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WebCafé Fantasy Mai Sonderausgabe 2018

In dieser Zeitung finden Sie aktuelle Bücher, die am Kindle Storyteller Wettbewerb von Amazon teilnehmen. Zudem 2 interessante Interviews von tollen Autoren: Nicole Franziska Horn und Alisha Mc Shaw

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Achtung: Im Juni gibt es wegen der <strong>Sonderausgabe</strong>, keine Zeitung<br />

Nächste Ausgabe erfolgt im Juli


Diese Zeitung erscheint monatlich durch:<br />

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<strong>Sonderausgabe</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2018</strong>


Das weiße Hasenmädchen Pinselchen wird vom Osterhasen<br />

zum offiziellen Helfer ernannt. Er benötigt dringend<br />

ihre Hilfe, denn sonst wird es zum Osterfest nicht genug<br />

bunte Eier geben. Pinselchen erlebt Enttäuschungen und<br />

schwierige Situationen. Doch sie gibt alles, um ihre<br />

schwierige Aufgabe zu erfüllen. Denn seit sie dem Osterhasen<br />

begegnet ist, hat sie nur noch einen großen Traum:<br />

Sie will selber Osterhase werden. Wird sich ihr Traum<br />

erfüllen?<br />

Preis TB: 7,99€<br />

Preis E-Book: 2,99€<br />

ISBN: 978-1980989974<br />

https://www.amazon.de/Pinselchens-großer-Traum-Linda-Marie/dp/1980989974/


Leseprobe<br />

Leseprobe Pinselchens großer Traum von Linda Marie Haupt<br />

»So, bevor ihr nun spielen dürft, hört genau zu. Hier oben auf der<br />

Erde lauern viele Gefahren auf uns. Es gibt Tiere, die haben uns<br />

zum Fressen gerne und am liebsten jagen sie junge und<br />

unerfahrene, sowie kranke Tiere. Und du, Pinselchen, mit deinem<br />

weißen Fell, du fällst hier oben jedem schnell ins Auge. Für dich<br />

ist das, was ich euch erkläre, ganz besonders wichtig.« Ganz<br />

ängstlich kuscheln sich die Geschwister aneinander und<br />

Pinselchen stehen ein paar Tränchen in den himmelblauen Augen.<br />

Gefressen werden? So hatten sie sich ihren Ausflug aber nicht<br />

vorgestellt!


»Na, na, nicht gleich weinen«, beschwichtigt sie der Vater.<br />

»Mama und ich passen schon auf, dass euch nichts geschieht.<br />

Doch eines schreibt euch riesengroß hinter eure Löffel: Wenn ihr<br />

Mama oder mich pfeifen hört, verschwindet ihr sofort im Bau,<br />

sofort, habt ihr verstanden?« Eifrig und etwas erleichtert nicken<br />

die Hasenkinder. Dieses Mal, da sind sich die Eltern sicher, werden<br />

die Kleinen bestimmt gehorchen.<br />

»Nun dürft ihr euch umsehen.« Mama Bunny schubst ihre Kinder<br />

Benny, Pummel, Stummel und Pinselchen an, die noch ein wenig<br />

zögern. Doch dann geht es los! Es gibt so viel zu entdecken. Die<br />

bunten Blumen, die vielen Geräusche der Tiere. Die<br />

Schmetterlinge, die leicht im Wind schaukeln, als würden sie<br />

tanzen. Die Geschwister wissen gar nicht, wo sie zuerst<br />

hinschauen sollen. Ausgelassen toben sie über die Wiese,<br />

schlagen Haken und versuchen, sich oder die zarten<br />

Schmetterlinge zu fangen. Doch diese bunten Wunderwesen sind<br />

viel zu geschickt, um sich erwischen zu lassen. Als wüssten sie<br />

ganz genau, dass ihnen die Häschen nicht schaden können, lässt<br />

sich einer frech auf Pinselchens Nase nieder. Diese schielt hinab<br />

auf den gelben Zitronenfalter und schaut verdutzt aus der<br />

Wäsche.<br />

»Hey, du schielst ja, und hast du eine neue Nase?«, amüsieren<br />

sich die Geschwister über ihr Schwesterchen. Doch das hübsche<br />

Hasenmädchen zeigt sich davon überhaupt nicht beeindruckt.<br />

Ganz still hält es. Als der kleine Falter auf seiner Nase zu tänzeln<br />

beginnt, kitzelt das so sehr, dass Pinselchen kräftig niesen muss.<br />

Der heftige Luftstrom wirbelt den Schmetterling hoch in die Luft.<br />

»Oh, wie schade«, seufzt das Hasenkind enttäuscht. »Der war so<br />

schön.« Verträumt schaut es dem bunten Falter hinterher, der<br />

sich so sehr erschrocken hat, dass er sich beeilt, schnell<br />

fortzukommen. Plötzlich ertönt ein lauter Pfiff. Pfeifen? Gefahr!<br />

Bau - sofort! In Sekundenschnelle rasen diese Gedanken durch<br />

die kleinen Köpfe. So schnell sie ihre Beine tragen, flitzen sie in<br />

Richtung Bau und sind blitzschnell darin verschwunden. Da<br />

kommen auch schon Bonny und Bunny in den Bau.<br />

»Gut gemacht«, lobt sie der Hasenvater. »Genau so müsst ihr es<br />

machen.«


»Wie jetzt?«, will Pummelchen wissen. »Da war gar nichts los?«<br />

»Das war aber gemein«, meint auch Benny. »Ich hatte ganz<br />

schön Angst.«<br />

»Nun beruhigt euch mal wieder«, mischt sich die Hasenmama<br />

ein. »Wisst ihr, es ist so schrecklich wichtig, dass ihr diesen Pfiff<br />

beachtet. Es nicht zu tun, kann euch das Leben kosten. Wir<br />

mussten einfach wissen, ob ihr das auch wirklich verstanden<br />

habt. Und das habt ihr - alle.« Schon ein wenig stolz blickt sie<br />

ihre Kinder an. »Dafür bekommt ihr heute ein besonders leckeres<br />

Abendbrot. Es gibt Möhrenauflauf.«<br />

»Mhm, fein, wann ist er denn fertig?«, wollen die Kleinen sofort<br />

wissen.<br />

»Ich habe ihn schon vorbereitet. Geht euch schnell die Hände<br />

waschen und deckt den Tisch, dann ist das Essen auch soweit«,<br />

schmunzelt Bunny. Bonny setzt sich inzwischen in seinen großen<br />

Schaukelstuhl und steckt sich eine Pfeife an. Genussvoll bläst er<br />

kleine Kringel in die Luft.<br />

»Ganz schön anstrengend, so konzentriert aufzupassen«,<br />

nuschelt er und blickt hinüber zu seiner Frau am Herd. Diese<br />

schaut ihn liebevoll an und schickt einen Kuss zu ihm.<br />

»Das hast du toll gemacht Liebster, ich bin stolz auf dich. Ruh<br />

dich aus, bis das Essen fertig ist, das hast du dir verdient.« An<br />

diesem Abend ist es recht still am Tisch. Alle mümmeln<br />

genießerisch ihren Möhrenauflauf. Nur ab und zu ist von hier und<br />

da ein leises Schmatzen zu hören. Erschöpft und ohne murren<br />

gehen die Hasenkinder heute freiwillig in ihre Betten. Auch Bunny<br />

und Bonny folgen ihrem Beispiel und schon bald hört man Familie<br />

Hase laut schnarchen.<br />

Alle Hasen schlafen tief und fest. Es ist Mitternacht, als Pinselchen<br />

durch etwas aus den Schlaf gerissen wird. Da ist es schon wieder.<br />

»Pinselchen, aufwachen!«<br />

Das Hasenmädchen blinzelt mit halb geöffneten Augen, um zu<br />

schauen, wer sie mitten in der Nacht weckt. Aber nur ganz kurz!<br />

Geblendet von einer Gestalt in einem strahlenden Licht schließt<br />

sie diese schnell wieder und hält sich die Hände vor das Gesicht.<br />

»Ihh.«


Verbale und körperliche Gewalt gehören für Martin zur Kindheit, erst durch<br />

seine Pflegeeltern lernt er Verständnis und Liebe kennen. Martin entwickelt<br />

sich zu einem gefühlvollen und erfolgreichen Mann, fällt allerdings immer<br />

wieder auf Frauen herein, die nur Vorteile in der Beziehung sehen.<br />

Annette, seine Freundin, traktiert ihn täglich, bis ihm die Nerven durchgehen<br />

und er sich von ihr trennt. Martin schwört sich, nie wieder etwas mit<br />

einer Frau anzufangen, und flüchtet in seine Stammkneipe ›Big Dan‹, in<br />

der Frauen keinen Zutritt haben. Annette ist das egal und macht Martin<br />

eine Szene vor seinen Stammtischbrüdern. Sie wagt sogar, den Wirt anzugreifen,<br />

und bekommt ihre Strafe. Sie sinnt auf Rache und zündet Martins<br />

Wohnung an. Dieser ist nun obdachlos, findet keinen Unterschlupf bei<br />

Freunden und ist gezwungen, bei Stevie, der ehemaligen Arbeitskollegin<br />

seiner Pflegemutter unterzukommen. Stevie hat ihm allerdings verschwiegen,<br />

dass sie neben Pflegekindern, auch Nancy und ihre vierjährige Tochter<br />

Charlie beherbergt. Dieses kleine Mädchen macht ihm das Leben<br />

schwer. Kann er sich selbst treu bleiben und sein Versprechen halten?<br />

Preis TB: 5,99€<br />

Preis E-Book: 2,99€<br />

ISBN: 978-1-9809-1909-4<br />

https://www.amazon.de/Martin-Fluch-mit-den-Frauen/dp/1980919097/


Leseprobe<br />

Kapitel 1<br />

Martin Donague verdrehte genervt die Augen gen Zimmerdecke. Er konnte dieses<br />

Gekreische seiner Freundin nicht mehr ertragen. Seit Wochen war sie nur noch zickig.<br />

Nachbarn hatten ihn schon vermehrt darauf angesprochen, was denn mit Annette Kleen<br />

los sei. Die Bewohner des Hauses mieden sie mittlerweile, sobald Annette das Treppenhaus<br />

betrat.<br />

So konnte es keinesfalls weitergehen. Er selbst hatte kaum noch Lust, nach der<br />

Arbeit in die gemeinsame Wohnung zu kommen, danach noch den Haushalt in Ordnung<br />

halten und seinen Verpflichtungen nachkommen. Sie tat ja nichts, ließ sich den lieben<br />

langen Tag vom Fernsehprogramm zudröhnen, frönte nebenbei ihrem Lieblingshobby<br />

›Körperrestauration‹.<br />

Heute Abend hatte Annette das Fass zum Überlaufen gebracht mit ihrer Aktion<br />

›Ganzkörpermaske‹.<br />

»Es reicht, verdammt noch einmal. Du spinnst doch total«, platzte es aus Martin<br />

heraus. Für sie kam dieser Ausbruch völlig unerwartet, da solche Stimmungsschwankungen<br />

extrem selten bei ihm waren. Mit seinen dreißig Jahren war er ein sehr<br />

ruhiger Vertreter der männlichen Spezies, ließ sich viel zu viel von der weiblichen Dominanz<br />

gefallen. Bereits zum vierten Mal war Martin in seinem Leben auf so eine Frau<br />

reingefallen. Er war der Trottel, der den Frauen den Himmel auf Erden bescherte und<br />

sie nach ihm traten, wenn er mal nicht so funktionierte, wie sie sich das gedacht hatten.<br />

»Was motzt du denn jetzt schon wieder rum? Ich kümmere mich den ganzen Tag um<br />

deine Wohnung, mache deine Wäsche und dann muss ich auch noch kochen, obwohl<br />

ich es wie die Pest hasse.« Gerne stellte Annette sich als die perfekte Hausfrau hin,<br />

gab damit regelrecht an, nur entsprach es absolut nicht der Realität.<br />

»Du musst hier putzen? Dich um meine Wäsche kümmern?« Hämisch grinsend stand<br />

Martin vom Sofa auf, ging langsam auf sie zu. »Und auch noch kochen? Das ist natürlich<br />

alles zu viel Arbeit für ein verwöhntes Püppchen, das schon den halben Tag nackt,<br />

nur mit diesem Schönheitsbeton beschmiert, durch die Räume läuft wie ein aufgeschrecktes<br />

Huhn und überall die fettige Creme verteilt. Der ganze Boden ist mit<br />

diesem Zeugs voll, aber du musst ja alles putzen.« Sein Blick hatte sich verdunkelt.<br />

Annette ging mit kleinen Schritten rückwärts, langsam bekam sie Angst vor Martin, da<br />

seine Reaktion für sie völlig unerwartet kam. Ihr Herz klopfte bis zum Hals und sie rechnete<br />

jeden Moment damit, das ihr Freund auf sie zusprang, so wütend wirkte er.<br />

»Ich will dir mal etwas sagen, während du gestern deine zweistündige Haarkur einwirken<br />

lassen hast, habe ich hier gestanden und alles geschrubbt. Ob es die Arbeitsflächen<br />

in der Küche waren oder die Bodenfliesen in der ganzen Wohnung - es waren<br />

überall dicke festgetrocknete Dreckflatschen, ich glaube, ehemals waren es Reste von<br />

diesem ungenießbaren Dosenfraß, den du jeden Abend servierst und angeblich dafür<br />

zwei Stunden in der Küche verbracht hast.« Mittlerweile stand er dicht vor ihr und in<br />

seinen Augen funkelte der Zorn. Annette drückte sich immer dichter an die Wand und


ihre Schönheitsmaske bröckelte in kleinen Stücken von ihrem Gesicht ab. Er gönnte<br />

sich noch einen letzten, hasserfüllten Blick in ihr Gesicht, bevor er sich dann abrupt von<br />

ihr abwandte.<br />

»Ich gehe lieber, bevor ich mich endgültig vergesse«, waren seine Worte, bevor er mit<br />

energischen Schritten auf die Wohnungstür zuging und diese öffnete.<br />

»Vergiss nicht, deinen Koffer mitzunehmen und die Schlüssel hier zu lassen«, brüllte<br />

sie hinter ihm her. Er stoppte und drehte sich extrem langsam zu ihr um. Sein Blick<br />

sprach Bände, denn sie hatte erneut das Gefühl, er würde gleich wutentbrannt auf sie<br />

zustürmen und sie schlagen.<br />

»Ach, Schätzchen, du vergisst einen wichtigen Punkt, dies ist meine Wohnung und<br />

ich stehe im Grundbuch, nicht du, also pack deine Sachen und verschwinde. Den<br />

Schlüssel kannst als Andenken behalten, morgen früh werden die Schlösser ausgetauscht<br />

und bis dahin bist du mitsamt deinen Klamotten raus. Ansonsten fliegen deine<br />

Negligés, deine nuttenhaften Dessous und vor allem diese ganzen Frauenbaustoffe, die<br />

ihr Weibsen Kosmetika nennt, aus dem Fenster. Und Tschüss!« Mit einem lauten Knall<br />

schlug er die Tür zu und rannte durchs Treppenhaus. Ihm war egal, was die Nachbarn<br />

zu dem ungewohnten Lärm sagen würden, er brauchte jetzt dringend frische Luft.<br />

Wütend stapfte Martin durch Aberdeen, sein Ziel noch unbekannt. Er wollte einfach<br />

nur wieder den Kopf freibekommen, das aber war gar nicht so einfach. Seine Erinnerungen<br />

überfluteten ihn mit solcher Wucht, die ein normales Denken unmöglich machten.<br />

Kapitel 2<br />

Er saß vor dem Kindergarten, Tränen liefen über sein Gesicht. Angst stand in den<br />

Kinderaugen geschrieben. Sein kleines Herz schlug viel zu schnell.<br />

›Mama, wo bist du?‹ Immer wieder fragte er sich das im Stillen, als sie auch schon<br />

um die Ecke kam.<br />

»Los, komm jetzt, Martin, ich habe schon genug Zeit vertrödelt.« Energisch zerrte sie<br />

an dem Kinderarm, damit er aufstand. Seine Tränen beachtete sie nicht. »Beweg dich<br />

endlich, habe ich gesagt«, keifte sie den Fünfjährigen an. Er spürte einen reißenden<br />

Schmerz in seiner Schulter, traute sich aber nicht, einen Laut von sich zu geben. Ihre<br />

Art, wenn sie in Eile war, nervte ihn schon lange. Immer wieder beobachtete er seine<br />

Kindergartenfreunde, wenn sie liebevoll von ihren Eltern bei der Abholung begrüßt<br />

wurden. Oder auch bei der Verabschiedung. Wie oft hatten die Mütter Tränen in den<br />

Augen, dabei waren sie doch nur ein paar Stunden von den Kindern getrennt. Bei<br />

Martin war es anders, ganz anders.<br />

Erst heute Morgen hatte der Tag wieder schlimm für Martin begonnen. Seine Mutter<br />

Lonny schubste ihn heftig durch die Tür und er stolperte. Statt sich zu erkundigen, ob er<br />

sich verletzt habe, zog sie ihn an den Haaren und schrie herum: »Dass du blödes Blag<br />

auch nicht aufpassen kannst. Immer muss ich dich aufsammeln. Rein jetzt da.« Mit<br />

einem wiederholten Stoß schubste sie ihn regelrecht auf den Flur. Die Betreuerinnen<br />

schauten mitleidig auf den kleinen Jungen, wagten es jedoch nicht, die Mutter darauf<br />

anzusprechen.


Sie, die Dame von Welt, brauchte doch keine Bevormundung von dem niederen Volk.<br />

Sein Vater war doch Leiter einer Behörde, über einhundert Mitarbeiter dienten unter<br />

ihm. Und was tat sein Vater, um ihm, seinem kleinen Jungen, zu helfen? Nichts! Er war<br />

einfach nicht in der Lage, seiner Frau entgegenzutreten und Widerworte zu wagen.<br />

Martin glaubte fest daran, wenn er in die Schule kam, würde sich seine Mutter ändern,<br />

also strengte er sich bereits im Kindergarten an. War ungewöhnlich wissbegierig und<br />

wollte alles lernen. Mit seinen fünf Jahren konnte er bereits fast flüssig lesen, nur<br />

Fremdworte wollten noch nicht so klappen. Rechnen bis einhundert – kein Problem. Ob<br />

addieren, subtrahieren, multiplizieren oder dividieren, er beherrschte es im Schlaf. Aber<br />

nicht dank seiner Mutter, nein, die stempelte ihn als Dummchen ab. Seine Lieblingsbetreuerin<br />

nahm sich Zeit, half ihm zu lernen, wenn es ihre Zeit erlaubte. Nun aber war<br />

ihre Zeit gekommen und sie musste den Kindergarten wechseln. Sie bekam eine eigene<br />

Gruppe in einer anderen Stadt und Martin war wieder ganz alleine. Heute war ihr letzter<br />

Tag und Martin war deswegen auch sehr traurig, weinen durfte er aber nicht.<br />

Ab dem Tag war der kleine Junge wieder Einzelkämpfer, ob es beim Löschen seines<br />

Wissensdurstes war oder einfach nur beim Überleben und großwerden. Etwas hat er in<br />

seinen jungen Jahren sehr schnell gelernt: Kopf einziehen und schweigen ist gesünder<br />

für ihn.<br />

Am Abend kam sein Vater erst gegen neunzehn Uhr nach Hause, wie immer im korrekt<br />

sitzenden Anzug und der steifen Krawatte. Martin hatte die Hoffnung, dass sein Vater<br />

ihn ins Bett brachte, wieder mal wurde daraus nichts.<br />

Seine Mutter hatte schlechte Laune, noch schlechter als schon den ganzen Tag über.<br />

»Wo treibst du dich so lange herum? Um siebzehn Uhr hättest du hier sein müssen«,<br />

keifte sie los, kaum dass er das Haus betreten hatte.<br />

»Ich musste für eine Kollegin einspringen.« Seinen Kopf hatte er gesenkt und stierte<br />

schuldbewusst auf seine Schuhspitze. »Ich bitte um Vergebung, weil ich mich nicht<br />

gemeldet habe.«<br />

»Das hilft dir jetzt auch nicht mehr, Strafe muss sein.« Martin sah, wie seine Mutter<br />

einen Besenstiel nahm und auf seinen Vater eindrosch. Still stand er da, die Tränen<br />

liefen haltlos über sein Gesicht. Mit beiden Händen hielt er sich die Ohren zu, damit er<br />

das Bersten des Stieles nicht hören musste. Es reichte schon, wenn Martin es mit<br />

ansehen musste, wie sein Vater immer mehr den Kopf einzog und lautlos auf seine Knie<br />

fiel. Er erduldete klaglos die Prügel seiner Frau. Martins Herz zerbrach in dem Moment<br />

und er lief in sein Zimmer. Sein Bett war seine Burg, die ihn vor dem Bösen schützte. Er<br />

musste sich nur schlafend stellen, dann geschah ihm nichts. Hoffte er zumindest.<br />

Ende Leseprobe Teil I


Anna-Lena will in Berlin bleiben und nicht mit ihren Eltern nach<br />

Amerika. Die würden sowieso nur arbeiten und Anna-Lena<br />

müsste sich dort alleine durchschlagen. Nach endlosen Debatten<br />

hat sie ihre Eltern überredet, ihr eine kleine Wohnung in Berlin<br />

anzumieten. Anna-Lena fühlt sich sehr wohl in ihrem kleinen<br />

Reich, bis plötzlich ein fremder Mann auftaucht, der die Wohnung<br />

ebenfalls angemietet hat. Das Schicksal nimmt seinen Lauf und<br />

hinterlässt ein wirres Chaos.<br />

Leo zieht ebenfalls in die Wohnung und eine WG wird gegründet.<br />

Schon nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Leo der<br />

absolute Weiberheld ist und Anna-Lena sich immer wieder fremden<br />

Mädchen gegenübersieht. Ihre Nerven sind überreizt.<br />

Als sie dann auch noch erfährt, dass ihr Mietvertrag fingiert ist<br />

und die Kaution, sowie die Miete verloren sind, droht sie durchzudrehen,<br />

doch Leo macht ihr ein Angebot, damit sie nicht nach<br />

Amerika übersiedeln muss. Nimmt sie das Angebot an?<br />

Preis TB: 7,99€<br />

Preis E-Book: 2,99€<br />

ISBN: 9781980890577<br />

https://www.amazon.de/Patchwork-hoch-zwei-Extrem-unerwünscht/dp/1980890579/


Leseprobe<br />

Plötzlich wurde sie von einem merkwürdigen Geräusch geweckt. Anna-Lena schoss<br />

hoch, da fummelte doch glatt jemand an ihrer Tür. Noch war es dunkel draußen und sie<br />

fischte nach ihrem Handy, dass sie noch in ihrer Jacke hatte. Nach ihrem Display war<br />

es gerade sechs Uhr in der Früh. Vorsichtig stand sie auf und leuchtete mit ihrem<br />

Handy Richtung Tür, von wo sie noch immer Geräusche hörte.<br />

So langsam bekam sie es mit der Angst zu tun und sie spürte ihren rasenden Puls<br />

bereits im Hals. Ihr Atem ging schneller und sie hatte Probleme, ihre zitternden Hände<br />

unter Kontrolle zu bekommen.<br />

Sie schlich weiter in die Richtung, da kam sie an ihrem Wischmopp vorbei, den sie als<br />

geeignete Waffe ansah und sofort in die Hand nahm. Langsam drückte sich der Türgriff<br />

nach unten, und Anna-Lenas Herz schoss noch weiter in die Höhe. Sie malte sich<br />

bereits die schlimmsten Bilder in ihrem Kopf aus. Anna-Lena nahm eine Abwehrstellung<br />

ein und fuchtelte nervös mit dem Wischmopp herum, bis die Tür schließlich fluchend<br />

aufgestoßen wurde.<br />

»Verdammter Mist, dieses Ding von Schloss reparieren die mir aber noch.« Sie sah<br />

eine Hand, die, wie es aussah, den Lichtschalter suchte und ihn schließlich auch fand.<br />

Anna-Lena schoss mit dem Wischmopp in der Hand und einem Herzen, dass ihr bald<br />

in die Hose rutschen würde, vor und blieb mit diesem kurz vor einem Gesicht stehen,<br />

dass ihr gänzlich unbekannt war. Der Kerl vor ihr sah sie geschockt an, als hätte er<br />

gerade einen Geist oder so etwas gesehen.<br />

»Was machen Sie hier, verschwinden Sie aus meiner Wohnung, sonst rufe ich die<br />

Polizei.« Sie wedelte wild mit dem Wischmopp in der einen Hand vor seinem Gesicht<br />

herum und mit der anderen wählte sie bereits die Notrufnummer. Der Typ lachte frech.<br />

»Ihre Wohnung? Ich glaube, Sie haben Sie nicht mehr alle. Das ist noch immer<br />

meine.« Er sah Anna-Lena mit einem unwirschen Blick an.<br />

»Klar doch und ich bin der Kaiser von China. Träumen Sie ruhig weiter. Ich habe<br />

diese Wohnung bereits vor zwei Wochen gemietet, also verpissen Sie sich endlich.« Er<br />

blickte sie prüfend an, doch machte keine Anstalten, die Wohnung zu verlassen. Anna-<br />

Lena reichte es. Sie hob ihr Handy ans Ohr und fuchtelte gleichzeitig wieder mit dem<br />

Wischmopp vor seinem Gesicht herum. Noch während das Telefon klingelte, ergriff er<br />

den Stiel des Mopps und riss einmal kräftig daran. Anna-Lena machte augenblicklich<br />

einen Satz in seine Richtung und landete an seiner Brust. So schnell wie alles vonstattenging,<br />

konnte sie gar nicht reagieren, da hatte er ihr schon das Handy abgenommen,<br />

aufgelegt und auf das Sofa geschmissen. Zuerst blieb sie stocksteif stehen, bis sie<br />

realisierte, was gerade geschah und sich bis aufs Blut wehrte. Sie schlug auf ihn ein<br />

und schrie, was das Zeug hielt, umso fester legte er die Arme um ihren Körper. Ihr Puls<br />

raste unaufhörlich und Panik machte sich in ihrem ganzen Körper breit. Sie hörte<br />

bereits ihr letztes Stündlein schlagen.


