BB 2018-2 Internet
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HISTORISCHES<br />
70 Jahre Verein der Berghofer Gartenfreunde<br />
– Ein stilles Jubiläum –<br />
„Nur durch Arbeit früh und spät<br />
kann das Werk geraten;<br />
der Neid sieht nur das Blumenbeet,<br />
aber nicht den Spaten.“<br />
Aus Not geboren<br />
„Die letzten Wochen vor Beendigung des Krieges brachten der Berghofer<br />
Bevölkerung viel Aufregung körperlicher und seelischer Art. Das<br />
Arbeiten auf den Feldern und in den Gärten wurde immer schwieriger,<br />
denn die ,Jabos´ [Jagdbomber] kreisten den ganzen Tag unaufhörlich<br />
tief und beschossen Fahrzeuge und Fußgänger. Manches Fahrzeug auf<br />
der Berghofer Straße und Wittbräucker Straße ging dabei in Flammen<br />
auf...“ So schrieb es Rektor Beyer nach dem Zweiten Weltkrieg nieder.<br />
Mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen am 12. April 1945 hörte die<br />
Bedrohung durch Kriegshandlungen auf. Anders als die völlig verwüstete<br />
Dortmunder Innenstadt und die schwer geschädigten industriell geprägten<br />
Dortmunder Vororte war das Ortsbild Berghofens weitgehend unzerstört.<br />
Die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges hatten Deutschland aufgeteilt.<br />
So folgte auf den amerikanischen Einmarsch die dauerhafte britische<br />
Besatzung. Es herrschte Mangel an allen lebenswichtigen Gütern. Die<br />
extrem harten Wintermonate Januar und Februar 1947 verschärften<br />
die Situation nochmals. Brennmaterial, Kleidung und Nahrung wurden<br />
besonders benötigt. Der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings<br />
rechtfertigte den überlebenswichtigen „Kohlenklau“ von Güterzügen und<br />
Lastwagen, wenn auf anderem Wege kein Heizmaterial zu bekommen war;;<br />
fortan sprach man von „fringsen“. Auf den Feldern wurde auch nach der<br />
letzten Kartoffel gesucht. Wer Geld hatte, versuchte auf dem Schwarzmarkt<br />
an der Friedhofsmauer des Hauptfriedhofes zu kaufen oder zu tauschen;;<br />
beliebter als Geld war die „Zigarettenwährung“. Der Schwarzmarkt<br />
<br />
kein Land bestellen konnte, versuchte, auf Hamsterfahrten zu betteln und<br />
zu tauschen;; auch das war verboten, aber Not kennt kein Gebot!<br />
In Berghofen hatten viele Einwohner ein Stück Gartenland;; aber wie<br />
<br />
Obst sollten geerntet werden, mancher wollte Futtermittel anbauen für<br />
<br />
man einen Gartenzaun, man benötigte Bohnenstangen, Gartengeräte,<br />
Gerätestiele und vieles mehr. Manchen machte nur die Not zum Gärtner,<br />
er musste lernen, wie man aus dem Gartenboden Erträge erzielt. Auf diese<br />
Situation geht das erste von Albert Rühling erstellte Versammlungsprotokoll<br />
des „Obst- und Gartenbau-Vereins“ ein: „Schon einige Tage, gar Wochen,<br />
ging das Gerücht in unserem Dorf herum, in Berghofen solle demnächst ein<br />
Obst- und Gartenbauverein gegründet werden. Aber wenige Bewohner des<br />
Dorfes wussten etwas Näheres hierüber. Der eine sagte es dem anderen.<br />
Aber eines guten Tages wurde dann das Vorhaben an Telegraphenmasten,<br />
Bäumen usw. durch Ankleben von Zetteln bekanntgegeben. Es hatte<br />
sich nun tatsächlich ein Mann, der eine von vielen Bewohnern des<br />
Dorfes lang ersehnte Einrichtung zu gründen gedachte, gefunden.<br />
Dieser Mann war unser Gartenfreund Erich Fischer. Aber auch unseren<br />
Gartenfreund Karl Oelker wollen wir nicht vergessen, denn er hatte schon<br />
etwas gebohrt. Die Gründungsfeier fand nun tatsächlich am 1.3.1947<br />
