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<strong>Juni</strong> 2018


EDITORIAL<br />

SIE VERHARRTEN ABER IN DER<br />

LEHRE DER APOSTEL UND IN<br />

DER GEMEINSCHAFT, IM<br />

BRECHEN DES BROTES UND IN<br />

DEN GEBETEN.<br />

APG. 2,42<br />

Das Titelbild zeigt eine Formation von Fallschirmspringern. Wieviel Erfahrung<br />

und Training einen solchen Sprung möglich macht, kann man nur erahnen.<br />

Etwas ausserhalb von Winsen (Aller), ganz in der Nähe unseres Wohnorts in<br />

Norddeutschland, befindet sich ein Fallschirmsprungzentrum. Wenn wir dort<br />

vorbeifuhren haben wir oft Fallschirmspringer gesehen, die aus bis zu 4000 m<br />

Höhe abgesprungen sind. Mut, Erfahrung, Training und eine Lizenz sind die<br />

Voraussetzungen.<br />

Muss man Gemeinschaft üben, lernen und darin Erfahrungen sammeln? Ich<br />

denke schon.<br />

Gemeinschaft mit Gott will gelernt sein. Auf sein Reden hören, in die Stille<br />

gehen, die Umwelt ausschalten sind Dinge, die man trainieren muss. Wir sind<br />

das Laute sosehr gewohnt, dass die Stille und Ruhe schon manchmal<br />

schmerzt. Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Lesen wir in Psalm 62:2.<br />

Ein ähnliches Praktikum braucht man sicher für das Leben miteinander.<br />

Gemeinschaft fängt in der Familie an, geht weiter über Verwandtschaft und<br />

Freundeskreis.<br />

Die Familie Gottes, die Gemeinde, ist der Ort, wo Menschen nicht nur<br />

zueinander finden, sondern auch einen gemeinsamen Weg gehen.<br />

Gemeinsame Wege, einem gemeinsamen Hirten, dem wir nachfolgen,<br />

machen uns zu Nachfolgern. Nachfolgen ist gelebte Gemeinschaft.<br />

In dieser InKontakt Ausgabe werden wir das Thema „Gelebte<br />

Gemeinschaft“ behandeln und wünschen viel Segen beim Lesen.<br />

Einen gesegneten <strong>Juni</strong>, Gottes Nähe und seinen reichen Segen.<br />