»Beruhigen Sie sich endlich, ich werde schon keine Hand an sie anlegen.« Langsam<br />

ließ er sie wieder los und noch bevor seine Hände sie komplett freigegeben hatten,<br />

schoss sie panisch zurück.<br />

»Verdammt, wie kommen Sie überhaupt in meine Wohnung«, schrie sie ihn an. Er<br />

hob einen Schlüsselbund nach oben und klimperte damit herum. Anna-Lena glaubte,<br />

den Knall nicht gehört zu haben. Wieso hatte dieser Kerl einen Schlüssel für ihre Wohnung?<br />

»Ich habe bereits gesagt, dass das meine Wohnung ist und so langsam frage ich<br />

mich echt, was Sie hier eigentlich suchen. Vielleicht sollten wir den Spieß herumdrehen<br />

und ich rufe die Polizei.« Er kramte sein Handy aus seiner Hosentasche und hielt es ihr<br />

unter die Nase. Anna-Lena hatte echt keinen Plan mehr, was hier gerade abging. Das<br />

konnte doch alles nicht wahr sein. Doch da fiel ihr der Mietvertrag wieder ein.<br />

»Moment, ich werde es Ihnen beweisen. Das ist meine Wohnung und nicht Ihre.« Sie<br />

rannte zu der Schublade in ihrem Schreibtisch und wühlte in den Papieren, bis sie den<br />

Vertrag endlich in den Händen hielt. Doch das alles tat sie nicht, ohne ihn aus den<br />

Augen zu lassen, schließlich konnte dieser in dem Moment ja sonst was anstellen, oder<br />

sie sogar überrumpeln. Sie hielt ihm den Vertrag wedelnd unter die Nase.<br />

»Sehen Sie, das ist der Mietvertrag, der mich eindeutig als Mieter der Wohnung ausweist.«<br />

Sie fummelte so schnell damit vor seinem Gesicht herum, dass er kein einziges<br />

Wort lesen konnte. Erst als er ihre zitternde Hand festhielt, sah er eindeutig, dass sie<br />

nicht gelogen hatte. Aber wie konnte das sein. Er hatte vor zwei Wochen ebenfalls<br />

einen Vertrag unterschrieben und das war eindeutig diese Wohnung, sonst würde ja<br />

auch der Schlüssel nicht passen. Er kramte in seiner Tasche, die noch im Flur stand, bis<br />

er seinen in den Händen hielt. Er lachte laut auf.<br />

»Was? Sind Sie jetzt vollkommen durchgedreht?« Vorsichtshalber machte Anna-Lena<br />

mit klopfendem Herzen einen Schritt zurück.<br />

»Hier.« Mit überheblichem Grinsen hielt er ihr seinen Vertrag vor die Nase. Anna-<br />

Lena las die Zeilen und verglich ihren mit seinem. Verdammt, das konnte doch wohl<br />

nicht wahr sein oder?<br />

»Aber ...« Sie sah ihn an, als könnte sich das alles nur um ein Missverständnis handeln.<br />

»Eben, die Wohnung wurde zweimal vermietet.« Wütend blickte er Anna-Lena an,<br />

auch wenn er wusste, dass sie nichts dafür konnte. Der Vermieter könnte etwas<br />

erleben, wenn er ihn in die Finger bekommen würde.<br />

»Aber ... aber das geht doch nicht. Ich meine, das ist doch meine Wohnung«, stotterte<br />

sie ungläubig vor sich hin.<br />

»So, wie ich das sehe, ist das eher unsere Wohnung.« Anna -Lena setzte sich<br />

geschockt auf das Sofa. Sie verstand gar nichts mehr. Wie konnte das denn sein?<br />

»Das geht aber nicht. Ich meine, der Vermieter muss einen Vertrag wieder löschen.<br />

Ich kann doch nicht ... nein, nie im Leben …«, regte sie sich auf und schüttelte energisch<br />

den Kopf.<br />

»Ich denke, so wie das aussieht, kommen wir da beide nicht so schnell raus. Wir<br />

können mit ihm reden, aber wenn er sich stur stellt, wird er auf die Verträge bestehen.«


Korea, 1941. Um die Moral der Kaiserlich Japanischen Armee zu stärken, denn Moral<br />

festigt die Effizienz und Leistungsfähigkeit der Truppen, werden junge Mädchen rekrutiert,<br />

um dem Kaiser zu dienen. Erst angeworben unter falschen Versprechen, später<br />

einfach den Familien gestohlen oder auf der Strasse verschleppt. Doch nicht nur in<br />

Fabriken oder kriegswichtigen Betrieben sollen sie die Arbeit aufnehmen, sondern auch<br />

in speziellen Häusern, in denen sie ihre Körper zur Verfügung stellen müssen. Thassa<br />

gerät in die Fänge des Anwerbers und wird verschleppt. In einem sogenannten Trosthaus<br />

wird sie vergewaltigt, gedemütigt und ausgenutzt. Takeo Nakamuro jedoch scheint<br />

die Rettung zu sein. Aufmerksam, liebevoll und privilegiert verschafft er Thassa scheinbar<br />

selbstlos eine Atempause. Doch der Preis ist hoch. Eine Odyssee beginnt, während<br />

der sie, nun auch schwanger, feststellt, dass nicht nur sie versucht, zu überleben und<br />

das nichts so ist, wie es zu sein scheint.<br />

Ein Offizier, der unerbittlich seinen Weg geht.<br />

Ein junges Mädchen, das zu lieben gelernt hat.<br />

Ein mächtiger Mann, der zu manipulieren versteht.<br />

Sie alle können ihrem Schicksal nicht entkommen.<br />

Preis TB: 19,90€<br />

Preis E-Book: 4,99€<br />

ISBN: 978-1980539247<br />

https://www.amazon.de/Thassas-Geschichte-Attaché-Devon-Anderson/<br />

dp/1980539243/


ER musste es tun. Sie ließen ihm keine Wahl. Nur würde<br />

es reichen? Würde ER es wieder tun müssen?<br />

Ein Junge stirbt. Reicht er als Opfer aus?<br />

Ein Kurzroman aus dem Bereich Krimi / Thriller von<br />

Denise Snowflake<br />

Preis TB:<br />

Preis E-Book: 1,99€<br />

ISBN:


Miriams neuer Chef ist ein Kotzbrocken. Die Ganztagsstelle, auf<br />

die sie schon solange wartete, wurde ihr endlich angeboten, allerdings<br />

mit einer Bedingung: Nachtarbeit.<br />

Sein Onkel, ihr ehemaliger Chef, unterbreitete Miriam ein nicht<br />

gerade seriöses Angebot: Sie sollte ihren neuen Chef zum Schein<br />

heiraten, damit dieser die Karriereleiter emporsteigen kann zum<br />

Geschäftsführer. Die Bedingungen klingen verlockend und Miriam<br />

willigt ein, entdeckt aber kurze Zeit später, dass dieser Vertrag<br />

einen gewaltigen Haken hat. Gefühle waren kein Bestandteil des<br />

Vertrages, aber genau diese geraten bei ihr völlig durcheinander.<br />

Kann sie sich von dem Haken lösen?<br />

Preis TB: 6,99€<br />

Preis E-Book: 2,99€<br />

ISBN: 978-1980754442<br />

https://www.amazon.de/Vertrag-mit-Haken-Bianka-Mertes/dp/1980754446/


Leseprobe<br />

Miriam war stinksauer. Da wagte ihr Freund es doch tatsächlich, heute Morgen mit ihr über<br />

WhatsApp Schluss zu machen. Der Typ hatte nicht mal genug Eier in der Hose, ihr persönlich<br />

unter die Augen zu treten. Er schrieb lieber einen kleinen Text und setzte ans Ende noch ein<br />

lachendes Emoji. Er konnte echt froh sein, wenn er ihr die nächste Zeit nicht über den Weg<br />

laufen würde. Denn dann könnte sie nicht garantieren, dass er ohne ein blaues Auge davonkommen<br />

würde.<br />

Zudem hatte sich für heute auch noch der neue Eigentümer der Firma angemeldet, der diese<br />

von ihrem alten lieben Chef aufgekauft hatte. Sein Ruf eilte ihm voraus. Ein Kerl, der es sich zur<br />

Aufgabe machte, Mitarbeiter zu entlassen und Firmen umzustrukturieren. Das komplette<br />

Gegenteil von Sebastian, ihrem alten Chef, der immer versucht hatte, keine Änderungen in der<br />

Firma herbeizuführen. Ihm war es wichtiger, jedem Mitarbeiter einen sicheren Stand in der<br />

Firma zu geben. Miriam sah sich in ihrem Hilfsjob schon als gekündigt. Da waren die Festangestellten<br />

wohl mal wieder im Vorteil.<br />

Ihre Kollegen liefen wie aufgescheuchte Hühner in der Gegend herum und räumten alles weg,<br />

was nicht niet- und nagelfest war. Akten, Geschirr und sogar die Stifte wurden fein säuberlich<br />

zurechtgelegt. Als ob sie das vor einer Kündigung retten würde. Wenn man einen rausschmeißen<br />

wollte, fände man schon einen Grund, ob er haltbar war oder nicht.<br />

Doch das Schlimmste war, er hätte vor ihnen stehen können und keiner hätte ihn erkannt.<br />

Auch Miriam kannte ihn nur vom Hörensagen und danach musste es sich um einen richtigen<br />

Kotzbrocken handeln. Nicht mal seinen Namen kannte sie. Er ging in seinem Beruf über Leichen,<br />

um das große Geld zu machen.<br />

Dabei wurde ihr wieder einmal der schlimmste Job zugewiesen, den diese Firma zu bieten<br />

hatte. Sie durfte die nette Empfangsdame spielen. Alle in der Firma drückten sich davor und<br />

hatten entweder gerade wichtigere Sachen zu erledigen oder verschwanden gekonnt eine halbe<br />

Stunde auf dem Klo. Soviel zu einem kollegialen Arbeitsverhältnis. Dabei hätte sich Miriam<br />

genauso gewünscht, sich in Luft auflösen zu können, doch einer Halbtagskraft wurde dieses<br />

Glück natürlich nicht zuteil. Also trottete sie von dem Großraumbüro in die Eingangshalle und<br />

nahm wohl oder übel hinter dem Empfangsschalter Platz, der nur einen Vorteil zu bieten hatte:<br />

Sie war für sich alleine und musste sich das Gezeter der Anderen nicht antun.<br />

Miriam sah auf die große Bahnhofsuhr, die die Eingangshalle schmückte. Noch eine halbe<br />

Stunde, dann würde sich ihr Schicksal in dieser Firma in Luft auflösen. Gerade sie wäre die Erste,<br />

die die Entlassungspapiere in die Hände gedrückt bekäme, da war sie sich sicher. Sie war immer<br />

noch die Neue im Betrieb und zudem nur eine billige Halbtagskraft, auf die man leicht verzichten<br />

konnte. Miriam hatte jetzt schon seit einem Jahr versucht, eine Vollzeitstelle zu ergattern,<br />

doch immer wieder wurde sie vertröstet. Diese Tatsachen trugen momentan zu ihrem Untergang<br />

bei.<br />

Miriam tippte gerade die letzten Worte des diktierten Briefes in den Computer ein, als sich<br />

mehrere Männer in grauen Anzügen durch die Eingangstür zwängten. Ältere Männer, wie sie<br />

aus den Augenwinkeln mitbekam, aber alle vier mit einer Statur wie Schränke. Dann folgte ein<br />

Jüngerer, der von zwei weiteren Älteren begleitet wurde.<br />

Miriam nahm die Kopfhörer aus den Ohren und legte sie zu dem Diktiergerät auf den Schreibtisch,<br />

bevor sie auf einen der älteren Männer zusteuerte, den sie für den neuen Besitzer hielt.<br />

»Einen wunderschönen guten Morgen. Ich freue mich, Sie in unserer Firma begrüßen zu<br />

dürfen«, leierte sie den auswendig gelernten Standardtext herunter, den selbst sie sich nicht<br />

abkaufen würde. Freundlich wie immer hielt sie dem Mann die Hand zur Begrüßung hin, der<br />

aber wie hypnotisiert in die gleiche Richtung starrte und nicht die Absicht hatte, ihre Hand zu<br />

greifen. Zuerst war sie wie vor den Kopf geschlagen, fing sich aber schnell wieder und folgte<br />

dem weiteren Prozedere.


»Wenn Sie mir bitte folgen würden.« Sie wies ihm mit der Hand den Weg. Abermals folgte<br />

keine Reaktion. So langsam kam sie sich verarscht vor.<br />

»Johann, Sie können jetzt mit Ihren Männern zurückkehren.« Miriam zuckte bei den Worten<br />

des jüngeren Mannes zusammen. Oh Gott, so ein Fehler durfte ihr einfach nicht passieren. Am<br />

besten sollte sie sofort fragen, wo sie ihre Entlassung unterschreiben soll. Die Männer verabschiedeten<br />

sich von dem offensichtlich neuen Chef und verließen die Halle. Miriam versuchte<br />

noch, zu retten, was sie konnte.<br />

»Entschuldigung, ich ...«, begann sie zu reden und erntete einen grimmigen Blick.<br />

›Am besten halte ich jetzt meine Klappe und zeige ihm einfach sein Büro‹, dachte sie kurz und<br />

suchte vor Scham ein Loch, in dem sie verschwinden könnte.<br />

»Folgen Sie mir bitte.« Sie ging vor und begleitete ihn, in den ersten Stock, wo sein neues<br />

Büro lag, vorbei an ihren Kollegen, die allesamt so taten, als wären sie unheimlich beschäftigt.<br />

Klar doch, als ob.<br />

»Hier ist Ihr Büro.« Sie wies auf die schwere Glastür, die aus Milchglas bestand. Er trat ein und<br />

schlug ihr die Tür vor der Nase zu, ohne auf sie achten.<br />

Miriam stand wie gelähmt vor der Tür. Normalerweise hätte sie ihm jetzt einen Kaffee oder<br />

Häppchen angeboten. Doch gerade wusste sie absolut nicht, was sie machen sollte. Zaghaft<br />

klopfte sie an die Tür und öffnete diese langsam.<br />

»Ich brauche nichts und ich will auch nicht gestört werden«, schrie er sie an, noch bevor die<br />

Tür ganz geöffnet war. Geschockt schloss sie die Tür schnell wieder. Selbst als ihr Chef musste er<br />

sich nicht so benehmen. Hatte der Kerl keinen Anstand gelernt? Sie beschloss, sich wieder an<br />

ihre Arbeit zu machen, und war eigentlich ganz froh, dass sie ihn zuerst mal los war. Doch sie<br />

hatte schon ein bisschen Schiss vor der nächsten Begegnung mit ihm. Miriam war bereits in so<br />

viele Fettnäpfchen getreten, sie sollte sich wirklich schon einmal nach einer neuen Arbeitsstelle<br />

umsehen. Bei ihm war sie wahrscheinlich unten durch und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie<br />

einen Umschlag mit der Aufschrift ›Kündigung‹ auf ihren Schreibtisch geknallt bekommt. Wieso<br />

musste ihr immer sowas passieren? Sie stopfte mit einem beklemmenden Seufzen die Ohrstöpsel<br />

wieder in die Ohren und tippte die wahrscheinlich letzten Worte in den Computer, bis sich<br />

neuer Besuch ankündigte, indem dieser an den Tresen trat.<br />

»Hallo, ich glaube, mein Bruder ist eben reingeschneit.« Der junge Mann grinste sie frech an.<br />

Miriam schätzte ihn nicht viel älter als sich selbst und er sah verdammt gut aus. Wieder nahm<br />

sie die Ohrstöpsel heraus und blickte ihn unverwandt an.<br />

»Dafür müsste ich erst einmal wissen, wer Ihr Bruder sein soll«, gab sie ihm freundlich zu verstehen,<br />

denn schließlich hatte sie das Hellsehen noch nicht erlernt.<br />

»Richtig«, stimmte er ihr zu und grinste noch breiter, »er hat den Laden hier gekauft.« Miriam<br />

wurde kreidebleich. Nicht noch einer von denen, jedoch schien dieser hier wenigstens freundlicher<br />

zu sein. Da fiel ihr ein, dass sie nicht mal den Namen ihres neuen Chefs kannte. Er hatte<br />

ihr keine Gelegenheit gegeben, danach zu fragen.<br />

»Ich bringe Sie hin«, meinte sie nervös, nachdem sie sich wieder gefangen hatte, und führte<br />

den Besucher ebenfalls in den ersten Stock zu dem Büro, klopfte vorsichtig mit zusammengebissenen<br />

Zähnen an und öffnete die Tür.<br />

»Hören Sie eigentlich schlecht? Ich habe doch gesagt, dass ich nichts brauche«, keifte ihr<br />

neuer Chef sie vom Schreibtisch her an.<br />

»Hier ist Besuch für Sie«, meinte sie kleinlaut, und bemühte sich, ihre aufkommende Wut zu<br />

unterdrücken. Als wenn sie etwas dafür könnte, dass er ausgerechnet jetzt Besuch bekam. Im<br />

Gegenteil, am liebsten wäre sie ihm heute nicht mal mehr begegnet.<br />

»Musst du eigentlich immer allen Leuten Angst einflößen«, konterte der Besucher, bedankte<br />

sich mit einem liebenswürdigen Lächeln und frechem Augenzwinkern bei Miriam und betrat das<br />

Büro.<br />

Miriam war froh, sich an ihren Schreibtisch zurückziehen zu können und ihrer Arbeit nachzugehen,<br />

solange sie noch konnte. Hoffentlich würde nicht noch einer von denen auftauchen. Das<br />

würde sie nicht überleben.


Kann ein Zombie unbemerkt in der heutigen Zeit<br />

überleben?<br />

Wer ist JACK? Warum wandelt er auf Erden? Und wie<br />

schaut sein Alltag aus?<br />

Lachen, schmunzeln und „leiden“ sie mit dem Zombie,<br />

der eigentlich kein Blut sehen mag…<br />

Der erste Teil aus dem Bereich Satire / <strong>Fantasy</strong> von<br />

Denise Snowflake<br />

Preis TB:<br />

Preis E-Book: 0,99€<br />

ISBN:


Seit drei Jahren lebt Martin mit Nancy, ihrer hochbegabten Tochter Charlie<br />

und dem kleinen Ian im irischen Abbeyfeale. Nach außen hin sind sie eine<br />

Vorzeigefamilie, hinter verschlossenen Türen allerdings eine reine Wohngemeinschaft.<br />

Ihre Nachbarn wissen Bescheid und akzeptieren die<br />

Lebensweise. Bis Al, die jüngste Nachbarin, einen anderen Job annimmt<br />

und ihr Haus vermietet an Miss Theodora van McGill. Eine ehemalige<br />

Hausdame, die nach strengen Regeln lebt und diese auf die Nachbarn<br />

übertragen will, wenn nötig auch mit Gewalt. Miss van McGill ist mit der<br />

Nachbarschaft sowie den von Martin betreuten Streetkids nicht einverstanden<br />

und bereitet eine Menge Unruhe. Martin und Nancy müssen einen<br />

Kampf gewinnen, der sie zusammenschweißt und ungeahnte Folgen für<br />

die Zukunft hat.<br />

Preis TB: 6,99€<br />

Preis E-Book: 2,99€<br />

ISBN: 978-1-9809-1930-8


Leseprobe<br />

Kapitel 1<br />

Drei Jahre war es nun her, dass Martin Nancy und die kleine Charlie kennengelernt<br />

hatte. Charlie, dieses vierjährige Mädchen mit Hochbegabung, das so manchen<br />

Erwachsenen in die Tasche stecken konnte, hatte es doch tatsächlich geschafft, Martin<br />

um den Finger zu wickeln.<br />

Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht hing er seinen Gedanken nach und<br />

genoss die Sonne, die angenehm warm auf seinen Körper schien und ihn müde werden<br />

ließ.<br />

Seine Beziehung war genauso am Ende wie er mit den Nerven. Diese Frau hatte ihm<br />

den letzten Nerv geraubt mit ihrem Schönheitsbeton im Gesicht. Er hatte sich von ihr<br />

getrennt und sie ihm aus Frust die Wohnung angezündet. Er war bei Stevie untergekommen,<br />

die auch Nancy und ihre Tochter Charlene, kurz Charlie genannt, beherbergte.<br />

Er wollte zu dem Zeitpunkt nie wieder etwas mit Weibern anfangen, genauso<br />

wenig wie Nancy mit Kerlen. Sie hatte, nach dem brutalen Erlebnis mit ihrem verstorbenen<br />

Mann, Angst vor der männlichen Spezies. Martin sah keinen Ausweg und trat die<br />

Flucht an. Seine sanierte Wohnung überschrieb er an Charlie, damit sie und ihre Mutter<br />

ein eigenes Dach über den Kopf hatten und einer sorgenfreien Zukunft entgegenblicken<br />

konnten. Er selbst wollte nie die Verantwortung für ein Kind übernehmen und baute sich<br />

in Abbeyfeale ein neues Leben auf. Ihm gefiel es in Irland und er wollte dort bleiben, als<br />

ein Brief von seinem Kumpel Big Dan bei ihm eintraf und von den Sorgen um Charlie<br />

erzählte und ihm unterschwellig drohte, seinen Hintern sofort wieder zurückzubewegen.<br />

