit einer<br />

speziellen Infiltrationsmethode Metalle<br />

zugesetzt („Multiple Pulsed Vapor Phase Infiltration“).<br />

Wie die Metallatome in das Innere<br />

der Spinnenseide vordringen und warum sie<br />

den Fäden mehr Kraft geben, dazu erhielten<br />

die Forscher Hinweise durch elektromikroskopische<br />

Aufnahmen, die zum Teil am Institut<br />

für Physik der MLU gemacht wurden.<br />

Unerlässlich dafür: die richtige Vorbereitung<br />

der Proben. „Man muss sogenannte Präparationsartefakte<br />

vermeiden“, sagt Dr. Gerd Hause,<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Kreuzspinne in der Mitte ihres Netzes,<br />

Abbildung: Max-Planck-Institut für<br />

Mikrostrukturphysik<br />

Vierfach gewundener, infiltrierter Spinnenfaden,<br />

der einen 27,5 Gramm schweren Block an einem<br />

Haken hält. Abbildung: Max-Planck-Institut für<br />

Mikrostrukturphysik.<br />

Abteilungsleiter „Bildgebende Verfahren“ am<br />

Biozentrum der MLU. „Die Artefakte würden<br />

zu Bildern führen, die der Realität nicht<br />

entsprechen.“ Hause und seine Mitarbeiter<br />

brachten ihre entsprechende Erfahrung in das<br />

Projekt von Mato Knez ein. Sie präparierten<br />

die modifizierten Spinnfäden so, dass sie am<br />

Ende in Epoxidharzblöcken eingegossen waren.<br />

Davon konnten sie dann 100 Nanometer<br />

dünne Scheiben abschneiden.<br />

Die Untersuchungsergebnisse, veröffentlicht in<br />

„Science“, stimmen die Wissenschaftler optimistisch,<br />

was die Weiterentwicklung und auch<br />

die Relevanz für die Praxis angeht. Zwar werde<br />

metallbehandelte Spinnseide auch künftig<br />

keine Aufzüge ziehen oder Tragflächen verstärken,<br />

so Mato Knez. „Es ist wahrscheinlich<br />

kaum möglich, natürliche Spinnseide im großen<br />

Stil zu gewinnen.“ Mit der angewandten<br />

Methode könnten aber auch andere Biomaterialien<br />

reißfester und dehnbarer gemacht<br />

werden. „Wir setzen zudem darauf, dass wir<br />

auch die Eigenschaften von synthetischen Materialien,<br />

die natürliche imitieren, mit unserem<br />

Verfahren verbessern können.“ Anwendungen<br />

im Flugzeug- oder Autobau sowie in der Weltraumtechnik<br />

seien denkbar. Der entscheidende<br />

Material-Dreisatz lautet: leicht, stark, flexibel.<br />

■<br />

Dr. Mato Knez<br />

Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik<br />

Telefon: 0345 55-82642<br />

E-Mail: mknez@mpi-halle.de<br />

Dr. Gerd Hause<br />

Biozentrum<br />

Telefon: 0345 55-21626<br />

E-Mail: gerd.hause@biozentrum.uni-halle.de<br />

25<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN


26<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

ıTelefonieren kann nicht jeder„<br />

Sprechwissenschaftler helfen Call-Center-Agenten<br />

R OMAN RÜHLE<br />

Zwischen der MLU und Unternehmen der Privatwirtschaft bestehen eine Reihe von Kooperationen.<br />

Sie sorgen für eine nachhaltige Verzahnung von Wissenschaft und Praxis. Ein gutes Beispiel<br />

dafür ist die Zusammenarbeit zwischen dem MLU-Institut für Sprechwissenschaft und dem<br />

Dienstleister buw. In dessen Call-Center in Halle untersuchen und optimieren MLU-Studenten<br />

beispielsweise Leitfaden gestützte Gespräche. Ingmar Rothe hat über die Kooperation nicht nur<br />

das Thema seiner Diplomarbeit, sondern auch einen Job gefunden. Ein Porträt.<br />

Geschultes Sprechen bringt weniger Stress für die Stimme: Ingmar Rothe mit einer buw-Mitarbeiterin im<br />

halleschen Call-Center des Unternehmens.<br />

„Fünf Tage die Woche acht Stunden telefonieren,<br />

das hält kein Mensch auf Dauer aus.“<br />

Ingmar Rothe hat es erlebt. Als junger Student<br />

hat er in seinen Semesterferien selbst mehrere<br />

Wochen am Hörer gesessen. Dabei hat sich<br />

der heute 28-Jährige durch die gesamte Republik<br />

telefoniert. Aus eigenem Erleben weiß<br />

er daher: Langes Sprechen ohne Schulung ist<br />

pure Anstrengung.<br />

Inzwischen ist Ingmar Rothe, das darf man<br />

sagen, Stimm- und Sprechexperte. 2001 hat<br />

er die dafür notwendige Ausbildung begonnen<br />

und Sprechwissenschaft studiert. „Zuerst<br />

in Jena, später an der MLU in Halle“, wie er<br />

verrät. „Obwohl ich eigentlich Journalist und<br />

auch gern Schauspieler werden wollte.“ Jedoch<br />

konnte er sich weder für das eine noch<br />

das andere entscheiden. Ein guter Freund gab<br />

ihm schließlich den Anstoß, er solle Sprechwissenschaft<br />

studieren. Bis heute hat er es<br />

nicht betreut. „Im Gegenteil“, sagt er, „Journalisten<br />

und Schauspieler brauchen auch eine<br />

trainierte Stimme. Und wer weiß, was noch<br />

kommt im Leben.“<br />

S TIMM- UND SPRECHÜBUNGEN SIND NEULAND<br />

Mittlerweile setzt Rothe seinen geschulten<br />

Sprachapparat wiederum in einem Call-Center<br />

ein. Seit Juni arbeitet er fest für die buw Unternehmensgruppe.<br />

In deren Niederlassung in<br />

der Grenzstraße in Halle verantwortet er das<br />

Sprechtraining für die Telefonagenten. „Da-<br />

mit sie sich nicht verletzen“, erzählt er. „Wer<br />

ohne jede Vorbereitung lostelefoniert, setzt<br />

unter Umständen seine Stimmgesundheit aufs<br />

Spiel.“ Damit skizziert Rothe das eigentliche<br />

Problem: Während die Sprechausbildung von<br />

Schauspielern, Funk- und Fernsehsprechern<br />

heute als selbstverständlich gilt, ist sie für<br />

große Teile der Call-Center-Branche noch immer<br />

Neuland. „Hier setzt erst nach und nach<br />

das Bewusstsein ein, dass Mitarbeiter vor<br />

allem dann leistungsfähiger sind und länger<br />

im Unternehmen bleiben, wenn sie sich bei<br />

der Arbeit ihre Stimme nicht ruinieren“, weiß<br />

er. „Einen Tag lang telefonieren, das übersteht<br />

man gut. Wie es jedoch in zwei bis drei Jahren<br />

aussieht, das ist die Frage.“<br />

Auch heute steht Ingmar Rothe im buw-Großraumbüro.<br />

Um ihn herum wogt das mitunter<br />

laustarke Summen der Stimmen und Telefonsignale<br />

auf und ab. Hier und da wird eifrig, an<br />

anderen Plätzen auffallend ruhig telefoniert.<br />

Rothe steht irgendwie dazwischen. Feinsinnig<br />

beobachtet der großgewachsene Mann die Lage.<br />

Er weiß: Seine Kollegen an den Apparaten<br />

haben es nicht unbedingt einfach. Sie müssen<br />

ich mit Problemen anderer auseinandersetzen.<br />

„Das ist nicht selten unangenehm“, sagt er,<br />

„schließlich ist Telefonieren Emotionsarbeit.<br />

Man muss viel aushalten können. Telefonieren<br />

kann nicht jeder.“<br />

P RÄVENTION STATT GÄNGELEI<br />

Damit die Hallenser buw-Mitarbeiter ohne<br />

Knoten in der Stimme und einem chronisch<br />

entzündeten Kehlkopf durch ihren (Berufs-)<br />

Alltag kommen, hat ihnen der Arbeitgeber<br />

eine Abteilung für Personalentwicklung eingerichtet,<br />

in der auch Ingmar Rothe arbeitet. Eine<br />

seiner Aufgaben besteht darin, schon beim<br />

Bewerbungsgespräch herauszuhören, welche<br />

Kandidaten stimmtechnisch geeignet sind und<br />

welche nicht. Anhand von Rollenspielen analysiert<br />

er ihre Gesprächsführung und achtet<br />

penibel darauf, wie sie Stimme und Zwerchfell<br />

einsetzen.<br />

„Dieses Prozedere“, erklärt er, „ist keine Gängelei,<br />

sondern Prävention“. Man müsse sich<br />

schließlich vergegenwärtigen, dass die Arbeit<br />

eines Call-Center-Agenten überaus anstrengend<br />

sei. Der Teufel, wendet er ein, stecke im<br />

Detail. „Denn beim Telefonieren wird nicht<br />

der gesamte Körper überproportional angestrengt,<br />

sondern nur ein bestimmter Bereich,<br />

unsere Stimme.“ Weil deren Anatomie für lang<br />

anhaltende Belastungen jedoch nicht geschaffen<br />

sei, müsse sie behutsam trainiert werden,<br />

so Rothe.<br />

Geübte Sprecher sind in einem Call-Center<br />

daher klar im Vorteil, „normale“ Telefon-<br />

Agenten sind es nicht. „Das ist richtig“, konstatiert<br />

auch Prof. Dr. Baldur Neuber vom<br />

MLU-Seminar für Sprechwissenschaft und<br />

Phonetik. „Kaum einer der Telefonisten ist je<br />

zuvor einem Phoniater oder Sprecherzieher


egegnet“. Dabei sind, so lässt sich schlussfolgern,<br />

nur gesunde und dauerhaft belastbare<br />

Stimmen ihr Geld wert. Tatsächlich, so der<br />

Experte weiter, steckt bei der überwiegenden<br />

Zahl der Call-Center-Anbieter die soziale Verantwortung<br />

gegenüber dem eigenem Personal<br />

jedoch noch immer in den Kinderschuhen.<br />

Anders bei buw: Dort ist die Stimmgesundheit<br />

der Mitarbeiter oberstes Prinzip. Seminare für<br />

Sprecherziehung sowie Übungen zu Rhetorik<br />

und Kommunikationspsychologie gehören daher<br />

zum Arbeitsalltag. Die wissenschaftliche<br />

Begleitung erfolgt parallel zum Berufsalltag.<br />

„Dabei lernen die Mitarbeiter, wie sie Atmung<br />

und Stimme gezielt und physiologisch einsetzen“,<br />

erläutert Rothe. Um herauszufinden,<br />

ob das Erlernte auch richtig mgesetzt wird,<br />

macht Rothe vor allem eines: Der 28-Jährige<br />

beobachtet die Mitarbeiter und hört ihnen zu.<br />

„Das Prinzip klingt einfach, macht aber trotzdem<br />

Arbeit.“<br />

T RAINING ON THE JOB<br />

Rothe schätzt, dass er bei seiner Arbeit trotz<br />

notwendiger Standardisierungen kreativ bleiben<br />

darf. Bodenständig erklärt er: „Ständig<br />

lerne ich hinzu. Ich kann ja nicht immer die<br />

gleichen Übungen machen.“ Das heißt, auch<br />

für ihn ist die Arbeit ein „training on the job“.<br />

Die Begeisterung schöpft Rothe dabei aus<br />

der Kommunikationsrealität. Den 28-Jährigen<br />

interessiert, „was bei einem Gesprächen am<br />

Telefon zwischen zwei Menschen passiert,<br />

die sich nur hören, aber wie in jeder anderen<br />

Kommunikationssituation plötzlich aufeinan-<br />

Sprechwissenschaftler<br />

mit guten Kontakten und<br />

sonnigem Gemüt:<br />

Ingmar Rothe und<br />

Professor Baldur Neuber.<br />

Fotos: Michael Deutsch<br />

der reagieren müssen“. Vor allem interessiert<br />

ihn die Frage, wie die Gesprächspartner versuchen,<br />

sich Dinge paraverbal, das heiß, mittels<br />

Melodie, Rhythmus und Stimmklang begreiflich<br />

zu machen.<br />

Schließlich hat ihn diese Frage bis zur Diplomarbeit<br />

begleitet. Darin hat Rothe die<br />

Umsetzung standardisierter Gesprächsleitfäden<br />

untersucht, um herauszufinden, wie diese<br />

sich auf die Beratungssituation auswirken.<br />

Insgesamt 460 Beratungsgespräche hat er analysiert,<br />

13 davon ausführlich und in kleinen<br />

Sequenzen.<br />

Die Erkenntnisse seiner Untersuchung füllen<br />

ein Forschungsdesiderat innerhalb der Sprechwissenschaft,<br />

sind aber auch für den Praxispartner<br />

buw von Interesse. Das Unternehmen<br />

verspricht sich unter anderem Erkenntnisse<br />

darüber, ob ein Gespräch anders verläuft,<br />

wenn die Agenten im Konjunktiv sprechen<br />

oder nicht. „Für einen Außenstehenden“, so<br />

Rothe, „mag das eine komische Fragestellung<br />

sein, bei einem Vertragsabschluss ist jedoch<br />

entscheidend, was wie miteinander vereinbart<br />

wurde.“ Datenmaterial und Technik für die<br />

empirische Untersuchung hat buw gestellt.<br />

K OOPERATION NUTZT BEIDEN SEITEN<br />

Auf die Unterstützung von buw konnte Rothe<br />

auch deshalb zählen, weil seit zwei Jahren eine<br />

Kooperation besteht zwischen dem Dienstleister<br />

und der MLU. „Davon profitieren beide<br />

Seiten“, erläutert Prof. Neuber. „buw ermöglicht<br />

unseren Studierenden den Einblick in die<br />

Routinen eines Call-Centers. Gleichzeitig gibt<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