GOTT IST TREU, DURCH DEN IHR<br />

BERUFEN WORDEN SEID IN<br />

DIE GEMEINSCHAFT SEINES<br />

SOHNES JESUS CHRISTUS,<br />

UNSERES HERRN.<br />

1. KOR. 1,9<br />

DER KELCH DES SEGENS, DEN<br />

WIR SEGNEN, IST ER NICHT DIE<br />

GEMEINSCHAFT DES BLUTES<br />

DES CHRISTUS? DAS BROT, DAS<br />

WIR BRECHEN, IST ES NICHT DIE<br />

GEMEINSCHAFT DES LEIBES DES<br />

CHRISTUS?<br />

1. KOR. 10,16<br />

WENN ES NUN IRGENDEINE<br />

ERMUNTERUNG IN CHRISTUS<br />

GIBT, WENN IRGENDEINEN<br />

TROST DER LIEBE, WENN<br />

IRGENDEINE GEMEINSCHAFT DE<br />

S GEISTES, WENN IRGENDEIN<br />

HERZLICHES MITLEID UND<br />

ERBARMEN,….<br />

PHIL. 2,1<br />

WENN WIR ABER IM LICHT<br />

WANDELN, WIE ER IM LICHT IST,<br />

HABEN WIR GEMEINSCHAFT<br />

MITEINANDER, UND DAS BLUT<br />

JESU, SEINES SOHNES, REINIGT<br />

UNS VON JEDER SÜNDE.<br />

1. JOH.1,7<br />

2


IMPRESSUM<br />

EFGG Erkelenz,<br />

Am Schneller 8-10,<br />

41812 Erkelenz<br />

EFGG Erkelenz ist vereinsrechtlich<br />

organisiert im<br />

GiFBGG<br />

(Gemeinden im Freikirchlichen Bund der<br />

Gemeinde Gottes e.V.).<br />

Der GiFGG gehört zum FBGG<br />

(Freikirchlicher Bund der Gemeinde Gottes<br />

e.V.) als Dachverband.<br />

Beide Vereine sind als gemeinnützig<br />

anerkannt –<br />

Redaktion und Layout:<br />

Heinz Hepp<br />

inkontakt(@)efgg-erkelenz.de<br />

Bildnachweis: freie Bilder Pixabay<br />

Alle Artikel von externen Quellen sind<br />

entsprechend. gekennzeichnet<br />

INHALT<br />

Autor<br />

Seite<br />

„BEI DER EVANGELISATION<br />

GEHT ES UM TOD UND LEBEN!“<br />

ULRICH PARZANY<br />

(MAI 2012)<br />

Kurz notiert 13<br />

EDITORIAL HEINZ HEPP 2<br />

INHALT / IMPRESSUM 3<br />

JESUS UND SEIN JÜNGER-TEAM RÜDIGER PUCHTA 4<br />

KANN CHRIST-SEIN AUCH OHNE<br />

GEMEINDE FUNKTIONIEREN?<br />

EVANGELISCHER-<br />

GLAUBE.DE<br />

7<br />

WAS MACHT EINE GEMEINDE EK-<br />

15<br />

AUS?<br />

WOLLMATINGEN.DE<br />

GEMEINDE – UNSERE FAMILIE MATTHIAS RUPP 19<br />

WENN DAS SOZIALE NETZ REIßT VON SUSANNE BILLIG 24<br />

UND PETRA GEIST<br />

„POWER KIDS“ 31<br />

TERMINE JUNI 33<br />

10<br />

Anschrift:<br />

Am Schneller 8-10,<br />

41812 Erkelenz<br />

Internet:<br />

www.efgg-erkelenz.de<br />

Gemeindepastor:<br />

Rüdiger Puchta,<br />

Am Schneller 10<br />

Telefon: 02431 / 5310<br />

Email: Pastor(@)efgg-erkelenz.de<br />

Seelsorger / Ältester: Heinz Hepp Telefon:<br />

02433 / 3079264<br />

Email: seelsorger(@)efgg-erkelenz.de<br />

Bankverbindung:<br />

Gemeinden im Freikirchlichen Bund der<br />

Gemeinde Gottes e.V. Hamburger<br />

Volksbank<br />

IBAN: DE30 2019 0003 0000 1910 35 BIC:<br />

GENODEF1HH2<br />

3


JESUS<br />

UND<br />

SEIN<br />

JÜNGER-TEAM<br />

UND DIE FRAGE: WIE FORMT<br />

DER HERR SICH EINE<br />

GEMEINSCHAFT, DIE SICH<br />

VON IHM PRÄGEN LÄSST<br />

UND KÜNFTIG ANDERE<br />

PRÄGEN WIRD?<br />

Es sind nur noch wenige Tage bis zum Beginn der<br />

Fußballweltmeisterschaft. Jetzt kommt es darauf an,<br />

dass der Bundestrainer seine Berufenen zu einem<br />

schlagfertigen Team formt. Die Mischung wird es<br />

ausmachen: Die fußballtechnische Individualität und<br />

Klasse des Einzelnen - und der vielgerühmte<br />

Teamgeist.<br />

Wie ist Jesus mit den Individualisten seines „Jünger-<br />

Teams“ umgegangen? Wie stand es um den Teamgeist<br />

unter seinen Jüngern? Wie ging man in seiner<br />

Gemeinschaft mit Versagen und Siegen um? Einige<br />

„praktische Beobachtungen“ zum Matthäusevangelium<br />

mit Anfragen an unser Mitarbeiter- und<br />

Gemeinschaftsverständnis:<br />

1. Die Anfänge: Mitten ins Leben! (Mt. 4,18 – 22)<br />

Jesus ist am See Genezareth unterwegs und sieht<br />

zwei Fischer, Simon und Andreas. Ein Alltagsberuf,<br />

der zur Grundversorgung mit Nahrung dient. Nichts,<br />

was man erst studieren muss, ein Beruf mitten im<br />

Leben. Es wird nicht darüber berichtet, wodurch die<br />

beiden Männer Jesus aufgefallen sind. Sie haben<br />

scheinbar nichts Besonderes geleistet und als<br />

religiös, fragend und suchend werden sie auch nicht<br />

beschrieben. Auch Johannes und Jakobus kommen<br />

kurze Zeit später dazu. „Donnersöhne“ (Mk. 3,17)<br />

werden sie genannt. Charaktere, die in ihrer Art heftig<br />

sind, die sagen und „herausdonnern“, was sie<br />

meinen.<br />

Jesus knüpft an ihre Alltagsrealität an und ruft sie in<br />

die Nachfolge: „Ich will euch zu Menschenfischern<br />

machen.“ Ein Bild, das zunächst nicht ganz korrekt<br />

erscheint. Leute einfangen für Jesus? Welcher Fisch<br />

hat schon die Chance zur Entscheidung, ob er sich<br />

fangen lässt oder nicht. Fisch ist ein<br />

Grundnahrungsmittel, die Arbeit des Fischers<br />

überlebensnotwendig für die Menschen. Genauso<br />

überlebensnotwendig ist die Arbeit der<br />

„Menschenfischer“, das Evangelium zu den<br />

Menschen zu bringen!<br />

Lassen wir uns auf die „Alltagsrealität“ anderer in<br />

unserer Gemeinde ein? Wie sieht diese aus?<br />

Wen haben wir im Blick, wenn wir nach neuen<br />

Mitarbeitern suchen?<br />

Haben "Donnersöhne von heute" eine Chance bei<br />

uns?<br />

2. Erste Konsequenzen: Mittendrin - und voll<br />

daneben! (Mt. 8,18 – 27)<br />

In der Zwischenzeit ist viel passiert: Jesus hat Kranke<br />

geheilt. Er hat in der Bergpredigt die<br />

„Regierungserklärung“ des Reiches Gottes abgelegt<br />

und geschildert, wie Gott sich diese Welt vorstellt. Er<br />

hat eine große Popularität erreicht und steht, wo er<br />

auch hinkommt, schnell im Mittelpunkt. Und die<br />

Jünger? Welche Aufgabe haben sie eigentlich bei<br />

dem Ganzen? Keine Aussage, nicht ein einziges Mal<br />

werden sie erwähnt. Selbst als Jesus die<br />

Schwiegermutter des Simon Petrus heilt, kommt<br />

dieser nicht direkt vor. Mitarbeitersein in der<br />

Wirkungszeit Jesu beginnt nicht mit dem<br />

Übernehmen einer Aufgabe, sondern mit dem<br />

gemeinsamen Erleben!<br />

Scheinbar im Widerspruch dazu steht der Anspruch,<br />

den Jesus an seine Nachfolger hat. Mit Jesus<br />

unterwegs sein heißt nicht, dass man auf Tournee<br />

geht, immer Beifall bekommt und irgendwann wieder<br />

nach Hause geht. Vielmehr wird das „Unterwegssein<br />

mit ihm zum Zuhause“: Keine Grube, kein Bau, kein<br />

Nest - nichts, was beständig bleibt. Ein radikaler<br />

Anspruch! Wie in der Bergpredigt wird deutlich, dass<br />

Anspruch und Wirklichkeit der Nachfolge immer<br />

wieder an Grenzen stoßen.<br />

Dann die gemeinsame Erfahrung der Sturmstillung.<br />

Die Jünger hatten so viel mit Jesus erlebt und hätten<br />

doch ahnen können, dass Jesus auch die<br />

Naturgewalten im Griff hat. Und Jesus? Er bedrohte<br />

nicht seine Jünger, sondern den Wind und das Meer.<br />

In seiner Anrede „ihr Kleingläubigen“ macht er zwar<br />

klar, dass die Jünger auch von selbst den Schluss<br />

hätten ziehen können, dass der Sturm nichts<br />

Lebensbedrohliches hat, aber er setzt diesen Schluss<br />

4


nicht als zwangsläufig voraus. Jede Erfahrung, auch<br />

jede Glaubenserfahrung mit Jesus, macht man<br />

irgendwann zum ersten Mal. Hier ist Geduld gefragt.<br />

Mit uns selbst, aber auch mit anderen in der<br />

Gemeinschaft der Jünger. Durch den Dialog<br />

zwischen Jesus und seinen Jüngern wird aus dem<br />

gemeinsamen Erlebnis der Bedrohung die<br />

gemeinsame Erfahrung der Bewahrung!<br />

Nehmen wir die Lebensstürme unserer<br />

Gemeindegeschwister wahr?<br />

Wie reagieren wir? Wo können wir ansetzen,<br />

schwierige Erlebnisse zu reflektieren<br />

und so gemeinsam Erfahrungen daraus zu<br />

gewinnen?<br />

3. Das Team wächst weiter! (Mt. 9,9 – 13)<br />

Eine Ausbildung ist in der Regel so konzipiert, dass<br />

Lerninhalte schrittweise durchlaufen werden und<br />

alles aufeinander abgestimmt ist. Nun könnte man<br />

meinen, dass das Jünger-Team durch die<br />

zahlreichen Trainingseinheiten ein gewisses Level<br />

erreicht hat und nicht mehr so ohne weiteres für<br />

Außenstehende zugänglich ist. Doch bei Jesus ist<br />

das anders! Auch an den Zöllner Matthäus ergeht der<br />

Ruf: „Folge mir nach!“ Damals ein Skandal. Nicht nur,<br />

dass Matthäus ein religiöser „Underdog“ ist, der als<br />

unrein gilt, weil er ständig Umgang mit Nichtjuden hat<br />

und Menschen betrügt. Nein, er hat sich als Zöllner<br />

mit der Besatzungsmacht arrangiert. Jesus<br />

widerspricht mit der Berufung des Matthäus diesem<br />

jüdischen Denken.<br />

Durch die Tischgemeinschaft mit dem<br />

„Ausgeschlossenen“ verdeutlicht Jesus, dass in<br />

seinem Kommen und Wirken eine neue Zeit<br />

angebrochen ist: Der Umgang mit Sündern ist nicht<br />

mehr unrein, sondern bewirkt neues Leben.<br />

Nachfolge ist nichts Statisches, bei der man<br />

nacheinander verschiedene Ebenen durchläuft.<br />

Vielmehr ist in Jesu Team jeder zu jeder Zeit<br />

willkommen, der seine Nähe sucht!<br />

Wie offen ist unsere Gemeinde und Gemeinschaft<br />

für neue Menschen?<br />

Erleben wir neue Menschen in der Gemeinde als<br />

„Bedrohung des Vorhandenen“<br />

- oder können wir sie als „Bereicherung unserer<br />

Gemeinschaft“ erkennen und annehmen?<br />

4. Der erste Einsatz! (Mt. 10,1 – 42)<br />

Nach der Bekanntgabe der Mannschaftsaufstellung<br />

(V. 1 - 4) bereitet Jesus sein Team auf den großen<br />

Einsatz vor. Es wird deutlich, dass Jünger-Sein auch<br />

„Unterwegssein“ bedeutet. Losgehen sollen sie, zu<br />

den Menschen. „Geh-Struktur“ statt „Komm-Struktur“.<br />

Die Botschaft ist die ihres Herrn und Meisters: „Das<br />

Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ (V. 7)<br />

„Nahe“ ist hier nicht nur ein zeitlicher Begriff, sondern<br />

auch ein räumlicher Begriff: Beispielhaft heilen auch<br />

die Jünger Kranke oder wecken Tote auf. Nicht als<br />

Zaubertrick oder Sensation, sondern als Beispiel des<br />

in Jesus bereits angebrochenen Reiches Gottes, das<br />

nun in Gestalt der Jünger auch mitten in der Welt ist.<br />

Im Anschluss an die Aussendung der Jünger folgt<br />

eine gewaltige Sammlung von „Negativ-<br />

Verheißungen“: z.B. „Unter die Wölfe geschickt“ – das<br />

heißt doch: Hallo Welt, hier kommt euer Frühstück!<br />

Jünger werden sich vor der Staatsmacht zu<br />

verantworten haben. Jünger werden um Jesu willen<br />

gehasst werden oder müssen fliehen. Der Gipfel<br />

schließlich in V. 39: „Wer sein Leben findet, der wird’s<br />

verlieren und wer sein Leben verliert um meinetwillen,<br />

der wird’s finden.“ Heftig, aber nicht unrealistisch.<br />

Über alledem aber der absolute Rückhalt in Jesus: Er<br />

steht zu seinem Team! „Wer euch aufnimmt, der<br />

nimmt mich auf.“ (V. 40) Bei allem, was da kommen<br />

mag: Jesus ist dabei und verlässt seine Jünger nicht!<br />

Wo machen wir uns noch auf den Weg? Schaffen<br />

wir es,<br />

von unserer „Komm-Struktur“ immer wieder zur<br />

„Geh-Struktur“ zu finden?<br />

Wie vermitteln wir, dass Selbstfindung und<br />

Selbstverwirklichung nicht alles im Leben sind? (V.<br />

39)<br />

5. Fünf Kapitel „pure“ Mitarbeiterbildung (Mt. 12 –<br />

16)<br />

Nach dem ersten Einsatz geht es nun an die<br />

theologischen Feinheiten. In zahlreichen<br />

Auseinandersetzungen mit Pharisäern, Sadduzäern<br />

und dem jüdischen Volk, trainiert Jesus seine Jünger.<br />

Wenn man nach der Methode fragt, mit der Jesus<br />

Mitarbeiterbildung betreibt, so wird schnell deutlich,<br />

dass Jesus immer wieder Geschehnisse mit seinen<br />

Jüngern reflektiert und sie so daraus lernen können.<br />

So lernen sie den Sabbat recht einzuordnen (Mt. 12)<br />

und lernen in vielen Gleichnissen etwas über das<br />

Wesen des Reiches Gottes (Mt. 13). Sie erleben<br />

Wunder und Heilungen (Mt. 14 - 16) – und immer<br />

wieder die Auseinandersetzungen mit den Pharisäern<br />

und Sadduzäern und die deutliche Abgrenzung Jesu<br />

zu beiden. Petrus steht in diesen Kapiteln zweimal im<br />

Mittelpunkt. In Mt. 14,22 - 33 wird uns die Geschichte<br />

„vom auf dem Wasser wandelnden Petrus“ berichtet,<br />

der erst dann im Sturm versinkt, als sich sein Blick<br />

von Jesus weg auf die „offensichtlichen“ Probleme<br />

richtet. In Mt. 16,13 - 20 ist es wieder Petrus, der sich<br />

von den anderen Jüngern abhebt, als er auf Jesu<br />

Frage „Wer bin ich?“ antworten kann „Du bist<br />

Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“ Daraufhin<br />

macht Jesus deutlich, dass der Fischer Simon immer<br />

mehr zum „Gemeinde-Stein Petrus“ (griechisch: Fels)<br />

werden wird.<br />

5


Wie viel Zeit nehmen wir uns für das gemeinsame<br />

Reflektieren des Gewesenen?<br />

Wo wagen wir so zu glauben, wie der „auf dem<br />

Wasser wandelnde Petrus“?<br />

Welche ehrliche Antwort geben wir<br />

Glaubensanfängern auf Jesu Frage: „Wer bin ich für<br />

euch?“<br />

6. Von Bergen... (Mt. 17,1 – 11)<br />

Eine seltsame Geschichte: Ein Blick in den Himmel<br />

wird drei Jüngern Jesu ermöglicht und sie erleben die<br />

Herrlichkeit Gottes. Wie immer, wenn uns in der Bibel<br />

von direkten Begegnungen Gottes mit den Menschen<br />

berichtet wird, ist es zugleich faszinierend und<br />

angstmachend. Die Erfahrung der Heiligkeit Gottes<br />

bewirkt immer auch eine Erfahrung der eigenen<br />

Nichtigkeit. Dennoch: Ein tolles Erlebnis, etwas, das<br />

man festhalten möchte. Petrus schlägt vor, Hütten zu<br />

bauen, um dort oben auf dem Berg noch zu bleiben.<br />

Doch: In dem Moment, in dem Petrus diesen Wunsch<br />

ausspricht, ist das Ganze bereits vorbei: Mose und<br />

Elia sind verschwunden, Jesus redet wieder mit<br />

seinen Jüngern und nicht mehr mit den großen<br />

Heiligen des jüdischen Volkes. Statt religiöser<br />

Ekstase nun wieder Alltag! Bis zur Erfahrung der<br />

Auferstehung und des Pfingstwunders war dies das<br />

letzte große spirituelle Highlight der Jünger!<br />

Wo und wie lassen wir uns auf die Heiligkeit Gottes<br />

ein?<br />

Wo stehen wir in der Gefahr, an großartigen<br />

Erfahrungen im Glauben<br />

„krampfhaft festhalten zu wollen?<br />

Wie kriegen wir wieder die Kurve und steigen in das<br />

„Tal des Alltags“ zurück?<br />

7. … und Tälern (Mt. 18,1 – 5)<br />

Nun sind die Jünger bereits in 13 Kapiteln mit Jesus<br />

unterwegs, um täglich etwas über das Reich Gottes<br />

zu lernen, und haben immer noch nicht verstanden,<br />

dass der Wunsch, der Größte zu sein, schlicht und<br />

ergreifend „inkompatibel“ mit dem Reich Gottes ist.<br />

Spätestens hier wird deutlich, dass die Jünger den<br />

Berg der Verklärung verlassen haben und wieder<br />

mitten im Alltag sind. Jesu Antwort fällt deutlich aus:<br />

Er stellt ein kleines Kind als Vorbild in ihre Mitte.<br />

Vernichtender hätte die Antwort für die Jünger wohl<br />

nicht ausfallen können! Jesus braucht seine Jünger<br />

so wie sie sind - und nicht als auf Karriere schielende<br />

Christen, die sich ein Image aufbauen wollen!<br />

Wie gehen wir Leitungsprobleme in unserer<br />

Gemeinde an? Welche Motive begleiten mich<br />

in meiner Leitungsfunktion? Regt sich auch<br />

manchmal in mir die Frage nach Größe und Macht?<br />

8. Versager wie wir (Mt. 26,14 – 16; 26,31 – 35; 27,3<br />

– 5, 69 – 72)<br />

Wir springen in die Passionsgeschichte. Das<br />

Unvermeidliche nimmt seinen Lauf. Die Mächtigen<br />

unter den Juden wollen Jesus ans Leben. Zu<br />

unbequem ist seine Lehre, die Freiheit des<br />

Gottesreiches verträgt sich nicht mit ihrer<br />

Gesetzlichkeit. Und dann geschieht es: Judas, der<br />

Kassenwart der Truppe, verrät seinen Meister für 30<br />

Silberstücke. Über sein Motiv wird nichts bekannt.<br />

Ein zweiter Jünger versagt. Ausgerechnet Petrus! Er<br />

verleugnet Jesus - so wie dieser es ihm zuvor<br />

angekündigt hat. Die Ereignisse dieser Nacht haben<br />

ihn überrollt. Es ist gefährlich, in dieser Situation für<br />

Jesus Stellung zu beziehen und so geschieht die<br />

Verleugnung.<br />

Zwei Versager im Jünger-Team. Zwei? Vermutlich<br />

sind es noch mehr! Wer von den Anderen hat Jesus<br />

denn geholfen? Dennoch: Ein wichtiger Unterschied.<br />

Jesus kann Versager gebrauchen! Seine Geschichte<br />

mit Petrus war nicht zu Ende, ganz im Gegenteil.<br />

Dagegen ist die Geschichte des Judas zu Ende. Er<br />

bekommt es nicht hin, an Jesus dranzubleiben, ihn<br />

um Vergebung zu bitten.<br />

Wie vermitteln wir unseren Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern, dass unser Gott ein Gott<br />

