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<strong>Juni</strong> 2018
EDITORIAL<br />
SIE VERHARRTEN ABER IN DER<br />
LEHRE DER APOSTEL UND IN<br />
DER GEMEINSCHAFT, IM<br />
BRECHEN DES BROTES UND IN<br />
DEN GEBETEN.<br />
APG. 2,42<br />
Das Titelbild zeigt eine Formation von Fallschirmspringern. Wieviel Erfahrung<br />
und Training einen solchen Sprung möglich macht, kann man nur erahnen.<br />
Etwas ausserhalb von Winsen (Aller), ganz in der Nähe unseres Wohnorts in<br />
Norddeutschland, befindet sich ein Fallschirmsprungzentrum. Wenn wir dort<br />
vorbeifuhren haben wir oft Fallschirmspringer gesehen, die aus bis zu 4000 m<br />
Höhe abgesprungen sind. Mut, Erfahrung, Training und eine Lizenz sind die<br />
Voraussetzungen.<br />
Muss man Gemeinschaft üben, lernen und darin Erfahrungen sammeln? Ich<br />
denke schon.<br />
Gemeinschaft mit Gott will gelernt sein. Auf sein Reden hören, in die Stille<br />
gehen, die Umwelt ausschalten sind Dinge, die man trainieren muss. Wir sind<br />
das Laute sosehr gewohnt, dass die Stille und Ruhe schon manchmal<br />
schmerzt. Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Lesen wir in Psalm 62:2.<br />
Ein ähnliches Praktikum braucht man sicher für das Leben miteinander.<br />
Gemeinschaft fängt in der Familie an, geht weiter über Verwandtschaft und<br />
Freundeskreis.<br />
Die Familie Gottes, die Gemeinde, ist der Ort, wo Menschen nicht nur<br />
zueinander finden, sondern auch einen gemeinsamen Weg gehen.<br />
Gemeinsame Wege, einem gemeinsamen Hirten, dem wir nachfolgen,<br />
machen uns zu Nachfolgern. Nachfolgen ist gelebte Gemeinschaft.<br />
In dieser InKontakt Ausgabe werden wir das Thema „Gelebte<br />
Gemeinschaft“ behandeln und wünschen viel Segen beim Lesen.<br />
Einen gesegneten <strong>Juni</strong>, Gottes Nähe und seinen reichen Segen.<br />
GOTT IST TREU, DURCH DEN IHR<br />
BERUFEN WORDEN SEID IN<br />
DIE GEMEINSCHAFT SEINES<br />
SOHNES JESUS CHRISTUS,<br />
UNSERES HERRN.<br />
1. KOR. 1,9<br />
DER KELCH DES SEGENS, DEN<br />
WIR SEGNEN, IST ER NICHT DIE<br />
GEMEINSCHAFT DES BLUTES<br />
DES CHRISTUS? DAS BROT, DAS<br />
WIR BRECHEN, IST ES NICHT DIE<br />
GEMEINSCHAFT DES LEIBES DES<br />
CHRISTUS?<br />
1. KOR. 10,16<br />
WENN ES NUN IRGENDEINE<br />
ERMUNTERUNG IN CHRISTUS<br />
GIBT, WENN IRGENDEINEN<br />
TROST DER LIEBE, WENN<br />
IRGENDEINE GEMEINSCHAFT DE<br />
S GEISTES, WENN IRGENDEIN<br />
HERZLICHES MITLEID UND<br />
ERBARMEN,….<br />
PHIL. 2,1<br />
WENN WIR ABER IM LICHT<br />
WANDELN, WIE ER IM LICHT IST,<br />
HABEN WIR GEMEINSCHAFT<br />
MITEINANDER, UND DAS BLUT<br />
JESU, SEINES SOHNES, REINIGT<br />
UNS VON JEDER SÜNDE.<br />
1. JOH.1,7<br />
2
IMPRESSUM<br />
EFGG Erkelenz,<br />
Am Schneller 8-10,<br />
41812 Erkelenz<br />
EFGG Erkelenz ist vereinsrechtlich<br />
organisiert im<br />
GiFBGG<br />
(Gemeinden im Freikirchlichen Bund der<br />
Gemeinde Gottes e.V.).<br />
Der GiFGG gehört zum FBGG<br />
(Freikirchlicher Bund der Gemeinde Gottes<br />
e.V.) als Dachverband.<br />
Beide Vereine sind als gemeinnützig<br />
anerkannt –<br />
Redaktion und Layout:<br />
Heinz Hepp<br />
inkontakt(@)efgg-erkelenz.de<br />
Bildnachweis: freie Bilder Pixabay<br />
Alle Artikel von externen Quellen sind<br />
entsprechend. gekennzeichnet<br />
INHALT<br />
Autor<br />
Seite<br />
„BEI DER EVANGELISATION<br />
GEHT ES UM TOD UND LEBEN!“<br />
ULRICH PARZANY<br />
(MAI 2012)<br />
Kurz notiert 13<br />
EDITORIAL HEINZ HEPP 2<br />
INHALT / IMPRESSUM 3<br />
JESUS UND SEIN JÜNGER-TEAM RÜDIGER PUCHTA 4<br />
KANN CHRIST-SEIN AUCH OHNE<br />
GEMEINDE FUNKTIONIEREN?<br />
EVANGELISCHER-<br />
GLAUBE.DE<br />
7<br />
WAS MACHT EINE GEMEINDE EK-<br />
15<br />
AUS?<br />
WOLLMATINGEN.DE<br />
GEMEINDE – UNSERE FAMILIE MATTHIAS RUPP 19<br />
WENN DAS SOZIALE NETZ REIßT VON SUSANNE BILLIG 24<br />
UND PETRA GEIST<br />
„POWER KIDS“ 31<br />
TERMINE JUNI 33<br />
10<br />
Anschrift:<br />
Am Schneller 8-10,<br />
41812 Erkelenz<br />
Internet:<br />
www.efgg-erkelenz.de<br />