das Unternehmen Konzeptionen zur Bearbeitung<br />

ethisch-wissenschaftlicher Themen in<br />

Auftrag. Das nutzt der <strong>Uni</strong>versität, die praxisnahen<br />

Unterricht durchführen und Drittmittel<br />

einwerben kann.“<br />

Das Zusammenwirken lohnt sich offenkundig:<br />

Bislang liegen zwölf Diplomarbeiten sowie eine<br />

Bachelorarbeit zu entsprechenden Themen<br />

vor. Sind sie durch die Verzahnung mit einem<br />

Praxispartner wie buw entstanden, scheint das<br />

auch die Karriere zu fördern. Denn manch<br />

ein Student schafft „hinterher“ den schnellen<br />

Übergang von der <strong>Uni</strong> ins Berufsleben. „Dass<br />

man über ein Call-Center-Thema geschrieben<br />

hat, heißt aber nicht, dass man dort lebenslang<br />

arbeiten muss“, wirft Rothe ein. Er kann sich<br />

vorstellen, auch PR- und Kommunikationsmanager<br />

zu schulen.<br />

„Vielleicht werde ich mal umsatteln. Ich<br />

könnte mich auch zum ‚klinischen Sprechwissenschaftler‘<br />

weiterbilden lassen. Arbeitslose“,<br />

sagt er lachend, „gibt es in unserem Berufsfeld<br />

jedenfalls keine.“ Er könne doch auch<br />

promovieren? „Für den Moment reicht’s erst<br />

einmal mit dem Schreiben“, sagt er. „Andererseits<br />

hat sich der Aufwand nicht gelohnt,<br />

wenn ich es nicht mache.“<br />

■<br />

Prof. Dr. Baldur Neuber<br />

Seminar für Sprechwissenschaft und Phonetik<br />

Telefon: 0345 55-24467<br />

E-Mail: baldur.neuber@sprechwiss.uni-halle.de<br />

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F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN


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F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Gerechte Verteilung im<br />

Gesundheitswesen?<br />

MLU-Fördervereinigung (VFF) unterstützt wichtige Tagung<br />

P ETRA HOFFMANN<br />

Vor dem Hintergrund eines steigenden Bedarfs an gesundheitsökonomischer Expertise bei der<br />

Konzeption des öffentlichen Gesundheitswesens wurde im Oktober 2008 durch Hochschulprofessoren<br />

die Deutsche Gesellschaft für Gesundheitsökonomie e. V. (dggö) in Berlin gegründet.<br />

Anfang 2009 wurde Prof. Dr. Dr. Marlies Ahlert vom Fachbereich Mikroökonomie und Finanzwissenschaft<br />

der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der MLU zur Vorsitzenden<br />

des Ausschusses „Verteilung“ der dggö gewählt. Sie organisiert nun eine internationale<br />

Tagung zur Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitswesen.<br />

Die Ökonomin ist mit zwei Projekten an der<br />

DFG-Forschergruppe FOR 655 beteiligt. Die<br />

Forschergruppe setzt sich seit 2007 mit der<br />

Problematik der „Priorisierung in der Medizin“<br />

im interdisziplinären Diskurs auseinander.<br />

Die Thematik der Priorisierung bzw. Rationierung<br />

im öffentlichen Gesundheitswesen wird<br />

seit Jahren in der Öffentlichkeit diskutiert.<br />

Gefragt wird beispielsweise, wie und wo die<br />

Grenzen der Finanzierung von Versorgungsleistungen<br />

aus der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

(GKV) gezogen und nach welchen<br />

Kriterien diese knappen Ressourcen zugeteilt<br />

werden sollen. Für die politische Akzeptanz<br />

von Gesundheitspolitik ist es dabei wichtig zu<br />

erfahren, wie die Präferenzen insbesondere<br />

von potentiellen Patienten und der im medizinischen<br />

Bereich oder in Versicherungen Tätigen<br />

zur Priorisierung aussehen. Antworten auf<br />

diese Fragen versuchen die Wissenschaftler<br />

durch theoretisch-normative und empirischexperimentelle<br />

Forschung zu finden.<br />

Sowohl als Vorsitzende des Ausschusses „Verteilung“<br />

der dggö als auch als Mitglied der<br />

Forschungsgruppe organisiert der Lehrstuhl<br />

von Marlies Ahlert am 11. und 12. Dezember<br />

2009 an der MLU eine internationale und interdisziplinäre<br />

Tagung zur Verteilungsgerechtigkeit<br />

im Gesundheitswesen. Die Tagung soll<br />

ein Forum schaffen, auf dem die Mitglieder<br />

der Forschungsgruppe FOR 655 mit in- und<br />

ausländischen Wissenschaftlern sowohl ihre<br />

Forschungsergebnisse als auch neue Ansätze<br />

für die Politikberatung im Gesundheitswesen<br />

diskutieren können. „Es ist uns gelungen, zwei<br />

international hoch angesehene Wissenschaftler<br />

für Plenarvorträge zu gewinnen“, sagt Marlies<br />

Ahlert. „Professor Erik Schokkaert vom<br />

Departement of Economics der Katholischen<br />

<strong>Uni</strong>versität Leuven in Belgien und Professor<br />

Erik Nord vom Norwegian Institute of Public<br />

Health in Oslo werden am ersten Tag aus<br />

ihren gesundheitsökonomischen Forschungsgebieten<br />

vortragen und zum Problem der<br />

Priorisierung im Gesundheitswesen Stellung<br />

nehmen.“<br />

Die Tagung wird finanziell durch die DFG-<br />

Mittel der Forschergruppe FOR 655, den Allgemeinen<br />

Stiftungsfonds der MLU und die<br />

Vereinigung der Freunde und Förderer der<br />

<strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-Wittenberg<br />

e.V. (VFF) unterstützt. ■<br />

Prof. Dr. Dr. Marlies Ahlert setzt sich mit der<br />

Problematik der „Priorisierung in der Medizin“ auseinander.<br />

Foto: Norbert Kaltwaßer<br />

Prof. Dr. Dr. Marlies Ahlert<br />

Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät<br />

Mikroökonomie und Finanzwissenschaft<br />

Telefon: 0345 55-23440<br />

E-Mail: marlies.ahlert@wiwi.uni-halle.de<br />

Internet:<br />

http://finanzwissenschaft.wiwi.uni-halle.de/mitarbeiter/<br />

ahlert/index.de.php<br />

Tagung:<br />

http://finanzwissenschaft.wiwi.uni-halle.de/conference/<br />

VFF:<br />

www.vff.uni-halle.de


Zahnprothesen mit Magneten verankert<br />

Dr. Arne F. Boeckler<br />

Foto: <strong>Uni</strong>versitätsklinikum<br />

Auf Grundlage von<br />

wissenschaftlichen<br />

Studien aus der<br />

Forschungsgruppe<br />

von Dr. Arne F.<br />

Boeckler, Oberarzt<br />

der <strong>Uni</strong>versitätspoliklinik<br />

für Zahnärztliche<br />

Prothetik, hat<br />

das Deutsche Institut<br />

für Normung die<br />

DIN 13992 „MagnetischeRetentionse-<br />

lemente“ erarbeitet. Mit derartigen Magneten<br />

können herausnehmbare Prothesen an noch<br />

vorhandenen letzten Zahnwurzeln oder auch<br />

an künstlichen Zahnwurzeln, den so genannten<br />

Implantaten, lagestabil verankert werden. So-<br />

Kupfer im Kampf gegen Krankenhauskeime<br />

Türgriffe und Lichtschalter aus Kupfer sind<br />

ein wirksames zusätzliches Mittel, um die<br />

Verbreitung von gefährlichen Keimen in<br />

Krankenhäusern zu stoppen. Das ist das Ergebnis<br />

eines weltweit beachteten Feldversuchs<br />

„Antimikrobielle Kupfer-Oberflächen“, der<br />

an der Asklepios Klinik Wandsbek in Hamburg<br />

gemeinsam von dortigen Medizinern und<br />

Wissenschaftlern der MLU vorbereitet und<br />

durchgeführt wurde. Mitte Juni 2009 teilte<br />

die Klinik dieses Forschungsergebnis mit, das<br />

mit tragen sie zur Verbesserung der Kaufunktion<br />

und infolgedessen auch der Lebensqualität<br />

der Patienten bei.<br />

Für diese Verbindungselemente wurde eine<br />

einheitliche Prüfvorlage entwickelt. Weiterhin<br />

konnte im Vergleich der von ihrer Bauart sehr<br />

unterschiedlichen Magnete gezeigt werden,<br />

dass neuartige Magnete trotz ihrer kleinen und<br />

vorteilhaften Baugröße eine ausreichende Haltekraft<br />

aufweisen.<br />

Für ihre Forschungsergebnisse wurde die<br />

Gruppe um Dr. Boeckler von der Deutschen<br />

Gesellschaft für Implantologie im Zahn-,<br />

Mund- und Kieferbereich (DGI) sowie der<br />

Zeitschrift für Zahnärztliche Implantologie für<br />

den besten wissenschaftlichen Artikel des vergangenen<br />

Jahres ausgezeichnet.<br />

J. M.<br />

jetzt beim Kampf gegen Antibiotika-resistente<br />

Bakterien (MRSA) eine zentrale Rolle spielt.<br />

MLU-Forscher haben über einen längeren<br />

Zeitraum regelmäßig Proben genommen und<br />

die Anzahl der Keime auf den verschiedenen<br />

Kontaktflächen verglichen. Der gewünschte<br />

Effekt trat dabei insbesondere bei den Türklinken<br />

auf. So ließ sich unter Alltagsbedingungen<br />

nachweisen, dass die Zahl der Antiobiotikaresistenten<br />

Bakterien etwa um ein Drittel verringert<br />

wurde.<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Funktion durch Vielfalt<br />

Auf 60 Hektar entsteht in Xingangshan im<br />

Osten Chinas ein neuer Wald. 96 heimische<br />

Pflanzenarten und insgesamt mehr als eine<br />

halbe Million Bäume und Sträucher werden<br />

die Gärtner in die Erde setzen. Es handelt<br />

sich um das größte Biodiversitäts-Experiment<br />

der Welt. Mit von der Partie ist der hallesche<br />

Geobotanik-Professor Helge Bruelheide. Die<br />

Wissenschaftler interessiert vor allem eines:<br />

Welchen Effekt hat die biologische Vielfalt<br />

– die Biodiversität – auf die Funktionen und<br />

Abläufe in einem Waldökosystem?<br />

Pionierarbeit leisten die Forscher auch in der<br />

Vermittlung des Projekts: Interessierte können<br />

den Fortgang in bewegten Bildern mitverfolgen,<br />

beim DFG Science TV:<br />

www.dfg-science-tv.de<br />

C. H.<br />

„Auf den Kupferoberflächen fanden sich im<br />

Vergleich zu den Kontrolloberflächen, also<br />

den herkömmlichen Türgriffen, Türplatten und<br />

Lichtschaltern, nur 63 Prozent der Keime“,<br />

sagt Prof. Dr. Dietrich H. Nies, Direktor des<br />

Instituts für Biologie an der MLU und Spezialist<br />

für Biometallstoffwechsel. „Außerdem<br />

hat sich in der Praxis gezeigt, dass Kupfer die<br />

Neubesiedlung der Oberflächen mit Keimen<br />

wesentlich reduziert.“<br />

U. O.<br />

Klinke bei der<br />

Probennahme,<br />

Foto: © Asklepios<br />

Kliniken Hamburg<br />

29<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN


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F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Stillgestanden!<br />

Biologen klären Rolle eines Enzyms für die Stabilität von Genomen<br />

C ARSTEN HECKMANN<br />

Wenn Genome instabil werden, können Krankheiten wie Krebs entstehen. Daher ist es wichtig, Stabilitätsfaktoren zu kennen. Einer Forschergruppe<br />

um den MLU-Biologen Professor Gunter Reuter ist es gelungen, Prozesse aufzuklären, die in Körperzellen ein Stilllegen mobiler Elemente<br />

kontrollieren. Ihre Anschauungsobjekte: Taufliegen.<br />

Die Farben der Fliegenaugen führten zu den entscheidenden Erkenntnissen. Abbildung: Arbeitsgruppe<br />