der zweiten Chance ist? Wo geben wir ihnen bei<br />

Versagen noch eine Chance?<br />

9. Abschied und Auftrag (Mt. 8,16–20)<br />

Der Teamchef geht von Bord, bzw. von der Erde und<br />

hinterlässt seinem Team sein Vermächtnis. Sie sollen<br />

die Botschaft weitertragen, andere ins Team holen<br />

und zu Jüngern machen. Dem „Missionsbefehl“ folgt<br />

die Zusage „Ich bin bei euch alle Tage“. Wenn auch<br />

nicht körperlich, so in der Gestalt des Heiligen<br />

Geistes. Deshalb kann es weitergehen und können<br />

immer wieder Generationen neuer Menschen<br />

hinzukommen - weil der „Teamgeist“ immer noch<br />

derselbe ist.<br />

Wie ist es bestellt um unseren „Teamgeist“ in der<br />

Gemeinde?<br />

Wie stellt sich der Missionsauftrag heute dar,<br />

wenn wir auf den Weg Jesu und seiner Jünger<br />

zurückschauen?<br />

Jünger Jesu sind gemeinsam unterwegs. Damals und<br />

heute. Und immer sind Jünger der Verpflichtung<br />

unterstellt: „Seid so unter euch gesinnt, wie es der<br />

Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.“ (Phil.<br />

2,5). Wir wünschen allen einen festen Blick auf IHN –<br />

gerade auch, wenn es darum geht, Gemeinschaft in<br />

seiner Gesinnung und Entsprechung zu leben.<br />

Bleibt behütet und bleibt in IHM, Rüdiger Puchta<br />

6


KANN CHRIST-SEIN<br />

AUCH OHNE<br />

GEMEINDE<br />

FUNKTIONIEREN?<br />

„Siehe, wie fein und lieblich ist's, wenn Brüder<br />

einträchtig beieinander wohnen!“ – so sagt es<br />

der 133. Psalm. Und Dietrich Bonhoeffer, der mit<br />

diesem Psalmwort sein Buch über das<br />

„Gemeinsame Leben“ eröffnet, weist<br />

nachdrücklich darauf hin, dass es eine große<br />

Gnade ist, wenn wir als Christen in täglicher<br />

Gemeinschaft mit anderen Christen leben<br />

dürfen. Fein und lieblich ist es, wenn wir als<br />

Glaubensgeschwister einträchtig beieinander<br />

wohnen. Der Normalzustand ist es aber<br />

keineswegs! Denn eigentlich steht ein Christ als<br />

Fremdling in der Welt und muss darauf gefasst<br />

sein, ein Einzelner zu sein, so wie die Apostel<br />

am Anfang Einzelne waren in den heidnischen<br />

Ländern. Jesus selbst lebte ganz überwiegend<br />

unter Feinden – und als es drauf ankam, stand<br />

er alleine da, weil seine Jünger flohen. Wenn es<br />

aber schon Jesus so ging, können wir dann<br />

erwarten, unter Freunden zu leben? Wurden<br />

Jesu Jünger nicht ausgesandt wie Lämmer unter<br />

die Wölfe, ausgesät und ausgestreut unter<br />

Heiden und Spötter? Bis heute müssen viele<br />

Christen ihr Leben genau so verbringen – in der<br />

Vereinzelung, unter Verfolgung oder gar im<br />

Gefängnis. Sie sehnen sich nach der<br />

Gemeinschaft mit anderen Gläubigen, die<br />

mancher über Monate und Jahre hinweg nicht<br />

erleben darf. Wir hingegen, die wir täglich mit<br />

anderen Christen vertrauten Umgang haben,<br />

sollten das hoch schätzen. Denn wenn sich die<br />

Gemeinde Jesu in dieser Welt sichtbar um<br />

Gottes Wort und Sakrament versammeln darf,<br />

dann ist das schon fast eine Vorwegnahme des<br />

Himmels. Ja, Bonhoeffer meint, die leibliche<br />

Gegenwart anderer Christen müsse uns eine<br />

Quelle unvergleichlicher Freude und Stärkung<br />

sein, weil die Nähe des christlichen Bruders ein<br />

leibliches Gnadenzeichen ist für die Gegenwart<br />

des dreieinigen Gottes. Warum aber ist das so?<br />

Und warum haben wir die Gemeinschaft der<br />

Anderen so nötig?<br />

Könnten wir nicht auch alles mit uns selbst<br />

ausmachen, so dass jeder für sich alleine seinen<br />

Glauben lebte? Nein – das ginge nicht. Und in<br />

unserer hoch individualisierten Zeit kommt es<br />

besonders drauf an, dass wir verstehen, warum<br />

es nicht geht. Denn dass ein Christ des anderen<br />

so dringend bedarf, hat seinen Grund darin, dass<br />

der Einzelne sich das befreiende Wort, von dem<br />

sein Glaube lebt, nicht selber sagen kann. Ein<br />

Christ ist ein Mensch, der sein Heil, seine<br />

Rettung, seine Gerechtigkeit nicht bei sich selbst<br />

sucht und findet, sondern bei Christus. Darum<br />

lebt ein Christ überhaupt nicht aus sich selbst,<br />

nicht aus seiner eigenen Anklage und seiner<br />

eigenen Rechtfertigung, sondern lebt aus Gottes<br />

Anklage und Gottes Rechtfertigung. Des<br />

Christen Trost und Zuversicht liegen also nicht in<br />

ihm selbst beschlossen, sondern er findet beides<br />

im Wort Gottes, das von außen zu ihm kommt.<br />

Und wenn er gefragt wird, wo sein Heil ist, sein<br />

Trost und seine Gerechtigkeit, so muss er von<br />

sich weg verweisen auf das Wort Gottes, das<br />

ihm alles zuspricht und schenkt. Nach diesem<br />

Wort hungert und dürstet ein Christ! Weil Gott<br />

nun aber das befreiende Wort des Evangeliums<br />

in den Mund von Menschen gegeben hat, damit<br />

es weitergesagt werde von einem zum anderen,<br />

darum bedürfen wir so dringend der<br />

Gemeinschaft untereinander. Schließlich kann<br />

sich keiner selber taufen oder sich selbst im<br />

Glauben unterrichten. Keiner kann sich selbst<br />

das Abendmahl reichen, keiner kann sich selber<br />

segnen, keiner kann sich selbst Absolution<br />

erteilen, keiner kann sich selber mahnen und<br />

trösten – und eben darum braucht jeder Christ<br />

seine Glaubensgeschwister als Träger und<br />

Verkünder des göttlichen Heilswortes. Was wir<br />

uns selber sagen und womit wir uns selber<br />

7


trösten, das bleibt immer ein wenig ungewiss.<br />

Was uns aber Bruder oder Schwester in<br />

christlicher Vollmacht sagen, das ist gewiss und<br />

ist deutlich. Darum sollten wir unsere christliche<br />

Gemeinschaft hoch schätzen, weil sie unseren<br />

Glauben nährt und stärkt durch das Wort, das wir<br />

uns selbst nicht sagen können, und auch<br />

deshalb, weil wir erst unter diesem Wort in<br />

Frieden zueinander kommen.<br />

Ein Christ kommt zum andern nur durch<br />

Christus, sagt Bonhoeffer, aber wo wir in<br />

Christus verbunden sind, da sind wir’s auch<br />

wirklich, und sind in ihm viel tiefer verbunden, als<br />

in irgendeiner anderen Gemeinschaft. Ohne<br />

Christus und außerhalb des Glaubens stehen wir<br />

alle miteinander in latentem oder offenem Streit.<br />

Ohne Christus stehen wir immer in<br />

Konkurrenzen, und der Weg vom einen zum<br />

anderen wird versperrt durch Geltungsbedürfnis<br />

und Eigeninteresse. Lebt aber statt meiner<br />

Christus in mir, so macht das den Weg zum<br />

Bruder und zur Schwester frei, denn wo Christus<br />

Herr ist, da müssen wir nicht mehr versuchen,<br />

übereinander zu herrschen, sondern können<br />

miteinander in Frieden leben in wechselseitigem<br />

Dienst und in Einigkeit des Glaubens. Nur in<br />

Jesus Christus sind wir in dieser Weise eins, in<br />

ihm sind wir es aber wirklich und bleiben es<br />

auch, denn wer hier und heute der Gemeinschaft<br />

Christi angehört, der wird einst auch bei ihm sein<br />

in der himmlischen Gemeinschaft. Darum, sagt<br />

Bonhoeffer, wer seine Glaubensgeschwister<br />

ansieht, solle wissen, dass er ewig mit ihnen<br />

vereint sein wird in Christus. Er solle sich aber<br />

auch dessen bewusst bleiben, dass er den<br />

anderen nicht Bruder und Schwester ist durch<br />

irgendwas, nicht durch Sympathie, durch<br />

menschliches Verständnis oder Kumpanei,<br />

sondern eben nur durch Christus.<br />

Ich bin dem Mitchristen ein Bruder nicht, weil ich<br />

ihn netter finde als den Muslim von nebenan,<br />

sondern ich bin ihm Bruder durch das, was<br />

Christus an mir getan hat. Und der Mitchrist<br />

wiederum ist mir ein Bruder, nicht weil ihm<br />

irgendwas an mir gefällt, sondern durch das, was<br />

Christus an ihm getan hat. Was uns zu<br />

Geschwistern macht, das ist das gemeinsame<br />

Bekenntnis zu Christus als dem Herrn, dem wir<br />

Gehorsam und Gefolgschaft schulden und dem<br />

wir gemeinsam unsere Erlösung verdanken.<br />

Wenn wir das aber vergessen – wenn wir<br />

vergessen, worauf unsere Gemeinschaft in der<br />

Kirche gründet, und versuchen, diese<br />

Gemeinschaft mit einem anderen Klebstoff<br />

zusammenzuhalten, muss sie dann nicht<br />

zwangsläufig zerbrechen? Wenn es nicht mehr<br />

das Bekenntnis zu Christus ist, das uns<br />

zusammenhält, sondern nur die bürgerliche<br />

Nettigkeit, die Sympathie oder die Gewohnheit,<br />

wenn es nicht mehr Gottes Wort ist, das uns<br />

verbindet, sondern nur die Macht der<br />

Kirchenleitung oder das Geld – muss dann nicht<br />

alles schiefgehen in der Kirche? Ja – sagt<br />

Bonhoeffer. Denn in Wahrheit haben wir<br />

einander nur durch Christus. Und jede andere<br />

Form der Verbrüderung, die nicht von dieser<br />

geistlichen Natur wäre, sondern bloß<br />

menschlich-seelischer Natur, müsste im Raum<br />

der Kirche eine Lüge sein. Weil aber eine Illusion<br />

von Kirche schlimmer ist als gar keine Kirche,<br />

darum dürfen wir uns an diesem Punkt nichts<br />

vormachen, sondern müssen klar und nüchtern<br />

sehen, was die Reformatoren zu ihrer Zeit auch<br />

erkannten: Eine kirchliche Gemeinschaft, die<br />

nicht aus dem gemeinsamen Glauben erwächst,<br />

und die darum nicht wirklich Gemeinschaft im<br />

Geiste ist, wird keinen Bestand haben – und sie<br />

soll auch gar keinen Bestand haben. Denn die<br />

menschlichen Wunschbilder von Kirche und die<br />

menschlichen Bemühungen um Harmonie,<br />

Verständnis und Toleranz werden in der Kirche<br />

niemals den Frieden stiften, auf den es<br />

ankommt. Oder meint jemand, aus Kirchenrecht<br />

und Finanzverfassung, aus geschicktem<br />

Management und gezielter Disziplinierung<br />

könnte die Einheit der Kirche erwachsen?<br />

Meint jemand, die Tradition oder der<br />

gemeindliche Eigennutz, das Geld oder das<br />

vertraute bürgerliche Milieu könnten uns den<br />

Heiligen Geist ersetzen? Dass sie’s nicht<br />

vermögen, liegt offen zu Tage, und wer Augen<br />

hat zu sehen, der kann es auf die betrüblichste<br />

Weise bestätigt finden. Denn Gemeinden kann<br />

nun mal auf keinen anderen Grund bauen, als<br />

auf den, der gelegt ist, in Jesus Christus. Soll<br />

aber die evangelische Kirche aus der Misere<br />

herausfinden, so hilft ihr dabei nicht<br />

Gruppentherapie und Beziehungspflege,<br />

sondern dann hilft ihr nur das Eine, dass nämlich<br />

dem Wort und der Wirklichkeit Christi Priorität<br />

eingeräumt wird vor allem anderen. Denn echte<br />

christliche Gemeinschaft verdankt sich diesem<br />

Wort, das Wort aber verdankt sich nicht etwa der<br />

Gemeinschaft, sondern verdankt sich dem, der’s<br />

geredet hat.<br />

Freilich: Im Konfliktfall ist die Versuchung groß,<br />

die Ordnung umzudrehen und der Gemeinschaft<br />

Vorrang zu geben vor der Botschaft: „Lasst uns<br />

8


erst mal die Beziehungen kitten,“ heißt es<br />

wohlmeinend „dann können wir immer noch über<br />

Inhalte reden.“ Aber hätte die Reformation<br />

jemals stattgefunden, wenn Luther und die<br />

anderen Reformatoren sich auf diese Denkweise<br />

eingelassen hätten? Vor die Wahl gestellt, ob sie<br />

das Evangelium festhalten wollen oder die<br />

Gemeinschaft der katholischen Kirche, haben<br />

die Väter unserer Kirche die Gemeinschaft<br />

fahren lassen, um das reine Evangelium zu<br />

behalten. Und wenn diese Entscheidung gegen<br />

die Gemeinschaft auch ganz gewiss weh tat, so<br />

können wir doch als evangelische Christen<br />

schwerlich leugnen, dass sie richtig war. Denn<br />

aus dem Evangelium erwuchs sehr bald neue<br />

Gemeinschaft. Die Evangelische Kirche blühte<br />

auf! Hätten die Reformatoren aber das<br />

Evangelium preisgegeben, um die Gemeinschaft<br />

mit den Katholiken zu retten, – was hätte dann<br />

aus der zerstrittenen und entleerten<br />

Gemeinschaft noch werden können? Luther und<br />

die Seinen hatten Recht darin, dem Glauben<br />

Vorrang einzuräumen vor der Gemeinschaft.<br />

Und wer sich „evangelisch“ nennt, wird die<br />

bittere und heilsame Einsicht, die sie damals<br />

gehabt und durchgehalten haben, auch in der<br />

Gegenwart beherzigen müssen. Auch unsere<br />

kirchliche Gemeinschaft wird nur dann eine<br />

Chance haben, wenn sie eine echte<br />

Gemeinschaft im Glauben ist, und wenn<br />

sich alle Beteiligten gemeinsam beugen<br />

unter den einen Herrn und unter das Wort der<br />

Heiligen Schrift.<br />

Denn billiger ist der Ausweg aus der Krise nicht<br />

zu haben. Freundlichkeit, Toleranz und<br />

Kompromisse werden uns nicht zur Einheit<br />

verhelfen. Moderatoren, Organisationsberater<br />

und Sozialtherapeuten werden nicht bewirken,<br />

was Christus in uns wirken muss. Und<br />

angestrengte Mitmenschlichkeit wird niemals<br />

ersetzen, was an Glaubensgemeinschaft fehlt.<br />

Rückt aber Christus wieder in der Mitte, und ist<br />

es sein Geist, der unter uns weht, so werden die<br />

vielen Unterschiede im Naturell der<br />

Menschen und in ihren Interessen<br />

ganz von selbst ihre trennende<br />

Kraft verlieren.<br />

Ja: In diesem positiven Falle<br />

werden wir dann merken, dass<br />

christliche Gemeinschaft überhaupt nicht unser<br />

Werk ist, sondern eine wunderbare, von Gott in<br />

Christus geschaffene Wirklichkeit. Und je klarer<br />

wir dann den Grund und die Kraft unserer<br />

Gemeinschaft allein in Jesus Christus<br />

erken¬nen, desto ruhiger werden wir auch über<br />

unsere Gemeinden denken, für sie beten und für<br />

sie hoffen. Vielleicht kann man eines Tages<br />

wieder sagen: „Siehe, wie fein und lieblich ist's,<br />

wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen!“<br />

Gelingt’s aber nicht, so dürfen wir uns daran<br />

erinnern, dass nicht nur die Reformatoren,<br />

sondern dass Jesus selbst die Einheit im<br />

Glauben wichtiger nahm, als jede bloß<br />

menschliche Gemeinschaft oder<br />

Verwandtschaft:<br />

„Als Jesus zu dem Volk redete, siehe, da<br />

standen seine Mutter und seine Brüder draußen,<br />

die wollten mit ihm reden. Da sprach einer zu<br />

ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder<br />

stehen draußen und wollen mit dir reden. Er<br />

antwortete aber und sprach zu dem, der es ihm<br />

ansagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind<br />

meine Brüder? Und er streckte die Hand aus<br />

über seine Jünger und sprach: Siehe da, das ist<br />

meine Mutter, und das sind meine Brüder! Denn<br />

wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der<br />

ist mir Bruder und Schwester und Mutter.“<br />

Quelle: evangelischer-glaube.de<br />

9


Eine herausfordernde Analyse von ProChrist-<br />

Pfarrer Ulrich Parzany:<br />

„BEI DER<br />

EVANGELISATION<br />

GEHT ES UM TOD<br />

UND LEBEN!“<br />

Christen stehen<br />

derzeit im deutschsprachigen<br />

Europa<br />

vor besonderen<br />

Herausforderungen:<br />

Muslime verteilen 25<br />

Millionen Korane<br />

und drohen Christen<br />

mit der Hölle, wenn<br />

sie nicht islamisch<br />

werden. Gleichzeitig<br />

wurden die<br />

Ergebnisse einer<br />

Studie bekannt,<br />

nach der der Osten<br />

Deutschlands die „ungläubigste“ Region<br />

der Welt sei. Nur acht Prozent glauben danach<br />

an einen persönlichen Gott. Eigentlich müsste<br />

jetzt als Antwort kommen, mit aller Kraft den<br />

christlichen Glauben bekanntzumachen. Zum<br />

Thema „Evangelisation“ schrieb der Leiters der<br />

größten Missionsaktion in Europa, der Aktion<br />

„ProChrist“, der Theologe Ulrich Parzany aus<br />

Kassel, einen wegweisenden Kommentar.<br />

Wenn in der Christenheit gilt, was Jesus gesagt<br />

hat, sollte unsere Aufgabe eigentlich klar sein:<br />

„Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet<br />

das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt<br />

und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber<br />

nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Markus-<br />

Evangelium 16,15 -16). Alle Leute sollen wissen,<br />

wer Jesus ist, was er gesagt und getan hat, dass<br />

er gekreuzigt und von Gott auferweckt wurde.<br />

Durch Jesus wird jeder Mensch mit Gott, dem<br />

Schöpfer, versöhnt. Das Leben in der<br />

Gemeinschaft mit Jesus ist unsere Rettung. Wir<br />

dürfen nach seinen Wegweisungen und aus<br />

seiner Kraft im Alltag leben. Selbst der Tod kann<br />

uns nicht von Jesus trennen. Nach dem Tod<br />

erleben wir Gott noch intensiver: Wir werden ihn<br />

sehen, wie er wirklich ist.<br />

Die Entscheidung dazu fällt in unserem irdischen<br />

Leben. Es geht um Rettung, sagt Jesus, also um<br />

Tod und Leben. Deshalb ist es doch wohl die<br />

wichtigste Aufgabe der Christen, die Nachricht<br />

von Jesus unter die Leute zu bringen! Die<br />

Menschen können Jesus nur vertrauen und<br />

folgen, wenn sie ihn kennen. Und sie können ihn<br />

nur kennen, wenn ihnen jemand von Jesus<br />

erzählt (Römer 10,13 -17).<br />

Im Supermarkt der Religionen<br />

Dabei darf niemandem etwas aufgezwungen<br />

werden. Die Zeiten der Staatsreligion sind – Gott<br />

sei Dank – vorbei. Wir leben heute in einem<br />

Supermarkt der Religionen und<br />

Lebenshilfeangebote. Wir Christen wollen aber<br />

nichts verkaufen – wir bitten unsere<br />

Mitmenschen im Auftrag von Jesus Christus:<br />

„Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Korinther<br />

5,20). Wer bittet, wird allerdings auch erleben,<br />

dass seine Bitte abgelehnt wird. Das tut weh. Wir<br />

bitten trotzdem immer wieder eindringlich – aus<br />

Liebe zu Gott und den Menschen. Es gibt<br />

unterschiedliche Möglichkeiten dazu – etwa in<br />

persönlichen Gesprächen. Gute Anlässe bieten<br />

Glaubenslehrgänge wie die „Alpha-Kurse“. Die<br />

evangelischen Kirchen bemühen sich intensiv,<br />

solche Glaubenskurse regelmäßig in allen<br />

Gemeinden für Suchende anzubieten. Ich hoffe,<br />

dass diese Initiativen Erfolg haben.<br />

Ist heute inzwischen alles Mission?<br />

Mission und Evangelisation haben in der<br />

evangelischen Kirche seit der EKD-Synode 1999<br />

in Leipzig – die das Schwerpunktthema Mission<br />

hatte – die „offizielle“ Unterstützung in der<br />

Volkskirche erfahren.<br />

Trotzdem geht es in der Praxis nur mühsam<br />

voran. Woran liegt das? Ich habe einen<br />

Verdacht: Die Begriffe Mission und<br />

Evangelisation werden inzwischen so weit<br />

gefasst, dass alles darunterfällt, was in der<br />

Kirche sowieso schon geschieht. Natürlich<br />

bieten Sonntagsgottesdienste, zahlreiche<br />

Gemeindeveranstaltungen und die vielfältigen<br />

Seelsorgekontakte anlässlich von Taufen,<br />

Trauungen und Beerdigungen großartige<br />

missionarische Möglichkeiten – wenn in ihnen<br />

die Einladung zum Glauben an Jesus Christus<br />

tatsächlich zur Sprache kommt. Evangelisation<br />

(und Mission) bezeichnet nämlich zuerst einen<br />

10


Inhalt: Die Botschaft von Jesus den Menschen<br />

zu sagen, die ihm noch nicht nachfolgen. Diese<br />

inhaltliche Ausrichtung der kirchlichen Dienste<br />

ist aber leider nicht immer gewährleistet.<br />

Trotzdem werden gern schön klingende Sätze<br />

verlautbart wie: „Die Kirche veranstaltet nicht nur<br />

dann und wann Evangelisationen – sie ist<br />

Evangelisation und Mission.“ Oder, besonders<br />

beliebt: „Mission und Evangelisation müssen<br />

ganzheitlich geschehen.“ Was gesagt werden<br />

muss „Ganzheitlich“? Was heißt das? Leben,<br />

Worte und Taten gehören selbstredend<br />

zusammen. Wenn damit „ganzheitlich“ gemeint<br />

ist, dann kann man nur zustimmen. Keine Frage:<br />

Das Leben der einzelnen Christen und der<br />

Gemeinden sollte einladend sein;<br />

Gemeindeglieder sollen Kontakte zu Menschen<br />

außerhalb der Kirche suchen. Wenn das nicht<br />

geschieht, werden diese Menschen auch durch<br />

evangelistische Projekte wie Glaubenskurse<br />

oder „ProChrist“ nicht erreicht!<br />

Selbstverständlich gehören also Wort und Tat in<br />

Gottes Mission zusammen. Ohne den Kontext<br />

des Lebens und der tätigen Liebe verkäme<br />

Evangelisation zu hohler Propaganda.<br />

Aber zum Kontext der Evangelisation gehört der<br />

Klartext der Botschaft von Jesus Christus<br />

unbedingt dazu. Das Wort und die Tat sollen aus<br />

dem gleichen Motiv geschehen – aus der Liebe.<br />

Der Apostel Paulus schreibt: „Denn wir predigen<br />

nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass<br />

Man hat die Evangelisten abgeschafft<br />

Seit langem hören wir diese großen Worte von<br />

„Kirche ist Mission“ und „ganzheitliche<br />

Evangelisation“.<br />

In Diakonie und Caritas arbeiten allein in<br />

Deutschland über 950.000 Angestellte – das<br />

sind mehr als in der Automobilindustrie! Im<br />

Gegensatz dazu gibt es insbesondere in den<br />

landeskirchlichen Missionarischen Diensten nur<br />

eine Handvoll hauptamtliche Evangelisten. Weil<br />

ja alles in der Kirche „Mission“ ist, hat man die<br />

speziellen Dienste der Evangelisten schlicht<br />

abgeschafft. Wie tragisch! Irriges auch in<br />

frommen Kreisen Und was in den Landeskirchen<br />

seit gut 50 Jahren läuft, wird neuerdings auch in<br />

Freikirchen und Gemeinschaften unter dem<br />

Begriff „Gesellschaftstransformation“ beliebt. Es<br />

ist ja nicht verkehrt, dass wir eine Veränderung<br />

unserer Gesellschaft hin zu mehr Gerechtigkeit<br />

und Barmherzigkeit anstreben. Wir sind das Salz<br />

der Erde – also hat die Bekehrung Einzelner zu<br />

Jesus auch Folgen für diese Welt, weil wir<br />

Beziehungswesen sind und andere dieses neue<br />

„Salz-Sein“ schmecken werden. Wenn wir mit<br />

Gott versöhnt werden, sollen wir unsere Feinde<br />

lieben, den Besitz teilen, für die Armen eintreten,<br />

treu leben, die Wahrheit reden, Frieden stiften,<br />

uns für Gerechtigkeit einsetzen.<br />

Die Grenzen der Diakonie<br />

Wer aber meint, er würde durch diakonisches<br />

und politisches Handeln Relevanz in der<br />

er der Herr ist“ (2.Korinther 4,5). Der Inhalt des<br />

Evangeliums ist Jesus Christus. Sein Name<br />

muss genannt werden; von seinem Leben,<br />

Reden, Leiden, Sterben und Auferstehen, von<br />

seiner Erhöhung zur Rechten Gottes und seinem<br />

Kommen zum Gericht müssen wir erzählen –<br />

weil nur er uns retten kann.<br />

Gesellschaft gewinnen und könnte dadurch dem<br />

Evangelium mehr Gehör verschaffen, der<br />

täuscht sich! Und wer eine Veränderung der<br />

Gesellschaft durch politisches und soziales<br />

Handeln fordert, muss die Frage beantworten,<br />

welche Gesellschaft er als Ziel vor Augen hat –<br />

und wie er mit denen umgehen will, die diesen<br />

Weg nicht freiwillig mitgehen. Der Staat setzt<br />

seine Gesetze bekanntlich durch Androhung und<br />

Anwendung von Gewalt durch.<br />

11


Zwang war auch in Zeiten der Staatsreligion<br />

üblich; auch der Islam kennt Zwang. In einigen<br />

Entgleisungen des schwärmerischen<br />

Christentums – wie bei der angeblichen<br />

Aufrichtung des Reiches Gottes zu Münster im<br />

Jahr 1534 – wurde ebenfalls Gewalt gebraucht.<br />

Gott wird die Welt transformieren<br />

Bei allen positiven Veränderungen jedoch, die<br />

aufgrund der Bekehrung Einzelner und des<br />

vorbildhaften Lebens der Gemeinden in einer<br />

Gesellschaft möglich sind, hat Gott sich die<br />

endgültige Transformation der Gesellschaft<br />

durch die Auferweckung der Toten, das<br />

Weltgericht und die Schaffung des neuen<br />