Gemeindepastor:<br />
Rüdiger Puchta,<br />
Am Schneller 10<br />
Telefon: 02431 / 5310<br />
Email: Pastor(@)efgg-erkelenz.de<br />
Seelsorger / Ältester: Heinz Hepp Telefon:<br />
02433 / 3079264<br />
Email: seelsorger(@)efgg-erkelenz.de<br />
Bankverbindung:<br />
Gemeinden im Freikirchlichen Bund der<br />
Gemeinde Gottes e.V. Hamburger<br />
Volksbank<br />
IBAN: DE30 2019 0003 0000 1910 35 BIC:<br />
GENODEF1HH2<br />
3
JESUS<br />
UND<br />
SEIN<br />
JÜNGER-TEAM<br />
UND DIE FRAGE: WIE FORMT<br />
DER HERR SICH EINE<br />
GEMEINSCHAFT, DIE SICH<br />
VON IHM PRÄGEN LÄSST<br />
UND KÜNFTIG ANDERE<br />
PRÄGEN WIRD?<br />
Es sind nur noch wenige Tage bis zum Beginn der<br />
Fußballweltmeisterschaft. Jetzt kommt es darauf an,<br />
dass der Bundestrainer seine Berufenen zu einem<br />
schlagfertigen Team formt. Die Mischung wird es<br />
ausmachen: Die fußballtechnische Individualität und<br />
Klasse des Einzelnen - und der vielgerühmte<br />
Teamgeist.<br />
Wie ist Jesus mit den Individualisten seines „Jünger-<br />
Teams“ umgegangen? Wie stand es um den Teamgeist<br />
unter seinen Jüngern? Wie ging man in seiner<br />
Gemeinschaft mit Versagen und Siegen um? Einige<br />
„praktische Beobachtungen“ zum Matthäusevangelium<br />
mit Anfragen an unser Mitarbeiter- und<br />
Gemeinschaftsverständnis:<br />
1. Die Anfänge: Mitten ins Leben! (Mt. 4,18 – 22)<br />
Jesus ist am See Genezareth unterwegs und sieht<br />
zwei Fischer, Simon und Andreas. Ein Alltagsberuf,<br />
der zur Grundversorgung mit Nahrung dient. Nichts,<br />
was man erst studieren muss, ein Beruf mitten im<br />
Leben. Es wird nicht darüber berichtet, wodurch die<br />
beiden Männer Jesus aufgefallen sind. Sie haben<br />
scheinbar nichts Besonderes geleistet und als<br />
religiös, fragend und suchend werden sie auch nicht<br />
beschrieben. Auch Johannes und Jakobus kommen<br />
kurze Zeit später dazu. „Donnersöhne“ (Mk. 3,17)<br />
werden sie genannt. Charaktere, die in ihrer Art heftig<br />
sind, die sagen und „herausdonnern“, was sie<br />
meinen.<br />
Jesus knüpft an ihre Alltagsrealität an und ruft sie in<br />
die Nachfolge: „Ich will euch zu Menschenfischern<br />
machen.“ Ein Bild, das zunächst nicht ganz korrekt<br />
erscheint. Leute einfangen für Jesus? Welcher Fisch<br />
hat schon die Chance zur Entscheidung, ob er sich<br />
fangen lässt oder nicht. Fisch ist ein<br />
Grundnahrungsmittel, die Arbeit des Fischers<br />
überlebensnotwendig für die Menschen. Genauso<br />
überlebensnotwendig ist die Arbeit der<br />
„Menschenfischer“, das Evangelium zu den<br />
Menschen zu bringen!<br />
Lassen wir uns auf die „Alltagsrealität“ anderer in<br />
unserer Gemeinde ein? Wie sieht diese aus?<br />
Wen haben wir im Blick, wenn wir nach neuen<br />
Mitarbeitern suchen?<br />
Haben "Donnersöhne von heute" eine Chance bei<br />
uns?<br />
2. Erste Konsequenzen: Mittendrin - und voll<br />
daneben! (Mt. 8,18 – 27)<br />
In der Zwischenzeit ist viel passiert: Jesus hat Kranke<br />
geheilt. Er hat in der Bergpredigt die<br />
„Regierungserklärung“ des Reiches Gottes abgelegt<br />
und geschildert, wie Gott sich diese Welt vorstellt. Er<br />
hat eine große Popularität erreicht und steht, wo er<br />
auch hinkommt, schnell im Mittelpunkt. Und die<br />
Jünger? Welche Aufgabe haben sie eigentlich bei<br />
dem Ganzen? Keine Aussage, nicht ein einziges Mal<br />
werden sie erwähnt. Selbst als Jesus die<br />
Schwiegermutter des Simon Petrus heilt, kommt<br />
dieser nicht direkt vor. Mitarbeitersein in der<br />
Wirkungszeit Jesu beginnt nicht mit dem<br />
Übernehmen einer Aufgabe, sondern mit dem<br />
gemeinsamen Erleben!<br />
Scheinbar im Widerspruch dazu steht der Anspruch,<br />
den Jesus an seine Nachfolger hat. Mit Jesus<br />
unterwegs sein heißt nicht, dass man auf Tournee<br />
geht, immer Beifall bekommt und irgendwann wieder<br />
nach Hause geht. Vielmehr wird das „Unterwegssein<br />
mit ihm zum Zuhause“: Keine Grube, kein Bau, kein<br />