Entwicklungsgenetik<br />

Der direkte Vergleich: Tauflien-Augen – Wildtyp-Kontrolle (l., heller) und DNMT2-Mutante. In der Nähe<br />

des Insertionsortes des white-Gens (für rote Augen notwendig) ist ein Stilllegungsmechanismus aktiv. Rote<br />

Mutanten-Augen zeigen: Das Gen wirkt im Wildtyp an dem Mechanismus mit. Abbildung: Arbeitsgruppe<br />

Entwicklungsgenetik<br />

Dass Enzyme für den Organismus wichtig<br />

sind, vermag auch ein Laie zu verstehen. Ohne<br />

sie würden zum Beispiel wichtige Prozesse<br />

im Stoffwechsel nicht funktionieren. Was aber<br />

hat es mit dem DNMT2-Enzym auf sich? Eine<br />

schwierige Frage, selbst für Biologen.<br />

Und das, obwohl dieses Enzym evolutionär<br />

besonders hoch konserviert ist und sowohl im<br />

Menschen zu finden ist als auch in Amöben.<br />

Mäusen und Fliegen. Seine Funktionsweise<br />

stellte bislang ein Mysterium dar.<br />

Der hallesche Entwicklungsgenetiker Gunter<br />

Reuter und sein Team haben ein wenig Licht<br />

ins Dunkel gebracht – und ihre Ergebnisse<br />

inzwischen im Fachmagazin „Nature Genetics“<br />

veröffentlicht. „In einer Zelle finden sich<br />

bekanntlich alle Gene, die der Mensch besitzt.<br />

Allerdings muss in jeder Zelle genau das Gen<br />

aktiv werden, das an dieser Stelle zu diesem<br />

Zeitpunkt gebraucht wird“, erläutert Reuter.<br />

„Alle anderen Gene müssen stillgehalten werden.<br />

Dafür sorgt unter anderem das DNMT2-<br />

Enzym, indem es eine Strukturveränderung<br />

der DNA hervorruft.“<br />

Dass das Enzym tatsächlich die DNA-Modifizierung<br />

kontrolliert und welche Reaktionsfolge<br />

dabei abläuft, konnten die MLU-Forscher<br />

erstmals nachweisen und beschreiben.<br />

In einem kleinen Labor im Biologicum versammelten<br />

sie dazu hunderte kleine Helferlein:<br />

Taufliegen. Zwischen dem Säugetier-<br />

Enzym und jenem der Drosophila (Taufliege)<br />

gibt es nämlich nur geringe Unterschiede.<br />

G EFLECKTE AUGEN<br />

„In den Fliegen konnten wir das Enzym deaktivieren<br />

und anschließend Bereiche identifizieren,<br />

in denen normalerweise die Stilllegungen<br />

ablaufen“, erklärt Gunter Reuter. „Wenn unter<br />

dem Mikroskop beispielsweise gefleckte Augen<br />

zu erkennen waren, wussten wir: In der<br />

Nähe passiert es.“<br />

Fällt die Reaktion zur Stilllegung aus, hat dies<br />

enorme Konsequenzen für die Stabilität des<br />

Genoms. „Mobile Elemente werden dann extrem<br />

aktiv, und es gehen zum Beispiel ganze<br />

Chromosomen verloren“, sagt Doktorand Olaf<br />

Nickel. „Wir haben somit einen wichtigen<br />

Einblick in die molekularen Prozesse erhalten,<br />

die für die Stabilität der Genome höherer Organismen<br />

verantwortlich sind.“


SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Der erfolgreiche hallesche Biologe Gunter Reuter und sein Doktorand Olaf Nickel betrachten Taufliegen, in denen sie das DNMT2-Enzym deaktivieren konnten.<br />

Foto: Maike Glöckner<br />

Es gebe noch andere Stilllegungsprozesse,<br />

erklärt Gunter Reuter, eine gegenseitige Kompensation<br />

sei möglich. „Diese Komplexität zu<br />

verstehen, ist entscheidend, weitere Schritte<br />

müssen dazu folgen.“<br />

Mit seinen Kollegen will Reuter nun das<br />

menschliche DNMT2-Enzym künstlich an bestimmte<br />

Gene der Drosophila koppeln. „Die<br />

Frage lautet: Wird das entsprechende Gen<br />

stillgelegt?“<br />

Die Rolle dieses wichtigen Enzyms bei unterschiedlichen<br />

zellulären Prozessen in verschiedenen<br />

Organismen wollen insgesamt acht<br />

Wissenschaftler-Teams aus Deutschland und<br />

Israel analysieren, die sich zu einer Forschergruppe<br />

zusammengefunden haben. Sprecher<br />

der Gruppe ist Prof. Dr. Wolfgang Nellen von<br />

der <strong>Uni</strong>versität Kassel. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

fördert das Projekt über<br />

drei Jahre hinweg mit rund 1,5 Mio. Euro. ■<br />

Prof. Dr. Gunter Reuter<br />

Leiter der Arbeitsgruppe Entwicklungsgenetik<br />

Telefon: 0345 55-26300<br />

E-Mail: gunter.reuter@genetik.uni-halle.de<br />

31<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN


32<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Magdeburger Dom gibt Geheimnisse preis<br />

MLU-Forscher begleiten erfolgreichen Ausgrabungsprozess<br />

U TE OLBERTZ<br />

Das 800-jährige Jubiläum des Doms zu Magdeburg lenkt in diesem Jahr besonders das Augenmerk der Öffentlichkeit<br />

auf den einzigartigen Sakralbau in der Elbestadt. Er überdauerte mehrfache Zerstörungen Magdeburgs<br />

und prägt bis heute die Silhouette der Stadt. Anfang Oktober lockte das internationale Kolloquium „Der Magdeburger<br />

Dom im europäischen Kontext“ renommierte Wissenschaftler der ganzen Welt nach Magdeburg. Nicht zuletzt<br />

gibt es bedeutende wissenschaftliche Publikationen, die zum Kolloquium erschienen sind oder deren Druck<br />

bevorsteht. Sie zeugen von spektakulären Grabungsergebnissen. In großem Umfang beteiligt war das Institut für<br />