Himmels und der neuen Erde vorbehalten. Auf<br />

dem Wege dahin tun wir Gottes Willen im<br />

Vertrauen darauf, dass Gott die neue Welt<br />

schafft – und nicht aus der Vermessenheit<br />

heraus, dass wir sie schaffen könnten. Unsere<br />

wichtigste Aufgabe auf dem Weg dahin ist die<br />

Verkündigung des Evangeliums von Jesus<br />

Christus.<br />

Was uns Christen heute fehlt<br />

Aber warum hapert es ausgerechnet dabei?<br />

Zweierlei fehlt uns: Erstens das Bewusstsein<br />

über die Dramatik, dass alle Menschen ohne<br />

Jesus Christus in Ewigkeit verloren gehen, also<br />

von Gott getrennt und verdammt sind! Und<br />

zweitens fehlt uns das Vertrauen in die<br />

Wirksamkeit des Wortes Gottes. Der Glaube<br />

kommt aus der Predigt, übersetzt Martin Luther<br />

(1483–1546) den Vers aus dem Römerbrief<br />

10,17. Das griechische Wort „akoä“ bezeichnet<br />

das Hören und das Gehörte – also die Botschaft.<br />

Eine soziale Pantomime reicht daher nicht aus!<br />

Die Weitergabe des Evangeliums geschieht mit<br />

Worten. Wenn wir anderen von Jesus erzählen,<br />

tun wir das mit der Zusage von Jesus selbst:<br />

„Wer euch hört, der hört mich; und wer euch<br />

verachtet, der verachtet mich; und wer mich<br />

verachtet, der verachtet den, der mich gesandt<br />

hat“ (Lukas 10,16). Diese Zusage gilt für jede<br />

Form der Verkündigung – für das persönliche<br />

Gespräch, die kleine Gruppe und die große<br />

öffentliche Versammlung.<br />

Angst vor der Fundamentalismus-Keule<br />

Das persönliche Gespräch über den Glauben ist<br />

weitgehend unbestritten. In der Postmoderne,<br />

die jeden allgemeingültigen Wahrheitsanspruch<br />

bestreitet, scheint das private Gespräch die<br />

einzige noch akzeptable Kommunikationsform<br />

zu sein. Die öffentliche Verkündigung hingegen<br />

signalisiert den Anspruch auf verbindliche<br />

Gültigkeit der Botschaft für alle Menschen. Das<br />

ist nach postmodernem Verständnis<br />

unerträglicher Fundamentalismus. Zwar<br />

garantiert uns das Grundgesetz die öffentliche<br />

Verkündigung des Evangeliums, aber das<br />

postmoderne Klima übt einen zunehmenden<br />

Druck aus, unbeliebte Wahrheitsansprüche zu<br />

unterlassen. Dem scheinen sich leider vermehrt<br />

auch Christen zu beugen – wir möchten es uns<br />

„mit den Leuten schließlich nicht verderben“.<br />

Zudem wird in den Massenmedien immer<br />

kräftiger die Keule des Vergleichs von<br />

Evangelikalen mit islamistischen<br />

Fundamentalisten geschwungen. Das hat<br />

Wirkung: Viele Christen ziehen sich in private<br />

Nischen zurück.<br />

Wir brauchen neuen Mut, mit der<br />

Verkündigung der Guten Nachricht in die<br />

Öffentlichkeit zu gehen.<br />

Selbstverständlich ist es wichtig, das<br />

Evangelium im persönlichen Gespräch<br />

weiterzusagen – es ist auch eine persönliche<br />

Botschaft. Aber gilt es nur für unsere Freunde?<br />

Nein – das Evangelium von Jesus ist eine<br />

öffentliche Wahrheit! Der Schöpfer und Erhalter<br />

des Weltalls hat sich in Jesus selbst offenbart:<br />

„Gott war in Christus und versöhnte den Kosmos<br />

mit sich“ (2. Korinther 5,19). Jesus wird als<br />

Weltenrichter wiederkommen – das geht alle<br />

Menschen an! Wir sollten es ihnen daher auch<br />

laut und deutlich sagen.<br />

Ulrich Parzany (Mai 2012)<br />

12


HEILENDE GEMEINSCHAFT<br />

"Liebe ist geduldig und freundlich. Sie kennt<br />

keinen Neid, keine Selbstsucht, sie prahlt nicht<br />

und ist nicht überheblich. Liebe ist weder<br />

verletzend noch auf sich selbst bedacht, weder<br />

reizbar noch nachtragend. Sie freut sich nicht am<br />

Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit<br />

siegt. Diese Liebe erträgt alles, sie glaubt alles,<br />

sie hofft alles und hält allem stand" (1. Korinther<br />

13,4-7).<br />

Heilende Gemeinschaft heisst, dass wir vom<br />

anderen nur das Beste annehmen, dass wir<br />

aneinander glauben und am Leben festhalten,<br />

wenn der Nächste aufgeben möchte. Heilende<br />

Gemeinschaft gibt immer wieder eine Chance,<br />

sie gibt niemanden auf und hält daran fest, dass<br />

Jesus Christus bleibende Veränderung<br />

schenken kann.<br />

Es gibt in dieser Welt so viele Menschen, die am<br />

Leben zerbrechen. Eine Gemeinde kann zu<br />

einem Ort der Geborgenheit und Liebe werden,<br />

den diese Menschen immer gesucht haben. Und<br />

dazu gehört eben auch, dass wir unsere Häuser,<br />

Wohnungen, Familien und unser Leben<br />

füreinander öffnen und konkret damit beginnen,<br />

uns an den anderen zu verschenken.<br />

Autor: Martin Bühlmann<br />

Quelle: Gemeinde leben - Gemeinde lieben<br />

GEMEINSCHAFT<br />

«Ich laufe im Hamsterrad!»<br />

WER BERUFLICH UND PRIVAT UNTER<br />

HOCHDRUCK STEHT, GERÄT LEICHT AUS<br />

DEM LOT.<br />

«Ständig habe ich das Gefühl: Ich muss, ich<br />

muss, ich muss! Ich mache und hetze,<br />

trotzdem reicht es nie. Und neben der Arbeit<br />

ist da noch die Familie, deren Anforderungen<br />

ich auch immer weniger gerecht werde. So<br />

geht’s nicht weiter! Ich verliere Kraft und<br />

werde mutlos! Warum schenkt Gott mir nicht<br />

mehr Kraft? Er verheisst mir doch die<br />

Fülle!?»<br />

Wer beruflich und privat unter Hochdruck steht,<br />

gerät leicht aus dem Lot. Bereits kleine Auslöser<br />

können das Fass zum Überlaufen bringen und in<br />

einen Erschöpfungszustand führen. Das Leben<br />

mündet in eine Sackgasse: „Ich schaffe es nicht<br />

mehr!“ Um solchen Erfahrungen vorzubeugen,<br />

lohnt es sich, eine Bestandsaufnahme des<br />

eigenen Lebens anhand nachstehender<br />

Quellfragen, die ineinandergreifen,<br />

vorzunehmen.<br />

In Beziehung leben<br />

Im Liebesgebot in der Bibel verweist Jesus auf<br />

einen gesunden Dreiklang im Bezug auf Gott,<br />

den Nächsten und uns selbst. Weder<br />

Glaubensfanatismus, noch Aufopferung für<br />

andere bzw. Egoismus ist seine Devise. In<br />

Beziehung kommen mit Gott, meiner Umwelt<br />

und mir selbst, setzt heilende Kräfte frei.<br />

Gesetzmässigkeiten wie Arbeiten und Ausruhen<br />

sowie die Tatsache, dass wir<br />

beziehungsorientierte Wesen sind, wollen<br />

respektiert werden. Hier gilt es, die eigenen<br />

Bedürfnisse, Möglichkeiten und Grenzen zu<br />

erkennen, aber auch diejenigen unserer Partner,<br />

Kinder und Mitmenschen. Wir erkennen darin,<br />

dass wir ergänzungsbedürftig und für den<br />

anderen wichtig sind. Gott selbst hat uns „Fülle“<br />

– und damit Lebensqualität – zugesprochen.<br />

Quellfrage: Wie gut bin ich sowohl in Gott,<br />

meinem Nächsten, als auch in mir selber<br />

beheimatet?<br />

Sehnsucht nach Liebe und Wertschätzung<br />

In Psalm 23 drückt sich unsere tiefe Sehnsucht<br />

nach Annahme und Wertschätzung aus. Wir<br />

wollen so angenommen sein, wie wir sind.<br />

Gleichzeitig wird das Klima in Beruf und Familie<br />

kälter, Kritiker bestimmen den Ton, gelobt wird<br />

nur selten. Quellfrage: Wie gebe und woher<br />

bekomme ich Lob, Wertschätzung und Liebe?<br />

Geistig-körperlich-seelisches Wohlbefinden<br />

In Johannes, Kapitel 10, Vers 10b heisst es: „Ich<br />

bin gekommen, damit meine Schafe das Leben<br />

haben, Leben im Überfluss.“ Essen, Kleidung<br />

und ein Zuhause gehören ebenso zu den<br />

elementaren Bedürfnissen, wie Sicherheit,<br />

Wertschätzung und Anerkennung. In Gottes<br />

Augen sollen wir in diesen Bereichen nicht<br />

13


darben. Gleichzeitig schliesst ein ganzheitlich<br />

selbstbestimmt-beziehungsorientiertes Leben<br />

Schmerzen und Konflikte nicht aus. Leben ist<br />

mehr als psychologische oder medizinische<br />

Gesundheit. Lebensqualität gehört<br />

wahrgenommen und bewusst ausgekostet. Nur<br />

wer geniessen kann, ist geniessbar. Quellfrage:<br />

Wie gut schaffe ich es, mein Leben als<br />

Geschenk Gottes dankbar zu geniessen und für<br />

mein geistiges, seelisches und körperliches<br />

Wohl zu sorgen?<br />

Vergebend in der Gegenwart leben<br />

Entscheidend ist nicht so sehr, was war oder<br />

sein wird, sondern was heute ist. In einer<br />

lebendigen Beziehung zu Gott liegt die<br />

eigentliche Triebkraft des christlichen Lebens.<br />

Als liebender Vater vergibt er uns ständig aufs<br />

Neue. Das ermöglicht uns, ein Ja zu unserer<br />

Vergangenheit und ein Ja zur Gegenwart mit all<br />

ihren Herausforderungen zu finden. Quellfrage:<br />

Was hilft mir mich mit meiner Vergangenheit zu<br />

versöhnen, um hoffnungsvoll in die Zukunft zu<br />

blicken und mich als geliebtes Kind Gottes ganz<br />

der Gegenwart hinzugeben?<br />

In Gemeinschaft sich selbst sein<br />

Mitmenschen spüren, ob wir aus einer inneren<br />

Mitte heraus leben oder ob wir von falschen<br />

Überzeugungen – und seien sie noch so<br />

„geistlich“ – bestimmt werden. Christus will, dass<br />

wir auf dem Boden der Realität stehend unseren<br />

Glauben leben. Wir handeln dann nicht<br />

selbstbezogen, sondern in Freiheit, beseelt vom<br />

Willen Gottes. Wir erkennen darin die Chancen<br />

und Grenzen, welche uns Schöpfung und<br />

Mitmenschen auferlegen. Selbst aus<br />

Sachzwängen heraus ist es möglich, Freiräume<br />

für ein gelingendes Miteinander zu schaffen.<br />

Dies basiert auf Entscheidungsfreiheit und -<br />

freude. Darin verborgen liegt auch unsere<br />

Freiheit, zugunsten höherer Ziele auf die<br />

Befriedigung eigener Bedürfnisse verzichten zu<br />

lernen. Im Loslassen gewinnen wir und im<br />

gegenseitigen Geben und Nehmen verhelfen wir<br />

einander zur Entfaltung. Quellfrage: Stehe ich<br />

aufrecht im Angesicht Gottes, der anderen und<br />

vor mir selber?<br />

Autor: Andreas Zimmermann<br />

Quelle: Neues Leben<br />

GEMEINSCHAFT DES<br />

GLAUBENS<br />

Deshalb ermuntert einander und erbaut einer<br />

den anderen, wie ihr auch tut! 1. Thessalonicher<br />

5,11<br />

Gestern berichtete ich von dem Kursprogramm<br />

zur Verbesserung der Gesamtkonstitution des<br />

Körpers durch Muskelaufbau,<br />

Ernährungsumstellung und Bewegung, was<br />

letztlich die Umstellung auf einen grundlegend<br />

anderen Lebensstil erfordert. Bei den<br />

Mitarbeitern des Gesundheitsstudios und bei der<br />

Ernährungsberaterin fiel mir auf, wie sie bei dem<br />

ja doch sensiblen Thema »Körpergewicht«<br />

tunlichst vermieden, das Vergleichen<br />

untereinander anzuregen. Statt dessen wurde<br />

immer wieder vermittelt, dass es darum geht,<br />

ausgehend von den ganz persönlichen<br />

Bedingungen individuelle Fortschritte im Blick<br />

auf das Ziel zu machen. Durch die individuelle<br />

Betreuung bekam jeder Einzelne dazu wichtige<br />

Hinweise und Hilfen, die ihn immer wieder neu<br />

motivierten, Bewegungsabläufe zu optimieren<br />

oder sein Ernährungsverhalten im Blick auf das<br />

Ziel zu disziplinieren.<br />

Dies wurde mir zum Gleichnis für das<br />

Miteinander von Christen. Ein Ziel ist ihnen allen<br />

vorgegeben: Jesus Christus immer ähnlicher zu<br />

werden und dadurch der ursprünglichen<br />

Bestimmung als Mensch näher zu kommen. In<br />

diesem Prozess schreitet jeder individuell voran;<br />

trotzdem steht keiner für sich alleine da. Durch<br />

persönliche Betreuung kann jeder die Hilfe<br />

erfahren, die ihn persönlich weiterbringt. Nicht<br />

das Vergleichen und das daraus resultierende<br />

Konkurrenzdenken bringt voran, sondern der<br />

Blick auf das Ziel, das wirklich jeder erreichen<br />

kann. Nicht gegenseitige Kritik fördert diesen<br />

Prozess, sondern aufbauende und motivierende<br />

Tipps für die Herausforderungen, denen man<br />

sich zu stellen hat. Eines ist allerdings klar: ohne<br />

persönliche Disziplin und Konsequenz ist ein<br />

Vorwärtskommen unmöglich. pj<br />

Frage: Sind Sie als Christ wirklich mit dabei oder<br />

haben Sie das Ziel aus dem Auge verloren?<br />

Tipp: Entschliessen Sie sich wieder<br />

mitzumachen! Beteiligen Sie sich am<br />

Miteinander im Gemeindeleben!<br />

Bibel: Epheser 4,1-16<br />

Quelle: Leben ist mehr<br />

14


WAS MACHT EINE<br />

GEMEINDE AUS?<br />

Predigt über Lukas 5,1-11<br />

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und<br />

die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des<br />

Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.<br />

Wir hören eine biblische Geschichte aus Lukas<br />

5,1-11 als Predigttext für den heutigen Sonntag:<br />

1 Es begab sich aber, als sich die Menge zu<br />

Jesus drängte, um das Wort Gottes zu hören, da<br />

stand er am See Genezareth<br />

2 und sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer<br />

aber waren ausgestiegen und wuschen ihre<br />

Netze.<br />

3 Da stieg er in eines der Boote, das Simon<br />

gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land<br />

wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die<br />

Menge vom Boot aus.<br />

4 Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er<br />

zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft<br />

eure Netze zum Fang aus!<br />

5 Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir<br />

haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts<br />

gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze<br />

auswerfen.<br />

6 Und als sie das taten, fingen sie eine große<br />

Menge Fische, und ihre Netze begannen zu<br />

reißen.<br />

7 Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern<br />

Boot waren, sie sollten kommen und mit ihnen<br />

ziehen. Und sie kamen und füllten beide Boote<br />

voll, so dass sie fast sanken.<br />

8 Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu<br />

Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich<br />

bin ein sündiger Mensch.<br />

9 Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle,<br />

die bei ihm waren, über diesen Fang, den sie<br />

miteinander getan hatten,<br />

10 ebenso auch Jakobus und Johannes, die<br />

Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und<br />

Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von<br />

nun an wirst du Menschen fangen.<br />

11 Und sie brachten die Boote ans Land und<br />

verließen alles und folgten ihm nach.<br />

I. GEMEINDE HEIßT: ALLE<br />

SIND BERUFEN, MENSCHEN<br />

FÜR JESUS ZU GEWINNEN<br />

Liebe Gemeinde, können böse Menschen einer<br />

guten Sache dienen? Kann einer mit<br />

schmutzigen Händen beschließen, im<br />

Operationssaal sich nützlich zu machen? Kann<br />

einer, der die besten Jahre verbummelt hat,<br />

sagen: Fortan werde ich der Jugend mit meiner<br />

Weisheit dienen “? Können zerschlagene<br />

Lampen leuchten? Können Belastete tragen?<br />

Können Schuldige zurecht helfen? Gefangene<br />

befreien? Unzulängliche Vollkommenes tun?<br />

Geht das? Es geht, denn wir haben eben gehört,<br />

wie Jesus Petrus in den Dienst nimmt! Petrus<br />

sagt: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger<br />

Mensch. “Nach diesem wunderbaren Fischzug<br />

überkommt Petrus eine tiefe Erkenntnis, wer er<br />

ist und wer Jesus ist – und wie unendlich groß<br />

der Abstand zwischen ihnen beiden ist. Doch<br />

Jesus sagt zu ihm: Von nun an wirst du<br />

Menschen fangen! “Da geschieht es! Wenn<br />

Christus das nicht tun würde, daß er Schuldige,<br />

Unzulängliche, Unsaubere nimmt, dann säße<br />

niemand von uns heute morgen hier, Sie nicht<br />

und ich nicht. Christus holt Menschen, wenn es<br />

sein muss – und es muss sein! – aus dem Suff.<br />

Wie den Evangelisten Hadley. Oder aus dem<br />

Gefängnis. Wie den Indienmissionar Skrefsrud.<br />

Oder (was viel schwieriger ist) aus der ehrbaren<br />

Selbstzufriedenheit. Kirchenleitung und<br />

Gemeinden können sich diese Geschichte sehr<br />

zu Herzen nehmen! Die verbreitete Ansicht,<br />

dass vor allem Rechtschaffene, Ehrbare,<br />

Bürgerliche berufen sind zur Gemeinde und ihrer<br />

Arbeit, macht die Botschaft von der Vergebung<br />

der Sünden unglaubhaft. Genauso wenig wie<br />

Petrus braucht sich also irgendjemand von uns<br />

mit Selbstzweifeln zu plagen, er sei es nicht wert,<br />

zur Gemeinde dazuzugehören. Wir sind heute<br />

morgen hi – Entschuldigung, fischetot. Und mit<br />

diesem Bild aus seinem alten Beruf macht Jesus<br />

dem Petrus klar, was nun seine neue Aufgabe<br />

ist: Menschen für Jesus einfangen, Menschen<br />

für das Reich Gottes gewinnen. Doch dieses<br />

Eingefangenwerden für Jesus soll für die<br />

Menschen dann nicht der Tod sein wie für die<br />

Fische, sondern der Beginn eines neuen<br />

Lebens! Der Beginn eines Lebens, das eine<br />

ganz neue Qualität gewinnt durch die<br />

Gewissheit, von Gottes Liebe und Zuwendung<br />

15


getragen zu sein. Sehr viele Fische gehen in<br />

dieser Geschichte ins Netz – so viele, dass beide<br />

Schiffe davon voll werden und zu sinken drohen.<br />

Heute bekommt man in Restaurants am See<br />

Genezareth zu gesalzenen Touristenpreisen<br />

den Petersfisch serviert, also die Fischsorte, die<br />

vermutlich auch in unserer Geschichte aus dem<br />

Wasser gezogen wurde – eine Barschart, die<br />

übrigens ausgezeichnet schmeckt. Bei den<br />

Fischen, die Petrus, Jakobus und Johannes<br />

gefangen haben, waren mit Sicherheit große und<br />

kleine Fische dabei. Das lässt sich auch gut auf<br />

Jesu Auftrag zum Menschenfischen übertragen:<br />

Große und Kleine, Jung und Alt sollen für seine<br />

Gemeinde gewonnen werden. Und da machen<br />

wir es als Gemeinde schon richtig, wenn wir<br />

heute parallel zum Gottesdienst für die Großen<br />

auch Kindergottesdienst und Kinderhütedienst<br />

anbieten und unter der Woche Jungschar – oder<br />

wenn ihr Zeltlagermitarbeiter Euch heute<br />

vorbereitet und Euch segnen und senden lasst,<br />

um Kindern und Jugendlichen auf dem<br />

Sommerzeltlager Jesus lieb zu machen. Für<br />

Kinder und Erwachsene, für Alte und Junge soll<br />

die Gemeinde ein Ort sein, an dem sie erfahren<br />

können, wie sehr Gott sie liebt und wie er sie in<br />

Jesus mit seiner Gnade und Vergebung<br />

beschenkt. Da sind die Menschenfischer Petrus,<br />

Jakobus und Johannes für uns ein gutes Vorbild.<br />

II. GEMEINDE HEIßT: ALLE<br />

PACKEN MIT AN<br />

Und auch in anderer Hinsicht können wir uns als<br />

Gemeinde gut in den dreien wiederfinden: Wir<br />

erfahren, dass sie die ganze Nacht zuvor die<br />

Netze ausgeworfen haben, ohne auch nur einen<br />

einzigen Fisch zu fangen. Müde, resigniert und<br />

verzweifelt, weil man sich nach Kräften<br />

abgemüht hat, aber alles vergeblich war – sicher<br />

kennen viele von uns dieses Gefühl nur zu gut<br />

aus eigener Erfahrung. Doch obwohl Petrus mit<br />

seinen Gefährten eine harte Nacht hinter sich<br />

hatte, nimmt er Jesus mit ins Boot. Er stellt ihm<br />

sein Schiff als schwimmende Kanzel zur<br />

Verfügung und hört sich die Predigt von Jesus<br />

an. Und als Petrus, Jakobus und Johannes dann<br />

auf Jesu Geheiß hin noch einmal auf den See<br />

hinausfahren, erleben sie nach der<br />

deprimierenden Erfahrung der letzten Nacht nun<br />

ein großes Wunder und werden von Gott reich<br />

beschenkt. Dabei konnte Jesu Aufforderung<br />

widersinniger gar nicht sein. Unsere<br />

professionellen Fischer wussten wahrscheinlich<br />

nicht, ob sie lachen oder weinen sollten, als<br />

Jesus sagte, sie sollten mitten am Tag ausfahren<br />

und auch noch dahin, wo das Wasser tief ist.<br />

Weiß doch jedes Kind am See, dass sich die<br />

Fische in der Mittagshitze in die tieferen<br />

Wasserschichten zurückziehen, wo sie kaum zu<br />

kriegen sind. Nur in der kühlen Nacht kommen<br />

sie an die Oberfläche – und selbst da haben<br />

unsere drei nichts gefangen. Aber besonders<br />

Petrus hat Vertrauen zu Jesus gefasst. Jesus<br />

muss eine ganz besondere Ausstrahlung gehabt<br />

haben, die auf Petrus einen tiefen Eindruck<br />

hinterlassen hat. Und so sagt er zu Jesus,<br />

obwohl es all seiner Berufserfahrung<br />

widerspricht: „... auf dein Wort will ich die Netze<br />

auswerfen. “Und wenn Petrus damit im wahrsten<br />

Sinne des Wortes wunderbare Erfahrungen<br />

gemacht hat, dann können wir es auch trotz<br />

mancher frustrierender Erfahrungen wagen, auf<br />

Jesu Geheiß hin wieder und wieder die Netze<br />

auszuwerfen. Gerade da, wo es nach<br />

menschlichem Ermessen völlig widersinnig<br />

erscheint, da fängt Gott an zu wirken. Da zeigt<br />

sich der Segen des Gehorsams, wenn<br />

Menschen auf die Worte von Jesus hören und<br />

sich von ihm zur Tat anleiten lassen. Und die<br />

Arbeit beim Fischen geht viel leichter, wenn alle<br />

mit anpacken. Petrus hat Gefährten, die ihm<br />

helfen, die vollen Netze ins Boot zu ziehen,<br />

Jakobus und Johannes. Und auch unser<br />

Gemeindeleben kann nur gelingen, wenn viele<br />

Mitarbeiter da sind, die mithelfen, an den Netzen<br />

zu ziehen. Und sie sind da – das sehen wir im<br />

heutigen Gottesdienst, wo wir eine ganze Anzahl<br />

neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorstellen<br />

und für ihren Dienst segnen. Wenn wir Petrus als<br />

den späteren Leiter der Gemeinde als Vorbild für<br />

den Pfarrer sehen, dann sagt uns unsere<br />

Geschichte: Gemeinde kann nicht lebendig sein,<br />

wenn alle nur zusehen, wie der Pfarrer sich<br />

abstrampelt –das ist bei uns glücklicherweise<br />

auch nicht der Fall. Eine Gemeinde zeichnet sich<br />

dadurch aus, dass viele bereit sind, mit Hand<br />

anzulegen. Und Christus nimmt<br />

Handlangerdienste von uns an. Vom<br />

Fischerboot des Petrus aus predigt er zu den<br />

Menschen, damit alle ihn gut sehen und hören<br />

können auf der schwimmenden Kanzel. Es<br />

braucht nicht immer ein Fischerboot zu sein, das<br />

wir Jesus leihen können, es könnte ein Klavier<br />

sein, oder ein wenig freie Zeit, oder ein<br />

Kinderbett, oder ein offener Platz am<br />

Mittagstisch, oder ein Auto. Es gibt Christen, die<br />

ihr Leben lang davon träumen, einmal etwas<br />

16


Hundertprozentiges für Christus zu vollbringen,<br />

Christen, die es nach Missionsfahrten in ferne<br />

Länder und nach Märtyrerkronen gelüstet; und<br />

sollten sie dem Herrn nur „ein Boot leihen “, wie<br />

hier Petrus, dann tun sie es nicht. Und auch eine<br />

Gemeinde wie die unsere braucht solche ganz<br />

praktischen Dienste: Einen Kirchendiener, der<br />

die Kirche putzt und die Nummern an der<br />

Liedtafel ansteckt. Mitarbeiter, die sich darum<br />

kümmern, dass schöne, frische Blumen auf dem<br />

Altar stehen oder dass die Menschen nach dem<br />

Gottesdienst eine Tasse Kaffe trinken können.<br />

Und das sind nur vordergründig gesehen rein<br />

praktische Dienste. Das Anstecken der<br />

Liednummern macht es uns als Gemeinde<br />

möglich, gemeinsam Gott zu loben. Eine<br />

geputzte Kirche und schöne Blumen auf dem<br />

Altar tragen dazu bei, dass sich die<br />

Gottesdienst-Besucher in der Kirche wohlfühlen<br />

– und so öffnen sie ihre Herzen für die frohe<br />

Botschaft von Jesus Christus. Und die<br />

Mitarbeiter beim Kirchenkaffee schaffen die<br />

Atmosphäre, damit wir nach dem Gottesdienst<br />

noch ins Gespräch kommen können und<br />

Gemeinschaft der Glaubenden hautnah erleben.<br />

Deshalb sind auch solche praktischen Aufgaben<br />

ein geistlicher Dienst, für den Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter den Segen Gottes brauchen. Als<br />