Nest - nichts, was beständig bleibt. Ein radikaler<br />
Anspruch! Wie in der Bergpredigt wird deutlich, dass<br />
Anspruch und Wirklichkeit der Nachfolge immer<br />
wieder an Grenzen stoßen.<br />
Dann die gemeinsame Erfahrung der Sturmstillung.<br />
Die Jünger hatten so viel mit Jesus erlebt und hätten<br />
doch ahnen können, dass Jesus auch die<br />
Naturgewalten im Griff hat. Und Jesus? Er bedrohte<br />
nicht seine Jünger, sondern den Wind und das Meer.<br />
In seiner Anrede „ihr Kleingläubigen“ macht er zwar<br />
klar, dass die Jünger auch von selbst den Schluss<br />
hätten ziehen können, dass der Sturm nichts<br />
Lebensbedrohliches hat, aber er setzt diesen Schluss<br />
4
nicht als zwangsläufig voraus. Jede Erfahrung, auch<br />
jede Glaubenserfahrung mit Jesus, macht man<br />
irgendwann zum ersten Mal. Hier ist Geduld gefragt.<br />
Mit uns selbst, aber auch mit anderen in der<br />
Gemeinschaft der Jünger. Durch den Dialog<br />
zwischen Jesus und seinen Jüngern wird aus dem<br />
gemeinsamen Erlebnis der Bedrohung die<br />
gemeinsame Erfahrung der Bewahrung!<br />
Nehmen wir die Lebensstürme unserer<br />
Gemeindegeschwister wahr?<br />
Wie reagieren wir? Wo können wir ansetzen,<br />
schwierige Erlebnisse zu reflektieren<br />
und so gemeinsam Erfahrungen daraus zu<br />
gewinnen?<br />
3. Das Team wächst weiter! (Mt. 9,9 – 13)<br />
Eine Ausbildung ist in der Regel so konzipiert, dass<br />
Lerninhalte schrittweise durchlaufen werden und<br />
alles aufeinander abgestimmt ist. Nun könnte man<br />
meinen, dass das Jünger-Team durch die<br />
zahlreichen Trainingseinheiten ein gewisses Level<br />
erreicht hat und nicht mehr so ohne weiteres für<br />
Außenstehende zugänglich ist. Doch bei Jesus ist<br />
das anders! Auch an den Zöllner Matthäus ergeht der<br />
Ruf: „Folge mir nach!“ Damals ein Skandal. Nicht nur,<br />
dass Matthäus ein religiöser „Underdog“ ist, der als<br />
unrein gilt, weil er ständig Umgang mit Nichtjuden hat<br />
und Menschen betrügt. Nein, er hat sich als Zöllner<br />
mit der Besatzungsmacht arrangiert. Jesus<br />
widerspricht mit der Berufung des Matthäus diesem<br />
jüdischen Denken.<br />
Durch die Tischgemeinschaft mit dem<br />
„Ausgeschlossenen“ verdeutlicht Jesus, dass in<br />
seinem Kommen und Wirken eine neue Zeit<br />
angebrochen ist: Der Umgang mit Sündern ist nicht<br />
mehr unrein, sondern bewirkt neues Leben.<br />
Nachfolge ist nichts Statisches, bei der man<br />
nacheinander verschiedene Ebenen durchläuft.<br />
Vielmehr ist in Jesu Team jeder zu jeder Zeit<br />
willkommen, der seine Nähe sucht!<br />
Wie offen ist unsere Gemeinde und Gemeinschaft<br />
für neue Menschen?<br />
Erleben wir neue Menschen in der Gemeinde als<br />
„Bedrohung des Vorhandenen“<br />
- oder können wir sie als „Bereicherung unserer<br />
Gemeinschaft“ erkennen und annehmen?<br />
4. Der erste Einsatz! (Mt. 10,1 – 42)<br />
Nach der Bekanntgabe der Mannschaftsaufstellung<br />
(V. 1 - 4) bereitet Jesus sein Team auf den großen<br />
Einsatz vor. Es wird deutlich, dass Jünger-Sein auch<br />
„Unterwegssein“ bedeutet. Losgehen sollen sie, zu<br />
den Menschen. „Geh-Struktur“ statt „Komm-Struktur“.<br />
Die Botschaft ist die ihres Herrn und Meisters: „Das<br />
Himmelreich ist nahe herbeigekommen.“ (V. 7)<br />
„Nahe“ ist hier nicht nur ein zeitlicher Begriff, sondern<br />
auch ein räumlicher Begriff: Beispielhaft heilen auch<br />
die Jünger Kranke oder wecken Tote auf. Nicht als<br />
Zaubertrick oder Sensation, sondern als Beispiel des<br />
in Jesus bereits angebrochenen Reiches Gottes, das<br />
nun in Gestalt der Jünger auch mitten in der Welt ist.<br />
Im Anschluss an die Aussendung der Jünger folgt<br />
eine gewaltige Sammlung von „Negativ-<br />
Verheißungen“: z.B. „Unter die Wölfe geschickt“ – das<br />
heißt doch: Hallo Welt, hier kommt euer Frühstück!<br />
Jünger werden sich vor der Staatsmacht zu<br />
verantworten haben. Jünger werden um Jesu willen<br />
gehasst werden oder müssen fliehen. Der Gipfel<br />