Kunstgeschichte und Archäologien Europas.<br />

Die Nordseite des Magdeburger Doms. Foto: Dr. Heiko Brandl<br />

„Die größte im ausgehenden Mittelalter vollendete<br />

Kirche in Deutschland birgt zahlreiche<br />

unvorstellbare Schätze, die für die Forschung<br />

interessant sind“, sagt Prof. Dr. Wolfgang<br />

Schenkluhn. Unter Mitwirkung des Instituts<br />

für Kunstgeschichte und Archäologien Europas<br />

der MLU fanden im Laufe der Jahre<br />

umfangreiche Grabungen im und am Dom<br />

statt. Unter anderem gab es spektakuläre Gräberfunde,<br />

die ausgiebig dokumentiert wurden.<br />

Die zum Dom-Jubiläum voraussichtlich im<br />

November erscheinende archäologische Publikation<br />

„Aufgedeckt II“ stellt in Wort und Bild<br />

das Grabungsgeschehen seit 2006 bis zum<br />

Fund des Sargs mit den mutmaßlichen Gebeinen<br />

der mittelalterlichen Königin Editha dar.<br />

Eine Aufarbeitung der Grabungsergebnisse<br />

und eine Reihe von Skizzen runden die Publikation<br />

ab.<br />

Außerdem enthält der Band eine DVD mit<br />

einer filmischen Dokumentation der gesamten<br />

Grabung, die unter Leitung von Prof. Dr.<br />

Gerhard Lampe vom Institut für Medien- und<br />

Kommunikationswissenschaften der MLU<br />

angefertigt wurde (Ausschnitte daraus sind ab<br />

November im Onlinemagazin zu sehen unter:<br />

www.unimagazin.uni-halle.de).<br />

Internationales Kolloquium<br />

„Der Magdeburger Dom im europäischen Kontext“<br />

– unter diesem Motto stellten vom 1. bis 4. Oktober<br />

internationale Forscher aus diversen Disziplinen<br />

in Magdeburg ihre Ergebnisse im Kaiser-Otto-<br />

Saal des Kulturhistorischen Museums Magdeburg<br />

zur Diskussion. Die Themen des Kolloquiums<br />

umfassten historische, theologische, bau- und<br />

kunstgeschichtliche ebenso wie archäologische und<br />

denkmalpflegerische Fragestellungen. Das Europäische<br />

Romanik Zentrum e. V. und das Institut<br />

für Kunstgeschichte und Archäologien Europas der<br />

MLU organisierten die Tagung. Das Landesamt<br />

für Denkmalpflege und Archäologie sowie die<br />

Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt<br />

unterstützten sie. Die Ergebnisse werden in der<br />

Schriftenreihe des Europäischen Romanik Zentrums<br />

„More Romano“ erscheinen.<br />

„Die Grabungen am spätromantisch-gotischen<br />

Dom zu Magdeburg unter dem Archäologen<br />

Rainer Kuhn sind unglaublich erfolgreich“,<br />

so Schenkluhn weiter. „Dazu gehören neben<br />

umfangreichen antiken Funden verschiedene<br />

Bischofsgräber ebenso wie die Entdeckung<br />

von Resten der Mauern des Vorgängerbaus,<br />

die Aufschluss über diesen vorgotischen Dom<br />

geben.“<br />

So treffen die Forscher anhand der Funde<br />

Aussagen zum Grundriss, zur Datierung und<br />

zur Ausstattung der ottonisch-romanischen<br />

Südkirche unter dem heutigen Dom und können<br />

eventuell noch ältere Vorgängerbauten<br />

nachweisen.<br />

Eine neunköpfige interdisziplinäre Arbeitsgruppe<br />

begleitet und berät unter Schenkluhn<br />

den Ausgrabungsprozess. Zur vollständigen<br />

wissenschaftlichen Auswertung der Grabung<br />

einschließlich des Editha-Fundes wird es ein<br />

DFG-Projekt geben, das mindestens fünf Jahre<br />

laufen wird. Nach bisherigen Erkenntnissen<br />

– so teilte kürzlich das Landesamt für Denkmalpflege<br />

und Archäologie in Halle


mit – spreche nichts dagegen, dass es sich tatsächlich<br />

um die Gebeine der Königin Editha<br />

handelt. Nach der Rückkehr des Sargs sollen<br />

auch sie bis Ende des Jahres nach Magdeburg<br />

umgebettet werden.<br />

I NVENTARISIERUNG DES DOMS<br />

Der von Kaiser Otto dem Großen begründete<br />

Dom wurde nach einem Brand 1207 durch<br />

einen vollständigen Neubau ersetzt, dessen<br />

Architektur und Bildwerke eindrucksvoll den<br />

Übergang zur Gotik dokumentieren. Erzbischof<br />

Dietrich vollzog 1363 die feierliche<br />

Schlussweihe der Domkirche, und die zweitürmige<br />

Westfassade wurde 1520 unter Kardinal<br />

Albrecht von Brandenburg übergeben.<br />

Damit wurde nach einer etwa dreihundertjährigen<br />

Bauzeit der Dom vollendet.<br />

„Trotz wiederholter Anläufe blieb allerdings<br />

das Dom-Inventar ein Desiderat der Forschung“,<br />

sagt Schenkluhn. So stellte sich der<br />

Magdeburger Dom als einzige ehemalige<br />

erzbischöfliche Kathedrale des Mittelalters in<br />

Deutschland ohne Inventar dar. „Ein wissenschaftlich<br />

fundiertes Inventar ist jedoch auch<br />

eine wesentliche Voraussetzung zur Aufnahme<br />

des Magdeburger Doms in die Weltkulturerbe-<br />

Liste der UNESCO, die durch das Land weiterhin<br />

angestrebt wird“, so Schenkluhn.<br />

Vor diesem Hintergrund schlossen im Januar<br />

2005 die Stiftung Dome und Schlösser in<br />

Sachsen-Anhalt, das Landesamt für Denkmalpflege<br />

und Archäologie und das Institut für<br />

Kunstgeschichte und Archäologien Europas<br />

der MLU einen Kooperationsvertrag mit dem<br />

Ziel, zum 800-jährigen Domjubiläum im Jahre<br />

2009 der Öffentlichkeit ein Großinventar zum<br />

Magdeburger Dom vorzulegen.<br />

Unter Schenkluhns Leitung wurde dazu ein<br />

Drittmittelprojekt „Inventarisierung des Mag-<br />

Törichte Jungfrau<br />

Foto: Dr. Heiko Brandl<br />

Der Bleisarg der Editha mit<br />

Inschrift auf dem Deckel.<br />

Foto: © Landesamt für<br />

Denkmalpflege und Archäologie<br />

Sachsen-Anhalt, Juraj Lipták<br />

deburger Doms 2005–2009“ am Institut für<br />

Kunstgeschichte eingerichtet. Hauptbearbeiter<br />

sind Dr. Heiko Brandl und Dr. Christian Forster.<br />

Zum Jahresende nun soll diese umfangreiche<br />

Publikation erscheinen. Das rund 800<br />

Seiten umfassende und reich bebilderte Werk<br />

„Aufbruch in die Gotik“<br />

Noch bis zum 6. Dezember 2009 ist im Magdeburger<br />

Kulturhistorischen Museum die Schau „Aufbruch<br />

in die Gotik – Der Magdeburger Dom und die späte<br />

Staufferzeit“ mit wissenschaftlichen Vorträgen<br />

und Präsentation der Ergebnisse der Domgrabungen<br />

2006–2009 zu sehen. Gezeigt wird in der Ausstellung<br />

auch der Sarkophag der Editha.<br />

Eine der fünf Klugen Jungfrauen im Dom aus dem<br />

13. Jahrhundert. Foto: Dr. Heiko Brandl<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

wird von der Fachöffentlichkeit mit Spannung<br />

erwartet. Die Inventarliste beschreibt Ausstattung<br />

und Architektur des Doms. Mehr als<br />

1000 Einzelprojekte sind erfasst, darunter die<br />

berühmten Jungfrauen, 50 bis 60 Skulpturen,<br />

mehrgeschossige Epitaphien, drei Orgeln, acht<br />

Glocken, die Krypta, der Fußboden, 18 Altäre<br />

und etwa 150 Grabplatten im Kreuzgang und<br />

Kreuzhof.<br />

„Die Publikation orientiert sich an der klassischen<br />

Ordnung der Großinventare, wird<br />

jedoch im Einzelnen darüber hinausgehen“,<br />

erklärt Dr. Brandl. Beabsichtigt sei nicht allein<br />

ein baukundliches Quellen- und Nachschlagewerk,<br />

sondern eine Denkmal-Monographie,<br />

die dargebotene Fakten auswertet und den<br />

vorliegenden Kenntnisstand umfassend wissenschaftlich<br />

bearbeitet. „Dazu gehört auch<br />

eine detaillierte Analyse, kunsthistorische Einordnung<br />

und Würdigung des jeweiligen Objekts“,<br />

so Brandl.<br />

Zu den gegenwärtigen archäologischen Grabungen<br />

im und am Dom unter Leitung von<br />

Rainer Kuhn besteht im Rahmen der Forschergruppe<br />

ein enger fachlicher Austausch. Sie<br />

sind jedoch nicht Bestandteil des Inventarprojekts.<br />

Vor allem liegt in der Gesamtschau auf<br />

den Magdeburger Dom im Zusammenhang<br />

mit den Neufunden ein gewisser Reiz. Auf<br />

diese Weise ist es möglich, bislang unberücksichtigte<br />

Zusammenhänge aufzudecken.<br />

■<br />

Prof. Dr. Wolfgang Schenkluhn<br />

Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas<br />

Telefon: 0345 55-24310<br />

E-Mail: wolfgang.schenkluhn@kunstgesch.uni-halle.de<br />

Internet: www.kunstgesch.uni-halle.de<br />

33<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN


34<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

(Fach-)Literaturfabrik <strong>Uni</strong>versität<br />

Lese-Empfehlungen querbeet<br />

ı... ZUM TOD DURCH ERSCHIESSEN„<br />

Das schlimmstmögliche Urteil, mit dem oppositionelle<br />

<strong>Uni</strong>versitätsangehörige in den frühen<br />

50er Jahren zu rechnen hatten. Vollstreckt<br />

wurde es, nach Denunziation und Verhaftung<br />

in der DDR, in Moskau an einem Sportlehrer<br />

und an einem Slawistikstudenten der halleschen<br />

<strong>Uni</strong>versität. Andere Unangepasste und<br />

Widerständige wurden, manche für Jahrzehnte,<br />

in Gefängnisse, Zuchthäuser und Arbeitslager<br />

verschleppt. Kaum einer, der nicht<br />

Schaden an Leib und Seele genommen hätte<br />

– sogar jene, die später im Westteil des Landes<br />

ein äußerlich normales und vielleicht sogar erfolgreiches<br />

Leben zu führen vermochten. Zwei<br />

Studenten starben 1950 in den ostdeutschen<br />

Haftanstalten Untermaßfeld und Torgau, ein<br />

Assistenzarzt und ein Pädagogikdozent 1949<br />

und 1951 in sowjetischer Haft.<br />

Der Mediziner Horst Hennig aus Köln, selbst<br />

viele Jahre im berüchtigten Lager Workuta<br />

jenseits des Polarkreises inhaftiert, und die<br />

Wissenschaftshistorikerin Sybille Gerstengarbe<br />

haben in langwieriger und akribischer<br />

Kleinarbeit eine einzigartige Dokumentation<br />

zusammengestellt, die „Opposition, Widerstand<br />

und Verfolgung“ von Angehörigen aller<br />

Statusgruppen der <strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

zwischen Kriegsende und Mauerbau belegt.<br />

Am 7. Juli 2009 wurde das Buch vom Leipziger<br />

(!) <strong>Uni</strong>versitätsverlag und von den Autoren<br />

erstmals öffentlich vorgestellt. Und obgleich<br />

jene schrecklichen Ereignisse zum Teil<br />

mehr als ein halbes Jahrhundert zurückliegen,<br />

war der Hörsaal XXIII im Auditorium maximum<br />

bis auf den letzten Platz gefüllt.<br />

<strong>Uni</strong>versitätsrektor Wulf Diepenbrock und der<br />

Altpräsident der Leopoldina Benno Parthier<br />

hoben in Grußworten die „Meinungsfreiheit“<br />

und die uneingeschränkte Möglichkeit, sich<br />

zur Wahrheit zu bekennen, als wichtigste Kriterien<br />

freiheitlichen Lebens und Wirkens hervor;<br />

vor allem an <strong>Uni</strong>versitäten, Hochschulen<br />

und Akademien für eine blühende und Früchte<br />

tragende scientific community unverzichtbar.<br />

Doch dieses Grundrecht wurde in der DDR<br />

verstümmelt und unterdrückt, wer es dennoch<br />

einfordern wollte, war härtesten Repressalien<br />

ausgesetzt.<br />

Anhand umfangreicher Nachforschungen in<br />

den Archiven der MLU und der Leopoldina<br />

sowie durch Kontakte zu den russischen Militärarchiven<br />

in Moskau und Podolsk gelang<br />

es den Autoren, ein nahezu lückenloses Bild<br />

des auch an der halleschen <strong>Uni</strong>versität perfekt<br />

funktionierenden, perfiden Systems der<br />

Bespitzelung, Denunziation, Gleichschaltung<br />

und Ausschaltung zu zeichnen. Gespräche mit<br />

Zeitzeugen – viele sind es nicht mehr – trugen<br />

dazu bei, manche Vorgänge sehr detailliert<br />

darstellen zu können. Einzelne Schicksale wie<br />

die des Sportlehrers Helmut Huwe, des Slawistikstudenten<br />

Herbert Schönmuth, des Studentenpfarrers<br />

Johannes Hamel oder des Geologen<br />

Hans Gallwitz beeindrucken tief.<br />

Der Essay „Wie kommt ein Student [...] nach<br />

Workuta?“ (Seiten 144–190) ist in einigen<br />

Passagen von so schauerlicher Intensität, dass<br />

selbst jenen, die vielleicht wirklich von nichts<br />

etwas gewusst oder geahnt haben mögen, ein<br />

düsteres Licht aufgegangen sein muss über<br />

den wahren Charakter des „sozialistischen Lagers“,<br />

in dem sie bis zur Wende lebten.<br />

Vor dem Vorwort heißt es: „Dieses Buch ist<br />

den Opfern aller Diktaturen gewidmet.“ Dies<br />

bei der Lektüre bedenkend, kann dieses publizistische<br />

Projekt als Wegzeichen im Bemühen<br />

um eine menschlich(er)e Gesellschaft gar<br />

nicht hoch genug geschätzt werden.<br />

Margarete Wein<br />

� Sybille Gerstengarbe und Horst Hennig:<br />

Opposition, Widerstand und Verfolgung an der <strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

Halle-Wittenberg 1945�1961. Eine Dokumentation.<br />

Leipzig 2009, 750 Seiten, 39,00 Euro, ISBN:<br />

9783865832627<br />

A B SOFORT ıSINTI- UND-ROMA-BARON„?<br />

Natürlich ist die Überschrift nicht erstgemeint<br />

– wie auch ein besorgter Vater, der seine halbwüchsige<br />

Tochter bittet, sie möge „nicht wieder<br />

bis in die Nacht hinein herumzigeunern“<br />

nicht unbedingt ein Neonazi ist. Aber man<br />

muss das hinterfragen dürfen, um nachfolgende<br />

Generationen für bewussten Umgang<br />

mit der Sprache sensibilisieren, damit sie imstande<br />

sind, sprachliche Feinheiten und Gemeinheiten<br />

als solche zu erkennen und ggf. zu<br />

vermeiden.<br />

Die wichtigste Lektüre in diesem Kontext ist<br />

und bleibt Victor Klemperers „LTI“ (Lingua<br />

Tertii Imperii), das bald nach Kriegsende 1947<br />

publiziert und jahrzehntelang in ganz Deutschland<br />

gelesen wurde (15. Auflage 1996 in Leipzig<br />

und 2004 in Frankfurt am Main).<br />

Das jüngste Opus zum Thema stammt von<br />

Thorsten Eitz und Georg Stötzel und erschien<br />

2007 und 2008 als zweibändiges „Wörterbuch<br />

der ‚Vergangenheitsbewältigung’“. Die Frage,<br />

ob sich Vergangenheit jemals „bewältigen“<br />

lässt, soll hier nicht erörtert werden. Aber was<br />

die Autoren, zwei Düsseldorfer Germanisten,<br />

mittels genauester Recherchen zusammentrugen,<br />

ist erschreckend genug. Die Lektüre<br />

erscheint weder leicht noch bequem: wer<br />

im Inhalt nicht nur den wissenschaftlichen<br />

Forschungsgegenstand sieht, mag schlaflose<br />

Nächte haben.<br />

Nur auf den ersten Blick verblüfft, dass im<br />

fast 800 Seiten starken ersten Band nicht<br />

mehr als 40 Stichwörter vorkommen; in deren<br />

Umfeld jedoch gibt es rund 1000 „diskursrelevante<br />

Vokabeln“, die ein gesonderter Index


erfasst. Die Vielfalt der Nachweise, von 1945<br />

bis in die Gegenwart, der „nationalsozialistisch<br />

kontaminierten Begriffe“ – „Auschwitz“,<br />

„Endlösung“, „Gleichschaltung“ etc. pp. –<br />

macht klar, dass das Problem als solches auch<br />

nach mehr als 60 Jahren fortbesteht.<br />

Auch der zweite Band analysiert über 1000<br />

Vokabeln, die 24 Themenbereichen zugeordnet<br />

sind, darunter Gaskammer/vergasen/<br />

Vergasung, Jude, Kriegsverbrecher, Nestbeschmutzer,<br />

Rasse/Rassismus/Herrenrasse, Revanchismus,<br />

Täter, Opfer, Zigeuner.<br />

Die Verwendung aller jeweils am Ende des<br />

Kapitels nochmals zusammengefassten Beleg-<br />

und Stichwörter zeigt die Vielfalt der<br />

mit ihrem Gebrauch verbundenen historisch<br />

bedingten oder gewachsenen, realen, (un-)vermuteten<br />

oder potenziellen Schwierigkeiten<br />

auf. Fast 100 Seiten am Ende bieten für weitergehend<br />

interessierte Leser eine sehr umfangreiche<br />

Bibliographie, ein Verzeichnis der<br />

Abkürzungen sowie wiederum einen Index<br />

des diskursrelevanten Vokabulars.<br />

Margarete Wein<br />

� Torsten Eitz, Georg Stötzel:<br />

Wörterbuch der ıVergangenheitsbewältigung„. Die NS-Vergangenheit<br />

im öffentlichen Sprachgebrauch. Band 1: Hildesheim<br />

2007, 786 Seiten, 32,00 Euro, ISBN: 9783487133775;<br />

Band 2 (unter Mitarbeit von Katrin Berentzen und Reinhild<br />

Frenking): Hildesheim 2009, 694 Seiten, 32,00 Euro, ISBN:<br />

9783487138817<br />

T OPF-OPFER IM KNAST<br />

<strong>Martin</strong> Held – ein verpflichtender Name. Einer,<br />

dessen Träger sich nicht widerspruchslos<br />

als „verrückt“ einstufen lässt. Dabei spielt<br />

es keine Rolle, ob die Eigenschaften, die der<br />

Protagonist sich selber zuschreibt, zutreffen<br />

oder nicht. Er hält sich für sehr „naiv oder<br />

cholerisch“; Meinungen anderer nimmt er gelassen<br />

hin: „selbstherrlich, blöd, überheblich,<br />

treulos und egoistisch [...] blauäugig [...] undankbar“<br />

oder aber „ein fröhlicher und gutmütiger<br />

Mensch“. Zweierlei jedoch weist er entschieden<br />

zurück: „allgemeingefährlich war ich<br />

noch nie. Oder verrückt.“ Wie er wirklich ist,<br />

weiß der Leser auch nach knapp 200 Seiten<br />

nicht genau, aber eine Reihe anderer Fragen<br />

werden von Autor Kurt Wünsch (1971 bis<br />

1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter der MLU<br />

im Bereich Mathematik/Informatik) aufgeworfen<br />

und manche sogar beantwortet.<br />

An erster Stelle: Hat der Held die Ilona Tressin<br />

vergewaltigt oder nicht? Falls ja, läge es<br />

ja durchaus in seinem Interesse, wenn es der<br />

psychologischen Gutachterin, Frau Dr. Viola<br />

Fest gelänge, das Gericht von seiner gestörten<br />

Persönlichkeitsstruktur zu überzeugen. Falls<br />

nein, müsste man Erfolg vielmehr dem mit<br />

zweifelhaften Methoden operierenden Rechtsbeistand<br />

des Beschuldigten wünschen, der<br />

dessen Unschuld beweisen will.<br />

Dann sind da noch der Praktikant Rolf Stei-<br />

nicke sowie die beiden Mitgefangenen in der<br />

Untersuchungshaftanstalt, Gottlieb Fuchs,<br />

genannt Petrus, und Karl Heinz Schreiber<br />

alias Kanne. In vielen Gesprächen mit diesen<br />

dreien erfährt „Bruder <strong>Martin</strong>“ manch Wissenswertes<br />

über das deutsche Rechtssystem im<br />

Allgemeinen und seine eigenen Chancen im<br />

Besonderen. Er seinerseits erzählt ihnen lang<br />

und breit die Vorgeschichte seines Dilemmas<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