Big Dan sollte man lieber Folge leisten, seine Bitten ähnelten mehr Befehlen und<br />

Ungehorsam kam bei ihm nicht gut an. Somit war Martin für einen kurzen Besuch<br />

zurückgekehrt, um alles zu klären. Zurück kam er mit Nancy und Charlie im Gepäck.<br />

Charlie hatte bestimmt, die Wohnung für soziale Notfälle zur Verfügung zu stellen, und<br />

Stevie sollte die Verwaltung übernehmen. Nancy erholte sich langsam von ihrem<br />

Trauma, fasste immer mehr Vertrauen zu Martin und Charlie wuchs so auf, wie man es<br />

sich für Kinder wünschte, mit Mutter und Vater, obwohl das Mädchen genau wusste,<br />

dass die beiden nicht verheiratet waren, aber das war ihr egal, sie liebte trotzdem beide.<br />

Eine ungewöhnliche Familie, die nach außen den Schein einer perfekten Gemeinschaft<br />

wahrte.<br />

Nur die Küche, das Wohnzimmer und der Flur wurden gemeinsam genutzt, ansonsten<br />

hatte jeder sein eigenes Reich, selbst der Garten war aufgeteilt, nur Charlie, die<br />

nutzte alles.<br />

»Maaaaaaaaaaaartiiiiiiiiiiin«, drang die aufgeregte Stimme von Charlie an sein Ohr. Wie<br />

ein Brett unter Spannung, bei dem die Halterung gerissen war, schoß er in die Höhe.<br />

»Was ist?«, fragte er verwirrt das Mädchen.<br />

»Weißt du schon? Al zieht weg«, berichtete Charlie aufgeregt. »Sie hat eine Stellung<br />

im Nationalpark bekommen.«


Martin hatte so etwas schon geahnt, denn Al, die eigentlich Alexandra hieß, verfolgte<br />

schon seit Jahren das Ziel im aktiven Tierschutz. Ihr war nichts zu hoch, nichts zu tief<br />

und nichts zu weit, wenn es um ein verletztes Tier ging. Aber auch die Pflanzen<br />

schützte sie. Wegen einer ausgestorben geglaubte Pflanze war sie über neunhundert<br />

Meilen gefahren, um diese vor den Forschern zu retten. Sie kämpfte mit allen Mitteln,<br />

damit diese Pflanze an Ort und Stelle bleiben durfte, wo sie gerade wuchs, und im<br />

Umkreis von zwanzig Meilen ein Naturschutzgebiet errichtet wurde. Viele nannten sie<br />

eine Spinnerin, aber sie hatte einen ungeahnten Erfolg. Man nahm sie und ihre Aktivitäten<br />

endlich wahr und somit kam sie ihrem Traum auch immer näher. Nun sollte er sich<br />

erfüllen und Martin freute sich für die Zweiundzwanzigjährige. Charlie hingegen war<br />

traurig, denn ihre große Freundin musste nun weit wegziehen, und konnte sie nicht<br />

mehr verwöhnen. Obwohl Nancy und auch Martin immer so taten, als wüssten sie<br />

nichts davon, war ihnen doch sehr bewusst, dass Charlie sich da täglich durchfutterte<br />

wie eine siebenköpfige Raupe. Al liebte Nüsse in jeglicher Form und Größe und Charlie<br />

war auf den Geschmack gekommen, nutzte jede Gelegenheit, sich ihre tägliche Portion<br />

abzuholen. Nancy nahm es mit einem Schmunzeln hin und steckte Al regelmäßig ein<br />

bisschen Geld zu, damit sie wieder Nachschub besorgen konnte.<br />

Charlie war der Liebling der Siedlung und jede der Frauen kümmerte sich rührend<br />

um das kleine, überschlaue Mädchen. Bei Mel, der Pflegehelferin studierte sie die<br />

medizinischen Fachbücher, bei Susan, der Leiterin der Jugendbehörde und Martins<br />

Chefin, durfte sie die Fachbücher und Gesetze durchforsten. Nur ihre Schulbücher wanderten<br />

regelmäßig nach ganz unten in ihrem Lektürenstapel. Diese kramte Nancy täglich<br />

wieder hervor und legte diese ihrer Tochter auf den Schreibtisch. Sie war dankbar,<br />

in den Lehrern ihrer Tochter verständnisvolle Menschen kennengelernt zu haben, die<br />

Charlie auch dementsprechend forderten, obwohl sie diejenige war, die den anderen<br />

Kindern schon weit voraus war bei dem Lehrstoff. Sehr oft durfte Charlie ihren Mitschülern<br />

Nachhilfe geben, eine Idee ihrer Klassenlehrerin, um dem Mädchen eine sinnvolle<br />

Aufgabe zu geben und vor allem, den sozialen Kontakt zu Gleichaltrigen zu fördern.<br />

Somit festigte sich ihr Wissen immer mehr und sie gewann eine gute Portion an Sozialkompetenz.<br />

Mittlerweile stöberte sie schon in den Büchern für die Achtklässler und<br />

konnte ihre Lehrer immer fragen, wenn sie etwas nicht verstand. Ebenso standen<br />

Nancy, Martin und alle Nachbarinnen ihr zur Seite und hatten ihren Spaß mit dem<br />

wandelnden Lexikon auf zwei Beinen.<br />

So schön es war, dass Charlie so schlau war, gab es aber auch Probleme mit ihrem<br />

sozialen Verhalten. Von älteren Schülern ließ sie sich nichts sagen, fremden Menschen<br />

warf sie schon freche Sprüche entgegen, wenn diese sie belehrten oder von etwas<br />

überzeugen wollten, da musste eindeutig noch an ihrem Verhalten gearbeitet werden.<br />

Sie musste lernen, dass nicht alle Menschen so schlau waren wie sie selbst. Ein Problem<br />

ihrer Hochbegabung, das noch gelöst werden sollte. Charlie benahm sich mehr wie<br />

ein Junge, wurde aggressiv, wenn etwas nicht nach ihrem Willen ging, spielte aber auch<br />

gerne den Klassenkasper, wenn sie sich langweilte. Ihr Sportlehrer schlug ein Sporttraining<br />

vor, welches speziell auf Charlie zugeschnitten wäre. Körperliche Aktivitäten in Verbindung<br />

mit Zahlen, Wörtern und Wissen. Obwohl es in ihrer Freizeit stattfand, hatte<br />

Charlie Spaß daran und viele ihrer Klassenkameraden, die einfach Spaß am Lernen


hatten, machten mit. Seitdem hatte sich Charlies Verhalten auch ein wenig gewandelt,<br />

bis zu einem gewissen Tag.<br />

Kapitel 2<br />

Entgegen allen Befürchtungen der Nachbarn hatte Al ihr Haus nur vermietet und nicht<br />

verkauft. Jeden Tag rechneten alle damit, einen Möbelwagen vor der Tür zu entdecken.<br />

Sechs Wochen geschah nichts, dann kam der Tag, der für alle Bewohner des Viertels<br />

eine große Veränderung bringen sollte.<br />

Charlie kam gerade aus der Schule, als der Wagen einparkte. Eine ältere Frau entstieg<br />

dem dahinter stehenden Taxi, die den Fahrer ungehalten ankeifte.<br />

»Angenehm war die Fahrt gewiss nicht, dieses Geschaukele war unerträglich. Trinkgeld<br />

bekommen Sie nicht, eigentlich müsste ich Sie auf Schmerzensgeld verklagen.«<br />

»Tun Sie es doch, Sie alte Pissnelke mit Sahnehäubchen. Die ganze Zeit haben Sie<br />

doch rumgeschnattert wie eine olle Pute. Tür zu!«, schrie der Fahrer.<br />

Charlie unterdrückte ein Kichern bei den Worten, die sie lustig fand, und nahm sich<br />

fest vor, ihre Mutter zu fragen, was die Worte zu bedeuten hatten. Sie lief auf die Haustür<br />

zu, die bereits von innen geöffnet wurde. Im Türrahmen stand Martin, fing den kleinen<br />

Wirbelwind auf und drückte ihr ein Küsschen auf die Wange. Freudestrahlend<br />

schlang sie ihre Arme um seinen Hals und klammerte sich fest.<br />

»Na, wie war es in der Schule? Hast was Neues gelernt?«, fragte er sie sogleich.<br />

»Nö, in der Schule nicht, aber auf der Straße«, gab sie spontan mit einem unterdrückten<br />

Kichern von sich.<br />

»Hier? Was denn?«, wollte Martin nun wissen. Er hatte eben die Dame auch<br />

beobachtet, wie sie aus dem Taxi stieg. Martin schätzte sie auf ungefähr Mitte sechzig,<br />

vielleicht Anfang siebzig, ihr Kleid zeugte von Geschmack für Mode, gleichzeitig einer<br />

gewissen Vornehmlichkeit. Anscheinend kam sie aus gutem Hause und Martin bezweifelte,<br />

ob sie sich hier wirklich einfügen und wohlfühlen konnte.<br />

»Was ist eine Pissnelke mit Sahnehäubchen?«, sprudelte die Frage gleich aus Charlies<br />

Mund und sorgte dafür, dass Martin sie fast fallen ließ und ein rötlicher Schimmer<br />

sich über seine Wangen bis hin zur Stirn zog. Ungläubig blickte er das Mädchen auf<br />

seinem Arm an und schluckte den Kloß in seinem Hals gewaltsam runter.<br />

»Wie bitte? So was sagt man aber nicht«, meinte er mit belegter Stimme.<br />

»Hat der Taxifahrer eben aber getan und olle Pute hat er auch gesagt«, feixte Charlie.<br />

»Das sind beides Beleidigungen, die man nicht sagt, Charlie, das musst du mir versprechen,<br />

ja?«, verlangte er ihr ein Versprechen ab.<br />

»Ich weiß ja gar nicht, was es bedeutet und wenn du es mir nicht erklärst, dann frage<br />

ich morgen meinen Lehrer«, erpresste Charlie ihn. Martin schluckte den wiederkehrenden<br />

Kloß erneut herunter. Liebend gern hätte er ihr gesagt, dass sie noch zu jung sei<br />

für solche Worte, dabei wusste er doch ganz genau, geistig war sie so weit. Er wollte<br />

nicht die Fehler machen, die so oft bei hochbegabten Kindern gemacht wurden, sie als<br />

dumm oder nicht reif genug abstempeln. Wohl oder übel musste er ihr jetzt den Begriff<br />

erklären, mit Sicherheit aber nicht an der offenen Haustür. Er ging mit Charlie auf dem


Arm in die Küche und setzte sich dort auf den Stuhl, während Nancy ihrer Tochter im<br />

Vorbeigehen ein Küsschen gab und sie begrüßte.<br />

»Mama, was ist eine Pissnelke mit Sahnehäubchen?«, fragte diese nun ihre Mama,<br />

der vor lauter Schreck die Tasse aus der Hand glitt.<br />

»Ähm ja ... wo hast du bitte diesen Begriff her?«, bemühte sich Nancy, sich vor der<br />

Erklärung zu drücken, dabei wusste sie doch ganz genau, ihre Tochter würde die Frage<br />

nicht vergessen und immer wieder eine Antwort verlangen. Ein Seufzen der Verzweiflung<br />

kam ihr über die Lippen.<br />

»Ja, also, dann erkläre ich es dir.« Nancy wusste nicht, ob sie jetzt lachen oder<br />

heulen sollte. Einer Siebenjährigen solche Begriffe zu erklären, gehörte nicht zu Nancys<br />

Lieblingsaufgaben. Da kam ihr der Spruch von ihrer lieben Großmutter wieder in den<br />

Sinn: Wat mut, dat mut. Genervt verdrehte Nancy ihre Augen.<br />

»Mit dem Wort beleidigt man Frauen ganz böse. Es ist abwertend und tut einer Frau<br />

sehr weh, wenn sie das hört«, stammelte Nancy.<br />

»Das es ein Schimpfwort ist, hat mir Martin schon gesagt, ich will aber die genaue<br />

Bedeutung wissen«, motzte Charlie, rutschte von Martins Schoß herunter und stampfte<br />

zur Bekräftigung mit dem Fuß auf.<br />

»Du bist ein kleiner Dickkopf, Charlene und so wirst du von mir gar nichts erfahren,<br />

haben wir uns verstanden?«, maßregelte Nancy ihre Tochter.<br />

»Menno, ja doch«, gab diese genervt von sich, um den nächsten Anlauf auf eine Antwort<br />

zu starten. »Aber wieso ist das beleidigend?« Martin warf Nancy einen mitfühlenden<br />

Blick zu und übernahm diese leidvolle Aufgabe. Für sie war es unmöglich, ihrer<br />

Tochter eine Erklärung zu geben, kehrten doch schlagartig ihre schlechten Erfahrungen<br />

mit Charlies Vater zurück.<br />

»Komm her, Charlie, ich erkläre es dir jetzt.« Das Mädchen kam wieder auf ihn zu<br />

und krabbelte zurück auf seinen Schoß, schmiegte sich an seine Brust.<br />

»Ich will es doch gar nicht benutzen, ich will doch nur wissen, was es bedeutet, damit<br />

ich es nicht doch mal aus Versehen sage«, flüsterte Charlie an seiner Brust. Er streichelte<br />

ihr liebevoll über den Kopf, da er sie doch gut genug kannte, um zu wissen, wie<br />

sehr sie darauf bedacht war, verbotene Wörter nicht zu gebrauchen.<br />

»Dieses Wort mit P wertet eine Frau ab, wenn sie Männern etwas ganz Bestimmtes<br />

versprochen hat und dann nicht hält«, gab er ihr die Erklärung in kindgerechter Form,<br />

mit Charlies Schlagfertigkeit hatte er wieder einmal nicht gerechnet.<br />

»Du meinst Sex?« Charlies Kopf ruckte empor und blickte ihn treuherzig an. Fehlte<br />

nur noch das Klimpern mit den Augenlidern, dann wäre alles perfekt oder auch nicht.<br />

»Äää...hm ...«, stotterte Martin, »so ungefähr.«<br />

»Aber sie hat sich doch nur von ihm fahren lassen, außerdem ist die doch viel zu alt<br />

für den Taxifahrer. Der war viel jünger und viel zu hübsch für die olle Pute«, konterte<br />

Charlie naseweis.<br />

»Charlene! Du sollst niemanden beleidigen und olle Pute gehört auch zu den<br />

Schimpfworten, die hier nicht benutzt werden.« Nancy war erzürnt, während Martin sich<br />

ein Lachen gerade noch verkneifen konnte. Sie konnte es genau an seinen Augen<br />

sehen, wie er innerlich herzhaft lachte, und musste sich zwingen, nicht auch sofort loszulachen.<br />

Sie kannte die neue Nachbarin noch nicht.


»Tschuldigung, aber das hat der Taxifahrer auch gesagt«, wollte sich Charlie rausreden.<br />

»Das ist völlig egal, nur weil er es getan hat, musst du es nicht auch tun, haben wir<br />

uns jetzt verstanden?«, fragte Nancy streng nach.<br />

»Wenn es sein muss«, gab Charlie zurück, von einem Einsehen weit entfernt.<br />

»Geh jetzt bitte auf dein Zimmer und mach die Hausaufgaben, ich brauche noch ein<br />

wenig Zeit für das Essen.« Nancy schickte ihre Tochter bewusst in diesem Moment erst<br />

einmal weg, obwohl das Mittagessen bereits fertig war. Mit hängendem Kopf verließ<br />

Charlie die Küche und rannte in ihr Zimmer. Es knallte einmal laut und Nancy, sowie<br />

auch Martin warteten auf den zweiten Knall, der dann bewies, dass die Tür aus den<br />

Angeln gefallen war.<br />

Sie prusteten leise, kurz nachdem Ruhe eingekehrt war.<br />

»Die hat aber auch überall ihre Ohren, es wird immer verrückter mit ihr«, brachte<br />

Nancy mühsam hervor, kämpfte aber immer noch mit ihrem Lachanfall.<br />

»Und es wird immer lustiger mit ihr. Ihre Wissensgier wird langsam unerträglich und<br />

für uns immer peinlicher. Jetzt stell dir mal vor, sie hätte morgen vor der Klasse ihren<br />

Lehrer oder womöglich sogar ihre Klassenlehrerin gefragt.« Bei der Vorstellung brachen<br />

beide in lautes Gelächter aus. Der Sportlehrer war ein tougher Typ, sah gut aus und zur<br />

Schande aller Frauen homosexuell. Er ging offen damit um, allen Schülern und auch<br />

den Elternteilen war diese Tatsache bekannt. Sie gingen damit ganz normal um, da sie<br />

doch wussten, dass er in einer festen Beziehung lebte. Bereits zum dritten Mal in Folge<br />

wurde er zum Vertrauenslehrer gewählt. Um Erfolg bei den Kids zu haben, wählte er<br />

andere Wege, als diese in den Vorschriften vorgegeben waren und kam immer ans Ziel<br />

damit.<br />

Nur die Klassenlehrerin war da etwas konservativ eingestellt. Sie war Katholikin und<br />

für sie war so etwas absolut nicht akzeptabel, musste sich aber dem Willen und den<br />

Vorschriften der Schulleitung beugen.<br />

Als Team waren alle Lehrer eine Wucht, es gab keine Aufgabe, der sie sich nicht<br />

stellten. Ein Grund, warum sie auch Charlie immer mehr forderten und nicht einfach<br />

abschoben in ein Internat für Hochbegabte. Es sollte aufgrund der Vergangenheit<br />

Nancys und ihrer Tochter darauf verzichtet werden, eine Trennung der beiden herbeizuführen.<br />

Auch Martins Vergangenheit kannten sie und waren einschlägig der Meinung,<br />

dass sich Nancy und Martin gut ergänzen und gegenseitig stabilisierten. Genau das,<br />

was Charlie brauchte; eine einfühlsame und stabile, familiäre Umgebung.<br />

Ende Leseprobe Teil II


Emilie freut sich auf den gemeinsamen Urlaub mit ihrem Vater. Allerdings<br />

ist ihm die Arbeit dann doch wieder wichtiger. Sie wusste auch, dass er<br />

keine Wahl hatte, sie aber auch nicht. Und dann ständig diese Bandleader,<br />

die er anschleppt und in ihrem Zuhause einquartiert, alles nur zickige<br />

Diven.<br />

Dies Mal ist es aber anders: Zur Abwechslung schleppt ihr Vater diesmal<br />

einen Kerl an, Shawn. Emilie gerät in Gewissenskonflikte, da ihr Freund ein<br />

totaler Kontrollfreak ist und alles von seinem Terminkalender abhängt. Wie<br />

soll sie ihm das beibringen, dass nun eine männliche Diva mit ihr unter<br />

einem Dach wohnt?<br />

Shawn ist ein kleiner Fiesling und wettet mit ihr um einen Kuss. Gewinnt<br />

sie diese Wette?<br />

Preis TB: 7,99€<br />

Preis E-Book: 2,99 €<br />

ISBN: 978-1980954392<br />

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Leseprobe<br />

»Wie viele dann?« Also hatte sie doch recht. Das durfte nicht wahr sein. So langsam<br />

drehte sie echt durch. Noch mehr von diesen Diven auf einem Haufen konnte sie nicht<br />

ertragen. Sie würde sich freiwillig in ein Heim einweisen lassen für die Zeit.<br />

»Du verstehst da, glaube ich, etwas falsch. Es ist kein Mädchen, sondern ein Junge.«<br />

Jetzt half auch sein aufgesetzter Hundeblick nichts mehr.<br />

»Das ist jetzt nicht wirklich dein Ernst, oder? Du machst dich gerade über mich<br />

lustig.« Zumindest hoffte sie das. Doch der Ausdruck von Reue auf seinem Gesicht ließ<br />

ihre Hoffnung wie eine Seifenblase zerplatzen.<br />

»Das ist leider kein Witz. Mein Chef möchte sich nicht mehr nur auf Mädchenbands<br />

spezialisieren. Deshalb ist das für ihn eine riesige Chance. Vielleicht hast du auch<br />

schon von ihnen gehört, die sind echt gut.« Er versuchte ihr doch jetzt nicht wirklich, die<br />

Sache schmackhaft zu machen? Das konnte er getrost vergessen. Darauf würde sie<br />

erstens nicht reinfallen und zweitens niemals zustimmen.<br />

»Ich habe bis jetzt nie etwas gesagt, wenn du diese verzogenen Gören angeschleppt<br />

hast, aber das - nein, nicht mit mir. Ich weigere mich, mit so einem Möchtegern-Rocker<br />

unter einem Dach zu leben. Das kannst du nicht von mir verlangen.« Sie protestierte so<br />

lautstark, dass sogar die Bilder an der Wand wackelten. Auch wenn sie bereits ahnte,<br />

dass es ihr wahrscheinlich nichts bringen würde. Ihr Vater hatte einen Vertrag unterschrieben,<br />

bei dem er sich verpflichtete, diese Leute aufzunehmen. Toll und das, nachdem<br />

sie ihm das mit dem Urlaub gerade einmal so verziehen hatte. Emelie raufte sich<br />

vor Wut die langen dunklen Haare.<br />

»Emelie …«<br />

»Schon gut, ich habs kapiert. Aber das ist das einzige und letzte Mal. Wenn der mir<br />

dumm kommt, zieh ich aus.« Es hatte keinen Sinn zu diskutieren, das wusste sie. Aber<br />

das hieß ja nicht, dass sie ihn auch mit offenen Armen empfangen musste. Sie malte<br />

sich schon ein Bild vor dem inneren Auge aus, wo sie ihn so richtig leiden ließ, und<br />

lachte in sich hinein. Vielleicht würde sie diese Zeit doch noch genießen. Stellte sich nur<br />

noch die Frage, wie sie ihrem Freund beibringen sollte, dass ab jetzt ein Kerl unter<br />

ihrem Dach leben würde.<br />

»Emelie, kommst du bitte einmal runter. Ich muss dir jemanden vorstellen.« Sie hatte<br />

bereits sein Auto in der Einfahrt gehört und wusste genau, wen er ihr vorstellen wollte,<br />

als er am Abend nach Hause kam. ›Also auf in den Kampf‹, dachte sie sich noch, bevor<br />

sie die Treppe hinunter nahm.<br />

Am Eingang stand ein blonder Typ in Lederjacke und mit fransenbesetzten Lederarmbändern<br />

lässig an der Wand gelehnt, wobei er Emelie von oben mit bis unten mit seinen<br />

blauen Augen abschätzend anblickte. ›Der kommt sich gerade wohl sehr cool vor‹,<br />

lachte sie in sich hinein. Niemand hatte ihr gesagt, dass sie auch nett zu ihm sein<br />

musste. Sie blieb mitten auf der Treppe stehen, verschränkte die Arme vor der Brust<br />

und grinste ihn herausfordernd an. Sie wollte gleich klarstellen, dass sie ihm keinen<br />

Gefallen tun würde.<br />

»Okay«, stieß ihr Vater verunsichert aus und folgte den Blicken der beiden. Er war<br />

sich sicher, nicht wissen zu wollen, was die beiden gerade dachten. »Also, das ist<br />

Shawn, meine Tochter Emelie und ich hoffe, ihr kommt gut miteinander aus.« Den letzten<br />

Satz betonte er lieber ein bisschen stärker, denn die Blicke der Zwei waren ihm<br />

nicht ganz geheuer. Die sahen eher nach einer Herausforderung, statt nach einer<br />