in der ersten Gemeinde in Jerusalem die Apostel<br />

eine Art Essen auf Rädern organisieren, suchen<br />

sie dafür Männer „voll heiligen Geistes ..., die wir<br />

bestellen wollen zu diesem Dienst “1 –<br />

nachzulesen im sechsten Kapitel der<br />

Apostelgeschichte. Auch das ist ein Wirken des<br />

heiligen Geistes, wenn er Mitarbeiter zu solchen<br />

praktischen Diensten inspiriert und beflügelt.<br />

Gemeinde heißt: Alle packen mit an.<br />

III. GEMEINDE HEIßT:<br />

ALLE FOLGEN DEMSELBEN<br />

HERRN NACH<br />

Seit dieser Geschichte sind viele Menschen dem<br />

Auftrag von Jesus gefolgt, Menschen für ihn zu<br />

fischen. Viele haben sich die Jahrhunderte<br />

hindurch in die Gemeinde Jesu rufen lassen, und<br />

eine große Zahl an Kirchen ist daraus<br />

entstanden. Dabei ging es nicht immer ohne<br />

Konflikte ab, und bis heute streiten sich Christen<br />

untereinander darüber, wer denn nun die wahre<br />

Kirche sei. Dabei ist zunächst gar nichts gegen<br />

das Bestreben einzuwenden, möglichst treu dem<br />

Ruf Jesu zu folgen und bei der Gestaltung von<br />

Kirche und Gemeinde nach Kräften seinem<br />

Willen zu entsprechen. Nur eines darf dabei<br />

nicht aus dem Blick geraten: Die Initiative geht<br />

nicht von uns aus. Nicht wir machen Kirche,<br />

sondern der, uns auffordert, für ihn die Netze<br />

auszuwerfen. Und alle, die das tun – in welcher<br />

Kirche auch immer – folgen damit dem Auftrag<br />

desselben Herrn Jesus Christus. Darin hat die<br />

Gemeinschaft der Kirchen ihren Grund, die wir<br />

Ökumene nennen. Und Gott sei Dank ist die<br />

Ökumene auch an unserem Ort und in unserer<br />

Gemeinde lebendig. Das zeigt sich nicht nur in<br />

gemeinsamen Unternehmungen mit unserer<br />

katholischen Schwestergemeinde bei<br />

ökumenischen Gottesdiensten oder<br />

Bibelwochen. Gerade in der hiesigen Region<br />

haben wir viele konfessionsverbindende Ehen.<br />

Das erlebe ich oft bei Trauungen oder Taufen –<br />

auch jetzt aktuell wieder im letzten Taufseminar.<br />

Die Taufe auf den Namen des einen Herrn<br />

verbindet uns zu einer großen Kirche Jesu<br />

Christi. Gemeinde heißt: Alle folgen demselben<br />

Herrn nach. Und so sind das die drei Anstöße,<br />

die uns der Predigttext für das Leben unserer<br />

Gemeinde gibt: Gemeinde heißt: Alle sind<br />

berufen, Menschen für Jesus zu gewinnen.<br />

Gemeinde heißt: Alle packen mit an. Gemeinde<br />

heißt: Alle folgen demselben Herrn nach. Amen.<br />

Philipp Melanchthon befasste sich schon in<br />

seiner Antrittsvorlesung an der Wittenberger<br />

Universität mit diesen Fragen. Das war Anfang<br />

August 1518, also unmittelbar am Beginn der<br />

Reformation. Allein daran wird deutlich: Auch<br />

Bildungsfragen waren von Anfang besonders<br />

wichtig für die Reformation, ja sie wurde sogar<br />

zu einer Bildungsbewegung in unserem Land. Im<br />

Jahre 1526 hielt Melanchthon in Nürnberg<br />

schließlich eine Grundsatzrede über das „Lob<br />

der neuen Schule“. Hier findet sich eine der<br />

wichtigsten Aussagen zur Bedeutung von<br />

Bildung für das Gemeinwesen. Ich zitiere<br />

daraus: „Wer keine Mühe darauf verwendet,<br />

dass seine Kinder so gut wie möglich unterrichtet<br />

werden, handelt nicht nur pflichtvergessen<br />

gegenüber Gott, sondern verbirgt hinter einem<br />

menschlichen Aussehen seine tierische<br />

Gesinnung. Daher besteht gerade in einer gut<br />

geordneten Bürgerschaft ein Bedarf an Schulen,<br />

in denen die Jugendlichen, die ja<br />

gewissermaßen die Pflanzschule der<br />

Bürgerschaft darstellen, ausgebildet werden<br />

können.“ Eine herrliche Formulierung: „Die<br />

Pflanzschule der Bürgerschaft“!<br />

17


Damit bin ich bei einem zweiten Punkt: Dem<br />

Gedanken Reformation und Demokratie und<br />

Gewissensfreiheit Dieses schöne Bild von der<br />

„Pflanzschule der Bürgerschaft“ ist treffend und<br />

besonders schön. Es zeigt, dass ein<br />

Gemeinwesen angewiesen ist auf mündige,<br />

gebildete und kritische Bürgerinnen und Bürger.<br />

Die Reformation wies den Weg zur allgemeinen<br />

Schulpflicht. Sie schuf damit eine der wichtigsten<br />

Voraussetzungen für Chancen auf Teilhabe, wie<br />

wir sie heute als selbstverständlich empfinden.<br />

Zugleich gehört die Reformation zur<br />

Vorgeschichte der deutschen Demokratie.<br />

Johannes Calvin etwa prägte ein kirchliches<br />

Leitungs- und Amtsverständnis, das die Ideen<br />

von Machtteilung und Gewaltentrennung, von<br />

demokratischer Legitimation und Repräsentanz<br />

von Macht in den folgenden Jahrhunderten<br />

vorbereitete und grundlegte. Calvin betonte<br />

zugleich die Freiheit des Gewissens vor<br />

menschlichen Gesetzen. In der Zeit des frühen<br />

Calvinismus wurde dieses freiheitliche Denken<br />

noch einmal besonders deutlich gefasst durch<br />

die Erfahrung von Verfolgung und Ausgrenzung.<br />

Deshalb haben Juristen und Theologen dieser<br />

Schule die Grenze zwischen dem Gewissen und<br />

staatlichem Recht deutlich gezogen und betont,<br />

dass das weltliche Recht seinen<br />

Geltungsbereich eben nicht auf persönliche<br />

Überzeugungen des Menschen und nicht auf<br />

sein Gewissen ausdehnen kann und darf.<br />

Und schließlich sei als letztes Beispiel genannt:<br />

Luthers Vorstellung von einer angemessenen<br />

Armenversorgung bereits in Wittenberg und im<br />

sächsischen Leisnig. Hier schuf er eine Art von<br />

Sozialkasse. Einzahlungen in diese städtische<br />

Kasse sollten aus dem Erlös von<br />

Klosterschließungen erfolgen sowie aus<br />

Testamenten und freiwilligen Gaben. Zehn<br />

Vorsteher aus der Stadt verwalteten diese<br />

Kasse. Diese wurde so für die Armenversorgung<br />

genutzt.<br />

Luther entwickelte dabei die „Leisniger<br />

Kastenordnung“. Diese Ordnung ist<br />

gewissermaßen die älteste Sozialschrift des<br />

Protestantismus. Luther ließ sie im Jahre 1523<br />

drucken und empfahl sie auch in anderen<br />

Städten - und dies mit Erfolg. Zugleich war für<br />

Luther stets wichtig: Bevor Geld aus dieser<br />

Kasse gezahlt wurde, sollten auch Bedürftige<br />

arbeiten und sich einbringen, soweit es ihnen<br />

möglich war. Hilfe sollte also stets Hilfe zur<br />

Selbsthilfe sein. Wirksam unterstützt wurde<br />

derjenige, der an seine Grenzen, die Grenzen<br />

seines eigenen Könnens, gestoßen war.<br />

Grenzen. Auch das ist mir ein wichtiger Gedanke<br />

mit Blick auf unseren Vers „Suchet der Stadt<br />

Bestes“. Denn ich will noch einmal<br />

verdeutlichen, was Jeremia nicht schreibt: In<br />

dem Vers steht nichts vom Bau turmhoher<br />

Tempel aus kostbarem Marmor oder gar aus<br />

Gold. Da steht nichts von immergrünen<br />

Plantagen, die sich bis zum Horizont erstrecken.<br />

Die Rede ist von Häusern und von Gärten. Und<br />

ich finde die Bibelstelle deswegen auch<br />

besonders wertvoll, weil sie sich an uns und an<br />

unsere Möglichkeiten richtet.<br />

Wir bewegen uns innerhalb von Grenzen, ja wir<br />

stoßen an Grenzen. Das ist eine Tatsache und<br />

auch eine Botschaft dieser biblischen Stelle.<br />

Diese Grenzerfahrung gibt es auch im<br />

politischen Gestalten immer wieder. Und ich<br />

gebe gerne zu: Das ärgert mitunter. Man will<br />

weiterkommen, nicht bei zu kleinen<br />

Kompromissen hängenbleiben und erfährt dann<br />

die Grenzen des Eigenen, dessen was uns<br />

möglich ist. Ja, wir wissen, dass uns nicht alles<br />

gelingen kann, wollen aber dennoch nicht<br />

aufgeben. Und ich glaube, uns kann das<br />

Vertrauen darauf, dass unser begrenztes<br />

Handeln aufgehoben ist in der Gnade Gottes,<br />

hier vor falscher Verzweiflung oder<br />

Selbstüberschätzung bewahren. Denn<br />

Selbstüberschätzung einerseits oder<br />

Ohnmachtsgefühle andererseits sind zwei ganz<br />

verschiedene Gefühlswelten, von denen wir uns<br />

nicht anfechten oder verleiten lassen dürfen.<br />

Deshalb empfinde ich die religiöse<br />

Beteuerungsformel im Amtseid auch eines<br />

Bundesministers „So wahr mir Gott helfe“ als<br />

einen Trost und einen Hinweis darauf, dass wir<br />

in unseren begrenzten Möglichkeiten gefordert<br />

sind, dass uns Mögliche zu tun. Was für ein<br />

Segen, sich selbst nicht überschätzen zu<br />

müssen, sich einzulassen auf die Gnade Gottes.<br />

Liebe Gemeinde, Glaube und Politik, das sind für<br />

mich ganz sicher keine Gegensätze. Vielmehr<br />

ruft uns der christliche Glaube dazu auf,<br />

Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen<br />

zu treffen, politisch zu handeln. Wer sich als<br />

Christ politisch engagiert, der weiß: Ich soll mich<br />

einbringen. Nicht als Zwang, nicht weil Werke<br />

uns vor Gott gerecht machen: Das haben wir<br />

durch die Reformation gelernt. Sondern weil uns<br />

die Schöpfung anvertraut ist, weil wir damit<br />

betraut worden sind, sie zu beackern, sie zu<br />

bebauen.<br />

18


Kennzeichnend für das Christ-Sein ist also eine<br />

aktive Gestaltung unserer Umgebung - und das<br />

ist ja schließlich Politik. Denn politisch handeln<br />

nicht nur Bundestags- oder<br />

Landtagsabgeordnete oder diejenigen, die sich<br />

in Stadträten, Kreistagsfraktionen oder<br />

Bezirksvertretungen für das Gemeinwesen, für<br />

ihre Nachbarschaft, für ihre Umwelt einsetzen.<br />

Quelle: ek-wollmatingen.de<br />

Predigt zum Thema:<br />

GEMEINDE –<br />

UNSERE FAMILIE<br />

Gehalten am 12.11.2017 in Altheim Alb, von<br />

Matthias Rupp<br />

Einstieg<br />

Letzte Woche war ich in der Schweiz auf St.<br />

Chrischona, deswegen mal wieder ein<br />

Schweizer<br />

Sprachquiz zu Beginn<br />

- Was meint ein Schweizer wenn er sagt:<br />

„Peperoni“ = er meint: Paprika. Wir denken:<br />

Peperoni seien die kleinen scharfen Chillies. Ein<br />

Schweizer meint aber damit das, was<br />

wir als Paprika kennen. Paprika hingegen ist für<br />

den Schweizer einzig und allein das<br />

Paprikagewürz.<br />

Wir sehen also wieder einmal: Es ist wichtig,<br />

Begriffe immer wieder auf ihren eigentlich Inhalt<br />

zu definieren um Missverständnisse zu<br />

vermeiden.<br />

Heute: Gemeinde – unsere Familie.<br />

Heutiger Begriff: Gemeinde<br />

Der griechische Begriff für Gemeinde in der<br />

Bibel: ekklesia und meint grundsätzlich:<br />

Herausgerufene Schar von Menschen. Das Wort<br />

beschreibt im NT:<br />

1. Zusammenkunft der<br />

Gläubigen. Einfach<br />

dort, wo gläubige sich<br />

versammelt haben,<br />

in kleinen Gruppen, in<br />

Häusern, in der<br />

Synagoge.<br />

2. Einzelnen<br />

Ortsgemeinden, z.B.<br />

Korinth, Ephesus usw.<br />

Also Christen, die sich<br />

regelmäßig an einem<br />

Ort zum Gottesdienst<br />

versammeln.<br />

3. Meint aber auch die<br />

weltweite Gemeinde<br />

der Gläubigen. Die<br />

Gesamtheit der<br />

Gläubigen in aller Welt und zu jeder Zeit. Nicht<br />

nur lokal. Global.<br />

Was es nicht bezeichnet:<br />

Das Gebäude.<br />

Wir gehen also morgens nicht in die Kirche oder<br />

in die Gemeinde. Das Gebäude. Wir gehen also<br />

morgens nicht in die Kirche oder in die<br />

Gemeinde. Sondern wir VERSAMMELN uns<br />

ZUR KIRCHE, zur GEMEINDE. Die<br />

Gemeinschaft ist die Kirche, nicht das Gebäude.<br />

Heutzutage oft missverständlich. Gebäude sind<br />

einfach praktische und notwendige<br />

Versammlungsstätten, nicht aber das<br />

Wesentliche! Wir sind nicht in der Gemeinde, wir<br />

bilden die Gemeinde. Wir kommen zusammen<br />

als Gemeinde.<br />

Im NT gibt es verschiedene Bilder, die die<br />

Gemeinde Gottes beschreiben:<br />

- Gemeinde als das Volk Gottes. Auch wir<br />

Heiden dürfen uns aufgrund des Glaubens<br />

an Christus zum Volk Gottes zählen lassen.<br />

Nicht nur Israel. Wir wurden<br />

„eingepfropft“, d.h. wir gehören zwar von der<br />

Abstammung her nicht zum Volk,<br />

19


Durch den Glauben an Christus hat Gott uns<br />

aber hinzugefügt, wie einen Ast eines<br />

fremden Baumes, der eingesetzt wurde in einen<br />

Olivenbaum.<br />

- Leib Christi das umfassendste Bild. Ein Leib<br />

= Einheit. Viele Glieder = Vielfalt. Jeder<br />

hat verschiedene Aufgaben, Gaben usw. Alle<br />

sind gleichwichtig. Jesus das Haupt.<br />

- Herde – Christus der Oberhirte – wir die<br />

Schafe. Er sagt wo es lang geht. Er geht<br />

voran und behütet. Er hat Hirten eingesetzt, die<br />

Ältesten in seiner Gemeinde: Schafe im<br />

Hirtenmantel.<br />

- Tempel des Heiligen Geistes. Hier wohnt<br />

Gott. Hier ist er zu finden. Ort der<br />

Anbetung. Hier hören wir auf Gott. Hier ist sein<br />

Wort im Zentrum. Gott ist gegenwärtig. Da jeder<br />

gläubige den Heiligen Geist hat und so Christus<br />

in ihm wohnt.<br />

Wenn wir also zusammenkommen, bilden wir<br />

wie einen „Tempel“, einen Raum, in dem<br />

Christus gegenwärtig ist. Er ist der Eckstein, das<br />

Fundament.<br />

- Gemeinde als Braut Christi. Er ist der<br />

Bräutigam, der sie so sehr liebt, dass er sein<br />

Leben für sie aufopfert. Hier geht es um<br />

leidenschaftliche und aufopferungsvolle<br />

Liebe, die selbst das Leid nicht scheut.<br />

- Weitere kleinere Bilder: Jesus ist Weinstock:<br />

Gemeinde = Rebe. Wir sind sein priesterliches<br />

Volk und noch mehr…<br />

Sehr viele Bilder. Sehr schön, denn das drückt<br />

die Vielfalt und die Schönheit der Gemeinde.<br />

Das wäre doch mal eine Predigtreihe wert. Wenn<br />

ich versuche zusammenfassen, was<br />

Gemeinde ist, dann wie folgt:<br />

Gemeinde ist die eine, lebendige,<br />

wachsende, universelle und weltweite<br />

Gemeinschaft der Söhne und Töchter Gottes.<br />

Jesus Christus ist das Zentrum dieser<br />

Gemeinschaft. Der Dreh und Angelpunkt.<br />

Ursprung und Zielpunkt der Gemeinschaft. Nur<br />

in Abhängigkeit zu ihm ist Kirche Kirche.<br />

- In ihr gibt es ein geschwisterliches<br />

miteinander, das von Liebe geprägt ist<br />

und ein Zeugnis für die Welt darstellt.<br />

- In ihr und durch sie sollen wir als<br />

Gläubige wachsen (Jüngerschaft) und<br />

unsere Gaben einbringen.<br />

Ich möchte nun heute Morgen zwei Punkte<br />

verdeutlichen, die daraus folgen:<br />

1. WIR SIND EINE FAMILIE MIT<br />

EINER FAMILIENKULTUR<br />

Wir sind Teil einer großen Familie Gottes.<br />

Wurden in die gleiche Familie hinein adoptiert.<br />

Die Gemeinde Gottes, die Gemeinschaft der<br />

Heiligen, der herausgerufen, ist eine<br />

Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern.<br />

Oh, manch einer denkt sich schon: „was soll das<br />

für ein Privileg sein, dass ich jetzt mit dem<br />

und dem auch noch in der gleichen Familie sein<br />

muss.“ Ja, wir können uns unsere geistlichen<br />

Geschwister ebenso wenig aussuchen wie<br />

unsere leiblichen. UND DAS ist gut so!!! Denn<br />

wenn wir uns nie aneinander reiben würden,<br />

dann würden wir nicht wachsen. Wenn uns<br />

immer nur alle „Honig ums Maul“ schmieren und<br />

nicht einfach mal ehrlich sagen, wenn auch mal<br />

was nicht gut war, dann werden wir nicht<br />

wachsen. Ich bin im Leben am meisten daran<br />

gewachsen, dass jemand mich in Liede<br />

zurechtgewiesen hat!!! So sollte es in Familien<br />

sein.<br />

Wir sind Geschwister. Wir sind eine Familie mit<br />

demselben Familienoberhaupt. Wie es in jeder<br />

Familie gewisse Spielregeln gibt, so gibt es auch<br />

in der Familie Gottes Spielregeln für das<br />

gemeinsame Leben und Dienen. Eine<br />

Familienkultur. Unsere Kultur ist Jesuskultur.<br />

Wir legen die alten Familienmuster ab und<br />

wachsen immer weiter hinein in die Familie<br />

Gottes. Nichts anderes ist Jüngerschaft.<br />

Jüngerschaft geschieht in Gemeinschaft. Diese<br />

Gemeinschaft soll uns prägen, formen, JA<br />

verändern! In IHR sollen wir die neue<br />

Familienkultur erlernen, einüben und ausleben.<br />

Wie sieht diese Kultur aus? Dazu müssen wir im<br />

Neuen Testament mal auf die sogenannten<br />

„einander“ stellen achten. Wenn wir auf der<br />

Suche sind nach der Familienkultur Gottes,<br />

müssen wir nach diesem Wort Ausschau halten:<br />

„einander“. Es beschreibt die Haltung<br />

untereinander – wie wir einander begegnen.<br />

Miteinander umgehen.<br />

Ein paar Bespiele herausgegriffen:<br />

- Wir sollen einander lieben! Das ist der<br />

Grundsatz, der zugleich alle „einanderStellen“<br />

zusammenfasst. Joh 13:34 Ein neues Gebot<br />

gebe ich euch, daß ihr einander liebt, damit, wie<br />

ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt.<br />

so habt einander herzlich lieb aus reinem<br />

Herzen; (1Pe 1,22) In der Bruderliebe seid<br />

20


herzlich gegeneinander; in der Ehrerbietung<br />

komme einer dem anderen zuvor! (Röm 12,10)<br />

- Wir sollen einander ermahnen!<br />

Laßt das Wort des Christus reichlich in euch<br />

wohnen in aller Weisheit; lehrt und ermahnt<br />

einander und singt mit Psalmen und<br />

Lobgesängen und geistlichen Liedern dem Herrn<br />

lieblich in eurem Herzen. (Col 3:16 SCL)<br />

Viele denken an die Geschichte vom Splitter im<br />

Auge des Bruders (Mt 7,3) und trauen sich gar<br />

nicht, ihren Bruder zu ermahnen. Doch wenn<br />

dein Balken aus deinem Auge weg ist, kannst du<br />

ermahnen, zurechtweisen.<br />

Das gehört dazu! Gott will<br />

uns heiligen durch seinen<br />

Geist, durch sein Wort und<br />

durch<br />

seine<br />

Gemeinde/Gemeinschaft.<br />

Liebe und Wahrheit<br />

gehören zusammen! Liebe<br />

ohne Wahrheit ist<br />

wischiwaschi<br />

Sentimentalität und<br />

Wahrheit ohne Liebe ist<br />

herzlose Besserwisserei.<br />

- Wir sollen einander dienen<br />