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NEU<br />

Faszination Oper<br />

Zum<br />

Händel-Jahr<br />

Silke Leopold<br />

Händel<br />

Die Opern<br />

324 S.; geb. mit<br />

Schutzumschlag<br />

978-3-7618-1991-3<br />

€ 39,95 / CHF 71.90<br />

Silke Leopold geht der Frage nach, wie Händels<br />

Opern in damaliger Zeit wahrgenommen wurden<br />

und warum diese Werke das heutige Publikum so<br />

begeistern. Die Autorin behandelt Händels Musik<br />

und seine Fähigkeit, den handelnden Personen in<br />

ihren Arien und Ensembles einen unverwechselbaren<br />

Charakter zu verleihen, sie als Menschen,<br />

nicht als typisierte Figuren erscheinen zu lassen.<br />

Er entlockt ihnen ihre Geheimnisse, ohne sie zu<br />

denunzieren. – Das Buch enthält außerdem ein<br />

Lexikon aller Händel-Opern mit ausführlichen Angaben<br />

zur Besetzung, zur Stoffgeschichte und zum<br />

Inhalt.<br />

»Das Handbuch ... ist glänzend<br />

geschrieben, bestechend argumentiert,<br />

die Ästhetik der Opera seria<br />

meisterhaft rekonstruierend …«<br />

(ZEIT Literatur)<br />

Bärenreiter<br />

www.baerenreiter.com<br />

und versucht vergeblich ihnen klarzumachen,<br />

dass er keinesfalls in die Schwarzwaldklinik<br />

für psychische Rehabilitation in Waldesruh<br />

bei Schwarzau eingewiesen werden möchte,<br />

sondern so schnell wie möglich und als freier<br />

Mann zu seiner Flamme Steffi zurückkehren<br />

will – ehe sie ihm womöglich noch sein<br />

Freund Norbert vor der Nase wegschnappt.<br />

Doch obwohl das Gericht die von der etwas<br />

hilflosen Psychologin beschworene, nachhaltig<br />

verheerende Wirkung gemeinsamen Topfsitzens<br />

der Knirpse in DDR-Kinderkrippen<br />

bezweifelt, wird <strong>Martin</strong> Held verurteilt und<br />

muss zu Professor Piepenbrink nach Waldesruh<br />

– wo ihn nach den veralteten Psychotests<br />

der Frau Fest moderne gruppentherapeutische<br />

Maßnahmen von Dr. Leinewand sowie Silvi<br />

und die liebestolle Katharina erwarten.<br />

Endlich, auf Seite 176, wird dem erleichterten<br />

Leser mitgeteilt: Ilona wurde in Brüssel als<br />

Trickbetrügerin entlarvt und verhaftet. Also<br />

Ende gut, alles gut. Wirklich? Das neue Projekt<br />

der nachwendegebeutelten Freunde des<br />

Helden Held ist eine Bettentauschzentrale.<br />

Und lauert da nicht (sobald diese Pleite gegangen<br />

sein wird) schon wieder Waldesruh oder<br />

– schlimmer noch – Prof. Piepenbrinks geplante<br />

Seestern-Dependance in Meck-Pomm?<br />

Margarete Wein<br />

� Kurt Wünsch:<br />

Ich bin doch nicht verrückt, Frau Doktor. Satirischer Roman,<br />

Halle 2009, 192 Seiten, 9,90 Euro, ISBN: 978-3-89812-<br />

606-9<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />

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36<br />

F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

360 Grad studentisch<br />

Studierende publizieren ihre wissenschaftlichen Arbeiten<br />

S ILVIO KISON<br />

Wissenschaftlich zu arbeiten und zu schreiben – das ist es, was Studierende an einer <strong>Uni</strong>versität<br />

in jedem einzelnen Fach vermittelt bekommen. Am Ende stehen dann Haus-, Seminar- und Abschlussarbeiten.<br />

Die meisten davon verschwinden in den Regalen der <strong>Uni</strong>versität. Doch immer<br />

mehr Studierenden ist es ein Bedürfnis, ihre Werke einem breiteren Publikum vorzustellen.<br />

Christian Dietrich, Magisterstudent der Soziologie,<br />

Zeitgeschichte und Politikwissenschaft,<br />

stand am Ende seiner Magisterarbeit im Fach<br />

Soziologie vor der Frage: Wohin will ich mit<br />

meiner Arbeit? „Bei einer der ersten Besprechungen<br />

mit meinem Betreuer fiel meine<br />

Aufmerksamkeit sofort auf einen Stapel von<br />

Diplom- und Magisterarbeiten in seinem Büro.<br />

Ich stellte mir die Frage, ob ich mit meiner<br />

Arbeit ebenfalls in diesem Stapel verstauben<br />

möchte“, berichtet der MLU-Absolvent.<br />

Seine Antwort war „nein“, und so beschäftigte<br />

er sich bereits während des Schreibens mit<br />

den Möglichkeiten einer eigenen Publikation.<br />

Am Ende schaffte er es. Seine Magisterarbeit<br />

ist in diesem Jahr beim ibidem-Verlag in<br />

Stuttgart unter dem Titel „Tote und Tabu. Zur<br />

Tabuisierungsschwelle und (kommunikativen)<br />

Verbreitung des Antisemitismus in Deutschland“<br />

erschienen.<br />

Immer mehr Verlage bieten gerade für interessante<br />

und gut ausgearbeitete Abschlussarbeiten<br />

die Möglichkeit an, diese zu veröffentlichen.<br />

Um den richtigen Verlag zu<br />

finden, muss man oft nicht einmal in die<br />

Ferne schweifen. Zum Beispiel der in Halle<br />

ansässige Mitteldeutsche Verlag veröffentlicht<br />

bereits seit einigen Jahren vermehrt auch studentische<br />

Schriften.<br />

„Studierende sind prinzipiell genauso veröffentlichungswürdig<br />

wie andere Bewerber“, so<br />

Dr. Kurt Fricke, Lektor beim Mitteldeutschen<br />

Verlag. „Bei den eingesendeten Manuskripten<br />

legen wir vor allem Wert auf eine gelungene<br />

Umsetzung des Themas. Allerdings schauen<br />

wir bei studentischen Texten etwas genauer<br />

hin als bei Professoren. Bei einem Experten<br />

neigen wir natürlich eher dazu, den Ergebnissen<br />

seiner Studie zu vertrauen, wohingegen<br />

wir bei studentischen Einsendungen die Thesen<br />

genauer hinterfragen müssen.“<br />

Wem die Arbeit an einem Buch dann doch<br />

etwas zu weit geht, der findet gerade in den<br />

Geisteswissenschaften oft <strong>Magazin</strong>e, die von<br />

Studierenden herausgegeben werden und als<br />

erste Plattform für den wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs gelten. Eines ist das Journal<br />

360°, das einmal im Semester erscheint und<br />

bereits seit 2006 als Wissenschaftsjournal<br />

aus Studentenhand erfolgreich publiziert und<br />

deutschlandweit gelesen wird. Studierende<br />

aller Fachrichtungen können Texte einreichen.<br />

Kleinere Brötchen backen dagegen noch die<br />

Redakteure des Soziologiemagazins, das am<br />

12.10.2007 auf dem ersten studentischen Soziologiekongress<br />

in Halle gegründet wurde. Die<br />

erste Printausgabe erschien im Oktober 2008.<br />

Die nächste soll im Oktober dieses Jahres mit<br />

dem Thema „Gemeinschaft und Gesellschaft<br />

– Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft<br />

soziologischer Erkenntnis“ zeitgleich zum<br />

zweiten Studentischen Soziologiekongress in<br />

München vorliegen.<br />

Ähnlich wie beim Journal 360° geht es vorrangig<br />

um die Veröffentlichung von wissenschaftlichen<br />

Texten. Die siebenköpfige<br />

Redaktion – mit allein vier Mitgliedern aus<br />

Halle – legt neben dem wissenschaftlichen<br />

Diskurs auch Wert auf journalistische Beiträge.<br />

So finden sich immer wieder Interviews<br />

und kleinere Artikel zu gesellschaftswissenschaftlichen<br />

Themen im Heft. „In der Zukunft<br />

möchten wir unsere journalistischen Beiträge<br />

noch weiter ausbauen“, erklärt Maria Hofmann,<br />

Studentin der Soziologie in Halle und<br />

Redakteurin des <strong>Magazin</strong>s. Für die inhaltliche<br />

Qualitätsgarantie der Beiträge sorgt genau wie<br />

beim 360° ein wissenschaftlicher Beirat.<br />

Das <strong>Magazin</strong> steckt allerdings noch in den<br />

Kinderschuhen. Zu Wenige wissen um die<br />

Existenz und so hält sich die Zahl der eingesandten<br />

Texte noch in Grenzen. „Zurzeit<br />

arbeiten wir daran, den Studierenden dieses<br />

neue Medium mit all seinen Chancen näher zu<br />

bringen, sodass diese es häufiger zum Publizieren<br />

eigener Texte nutzen“, so die engagierte<br />

Soziologin.<br />

■<br />

Die studentischen <strong>Magazin</strong>e im Internet:<br />

www.journal360.de<br />

www.soziologiemagazin.de


Über die Hängebrücke in die Klinik<br />

Ole Hensel hilft in Nepal aus<br />

J ENS MÜLLER<br />

Für den hallschen Arzt Ole Hensel ist Nepal mehr als nur ein exotisches und fernes Reiseziel:<br />

Ende September war er erneut für drei Wochen in einem Krankenhaus, dem Amppipal Hospital,<br />

helfend im Einsatz.<br />

Etwa 200.000<br />

Menschen leben<br />

im Einzugsgebiet<br />

des Krankenhauses.Nepal<br />

zählt zu den<br />

ärmsten Ländern<br />

der Welt, nur etwa<br />

zehn Prozent<br />

der Bevölkerung<br />

haben Zugang<br />

Ole Hensel, Foto: privat zu einer Gesundheitsversorgung.<br />

In ländlichen Gebieten herrscht absoluter<br />

Ärztemangel. Die nächsten Krankenhäuser<br />

oder Ärzte liegen meist lange Fußmärsche<br />

entfernt, die Ausstattung wie auch die Lebensbedingungen<br />

sind nur sehr einfach. Der Verein<br />

Nepalmed (www.nepalmed.de) hat sich zur<br />

Aufgabe gemacht, nepalische Initiativen zur<br />

Aus- und Weiterbildung des medizinischen<br />

Personals zu fördern und zudem direkt in der<br />

Krankenversorgung zu helfen.<br />

Einer der sich engagierenden Ärzte ist Ole<br />

Hensel, der an der halleschen <strong>Uni</strong>versitätsklinik<br />

und Poliklinik für Neurologie arbeitet und<br />

dort seine Facharztausbildung macht. Hensel<br />

war nun dreimal im Einsatz in dem Land zwischen<br />

China und Indien, einmal sogar für ein<br />

halbes Jahr. Das Krankenhaus hat 46 Betten<br />

und nur zwei Ärzte. Darunter ein erfahrener<br />

Arzt aus Deutschland: Dr. Wolfgang Starke,<br />

der die Patienten – egal mit welcher Erkrankung<br />

oder Verletzung, betreut. Zudem arbeitet<br />

ein junger, einheimischer Arzt im Krankenhaus.<br />

Olaf Hensel löste Dr. Starke für drei<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Wochen ab, damit dieser sich von seiner intensiven<br />