Begrüßung aus.<br />

»Wir werden uns mit Sicherheit gut verstehen, mach dir keine Sorgen«, gab Emelie<br />

strahlend und zuckersüß zurück, doch ihre grünen Augen blitzten schelmisch auf. Trotz-


dem hielt sie dem Jungen die Hand zur Begrüßung hin, die er auch frech grinsend<br />

nahm und zudrückte. Nur leider ein wenig zu fest für ihren Geschmack. Emelie sah ihn<br />

warnend an, doch er hatte nichts Besseres zu tun, als sie weiter anzugrinsen. Okay,<br />

wenn er meinte. Emelie entzog ihm die Hand, die sich durch den Druck leicht rot gefärbt<br />

hatte. Sie würde ihm schon zeigen, wer hier das Sagen hatte. Er war das mit Sicherheit<br />

nicht.<br />

»Nett.« Er legte den Kopf schief und sah ihr frech ins Gesicht. Am liebsten wäre Emelie<br />

ihm sofort an die Gurgel gegangen, doch solange ihr Vater im Raum war, wollte sie<br />

das unter allen Umständen vermeiden. Dafür würde sie auch später noch Zeit finden.<br />

Denn schließlich würde Thomas nicht immer an seiner Seite sein. Sie würde ihn schon<br />

noch früh genug spüren lassen, dass er hier absolut nichts zu Kamellen hatte.<br />

Plötzlich klingelte ihr Handy und sie wandte sich von den Zweien ab, um den Anruf<br />

entgegenzunehmen. Es war ihr Freund Florian, wie sie schon auf dem Display<br />

erkennen konnte.<br />

»Wie, du bist bald hier? Ja klar, ich mache mich sofort fertig. Ja gut. Klar ich komme<br />

gleich.« Sie strahlte bis über beide Ohren, legte auf und drehte sich aufgeregt zu ihrem<br />

Vater um. Shawn beachtete sie derweil kein Stück mehr. Dieser Typ ging ihr echt am<br />

Hinterteil vorbei. »Florian kommt gleich vorbei und holt mich ab. Wir gehen ins Kino,<br />

also werde ich vor zweiundzwanzig Uhr nicht zu Hause sein. Ist das okay für dich?«<br />

»Ähm, natürlich, mach dir einen schönen Abend.« Vielleicht konnte er ja so seine<br />

Tochter wenigstens etwas besänftigen. Hoffte er zumindest. Wenn er an die Blicke der<br />

Zwei dachte, glaubte er eher nicht daran. Da käme wahrscheinlich eher noch ein<br />

Haufen Arbeit auf ihn zu.<br />

»Sehr schön«, gab Emelie zurück und rannte die Treppe hoch in ihr Zimmer, um sich<br />

fertig zu machen. Shawn folgte ihr mit einem nachdenklichen Blick und grinste schließlich<br />

breit. Auch wenn Emelie kein Wort gesagt hatte, verstand er ihre Herausforderung<br />

nur zu genau. Und er freute sich schon sehr auf die Zeit in diesem Haus. Vor allem auf<br />

das, was sie vorhatte.<br />

Emelie war gerade dabei, ihre Sachen für den Abend mit Florian zurechtzulegen, da<br />

hörte sie, wie ihr Vater mit Shawn ins Obergeschoss kam, der ihm anscheinend schon<br />

einmal sein zukünftiges Zimmer zeigen wollte. Es gab hier drei Schlafzimmer. Das von<br />

ihrem Vater, ihr eigenes und dazwischen ein weiteres, dass sie als Gästezimmer nutzten.<br />

Doch plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie musste unter allen Umständen verhindern,<br />

dass Florian diesem Kerl über den Weg lief. Das könnte nur zu unnötigen Problemen<br />

führen. Er könnte die ganze Situation missverstehen, wenn er ihn zu Gesicht bekam.<br />

Und das durfte einfach nicht passieren.<br />

Schnell zog sie sich an, rannte die Treppe wieder runter und kam gerade rechtzeitig<br />

zum Klingeln an der Tür an.<br />

»Ich geh schon«, rief sie ihrem Vater zu, wobei sie sich umsah, ob die Luft wirklich<br />

rein war. Erleichtert atmete sie auf, da sie keinen entdecken konnte und öffnete die Tür.<br />

»Du hast dich aber beeilt.« Sie lachte Florian nervös entgegen, der sie nachdenklich<br />

und mit offenem Mund betrachtete.<br />

»Willst du wirklich so mitkommen?« Sein Blick blieb auf ihren Unterkörper gerichtet<br />

und Emelie verstand gar nicht, was er gegen die Hose hatte, die sie sich zurechtgelegt<br />

hatte.<br />

»Ja, wieso? Was stimmt denn nicht mit meinem Outfit?« Sie blickte nachdenklich an<br />

sich herunter, bis sie geschockt auf ihre nackten Beine sah. Verdammt. Dieser Shawn<br />

war nicht mal in der Nähe und sie drehte schon durch. Das war das Letzte. Sie hatte<br />

sich zwar eine Jeans zurechtgelegt, doch jetzt stand sie in Pullover und Höschen vor<br />

Florian und schämte sich, was das Zeug hielt. Sie war so was von bescheuert. Erst jetzt<br />

fiel ihr auf, dass Florians Blick auf ihrem Höschen festhing und schrie laut auf, während<br />

sie hektisch versuchte, alles mit den Händen zu verdecken.


Hätte Mila gewusst, was in dem Brief gestanden hat, hätte sie ihn niemals geöffnet. Sie<br />

hätte ihn lieber zerrissen, verbrannt und dann seine Asche in alle Himmelsrichtungen<br />

verstreut. Aber sie war zu gespannt, auf das, was dort geschrieben stand. Und so hatte<br />

das einfache Wort »EINLADUNG« ihre Neugier geweckt.<br />

Zaghaft öffnete sie den goldenen Umschlag, denn eigentlich gab es so etwas in ihrer<br />

Familie nicht. Ihre Mutter und sie waren die Einzigen, die es noch gab. Wer also sollte<br />

ihr eine Einladung schicken. Sie kannte jedenfalls keinen.<br />

Sie zog die schön mit Gold verzierte weiße Karte heraus und las die Worte leise vor:<br />

»Einladung zum Mysterious Game«<br />

Die Frage nach dem wo und wann wurde offengelassen. Diese Karte war nicht nur<br />

mysteriös, sie war auch offensichtlich ein Fake. Wer würde schon so einen Quatsch<br />

verschicken. Und dann ausgerechnet auch noch ihr.<br />

Also steckte sie sie zwischen den Stapel Zeitungen, den sie in einer Ecke ihres Zimmers<br />

gebunkert hatte, und hatte sie sie auch schon bald vergessen, bis sie eines Tages<br />

zusammen mit dieser Karte und einer Anweisung in einem völlig verstaubten Zimmer<br />

aufwachte.<br />

Preis TB: 8,99€<br />

Preis E-Book: 2,99€<br />

ISBN: ISBN: 978-1980954484<br />

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Leseprobe<br />

Mila sah sich im Raum um und wunderte sich. Dieses Zimmer hatte offensichtlich keine<br />

Tür oder ein Fenster, wie zur Hölle war sie hier rein gelangt, noch dazu wo war sie hier<br />

genau? In ihrem innersten machte sich das Gefühl von Panik breit, dabei brauchte sie<br />

wahrscheinlich gerade jetzt einen klaren Kopf. Aber das war ihrem Körper ziemlich egal,<br />

er zitterte wie Espenlaub.<br />

Sie stand auf und sah sich um. Irgendwo hier musste es doch einen Ausgang geben,<br />

schließlich musste sie ja auch auf irgendeine Weise hier reingekommen sein. Sie<br />

spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, zugleich hämmerte mit geballten Fäusten<br />

immer wieder gegen die Wände, bis sie wieder am Ausgangspunkt angekommen war.<br />

Nichts. Nicht einmal ein hohles Geräusch, das auf einen Ausgang oder Hohlraum hindeutete.<br />

Ängstlich und enttäuscht ließ sie sich auf die Knie sinken. Das konnte doch alles nicht<br />

wahr sein. Sie war hier gefangen, an einem für sie unbekannten Ort, der in ihr das kalte<br />

Grausen auslöste.<br />

Der eisig kalte Boden ließ sie frösteln. Instinktiv setzte sie sich und zog die Beine an<br />

ihren zitternden Köper heran, um ihm so ein wenig Wärme zu spenden.<br />

Sie trug noch immer die Sachen, die sie sich für die Party herausgesucht und vor<br />

dem Spiegel anprobiert hatte. Eine blaue dünne Jeans zu der sie das kurze rote Leinen<br />

T-Shirt anprobiert hatte, was ihr angeblich so gut stand. Doch jetzt verfluchte sie es<br />

eher und wünschte sich an seiner Stelle lieber einen Pullover angezogen zu haben.<br />

Zum Glück wollte sie wissen, wie ihr die Turnschuhe und die Jacke dazu standen, sonst<br />

hätte sie hier jetzt wahrscheinlich ohne Schuhe herumgehangen. Sie atmete tief durch<br />

um sich zu beruhigen, und sah sich in diesem Gefängnis, in dem sie festsaß, genauer<br />

um.<br />

Nur durch eine alte Fassung an der Decke bekam sie gerade genug Licht. Die Wände<br />

waren wie der Boden auch kahl und kalt. Es war nur grauer Putz darauf verteilt worden,<br />

damit die Steine nicht sichtbar blieben. Trotzdem konnte sie erkennen, dass sich die<br />

Feuchtigkeit einen Weg hineingebahnt hatte und einzelne Stellen dunkler färbte. In den<br />

Ecken sammelten sich bereits die Spinnweben, zudem seilte sich an der Lampe die<br />

Bauarbeiterin der Netze, gerade an einem langen Faden herab. Behaart und wahrscheinlich<br />

gerade auf der Suche nach einer neuen Möglichkeit, ihr Bauwerk zu<br />

beenden. Gott sei Dank fürchtete sie sich nicht vor diesen achtbeinern. Und zur Zeit war<br />

sie ja sogar, wie es aussah, ihre einzige Gesellschaft in diesem muffigen Raum, in dem<br />

die Luft zu stehen schien.<br />

In diesem Moment dachte sie schlagartig wieder an die Anweisung, die neben ihr<br />

gelegen hatte, als sie aufgewacht war, worauf sie zu allem Überfluss gerade eben noch<br />

Platz genommen hatte. Mit zitternden Händen zog sie sie hervor und hoffte, dass sie<br />

darin eine Erklärung finden würde. Es musste ja schließlich einen Grund für all das<br />

geben. Nervös zog sie die blaue Karte aus dem Umschlag, der nicht verschlossen war<br />

und begann die Zeilen zu lesen.<br />

»In diesem Spiel stelle ich dir vier Mitspieler zur Verfügung. Ihr werdet gegen<br />

andere Gruppen antreten, in denen jeweils die gleiche Anzahl Mitspieler vertreten<br />

sind.<br />

Und damit das Spiel spannend bleibt, spielt ihr nicht nur um euer eigenes überleben,<br />

sondern auch um das wichtigste in eurem Leben. Was das ist, muss jeder


für sich entscheiden. Aber Vorsicht, ihr tragt auch die Verantwortung für eure Mitspieler.<br />

Ein grober Fehler oder Regelverstoß, führt zum sofortigen Tod, des jeweiligen<br />

Spielers und zum sofortigen Ausschluss der Gruppe, was nicht bedeutet,<br />

dass die restlichen Mitspieler, dieses Haus lebend verlassen werden. Diese<br />

Regeln gelten für alle Gruppen, die an diesem Spiel teilnehmen. Also überleg dir<br />

gut, was das Wichtigste für dich ist, dass du retten möchtest.<br />

Viel Glück beim Mysterious Game und ein langes Leben«<br />

Mila las sich die unglaublichen Sätze noch einmal durch, daraufhin ließ den Brief langsam<br />

sinken und spürte, wie die Panik mit voller Wucht zurückkehrte. Das war wohl ein<br />

schlechter Scherz. Irgendwo in diesem Raum musste eine versteckte Kamera installiert<br />

sein und am anderen Ende lachte sich gerade jemand über ihre wachsende Panik<br />

kaputt. Doch es gab keine Kamera zudem auch keinen anderen in diesem Raum. Nur<br />

sie, die Karte, die Anweisung und ihren neuen achtbeinigen Freund. Mit dröhnendem<br />

Kopf stand sie auf und torkelte zu einer Wand, um erneut wie wild dagegen zu hämmern.<br />

»Lasst mich raus. Was soll der ganze Scheiß, ich will hier weg«, doch keine Antwort.<br />

Immer und immer wieder schlug sie dagegen, wobei ihre Verzweiflung ins Unermessliche<br />

stieg. Nichts regte sich. Es herrschte Totenstille. Sie hatte Angst. Angst, dass sich<br />

die Worte der Anweisung wirklich bewahrheiten könnten, auch wenn sie eher an einen<br />

schlechten Witz glauben wollte. Allerdings konnte sie davon schon nicht mehr ausgehen,<br />

als sie mit brummenden Schädel hier in diesen vier Wänden aufgewacht war.<br />

Dieser Raum, die verdammte Karte, die sie nie hätte lesen sollen und diese Anweisung<br />

klangen alles andere, als nach einem schlechten Witz. Wieso hatte sie diese verdammte<br />

Einladung nicht sofort vernichtet. Darüber hinaus dachte sie an einen ganz<br />

bestimmten Satz, der ihr Sorgen bereitete: das wichtigste in ihrem Leben.<br />

Es gab nur eine, die ihr wichtig war und das war ihre Mutter. Oh Gott, was hatten sie<br />

mit ihr angestellt. Der pure Horror spielte sich vor ihrem inneren Auge ab. Ihre Mutter<br />

war alles, was sie noch hatte, wieso? Wie krank musste man sein, um sich einen solchen<br />

Mist auszudenken.<br />

Derjenige hatte sein Ziel auf jeden Fall erreicht. Ihre Panik wuchs in jeder Sekunde<br />

mehr und das nicht nur wegen ihrem eigenen Leben. Allein wenn sie daran dachte,<br />

drehte sich ihr der Magen um.<br />

»Verdammt nochmal, wer bist du und was bezweckst du eigentlich mit dieser miesen<br />

Aktion? Und wie zur Hölle hast du es geschafft mich hier hin und in dieses Zimmer zu<br />

bekommen?« Sie schrie die Worte heraus, ruhig bleiben konnte sie nicht mehr. Die<br />

Gedanken an ihre Mutter noch dazu an ihr eigenes Leben, das sie vielleicht verlieren<br />

könnte, waren einfach unerträglich und machten sie allmählich verrückt. Sie malte sich<br />

die schlimmsten Bilder aus, die sich hoffentlich nie bewahrheiten würden.<br />

Sie spürte im Hals, wie sich ihr Puls erhöhte. Die Schlagader pochte gegen ihre Haut<br />

und ihre Kehle schnürte sich zu. Was, wenn sie diesen Raum nie wieder lebend verlassen<br />

würde? Wenn sie ihre Mutter nie wieder sehen würde?<br />

Urplötzlich spürte sie ein leichtes Vibrieren unter ihren Fingern, das nach und nach kräftiger<br />

wurde. Ihre Angst wuchs und sogar die Spinne, die sich eben noch abgeseilt hatte,<br />

zog das rettende Seil wieder ein und brachte sich in ihrem Netz in Sicherheit. Wenn sie<br />

jetzt nur mit ihr tauschen könnte.<br />

Dann mit einem Mal vernahm sie ein merkwürdiges Geräusch, gerade so als ob<br />

Mahlsteine übereinander reiben. Erschrocken sah sie die Wand gegenüber an. Staub<br />

und Putz fiel von den Wänden sowie der Decke und vernebelten ihr etwas die Sicht.<br />

Aus dem vibrieren wurden richtige Erschütterungen und sie bekam eine Heidenangst,<br />

während sie darüber nachdachte, dass dieses Gebilde jeden Moment über ihr<br />

zusammenstürzen könnte. Mila quetschte sich in eine Ecke und starrte wie versteinert


an die Wand, die zu rütteln begann. Mit den Händen versuchte sie sich gegen, die<br />

herunterfallenden Brocken der Decke zu schützen, obendrein zuckte sie bei jedem Rütteln<br />

der Wand zusammen.<br />

Langsam aber stetig schob sie sich unter lauten kratzenden Geräuschen, weiter zur<br />

Seite weg, bis sie schließlich komplett verschwunden war und der Raum sich wieder mit<br />

Stille füllte.<br />

Es dauerte eine Weile, bis sie überhaupt verstand, was sich gerade zugetragen hatte.<br />

Nachdem der Staub sich etwas gelegt hatte, erkannte sie einen weiteren Raum, der im<br />

Dunkeln lag und vernahm Atemgeräusche. Ruhig und dazu stetig.<br />

Ängstlich quetschte sie ihren Körper noch weiter in die Ecke und krallte ihre Nägel in<br />

die dünne Jeans, als könnte sie sie vor etwas schlimmeren bewahren. Mila hatte eine<br />

Höllenangst und das Atmen fiel ihr im Moment alles andere als leicht. Sie hatte das<br />

Gefühl, als würde ihr ein dicker Kloß, die Atemwege versperren. Dennoch, laut der<br />

Anweisung würde sie noch auf weitere Mitspieler stoßen und vielleicht lag da gerade<br />

jemand, der ihre Hilfe brauchte. Sie nahm allen Mut zusammen, der ihr noch übriggeblieben<br />

war.<br />

Langsam erhob sie sich und versuchte ihren noch immer zitternden Körper in die<br />

Richtung des neu aufgetauchten Raumes zu bewegen. Vorsichtig einen Schritt nach<br />

dem anderen. Sie spürte wie sich aus der Furcht vor dem unbekannten ihr Magen verkrampfte.<br />

Angestrengt versuchte sie einzelne Details in dem Raum zu erkennen, aber es war<br />

unmöglich in der rabenschwarzen Dunkelheit etwas auszumachen, dass ihr einen Hinweis<br />

auf das Bevorstehende gab. Erst als sie auf der Schwelle stand, verdunkelte sich<br />

ihr Zimmer und in dem nächsten ging das Licht langsam an, darüber hinaus brachte es<br />

einen Raum zum Vorschein, der genauso kalt und kahl wie ihrer war.<br />

Erschrocken blickte sie auf den Körper, der vor ihren Füßen lag, der eindeutig der<br />

Verursacher der Atemgeräusche gewesen war, die sie gehört hatte. Dunkle gelockte<br />

Haare verdeckten sein Gesicht, zudem trug er Kleidung, als wäre er gerade vom Sportunterricht<br />

weggezerrt worden. Einen grauen Jogginganzug und dunkle Turnschuhe. Um<br />

sein Handgelenk eins dieser Schweißbänder. Mila hatte keinen Zweifel mehr daran,<br />

dass er vorher trainiert haben musste.<br />

Sie ging näher an den Körper vor ihr heran und zuckte zusammen, als dieses Rütteln<br />

wieder von vorne begann. Mila sah zu, wie sich die Wand wieder an den für sie vorhergesehen<br />

Platz schob. Geistesgegenwärtig legte sie ihren Körper über den Jungen, um<br />

ihn vor den herabfallenden Brocken der Decke zu schützen. Nach einer Weile war es<br />

wieder ruhig und das Erzittern des Raumes hatte aufgehört. Hoffentlich nicht die Ruhe<br />

vor dem nächsten Sturm. Auf jeden Fall, war diese Stille genauso unheimlich, wie der<br />

Krach, den die Wand verursacht hatte.<br />

Jetzt saß sie gefangen in dem nächsten Raum, der genau wie ihrer schon, ohne Tür<br />

sowie Fenster bestückt war. Gemeinsam mit einem Jungen, der noch nicht aufgewacht<br />

war, zudem aber wenigstens lebte und das beruhigte sie ein wenig. Wenn sie jetzt zu<br />

allem Überfluss auch noch auf eine Leiche gestoßen wäre, hätte sie ihren Verstand<br />

wahrscheinlich komplett verloren und dazu hätte man ihr hier drinnen nur noch eine<br />

Zwangsjacke anziehen müssen. Es reichte vollkommen aus, dass ihr Verstand nicht<br />

raffte, was hier eigentlich vor sich ging. Doch jetzt musste sie erst einmal zusehen, wie<br />

sie diesen Kerl wach bekam. Vielleicht hätte er ja eine Ahnung wo sie hier waren und<br />

was gespielt wurde. Irgendeiner musste ja mal einen Plan haben.<br />

»Hey, wach auf«, rüttelte sie ihn leicht. Sein Körper fühlte sich ziemlich kalt an und er<br />

zitterte leicht unter ihren Händen, was in diesen feuchten Räumen auch kein Wunder<br />

war. Vor allem wusste sie ja auch nicht, wie lange sie hier bereits festsaßen. Ihr Zeitgefühl<br />

hatte sie auf jeden Fall komplett verloren. Sie wusste nicht einmal, ob es gerade<br />

Tag oder Nacht war.


Der Junge reagierte nicht sofort, erst nach einem zweiten zaghaften Versuch schlug<br />

er endlich die Augen auf. Milas Herz machte vor Erleichterung einen Sprung. Zumindest<br />

war sie jetzt nicht mehr alleine in dieser Misere. Darüber hinaus würde ihnen vielleicht<br />

zusammen auch eher eine Lösung einfallen.<br />

»Was ist? Wo bin ich?« Er versuchte, sich aufzusetzen, und hielt dabei stöhnend<br />

seinen Kopf. Anscheinend brummte sein Schädel genauso wie Milas. Erst als seine<br />

Augen sich an das schwache Licht gewöhnt und er sich nachdenklich umgesehen hatte,<br />

blickte er erstaunt in Milas Gesicht.<br />

»Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wo wir hier sind, aber ich hatte zumindest die<br />

Hoffnung, dass du es wüsstest«, gab Mila ihm eine ehrliche Antwort.<br />

»Und wer bist du? Und was soll das hier?«, schrie er sie mit Furcht in den Augen an.<br />

Sein Geschrei hallte in dem leeren Raum wieder und seine hastigen Bewegungen, wirbelten<br />

den Staub vom Boden auf, der sich wohl über Jahre angesammelt hatte.<br />

»Ich glaube, du solltest das hier erst einmal lesen, dann werden sich manche Fragen<br />

von selbst beantworten.« Mila reichte ihm mit zitternden Händen seine Anweisung, die<br />

er aufriss und zu lesen begann. Auch wenn er nicht wirklich gefährlich aussah, genoss<br />

sie seine Nähe doch eher mit Vorsicht. Schließlich wusste sie bereits, wie die Panik auf<br />

einen Reagierte. An seinem erschrockenem Gesicht konnte sie ablesen, dass es ihm<br />

ähnlich ging wie ihr. Das durfte man wohl auch keinem Übel nehmen, schließlich<br />

wurden sie beide damit ins kalte Wasser geschmissen und hatten keine Wahl. Ein perfider<br />

Plan, der von einem Irren in die Tat umgesetzt wurde. Stellte sich nur die Frage,<br />

was er mit alledem beabsichtigte. Vor allem, wer war dieser Mensch überhaupt?


