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Christkatholisch 2018-10

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Keine Zeit für Helden<br />

Kein Heldentum.<br />

Die bittere Niederlage<br />

am Kreuz des Hasses<br />

zeigt noch ihre Wunden.<br />

Da glänzt kein Harnisch.<br />

Ins rote Tuch der Liebe<br />

zart fallend gehüllt.<br />

Ein Sieger der Milde.<br />

Die frischen Wunden<br />

will Thomas spüren.<br />

Kein second-hand-Glaube.<br />

Kein abgestanden-frommer Brei.<br />

In den Zeichen des Leids<br />

will er die Wirklichkeit spüren.<br />

Will das Leben ertasten.<br />

Dem Freunde begegnen.<br />

Vertröstende Pflaster heilen<br />

die Schnitte von Leib und Seele nicht.<br />

Thomas ist mutig, die Wunden zu fühlen.<br />

Christus bereit, sich berühren zu lassen.<br />

Er ist das Vorbild.<br />

Wir werden einander wirklich,<br />

wenn wir das Verletzliche, den Schmerz,<br />

die Wunden zärtlich ertasten und schauen.<br />

Eine fragile Frau, ein Jüdin,<br />

Simone Weil, fasst es in Worte:<br />

«Der Held trägt eine Rüstung.<br />

Der Heilige geht nackt.»<br />

Ein Held ist unberührbar.<br />

Bleibt erhaben, tabu.<br />

Die Rüstung kalt blinkend.<br />

Vor Bedeutung unantastbar.<br />

Doch wir sind nackt,<br />

weil wir dem Heiligen folgen.<br />

Heil sind wir,<br />

weil wir dem Verwundeten trauen.<br />

Da wir ihm trauen,<br />

braust der pfingstliche Geist.<br />

Veränderte Welt.<br />

Freiheit, die frei macht.<br />

Text und Bild: Michael Bangert<br />

Martin Schongauer (1450–1491): Der Auferstandene begegnet dem<br />

Apostel Thomas. Hochaltar der Dominikaner-Kirche Colmar, Musée<br />

d'Unterlinden.

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