Arbeit erholen konnte.<br />

Täglich suchen zwischen 40 und 120 Patienten<br />

die Klinik auf, die versucht, das gesamte<br />

medizinische Spektrum – von Geburten<br />

bis Zahnbehandlungen – abzudecken. Narkosen<br />

werden durch den Operierenden selbst<br />

durchgeführt, die diagnostischen und therapeutischen<br />

Möglichkeiten sind eingeschränkt<br />

und nicht mit Deutschland vergleichbar. Das<br />

Krankenhaus befindet sich in ca. 1100 m Höhe.<br />

Es ist nicht über eine Straße erreichbar,<br />

nicht gehfähige Patienten müssen getragen<br />

werden. Viele Patienten können die Behandlungskosten<br />

nicht bezahlen, sodass diese von<br />

Spenden aus Deutschland abgedeckt werden.<br />

Die Angehörigen sorgen für die Ernährung<br />

und Pflege der Patienten, übernachten sogar<br />

mit im Krankenhaus.<br />

„Als Arzt lernt man bei der medizinischen<br />

Arbeit, wieder auf seine Sinne zu vertrauen,<br />

denn Geräte für die Diagnostik stehen nicht<br />

zur Verfügung“, sagt Ole Hensel, der auch ein<br />

Informatik-Studium absolviert hat: „Ich habe<br />

während meiner Arbeit in Nepal viel gelernt“.<br />

Auch menschlich habe ihm die Zeit ihm sehr<br />

viel gebracht. „Ich bin deutlich gelassener<br />

geworden.“ Und der 35-Jährige hat einige<br />

Freunde in Nepal gewonnen.<br />

■<br />

Blick in den großen OP-Saal<br />

Wer das Krankenhaus Amppipal besuchen will, muss<br />

diese Hängebrücke überqueren. Fotos: Ole Hensel<br />

Dr. Ole Hensel<br />

Klinik und Poliklinik für Neurologie<br />

Telefon: 0345 557 2107<br />

E-Mail: ole.hensel@medizin.uni-halle.de<br />

37<br />

P ERSONALIA


38<br />

P ERSONALIA<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Gunter Steinmann ermöglicht<br />

erneut Restaurierung<br />

wertvoller Bücher<br />

Spendensammler für den guten Zweck: Gunter<br />

Steinmann. Foto: Paolo Schubert<br />

Der emeritierte Professor Gunter Steinmann<br />

– zuletzt Inhaber des Lehrstuhls für<br />

Wachstum und Konjunktur an der Juristischen<br />

und Wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Fakultät der MLU – hat zum dritten Mal<br />

als Buchpate die Bibliothek der Franckeschen<br />

Stiftungen großzügig unterstützt.<br />

Schon zu seinem 50. und 60. Geburtstag<br />

bat er seine Gäste um Spenden zur Rettung<br />

wertvoller Bücher der Stiftungen. Damals<br />

ermöglichte der Erlös die Restaurierung<br />

von zwei Bibeln – eine russische Bibel aus<br />

dem Jahr 1757 und eine deutsche, die 1768<br />

in Nürnberg gedruckt wurde.<br />

Diesmal waren es sein 65. Geburtstag und<br />

seine Abschiedsvorlesung, die ihm einen<br />

neuen Anlass boten, um für das Projekt die<br />

Spendenbox herumgehen zu lassen. Von<br />

den daraus eingenommenen 3200 Euro<br />

konnte eine zweibändige lateinische Bibel<br />

aus dem Jahr 1475 und der fünfte Band des<br />

„Atlas Novus sive theatrum orbis terrarum“<br />

aus dem Jahr 1658 restauriert werden.<br />

Auch die <strong>Uni</strong>versität selbst hat bereits von<br />

den Spendensammlungen Steinmanns profitiert:<br />

Er unterstützte den Kauf eines Lüsters<br />

für den Sessionssaal mit 2000 Euro.<br />

Die Ende des 17. Jahrhunderts von August<br />

Hermann Francke gegründete historische<br />

Bibliothek der Franckeschen Stiftungen hat<br />

heute einen Hauptbestand von ca. 57.000<br />

Bänden sowie ca. 97.500 Exemplare in den<br />

Sondersammlungen, der Präsenzbibliothek<br />

sowie der Schulprogrammsammlung.<br />

Viele der Bücher sind in einem restaurationsbedürftigen<br />

Zustand. Seit 1992 bieten<br />

die Verantwortlichen aus diesem Grund<br />

die Möglichkeit einer Buchpatenschaft,<br />

wodurch der Spender in die Lage versetzt<br />

wird, ein selbst gewähltes Buch des Bestandes<br />

restaurieren zu lassen. Bisher gab<br />

es ca. 30 größere und unzählige kleinere<br />

Patenschaften, die zur Verbesserung des<br />

Restaurationsgrades des Bibliotheksbestandes<br />

beitrugen. S. K.<br />

Solms gibt Grundlagenwerk heraus<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Solms, Professor für<br />

Geschichte der deutschen Sprache und der älteren<br />

deutschen Literatur am Institut für Germanistik<br />

der MLU, ist als Ordentliches Mitglied<br />

in die Philologisch-historische Klasse<br />

der Sächsischen Akademie der Wissenschaften<br />

zu Leipzig gewählt worden. Solms ist zudem<br />

einer der Herausgeber eines neuen Grundlagenwerks<br />

der Germanistik und Sprachgeschichte.<br />

Der 1. Band der neuen vierbändigen<br />

wissenschaftlichen Grammatik des Mittelhochdeutschen<br />

ist soeben erschienen. Er trägt<br />

den Titel „Mittelhochdeutsche Grammatik,<br />

Teil III: Wortbildung“. P. H.<br />

Georgia Kroll Ehrendoktorin in ızweiter Heimat„<br />

Der 62-jährigen Wirtschaftsgeographin Dr.<br />

Georgia Kroll vom Institut für Geowissenschaften<br />

wurde die Ehrendoktorwürde der<br />

Baschkirischen Staatsuniversität Ufa (Baschkortostan)<br />

verliehen. Sie ist neben ihrem Kollegen<br />

Prof. Dr. Manfred Frühauf schon die<br />

zweite hallesche Wissenschaftlerin, der diese<br />

Ehre zuteil wurde. „Die Auszeichnung kam<br />

für mich völlig überraschend, ich bin überwältigt“,<br />

sagt Kroll nach der Verleihung Anfang<br />

Juni. Geehrt wurde sie für ihre Bemühungen<br />

zur Wiederbelebung der <strong>Uni</strong>versitäts-Partnerschaft<br />

zwischen Halle und Ufa. Diese besteht<br />

Katrin Eckebrecht leitet Studien-Abteilung<br />

Am 15. August 2009 übernahm<br />

die Juristin und Diplom-Verwaltungswirtin<br />

(FH)<br />

Katrin Eckebrecht in der Zentralverwaltung<br />

die Leitung<br />

der Abteilung 1 (Studium und<br />

Lehre, Internationale Angelegenheiten).<br />

Die 39-Jährige ist<br />

in Wolfsburg geboren und aufgewachsen<br />

und studierte Jura<br />

in Hannover. Nach Abschluss<br />

des 2. Staatsexamens arbeitete<br />

sie zwei Jahre als Justitiarin bei<br />

der Stadtverwaltung in Köthen,<br />

bevor sie 2001 an die TU Dres-<br />

Katrin Eckebrecht.<br />

Foto: Maike Glöckner<br />

Hottenrott dvs-Vizepräsident<br />

Der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Kuno Hottenrott<br />

wurde als Vizepräsident „Gesundheit &<br />

Technologie“ in das Präsidium der Deutschen<br />

Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) gewählt.<br />

Das Department Sportwissenschaft der<br />

neben der Städtepartnerschaft (seit 1964) bereits<br />

seit 1967. Nach der Wende sei sie aber<br />

„eingeschlafen“, sagt Georgia Kroll, die 1977<br />

in Ufa ihre erste Vorlesung auf Russisch hielt.<br />

„Ufa ist wissenschaftlich meine zweite Heimat<br />

geworden.“ Offiziell kamen die Beziehungen<br />

2005 wieder in Gang, als durch Krolls Initiative<br />

die damaligen Rektoren Prof. Wilfried<br />

Grecksch (Halle) und Prof. Muchamed Chadisowitsch<br />

Charassow (Ufa) einen neuen Partnerschaftsvertrag<br />

unterzeichneten. Charassow<br />

war es, der ihr nun Ehrenurkunde und Doktorhut<br />

überreichte. C. H.<br />

Marneros Ehrendoktor an Aristoteles-<strong>Uni</strong>versität<br />

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Andreas Marneros erhielt<br />

eine weitere Ehrendoktorwürde, diesmal<br />

von der Aristoteles-<strong>Uni</strong>versität Thessaloniki<br />

(Griechenland). Sie hat für ihn eine sehr emotionale<br />

Bedeutung: An der Aristoteles-<strong>Uni</strong>versität<br />

schloss er sein Studium vor 37 Jahren<br />

mit dem „Aristeion“ (summa cum laude) ab<br />

und erhielt den Ehrenpreis für den besten Studenten.<br />

Die <strong>Uni</strong>versität begründete ihre Ent-<br />

scheidung für die Ehrendoktorwürde mit dem<br />

internationalen Renommee von Prof. Marneros,<br />

seinen preisgekrönten Forschungsarbeiten<br />

und seinen seit Jahren geleisteten Beiträgen<br />

zur Entwicklung des Wissensstandes im Bereich<br />

der bipolaren Erkrankungen und psychotischen<br />

Störungen. Marneros ist seit 1992 Direktor<br />

der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie<br />

an der MLU. J. M.<br />

den wechselte. Als Dekanatsrätin<br />

und Studienfachberaterin an der Juristischen<br />

Fakultät sammelte sie Erfahrungen<br />

im Bereich Studium und<br />

Lehre. Im Oktober 2003 wurde sie<br />

Persönliche Referentin des jetzigen<br />

Rektors der TU Dresden. „Ich möchte<br />

mir in den nächsten Wochen die<br />

einzelnen Fakultäten anschauen, um<br />

die <strong>Uni</strong>versität besser kennen zu lernen“,<br />

sagt Katrin Eckebrecht. „Auf<br />

die dabei stattfindenden Gespräche<br />

freue ich mich schon, aber auch auf<br />

die vielfältigen, in der Abteilung anstehenden<br />

Aufgaben.“ P. H.<br />

MLU übernimmt zudem 2011 die Ausrichtung<br />

des 20. Hochschultages der dvs. Die dvs ist<br />

das Sprachrohr aller Sportwissenschaftler und<br />

vertritt deren Interessen.<br />

C. H.


Ehrensenator Gerhard Holland verstorben<br />

Am 12.07.2009 verstarb der Ehrensenator der<br />

<strong>Uni</strong>versität und Ehrenpräsident des Kuratoriums<br />

der Vereinigung der Freunde und Förderer<br />

der MLU, Dr. Gerhard Holland. Mit ihm<br />

verliert die <strong>Uni</strong>versität einen ihrer engagiertesten<br />

Förderer und Unterstützer.<br />

Gerhard Holland, geboren am 11.11.1925 in<br />

Halle, studierte ab 1946 Volkswirtschaftslehre<br />

und Rechtswissenschaft an der MLU, ging<br />

Mitte 1949 nach Westdeutschland, setzte seine<br />

Studien fort und wurde 1960 im Fach Staatswissenschaften<br />

an der <strong>Uni</strong>versität Graz promoviert.<br />

Doch er blieb ein überzeugter Hallenser,<br />

hielt immer die Verbindung zu seiner Heimatstadt,<br />

aber auch zu den Hallensern, die wie<br />

er die Sowjetische Besatzungszone und später<br />

die DDR aus politischen Gründen verlassen<br />

hatten. So gehörte er auch zum Freundeskreis<br />

um Hans-Dietrich Genscher.<br />

Dr. Holland war Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft<br />

für Bergbau und Hüttenindustrie<br />

sowie der Frankfurter Handelsbank. Er<br />

förderte zudem die Industrieforschung, an der<br />

er sich selbst aktiv beteiligte, z. B. im Bereich<br />

der Materialwissenschaft. Seine berufliche<br />

Vielseitigkeit kommt darin zum Ausdruck,<br />

dass er seit 1955 Geschäftsführer der Deutsche<br />

Filmwochenschau GmbH „Blick in die Welt“<br />

war und mit dieser Firma eines der größten<br />

Filmarchive der Zeitgeschichte aufgebaut hat.<br />

Die Verbindung nach Halle wurde mit dem<br />

Fall der Mauer sofort intensiviert. Und so kam<br />

auch schnell wieder die Verbindung zur <strong>Uni</strong>versität<br />

und zur neu gegründeten Vereinigung<br />

der Freunde und Förderer (VFF) zustande, in<br />

der er sich stark engagierte, mit persönlichen<br />

Spenden Projekte unterstützte und viele Per-<br />

sönlichkeiten für die Mitwirkung interessierte.<br />

So war es nur folgerichtig, dass er im Juli<br />

1992 zu einem der gleichberechtigten Präsidenten<br />

der VFF gewählt wurde.<br />

Es ist nicht zuletzt ihm zu verdanken, dass<br />

die Vereinigung eine segensreiche Wirkung<br />

für die <strong>Uni</strong>versität entwickelt hat. Ein Beispiel<br />

ist die Unterstützung des Jubiläumsjahres<br />

1994. Der Dank des Rektorats und des<br />

Senats drückte sich darin aus, dass Holland<br />

in ebendiesem Jahr zum Ehrensenator ernannt<br />

wurde und auch in dieser Eigenschaft<br />

stark in das <strong>Uni</strong>versitätsleben involviert war.<br />

Zu nennen sind die von ihm organisierten<br />

Jahresabschlussveranstaltungen sowie die<br />

Sommerfeste, bei denen Angehörige der Fakultäten<br />

und des Rektorats, aktive Mitglieder<br />

der <strong>Uni</strong>versität und aktive Ruheständler mit<br />

Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens<br />

zum Gedankenaustausch zusammenkamen<br />

und dabei manch wichtige Entscheidung für<br />

die <strong>Uni</strong>versität vorbereiteten.<br />

Nach Beendigung seiner Amtszeit im Vorstand<br />

der VFF wurde Holland gebeten, den<br />

Vorsitz und später die Ehrenpräsidentschaft<br />

des Kuratoriums der Vereinigung zu übernehmen.<br />

In dieser neuen Funktion setzte er seine<br />

segensreiche Wirkung für die <strong>Uni</strong>versität fort.<br />

Mit dem Neuaufbau der <strong>Uni</strong>versität seit der<br />

friedlichen Revolution 1989/90 ist Gerhard<br />

Holland eng verbunden. Durch seinen Einsatz<br />

wurde manches Vorhaben verwirklicht, das<br />

die MLU mit eigenen Mitteln nicht hätte in<br />

Angriff nehmen können. Für diese Leistungen<br />

wird die <strong>Uni</strong>versität ihrem verdienten Förderer<br />

ein immerwährendes Andenken bewahren.<br />

Gunnar Berg<br />

Im Jahr des 300. Jubiläums der <strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität, 1994: Senator E. h. Dr. Gerhard Holland (l.),<br />