Jonas ist mit seinen Eltern sauer. Warum haben sie ihm nicht erzählt, dass<br />

Celine bei ihnen einzieht? Celine ist die Tochter von der besten Freundin<br />

seiner Mutter, die gerade ihrer schweren Krankheit erlegen ist. Celine trägt<br />

nur Hoodies und achtet peinlich genau darauf, ihr Gesicht nicht zu zeigen.<br />

Jonas kann sich nicht erklären warum, vermutet aber, dass sie sich wegen<br />

ihres Äußeren schämt. Eines Nachts erwacht Jonas und entdeckt Celine<br />

bei sich im Bett. Am nächsten Morgen erfährt er von seiner Mutter, dass<br />

Celine Schlafwandlerin ist. In der folgenden Nacht kommt sie wieder in sein<br />

Bett. Als sie tief schläft, wagt er einen Blick in ihr Gesicht und ist geschockt.<br />

Er redet mit seinem besten Freund über seine Gewissensbisse, doch da<br />

tauchen schon die nächsten Probleme auf. Celine wird in wenigen Tagen<br />

mit ihm gemeinsam zur Schule gehen.<br />

Wie soll er damit umgehen?<br />

Preis TB: 7,99€<br />

Preis E-Book: 2,99€<br />

ISBN: 978-1980954620<br />

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Leseprobe<br />

Mitten in der Nacht erwachte er.<br />

»Was zum ...«, wollte er gerade laut fluchen, als er den Grund erkannte. Celine hatte<br />

es sich schon wieder in seinem Bett gemütlich gemacht. Doch diesmal zitterte sie nicht.<br />

Er hatte aus irgendeinem Grund die Klimaanlage ausgestellt. Vielleicht hatte er doch<br />

insgeheim schon damit gerechnet, dass sie wieder in seinem Zimmer auftauchen<br />

würde. Seine unbewussten Tätigkeiten, aus Rücksicht auf sie, nervten ihn langsam.<br />

Sie lag da und schlief seelenruhig vor sich hin. Die Kapuze ihres Hoodies tief ins<br />

Gesicht gezogen. So langsam bekam Jonas den Eindruck, als wäre diese verdammte<br />

Kapuze mit ihrem Kopf verwachsen. Es machte nicht einmal den Anschein, als würde<br />

es sich einen kleinen Millimeter bewegen. Wie ein kleines Kind, alle Körperteile an sich<br />

herangezogen, atmete sie friedlich neben ihm ein und aus. Ganz so, als wüsste sie,<br />

dass sie von ihm nichts zu befürchten hatte. Ob sie ihn überhaupt als Kerl betrachtete?<br />

Schließlich war es ja nicht normal, dass ein Mädchen ausgerechnet im Zimmer eines<br />

Jungen Schutz suchte. Ob sie wirklich keine Angst hatte, dass er ihr im Schlaf etwas<br />

antun könnte? Doch alleine ihr Anblick machte die Versuchung umso größer zu wissen,<br />

was sich unter diesem verdammten Hoodie befand.<br />

Wie von selbst führte er seine Hand zu ihrem Kopf, und schob ihr nachdenklich eine<br />

Strähne aus dem Gesicht. Hatte sie wirklich einen Grund, ihr Gesicht zu verstecken?<br />

Oder hatte dieser Typ von damals maßlos übertrieben. Er schob ihr noch eine Strähne<br />

aus dem Gesicht, doch diese Kapuze verdeckte einfach viel zu viel. Mit zittrigen<br />

Händen fasste er den Saum der Kapuze. Er wollte endlich wissen, ob sie wirklich hässlich,<br />

oder wie Sarah es so schön ausgedrückt hatte, sich ein Schmetterling hinter dieser<br />

Fassade verbirgt. Seine Neugier wuchs mit jedem Atemzug. Seine Finger zitterten, als<br />

er den Stoff ein wenig zur Seite schob. Gerade so viel, dass er einen guten Blick auf ihr<br />

wahres Ich werfen konnte.<br />

Mit angehaltenem Atem und offenen Mund ließ er den Saum der Kapuze blitzartig los.<br />

Er musste einen Aufschrei hinter vorgehaltener Hand unterdrücken. Sprachlos sah er<br />

auf sie herab, die von seiner kleinen List nichts mitbekommen hatte. Er machte sich in<br />

diesem Moment große Vorwürfe, seinen Trieb zu sehen, was sich dahinter verbirgt,<br />

nicht unter Kontrolle gehalten zu haben.


Debüt-Roman<br />

Avery leidet unter der Alkoholsucht ihres Vaters und kommt einfach nicht<br />

zur Ruhe. Die Schläge, die sie immer wieder einstecken muss, verharmlost<br />

oder verheimlicht sie aus Schamgefühl und Angst. Sie hofft, sich irgendwie<br />

aus der Situation befreien zu können, stößt jedoch sogar ihre beste Freundin<br />

vor den Kopf. Matt, der Neue in der Klasse, sucht ihre Nähe und gibt ihr<br />

plötzlich Mut und Kraft, um den Kampf aufzunehmen. Wird sie da rauskommen<br />

und sich endlich befreien können?<br />

Preis TB: 3,99€<br />

Preis E-Book: 0,99€<br />

ISBN: 978-1-9809-9563-0<br />

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Leseprobe<br />

Gegen 13.30 Uhr klingelt es an der Tür. Ist bestimmt eine von Dads unzähligen Freundinnen.<br />

Also lasse ich ihn gehen.<br />

»Avery, du Dreckskind, komm sofort runter«, schreit er lallend nach oben. Sofort gehe ich<br />

runter, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass es wirklich für mich ist. Wer sollte mich schon<br />

besuchen?<br />

»Was?«, frage ich genervt.<br />

»Besuch«, meckert er. Er hasst Besuch.<br />

»Matt? Was machst du denn hier?«<br />

»Ähm, ich, also ... Hausaufgaben.« Er wirkt sichtlich nervös und reicht mir die Notizen.<br />

»Danke, willst du reinkommen?«<br />

»Ja, danke«, stottert er ein wenig. Irgendwie süß.<br />

»Willst du was trinken oder essen?«<br />

»Ähm, nein, habe derzeit keinen Durst und gegessen hab ich schon.«<br />

Gemeinsam gehen wir hoch. Das ist besser, als meinem Dad wieder zu begegnen.<br />

»Das Verhalten von meinem Vater tut mir leid, er ist sonst nicht so. Hatte wohl einen<br />

schlechten Tag oder so.«<br />

»Avery!«, schreit mein Dad in dem Moment hoch.<br />

»Ja, Dad?«, frag ich eingeschüchtert.<br />

»Mach jetzt Essen.«<br />

Matt und ich gehen wieder runter.<br />

»Dad? Was willst du denn essen?«, will ich mit zaghafter Stimme von ihm wissen.<br />

»Mir egal, mach einfach irgendwas«, lallt er vor sich hin, während er weiterhin auf den<br />

Fernseher stiert.<br />

Ich werfe einen Blick in den Kühlschrank und bemerke, dass wir nix zum Essen da haben.<br />

»Toll … ähm, Dad, ich muss erst einkaufen«, sage ich so leise, wie ich nur kann.<br />

»Du musst was?«, poltert er los und wirft schon irgendeinen Gegenstand an die Tür.<br />

»Einkaufen«, sage ich etwas lauter.<br />

»Dann geh gefälligst und denk ja an mein Bier, sonst kannst was erleben.«


»Dein Vater war ein Bär!«<br />

Mit diesem Satz beginnt für Aleyna das Abenteuer ihres Lebens.<br />

Eigentlich will sie an jenem Tag nur ihren Vater beerdigen, doch<br />

die Begegnung mit dem Gestaltwandler Noyan verändert für sie<br />

alles.<br />

Ohne sich wirklich dagegen wehren zu können, gerät sie in einen<br />

Strudel aus Geheimnissen,einer parallelen Welt und Menschen,<br />

die sich in Tiere verwandeln.<br />

Preis TB: 12,99€<br />

Preis E-Book: 3,99€<br />

ISBN: 978-1980969778<br />

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Leseprobe:<br />

Prolog<br />

Er fiel.<br />

Das Gefühl von Schwerelosigkeit ließ ihn den Schmerz für einen Moment vergessen. Wie bei einem<br />

Film im Zeitraffer rasten Gedanken und Emotionen an ihm vorbei. Er dachte an seine Gefährtin und die<br />

vielen Dinge, die für immer ungesagt bleiben würden. Brennend rief sich das Messer in seinem Körper in<br />

Erinnerung und machte die simple Tatsache, dass er noch immer stürzte, für einen Moment wieder<br />

nichtig.<br />

Mit einem dumpfen Geräusch schlug er auf dem Boden auf. Die Klinge bohrte sich durch den Aufprall<br />

noch tiefer hinein. Japsend schnappte er nach Luft, als könnte er den Schmerz so verringern. Er spürte<br />

seine Läufe kaum, jede noch so geringe Bewegung quälte ihn. Vermutlich waren all seine Knochen<br />

gebrochen. Rund fünfzehn Meter war er in die Tiefe gefallen. Eigentlich ... war er ja gestoßen worden.<br />

Aber das spielte im Endergebnis keine Rolle.<br />

Er öffnete die Augen, bewegte vorsichtig den Kopf und ein stechender Schmerz schoss seinen Rücken<br />

hinab. Mit verdrehten Gliedern lag er auf einer Ansammlung von Geröll. Einige Meter über sich machte<br />

er eine rote Aura aus. Sie gehörte zu dem, der ihm das Messer in den Körper gerammt und ihn dann<br />

hinuntergeworfen hatte. Die Gestalt verharrte einen Moment und hämisches Lachen hallte zu ihm hinab.<br />

Dann verschwand das rote Leuchten. Dieser Mistkerl hat mich im Steinbruch entsorgt!<br />

»Hallo Herr Löwe, bist du runtergefallen?«<br />

Er zuckte zusammen und drehte den Kopf in die Richtung, aus der die helle Stimme kam. Ein<br />

Mädchen kniete neben ihm und sah besorgt auf ihn herab. Ihre Aura schimmerte in einem sanften<br />

Orange, was darauf schließen ließ, dass sie ein Mischling war. »Lauf weg! Du bist in Gefahr, er ist noch<br />

hier!«, wollte er rufen, aber aus seiner Kehle kam nur ein Röcheln.<br />

Die Kleine legte ihm die Hand auf das lange Fell neben seinem Ohr. »Nicht sprechen, wir müssen uns<br />

leise verhalten. Ich darf nämlich nicht hier sein, mein Papa hat es verboten«, flüsterte sie, während sie<br />

ihm sachte über die Mähne strich.<br />

Die sanfte Berührung ließ ihn etwas entspannen. Er verzog die Lefzen und ihm entwich ein Wimmern.<br />

Das kleine Mädchen sah ihn an und die Unentschlossenheit darüber, was sie tun sollte, spiegelte sich in<br />

ihrer Miene wieder. Schweigend rückte sie dichter an ihn heran. Jetzt erst schien sie das Messer zu sehen,<br />

das aus seinem Körper ragte. Angsterfüllt riss sie die Hand vor den Mund, ihr liefen Tränen über die<br />

Wangen. Sie war so klein, so unschuldig. Ihr Blick suchte seinen und er erschrak über dessen Intensität.<br />

»Tränen sind die Boten der Liebe, denn es weint nur, wer auch liebt«, flüsterte er.<br />

Vorsichtig schlang sie ihre Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn. Ihre Haare dufteten nach<br />

Sommerwiese, und ihre Körperwärme strahlte auf ihn ab.<br />

»Keine Angst! Ich passe auf dich auf. Ich lasse dich nicht allein ...«, wisperte sie und begann zu<br />

summen. Eine fremde Melodie, aber sie wirkte tröstend auf ihn. Sein Atem wurde ruhiger und er schloss<br />

die Augen. Die Schmerzen wurden erträglicher, sein Herz leichter.<br />

Er verspürte keine Angst mehr, sah erneut das Gesicht seiner Gefährtin vor sich und lächelte liebevoll.<br />

Ein Ruck ging durch seinen Körper, er bäumte sich ein letztes Mal auf und dann - war es vorbei.<br />

***<br />

Es begann zu regnen.<br />

Das Mädchen hielt den leblosen Körper sanft fest. Tränen rannen ihre Wangen herab und<br />

tropften auf sein weißes Fell. Für einige Zeit saß sie stumm da. Dann löste sie sich von dem<br />

toten Tier.<br />

»Schlaf, Herr Löwe, schlaf!«, flüsterte sie und wandte sich ab.<br />

Dass sie über und über mit Blut verschmiert war, bemerkte sie nicht. Sie sah auch nicht<br />

mehr, dass der tote Löwe hinter ihr anfing, im fahlen Mondlicht zu schimmern. Der Leichnam


schwebte in die Luft und das Leuchten durchdrang alles um ihn herum, bis der Körper<br />

gänzlich verschwunden war. Zurück blieb nur ein Schwarm aus funkelnden Lichtern.<br />

Das Meer aus Helligkeit löste sich auf und regnete auf das Mädchen herab.<br />

Kapitel 1<br />

- 15 Jahre später -<br />

Aleyna<br />

Der Himmel war wolkenverhangen, und das trübe Wetter passte ausgezeichnet zu ihrer Stimmung.<br />

Heute war der Tag, an dem sie ihren Vater zu Grabe tragen würde. Sein Verlust traf sie härter als der<br />

ihrer Mutter, die bereits verstarb, als sie erst drei Jahre alt gewesen war. Die Erinnerung an sie war schon<br />

lange verblasst.<br />

Aber dieses Mal war es anders, denn ihr Vater war immer an ihrer Seite gewesen. Und jetzt? Jetzt war<br />

er fort, und sie allein. Stumm stand sie vor dem Leichenwagen, in dem ihr Vater seine letzte Reise<br />

antreten würde. Sie betrachtete ihr verzerrtes Spiegelbild in dem auf Hochglanz polierten Auto.<br />

Aleyna erkannte sich kaum wieder. Sie wirkte verhärmt in ihrem schlichten schwarzen Kleid und dem<br />

dunklen Mantel. Ihr sonst frisches Gesicht sah um Jahre gealtert aus.<br />

Seufzend wandte sie sich vom Wagen ab und blickte dem Bestatter entgegen, der mit würdevoller<br />

Miene auf sie zu kam. Aleyna hatte die Beerdigung geplant, die Beisetzung fand so statt, wie sie es sich<br />

irgendwann auch für sich wünschen würde. Ohne Trara, wie ihr Vater es immer genannt hatte, denn eine<br />

Trauerfeier würde es nicht geben. Sie hasste diesen Leichenschmaus und fand allein die Vorstellung<br />

furchtbar, auf sein Wohl zu essen und zu trinken, während er tot unter der Erde lag.<br />

Der Bestatter öffnete ihr die Tür, stieg ein und fuhr los. Aleyna griff nach ihrer Halskette und kämpfte<br />

gegen Tränen und Wut an, die in ihr hochstiegen. Dieses Schmuckstück war außer ihren Erinnerungen<br />

das Letzte, das ihr von ihren Eltern blieb. Ihr Vater war Goldschmied gewesen und hatte die Kette einst<br />

für ihre Mutter angefertigt. Ein grüner Stein in einer schlichten, goldenen Einfassung. Aleyna trug den<br />

Schmuck schon, solange sie sich erinnern konnte.<br />

Langsam gewann sie ihre Fassung zurück und atmete durch. Als der Leichenwagen auf das Gelände<br />

des Friedhofs einbog, schob sie die Kette unter den Mantel und sah aus dem Fenster. Am Eingangstor<br />

standen zwei dunkel gekleidete Personen, ein junger Mann und eine Frau, etwa im Alter ihres Vaters.<br />

Beide blickten dem Wagen entgegen und Aleyna schloss für einen Moment seufzend die Augen. Der<br />

Bestatter hatte ihr gesagt, dass die Beisetzung ihres Vaters die einzige an diesem Tag sein würde, daher<br />

war klar, auf wen sie warteten. Es hätte ihr bewusst sein müssen, dass sich nicht alle an den Wunsch<br />

halten würden, dem Friedhof fern zu bleiben.<br />

Als der Wagen zum Stillstand kam, nickte sie dem Bestatter kurz zu und stieg aus. Während sie an der<br />

Tür innehielt, atmete sie die kühle Morgenluft ein. Nein, sie war nicht bereit für Beileidsbekundungen -<br />

einer der Gründe, warum sie gewünscht hatte, am Tag der Beerdigung allein zu sein.


Interview mit Alisha Mc Shaw<br />

Name: Alisha Mc Shaw<br />

Facebook: https://www.facebook.com/AlishaMcShaw/<br />

Homepage: www.AlishaMcShaw.de<br />

Kurze Vorstellung: „Alisha Mc Shaw“ ist mein Künstlername, denn eigentlich heiße ich Claudia. Den<br />

Namen Alisha gibt es schon seit vielen Jahren in meinem Leben, da es einer meiner ersten und mir<br />

liebsten Rollenspiel-Namen war. Für mich war immer klar, wenn ich einmal veröffentliche, dann auf<br />

jeden Fall unter diesem Namen. Ich bin 40 Jahre alt, verheiratet und habe 2 tolle Kinder – Fabienne (18)<br />

und Zoe (8). Wir leben, lieben und arbeiten in Neuwied am Rhein, auch wenn ich ursprünglich aus<br />

Koblenz komme und ein waschechtes „Kowelenzer Schängelche“ bin.<br />

Dass mein Erstling eine Liebesgeschichte geworden ist anstatt ein <strong>Fantasy</strong>buch, wie es eigentlich mal<br />

geplant war, ist einzig und allein einem glücklichen Zufall zu verdanken. 2016 trat ich einer tollen<br />

Community bei, der Facebookgruppe »AuthorWing«. Dort lernte ich (unter anderem) die wunderbare<br />

Melanie Weber-Tilse kennen, der ich meine Idee zu einer Liebesgeschichte schenken wollte. Ich werde<br />

niemals Melanies Worte vergessen, denn sie waren der Beginn von etwas so Wundervollem, dass ich<br />

auch heute noch manchmal denke, dass ich träume. „Allein? Niemals. Mit dir zusammen – jederzeit!“<br />

Und so begann unser gemeinsames Abenteuer, für das ich heute nicht dankbarer sein könnte.<br />

Mittlerweile schreibe ich nicht nur Bücher mit Melanie, sondern gestalte all unsere Cover selbst und biete<br />

diesen Dienst auch anderen an. Viele weitere Gemeinschaftsprojekte, wie das mit Vinya Moore (Unter<br />

Vertrag – Forbidden Love, erschienen im Hawkify Books-Verlag) sind seither entstanden und ich bin sehr<br />

glücklich darüber, dass ich meine Leidenschaft zum Beruf machen durfte. Ich will es nie wieder missen.<br />

Wie und wann bist du zum Schreiben gekommen? Zum Schreiben kam ich durch Chaträume von AOL,<br />

in denen mittelalterliches und <strong>Fantasy</strong>-Rollenspiel betrieben wurde. Ich bin aus Zufall dort gelandet und<br />

habe beschlossen, zu bleiben.<br />

Welches war die erste Geschichte, die Du je aufgeschrieben hast? Es war tatsächlich „Rondaria – Circle<br />

of Life“, welches ich am 1.5.<strong>2018</strong> tatsächlich auch veröffentlicht habe.<br />

Wie lange brauchst du, um ein Buch zu schreiben? Rondaria hat 4 Jahre gebraucht. Aber das ist eher die<br />

Ausnahme. Bis jetzt hat kein Buch länger als 3 Monate gedauert.<br />

Welchen Stellenwert nimmt das Schreiben in deinem Leben ein? Was ist dir sonst noch wichtig im<br />

Leben? Das Schreiben hat tatsächlich in den letzten 2 Jahren einen enorm hohen Stellenwert in meinem<br />

Leben eingenommen, da ich mich am 1.1.2017 hauptberuflich selbständig mit dem Schreiben gemacht<br />

habe und es somit zu meinem Brotjob geworden ist. Ansonsten haben natürlich Familie und Freunde den<br />

höchsten Stellenwert bei mir.<br />

Hast du ein Lieblingsbuch bzw. Autor? Liest du selbst viel? Seitdem ich selbst schreibe, komme ich<br />

tatsächlich viel weniger zum Lesen als vorher, aber es sind immer noch locker 10-15 Bücher im Monat.<br />

Hierbei habe ich keine besonderen Vorlieben, ich lese, was mir vom ersten Eindruck her zusagt. Zuletzt<br />

sehr beeindruckt war ich allerdings von „Bucket List“ von Mia B. Meyers.<br />

Gibt es Lebensmittel (wie Schokolade oder Kaffee) oder andere positive Einflüsse (wie zum Beispiel<br />

Musik) auf die du beim Schreiben nicht verzichten kannst? Kaffee und Musik. Beides ist sehr wichtig<br />

für mich beim Schreiben.<br />

Beschreib dich sich in fünf Wörtern: Spontan, ehrlich, laut, verrückt, beständig<br />

Woher bekommst du die Ideen für deine Geschichten? Die kommen von überall her. Wirklich. Aus den<br />

unmöglichsten Situationen heraus entstehen Ideen, und man weiß manchmal nicht mehr, wohin damit.<br />

Bestes Beispiel: Ich sagte zu meiner Mitautorin Melanie Weber-Tilse: Ich bin schon seit ein paar Jahren<br />

aus der Kirche ausgetreten. Melanies Reaktion: Oh, Idee!


Entstanden ist daraus „Satisfaction – Ein Rebell vor dem Herrn“.<br />

Was gefällt dir am Beruf des Autors? Mir gefällt die Möglichkeit, Welten zu erschaffen. Andere an<br />

meinen Geschichten teilhaben zu lassen.<br />

Was macht für dich ein wirklich gutes Buch aus? Das es mich abholt. Das ich die reale Welt für die Zeit<br />

des Lesens vergessen kann, mich vereinnahmt.<br />

Planen oder drauf los schreiben? Drauflos schreiben. Eindeutig. Planen ist nichts für mich.<br />

Wärst du gerne einer deiner Charaktere, wenn ja welcher und warum? Ich BIN ein Stückweit jeder<br />

meiner Charaktere.<br />

Wolltest du schon immer Autorin werden? Nein, tatsächlich nicht. Ich habe zwar schon sehr früh gern<br />

geschrieben, aber dass daraus mal wirklich eine Passion und mein Beruf werden könnte, habe ich nicht<br />

erwartet.<br />

Wann schreibst du? Morgens, nachmittags oder lieber in der Nacht? Am liebsten schreibe ich immer.<br />

Bist du dieses Jahr wieder in Frankfurt? Japp, bin ich. Von Freitagmittag bis Sonntag. Ich werde<br />

gemeinsam mit einer befreundeten Autorin vor Ort sein und sicher auch viel am Stand vom Beastpack<br />

(Hawkify Verlag, Sadwolf Verlag & Talawah Verlag) zu finden sein.<br />

Welche Projekte planst du in der nächsten Zeit? Geplant sind eine SciFi-Dystopie, ein zweiter Teil von<br />

„Unter Vertrag“ mit Vinya Moore und der dritte Teil von Fight mit Melanie Weber-Tilse. Des Weiteren<br />

schreibe ich noch an einem „Lust und Laune“-Projekt mit meinem ehemaligen Schützling von<br />

Authorwing, Maya Prudent.<br />

Was ist dein Lieblingsessen? Lasagne.<br />

Ist schreiben dein Hauptberuf oder geht's du noch einem anderen Beruf nach? Ja, schreiben ist mein<br />

Hauptberuf, und dafür bin ich sehr dankbar.<br />

Welches Genre fließt Dir am leichtesten von der Feder? Romance in allen Facetten, dicht gefolgt von<br />

Romantasy.<br />

Schreibst Du nur locker fluffige Romanzen oder gibt es auch so richtig Düsteres von Dir? Ich glaube,<br />

am ehesten trifft „richtig düster“ auf die Fight-Reihe zu, von der es bald einen dritten Teil geben wird.<br />

Und ansonsten gilt bei mir die Prämisse: Lass sie leiden, bis du denkst, es geht nicht mehr – Hauptsache,<br />

am Ende weiß man, dass sich alles gelohnt hat.<br />

Dein liebster Schreibplatz? Mein Schreibtisch oder der Garten.<br />

Schreibst Du nur am PC/Laptop oder machst Du Dir auch mal Notizen von Hand? Ja, ich mache auch<br />

Notizen von Hand, ich habe überall in der Wohnung Blöcke und Kugelschreiber verteilt.