und einander tragen<br />

Einer trage des anderen<br />

Lasten, und so sollt ihr das<br />

Gesetz des Christus<br />

erfüllen! (Gal 6:2 SCL)<br />

Wir dürfen uns die Lasten<br />

sagen! Und dann sollen wir<br />

auch bereit sein, zu tragen! Das kostet etwas.<br />

Man kann nur des anderen Lasten tragen, indem<br />

man jemandem die Last abnimmt und in der<br />

Lage ist, sie auf sich zu nehmen, zu tragen. Das<br />

kostet Zeit, Energie, Nerven, Geld. Und nun<br />

noch das Wichtigste im „Miteinander“: was wenn<br />

das nicht klappt? Viele haben ja die Illusion, dass<br />

das ja in der Familie Gottes alles immer<br />

reibungslos klappen soll und sind dann zutiefst<br />

enttäuscht und verbittert, wenn es nicht klappt.<br />

Deswegen, das letzte:<br />

- Wir sollen versöhnt miteinander leben<br />

Wenn es mal Streit, oder Unstimmigkeiten oder<br />

Meinungsverschiedenheiten geben sollte – und<br />

ja, das kommt in den besten Familien vor – auch<br />

hier in der Gemeinde in Altheim, dann versöhnt<br />

man sich wieder!<br />

"... und vergebt einer dem anderen, gleich wie<br />

Gott euch vergeben hat in Christus." (Eph. 4:32),<br />

"Bekennt einer dem anderen seine Sünden ..."<br />

(Jakobus 5:16), "und vertrage einer den anderen<br />

und vergebt euch untereinander, wenn jemand<br />

Klage hat wider den anderen; ..." (Kolosser<br />

3:13).<br />

Und das Ganze so schnell wie möglich<br />

23 Wenn du nun deine Gabe zum Altar bringst<br />

und dich dort erinnerst, daß dein Bruder etwas<br />

gegen dich hat, so laß deine Gabe dort vor dem<br />

Altar und geh zuvor hin und versöhne dich mit<br />

deinem Bruder, und dann komm und opfere<br />

deine Gabe! (Mat 5:23-24 SCL)<br />

Es sollte selbstverständlich sein in der Familie<br />

Gottes, dass man sich dann vergibt und nicht<br />

verbittert zurückzieht. Wir leben alle aus der<br />

Gnade des Vaters und aus dieser Kraft heraus<br />

und auf dieser Grundlage sind wir aufgerufen<br />

auch unserem Bruder zu vergeben. Es sollte<br />

unser tägliches Brot sein. Im Vater Unser folgt<br />

direkt auf die bitte um das tägliche Brot die Bitte<br />

um Vergebung und Bereitschaft anderen zu<br />

vergeben!<br />

Wenn wir dieser Familienkultur folgen, dann<br />

bewahrt das unsere Einheit, unseren Frieden<br />

und wir können uns gemeinsam auf unseren<br />

Auftrag konzentrieren: noch mehr Menschen mit<br />

diesem unserem himmlischen Vater bekannt<br />

machen und in unsere Familie aufzunehmen!<br />

Hört nochmal auf das, was Jesus sagt. Das fasst<br />

die ganzen „EINANDER“ Stellen zusammen.<br />

Die Liebe im Zentrum und nun achtete mal noch<br />

auf den Folgevers:<br />

34 Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr<br />

einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe,<br />

auch ihr einander liebt.<br />

21


35 Daran werden alle erkennen, daß ihr meine<br />

Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.<br />

(Joh 13:34-35 ELB)<br />

AN UNSERER LIEBE<br />

ZUEINANDER…..<br />

An unserer Familienkultur, Gemeindekultur<br />

werden die Leute erkennen, dass wir Jünger von<br />

Jesus sind. Das ist das entscheidende Merkmal.<br />

2. Christen sind keine Einzelkämpfer<br />

Glaube ist nicht nur etwas Individuelles. Klar:<br />

Jesus starb für dich. Er nahm DEINE ganz<br />

persönliche Schuld auf sich, damit DU jetzt<br />

Frieden haben darfst mit Gott. Aber das ist ja<br />

nicht nur an dir allein geschehen, sondern auch<br />

an dem Bruder oder der Schwester, die neben<br />

dir sitzt. Wir sitzen als Christen alle im selben<br />

Boot. Wir haben den gleichen Herrn, die gleiche<br />

Taufe, den gleichen Glauben. Das verbindet.<br />

Von dem Moment an, wo du glaubst, wo du<br />

Christ wirst, wirst du auch Teil einer<br />

Gemeinschaft, eines Volkes. Du wirst<br />

eingegliedert, eingepflanzt, einverleibt,<br />

hinzugefügt usw. Du gehörst dazu. Es geht um<br />

Zugehörigkeit! Du bist nun ein Sohn, eine<br />

Tochter Gottes und Teil der Familie Gottes<br />

geworden. Er ist unser Vater, wir seine Kinder<br />

und untereinander Glaubensgeschwister.<br />

Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei! Der<br />

Mensch ist auf Gemeinschaft hin ausgelegt und<br />

d.h. wir brauchen einander. Nicht nur eheliche<br />

Gemeinschaft. Sondern echte, authentische,<br />

regelmäßige Gemeinschaft unter Brüder und<br />

Schwestern. Es gibt kein Christsein im<br />

Alleingang nach dem Motto: „Mein Jesus und<br />

ich“, wir beide machen das.<br />

Alles andere ist mir egal. Es gibt keine<br />

christlichen Einzelkämpfer. Gott hat uns<br />

zusammengeführt. Er hat uns GEMEINSAM<br />

beauftragt: geht (Plural, nicht: „geh“ im Singular)<br />

hin in alle Welt.<br />

Das hört man immer wieder: „Ja ich hab meinen<br />

Glauben an Gott, ich geh einfach nicht in die<br />

Kirche oder Gemeinde.“ Was auch immer das für<br />

ein Glaube ist, es ist kein Glaube gemäß dem<br />

Neuen Testament, denn dieser verwirklicht sich<br />

in der Gemeinde. Der Glaube wird dort<br />

ausgelebt, gestärkt, korrigiert, ermutigt. Dein<br />

Glaube darf wachsen in der Gemeinschaft. Klar,<br />

wenn ich niemanden habe, der mich spiegelt,<br />

mich auch mal herausfordert und mich<br />

zurechtweist auch im Glauben – dann hab ich<br />

halt „meinen Glauben“, aber du stehst eben in<br />

der Gefahr, deinen eigenen<br />

zusammengebastelten Glauben zu haben, der<br />

letzten Endes kein echter Glaube mehr ist. Wir<br />

brauchen einander!!!!<br />

Zwei Zitate dazu:<br />

C.H. Spurgeon (englischer Prediger (1834-<br />

1892):<br />

„Zwei Dinge können wir nicht allein: Heiraten<br />

und Christsein.“<br />

Dietrich Bonhoeffer (Theologe, 1906 – 1945) in<br />

seinem Buch: Gemeinsames Leben:<br />

„Darum braucht der Christ den Christen, der<br />

ihm Gottes Wort sagt, er braucht ihn immer<br />

wieder, wenn er ungewiss und verzagt wird;<br />

denn aus sich selbst kann er sich nicht<br />

helfen, ohne sich um die Wahrheit zu<br />

betrügen. Er braucht den Bruder als Träger<br />

und Verkündiger des göttlichen Heilswortes.<br />

[…] Der Christus im eigenen Herzen ist<br />

schwächer als der Christus im Worte des<br />

Bruders; jener ist ungewiss, dieser ist<br />

gewiss.“<br />

Wir brauchen einander! Keine Einzelkämpfer! Es<br />

braucht also einen konkreten Raum, eine Zeit,<br />

wo wir einfach zusammenkommen unter seinem<br />

Wort, wo wir zusammenkommen zum beten, um<br />

einander zu ermutigen, zu ermahnen. Wie man<br />

in einer Familie zusammenkommt, an einen<br />

Tisch sitzt, miteinander das Leben teilt, sich<br />

freut, sich streitet, aneinander und miteinander<br />

lernt, sich versöhnt usw. so auch in der Familie<br />

Gottes.<br />

Einige konkrete Schlussfolgerungen:<br />

‣ Es ist gut dass wir uns hier regelmäßig jeden<br />

Sonntag treffen. Nicht selbstverständlich,<br />

gerade wenn wir in andere Teile der Welt<br />

blicken, wo Menschen sich aufgrund von<br />

Verfolgung heimlich treffen müssen zum<br />

Gottesdienst!<br />

‣ Wir sind eine gastfreundliche Familie. Jeder<br />

ist willkommen. Unser Ziel ist es, noch mehr<br />

Menschen mit dem Vater bekannt zu<br />

machen.<br />

‣ Es ist gut, dass wir Kleingruppen haben,<br />

Seniorenkreis, Jugendkreis, Junge<br />

Erwachsenen, Jungschar, Hauskreise,<br />

Frauentreffs, Mamatreffs usw.<br />

ZWEI STANDBEINE DES<br />

GEMEINDELEBENS.<br />

Gottesdienst und Kleingruppen:<br />

BEIDE WICHTIG<br />

22


‣ Wenn du das nicht hast: schließe dich an.<br />

Wenn du keine Kleingruppe oder Hauskreis<br />

hast, schneidest du dich selbst ab von der<br />

Familie Gottes und damit letztlich auch von<br />

Gott selbst. Hebr 10: 24 und lasst uns<br />

aufeinander achthaben und einander<br />

anspornen zur Liebe und zu guten Werken<br />

25 und nicht verlassen unsre Versammlung,<br />

wie einige zu tun pflegen, sondern einander<br />

ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht,<br />

dass sich der Tag naht.<br />

‣ Diese Familienzugehörigkeit die will zum<br />

Ausdruck gebracht werden. Dadurch, dass<br />

man sich eben verbindlich einer Kleingrupe<br />

anschließt.<br />

‣ Übrigens ist auch die „formale“<br />

Mitgliedschaft hier in unserer Gemeinde<br />

nichts anderes alsdas konsequente zum<br />

Ausdruckbringen der Zugehörigkeit. Steht<br />

nicht in der Bibel als ein „Muss“, aber<br />

dennoch ist es in unserem Zeitalter, unserer<br />

Gesellschaft und unserem Kulturkreis ein<br />

guter Ausdruck von Zugehörigkeit zu sagen:<br />

„Ich werde Mitglied in dem Verein“. Ich<br />

identifiziere mich mit der Gemeinde. Ich will<br />

dazu gehören. Ich will mitreden. Ich will mit<br />

unterstützen in jeglicher Hinsicht. Sei es<br />

finanziell oder als Mitarbeiter oder im Gebet<br />

oder sonst wie. Es schafft einfach nochmal<br />

eine andere Verbindlichkeit.<br />

Also ermutigen: überlegt euch das, falls ihr kein<br />

Mitglied seid. Kommt auf mich oder einen<br />

Ältesten zu, auch wenn euch das Thema<br />

Mitgliedschaft irgendwie Bauchweh macht und<br />

ihr nicht so recht wisst. Lasst uns drüber reden.<br />

‣ Zugehörigkeit wird auch zum Ausdruck<br />

gebracht durch Mitarbeit in der Gemeinde.<br />

Wie ineiner Familie jeder zusammenarbeitet<br />

und man sich einander hilft und ergänzt, so<br />

auch in der Gemeinde. Ihr habt Gaben, die<br />

ich nicht habe. Ich habe Gaben, die ihr nicht<br />

habt. Ein Leib – viele Glieder. Wir brauchen<br />

dich als Gemeinde. Zurzeit z.B. im<br />

Beamerteam, Moderationsteam. Wir vom<br />

ÄR und MAR fänden es genial, wenn ihr<br />

zu uns kommt und sagt: das kann ich, da<br />

hab ich eine Leidenschaft. Hierin bin ich<br />

begabt, bitte gebt mir einen Ort, wo ich<br />

der Gemeinde damit dienen kann! Auch<br />

wenn du deine Gaben noch nicht kennst:<br />

komm auf uns zu, dann entdecken wir sie<br />

eben gemeinsam!<br />

Schluss<br />

Wir – als Evangelische Chrischonagemeinde<br />

Altheim Alb sind eine Gemeinde. Eine Gemeinde<br />

Gottes. Gemeinde Jesu Christi! Eine<br />

Gemeinschaft von Sündern. Eine Gemeinschaft<br />

von Erlösten. Eine Gemeinschaft von Heilligen.<br />

Eine Gemeinschaft von Jüngern. Eine<br />

Gemeinschaft mit einem Auftrag!<br />

Diese Gemeinde gehört Jesus! Er hat sie teuer<br />

erkauft durch sein Blut. Wir sind in seiner Hand<br />

und wir sind seine geliebte Braut.<br />

Und ich bin sehr dankbar ZU EUCH zu gehören.<br />

Teil zu sein dieser Glaubensgemeinschaft. Ich<br />

bin einfach noch sehr gespannt, was Gott mit<br />

uns in Altheim hier noch alles so vor hat.<br />

Ausblick auf nach der Predigt zu Open Doors<br />

anlässlich des Weltgebetstages für verfolgte<br />

Christen:<br />

Jetzt wollen wir Gemeinde praktisch leben. Jetzt<br />

erst mal GEMEINSAM singen! Gott loben und<br />

danken für – ja für was? Für SEINE Gemeinde<br />

und das wir hier Teil davon sein dürfen.<br />

Und danach wollen wir praktisch Familie Gottes<br />

leben. Nämlich für unsere Glaubensgeschwister<br />

in aller Welt beten. Es ist mir auch ein Anliegen<br />

das Weltweite im Blick zu haben. Open Doors,<br />

eine organisation, die sich weltweit für verfolgte<br />

Christen einsetzt hat 2 Länder vorgeschlagen.<br />

Das sind dort unsere Glaubensgeschwister.<br />

Schwere Verfolgung und anderes Leid. Wie<br />

Brüder und Schwestern, die wir einfach nie<br />

kennengelernt haben und uns doch so verwandt<br />

sind. Denn wir haben den gleichen Glauben. Der<br />

verbindet! Wie gesagt: Gemeinde nicht nur hier<br />

in Altheim. Weltweit. Global. Eines von den<br />

„einandern“ ist auch „Betet füreinander“. Also –<br />

lasst uns da konkret Gemeinde leben, aber jetzt<br />

erst mal: singen!<br />

Ein Vorschlag: tausch einfach „Altheim“<br />

gegen Erkelenz aus oder schreib dort einfach<br />

den Ort deiner Gemeinde hin.<br />

Heinz<br />

23


EINSAMKEIT<br />

WENN DAS SOZIALE<br />

NETZ REIßT<br />

Von Susanne Billig und Petra Geist<br />

Nie war es so leicht, mit anderen in Kontakt zu<br />

kommen, doch immer mehr Menschen fühlen<br />

sich einsam. Woran liegt das? Kann die<br />

Einsamkeit jeden treffen? Und welche Wege<br />

führen aus der Isolation?<br />

Wind fegt über eine leere Landschaft. Symbole.<br />

Es gibt eine Insel, die Einsamkeit heißt. Sie liegt<br />

im Nordpolarmeer, zwanzig Quadratkilometer<br />

groß, menschenleer, im Winter vom Packeis<br />

eingeschlossen. Oder die Bilder des Malers<br />

Edward Hopper: Gebäudefronten an drückendheißen<br />

Sommertagen. Erschöpfte Menschen,<br />

deren leerer Blick nach innen fällt. "Ich bin<br />

bewohnt von einem Schrei", schrieb die<br />

Dichterin Silvia Plath. Die gebürtige Inderin Mini<br />

Kapur hat für sich ein eigenes Bild gefunden:<br />

"Es ist ein schwarzer Raum und du weißt gar<br />

nicht, wo der Ausgang ist. Du siehst keinen<br />

Ausgang. Für mich war es das. Und du sitzt wie<br />

ein kleines Mädchen in diesem Raum, das sich<br />

gar nicht entscheiden kann. So ist das."<br />

Alleinsein kann angenehm sein, sogar bewusst<br />

gewählt werden. Doch wenn es weh tut und<br />

quält, wenn es den Brustkorb einschnürt,<br />

manchmal mitten unter Menschen – dann ist es<br />

Einsamkeit.<br />

"Manchmal hat sie auch was Peinliches. Wenn<br />

du nämlich in einer großen Gruppe stehst – und<br />

du stehst da so ganz alleine. Alle anderen sind<br />

irgendwie in Gemeinschaft, lachen, und ich sitze<br />

da – dann hab ich eher das Gefühl, mich<br />

zunehmend unbehaglicher zu fühlen."<br />

Das erzählt Hedy Gerstung, die in einem<br />

Kinderheim unter dem grausamen Kuratel<br />

katholischer Nonnen aufwuchs. Anflüge von<br />

Einsamkeit kennt jeder: Als Kind am Rand eines<br />

Spiels zu stehen, ohne eingeladen zu sein. Am<br />

neuen Arbeitsplatz sitzen die Kollegen in der<br />

Kantine zusammen, kein Stuhl ist mehr frei. Sich<br />

von anderen schmerzhaft getrennt zu fühlen,<br />

gehört zur evolutionären Grundausstattung.<br />

Dabei werden sogar dieselben Hirnareale<br />

aktiviert wie bei körperlichen Schmerzen. Wie<br />

Hunger oder Durst ist Einsamkeit ein<br />

Warnsignal, betont der weltweit angesehene<br />

US-Psychologe John Cacioppo in seinem Buch<br />

"Einsamkeit" über seine Forschung. Während<br />

die Depression einen Menschen ausbremst, will<br />

die Einsamkeit das "soziale Tier" Mensch<br />

aktivieren und zurück in die schützende Gruppe<br />

treiben. Die meisten Menschen finden<br />

tatsächlich schnell wieder Anschluss. Forscher<br />

nennen diesen Impuls "reaffiliation motive",<br />

"Wiederangliederungsmotiv". Gefährlich und<br />

chronisch wird Einsamkeit, wenn das aus<br />

eigener Kraft nicht mehr gelingt. Ein<br />

Teufelskreis: Der Einsame wird immer verstörter<br />

– seine Umgebung zieht sich befremdet zurück.<br />

Man unterscheidet "emotionale" und "soziale"<br />

Einsamkeit<br />

Zwei Grundformen der Einsamkeit unterscheidet<br />

die Psychologie. Ein "emotional einsamer"<br />

Mensch kann selbst einer geliebten Person nicht<br />

mehr nah sein. Das erlebte die<br />

Krankenschwester Marianne Osten, als ihr Mann<br />

sie plötzlich verließ.<br />

"Ich habe mich dann in die Arbeit gestürzt, viel<br />

Nachtdienste gemacht in der Zeit, bewusst auch,<br />

weil ich gedacht habe, ich halte die Nächte nicht<br />

aus. Das war ganz schwierig, dass ich halt<br />

wusste, mein Mann ist bei dieser andern, das<br />

war auch so eine permanente Dauertraurigkeit<br />

irgendwie. Man zieht sich ja dann, oder ich hab<br />

mich ja dann zurückgezogen, ja, und ich wollte<br />

die anderen halt auch nicht nerven, die anderen<br />

Leute."<br />

Ein junger Mann sitzt in einem Rollstuhl. (Imago<br />

/ Westend61)<br />

"Soziale Einsamkeit" nennt man das<br />

schmerzliche Gefühl, nicht dazu zu gehören, als<br />

stünde man hinter einer unsichtbaren Wand.<br />

Mini Kapur wanderte vor vielen Jahren von<br />

Indien nach Deutschland ein. In ihrer Heimat<br />

angesehen und erfolgreich, stand sie plötzlich<br />

als Niemand in einer fremden Kultur.<br />

24


"Weil, ich komme aus Indien – tausend Leute um<br />

dich jeden Tag, und auf einmal bist du wirklich<br />

einsam gewesen. Nur eins. Allein. Und das<br />

kannte ich nicht. Und damit umzugehen war ein<br />

langer Prozess. Ich konnte nicht verstehen, was<br />

mit mir los ist. I am a highly educated woman,<br />

erfolgreich – und auf einmal: nichts funktioniert."<br />

Bislang gibt es nur wenige Studien über die<br />

kulturelle Dimension der Einsamkeit. Offenbar<br />

reagieren Menschen umso stärker, je mehr ihre<br />

Gesellschaft auf Gemeinschaft ausgerichtet ist<br />

– in Spanien sind alte Leute schneller einsam als<br />

in Schweden, in den USA junge Menschen ohne<br />

Liebesbeziehung schneller als in Korea. Nicht<br />

die reale soziale Isolation zählt, sondern das<br />

subjektive Gefühl, dass vertraute, innige<br />

Beziehungen fehlen. Der Soziologe Janosch<br />

Schobin, Dozent an der Universität Kassel.<br />

"Es ist in Deutschland verglichen mit anderen<br />

Ländern vergleichsweise glimpflich abgelaufen.<br />

Es scheint sich auch nicht, wenn man sich die<br />

Daten anguckt, auszuweiten. In Deutschland<br />

sind es so ungefähr fünf Prozent der Leute, die<br />

sich die meiste Zeit einsam gefühlt haben in der<br />

letzten Woche – in Russland sind es ungefähr<br />

dreimal so viele, ungefähr 15 Prozent."<br />

Männer leiden häufiger unter Einsamkeit<br />

Fünf Prozent aller Deutschen rücken Einsamkeit<br />

immerhin in die Größenordnung drängender<br />

sozialer Probleme wie das der Arbeitslosigkeit.<br />

Wer sind diese einsamen Menschen? Nach<br />