damals Präsident der Vereinigung der Freunde und Förderer der MLU e. V., und der damalige Prorektor für<br />

Strukturreform und Entwicklungsplanung, Prof. Dr. Hans-Hermann Hartwich, stellen die Jubiläumsmedaille<br />

bei einer Pressekonferenz vor. Foto: Archiv<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Neuberufungen<br />

T HEOLOGISCHE FAKULTÄT<br />

Prof. Dr. Stefan Schorch<br />

<strong>Uni</strong>versitätsprofessor (W2) für Bibelwissenschaften<br />

seit 1. August 2009<br />

Geboren am 3. August 1966 in Erfurt<br />

stefan.schorch@theologie.uni-halle.de<br />

1987-1994 Studium der Evangelischen Theologie,<br />

Semitischen Sprachwissenschaft und<br />

Judaistik in Leipzig, Berlin und Jerusalem.<br />

1994-1997 Promotionsstipendiat an der Hebräischen<br />

<strong>Uni</strong>versität Jerusalem und der <strong>Uni</strong>versität<br />

Leipzig<br />

1998 Promotion zum Dr. theol.<br />

1997-1999 Assistent am Institut für Semitistik und<br />

Arabistik der Freien <strong>Uni</strong>versität Berlin<br />

1999-2009 Hochschullehrer für Hebräisch und Altes<br />

Testament an der Kirchlichen Hochschule<br />

Bethel, Bielefeld<br />

2003 Honorary Fellow am <strong>Uni</strong>versity College<br />

London<br />

2003 Habilitation im Fach Altes Testament an<br />

der Kirchlichen Hochschule Bethel<br />

F ORSCHUNGSSCHWERPUNKTE:<br />

Literatur-, Religions- und Theologiegeschichte Altisraels<br />

und des Judentums (6. Jh. v. Chr.-2. Jh. n. Chr.), Hebraistik<br />

P UBLIKATIONEN (AUSWAHL)<br />

• Die Vokale des Gesetzes: Die samaritanische Lesetradition<br />

als Textzeugin der Tora. Band 1: Genesis. Berlin;<br />

New York: de Gruyter, 2004.<br />

• L. Morenz / St. Schorch (Hgg.): Was ist ein Text?<br />

– Ägyptologische, altorientalistische und alttestamentliche<br />

Perspektiven. Berlin; New York: de Gruyter, 2007.<br />

• Die Auslegung des Danielbuches in der Schrift „Die<br />

Quellen der Erlösung“ des Don Isaak Abravanel (1437-<br />

1508), in: K. Bracht / D. du Toit (Hgg.), Die Geschichte<br />

der Daniel-Auslegung in Judentum, Christentum und<br />

Islam. Berlin; New York: de Gruyter, 2007, 179-197.<br />

• Spoken Hebrew of the Late Second temple period<br />

according to the oral and the written Samaritan tradition,<br />

in: J. Joosten / J.-S. Rey (edd.): Conservatism and Innovation<br />

in the Hebrew Language of the Hellenistic Period.<br />

Leiden: Brill. 2008, 175-190.<br />

• Sakralität und Öffentlichkeit: Bibelübersetzungen als<br />

Paradigmen jüdischen Übersetzens, in: E. Lezzi / D.<br />

Salzer (Hgg.): Dialog der Disziplinen: Jüdische Studien<br />

und Literaturwissenschaft. Berlin: Metropol Verlag, 2009,<br />

51-76.<br />

39<br />

P ERSONALIA


40<br />

P ERSONALIA<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

J URISTISCHE UND WIRTSCHAFTSWISSEN<br />

SCHAFTLICHE FAKULTÄT<br />

Prof. Dr. rer. pol. Oliver Holtemöller<br />

<strong>Uni</strong>versitätsprofessor (W2) für Volkswirtschaftslehre,<br />

insbesondere Makroökonomik<br />

und Leiter der Abteilung Makroökonomik<br />

am Institut für Wirtschaftsforschung<br />

Halle seit 1. August 2009<br />

Geboren am 27. Juni 1971 in Lich<br />

oliver.holtemoeller@iwh-halle.de<br />

1993-1998 Studium der Volkswirtschaftslehre an der<br />

Justus-Liebig-<strong>Uni</strong>versität Gießen<br />

1998-2001 Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

und Teilnahme am Berliner<br />

Graduiertenkolleg Angewandte Mikroökonomik<br />

an der Humboldt-<strong>Uni</strong>versität zu<br />

Berlin und der Freien <strong>Uni</strong>versität Berlin<br />

2001 Promotion zum Doktor der Wirtschaftswis<br />

senschaft Dr. rer. pol. an der Freien <strong>Uni</strong><br />

versität Berlin<br />

2001-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonder<br />

forschungsbereich 373 an der Humboldt-<br />

<strong>Uni</strong>versität zu Berlin und am Institut für<br />

Statistik und Ökonometrie an der Freien<br />

<strong>Uni</strong>versität Berlin<br />

2003-2009 Inhaber der Juniorprofessur für Allg. Volkswirtschaftslehre<br />

an der RWTH Aachen<br />

2009 <strong>Uni</strong>versitätsprofessor in Halle und<br />

Abteilungsleiter am IWH<br />

F ORSCHUNGSSCHWERPUNKTE:<br />

Quantitative Makroökonomik und Konjunkturzyklen,<br />

Angewandte Ökonometrie und Zeitreihenanalyse, Geldtheorie<br />

und Geldpolitik, Ökonomische Prognosen und<br />

Simulationen<br />

P UBLIKATIONEN (AUSWAHL):<br />

• Further VAR Evidence for the Effectiveness of a Credit<br />

Channel in Germany, Applied Economics Quarterly 49<br />

(2003), 359-381.<br />

• A Monetary Vector Error Correction Model of the Euro<br />

Area and Implications for Monetary Policy, Empirical<br />

Economics 29 (2004), 553-574.<br />

• Uncovered Interest Rate Parity and Monetary Convergence<br />

of Potential EMU Accession Countries, International<br />

Economics and Economic Policy 2 (2005), 33-63.<br />

• Geldtheorie und Geldpolitik, Tübingen: Mohr Siebeck<br />

(Neue ökonomische Grundrisse), 479 Seiten, 2008.<br />

• Niedrige Preis-Dividende-Verhältnisse: Einstiegssignal<br />

für den Aktienmarkt?, Wirtschafts¬dienst 89(2), 2009,<br />

135-140.<br />

• Investor Rationality and House Price Bubbles: The Case<br />

of Berlin and the German Reunification (together with<br />

Rainer Schulz), German Economic Review, forthcoming.<br />

N ATURWISSENSCHAFTLICHE<br />

F AKULTÄT II<br />

Prof. Dr. Wolfgang Paul<br />

<strong>Uni</strong>versitätsprofessor (W3) für Theoretische<br />

Polymerphysik seit 01.08.2009<br />

Geboren am 23.08.1959<br />

Wolfgang.Paul@physik.uni-halle.de<br />

1979-1986 Studium der Physik an der <strong>Uni</strong>versität<br />

Essen GH und der Johannes Gutenberg<br />

<strong>Uni</strong>versität Mainz<br />

1986-1989 Promotion an der <strong>Uni</strong>versität Mainz<br />

1989-1992 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im BMFT<br />

Projekt “Theoretisch-Experimentelle<br />

Korrelation zwischen Struktur und Eigenschaftsphänomenen<br />

bei Polykondensaten”<br />

1992-1993 Akademischer Rat am Fachbereich Physik<br />

der Johannes Gutenberg <strong>Uni</strong>versität Mainz<br />

1993-1994 IBM Visiting Scientist, IBM Almaden<br />

Research Center, San-Jose, USA<br />

1994-2009 Akademischer Oberat und akademischer<br />

Direktor am Fachbereich Physik der<br />

Johannes Gutenberg <strong>Uni</strong>versität Mainz<br />

1996 Habilitation und Venia Legendi für<br />

Theoretische Physik an der Johannes<br />

Gutenberg <strong>Uni</strong>versität Mainz<br />

2003 Ernennung zum Außerplanmäßigen Prof.<br />

an der Johannes Gutenberg <strong>Uni</strong>versität<br />

Mainz<br />

F ORSCHUNGSSCHWERPUNKT:<br />

Statistische Mechanik von Polymeren: Thermodynamik,<br />

Struktur und Dynamik, Stochastische Prozesse, Computational<br />

Physics<br />

P UBLIKATIONEN (AUSWAHL)<br />

• Paul, W., & Baschnagel, J. (2000): Stochastic Processes:<br />

From Physics to Finance, Springer, Heidelberg<br />

• Glotzer, S. C., & Paul, W., (2002): Molecular and Mesoscale<br />

Simulation Methods for Polymer Materials, Annu.<br />

Rev. Mater. Res. 32, 401<br />

• Paul, W., & Smith, G. D. (2004): Structure and<br />

dynamics of amorphous polymers: computer simulations<br />

compared to experiment and theory, Rep. Prog. Phys.<br />

67, 1117<br />

• Vallee, R. A. L., Van der Auwerear, M., Paul, W., &<br />

Binder, K. (2006): Fluorescence Lifetime of a Single Molecule<br />

as an Observable of Meta-basin Dynamics in Fluids<br />

Near the Glass Transition, Phys. Rev. Lett. 97, 217801;<br />

also available in the December 1, 2006 issue of Virtual<br />

Journal of Biological Physics Research<br />

• Strauch, T., Yelash, L., & Paul, W. (2009): A coarsegraining<br />

procedure for polymer melts applied to 1,4-polybutadiene,<br />

Phys. Chem. Chem. Phys.11, 1942<br />

N ATURWISSENSCHAFTLICHE<br />

F AKULTÄT III<br />

Jun.-Prof. Dr. Rebecca Waldecker<br />

Juniorprofessorin für Gruppen und Geometrien<br />

am Institut für Mathematik seit 1.<br />

Oktober 2009<br />

Geboren am 9. April 1979 in Aachen<br />

R.Waldecker@bham.ac.uk<br />

(bis auf weiteres)<br />

1998-2003 Studium der Mathematik, Statistik und<br />

Oekonometrie an der Christian-Albrechts-<br />

<strong>Uni</strong>versitaet Kiel mit Kurzaufenthalt in P<br />

aris 2002 (DAAD-Stipendium).<br />

Stipendiatin der Studienstiftung des<br />

deutschen Volkes. Diplom 2003<br />

2003-2007 Promotion an der Christian-Albrechts-<br />

<strong>Uni</strong>versität Kiel. Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin 2003-2004, Promotionsstipendiatin<br />

der Studienstiftung des<br />

deutschen Volkes. Forschungs- und Lehraufenthalt<br />

an der <strong>Uni</strong>versität Birmingham<br />

(UK) im Herbst 2006<br />

2007 Honorary Lecturer an der <strong>Uni</strong>versität<br />

Birmingham.<br />

2007-2009 Research Fellow an der <strong>Uni</strong>versität<br />

Birmingham zum Forschungsprojekt<br />

„Automorphisms of Finite Groups“<br />

2009 Juniorprofessorin in Halle<br />

F ORSCHUNGSSCHWERPUNKTE:<br />

Lokale Theorie endlicher Gruppen, die Klassifikation der<br />

endlichen einfachen Gruppen und ihre Anwendungen.<br />

P REISE:<br />

Head of School‘s Prize for Excellence in Teaching 2008.<br />

P UBLIKATIONEN (AUSWAHL):<br />

• Isolated involutions whose centraliser is soluble (Journal<br />

of Algebra 321 (2009), p. 1561?1592).<br />

• Soluble Radicals (erschienen im Oberwolfach Report No<br />

20/2008).<br />

• A theorem about coprime action (Journal of Algebra<br />

320 (2008), p. 2027?2030).<br />

• Primzahltests für Einsteiger. Gemeinsam mit Lasse<br />

Rempe. Erscheint September 2009 bei Vieweg+Teubner.