schließlich in V. 39: „Wer sein Leben findet, der wird’s<br />
verlieren und wer sein Leben verliert um meinetwillen,<br />
der wird’s finden.“ Heftig, aber nicht unrealistisch.<br />
Über alledem aber der absolute Rückhalt in Jesus: Er<br />
steht zu seinem Team! „Wer euch aufnimmt, der<br />
nimmt mich auf.“ (V. 40) Bei allem, was da kommen<br />
mag: Jesus ist dabei und verlässt seine Jünger nicht!<br />
Wo machen wir uns noch auf den Weg? Schaffen<br />
wir es,<br />
von unserer „Komm-Struktur“ immer wieder zur<br />
„Geh-Struktur“ zu finden?<br />
Wie vermitteln wir, dass Selbstfindung und<br />
Selbstverwirklichung nicht alles im Leben sind? (V.<br />
39)<br />
5. Fünf Kapitel „pure“ Mitarbeiterbildung (Mt. 12 –<br />
16)<br />
Nach dem ersten Einsatz geht es nun an die<br />
theologischen Feinheiten. In zahlreichen<br />
Auseinandersetzungen mit Pharisäern, Sadduzäern<br />
und dem jüdischen Volk, trainiert Jesus seine Jünger.<br />
Wenn man nach der Methode fragt, mit der Jesus<br />
Mitarbeiterbildung betreibt, so wird schnell deutlich,<br />
dass Jesus immer wieder Geschehnisse mit seinen<br />
Jüngern reflektiert und sie so daraus lernen können.<br />
So lernen sie den Sabbat recht einzuordnen (Mt. 12)<br />
und lernen in vielen Gleichnissen etwas über das<br />
Wesen des Reiches Gottes (Mt. 13). Sie erleben<br />
Wunder und Heilungen (Mt. 14 - 16) – und immer<br />
wieder die Auseinandersetzungen mit den Pharisäern<br />
und Sadduzäern und die deutliche Abgrenzung Jesu<br />
zu beiden. Petrus steht in diesen Kapiteln zweimal im<br />
Mittelpunkt. In Mt. 14,22 - 33 wird uns die Geschichte<br />
„vom auf dem Wasser wandelnden Petrus“ berichtet,<br />
der erst dann im Sturm versinkt, als sich sein Blick<br />
von Jesus weg auf die „offensichtlichen“ Probleme<br />
richtet. In Mt. 16,13 - 20 ist es wieder Petrus, der sich<br />
von den anderen Jüngern abhebt, als er auf Jesu<br />
Frage „Wer bin ich?“ antworten kann „Du bist<br />
Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“ Daraufhin<br />
macht Jesus deutlich, dass der Fischer Simon immer<br />
mehr zum „Gemeinde-Stein Petrus“ (griechisch: Fels)<br />
werden wird.<br />
5
Wie viel Zeit nehmen wir uns für das gemeinsame<br />
Reflektieren des Gewesenen?<br />
Wo wagen wir so zu glauben, wie der „auf dem<br />
Wasser wandelnde Petrus“?<br />
Welche ehrliche Antwort geben wir<br />
Glaubensanfängern auf Jesu Frage: „Wer bin ich für<br />
euch?“<br />
6. Von Bergen... (Mt. 17,1 – 11)<br />
Eine seltsame Geschichte: Ein Blick in den Himmel<br />
wird drei Jüngern Jesu ermöglicht und sie erleben die<br />
Herrlichkeit Gottes. Wie immer, wenn uns in der Bibel<br />
von direkten Begegnungen Gottes mit den Menschen<br />
berichtet wird, ist es zugleich faszinierend und<br />
angstmachend. Die Erfahrung der Heiligkeit Gottes<br />
bewirkt immer auch eine Erfahrung der eigenen<br />
Nichtigkeit. Dennoch: Ein tolles Erlebnis, etwas, das<br />
man festhalten möchte. Petrus schlägt vor, Hütten zu<br />
bauen, um dort oben auf dem Berg noch zu bleiben.<br />
Doch: In dem Moment, in dem Petrus diesen Wunsch<br />
ausspricht, ist das Ganze bereits vorbei: Mose und<br />
Elia sind verschwunden, Jesus redet wieder mit<br />
seinen Jüngern und nicht mehr mit den großen<br />
Heiligen des jüdischen Volkes. Statt religiöser<br />
Ekstase nun wieder Alltag! Bis zur Erfahrung der<br />
Auferstehung und des Pfingstwunders war dies das<br />
letzte große spirituelle Highlight der Jünger!<br />
Wo und wie lassen wir uns auf die Heiligkeit Gottes<br />
ein?<br />
Wo stehen wir in der Gefahr, an großartigen<br />
Erfahrungen im Glauben<br />
„krampfhaft festhalten zu wollen?<br />
Wie kriegen wir wieder die Kurve und steigen in das<br />
„Tal des Alltags“ zurück?<br />
7. … und Tälern (Mt. 18,1 – 5)<br />
Nun sind die Jünger bereits in 13 Kapiteln mit Jesus<br />
unterwegs, um täglich etwas über das Reich Gottes<br />
zu lernen, und haben immer noch nicht verstanden,<br />
dass der Wunsch, der Größte zu sein, schlicht und<br />