einer bundesweiten Studie von 2014 gibt es<br />

mehrere Einsamkeitstypen. Zum Beispiel die<br />

"Workaholics" – junge Menschen, die sich in ihre<br />

Arbeit vergraben. Oder die "Verletzlichen" –<br />

zu 70 Prozent Frauen –, die aus Angst<br />

Beziehungen vermeiden.<br />

Singles sind, wenig überraschend, einsamer als<br />

Menschen in einer Beziehung.<br />

Interessanterweise macht es keinen<br />

Unterschied, ob sie Kinder haben oder nicht.<br />

Männer leiden deutlich häufiger als Frauen,<br />

obwohl sie an ihr soziales Leben viel geringere<br />

Ansprüche stellen, weder ein großes<br />

Freundschaftsnetz brauchen noch häufig<br />

Gefühle austauschen möchten. Ihnen ist vor<br />

allem wichtig – eine Partnerin.<br />

"Wenn was in der Partnerschaft beispielsweise<br />

passiert wie jetzt eine Verwitwung – Frauen<br />

erholen sich da viel schneller und das liegt<br />

einfach daran, dass die ein viel größeres<br />

Netzwerk haben. Bei Männern ist es so, die<br />

hängen sehr stark von ihrer Partnerin ab, und<br />

wenn die dann nicht mehr da ist, dann leiden<br />

Männer extrem, weil sie einfach nicht so großes<br />

Netzwerk haben und dann darüber das<br />

kompensieren können."<br />

Sonia Lippke, Professorin für<br />

Gesundheitspsychologie an der Jacobs-<br />

Universität Bremen. Lebenspartner bieten einen<br />

Schutz – aber keine Garantie. Ein großer Teil<br />

der einsamen Menschen – in den USA sind es<br />

80 Prozent – leben in einer Beziehung. Und die<br />

Alten? Sie passen sich von der Tendenz her<br />

ihrer Lebenssituation erstaunlich flexibel an,<br />

schrauben Ansprüche nach unten und<br />

versuchen zu genießen, was ihnen vergönnt ist.<br />

Es sind die 40- bis 49-Jährigen, die heute am<br />

häufigsten mit Einsamkeit kämpfen.<br />

Der Kinder-Kosmos ist verlorengegangen<br />

Es gibt eine weitere Gruppe, für die Einsamkeit<br />

ein schwerwiegendes Problem sein kann –<br />

Kinder. Das erlebte auch der freie<br />

Fernsehredakteur Klaus Purkart, dessen Mutter<br />

depressiv war.<br />

"Das war so mit drei, vier Jahren. Die einzige<br />

Bezugsperson war meine Mutter, mein Vater war<br />

den ganzen Tag bei der Arbeit, und deswegen<br />

kann ich mich erinnern, dass ich da tagelang<br />

allein in meinem Zimmer gesessen habe. Ich<br />

hab mich da sehr in meine Fantasie geflüchtet;<br />

ich hab dann mit Stofftieren gespielt und ich kann<br />

mich erinnern, dass ich damals dachte: Ich kann<br />

bald in die Schule, das hat mich immer fasziniert,<br />

dass ich da bald bin."<br />

Erst im Grundschulalter können Kinder ihre<br />

Einsamkeit bewusst reflektieren und zu ihrem<br />

eigenen Verhalten in Beziehung setzen. Wenn<br />

Kinder sich als Verlierer im Status-Gerangel<br />

wiederfinden, wie es längst auch den<br />

Kindergarten erreicht hat, wenn sie keine<br />

Aufgabe im Fußball- oder Theaterspiel erhalten,<br />

ähnelt ihre Ursachenanalyse der von<br />

Erwachsenen: Soziale Erfolge nehmen sie als<br />

Zufall wahr, Misserfolge schreiben sie sich selbst<br />

zu – "ich bin langweilig, hässlich und dumm." In<br />

Wirklichkeit fällt vor allem schüchternen oder<br />

aggressiven Kindern der Zugang zu<br />

Gleichaltrigen schwer. Professor Veit Rößner,<br />

Direktor der Klinik für Kinder- und<br />

Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in<br />

Dresden.<br />

"Ein Erwachsener kann Beziehungen viel besser<br />

einschätzen, auch die Intensität einer Beziehung<br />

viel besser einschätzen und hat einen viel<br />

breiteren Werkzeugkoffer: wie geht er zukünftig<br />

mit einer Beziehung um? Intensiviert er die oder<br />

lässt er die eher ein bisschen an den Rand<br />

25


treten, was Kindern natürlich ganz<br />

logischerweise aufgrund der Lebenserfahrung,<br />

aufgrund der kognitiven, emotionalen<br />

Fähigkeiten, der sprachlichen Fähigkeiten<br />

überhaupt nicht möglich ist."<br />

Ausgelassen springen Kinder auf einer Hüpfburg herum.<br />

(picture alliance/dpa/Ralf Hirschberger)<br />

Große Kindergruppen, die ohne Aufsicht frei in<br />

den Straßen spielen? Ein Bild aus vergangenen<br />

Zeiten. Heute fehlen oft Geschwister und<br />

Nachbarskinder und viele Eltern lassen ihren<br />

Nachwuchs nicht mehr allein aus dem Haus.<br />

Kinderpsychologen sprechen von einer<br />

"Verinselung": Sämtliche Aktivitäten werden von<br />

Erwachsenen geplant und gesteuert. Eine davon<br />

unabhängige, in Kinderhand liegende<br />

Erlebenswelt gibt es kaum noch. Auch ein Zuviel<br />

an Aktivitäten kann zur Vereinzelung führen.<br />

"Nehmen wir zum Beispiel das Thema Sport im<br />

Verein: Also, Eltern neigen immer häufiger dazu,<br />

nach der ersten Anfangseuphorie, wenn die<br />

verflogen ist, zu sagen, 'dann probier doch mal<br />

was anderes aus'. Und deswegen wird viel<br />

gefahren, viel ausprobiert, aber dadurch entsteht<br />

auch keine tragfähige Beziehung, die einfach<br />

eine gewisse Zeit braucht."<br />

Kinder brauchen das Gefühl von<br />

"Selbstwirksamkeit"<br />

Wie vertragen wir uns nach einem Streit? Was<br />

fangen wir miteinander an, wenn uns langweilig<br />

ist? Kinder brauchen Zeit, das zu erleben und<br />

auszuprobieren – und können es nicht, wenn<br />

Eltern ein Unterhaltungsprogramm rund um die<br />

Uhr organisieren. Ein Kind muss<br />

"Selbstwirksamkeit" spüren – aus eigener Kraft<br />

und mit eigenen Ideen Freundschaft und<br />

Gemeinschaft zum Laufen zu bringen.<br />

"Viele der Kinder, die wir sehen, haben eine<br />

gewisse Zeit Ansätze eines Einsamkeitsgefühls,<br />

aber diese Leere wird vor allem durch die Eltern<br />

gefüllt. Aber wenn das Kind dann – meist so<br />

zweite, dritte Klasse – merkt, dass irgendwas mit<br />

ihm anders ist, dass es eben doch nicht in der<br />

Fußballmannschaft integriert ist oder in der<br />

Theatergruppe wirklich vermisst wird, wenn es<br />

nicht kommt, dann haben die Kinder natürlich<br />

schon auch Züge von depressiven Reaktionen<br />

bis hin zu selbstverletzendem Verhalten."<br />

Wenn nur noch eine Therapie weiterhelfen kann,<br />

richtet sie sich nicht allein an das Kind.<br />

"Man muss auch den Eltern ganz klar sagen, sie<br />

müssen sich mit anstrengen. Das gesamte<br />

System muss sich verändern, und nur dann hat<br />

das Kind überhaupt eine Chance, aus so einer<br />

erlernten festgefahrenen Rolle wieder<br />

rauszukommen."<br />

Das Internet ist nicht schuld an Einsamkeit<br />

Jugend – Zeit des glücklichen Party-Lebens? In<br />

einer Umfrage des Deutschen Studentenwerks<br />

gaben vier Prozent der Studierenden an, so<br />

große Kontaktschwierigkeiten zu haben, dass<br />

sie Hilfe wünschen. Weitere elf Prozent spürten<br />

depressive Verstimmungen, die oft aus<br />

Einsamkeitsgefühlen resultieren. Ein Großteil<br />

der Abiturienten in Deutschland bewirbt sich<br />

nicht an Universitäten, die weit von ihrem<br />

Heimatort entfernt liegen, selbst wenn deren Ruf<br />

exzellent ist – aus Angst vor Einsamkeit, sagen<br />

Psychologen.<br />

Jugendliche Einsamkeit, heute oft lapidar dem<br />

Internet zugeschoben, hat einen wichtigen<br />

entwicklungspsychologischen Sinn: Der<br />

emotionale Bezugspunkt der Eltern muss<br />

wegbrechen, damit ein junger Mensch sich von<br />

zu Hause löst und seine wichtigsten<br />

Beziehungen nun außerhalb des Elternhauses<br />

sucht.<br />

Ein Kind starrt gebannt auf den Bildschirm eines Laptops.<br />

(picture alliance / dpa / Horst Ossinger)<br />

Was die Internetnutzung angeht, zeigte 2015<br />

eine Studie der Klinik für Psychosomatische<br />

Medizin in Mainz, wo der gesunde Mittelweg<br />

liegen mag: Jugendliche, die mehr als sechs<br />

Stunden, also mit Suchtcharakter, täglich online<br />

sind, haben es schwerer, Beziehungen zu<br />

Gleichaltrigen aufzubauen. Sie kommunizieren<br />

weniger, vertrauen ihren Freunden weniger und<br />

26


fühlen sich von anderen stärker entfremdet.<br />

Doch in Maßen genutzt, stärken digitale<br />

Netzwerke die realen Freundschaften sogar.<br />

Das bestätigt auch Sonia Lippke.<br />

"Es gibt auch viele Menschen, die erst mal<br />

vollkommen damit glücklich sind, einfach<br />

Menschen um sich herum zu haben, auch wenn<br />

man die jetzt gar nicht so im realen Leben trifft –<br />

das kann dieses Gefühl der Einsamkeit auf jeden<br />

Fall sehr gut überbrücken, die Frage ist nur:<br />

Muss es dann nicht doch auch mal<br />

Möglichkeiten geben, sich wieder zu sehen?"<br />

Eine große Rolle spielen Persönlichkeitsfaktoren<br />

Wo liegen, wenn das Internet nicht schuldig ist,<br />

die Ursachen heutiger Einsamkeit?<br />

Persönlichkeit spielt eine Rolle: Wer eher<br />

pessimistisch ist, angsterfüllt oder ständig auf<br />

sich selbst fokussiert, ist eher gefährdet. Auch<br />

wer als Kind einen unsicheren, abweisenden<br />

oder besitzergreifenden Bindungsstil erfahren<br />

hat, hat es später im Leben schwer,<br />

vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen, das<br />

konnten die amerikanische Forscherin Kim<br />

Bartholomew und ihr Kollege Leonard Horowitz<br />

1991 in einer viel beachteten Untersuchung<br />

nachweisen. Ein Beispiel erzählt der Sänger und<br />

Gesangslehrer Sam Thiel. Er wuchs auf dem<br />

Land in Texas auf – jahrelang als Einzelkind und<br />

meilenweit von anderen Kindern entfernt.<br />

"Meine Eltern waren sehr daran interessiert,<br />

dass ich gut erzogen werde, aber nicht<br />

demonstrativ mit Umarmungen, das habe ich<br />

nicht gekannt. Wenn jemand zu nahekommt, da<br />

werde ich etwas argwöhnisch. Es gibt eine<br />

bestimmte Distanz, die gut ist. Heute noch. Mein<br />

Partner beklagt sich, weil ich sehr privat bin; ich<br />

brauche meine Zeit alleine. Ich tendiere heute<br />

noch dazu, immer meine Probleme alleine lösen<br />

zu wollen. Auch wenn jemand Hilfe anbietet. Das<br />

ist immer ein Problem, das anzunehmen."<br />

Und die gesellschaftlichen Ursachen der<br />

Einsamkeit? Die Single-Haushalte allein sind es<br />

nicht, denn wer so wohnt, muss weder partnerlos<br />

noch sozial isoliert oder subjektiv einsam sein<br />

– selbst Menschen in Wohngemeinschaften<br />

gelten offiziell als "Single". Der Soziologe<br />

Janosch Schobin betont ein anderes Phänomen.<br />

"Eine Familie, wo ich nur meine Eltern habe und<br />

mein eigenes Kind: Schon der Ausfall einer<br />

Person reicht da aus, damit ich fast schon in der<br />

sozialen Isolation lebe. Die Eltern sterben<br />

zwangsläufig irgendwann und dann ist nur noch<br />

das Kind da. Der Mangel an Bindungsreserven<br />

kommt irgendwann an einen<br />

Erschöpfungspunkt. Soziale Katastrophen kann<br />

ich da ab einem gewissen Punkt gar nicht mehr<br />

abfedern."<br />

Der Soziologe Dr. Janosch Schobin ist seit 2006<br />

am Hamburger Institut für Sozialforschung, z.Zt.<br />

mit dem Projekt "Gesellschaftliche Dynamiken<br />

der Einsamkeit". (Hamburger Institut für<br />

Sozialforschung)<br />

Das soziale Gefüge der Gesellschaft dünnt aus.<br />

Darum sind Menschen im mittleren Alter heute<br />

schon besonders betroffen – sie haben zu wenig<br />

Verwandte. Viele sind bereits Einzelkind zweier<br />

Einzelkinder, also ohne Geschwister, Tanten,<br />

Onkel, Cousinen, Cousins, Schwägerinnen,<br />

Schwager, Nichten oder Neffen. Ganz allein<br />

müssen sie sich um ihre Eltern kümmern, was<br />

einsame Alte hervorbringt. Hinzu kommt der<br />

"Matthäus-Effekt" sozialer Gefüge – wer hat,<br />

dem wird gegeben, mit exponentieller Wirkung:<br />

Ein paar gut vernetzte Freunde sorgen für einen<br />

Fluss an Kontaktangeboten. Menschen mit<br />

vielen Kindern sind mit Enkeln meist reich<br />

gesegnet. Wer nicht hat, geht leer aus. Schon<br />

2004 gehörten in Deutschland acht Prozent der<br />

Erwachsenen in die Gruppe der "Solos"<br />

– Menschen ganz ohne Angehörige. Kontakte zu<br />

nahen Menschen, besonders von Angesicht zu<br />

Angesicht, nehmen in Industriegesellschaften<br />

messbar ab.<br />

"Unsere Gesellschaft produziert schlicht und<br />

ergreifend Gruppen, die für soziale Isolation –<br />

also für sehr starke soziale Isolation – und daran<br />

anschließend für Vereinsamung anfällig sind."<br />

(Mini Kapur:) "Ich komme aus einem Land, wo<br />

viele Menschen sind. Und du hast keine<br />

Sekunde für dich. Und ich wollte ich Ruhe haben,<br />

habe ich immer wieder zu meinem Vater gesagt:<br />

'Ich gehe so weit weg von euch!' Und er hat mich<br />

nur angelächelt und immer gesagt: 'Mini, keiner<br />

kann auf einer Insel leben. Du brauchst eine<br />

Gesellschaft.' In Indien hast du so viele Leute um<br />

dich. Du kannst jeden Tag mit irgendeiner<br />

Person über irgendeinen Teil von dir irgendwie<br />

Austausch haben. Diesen Stil des Lebens von<br />

Indien schätze ich heute viel mehr, als wo ich in<br />

Indien war."<br />

Auch in Deutschland sind Familien noch immer<br />

sehr solidarisch. Eltern, Kinder und Großeltern<br />

leben zwar nicht mehr unter einem Dach, aber<br />

als "multilokale Mehrgenerationenfamilie" oft<br />

nah beieinander, mit lebenslangen engen<br />

Bindungen. Großeltern kümmern sich um die<br />

Enkel, Eltern unterstützen Großeltern. Das ist<br />

mit Freiheitseinbußen und Belastungen<br />

27


verbunden, doch hat gegenüber<br />

Freundschaftsnetzwerken<br />

einen<br />

entscheidenden Vorteil: Familiäre Beziehungen<br />

lassen sich nur schwer kündigen – und man darf<br />

sich danebenbenehmen. Freundschaften<br />

hingegen wollen ständig gepflegt und aktualisiert<br />

sein. Darum zeigen Menschen sich darin eher<br />

von ihrer Schokoladenseite – eine<br />

Einsamkeitsfalle.<br />

Einsamkeit ist ansteckend<br />

Geteiltes Leid sei halbes Leid, sagt das<br />

Sprichwort, und geteilte Freude doppelte<br />

Freude. Im Licht der Einsamkeitsforschung<br />

stimmt das nur bedingt. Das konnte auch die<br />

berühmte "Framingham"-Langzeitstudie in den<br />

USA zeigen: Wer mit einem glücklichen<br />

Menschen befreundet ist, wird selbst um<br />

durchschnittlich fünfzehn Prozent glücklicher.<br />

Sogar seine Freunde, die den Glücklichen gar<br />

nicht persönlich kennen, werden noch um zehn<br />

Prozent glücklicher und deren Freundinnen und<br />

Freunde noch um sechs Prozent – eine<br />

phänomenale Weitergabe um drei Ecken.<br />

Zum Vergleich: 10.000 Dollar mehr<br />

Jahresverdienst schenken nur zwei Prozent<br />

mehr Glücksgefühle. Doch auch Einsamkeit<br />

steckt an, fand John Cacioppo anhand der<br />

Framingham-Daten heraus. Mehr als die Hälfte<br />

der Freunde und Angehörigen von einsamen<br />

Menschen entwickeln innerhalb von zwei Jahren<br />

selbst Gefühle von Einsamkeit und mehr noch:<br />

Sie verlieren ebenfalls ihre sozialen Kontakte.<br />

(Sonia Lippke:) "Sind Freunde, die dichter<br />

beieinander leben, eher in Gefahr, sich<br />

gegenseitig anzustecken? Das scheint so zu<br />

sein, denn diejenigen, die sich zurückziehen,<br />

vermitteln natürlich auch das Gefühl: 'Ich möchte<br />

mit dir jetzt nichts mehr zu tun haben!' Und auf<br />

die anderen wirkt das dann im Sinne von: 'Du<br />

verstehst mich nicht, lass mich in Ruhe!' Und das<br />

ist dann wie so ein<br />

Teufelskreis."<br />

Janosch Schobin konnte in<br />

seiner Forschung sogar<br />

zeigen,<br />

wie<br />

gesellschaftspolitische<br />

Entscheidungen Einsamkeit<br />

handfest produzieren.<br />

Eindrücklich ist das Beispiel<br />

afroamerikanischer<br />

Bürgerinnen und Bürger in<br />

den USA.<br />

"Ich hab jetzt im Kopf eine<br />

ältere Frau, die hab ich<br />

interviewt, die ist in den<br />

fünfziger Jahren in Harlem<br />

aufgewachsen. Harlem war<br />

damals<br />

ein<br />

kleinbürgerliches<br />

Aufstiegsviertel: kleine<br />

Geschäfte, als Friseure<br />

oder als Mechaniker, also kleinbürgerliche<br />

Existenzen, die aber eine relativ solide<br />

ökonomische Basis hatten, und die Familien<br />

waren extrem stark integriert. Die wohnten alle in<br />

dem gleichen Haus. Die Kinder konnten<br />

zwischen Wohnungen hin und her gehen. Die<br />

Familien waren groß. Man gehörte dazu und es<br />

gab auch kein wirkliches Ausbrechen. Und das<br />

ist, wenn man so will, die Urszene 1950. Und<br />

dann kommt erstmal Vietnam."<br />

Für den Krieg rekrutiert die Armee<br />

überdurchschnittlich viele schwarze junge<br />

Männer und reißt sie in den Tod. Väter, Söhne,<br />

Brüder gehen verloren. Die Heimkehrer sind<br />

häufig traumatisiert. Drogen schwemmen in die<br />

schwarzen Wohnviertel, der Krieg mit und gegen<br />

Drogen beginnt. Zahllose Ehemänner, Väter,<br />

Brüder, Großväter verschwinden hinter Gittern.<br />

Dann steigen in den 1990er Jahren die<br />

Immobilienpreise. Die Reste der schwarzen<br />

Familien werden aus ihren angestammten<br />

Wohnvierteln verdrängt und verstreuen sich in<br />

alle Winde.<br />

"Die Gemeinschaft, die es irgendwann 1950<br />

gegeben hat, ist inexistent mittlerweile – und<br />

28


alles kann man eigentlich zurückführen auf<br />

relativ klare politische Faktoren."<br />

Einsamkeit macht auch körperlich krank<br />

Menschliche Netzwerke bieten Rollen an, in die<br />

hinein sich Identität und Zugehörigkeit<br />

entwickeln. Sie erfüllen das Grundbedürfnis, in<br />

anderen Menschen Halt, Orientierung und eine<br />

Bestätigung des eigenen Wertes zu finden. Nur<br />

in Gemeinschaft erwerben Menschen ein<br />

Verhalten, das auch die Gesellschaft insgesamt<br />

zusammenhalten kann: freundlich und<br />

großzügig zu sein, weil das mit sozialer<br />

Akzeptanz belohnt wird, und Egoismus zu<br />