Komplette Leseprobe zu<br />

Rondaria: Circle of Life<br />

Prolog<br />

Er fiel.<br />

Das Gefühl von Schwerelosigkeit ließ ihn den Schmerz für einen Moment vergessen. Wie bei einem<br />

Film im Zeitraffer rasten Gedanken und Emotionen an ihm vorbei. Er dachte an seine Gefährtin und die<br />

vielen Dinge, die für immer ungesagt bleiben würden. Brennend rief sich das Messer in seinem Körper in<br />

Erinnerung und machte die simple Tatsache, dass er noch immer stürzte, für einen Moment wieder<br />

nichtig.<br />

Mit einem dumpfen Geräusch schlug er auf dem Boden auf. Die Klinge bohrte sich durch den Aufprall<br />

noch tiefer hinein. Japsend schnappte er nach Luft, als könnte er den Schmerz so verringern. Er spürte<br />

seine Läufe kaum, jede noch so geringe Bewegung quälte ihn. Vermutlich waren all seine Knochen<br />

gebrochen. Rund fünfzehn Meter war er in die Tiefe gefallen. Eigentlich ... war er ja gestoßen worden.<br />

Aber das spielte im Endergebnis keine Rolle.<br />

Er öffnete die Augen, bewegte vorsichtig den Kopf und ein stechender Schmerz schoss seinen Rücken<br />

hinab. Mit verdrehten Gliedern lag er auf einer Ansammlung von Geröll. Einige Meter über sich machte<br />

er eine rote Aura aus. Sie gehörte zu dem, der ihm das Messer in den Körper gerammt und ihn dann<br />

hinuntergeworfen hatte. Die Gestalt verharrte einen Moment und hämisches Lachen hallte zu ihm hinab.<br />

Dann verschwand das rote Leuchten. Dieser Mistkerl hat mich im Steinbruch entsorgt!


»Hallo Herr Löwe, bist du runtergefallen?«<br />

Er zuckte zusammen und drehte den Kopf in die Richtung, aus der die helle Stimme kam. Ein<br />

Mädchen kniete neben ihm und sah besorgt auf ihn herab. Ihre Aura schimmerte in einem sanften<br />

Orange, was darauf schließen ließ, dass sie ein Mischling war. »Lauf weg! Du bist in Gefahr, er ist noch<br />

hier!«, wollte er rufen, aber aus seiner Kehle kam nur ein Röcheln.<br />

Die Kleine legte ihm die Hand auf das lange Fell neben seinem Ohr. »Nicht sprechen, wir müssen uns<br />

leise verhalten. Ich darf nämlich nicht hier sein, mein Papa hat es verboten«, flüsterte sie, während sie<br />

ihm sachte über die Mähne strich.<br />

Die sanfte Berührung ließ ihn etwas entspannen. Er verzog die Lefzen und ihm entwich ein Wimmern.<br />

Das kleine Mädchen sah ihn an und die Unentschlossenheit darüber, was sie tun sollte, spiegelte sich in<br />

ihrer Miene wieder. Schweigend rückte sie dichter an ihn heran. Jetzt erst schien sie das Messer zu sehen,<br />

das aus seinem Körper ragte. Angsterfüllt riss sie die Hand vor den Mund, ihr liefen Tränen über die<br />

Wangen. Sie war so klein, so unschuldig. Ihr Blick suchte seinen und er erschrak über dessen Intensität.<br />

»Tränen sind die Boten der Liebe, denn es weint nur, wer auch liebt«, flüsterte er.<br />

Vorsichtig schlang sie ihre Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn. Ihre Haare dufteten nach<br />

Sommerwiese, und ihre Körperwärme strahlte auf ihn ab.<br />

»Keine Angst! Ich passe auf dich auf. Ich lasse dich nicht allein ...«, wisperte sie und begann zu<br />

summen. Eine fremde Melodie, aber sie wirkte tröstend auf ihn. Sein Atem wurde ruhiger und er schloss<br />

die Augen. Die Schmerzen wurden erträglicher, sein Herz leichter.<br />

Er verspürte keine Angst mehr, sah erneut das Gesicht seiner Gefährtin vor sich und lächelte liebevoll.<br />

Ein Ruck ging durch seinen Körper, er bäumte sich ein letztes Mal auf und dann - war es vorbei.<br />

***<br />

Es begann zu regnen.<br />

Das Mädchen hielt den leblosen Körper sanft fest. Tränen rannen ihre Wangen herab und<br />

tropften auf sein weißes Fell. Für einige Zeit saß sie stumm da. Dann löste sie sich von dem<br />

toten Tier.<br />

»Schlaf, Herr Löwe, schlaf!«, flüsterte sie und wandte sich ab.<br />

Dass sie über und über mit Blut verschmiert war, bemerkte sie nicht. Sie sah auch nicht<br />

mehr, dass der tote Löwe hinter ihr anfing, im fahlen Mondlicht zu schimmern. Der Leichnam<br />

schwebte in die Luft und das Leuchten durchdrang alles um ihn herum, bis der Körper<br />

gänzlich verschwunden war. Zurück blieb nur ein Schwarm aus funkelnden Lichtern.<br />

Das Meer aus Helligkeit löste sich auf und regnete auf das Mädchen herab.<br />

Kapitel 1<br />

- 15 Jahre später -<br />

Aleyna<br />

Der Himmel war wolkenverhangen, und das trübe Wetter passte ausgezeichnet zu ihrer Stimmung.<br />

Heute war der Tag, an dem sie ihren Vater zu Grabe tragen würde. Sein Verlust traf sie härter als der<br />

ihrer Mutter, die bereits verstarb, als sie erst drei Jahre alt gewesen war. Die Erinnerung an sie war schon<br />

lange verblasst.<br />

Aber dieses Mal war es anders, denn ihr Vater war immer an ihrer Seite gewesen. Und jetzt? Jetzt war<br />

er fort, und sie allein. Stumm stand sie vor dem Leichenwagen, in dem ihr Vater seine letzte Reise<br />

antreten würde. Sie betrachtete ihr verzerrtes Spiegelbild in dem auf Hochglanz polierten Auto.<br />

Aleyna erkannte sich kaum wieder. Sie wirkte verhärmt in ihrem schlichten schwarzen Kleid und dem<br />

dunklen Mantel. Ihr sonst frisches Gesicht sah um Jahre gealtert aus.<br />

Seufzend wandte sie sich vom Wagen ab und blickte dem Bestatter entgegen, der mit würdevoller<br />

Miene auf sie zu kam. Aleyna hatte die Beerdigung geplant, die Beisetzung fand so statt, wie sie es sich<br />

irgendwann auch für sich wünschen würde. Ohne Trara, wie ihr Vater es immer genannt hatte, denn eine<br />

Trauerfeier würde es nicht geben. Sie hasste diesen Leichenschmaus und fand allein die Vorstellung<br />

furchtbar, auf sein Wohl zu essen und zu trinken, während er tot unter der Erde lag.


Der Bestatter öffnete ihr die Tür, stieg ein und fuhr los. Aleyna griff nach ihrer Halskette und kämpfte<br />

gegen Tränen und Wut an, die in ihr hochstiegen. Dieses Schmuckstück war außer ihren Erinnerungen<br />

das Letzte, das ihr von ihren Eltern blieb. Ihr Vater war Goldschmied gewesen und hatte die Kette einst<br />

für ihre Mutter angefertigt. Ein grüner Stein in einer schlichten, goldenen Einfassung. Aleyna trug den<br />

Schmuck schon, solange sie sich erinnern konnte.<br />

Langsam gewann sie ihre Fassung zurück und atmete durch. Als der Leichenwagen auf das Gelände<br />

des Friedhofs einbog, schob sie die Kette unter den Mantel und sah aus dem Fenster. Am Eingangstor<br />

standen zwei dunkel gekleidete Personen, ein junger Mann und eine Frau, etwa im Alter ihres Vaters.<br />

Beide blickten dem Wagen entgegen und Aleyna schloss für einen Moment seufzend die Augen. Der<br />

Bestatter hatte ihr gesagt, dass die Beisetzung ihres Vaters die einzige an diesem Tag sein würde, daher<br />

war klar, auf wen sie warteten. Es hätte ihr bewusst sein müssen, dass sich nicht alle an den Wunsch<br />

halten würden, dem Friedhof fern zu bleiben.<br />

Als der Wagen zum Stillstand kam, nickte sie dem Bestatter kurz zu und stieg aus. Während sie an der<br />

Tür innehielt, atmete sie die kühle Morgenluft ein. Nein, sie war nicht bereit für Beileidsbekundungen -<br />

einer der Gründe, warum sie gewünscht hatte, am Tag der Beerdigung allein zu sein.<br />

Noyan<br />

Schon seit Jahren suchte er gemeinsam mit Palina die andere Welt auf, wenn einer von ihrem Volk starb,<br />

der aber nicht in Rondaria beheimatet war. Wegen eines Solchen waren sie auch heute hier. Über andere<br />

Wandler, die unerkannt zwischen den beiden Welten pendelten, hatten sie erfahren, dass der<br />

Verstorbene keines natürlichen Todes, sondern an der Seuche gestorben sein sollte. Ob das stimmte, hätte<br />

er auch allein überprüfen können. Er wollte nicht, dass sie das Portal mit ihm durchschritt, denn es war<br />

in seinen Augen völlig unnötig, dass sie ihn begleitete.<br />

So oft schon hatte er mit ihr darüber gesprochen, doch sie war nicht umsonst die Gefährtin des<br />

Herrschers und ihr Wille stark. Sie wollte die Aura der Verstorbenen sehen und sich selbst von deren<br />

Todesursache überzeugen. Am Ende hatte er ihr wie jedes Mal nachgegeben, nur in einem war er hart<br />

geblieben. Sie durfte nicht ohne ihn durch das Portal zur Erde gehen. Immerhin gehörte er dem inneren<br />

Zirkel an und seine Aufgabe bestand darin, Palina wieder sicher in den königlichen Hort zu bringen. Das<br />

Volk hatte in den letzten Jahren genug gelitten, und er wollte verdammt sein, wenn der Herrscherin aus<br />

Unachtsamkeit etwas passieren würde.<br />

Ärger wallte in ihm auf, als er den dunklen Wagen des Bestatters erblickte, der an ihnen vorbei fuhr.<br />

Normalerweise nahmen sie keinen Kontakt zu den Hinterbliebenen auf, sondern bemühten sich darum,<br />

im Verborgenen zu agieren. Es störte ihn gewaltig, dass sie nun offenbar gleichzeitig auf dem Friedhof<br />

eintrafen und gesehen wurden. Mit finsterer Miene musterte er Palina, die ihre Hand auf seinen Arm<br />

gelegt hatte.<br />

»Halt dich zurück«, sagte sie bestimmt.<br />

Er knurrte unwillig und warf ihr einen vernichtenden Blick zu, den sie mit einem amüsierten Lächeln<br />

quittierte. Genervt sah er wieder nach vorn. Dort stieg die Tochter des kürzlich Verstorbenen aus einem<br />

dunklen Wagen - Aleyna. Palina hatte ihm die Informationen weitergegeben, die sie von den anderen<br />

Wandlern erhielt, auch wenn er diese gar nicht haben wollte. Vor vielen Jahren hatten die beiden in<br />

Rondaria gelebt. Die menschliche Partnerin des Wandlers war schon lange tot und auf der Erde<br />

beigesetzt. Sollte er ihr jetzt etwa Honig ums Maul schmieren? Was kümmerte ihn eine Göre, die nicht<br />

einmal reinrassig war?<br />

Nachdem sie einen Moment verharrt und auf den Boden gesehen hatte, setzte sich die junge Frau<br />

langsam in Bewegung. Ein Blick aus grünen Augen traf ihn und Noyan erstarrte. Das Tier in ihm<br />

erwachte urplötzlich, jaulte auf und drängte auf Befreiung. Nur mit Mühe gelang es ihm, dem Wunsch<br />

nach Verwandlung nicht nachzugeben. Es zog ihn mit all seinen Sinnen zu ihr. Sie sah so unfassbar<br />

traurig aus, was ihn zutiefst rührte. Nur mühsam konnte er sich davon abhalten, auf sie zuzustürmen, sie<br />

an sich zu reißen und ihr zu versichern, dass alles wieder gut würde.<br />

Verwirrt schüttelte er den Kopf, um diese seltsamen Gedanken loszuwerden. Langsam drang ein<br />

Schmerz zu ihm durch und er riss den Blick von Aleynas Augen los. »Aua!« Palinas Hand hatte sich in<br />

seinem Arm verkrallt.<br />

»Sie ist es!«, wisperte die Königin ihm zu, während sie ihren Griff löste, aufgeregt nach Luft schnappte<br />

und nervös die Finger knetete. Für eine Sekunde glaubte er, dass sie ihm die soeben erlebten Gefühle im<br />

Gesicht ablesen konnte, doch dann fuhr Palina fort: »Noyan, ihre Aura!«<br />

Er rieb seinen schmerzenden Arm und runzelte die Stirn. Angestrengt darum bemüht, sich seine<br />

innere Unruhe nicht ansehen zu lassen, sah er erneut zu Aleyna. Erst jetzt, auf den zweiten Blick erkannte


er, was Palina meinte. Das verschwommene Licht um ihre zierliche Gestalt schimmerte Violett. Er stutzte.<br />

Violett? Das konnte nicht sein! Sie war ein Mischling und diese Farbgebung total verkehrt. Orange<br />

müsste sie sein. Das Ergebnis der roten Aura eines Wandlers, kombiniert mit dem hellen Gelb einer<br />

Menschenfrau!<br />

Aleyna blieb vor ihnen stehen. Die Königin hibbelte noch immer unruhig. So aufgeregt hatte er sie<br />

noch nie erlebt. Schweigend sah er dabei zu, wie die junge Frau Palina musterte, während sie seinen Blick<br />

offensichtlich mied. Doch er hatte andere Probleme. Er versuchte mit aller Kraft, den ungewollten<br />

Beschützerinstinkt zu unterdrücken, der in ihm aufstieg.<br />

»Sie ... kommen wegen meines Vaters?«, fragte sie. Ihre Stimme war rau, sie hatte hörbar geweint.<br />

Palina nickte, während er weiterhin schwieg. Aleynas Blick glitt an beiden vorbei zum Friedhof. Dort<br />

hatte der Bestatter inzwischen den Sarg ihres Vaters an der Grabstätte aufgebahrt und sich diskret<br />

entfernt. »Ich ... Eigentlich habe ich darum gebeten, dass niemand zum Friedhof kommt. Ich wollte ihn<br />

allein beerdigen.«<br />

Noyan sah deutlich, wie erneut der Kummer in ihr hochstieg. »Das respektieren wir«, sagte er leise,<br />

aber nachdrücklich und ergriff Palinas Arm. »Wir kommen später wieder!«<br />

Bei seinen Worten hob Aleyna den Blick und sah ihn überrascht an. »Danke«, flüsterte sie.<br />

Er wollte Palina wegziehen, doch ihr sturer Blick ließ ihn ahnen, dass sie nicht ohne Weiteres gehen<br />

würde.<br />

»Bitte, Aleyna«, sagte sie, und die Angesprochene blieb wie erstarrt stehen, ohne sich umzudrehen.<br />

»Ihr Vater ist ... Er war ein alter Freund von mir. Geben Sie mir nur fünf Minuten!«<br />

Eine deutliche Veränderung ging mit Aleyna vor. Ihre Aura wurde dunkler und die Trauer wich<br />

eisiger Wut. Sie fuhr herum. Ihre Augen sprühten Funken.<br />

»Mein Vater war also ein alter Freund von Ihnen, ja?«, fragte sie gefährlich ruhig und Noyan wurde<br />

nervös. Palina schien den Stimmungsumschwung jedoch nicht zu bemerken und nickte. Aleyna machte<br />

einen Schritt auf die Königin zu und er versteifte sich. Bereit, sofort einzugreifen, trat er ihr in den Weg.<br />

Sie sah zu ihm hoch, und er stellte erstaunt fest, dass sie keinerlei Angst vor ihm zu verspüren schien. Er<br />

überragte sie um mindestens einen Kopf, dennoch gab sie ihm mit ihrem finsteren Blick das Gefühl zu<br />

schrumpfen.<br />

»Falls das wirklich der Fall ist, dann frage ich mich eins«, fauchte sie in Richtung Palina. »Wo zum<br />

Teufel waren Sie dann in den letzten Monaten? Wo waren Sie, als es ihm von Tag zu Tag schlechter ging?<br />

Wo waren Sie, als er damit begonnen hat, tagelang zu verschwinden? Wo, als ich stundenlang durch die<br />

Kälte gelaufen bin, um ihn zu suchen, wenn er wieder einfach abgehauen ist?« Aleynas Stimme<br />

überschlug sich, als sie sich an ihm vorbei drängte und vor Palina aufbaute. »Und wo, verdammt noch<br />

mal, wo waren Sie, als ich ihn zerkratzt und geschunden im Wald fand, einsam und allein erfroren, weil<br />

er nicht mehr Herr seiner Sinne war?« Mit jedem Satz, den Aleyna ihr entgegen feuerte, wurde Palina<br />

blasser.<br />

Als sie den Mund öffnete, hob Aleyna die Hand und gebot ihr, zu schweigen. »Wagen Sie es ja nicht,<br />

noch einmal von Freundschaft zu reden!« Mit einem letzten Blick, der ihre gesamte Abscheu ausdrückte,<br />

wandte Aleyna sich um. Sie schluchzte auf und lief in Richtung der Gräber davon, ohne sich noch einmal<br />

umzudrehen.<br />

Palina machte Anstalten ihr nachzulaufen, doch Noyan hielt sie am Arm fest. »Warte.«<br />

Die Königin sah ihn entrüstet an.<br />

»Wenn du sie jetzt nicht in Ruhe lässt, dann wirst du gar nichts mehr erfahren!«, sagte er leise.<br />

Palina versuchte, seine Hand zu lösen. »Noyan, ich muss ihr hinterher! Du hast es doch mit eigenen<br />

Augen gesehen. Hier geht es nicht mehr nur noch um ihren Vater. Sie ist es! Die Aura, nach der wir schon<br />

so lange suchen.«<br />

»Im Moment ist sie vor allem hilflos und verzweifelt. Sie hat gerade ihren Vater verloren, verstehst du?<br />

Und so wie es aussieht, hat sie nicht die geringste Ahnung von dem, was ihn getötet hat. Ich hege den<br />

Verdacht, dass sie nicht einmal weiß, wer oder was ihr Vater in Wirklichkeit war!«<br />

»Aber wir können sie doch jetzt nicht einfach gehen lassen!«, widersprach sie.<br />

»Du warst gerade ziemlich unsensibel, um es vorsichtig auszudrücken.« Noch ehe sie dem erneut<br />

etwas entgegensetzen konnte, sagte er: »Lass mich versuchen, das zu regeln.« Sein Angebot überraschte<br />

ihn selbst und auch Palina musterte ihn erstaunt.<br />

»Unsensibel? Das sagt mir ja der Richtige!«, schnaufte sie und seufzte dann resignierend. »Nun denn,<br />

Mister Sensibel, versuch dein Glück. Ich werde im angrenzenden Wald auf dich warten.« Mit diesen<br />

Worten wandte sie sich ab und ließ ihn allein.


Aleyna<br />

Sie war vor dem Sarg ihres Vaters stehen geblieben und kauerte sich auf dem kalten Boden davor<br />

zusammen. Tränen liefen ihr über das Gesicht und doch kochte sie vor Wut über die Unverfrorenheit<br />

dieser Fremden. Wie konnte sie es wagen zu behaupten, eine Freundin gewesen zu sein? Erschrocken<br />

über die Intensität ihrer Gefühle hockte sie noch eine Weile vor dem Sarg und ließ ihre Antwort darauf<br />

Revue passieren. Jedes Wort hatte gestimmt.<br />

Die letzten Monate im Leben ihres Vaters waren nicht leicht gewesen, für keinen von beiden. Das<br />

Schlimmste für Aleyna war, dass niemand ihr sagen konnte, woran ihr Vater gelitten hatte. Hilflos sah sie<br />

dabei zu, wie er zugrunde gegangen war. Die Wut über ihre Verzweiflung und die Unfähigkeit, ihm<br />

helfen zu können, hatten in ihrem Ausbruch der Fremden gegenüber ein Ventil gefunden. Fast tat Aleyna<br />

ihr Auftreten leid.<br />

Aber nur fast.<br />

Ihr Herz schmerzte beim Gedanken an ihren Vater und nicht zum ersten Mal seit seinem Tod<br />

wünschte sie sich, ihm mehr Fragen gestellt zu haben. Wie oft hatte sie ihn ertappt, wenn er auf der<br />

kleinen Veranda vor dem Haus gesessen und verloren in den Himmel gestarrt hatte? Eines Tages, so<br />

hatte er immer gesagt, würde er ihr viel zu erklären haben. Und jetzt konnte er das nicht mehr. Ihr<br />

drängte sich der Gedanke auf, dass das Auftauchen der beiden Fremden zu den Dingen gehörte, die ihr<br />

Vater eines Tages hatte berichten wollen. Aber das würde sie nie erfahren.<br />

Gedankenversunken betrachtete sie das Grab. Damals, als ihre Mutter gestorben war, hatte ihr Vater<br />

die Ruhestätte selbst gestaltet. Sie lag am Rand des kleinen Friedhofs, angrenzend an den Wald. Jetzt<br />

fand er seine letzte Ruhe neben ihr, dicht an den eng wachsenden Bäumen, die er so geliebt hatte. Aleyna<br />

schluckte. In der ersten Zeit nach dem Tod ihrer Mutter war sie ständig mit ihm in der freien Natur<br />

gewesen. Sie hatten in einem Dorf unmittelbar am Waldrand gewohnt, ganz in der Nähe ihrer<br />

Großmutter.<br />

Doch dann war irgendetwas passiert, dass alles verändert hatte. Von einem auf den anderen Tag<br />

waren sie nicht mehr in den nahen Forst gegangen. Sie hatten die Hütte und das Dorf verlassen und<br />

waren in eine kleine Siedlung gezogen, weg vom Wald und ihrer Großmutter. Das einzig bleibende<br />

Zugeständnis an die vergangenen Tage war das Grab gewesen.<br />

Sie sah auf. Aus dem Wald erklang auf einmal ein durchdringendes Brüllen - fast wie eine Warnung.<br />

Erschrocken stolperte Aleyna rückwärts und landete unsanft auf ihrem Hinterteil. Ihre Augen suchten<br />

die eng stehenden Bäume ab, doch dort war nichts, das auf den Ursprung dieses Lauts hinwies. Wurde<br />

sie jetzt verrückt?<br />

»Alles klar bei dir?«<br />

Sie kam eilig auf die Beine, in der festen Erwartung, die beiden Fremden zu sehen. Doch vor ihr stand<br />

nur der Begleiter der Frau und betrachtete sie mit eigentümlicher Miene.<br />

»Sie ist weg. Nicht ganz freiwillig, aber immerhin ist sie gegangen. Sie wird an einem anderen Tag<br />

wiederkommen«, sagte er.<br />

»Von mir aus kann sie gern wegbleiben«, murmelte Aleyna und stellte überrascht fest, dass der<br />

Mundwinkel des Fremden amüsiert zuckte.<br />

»Darf ich dir etwas zur Krankheit deines Vaters erzählen?«, fragte er plötzlich und machte einen<br />

Schritt auf sie zu, doch sie verspürte keine Angst. Schon, als ihre Blicke sich das erste Mal getroffen<br />

hatten, war ein tiefes Gefühl von Vertrautheit über sie gekommen, auch wenn sie nicht verstand, warum.<br />

Was konnte er über ihren Vater wissen, dass sie nicht selbst wusste?<br />

»Zuerst ist es nur ein Drang, eine innere Unruhe ...«, sagte er leise. »Er konnte nicht mehr schlafen,<br />

wanderte umher. Es hat ihn nach draußen gezogen. Seine Spaziergänge sind immer länger geworden,<br />

von Mal zu Mal. Und irgendwann kam er mit Kratzwunden nach Hause.«<br />

Aleyna erstarrte und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, aber dennoch hing sie wie gebannt an<br />

den Lippen des Fremden. Sie kannte nicht einmal seinen Namen, und doch schilderte er genau das, was<br />

sie bei ihrem Vater beobachtet hatte. Als wäre er dabei gewesen.<br />

»Irgendwann fing er damit an, nächtelang wegzubleiben. Rast- und ruhelos, wie ein wildes Tier in<br />

Gefangenschaft. Er wurde dir immer fremder, stimmts?«<br />

Langsam nickte sie und Tränen liefen ihr über die Wangen. Genau so war es gewesen. Am Anfang<br />

hatte sie nicht einmal bemerkt, dass sich etwas veränderte. Aber irgendwann konnte sie ihre Augen nicht<br />

mehr vor dem Offensichtlichen verschließen. Ihr Vater hatte begonnen, richtiggehend durchzudrehen.<br />

Oft hatte sie ihn erst nach stundenlanger Suche gefunden. Und nicht selten war ihr Vater nackt gewesen,<br />

seine Kleidung in Fetzen auf dem Boden verteilt.