ergreifend „inkompatibel“ mit dem Reich Gottes ist.<br />
Spätestens hier wird deutlich, dass die Jünger den<br />
Berg der Verklärung verlassen haben und wieder<br />
mitten im Alltag sind. Jesu Antwort fällt deutlich aus:<br />
Er stellt ein kleines Kind als Vorbild in ihre Mitte.<br />
Vernichtender hätte die Antwort für die Jünger wohl<br />
nicht ausfallen können! Jesus braucht seine Jünger<br />
so wie sie sind - und nicht als auf Karriere schielende<br />
Christen, die sich ein Image aufbauen wollen!<br />
Wie gehen wir Leitungsprobleme in unserer<br />
Gemeinde an? Welche Motive begleiten mich<br />
in meiner Leitungsfunktion? Regt sich auch<br />
manchmal in mir die Frage nach Größe und Macht?<br />
8. Versager wie wir (Mt. 26,14 – 16; 26,31 – 35; 27,3<br />
– 5, 69 – 72)<br />
Wir springen in die Passionsgeschichte. Das<br />
Unvermeidliche nimmt seinen Lauf. Die Mächtigen<br />
unter den Juden wollen Jesus ans Leben. Zu<br />
unbequem ist seine Lehre, die Freiheit des<br />
Gottesreiches verträgt sich nicht mit ihrer<br />
Gesetzlichkeit. Und dann geschieht es: Judas, der<br />
Kassenwart der Truppe, verrät seinen Meister für 30<br />
Silberstücke. Über sein Motiv wird nichts bekannt.<br />
Ein zweiter Jünger versagt. Ausgerechnet Petrus! Er<br />
verleugnet Jesus - so wie dieser es ihm zuvor<br />
angekündigt hat. Die Ereignisse dieser Nacht haben<br />
ihn überrollt. Es ist gefährlich, in dieser Situation für<br />
Jesus Stellung zu beziehen und so geschieht die<br />
Verleugnung.<br />
Zwei Versager im Jünger-Team. Zwei? Vermutlich<br />
sind es noch mehr! Wer von den Anderen hat Jesus<br />
denn geholfen? Dennoch: Ein wichtiger Unterschied.<br />
Jesus kann Versager gebrauchen! Seine Geschichte<br />
mit Petrus war nicht zu Ende, ganz im Gegenteil.<br />
Dagegen ist die Geschichte des Judas zu Ende. Er<br />
bekommt es nicht hin, an Jesus dranzubleiben, ihn<br />
um Vergebung zu bitten.<br />
Wie vermitteln wir unseren Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern, dass unser Gott ein Gott<br />
der zweiten Chance ist? Wo geben wir ihnen bei<br />
Versagen noch eine Chance?<br />
9. Abschied und Auftrag (Mt. 8,16–20)<br />
Der Teamchef geht von Bord, bzw. von der Erde und<br />
hinterlässt seinem Team sein Vermächtnis. Sie sollen<br />
die Botschaft weitertragen, andere ins Team holen<br />
und zu Jüngern machen. Dem „Missionsbefehl“ folgt<br />
die Zusage „Ich bin bei euch alle Tage“. Wenn auch<br />
nicht körperlich, so in der Gestalt des Heiligen<br />
Geistes. Deshalb kann es weitergehen und können<br />
immer wieder Generationen neuer Menschen<br />
hinzukommen - weil der „Teamgeist“ immer noch<br />
derselbe ist.<br />
Wie ist es bestellt um unseren „Teamgeist“ in der<br />
Gemeinde?<br />
Wie stellt sich der Missionsauftrag heute dar,<br />
wenn wir auf den Weg Jesu und seiner Jünger<br />
zurückschauen?<br />
Jünger Jesu sind gemeinsam unterwegs. Damals und<br />
heute. Und immer sind Jünger der Verpflichtung<br />
unterstellt: „Seid so unter euch gesinnt, wie es der<br />
Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.“ (Phil.<br />
2,5). Wir wünschen allen einen festen Blick auf IHN –<br />
gerade auch, wenn es darum geht, Gemeinschaft in<br />
seiner Gesinnung und Entsprechung zu leben.<br />
Bleibt behütet und bleibt in IHM, Rüdiger Puchta<br />
6
KANN CHRIST-SEIN<br />
AUCH OHNE<br />
GEMEINDE<br />
FUNKTIONIEREN?<br />
„Siehe, wie fein und lieblich ist's, wenn Brüder<br />
einträchtig beieinander wohnen!“ – so sagt es<br />
der 133. Psalm. Und Dietrich Bonhoeffer, der mit<br />
diesem Psalmwort sein Buch über das<br />
„Gemeinsame Leben“ eröffnet, weist<br />
nachdrücklich darauf hin, dass es eine große<br />
Gnade ist, wenn wir als Christen in täglicher<br />
Gemeinschaft mit anderen Christen leben<br />
dürfen. Fein und lieblich ist es, wenn wir als<br />
Glaubensgeschwister einträchtig beieinander<br />
wohnen. Der Normalzustand ist es aber<br />
keineswegs! Denn eigentlich steht ein Christ als<br />