im Lokal Ferdinand Knepper [jetzt Haus Heimsoth] um 19 Uhr statt.<br />
Leider saßen die inzwischen versammelten Gartenfreunde bei einem<br />
Petroleumlämpchen, denn durch die Sparmaßnahmen war das elektrische<br />
Licht abgeschaltet worden. Als nun gegen 20 Uhr unsere Glühbirnen<br />
wieder leuchteten, begann in dem Gesellschaftszimmer die eigentliche<br />
Versammlung“, zu der 29 Interessierte erschienen waren;; auch der<br />
1. Vorsitzende des Gartenbauvereins Aplerbeck, Hugo Lasbeck, nahm an<br />
der Gründungsversammlung teil.<br />
Lasbeck hielt einen Vortrag über Zweck und Ziel eines Gartenbauvereins<br />
und ging dann auf Krankheiten der Bäume und des Obstes, auf<br />
<br />
ein. Außerdem machte er die Versammelten mit den vom „Obst und<br />
Gemüseverband in Münster-Mecklenbeck“ herausgegebenen Statuten<br />
vertraut. Bei diesem Verband handelte es sich um den Vorläufer des<br />
späteren „Landesverbands der Gartenfreunde Westfalen-Lippe“. Auch<br />
bei der Kreisarbeitsgemeinschaft in Dortmund wurde der Verein der<br />
Gartenbaufreunde Berghofen Mitglied, obwohl er als nicht eingetragener<br />
Verein gegründet wurde und noch heute so besteht. Erst seit dem Jahre<br />
2005 hat der Verein eine niedergeschriebene Satzung, zuvor legten nur<br />
die in Protokollen festgehaltenen Entscheidungen das Vorgehen im Verein<br />
fest.<br />
Die Gründungsversammlung wählte Karl Oelker zum 1. Vorsitzenden<br />
und Erich Fischer zum 2. Vorsitzenden, des Weiteren gehörten Albert<br />
Rühling, Gustav Venghaus, August Menne, Heinrich Fischer und Fritz<br />
Rix dem ersten Vereinsvorstand an. Die Gründungsmitglieder zahlten<br />
keine Aufnahmegebühr an den Verein;; für Neuzugänge legte man eine<br />
Aufnahmegebühr von einer Reichsmark fest. Alle hatten 30 Pfennig im<br />
Monat Beitrag zu zahlen. Pünktliches Zahlen der Mitgliedsbeiträge und<br />
das Erscheinen bei den monatlichen Versammlungen wurde von den<br />
Mitgliedern erwartet. Im Protokoll aus dem Mai 1947 wurde festgelegt,<br />
dass, wer drei Monate nacheinander der Versammlung unentschuldigt<br />
fernbliebe, aus der Mitgliederliste gestrichen werden sollte. Freilich<br />
spielten sich bei reger Teilnahme und vielen Vereinseintritten bald<br />
weniger rigorose Praktiken ein.<br />
Die Vereinsarbeit begann mit Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung:<br />
Eine Rückenspritze wurde angeschafft und hundertliterweise Spritzmittel<br />
eingekauft. Im Vordergrund stand die Ertragssicherung;; so wurden<br />
Winterspritzungen und Vorblütenspritzungen durchgeführt. Der Verein<br />
organisierte einen eigenen Spritzdienst, der die benötigten Gerätschaften<br />
<br />
Gerätedienst eingerichtet, und Gärtner Heinrich Gerke führte praktisch<br />
vor, wie Obstbäume zu beschneiden seien.<br />
Zu einer schweren Bedrohung der Kartoffelernte hatte sich seit 1922 von<br />
Frankreich aus der aus Amerika stammende Kartoffelkäfer verbreitet,<br />
der dann in den Kriegsjahren<br />
zu einer den Ertrag wesentlich<br />
mindernden Plage wurde. Im<br />
Protokoll für die Sitzung am 28.<br />
Mai 1949 wurde festgehalten:<br />
„Ein Erlaß [der Bezirksregierung<br />
in Arnsberg] besagt, daß<br />
der Kartoffelkäfersuchdienst<br />
jeden Mittwoch von 10 – 15<br />
<br />
Besitzers ist. Von der Polizei<br />
sind 2 Vertrauensmänner<br />
bestimmt worden, einer von der<br />
Landwirtschaft und einer vom<br />
Gartenbauverein;; bei uns war<br />
es Herr Cordes.“<br />
<br />
und Obstbäume gab es in<br />
den Anfangsjahren nach Wimpel des Gartenbauvereins