»Es erschien mir, als würden zwei Persönlichkeiten in ihm leben. An manchen Tagen war er einfach<br />

nur mein Vater und an anderen das, zu dem er wurde, wenn ein Schub kam. Ich konnte nichts dagegen<br />

tun«, flüsterte sie gepresst. Es herrschte einen Moment Schweigen und dann wurde ihr auf einmal<br />

bewusst, was sie da gerade gesagt hatte. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie so das Gefühl der<br />

Vertrautheit abstreifen. »Warum zur Hölle erzähle ich dir das überhaupt? Und woher weißt du das alles?<br />

Ich kenne nicht einmal deinen Namen, und du sprichst von Dingen, die du eigentlich gar nicht wissen<br />

kannst.« Noch während sie die Fragen stellte, fürchtete sie bereits seine Antworten.<br />

Er schloss die Augen und holte tief Luft. »Es ist ... kompliziert.« Der Typ hob die Hand und fuhr sich<br />

durch die dunklen Haare. War er etwa nervös? Sie musterte ihn, während er sichtlich mit sich rang und<br />

nach einer Erklärung zu suchen schien.<br />

Er war einen Kopf größer als sie und sah ziemlich muskulös aus. Seine Haare waren leicht<br />

durcheinander, als würde er häufiger mit der Hand hindurchfahren und er hatte ein markantes Gesicht<br />

mit schmaler Augenpartie. Was ihn wohl mit der Fremden verband? Er hatte sich ihr sofort in den Weg<br />

gestellt, als sie fast auf die Frau losgegangen war. Sie hätte schwören können, dass seine grauen Augen<br />

sich verändert und einen bedrohlichen Schimmer bekommen hatten.<br />

Er seufzte und straffte die Schultern. »Palina war wirklich so etwas wie eine Freundin deines Vaters.<br />

Es gab Gründe, warum sie ihn nicht aufgesucht hat, als es ihm so miserabel ging.«<br />

Aleyna versteifte sich augenblicklich und biss sich auf die Lippe. Versuchte er etwa gerade, diese Frau<br />

in Schutz zu nehmen? Es interessierte sie nicht im Geringsten, warum sie nicht da gewesen war.<br />

Schweigend wandte sie sich von ihm ab und blickte auf die Grabstätte ihrer Eltern.<br />

»Aleyna ...« Seine Stimme klang bittend. Aus dem Augenwinkel heraus nahm sie eine Bewegung wahr<br />

und spürte eine Berührung an der Schulter. Mit sanftem Druck zwang er sie, sich zu ihm umzudrehen<br />

und ihn anzuschauen. Er sah verwirrt aus und betrachtete seine Hand, als sei sie ein Fremdkörper. »Ich<br />

weiß, dass es dir nicht leichtfällt, mir das zu glauben. Aber das nächtelange Verschwinden deines Vaters<br />

hatte am Ende nur einen Sinn«, flüsterte er und Aleyna registrierte mit einem Anflug von Enttäuschung,<br />

dass er die Hand wegnahm. »Er tat es, um dich zu schützen.« Ihr entwich ein ungläubiges Schnauben.<br />

»Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Es ist nicht so einfach. Kannst du dich noch an deine Kindheit<br />

erinnern?«<br />

Etwas verwirrt von seinem abrupten Themenwechsel nickte sie. Was hatte das eine mit dem anderen<br />

zu tun?<br />

»Was soll ich dazu sagen? Ich hatte eine gute Kindheit, glaube ich. Wir haben lange am Waldrand<br />

gewohnt, ganz in der Nähe meiner Oma. Ich habe gespielt, wie jedes Kind halt so spielt!«, entgegnete sie<br />

etwas unwirsch.<br />

Alles war vollkommen normal gewesen, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihr Vater alle Zelte<br />

abgebrochen hatte und mit ihr umgesiedelt war. Sie dachte gern an die Zeit vor dem Umzug zurück. Der<br />

Wald war ihr zweites Zuhause gewesen und eine Zeitlang hatte sie sich sogar eingebildet, dort<br />

gemeinsam mit tierischen Kameraden unterwegs zu sein.<br />

Unwillkürlich glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. So lange schon hatte sie nicht mehr an diese Begleiter<br />

gedacht. Ihr Vater hatte ihr schmunzelnd gelauscht, wenn sie am Abend von ihren Erlebnissen berichtet<br />

hatte. Aber dann war irgendetwas passiert, an dass sie sich nicht mehr erinnerte, und sie waren<br />

umgezogen. Ab dem Tag veränderte sich alles.<br />

Ihr Vater war verbissen geworden, weniger fröhlich als zuvor. Auch ihre Geschichten wollte er nicht<br />

mehr hören. Und irgendwann sprach Aleyna einfach nicht mehr davon. Sie hatte aufgehört, sich an ihre<br />

tierischen Freunde und die vielen Abenteuer zu erinnern.<br />

Noch immer machte er keine Anstalten, zu reden. Er sah sie weiterhin nur an, sein Blick erinnerte sie<br />

irgendwie an den eines Hundewelpen.<br />

Sie wollte ihm nichts von ihren Gedanken erzählen, doch sein Blick und dieses ungewöhnliche Gefühl<br />

von Vertrautheit, dass sie jedes Mal überkam, wenn sie ihn anschaute, ließ sie dennoch reden. »Früher<br />

hatte ich imaginäre Begleiter. Wir haben viel Zeit im Wald verbracht. Dad liebte ihn, und er lehrte mich,<br />

es ebenfalls zu tun. Andere Kinder hatten einen unsichtbaren Freund, aber ich ...«, ein Lächeln legte sich<br />

auf ihr Gesicht, »ich hatte Tiere.«<br />

»Tiere?«, echote er leise.<br />

Aleyna wandte sich wieder zu ihm um, musterte sein Gesicht. Sie hatte ein spöttisches Lächeln<br />

erwartet. Doch sein Blick war vollkommen ernst und wahrscheinlich nur deshalb sprach sie überhaupt<br />

weiter. »Keine ... normalen Tiere. Sondern Menschen, die sich in Tiere verwandelten, wann immer sie es<br />

wollten. Es waren viele Verschiedene. Löwen, Tiger, Füchse, Panther, Bären ... sogar ein Eichhörnchen<br />

war dabei. Und sie sprachen mit mir. Ich erlebte Abenteuer mit ihnen und erzählte Dad abends davon.<br />

Aber eines Tages ...« Sie brach ab, senkte den Blick.


»Auf einmal sagte er, ich würde mir das alles nur einbilden. Menschen, die sich in Tiere verwandelten,<br />

gäbe es nur im Märchen. Dann zogen wir weg vom Wald, und er ging nie wieder zurück dorthin, bis ...«<br />

»Bis die Krankheit bei ihm ausbrach?«, vollendete er ihren Satz und sie nickte.<br />

Ja, genau so war es gewesen. Am Anfang wusste sie nicht, wohin ihr Vater aufbrach, wenn er<br />

verschwand. Aber dann fand sie die Erde. An seinen Schuhen, der Kleidung. Überall haftete dieser Duft,<br />

an den sie sich noch so gut erinnern konnte. Er roch nach Wald. Sie begann zu hoffen, dass alles gut<br />

werden würde. Doch das wurde es nicht. Schließlich verlor er sogar seinen Job und der Verfall ihres<br />

Vaters schritt immer weiter voran, genau wie der Fremde es beschrieben hatte. In diesem Moment wurde<br />

Aleyna bewusst, dass er ihr noch immer nicht offenbart hatte, woher er das alles wusste oder wie er hieß.<br />

»Dein Vater und seine Krankheit ... dort, wo Palina und ich herkommen, gibt es noch mehr Kranke«,<br />

sagte er, als ob er ihre Gedanken hätte lesen können. »Was wäre, wenn ich dir sagen würde, dass du dir<br />

die Wesen, die sich in Tiere verwandeln können, nicht eingebildet hast? Das sie wirklich existieren?«<br />

Aleyna widerstand nur knapp dem Drang, sich an die Stirn zu tippen. »Sicher. Und im Himmel ist<br />

Jahrmarkt.«<br />

Er seufzte. »Hast du schon mal etwas von Gestaltwandlern gehört?«, fragte er.<br />

Jetzt konnte sie nicht anders, als spöttisch zu lächeln. »Menschen, die zum Werwolf werden? Heiße ich<br />

etwa Bella und du Jacob?«, entgegnete sie.<br />

Sichtlich entrüstet riss er die Augen auf. »Werwölfe sind etwas völlig anderes, sie haben nur die<br />

Wolfsform. Gestaltwandler sind wesentlich vielfältiger. Die Tiergestalt ist schon vor der Geburt<br />

festgelegt, und es kann so ziemlich alles sein. Wölfe, Tiger, Leoparden, Löwen, Adler ... Dein Vater zum<br />

Beispiel war ein Bär!«, zählte er auf.<br />

Aleyna musterte ihn eingehend. Der Kerl war doch vollkommen irre, denn er meinte das, was er da<br />

gerade von sich gab, offenbar vollkommen ernst! Sie hob die Hand und gebot ihm zu schweigen. »Pass<br />

auf, Fremder. Ich weiß nicht, was du komischer Vogel geraucht hast, aber ...« Sie brach ab und stutzte.<br />

»Moment. Hast du grade gesagt, mein Vater war ein Bär?«<br />

Er raufte sich erneut die Haare. »Mein Name ist Noyan, und ja ... dein Vater war ein Bär.«<br />

»Pass mal auf, Noyan.« Sie kniff die Augen zusammen. »Du tauchst hier einfach mit deiner ach so<br />

tollen Freundin auf ...«, ihre Hand fuhr nach vorn und tippte mehrfach gegen seine Brust, »und wagst es<br />

dann auch noch, dich über mich lustig zu machen?«<br />

Noyan schien verwirrt zu sein. »Ich mache mich keinesfalls über dich lustig. Es ist schlicht und<br />

ergreifend die Wahrheit.«<br />

Aleyna wich einen Schritt zurück und holte tief Luft. »Okay, ... ich weiß nicht, aus welcher Anstalt du<br />

entlaufen bist, aber ... mein Vater war mit Sicherheit kein Bär ...!« Sie zeigte ihm einen Vogel. Dann<br />

wandte sie sich kopfschüttelnd ab und entfernte sich eilig von Noyan und dem Grab ihres Vaters. Der<br />

Bestatter war sicher noch irgendwo hier, und das Ganze wurde ihr unheimlich. Sie horchte auf Schritte,<br />

doch Noyan schien ihr nicht zu folgen. Kurz darauf vernahm sie jedoch ein Knurren hinter sich, blieb<br />

stehen und drehte sich langsam um.<br />

Ihr Herz machte einen Satz und überschlug sich mehrfach, nur um dann rasend schnell weiter zu<br />

klopfen. Sie musste mehrfach blinzeln, ehe ihr klar wurde, dass das, was sie vor sich sah, tatsächlich real<br />

war.<br />

Dort, wo Noyan eben noch gestanden hatte, saß jetzt ein riesiger Wolf. Aus seinen Nasenlöchern drang<br />

warme Luft, die in kleinen Nebelschwaden nach oben stieg. Aleyna erstarrte, denn der Wolf saß inmitten<br />

eines Kleiderhaufens, Noyans Kleidern. Das Tier machte keine Anstalten, ihr zu folgen. Es sah sie aus<br />

grauen Augen an, und der Situation vollkommen unangemessen überkam sie das Gefühl, noch nie in<br />

vertrautere Züge geblickt zu haben.<br />

Der Wolf fixierte sie und seine Lefzen hoben sich, sodass es aussah, als lächelte er. »Dein Vater war ein<br />

Bär!«, drang eindeutig Noyans Stimme an ihr Ohr.<br />

Erneut beschleunigte sich ihr Herzschlag. All das war einfach zu viel. Wie konnte das sein? Ihre<br />

Gedanken rasten, überschlugen sich und gerieten ins Stolpern. Sie war wahnsinnig. Vollkommen irre.<br />

Aleyna wurde leicht schwindelig. Hilfesuchend griff sie nach ihrer Kette. Sie ergab sich willig der<br />

Dunkelheit und sank ohnmächtig zu Boden.<br />

Noyan<br />

»Du hast was?« Palina starrte ihn an, als habe er den Verstand verloren. Sie hatte, wie angekündigt, im<br />

Wald auf ihn gewartet. Nun saß er ihr gegenüber und sah sie zerknirscht an. Ein tiefes Knurren entwich


Palinas Kehle, und er zuckte zusammen. Ihre Tiergestalt war ein Leopard und sie marschierte vor ihm<br />

auf und ab, bis sie schließlich dicht vor seiner Schnauze stehen blieb und ihn fixierte.<br />

»Du hast ihr also deine zweite Gestalt gezeigt?!« Bei jedem Wort peitschte ihr Schwanz auf den Boden.<br />

Er zog den Kopf zwischen die Schultern. »Und dann ...«, Palina holte scharf Luft, »... dann hast du die<br />

bewusstlose Kleine zur Kapelle gebracht, damit der Bestatter sie findet und sich um sie kümmert?« Sie<br />

setzte sich vor ihm auf die Hinterpfoten und starrte ihn an, während er kleinlaut nickte. »Was sagtest du<br />

noch gleich über meine Unsensibilität?«<br />

Finster betrachtete sie ihn, während er sich unter ihren Worten wand. »Du weißt doch, wie wichtig das<br />

Mädchen für uns sein könnte, wenn sie das ist, was ich glaube! Was ist in dich gefahren, Noyan? Warum,<br />

bei der Göttin, hast du sie nicht hergebracht?«<br />

Noyan schloss die Augen. Palina konnte nicht ahnen, dass er sich genau das seit heute Morgen auch<br />

fragte. Er hatte schon viele Besuche auf dieser Seite der Welt hinter sich. Auch Mischlinge waren ihm zu<br />

Genüge über den Weg gelaufen. Doch Aleyna war eine vollkommen neue Erfahrung für ihn, den<br />

Einzelgänger in selbst gewählter Einsamkeit. Er hatte ihre Emotionen gefühlt, als wären es seine eigenen.<br />

Was also war in ihn gefahren, warum hatte er sie dort gelassen, anstatt sie einfach mit nach Rondaria zu<br />

nehmen?<br />

Er schüttelte sein Fell aus. »Ich hab es doch versucht!«, setzte er dennoch zu einer Verteidigung an.<br />

»Meine Gabe hat bei ihr nicht gewirkt!« Er hob die Pfote an und musterte sie erneut. Die Fähigkeit,<br />

wegen derer man ihn im Zirkel aufgenommen und ausgebildet hatte, nannte sich Mediation. Durch<br />

bloßes Handauflegen konnte er andere Wesen beeinflussen. Nur Aleyna nicht. Für ihn war es<br />

unbegreiflich, dass es bei ihr nicht geklappt hatte. Ein leiser Seufzer entwich ihm. »Sie wird uns helfen,<br />

wenn sie diejenige ist, für die du sie hältst!« Die Königin knurrte und Noyan erhob sich. »Ich werde mich<br />

darum kümmern, gib mir noch eine Chance.«<br />

Palina warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Diese Sache ist wichtig, Noyan! Ich sehe keinen<br />

Grund, daran zu zweifeln, dass dieser Mischling das Wesen aus meinem Traum ist.«<br />

Urplötzlich meldete sich der ungewollte Beschützerinstinkt wieder und ein tiefes Grollen wollte in ihm<br />

aufsteigen. Es gelang ihm nur mit Mühe, es zu unterdrücken und seine Königin nicht anzuknurren. Was<br />

war nur los mit ihm? Schon zum zweiten Mal verspürte er diesen unbändigen Drang, Aleyna zu<br />

beschützen, obwohl sie ihm völlig fremd war. Und verdammt: Palina war die Anführerin seines Volkes!<br />

»Der Mischling heißt Aleyna, und ich weiß, dass sie wichtig ist!«, presste er nur mühsam beherrscht<br />

hervor.<br />

Nein, er hatte die Prophezeiung nicht vergessen. Wie könnte er auch, wo sie doch allgegenwärtig war?<br />

Die Königin war nicht nur die Gemahlin des Alphatiers, sondern auch eine Sehende. So nannte man in<br />

Rondaria die Wandler, die die Fähigkeit besaßen, Ereignisse vorherzusehen. Meist waren es Träume, die<br />

eine Zeit des Umschwungs oder Gefahren ankündigten. Aber manchmal waren auch schwerwiegende<br />

Weissagungen dabei.<br />

Zwei Jahre, nachdem der König verschwunden und die Seuche, damals noch unerkannt, über das<br />

Land gekommen war, hatte die Königin einen solchen Traum gehabt. Das war mittlerweile lange her,<br />

aber noch immer wusste man ihre Vision nicht recht zu deuten, obwohl der innere Zirkel, zu dem auch er<br />

gehörte, es immer wieder versucht hatte.<br />

Es war weithin bekannt, dass ein Wesen mit violetter Aura eine zentrale Rolle darin spielte. Und<br />

Palina schien zu glauben, dieses Wesen in Aleyna gefunden zu haben. Gut, ihre Aura war violett, aber<br />

weder lebte sie in Rondaria, noch schien sie zu wissen, wer und vor allem was sie wirklich war. Konnte<br />

es wirklich sein, dass das Schicksal seines Volkes in den Händen einer Unwissenden lag?<br />

Palina<br />

Aufmerksam beobachtete sie Noyans Mienenspiel, während er grübelte. Diese fürsorgliche, fast schon<br />

beschützende Seite kannte sie nicht an ihm. Vor gut vier Jahren war er im inneren Zirkel aufgenommen<br />

worden, weil auch er eine besondere Gabe besaß, die es zu fördern und richtig auszubilden galt. Diesen<br />

Zirkel gab es schon seit Hunderten von Jahren, er war einst von einem Alphatier gegründet worden und<br />

ein wichtiger Bestandteil der rondarischen Gesellschaft.<br />

»Es wird einen Grund dafür geben, dass du sie nicht beeinflussen konntest. Du bist ein guter Mediator!<br />

Dieser Ansicht ist sogar Chiron. Und wenn er das sagt ...« Sie unterdrückte das Schmunzeln, das in ihr<br />

aufsteigen wollte, als sie den Bären erwähnte. Es war ein offenes Geheimnis, das Noyan und Chiron, der<br />

Anführer der königlichen Garde, sich nicht sonderlich grün waren.


Der Wolf murrte ungehalten. »Chiron redet dir bloß nach der Schnauze. Ihm bleibt ja nichts anderes<br />

übrig, schließlich ist er dein Gefährte.«<br />

»Das ist er nicht«, widersprach sie heftig. »Jedenfalls nicht ... so.« Der Bär teilte ihr Bett. Und sonst<br />

nichts. Sie wusste zwar, dass er viel mehr wollte, aber - bislang hatte sie sich immer dagegen gewehrt.<br />

»Daeron ist mein Gefährte!«<br />

Es war jetzt fünfzehn Jahre her, dass ihr Mann Daeron, das Alphatier des Volkes, verschwunden war.<br />

Die wochenlange Suche nach ihm war nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Mit der Zeit wurden immer<br />

mehr Stimmen laut, die sagten, dass er tot sei, aber sie wollte dies aus verschiedenen Gründen bis heute<br />

nicht wahrhaben. Sie war davon überzeugt, dass sie es hätte spüren müssen, wenn er tot wäre.<br />

Noyan hob die Pfote und berührte damit ihre. »Daeron lebt nicht mehr, Palina«, sagte er leise.<br />

»Das wissen wir nicht mit Sicherheit!« Unmut machte sich in ihr breit. Daeron war ihr Seelengefährte<br />

gewesen, ihre große Liebe. In einer besonderen Zeremonie hatten sie ihr Blut miteinander getauscht, eine<br />

tiefe Verbindung, die weitaus mehr bedeutete als nur die Worte, die man dabei sprach. Mit ihrem<br />

Versprechen an den weißen Löwen war sie Königsgemahlin geworden, die Frau an der Seite des<br />

Herrschers.<br />

Deshalb akzeptierte das Volk sie als Anführerin, aber der eigentliche Anführer des Volkes war nun<br />

einmal das Alphatier. Und genau diese Tatsache war ein weiterer Grund, aus dem sie bezweifelte, dass<br />

ihr Ehemann tot war. »Wenn er wirklich tot ist, warum wurde dann noch kein neues Alphatier geboren?«<br />

»Ich weiß es nicht.« Noyan setzte sich auf die Hinterpfoten und warf ihr einen bedauernden Blick zu.<br />

»Aber es liegt die Vermutung nahe, dass in der Prophezeiung auch dafür eine Erklärung enthalten ist.<br />

Wir haben sie nur noch nicht entschlüsselt. Es gibt so viele Fragen, auf die wir noch keine Antwort<br />

haben.«<br />

Wie all ihre Vorhersagen war der Traum sehr verworren gewesen. Er sprach von Intrigen, Eifersucht<br />

und einer bösartigen Krankheit. Aber er wies auch auf Rettung hin. Ein Wesen mit violetter Aura sollte<br />

das Unglück zum Guten wenden. Palina wusste weder von einer solch schlimmen Krankheit, noch<br />

kannte sie ein Wesen, das eine solche Aura besaß, also wurde dem Traum nicht die nötige<br />

Aufmerksamkeit geschenkt. Und dann war der Ausbruch der Seuche bemerkt und ein Teil der Vision zu<br />

erschreckender Wirklichkeit geworden.<br />

»Du meinst, wir finden die Lösung für sein Verschwinden ebenso in meinem Traum wie den Hinweis<br />

auf die Krankheit?«, hakte sie nach und Noyan nickte.<br />

Es hatte einige Zeit gedauert, bis überhaupt bemerkt worden war, dass es ein Problem gab. Natürlich<br />

gab es Krankheiten in Rondaria, aber keine war so gewesen wie diese. Es hatte mit einigen wenigen<br />

Kranken begonnen. Die Seuche nahm einen langsamen und langwierigen Verlauf, und sie endete immer<br />

tödlich. Einen Grund für ihren Ausbruch konnten sie nicht finden, so sehr sie es auch versuchten.<br />

»Es hat doch alles überhaupt erst mit seinem Verschwinden angefangen, oder?«, sinnierte sie<br />

nachdenklich.<br />

»Wie kommst du darauf?«<br />

Erst, als sie den erstaunten Ausruf von Noyan neben sich vernahm, wurde ihr bewusst, dass sie laut<br />

ausgesprochen hatte, worüber sie sie sich schon länger Gedanken machte.<br />

Die Betroffenen wussten lange nicht einmal, dass sie krank waren. Das erste sichtbare Zeichen für<br />

deren Ausbruch war die Aura des Leidtragenden. Sie begann sich zu verändern, aus einem satten Rot<br />

wurde mit der Zeit trübes Grau. Nach und nach verloren die Gestaltwandler die Kontrolle über das<br />

ihnen innewohnende Tier und wurden unberechenbar - ein langer und grausamer Prozess für die<br />

Erkrankten.<br />

»Es gäbe doch Aufzeichnungen in der großen Bibliothek darüber, wenn so etwas schon einmal<br />

vorgekommen wäre. Alles, was wir wissen, wissen wir aus der direkten Erfahrung heraus. Die Seuche<br />

bricht unterschiedlich schnell aus. Bei einigen nach wenigen Monaten, bei anderen wiederum dauert es<br />

Jahre.«<br />

Seit dem Bekanntwerden der Krankheit gab es viel mehr Selbstmorde in Rondaria. Die Wandler hatten<br />

miterlebt, wie sich die Seuche entwickelte und kaum einer ertrug es, den Einfluss auf etwas zu verlieren,<br />

was ihnen von Kindesbeinen an gegeben war. Die meisten setzten ihrem Leben spätestens dann ein Ende,<br />

wenn der Kontrollverlust einsetzte.<br />

Palinas Gedanken kehrten zu dem Mischlingsmädchen zurück. Sie hatte immer daran geglaubt, dass<br />

sie das Wesen mit der violetten Aura eines Tages finden würden.<br />

Aber ... Aleyna?<br />

Sie sollte die Rettung sein? Ein Mischling, der nicht einmal in Rondaria lebte, sondern von einem<br />

Wandler groß gezogen worden war, der alle Brücken hinter sich abgebrochen hatte? Sollte sie tatsächlich<br />

all ihre Hoffnung in jemanden setzen, der so offensichtlich nichts Besonderes war?