Fremdling in der Welt und muss darauf gefasst<br />
sein, ein Einzelner zu sein, so wie die Apostel<br />
am Anfang Einzelne waren in den heidnischen<br />
Ländern. Jesus selbst lebte ganz überwiegend<br />
unter Feinden – und als es drauf ankam, stand<br />
er alleine da, weil seine Jünger flohen. Wenn es<br />
aber schon Jesus so ging, können wir dann<br />
erwarten, unter Freunden zu leben? Wurden<br />
Jesu Jünger nicht ausgesandt wie Lämmer unter<br />
die Wölfe, ausgesät und ausgestreut unter<br />
Heiden und Spötter? Bis heute müssen viele<br />
Christen ihr Leben genau so verbringen – in der<br />
Vereinzelung, unter Verfolgung oder gar im<br />
Gefängnis. Sie sehnen sich nach der<br />
Gemeinschaft mit anderen Gläubigen, die<br />
mancher über Monate und Jahre hinweg nicht<br />
erleben darf. Wir hingegen, die wir täglich mit<br />
anderen Christen vertrauten Umgang haben,<br />
sollten das hoch schätzen. Denn wenn sich die<br />
Gemeinde Jesu in dieser Welt sichtbar um<br />
Gottes Wort und Sakrament versammeln darf,<br />
dann ist das schon fast eine Vorwegnahme des<br />
Himmels. Ja, Bonhoeffer meint, die leibliche<br />
Gegenwart anderer Christen müsse uns eine<br />
Quelle unvergleichlicher Freude und Stärkung<br />
sein, weil die Nähe des christlichen Bruders ein<br />
leibliches Gnadenzeichen ist für die Gegenwart<br />
des dreieinigen Gottes. Warum aber ist das so?<br />
Und warum haben wir die Gemeinschaft der<br />
Anderen so nötig?<br />
Könnten wir nicht auch alles mit uns selbst<br />
ausmachen, so dass jeder für sich alleine seinen<br />
Glauben lebte? Nein – das ginge nicht. Und in<br />
unserer hoch individualisierten Zeit kommt es<br />
besonders drauf an, dass wir verstehen, warum<br />
es nicht geht. Denn dass ein Christ des anderen<br />
so dringend bedarf, hat seinen Grund darin, dass<br />
der Einzelne sich das befreiende Wort, von dem<br />
sein Glaube lebt, nicht selber sagen kann. Ein<br />
Christ ist ein Mensch, der sein Heil, seine<br />
Rettung, seine Gerechtigkeit nicht bei sich selbst<br />
sucht und findet, sondern bei Christus. Darum<br />
lebt ein Christ überhaupt nicht aus sich selbst,<br />
nicht aus seiner eigenen Anklage und seiner<br />
eigenen Rechtfertigung, sondern lebt aus Gottes<br />
Anklage und Gottes Rechtfertigung. Des<br />
Christen Trost und Zuversicht liegen also nicht in<br />
ihm selbst beschlossen, sondern er findet beides<br />
im Wort Gottes, das von außen zu ihm kommt.<br />
Und wenn er gefragt wird, wo sein Heil ist, sein<br />
Trost und seine Gerechtigkeit, so muss er von<br />
sich weg verweisen auf das Wort Gottes, das<br />
ihm alles zuspricht und schenkt. Nach diesem<br />
Wort hungert und dürstet ein Christ! Weil Gott<br />
nun aber das befreiende Wort des Evangeliums<br />
in den Mund von Menschen gegeben hat, damit<br />
es weitergesagt werde von einem zum anderen,<br />
darum bedürfen wir so dringend der<br />
Gemeinschaft untereinander. Schließlich kann<br />
sich keiner selber taufen oder sich selbst im<br />
Glauben unterrichten. Keiner kann sich selbst<br />
das Abendmahl reichen, keiner kann sich selber<br />
segnen, keiner kann sich selbst Absolution<br />
erteilen, keiner kann sich selber mahnen und<br />
trösten – und eben darum braucht jeder Christ<br />
seine Glaubensgeschwister als Träger und<br />
Verkünder des göttlichen Heilswortes. Was wir<br />
uns selber sagen und womit wir uns selber<br />
7
trösten, das bleibt immer ein wenig ungewiss.<br />
Was uns aber Bruder oder Schwester in<br />
christlicher Vollmacht sagen, das ist gewiss und<br />
ist deutlich. Darum sollten wir unsere christliche<br />
Gemeinschaft hoch schätzen, weil sie unseren<br />
Glauben nährt und stärkt durch das Wort, das wir<br />
uns selbst nicht sagen können, und auch<br />
deshalb, weil wir erst unter diesem Wort in<br />
Frieden zueinander kommen.<br />
Ein Christ kommt zum andern nur durch<br />
Christus, sagt Bonhoeffer, aber wo wir in<br />
Christus verbunden sind, da sind wir’s auch<br />