20 Fragen an Petra Lohse<br />

Verbales Porträt einer Zeitgenossin<br />

Unzählige Varianten des Fragebogens, der durch die Antworten von Marcel Proust so berühmt<br />

geworden ist, sind in den Medien (FAZ, Forschung & Lehre, UNICUM etc.) zu finden. scientia<br />

halensis spielt ebenfalls mit. Diesmal ist unsere Match-Partnerin Dipl.-Ing. Petra Lohse, Leiterin<br />

der Koordinierungsstelle Flächenmanagement in Abteilung 4 (Bau, Liegenschaften und Gebäudemanagement)<br />

der <strong>Zentrale</strong>n <strong>Uni</strong>versitätsverwaltung.<br />

1. Warum leben Sie in Halle und nicht anderswo?<br />

… weil es sich ganz unspektakulär durch das<br />

Studium einfach so ergeben hat, ohne Vorsatz<br />

und doch nie in Frage gestellt.<br />

2. Wenn nicht Diplom-Ingenieur, was wären Sie<br />

dann geworden?<br />

Zahnärztin oder Pflanzenzüchterin.<br />

3. Was war an Ihrer Studienzeit am besten?<br />

So einiges – zum Beispiel, in der Gemeinschaft<br />

einer beständigen Seminargruppe studieren<br />

zu können. Ganz wichtig waren auch<br />

das vielseitige studentische Clubleben in Merseburg<br />

und mein Volleyballteam an der TH.<br />

4. Welchen Rat fürs Überleben würden Sie<br />

Studenten geben?<br />

Wieso Überleben? Mein Rat fürs Leben<br />

könnte lauten: Vertraue in erster Linie dir<br />

selbst und bleibe offen für das, was dich umgibt;<br />

versuche zu beenden, was du beginnst<br />

und bleibe dir dabei treu; behalte deine Träume<br />

und lebe.<br />

5. Wenn Sie Rektor einer <strong>Uni</strong>versität wären, was<br />

würden Sie als erstes tun?<br />

Als erstes? … eine Antritts-Party geben! Als<br />

wichtigstes? Konsequent daran arbeiten, das<br />

Profil der <strong>Uni</strong>versität weiter zu schärfen und<br />

zu formen, so dass die <strong>Uni</strong>versität als unver-<br />

wechselbare und erfolgreiche Bildungseinrichtung<br />

erkennbar und anerkannt wird.<br />

6. Was ist für Sie die erste Aufgabe der<br />

Wissenschaft?<br />

Am einfachsten definiert, wäre es für mich,<br />

„Wissen schaffen“ mit dem Ziel, den Menschen<br />

und der Natur zu dienen.<br />

7. Was haben Intelligenz und Menschlichkeit<br />

miteinander zu tun?<br />

Ich meine, dass Intelligenz nicht automatisch<br />

menschlich macht. Dies anzunehmen, wäre<br />

gefährlich. Darum sollte in jedem Fall also<br />

die Intelligenz im Dienst der Menschlichkeit<br />

stehen.<br />

8. Worüber ärgern Sie sich am meisten?<br />

Über Ignoranz und Arroganz in allen Facetten.<br />

9. Was bringt Sie zum Lachen?<br />

Wortwitz … mit seinen überwältigenden<br />

AHA-Erkenntnissen.<br />

10. Was schätzen Sie bei Ihren Freunden?<br />

Zuverlässigkeit, Herzlichkeit, Ehrlichkeit, Offenheit<br />

und alles was dazu gehört.<br />

11. Wo sehen Sie Ihre Stärken?<br />

... in meiner Begeisterungsfähigkeit für fast alles<br />

und der steten Neugier auf Neues; in einer<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

ausgeprägten Kontaktfreude ohne Scheu; in<br />

der Beharrlichkeit, die Dinge zu ändern, von<br />

denen ich denke, dass ich sie ändern kann; in<br />

der Bereitschaft, mich für andere einzusetzen.<br />

12. Was erwarten Sie von der Zukunft?<br />

Für die kommenden Wochen hoffe ich auf<br />

einen letztendlich erfolgreichen Bezug des<br />

Campus Heide-Süd.<br />

Für das kommende Jahr hoffe ich auf die Weiterbeschäftigung<br />

meines jungen, kompetenten<br />

und leistungsstarken Teams im Flächenmanagement.<br />

13. Woran glauben Sie?<br />

An die Menschen.<br />

14. Welchen bedeutenden Menschen unserer Zeit<br />

hätten Sie gern als Gesprächspartner?<br />

Angela Merkel.<br />

15. Wer war oder ist (bisher) für Sie der wichtigste<br />

Mensch in Ihrem Leben?<br />

Einer? VIER! … mein Mann und meine Söhne!<br />

16. Welchen Ort der Welt möchten Sie unbedingt<br />

kennen lernen?<br />

Unbedingt? ... keinen.<br />

17. Womit verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten?<br />

Seit ein paar Jahren fahre ich sehr gern Inlineskates,<br />

wann immer ich Zeit habe. Am Liebsten<br />

aber mit meinem Mann zusammen. Mein<br />

Tipp: Rundweg um den Geiseltalsee, einfach<br />

super. Und natürlich Bücher und Musik und<br />

immer noch Volleyballspielen.<br />

18. Was wären Ihre drei Bücher für die Insel?<br />

„Ou Topos – Suche nach dem Ort, den es geben<br />

müsste“ von Heiner Geißler; die noch immer<br />

ungelesenen im Bücherregal der Lohses<br />

stehenden „Marcel Prousts“ und natürlich ein<br />

sorgsam ausgewähltes „Pfadfinderlexikon zum<br />

Überleben ohne Kaufhalle“.<br />

19. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten ...?<br />

… dann wünschte ich mir mehr Frieden, Zufriedenheit<br />

und Glücklichsein auf der Welt.<br />

Das klingt sehr pathetisch, ist aber so.<br />

20. Ihr Motto?<br />

… authentisch bleiben.<br />

Foto: Maike Glöckner<br />

Aus der Vita:<br />

Geboren am 20.01.1961 in Sonneberg, Thüringen;<br />

Studium der Werkstoffwissenschaften an der<br />

Technischen Hochschule Merseburg.<br />

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SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

ıDorthin, wo es stinkt und knallt„<br />

Doreen Rüdel ist eine von 19 neuen Auszubildenden<br />

P AOLO SCHUBERT<br />

Jahr für Jahr bietet die MLU ein breit gefächertes Spektrum an Ausbildungsplätzen. Neben medien-<br />

und technikorientierten Berufen stehen die klassischen hoch im Kurs: Fachangestellte für<br />

Bürokommunikation, Feinmechaniker und Gärtner werden genauso benötigt wie Auszubildende,<br />

die gern im Labor arbeiten. Zu ihnen gehört Doreen Rüdel. Sie hat in diesem Jahr neben 19 weiteren<br />

Bewerbern eine Zusage erhalten und arbeitet seit August am Institut für Chemie<br />

Ein Beruf in der Chemie sollte es für Doreen<br />

Rüdel seit langem sein. Eigentlich seit Beginn<br />

der zweiten Sekundarstufe, als die Lehrer mit<br />

praxisorientiertem Unterricht ihre Lust an<br />

chemischen Reaktionen und Experimenten<br />

weckten. Deshalb wählte sie Chemie als<br />

Hauptfach, legte 2007 ihr Abitur ab und begann<br />

an der Hochschule Merseburg (FH) ein<br />

Studium der Chemie- und Umwelttechnik.<br />

„Doch es war nicht einfach. Zum einen mussten<br />

wir den Lehrstoff nachholen, der durch die<br />

Verkürzung von 13 auf zwölf Schuljahre nicht<br />

mehr berücksichtigt wurde. Zum anderen begann<br />

unser Studium nach der Umstellung auf<br />

die neuen Abschlüsse; die Zeit zum Aufarbeiten<br />

war für mich zu knapp bemessen“, erinnert<br />

sich die 20-jährige.<br />

Sie brach das Studium ab und fuhr fortan<br />

zweigleisig. Mit nun neuen Voraussetzungen<br />

bewarb sie sich an der Hochschule Anhalt<br />

(FH) für ein Studium der Lebensmitteltechnologie;<br />

gleichzeitig informierte sie sich über<br />

Ausbildungsberufe im chemischen Bereich.<br />

„Nachdem ich mir diverse Bücher besorgt und<br />

mich vom Arbeitsamt sowie von Freunden<br />

beraten lassen hatte, die bereits in solchen<br />

Berufen arbeiten, entschied ich mich für eine<br />

Ausbildung.“ Gelegen kam Rüdel der Hochschulinformationstag<br />

2008, an dem sie die<br />

<strong>Martin</strong>-Luther-<strong>Uni</strong>versität und ihr Ausbildungsangebot<br />

erstmals genauer kennenlernte.<br />

Es waren hauptsächlich die praktischen Aspekte,<br />

aufgrund derer Rüdel sich an der MLU<br />

bewarb. „Natürlich ist die Theorie wichtig,<br />

aber am liebsten zieht es mich dorthin, wo es<br />

stinkt und knallt.“ Und das biete sich in der<br />

Zeit der Ausbildung zur Chemielaborantin<br />

nicht nur am Institut, sondern auch im Schkopauer<br />

Trainingszentrum der Firma DOW.<br />

Denn bis zu den Prüfungen müssen sich die<br />

Lehrlinge die im Ausbildungsrahmenplan der<br />

Industrie- und Handelskammer (IHK) vorgeschriebenen<br />

Qualifikationen aneignen. „Das<br />

kann weder die <strong>Uni</strong>versität noch die Berufsschule<br />

allein leisten.“ Mit DOW stehe ein<br />

Partner zur Seite, der mit moderner Technik<br />

und eigenem Personal die fehlende Praxiserfahrung<br />

abdeckt. Über 30 Firmen sowie wissenschaftliche<br />

und staatliche Einrichtungen<br />

nutzen bereits dessen Möglichkeiten für das<br />

Nachwuchstraining im Rahmen der Kooperation<br />

„Olefinpartner“.<br />

Doch auch andere Faktoren spielten für ihre<br />

Entscheidung eine Rolle. „Die <strong>Uni</strong>versität<br />

ist nun einmal eine riesige Wissenschaftseinrichtung.<br />

Es ist faszinierend, ihre Netzwerke<br />

kennenzulernen und ein Teil der Forschungsarbeit<br />

zu sein, egal wie klein dieser Anteil in<br />

der Ausbildung erst einmal sein mag. Daraus<br />

ergeben sich beinahe einzigartige Möglichkeiten,<br />

Soft Skills zu erwerben. Vor allem aus<br />

dem Umgang mit Lehrenden und Studierenden<br />

verspricht sich Rüdel viele Erfahrungen.<br />

Kontakte lassen sich schwer vermeiden: Neben<br />

der Vorbereitung von studentischen Experimenten<br />

sollen die Auszubildenden Begleituntersuchung<br />

zu wissenschaftlichen Studien<br />

durchführen.<br />

In ihren ersten Lehrmonaten möchte die Chemiebegeisterte<br />

ein Verständnis für die Zusammenhänge<br />

zwischen alltäglichen Sachverhalten<br />

und deren wissenschaftlichen Hintergründen<br />

entwickeln. „In den Medien wird so viel<br />

über meist ungeläufige Inhaltsstoffe berichtet.<br />

Bisher konnte ich nicht einschätzen, welche<br />

Verbindungen für welche Konsequenzen verantwortlich<br />

sind.“ So beschäftigte sie sich<br />

bereits mit anionischen und kationischen<br />

Tensiden, organischen Verbindungen, die in<br />

vielen haushaltsüblichen Bedarfsgegenständen<br />

enthalten sind. In einer Zwei-Phasen-Titration<br />

stellte sie deren Anteile fest und protokollierte<br />

die Ergebnisse.<br />

Dreieinhalb Jahre wird Rüdel nun an der<br />

halleschen <strong>Uni</strong>versität betreut. Ob sie sich<br />

nach ihrer Ausbildung doch noch für ein Studium<br />

entscheidet, steht erst einmal nicht zur<br />

Debatte. Die Option wird sie dennoch nicht<br />

aus den Augen verlieren.<br />

■<br />

Prüfender Blick: Doreen<br />

Rüdel wird seit August<br />

2009 an der MLU und im<br />

DOW-Trainingszentrum<br />

zur Chemielaborantin<br />

ausgebildet.<br />

Foto: Paolo Schubert


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