Sie blickte zu Noyan. Er hatte sich auf dem Boden zusammengerollt und beobachtete sie mit<br />

zusammengekniffenen Augen. Vielleicht wäre es eine gute Idee, zu sehen, was sich aus dem seltsamen<br />

Verhalten Noyans und dem Mädchen entwickeln würde.<br />

»Nun denn!«, seufzte sie. »Ich werde es auf einen Versuch ankommen lassen.« Der junge Wolf rappelte<br />

sich hastig auf. »Ich kehre in den Hort zurück und werde dem Zirkel berichten, was wir entdeckt haben.<br />

Du hast eine Woche Zeit, das Mädchen nach Rondaria zu holen. Was wirst Du tun?« Sie sah ihn fragend<br />

an.<br />

Noyan zögerte mit der Antwort. Es war offensichtlich, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, was er<br />

tun sollte. Sie wusste, dass Noyan es gewöhnt war, mit Hilfe seiner Gabe zum Ziel zu kommen. An<br />

Aleyna aber war er gescheitert und das verwirrte ihn. Wie dem auch sei - er würde lernen müssen mit<br />

Niederlagen umzugehen. Und in diesem Fall musste eine Woche genügen, um einen anderen Weg zu<br />

finden als die Mediation. Die Zeit drängte. »Nun?«<br />

Noyan wand sich unwohl. »Ich weiß es nicht!«, winselte er dann. »Aber ... mir wird etwas einfallen, in<br />

Ordnung?« Palina nickte, vorerst zufrieden.<br />

»Sieben Tage, Noyan, vergiss das nicht!« Mit einem letzten, ermahnenden Blick musterte sie den Wolf,<br />

dann machte sie kehrt und verschwand im Wald.<br />

Noyan<br />

Er sah Palina hinterher und schluckte. Dabei war er sich durchaus darüber im Klaren, was es hieß, dass<br />

sie ihm eine Frist gesetzt hatte. Sollte er scheitern, würde sie garantiert zu drastischeren Mitteln greifen.<br />

Vermutlich würde die Königin die Garde, oder noch schlimmer, Chiron persönlich damit beauftragen,<br />

Aleyna nach Rondaria zu bringen. Es blieb ihm also wenig Zeit, sie zu überzeugen. Er ging noch einmal<br />

die Informationen durch, die er hatte und versuchte, diese mit dem, was Aleyna ihm erzählt hatte, zu<br />

kombinieren.<br />

Er wusste, dass sie als Kind tatsächlich in Rondaria gelebt hatte, gemeinsam mit ihrem Vater. Doch<br />

dann hatte sich irgendetwas ereignet, was ihn dazu veranlasst hatte, den Kontakt zu seiner Heimatwelt<br />

abzubrechen. Leider wusste bislang keiner, was vorgefallen war. Es war vorher einfach nicht wichtig<br />

gewesen und jetzt war der Einzige, der alles aufklären konnte, tot.<br />

Aleyna schien kaum Erinnerungen an ihre Zeit in Rondaria zu haben, oder sie verdrängte sie.<br />

Vielleicht war das sein Weg zum Erfolg. Es musste ihm gelingen, ihr die Kindheit wieder ins Gedächtnis<br />

zu rufen. Sie schien empfänglich zu sein für Dinge, die ihren Vater betrafen. Es blieb ihm sowieso nichts<br />

anderes übrig, als es zu versuchen. Die Worte der Königin hallten in seinem Kopf nach.<br />

»Sieben Tage, Noyan. Vergiss das nicht!«


Interview:<br />

Hast du ein bestimmtes Schreibritual? Etwas, das nicht fehlen darf?<br />

Ja das habe ich. Ich schreibe immer mit Musik. Musik inspiriert mich ungemein beim<br />

Schreiben. Manchmal ist es ruhige Musik aber es kann auch mal Musik mit Power sein.<br />

Ganz egal. Das kommt immer darauf an wie meine Stimmung gerade ist. Selbst bei der<br />

Musik von Linkin Park schreib ich die besten Sachen. Musik lenkt mich also nicht ab, sie<br />

hilft mir dabei kreativ zu schreiben.<br />

Wann bist du am kreativsten, eher morgens oder abends?<br />

Am kreativsten bin ich immer abends. Da fallen mir die besten Dinge ein. Leider kommt es<br />

dann oft vor wenn ich abends geschrieben habe dass ich nur schlecht einschlafen kann weil<br />

ich so aufgedreht bin und mit den Gedanken nur bei meinen Texten bin.<br />

Woher nimmst du deine Ideen fürs schreiben?<br />

Da ich bisher nur autobiografisch geschrieben habe nehme ich natürlich die Ideen aus<br />

meinem eigenen Leben. Da ich viele Schicksale erlebt habe ist dies natürlich auch sehr<br />

emotional und auch sehr viel zu schreiben. Bisher konnte ich 2 Bücher füllen. Doch nun<br />

möchte ich in eine andere Richtung gehen. Durch das Schreiben der Bücher hab ich auch<br />

viel verarbeitet aus der Vergangenheit und nun ist es an der Zeit nach vorne zu blicken und<br />

nicht weiter in der Vergangenheit zu leben. Also auch ein neues Genre.<br />

Schreibst du täglich?<br />

Nein ich schreibe nicht täglich. Ich schreibe dann wenn ich mich danach fühle und wenn es<br />

die Zeit erlaubt.<br />

Wie lange hast du an deinem letzten Buch geschrieben?<br />

An meinem Letzten Buch „Cassandra“ hab ich knapp über ein Jahr geschrieben. Es war<br />

sehr emotional so dass ich immer wieder Pausen brauchte. Es handelt sich ja um einen<br />

autobiografischen Roman der viel über meine letzten Jahre mit einer psychischen<br />

Erkrankung beinhaltet. Von daher war es auch wichtig immer wieder Pausen zu machen.<br />

Dieses Buch ist mein absolutes Herzensbuch bisher.<br />

Wo schreibst du am liebsten?<br />

Es gibt verschieden Orte wo ich schreibe. Ich kann eigentlich überall schreiben. Zuhause<br />

am PC, in einem Cafe oder kommt es auch vor das ich im Eisstadion schreibe wenn meine<br />

Kids Eishockeytraining haben. Dann kommen die Kopfhörer auf die Ohren und das<br />

Notizbuch wird ausgepackt. Ich kann eigentlich überall kreativ sein, nur die Atmosphäre<br />

muss für mich passen und ich muss unbedingt Lust haben zum Schreiben.<br />

Gibt es schon ein neues Projekt?<br />

Ja das gibt es. Ich versuche mich gerade an einem Liebesroman. Etwas was ich noch nie<br />

geschrieben habe. Aber es klappt ganz gut und ich muss sagen, auch wenn ich noch nicht<br />

weit bin, erst bei Kapitel 3, ist es jetzt schon sehr toll und emotional. Ich bin voll in der<br />

Geschichte drin und lebe meine Protagonistin die sich unsterblich verliebt hat. Es handelt<br />

sich hierbei um eine „verbotene Liebe“. Mehr wird aber noch nicht verraten.<br />

Wie bist du überhaupt zum Schreiben gekommen?<br />

Geschrieben hab ich schon als Teenager. Allerdings nur Gedichte die sich meistens ums


Verliebt sein gedreht haben. Ich hatte mal eine ganze Sammlung die ich bis vor einigen<br />

Jahren noch hatte und plötzlich war diese Gedichtesammlung verschwunden was mich<br />

sehr traurig machte. Irgendwann hörte ich dann auf mit dem schreiben der Gedichte. Im<br />

Jahre 2006 hatte ich einen schweren psychischen Zusammenbruch und mehrere<br />

Klinikaufenthalte. Im Jahre 2007 während eines dieser Aufenthalte packte ich mir einen<br />

Block und einen Stift und begann damit ein Gedicht zu schreiben. Das tat mir so gut das<br />

ich dabei geblieben bin. Von daher hatte ich so viele ideen und habe durch das schrieben<br />

meine eigenen schrecklichen Gedanken auf Papier gebracht und sie somit losgelassen und<br />

auch ein kleines Stück verarbeitet. Irgendwann kam mir die Idee aus meiner Homepage (<br />

www.nicole-horn.de ) in der ich meine Lebengeschichte erzähle und die Aufarbeitung, ein<br />

Buch zu schreiben. Die Idee war geboren aber es dauerte nochmal 7 jahre ehe ich es dann<br />

tatsächlich umsetzte.<br />

Hast Du Vorbilder? Autoren die dich inspirieren?<br />

Ja die hab ich. Ich bin großer Fan von Sebastian Fitzek. Ich liebe seine Thriller, obwohl ich<br />

wahrscheinlich nie einen schrieben werde. Aber seine Art zu schreiben und seine Ideen<br />

gefallen mir. Und ich mag sehr gerne Any Cherubim. Ihre Reihe „Mea Suna“ fasziniert<br />

mich heute und ich wünsche mir auch mal so tolle Geschichten schreiben zu können. So<br />

rein aus der Fantasie heraus. Denn das fällt mir noch etwas schwer. Aber mit meinem<br />

neuen Projekt bin ich auf meine Fantasie angewiesen und kann es schulen und lernen. Wer<br />

weiß was dann noch alles kommt.<br />

Was war dein schönstes Erlebnis als Autorin?<br />

Das tollste Erlebnis ist natürlich wenn man einen Verlag findet und dann das Paket<br />

ankommt mit den eigenen Büchern. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich. Und ein weiteres<br />

unvergessliches Erlebnis war meine Erste Lesung in einem Buchcafe, das mit 56 Leuten<br />

restlos überfüllt war. Ich bin ja eigentlich kein Redner für die Öffentlichkeit aber ich hab<br />

es gut gemeistert. Ich war zwar wahnsinnig nervös und aufgeregt was man als Zuschauer<br />

auch mitbekommen hat, aber nach wenigen Minuten war ich so im Reden drin das es<br />

anfing Spaß zu machen trotz des schweren Themas. Und die Diskussionen am Schluss<br />

waren wirklich toll und auch die Rückmeldungen. Ich werde dieses Erlebnis nie vergessen.<br />

Wenn es interessiert, auf meiner Homepage ist ein Bericht über die erste Lesung drin.<br />

Gibt es auch schlechte Momente für dich als Autorin?<br />

Die gibt es natürlich. Sehr oft werde ich von Selbstzweifeln geplagt ob es eigentlich<br />

irgendjemanden interessiert was ich schreibe oder ich habe einfach das Gefühl es ist nicht<br />

gut genug. Dann fühle ich mich wie eine viertklässlerin die ihren Aufsatz abgeben muss.<br />

Das sind eigentlich die schlimmsten Momente. Doch dann kommen immer mal wieder<br />

positive Rückmeldungen die mir dann wieder zeigen, super ich hab es doch drauf, das<br />

motiviert mich dann immer wieder zum weiter schreiben.<br />

Warum schreibst du unter einem offenen Pseudonym?<br />

Das ist eine gute Frage. Als ich mein erstes Buch Klang der Seele- mein Leben mit<br />

Borderline schrieb sagte mir mein Bauchgefühl einfach ich soll ein Pseudonym wählen,<br />

denn ich wollte selbst entscheiden wer weiß, wer hinter dem Pseudonym steckt. Doch im<br />

Laufe der Zeit bin ich immer offener damit umgegangen so dass ich mir dachte, ich hätte<br />

genauso gut unter meinen realen Namen schreiben können, denn jeder weiß mittlerweile<br />

das ich dahinter stecke. Nun werde ich jedoch bei meinem Pseudonym Franziska Neidt<br />

bleiben, denn damit kennen mich meine Leser und damit hab ich mir auch meine Fans<br />

aufgebaut.


ISBN# 978-3-944648-69-9<br />

Leseprobe:<br />

Der Aufenthalt war eigentlich als Krisenintervention geplant, d.h. die Stabilität der Patienten in<br />

3-4 Wochen wieder herzustellen. Doch irgendwie hatte es sich im Laufe des Aufenthaltes anders<br />

entwickelt. Die Gespräche bei Herrn Hartner verliefen sehr intensiv. Zu Beginn war das Thema<br />

völlig klar. Es ging um Cassandras Jugendliebe, die Schwangerschaft und das verlorene Kind.<br />

Doch bereits nach den ersten Wochen wurden Cassandras Ängste immer größer. Besonders ihre<br />

Ängste beim Aussprechen von Wünschen und Bedürfnissen, zu sprechen allgemein, Kritik zu<br />

üben oder manchmal sogar die Angst, einfach mal auszusprechen, wie es ihr wirklich ging.<br />

Cassandra konnte diese Ängste nur sehr schwer steuern. Immer wieder war sie auf der Suche<br />

nach Antworten. Herr Hartner ging ganz gezielt an diese Ängste heran. Mit vielen Fragen<br />

kitzelte er schrittweise die Antworten aus Cassandra heraus. Er fragte nach ihrer Angst, wenn<br />

diese im Vordergrund stand. Cassandra versuchte, sich auf dieses Gefühl zu konzentrieren und<br />

eine Antwort zu geben. Oft stand die Angst vor Ablehnung im Vordergrund, die Angst<br />

ausgelacht und nicht ernst genommen zu werden. Und auch die Angst vor Streit und<br />

Disharmonie. Sie war ein Mensch, der sehr auf Harmonie aus war und große Angst vor<br />

Streitereien oder Meinungsverschiedenheiten hatte. Im Laufe der Einzelgespräche bei Herrn<br />

Hartner wurde Cassandra immer klarer, wo diese Ängste herkamen. Immer tiefer tauchten<br />

Cassandra und Herr Hartner ein in diese Ängste. Bereits im Kindesalter hatte Cassandra erlebt,<br />

dass ihre Wünsche und Bedürfnisse übergangen wurden, es interessierte niemanden, sie wurde<br />

ausgelacht und gedemütigt. Zuhause wurde ständig zwischen Mutter und Stiefvater gestritten<br />

und geschrien. Da war es kein Wunder, dass Cassandra unter diesen tiefen Ängsten litt. In so


vielen Situationen hatte Cassandra Angst zu sprechen, NEIN zu sagen oder ihre Wünsche und<br />

Bedürfnisse zu äußern. Eines Tages in einem Einzelgespräch bei Herrn Hartner wollte dieser<br />

etwas mehr über die Angst wissen, wollte etwas tiefer an die Ursache kommen. Er machte<br />

Cassandra den Vorschlag, eine Imaginationsübung durchzuführen. Cassandra kannte diese Art<br />

der Übungen eigentlich, aber Herr Hartner zeigte ihr eine ganz andere Form der Imagination. Es<br />

war eine Reise in die Vergangenheit. Cassandra sollte sich an eine Situation aus ihrer Kindheit<br />

erinnern, in der sie diese Angst gespürt hatte, die sie heute so sehr quälte. Sie musste nicht lange<br />

überlegen.<br />

»Ich habe eine Situation«, sagte Cassandra.<br />

»Hat diese Situation mit dem Missbrauch zu tun?«, wollte Herr Hartner wissen.<br />

»Nein.«<br />

»Das ist wichtig, denn eine Missbrauchssituation wäre in diesem Fall zu schwerwiegend«,<br />

meinte er. Herr Hartner erklärte Cassandra im Vorfeld, dass er sie während der Übung mit DU<br />

und ihrem Vornamen ansprechen wird. Und sie solle die Situation aus Sicht des kleinen<br />

Mädchens, der kleinen Cassandra in der Gegenwartsform erzählen. Cassandra begann zu<br />

erzählen und es entwickelte sich ein interessanter Dialog zwischen den beiden.<br />

»Ich stehe an einem Morgen auf und richte mich selbstständig für die Schule her so wie schon<br />

ganz oft.«<br />

»Wie alt bist du Cassandra?«<br />

»Ich bin sechs Jahre alt.<br />

Ich verlasse mit meiner Schultasche das Haus und gehe Richtung Schule. Es ist noch sehr finster<br />

und kalt draußen. Es dauerte nicht lange, bis ich registrierte, dass ich viel zu früh dran bin. Ich<br />

habe das Haus fast drei Stunden zu früh verlassen. Es ist erst 5 oder 5.30 Uhr. Wie das passierte,<br />

keine Ahnung.«<br />

»Was machst du dann Cassandra?«<br />

»Ich gehe zurück zur Wohnung und klingle an der Haustür. Es macht niemand auf. Ich klingle<br />

ein paar Mal, aber es ist zwecklos, niemand öffnet die Tür. Ich setze mich auf eine der drei<br />

Stufen vor der Haustür und weine.«<br />

»Was fühlst du gerade, Cassandra?«<br />

»Ich habe Angst, bin traurig und fühle mich alleingelassen.«<br />

»Was würde dir jetzt in diesem Moment helfen?«<br />

Cassandra überlegte eine Weile, aber ihr fiel nichts ein.<br />

»Würde es dir helfen, wenn jemand zu dir kommt?«<br />

»Ja, das wäre sehr schön.«<br />

»Wer soll vorbei kommen, Cassandra?« Nach einem Zögern sprach Cassandra:<br />

»Sie sollen vorbei kommen.«<br />

»OK, ich bin jetzt bei dir, was soll ich tun?«<br />

»Sie sollen sich neben mich auf die Stufe setzen.«<br />

»Was würde dir jetzt noch helfen?«<br />

»Wenn Sie mich in den Arm nehmen und mich trösten.«<br />

»OK, ich nehme dich in den Arm, Cassandra. Du bist jetzt nicht mehr alleine, ich bin bei dir und<br />

lasse dich nicht mehr alleine. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.«<br />

»Wie fühlt sich das an, Cassandra?«<br />

»Sehr gut.«<br />

»Hast du noch Angst?«<br />

»Nein.«<br />

»Was machen wir nun, Cassandra?« »Wir sitzen einfach da und warten, bis es hell wird und die<br />

Schule beginnt.«<br />

»OK, ich halte dich fest und wir warten bis die Schule losgeht.«<br />

»Kann ich dir noch irgendwie helfen?«<br />

»Ja, Sie sollen mich in die Schule bringen.«<br />

»Das mach ich sehr gerne, Cassandra. Dann gehen wir jetzt zur Schule.«


Nach einer kurzen Pause sprach Herr Hartner: »Nun atmen wir ganz tief durch und kommen<br />

gedanklich zurück in den Behandlungsraum in 2016.« Cassandra atmete tief durch und blickte<br />

fasziniert zu Herrn Hartner. In diesem Moment liefen Tränen über ihr Gesicht. »Was passiert<br />

gerade bei Ihnen?« fragte Herr Harnter. »Das sind Freudentränen, Herr Hartner, weil ich gerade<br />

so glücklich bin.« Cassandra hatte so etwas lange Zeit nicht mehr gespürt und dieses Gefühl hielt<br />

den ganzen Tag an. Immer wieder während des Tages kamen diese glücklichen Tränen. Während<br />

der nächsten Tage stellte Cassandra fest, wenn sie an diese Situation dachte, dann so wie in der<br />

Übung und es fühlte sich total real an, als ob tatsächlich damals jemand vorbei gekommen wäre.<br />

Sie konnte nun an diese Situation denken, ohne die alte Angst zu spüren. Cassandra konnte das<br />

alles nicht glauben. Aber es passierte wirklich. Noch am selben Abend, als sie die Imagination<br />

durchgeführt hatten, kam Mark zu Besuch<br />

in die Klinik. Cassandra hatte das große Bedürfnis, ihm von dem heutigen Erlebnis zu berichten.<br />

Sie überschlug sich fast vor lauter Freude und Glück. Mark freute sich darüber, dass Cas so<br />

glücklich war. Er nahm sie in den Arm und sie musste schon wieder vor Freude weinen.<br />

1. Vorstellung:<br />

Ich kam am 08. Februar 1973 als Erstgeborene<br />

von zwei Kindern in Würzburg<br />

zur Welt. Bis zu meinem zwölften<br />

Lebensjahr wuchs ich in einem kleinen<br />

Ort in der Nähe von Würzburg auf.<br />

Danach begann eine Zeit mit vielen<br />

Umzügen und Schulwechseln. Meine<br />

Kindheit war von schweren Schicksalsschlägen<br />

geprägt. Mit achtzehn Jahren<br />

lernte ich meinen Mann kennen und<br />

bin seitdem glücklich verheiratet und


mittlerweile Mutter von zwei wundervollen Söhnen. Beruflich lernte<br />

ich nach der Schule Hotelfachfrau, was mich jedoch nicht wirklich<br />

erfüllte, sodass ich diese Ausbildung abbrach. Ich arbeitete<br />

24 Jahre als Heilerziehungspflegerin in einer Wohngruppe<br />

für Menschen mit geistigen und psychischen Erkrankungen,<br />

was mir großen Spaß machte .Erst vor 1 Jahr hab ich nach dieser langen Zeit gekündigt weil ich<br />

mir mit einer Familie einen großen Traum erfüllte und nach Canada ausgewandert bin. Dort lebe<br />

ich nun in Calgary, Alberta und bin sehr glücklich.<br />

Bereits im Teenager-Alter habe ich immer wieder Gedichte geschrieben<br />

und so meine Gefühle zum Ausdruck gebracht.<br />

Jedoch erst im Jahre 2006, nach einem schweren psychischen Zusammenbruch,<br />

integrierte sich die Schreiberei so wirklich in mein<br />

Leben, und ich hielt meine Gedanken und Gefühle in Form von<br />

Gedichten und Texten fest.<br />

Die Idee, ein Buch über mein Leben mit meiner psychischen Erkrankung<br />

zu schreiben, spukte schon viele Jahre in meinem Kopf<br />

herum. Sie war aus meiner persönlichen Homepage und den vielen<br />

positiven Rückmeldungen von betroffenen Menschen entstanden.<br />

Ich fühlte den Drang danach, anderen Menschen Mut zu machen und<br />

ihnen zu zeigen, dass sie mit ihrem Schmerz nicht allein sind und vor<br />

allem, dass es einen Weg heraus aus dem seelischen Schmerz gibt.

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