wirklich, und sind in ihm viel tiefer verbunden, als<br />
in irgendeiner anderen Gemeinschaft. Ohne<br />
Christus und außerhalb des Glaubens stehen wir<br />
alle miteinander in latentem oder offenem Streit.<br />
Ohne Christus stehen wir immer in<br />
Konkurrenzen, und der Weg vom einen zum<br />
anderen wird versperrt durch Geltungsbedürfnis<br />
und Eigeninteresse. Lebt aber statt meiner<br />
Christus in mir, so macht das den Weg zum<br />
Bruder und zur Schwester frei, denn wo Christus<br />
Herr ist, da müssen wir nicht mehr versuchen,<br />
übereinander zu herrschen, sondern können<br />
miteinander in Frieden leben in wechselseitigem<br />
Dienst und in Einigkeit des Glaubens. Nur in<br />
Jesus Christus sind wir in dieser Weise eins, in<br />
ihm sind wir es aber wirklich und bleiben es<br />
auch, denn wer hier und heute der Gemeinschaft<br />
Christi angehört, der wird einst auch bei ihm sein<br />
in der himmlischen Gemeinschaft. Darum, sagt<br />
Bonhoeffer, wer seine Glaubensgeschwister<br />
ansieht, solle wissen, dass er ewig mit ihnen<br />
vereint sein wird in Christus. Er solle sich aber<br />
auch dessen bewusst bleiben, dass er den<br />
anderen nicht Bruder und Schwester ist durch<br />
irgendwas, nicht durch Sympathie, durch<br />
menschliches Verständnis oder Kumpanei,<br />
sondern eben nur durch Christus.<br />
Ich bin dem Mitchristen ein Bruder nicht, weil ich<br />
ihn netter finde als den Muslim von nebenan,<br />
sondern ich bin ihm Bruder durch das, was<br />
Christus an mir getan hat. Und der Mitchrist<br />
wiederum ist mir ein Bruder, nicht weil ihm<br />
irgendwas an mir gefällt, sondern durch das, was<br />
Christus an ihm getan hat. Was uns zu<br />
Geschwistern macht, das ist das gemeinsame<br />
Bekenntnis zu Christus als dem Herrn, dem wir<br />
Gehorsam und Gefolgschaft schulden und dem<br />
wir gemeinsam unsere Erlösung verdanken.<br />
Wenn wir das aber vergessen – wenn wir<br />
vergessen, worauf unsere Gemeinschaft in der<br />
Kirche gründet, und versuchen, diese<br />
Gemeinschaft mit einem anderen Klebstoff<br />
zusammenzuhalten, muss sie dann nicht<br />
zwangsläufig zerbrechen? Wenn es nicht mehr<br />
das Bekenntnis zu Christus ist, das uns<br />
zusammenhält, sondern nur die bürgerliche<br />
Nettigkeit, die Sympathie oder die Gewohnheit,<br />
wenn es nicht mehr Gottes Wort ist, das uns<br />
verbindet, sondern nur die Macht der<br />
Kirchenleitung oder das Geld – muss dann nicht<br />
alles schiefgehen in der Kirche? Ja – sagt<br />
Bonhoeffer. Denn in Wahrheit haben wir<br />
einander nur durch Christus. Und jede andere<br />
Form der Verbrüderung, die nicht von dieser<br />
geistlichen Natur wäre, sondern bloß<br />
menschlich-seelischer Natur, müsste im Raum<br />
der Kirche eine Lüge sein. Weil aber eine Illusion<br />
von Kirche schlimmer ist als gar keine Kirche,<br />
darum dürfen wir uns an diesem Punkt nichts<br />
vormachen, sondern müssen klar und nüchtern<br />
sehen, was die Reformatoren zu ihrer Zeit auch<br />
erkannten: Eine kirchliche Gemeinschaft, die<br />
nicht aus dem gemeinsamen Glauben erwächst,<br />
und die darum nicht wirklich Gemeinschaft im<br />
Geiste ist, wird keinen Bestand haben – und sie<br />
soll auch gar keinen Bestand haben. Denn die<br />
menschlichen Wunschbilder von Kirche und die<br />
menschlichen Bemühungen um Harmonie,<br />
Verständnis und Toleranz werden in der Kirche<br />
niemals den Frieden stiften, auf den es<br />
ankommt. Oder meint jemand, aus Kirchenrecht<br />
und Finanzverfassung, aus geschicktem<br />
Management und gezielter Disziplinierung<br />
könnte die Einheit der Kirche erwachsen?<br />
Meint jemand, die Tradition oder der<br />
gemeindliche Eigennutz, das Geld oder das<br />
vertraute bürgerliche Milieu könnten uns den<br />
Heiligen Geist ersetzen? Dass sie’s nicht<br />
vermögen, liegt offen zu Tage, und wer Augen<br />
hat zu sehen, der kann es auf die betrüblichste<br />
Weise bestätigt finden. Denn Gemeinden kann<br />