meiden, weil der unsympathisch macht und<br />

isoliert.<br />

Freundliche, nahe Menschen sind eine der<br />

wichtigsten Ressourcen der Stressbewältigung<br />

im Leben – das hält auch den Körper gesund.<br />

2010 wertete die amerikanische Psychologin<br />

Julianne Holt-Lunstad die Daten von mehr als<br />

300.000 Amerikanern aus. Ihr Ergebnis: Sozial<br />

isoliert zu sein senkt die Lebenserwartung. Es ist<br />

so schädlich wie Alkoholismus oder 15<br />

Zigaretten täglich und sogar doppelt so<br />

schädlich wie Fettleibigkeit. Dauerhaft Einsame<br />

leiden häufiger unter Erschöpfung,<br />

Entzündungen,<br />

Kopfschmerzen,<br />

Kreislaufstörungen oder hohem Blutdruck.<br />

(Sonia Lippke:) "Es gibt Annahmen über die<br />

Wirkmechanismen, die sind nicht bis ins letzte<br />

Detail mittlerweile wissenschaftlich geklärt, aber<br />

es wird eben angenommen, dass die Einsamkeit<br />

auf Cortisol, also auf Hormone wirkt, aber eben<br />

auch auf Gesundheitsverhalten oder<br />

Risikoverhaltensweisen und direkt auch über<br />

Schlaf; auf die kardiovaskuläre Aktivierung, also<br />

das heißt, der ganze Körper reagiert."<br />

Sozialer Wohnungsbau - Kindheit in Betonsiedlung<br />

Krank durch Einsamkeit – das ist ein subtiler<br />

Verschleißprozess, sagt Einsamkeitsforscher<br />

John Cacioppo in seinem Buch. Es fehlen<br />

körperliche Berührungen, Trost und Beruhigung.<br />

Die Selbstfürsorge lässt nach. Wenn man ganz<br />

allein ist, achtet niemand darauf, dass man<br />

täglich gesund kocht, sich an der frischen Luft<br />

bewegt, weniger raucht und trinkt, Medikamente<br />

nimmt und zum Arzt geht. Im Notfall ruft niemand<br />

Hilfe. Einsame brauchen dreimal länger, um<br />

einzuschlafen, und selbst wenn sie gleich viel<br />

schlafen, fühlen sie sich anschließend weniger<br />

erholt.<br />

Um ihrem Schmerz Linderung zu verschaffen,<br />

verfolgen Einsame viele Strategien. Nicht alle<br />

sind hilfreich. "Fernseher an" ist die häufigste<br />

Notlösung, es folgen Musikhören, Lesen,<br />

Kochen, allein Spazierengehen. Doch so findet<br />

man keine neuen Freunde. Selbst Menschen,<br />

die sich wegen Stress im Beruf sozial isoliert<br />

fühlen, stürzen sich in noch mehr Arbeit, um den<br />

Schmerz zu betäuben. Psychologen sagen:<br />

"Einsamkeit ist eine Gefängniszelle, die sich nur<br />

von innen öffnen lässt."<br />

Anti-Einsamkeitsprogramm: "EASE"<br />

Die Immigrantin Mini Kapur hat eine Galerie<br />

eröffnet. Sie heißt "Under the Mango Tree" und<br />

fördert junge Künstler – ein Hauch des<br />

Lebensgefühls und der Gemeinschaftlichkeit<br />

Indiens mitten in Berlin.<br />

"Wenn ich offen gewesen wäre, hätte ich nicht<br />

so viel leiden müssen. Einsamkeit für mich, wie<br />

ich es sehe, ist eine Frage des Wählens: froh zu<br />

sein oder traurig zu sein. Zu entscheiden!<br />

Entscheidend war wirklich der Moment, wo ich<br />

Berlin zu meiner Heimat innerlich gemacht habe.<br />

Das war der Moment, wo ich entschieden habe:<br />

no more! Wenn du offen bist, nach draußen zu<br />

gehen und mit Menschen zu reden und neu<br />

anzufangen, diese Freude zu haben – du kannst<br />

auch gewinnen, weißt du."<br />

Basierend auf seiner Forschung hat John<br />

Cacioppo das Anti-Einsamkeitsprogramm<br />

"EASE" entwickelt – zu deutsch "Erleichterung".<br />

Das "E" steht für "extent" – den eigenen<br />

Aktionsradius erweitern, ein Ehrenamt ist dafür<br />

ideal. Das "A" steht für "action" – nur eigene<br />

Aktivitäten führen aus der Einsamkeit.<br />

Wichtig: selbst ein guter Freund sein<br />

Das "S" im EASE-Programm steht für<br />

"selective". Einsame sollten sich genau<br />

überlegen, mit welchen Menschen sie Umgang<br />

haben möchten – und sich dann hartnäckig<br />

darum bemühen. Das letzte "E" bedeutet<br />

"erwarte das Beste" – ein Appell, Misstrauen und<br />

alte Feindschaften fallen zu lassen. Der<br />

Fernsehredakteur Klaus Purkart legt heute viel<br />

Wert darauf, selbst ein guter Freund zu sein.<br />

29


"Ich hab sehr lange gebraucht, um überhaupt da<br />

hinzukommen, wo ich mir denke: 'Ich kenne<br />

dieses Gefühl. Ich hab diese Angst vor dem<br />

Alleinsein aus frühester Kindheit.' Ich arbeite<br />

jetzt im Erwachsenenleben dagegen; ich habe<br />

einen<br />

großen<br />

und etwas für sich und andere zu tun. Darum<br />

müsse die Politik mehr Geld zum Beispiel in<br />

Nachbarschaftsarbeit stecken. Janosch Schobin<br />

hat noch grundsätzlichere Forderungen:<br />

"Unsere Arbeitsmarktpolitik ist im Moment so<br />

Freundeskreis und mach sehr viel und bring<br />

mich ein, soziales Engagement zu leben und<br />

auch von anderen geliebt zu werden."<br />

Hedy Gerstung arbeitet heute als Therapeutin.<br />

Ihre schmerzvolle Kinderzeit im Heim hat sie in<br />

die Fähigkeit verwandelt, andere Menschen zu<br />

begleiten.<br />

"Ich hab zehn Jahre Therapie gemacht und das<br />

war eine Bemutterung. Das war wirklich durch<br />

die ganze Scheiße durchwaten, mit viel<br />

Vertrauen. Ich glaube, wenn Menschen alleine<br />

sind und das Gefühl haben, sie sind einsam, ist<br />

die Frage, was sie brauchen. Was ist das<br />

Thema? Woran liegt es, dass ich nicht in<br />

Kontakte gehen kann? Und grundsätzlich bin ich<br />

immer dafür: Holt euch die Unterstützung von<br />

professionellen Personen, wenn das Gefühl der<br />

Einsamkeit zu groß wird – bis dahin zu sagen,<br />

'ich muss aus dem Leben scheiden, denn ich<br />

geh hier unter, ich geh hier ein'."<br />

Sozialpolitik muss die Bindungen der Menschen<br />

berücksichtigen<br />

Einsamkeitsforscher mahnen dringend ein<br />

politisches Umdenken an. Menschen brauchen<br />

Gelegenheiten, miteinander in Kontakt zu treten<br />

gestrickt, dass sie von Leuten im Prinzip<br />

erwartet, dass sie für einen Job egal wo in<br />

Deutschland umziehen. Ob das klug ist, wage<br />

ich zu bezweifeln. Insgesamt würde ich die<br />

Forderung aufstellen, dass man unsere<br />

Sozialpolitiken immer auch auf die Frage 'Wie<br />

wirkt sich das eigentlich die sozialen Bindungen<br />

der Bürger aus?' mit befragen sollte."<br />

Die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft dürfen<br />

nicht vergessen werden, unterstreicht der<br />

Kinderpsychologe Veit Rößner. Mehr Geld<br />

und kinderpsychologisches Know-how müssen<br />

in die Lehrerausbildung fließen – und keinesfalls<br />

darf es unmodern werden, sich für andere<br />

einzusetzen.<br />

"Gerade Kinder, die eben still sind, die am Rand<br />

stehen, die bräuchten viel häufiger jemanden,<br />

egal ob Nachbar oder Elternteil eines<br />

Klassenkameraden, dass da mal jemand sagt:<br />

Oh, das fällt mir auf, da engagiere ich mich, da<br />

gehe ich auch das Risiko ein, vielleicht Ärger zu<br />

bekommen – aber ich kann doch nicht einfach<br />

zugucken, wie jemand am Rand steht und immer<br />

trauriger wird."<br />

30


liebt euch. Er will euch eure Schuld<br />

vergeben und dafür hat er<br />

seinen Sohn Jesus<br />

auf die Erde<br />

gesandt. Jesus<br />

ist für euch<br />

gestorben,<br />

damit ihr<br />

wieder dem<br />

lebendigen<br />

Gott dienen<br />

könnt. Für ihn<br />

allein sollt ihr<br />

leben, er soll euch<br />

das Wichtigste sein.“<br />

Heilung eines Gelähmten in Lystra<br />

Bibeltext: Apg 14,8-20<br />

Lehre: Es gibt nur einen Gott.<br />

Bibelvers: Mt 4,10b (Elb): Du sollst den Herrn,<br />

deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.<br />

Bibelvers: Psalm 86,10 (Einh): Denn du bist<br />

groß und tust Wunder; du allein bist Gott.<br />

Was kennt ihr für Götter? Menschen glauben an<br />

so viel Verschiedenes. Aber die Bibel sagt uns,<br />

dass es nur einen wahren Gott gibt. (5. Mose<br />

6,4): „Höre Israel: Der HERR ist unser Gott, der<br />

HERR allein!“ (Ps 86,10) „Denn groß bist du und<br />

tust Wunder, du bist Gott, du allein.“<br />

Aber trotzdem beten viele Menschen andere<br />

Götter an. Heute sind das nicht so sehr Zeus<br />

oder Hermes oder Poseidon oder wie sie heißen,<br />

heute sind es Musik, Sport, Freunde oder<br />

einfach das eigene Interesse, dass einem<br />

wichtiger ist als Gott. Wir sollen Gott allein<br />

dienen, das heißt, Gott muss an erster Stelle in<br />

unserem Leben stehen.<br />

Die Griechen damals hatten viele Götter. Für<br />

alles Mögliche hatten sie sich einen Gott<br />

gemacht. Aber diese Götter konnten nicht<br />

helfen, weil sie nicht echt waren, sie lebten nicht.<br />

Aber den einzigen Gott, der wirklich helfen kann,<br />

den kannten sie nicht.<br />

Paulus kannte diesen Gott und er wollte, dass<br />

alle anderen Menschen ihn auch kennen lernen.<br />

Deshalb zog er von Stadt zu Stadt, um den<br />

Menschen von Gott zu erzählen. „Es gibt einen<br />

lebendigen Gott. Der, der Himmel und Erde und<br />

alles was darin ist, gemacht hat. Und dieser Gott<br />

Immer wieder hörten Menschen die Botschaft<br />

und erkannten, dass ihre vielen Götzen ihnen<br />

nicht helfen konnten und dass es nur einen<br />

lebendigen Gott gibt. Und deshalb wollten sie<br />

diesen Gott kennen lernen und für ihn leben.<br />

Paulus war mit seinem Freund Barnabas<br />

unterwegs. Zusammen kamen sie nach Lystra.<br />

Viele Menschen hörten ihnen zu. Als Paulus<br />

predigte, fiel ihm ein Mann auf. Er saß dort auf<br />

der Seite, schon die ganze Zeit. Und er bettelte,<br />

denn er konnte nicht arbeiten. Der Mann war<br />

gelähmt. Schon als Kind konnte er nicht laufen.<br />

Nie hatte er das Laufen gelernt, nie seine Beine<br />

gebrauchen können. Als Kind konnte er nicht<br />

rennen oder hüpfen. Stellt euch das vor, wenn<br />

ihr euch nicht selbst bewegen könntet. Immer<br />

müssten andere euch irgendwo hin tragen. Ihr<br />

könntet nicht mitspielen. Und zu der Zeit gab es<br />

für diesen Mann auch keine Möglichkeit,<br />

arbeiten zu gehen. Es gab auch keine Rollstühle.<br />

Jeden Tag brachten Freunde ihn an einen Ort,<br />

wo viele Menschen vorbei kamen, die ihm etwas<br />

Geld gaben. Mit dem Geld konnte er sich<br />

wenigstens etwas zu essen kaufen.<br />

Jetzt hörte er zu, was Paulus erzählte. „Es gibt<br />

nur einen Gott, er allein kann euch helfen und<br />

ihm allein sollt ihr dienen.“ – Und was war mit<br />

den vielen anderen Göttern? fragte er sich. Die<br />

ganzen Menschen glaubten doch an sie,<br />

deshalb mussten sie doch echt sein. Aber was<br />

hatte Paulus gesagt: „Es gibt nur einen Gott, der<br />

hat Himmel und Erde gemacht. Nur er ist wirklich<br />

lebendig.“ – Es gab so viele Geschichten über<br />

die vielen Götter, aber der Lahme hatte noch nie<br />

erlebt, dass diese Götter wirklich helfen konnten.<br />

Das, was Paulus erzählte, das hörte sich ganz<br />

anderes an. Wenn dieser Gott die Macht hatte,<br />

31


seinen Sohn Jesus wieder lebendig zu machen,<br />

dann musste er echt sein.<br />

Dem Lahmen wurde ganz klar: Das, was Paulus<br />

erzählt, das stimmt. Es gibt nur diesen einen<br />

Gott, den, der Himmel und Erde gemacht hat.<br />

Dieser Gott hat seinen Sohn am Kreuz sterben<br />

lassen, damit die Menschen Vergebung der<br />

Sünden haben können. Zu diesem Gott wollte<br />

der Lahme auch gehören und ihm dienen. Und<br />

er glaubte noch etwas. Er vertraute darauf, dass<br />

dieser Gott ihm wirklich auch helfen konnte. Er<br />

war ja krank, keiner seiner Götter, oder besser<br />

Götzen, hatte ihn gesund machen können, sie<br />

lebten ja gar nicht wirklich. Aber der lebendige<br />

Gott, der konnte es.<br />

Paulus hatte diesen Mann beobachtet. Und in<br />

seinem Gesicht konnte er ein wenig von seinen<br />

Gedanken erkennen. Er wusste, dass der<br />

Lahme auf Gott vertraute. Und darauf, dass Gott<br />

ihn gesund machen könnte. Deshalb ging<br />

Paulus zu ihm hin: „Steh auf und stell dich auf<br />

deine Füße!“ sagte er. Viele hätten jetzt vielleicht<br />

gesagt: „Das ist ja gerade mein Problem, ich<br />

kann nicht.“ Aber dieser Lahme nicht. Er glaubte,<br />

dass Gott der wahre und lebendige Gott ist und<br />

helfen kann. Deshalb sprang er auf. Er stand<br />

nicht vorsichtig auf, er sprang auf. Und er lief<br />

umher. Es ging. Ein Wunder war geschehen.<br />

Gott hatte ein Wunder getan und diesen Mann,<br />

der lahm war und nie laufen konnte, gesund<br />

gemacht. Der Mann war froh. Er wusste, dass<br />

nicht Paulus ihn geheilt hatte, sondern Gott<br />

selbst.<br />

Aber viele der anderen kannten den einzigen<br />

Gott nicht. Sie wussten nicht, dass es nur einen<br />

wahren Gott gibt. Jetzt sahen sie auf einmal das<br />

Wunder. Diese beiden Männer, der Paulus und<br />

der Barnabas, müssen Götter sein.“ sagten sie.<br />

„Die Götter sind Menschen geworden und zu uns<br />

herabgekommen. Die beiden hier sind Zeus und<br />

Hermes.“ riefen sie. Die Priester aus dem<br />

Tempel kamen schnell herbei und brachten<br />

Stiere und Blumenkränze mit. Sie wollten Paulus<br />

und Barnabas ein Opfer bringen.<br />

Was meint ihr, was Paulus und Barnabas getan<br />

haben? Haben sie sich anbeten lassen? Nein,<br />

sie wussten, es gibt nur einen wahren Gott und<br />

nur diesen einen Gott darf man anbeten. Als sie<br />

erkannten, was geschah, sprangen sie sofort<br />

auf. „Was tut ihr hier? Auch wir sind nur<br />

Menschen, so wie ihr.“ riefen sie. „Wir sind doch<br />

extra zu euch gekommen um euch zu erklären,<br />

dass es nur einen wahren Gott gibt und ihr nur<br />

ihn anbeten und dienen sollt.“<br />

Es war schwer, die Volksmenge davon<br />

abzubringen. Aber schließlich beruhigten sie<br />

sich. Paulus und Barnabas wollten Gott ehren<br />

und nicht sich selbst. Kein Mensch darf<br />

angebetet werden, diese Ehre gehört allein Gott.<br />

Was betest du an? Oder wem? Oder was ist dir<br />

das Wichtigste im Leben? Vielleicht dein<br />

Computer, oder Sport, oder Freunde. Wenn dir<br />

irgendwas wichtiger ist als Gott, dann ist es ein<br />

Götze für dich. Gott allein sollen wir dienen. Er<br />

will dass wir ihn von ganzen Herzen lieben.<br />

Wenn es etwas gibt, was dir wichtiger ist, dann<br />

musst du neu anfangen. Dann fang heute ein<br />

neues Leben an, in dem Gott im Mittelpunkt<br />

steht.<br />

Endlich hatte sich das Volk beruhigt. Aber schon<br />

kurze Zeit später gab es eine neue Aufregung.<br />

Einigen Menschen gefiel es nicht, dass Paulus<br />

und Barnabas erzählten, dass es nur einen Gott<br />

gibt. Und diese Menschen hatten viel Einfluss im<br />

Volk. Sie redeten schlecht über Paulus und<br />

überredeten die Menschen sogar dazu, sich<br />

gegen Paulus zu stellen. Als einige dieser Leute<br />

zusammenstanden, sahen sie Paulus, der ihnen<br />

entgegenkam. Sie wurden wütend und bald<br />

hatten sie Steine in der Hand. Ehe Paulus<br />

erkannte, was los war, traf ihn schon ein Stein<br />

am Kopf. Immer mehr Steine flogen in seine<br />

Richtung. Paulus bekam nichts mehr davon mit,<br />

weil er ohnmächtig wurde. Seine Gegner<br />

meinten, er ist tot. Sie zogen ihn nach draußen<br />

vor die Stadt und ließen ihn dort liegen.<br />

Paulus Freunde liefen schnell zu ihm. War<br />

Paulus wirklich tot? Wie konnte das nur<br />

passieren? Aber als sie Paulus umringten,<br />

bewegte er sich plötzlich. Paulus war nicht tot<br />

gewesen. Er war verletzt und bewusstlos<br />

geworden, aber Gott hatte ihn bewahrt.<br />

Vorsichtig stand Paulus auf. Er hatte<br />

Schmerzen, aber er lebte. Er wusste, der<br />

lebendige Gott war stärker als die Götzen der<br />

Menschen hier, denn diese Götzen waren tot.<br />

Gott hatte ihn vor dem Tod gerettet. Er stand auf<br />

und ging wieder in die Stadt hinein.<br />

Am nächsten Tag zog er weiter in eine andere<br />

Stadt, um den Menschen dort zu erklären, dass<br />

es nur einen lebendigen Gott gibt und dass sie<br />

ihm allein dienen sollten.<br />

32


Termine <strong>Juni</strong><br />

Datum * Uhrzeit Gottesdienst * Veranstaltung Anlass * Thema Prediger<br />

03.06. 10:00 Gottesdienst, Kindergottesdienst<br />

und Kirchencafé<br />

Entdeckungen im<br />

Römerbrief<br />

Rüdiger<br />

Puchta<br />

04.06. 20:00 Aufwind Anbetungsund<br />

Gebetsabend<br />

05.06. 18:00 ASE - Diakoniearbeit<br />

06.06. 19:00 Bibelgespräch 1./2. Buch Samuel<br />

09.06. 17:30 Teen- und Jugendtreffen<br />

10.06. 10:00 Gottesdienst, Kindergottesdienst<br />

und Kirchencafé<br />

12.06. 18:00 ASE - Diakoniearbeit<br />

13.06. 19:00 Mitarbeiterabend:<br />

Gemeindejubiläum<br />

14.06.<br />

bis<br />

16.06.<br />

Europäische Theologische<br />

Woche des FBGG<br />

in Neustadt<br />

17.06. 10:00 Gottesdienst, Kindergottesdienst<br />

und Kirchencafé<br />

19.06.. 18:00 ASE - Diakoniearbeit<br />

20.06. 19:00 Jüngerschaftskurs (4)<br />

23.06. Mitgliederversammlung<br />

des GiFBGG<br />

24.06. 10:00 Abendmahl - Gottesdienst,<br />

Kindergottesdienst und Kirchencafé<br />

Entdeckungen im<br />

Römerbrief<br />

Mit der Kindersegnung<br />

von Leonie Roth<br />

Entdeckungen im<br />

Römerbrief<br />

26.06 18:00 ASE - Diakoniearbeit<br />

27.06. 15:30 Hauskreis 60plus<br />

27.06. 19:00 Bibelgespräch 1./2. Buch Samuel<br />

29.06.<br />

bis<br />

01.07.<br />

Monschau Männer Camp<br />

Weitere Infos: Siehe Anmelde- und<br />

Infoflyer im Gemeindehaus!<br />

01.07. 10:00 Gottesdienst, Kindergottesdienst<br />

und Kirchencafé<br />

Entdeckungen im<br />

Römerbrief<br />

Heinz<br />

Hepp<br />

Rüdiger<br />

Puchta<br />

Rüdiger<br />

Puchta<br />

Weitere Hauskreisangebote finden nach Verabredung mit den Hauskreisteilnehmern statt!<br />

Heinz<br />

Hepp<br />

33


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