nun mal auf keinen anderen Grund bauen, als<br />
auf den, der gelegt ist, in Jesus Christus. Soll<br />
aber die evangelische Kirche aus der Misere<br />
herausfinden, so hilft ihr dabei nicht<br />
Gruppentherapie und Beziehungspflege,<br />
sondern dann hilft ihr nur das Eine, dass nämlich<br />
dem Wort und der Wirklichkeit Christi Priorität<br />
eingeräumt wird vor allem anderen. Denn echte<br />
christliche Gemeinschaft verdankt sich diesem<br />
Wort, das Wort aber verdankt sich nicht etwa der<br />
Gemeinschaft, sondern verdankt sich dem, der’s<br />
geredet hat.<br />
Freilich: Im Konfliktfall ist die Versuchung groß,<br />
die Ordnung umzudrehen und der Gemeinschaft<br />
Vorrang zu geben vor der Botschaft: „Lasst uns<br />
8
erst mal die Beziehungen kitten,“ heißt es<br />
wohlmeinend „dann können wir immer noch über<br />
Inhalte reden.“ Aber hätte die Reformation<br />
jemals stattgefunden, wenn Luther und die<br />
anderen Reformatoren sich auf diese Denkweise<br />
eingelassen hätten? Vor die Wahl gestellt, ob sie<br />
das Evangelium festhalten wollen oder die<br />
Gemeinschaft der katholischen Kirche, haben<br />
die Väter unserer Kirche die Gemeinschaft<br />
fahren lassen, um das reine Evangelium zu<br />
behalten. Und wenn diese Entscheidung gegen<br />
die Gemeinschaft auch ganz gewiss weh tat, so<br />
können wir doch als evangelische Christen<br />
schwerlich leugnen, dass sie richtig war. Denn<br />
aus dem Evangelium erwuchs sehr bald neue<br />
Gemeinschaft. Die Evangelische Kirche blühte<br />
auf! Hätten die Reformatoren aber das<br />
Evangelium preisgegeben, um die Gemeinschaft<br />
mit den Katholiken zu retten, – was hätte dann<br />
aus der zerstrittenen und entleerten<br />
Gemeinschaft noch werden können? Luther und<br />
die Seinen hatten Recht darin, dem Glauben<br />
Vorrang einzuräumen vor der Gemeinschaft.<br />
Und wer sich „evangelisch“ nennt, wird die<br />
bittere und heilsame Einsicht, die sie damals<br />
gehabt und durchgehalten haben, auch in der<br />
Gegenwart beherzigen müssen. Auch unsere<br />
kirchliche Gemeinschaft wird nur dann eine<br />
Chance haben, wenn sie eine echte<br />
Gemeinschaft im Glauben ist, und wenn<br />
sich alle Beteiligten gemeinsam beugen<br />
unter den einen Herrn und unter das Wort der<br />
Heiligen Schrift.<br />
Denn billiger ist der Ausweg aus der Krise nicht<br />
zu haben. Freundlichkeit, Toleranz und<br />
Kompromisse werden uns nicht zur Einheit<br />
verhelfen. Moderatoren, Organisationsberater<br />
und Sozialtherapeuten werden nicht bewirken,<br />
was Christus in uns wirken muss. Und<br />
angestrengte Mitmenschlichkeit wird niemals<br />
ersetzen, was an Glaubensgemeinschaft fehlt.<br />
Rückt aber Christus wieder in der Mitte, und ist<br />
es sein Geist, der unter uns weht, so werden die<br />
vielen Unterschiede im Naturell der<br />
Menschen und in ihren Interessen<br />
ganz von selbst ihre trennende<br />
Kraft verlieren.<br />
Ja: In diesem positiven Falle<br />
werden wir dann merken, dass<br />
christliche Gemeinschaft überhaupt nicht unser<br />
Werk ist, sondern eine wunderbare, von Gott in<br />
Christus geschaffene Wirklichkeit. Und je klarer<br />
wir dann den Grund und die Kraft unserer<br />
Gemeinschaft allein in Jesus Christus<br />
erken¬nen, desto ruhiger werden wir auch über<br />
unsere Gemeinden denken, für sie beten und für<br />
sie hoffen. Vielleicht kann man eines Tages<br />
wieder sagen: „Siehe, wie fein und lieblich ist's,<br />
wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen!“<br />
Gelingt’s aber nicht, so dürfen wir uns daran<br />
erinnern, dass nicht nur die Reformatoren,<br />
sondern dass Jesus selbst die Einheit im<br />
Glauben wichtiger nahm, als jede bloß<br />
menschliche Gemeinschaft oder<br />
Verwandtschaft:<br />
„Als Jesus zu dem Volk redete, siehe, da<br />
standen seine Mutter und seine Brüder draußen,<br />
die wollten mit ihm reden. Da sprach einer zu<br />
ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder<br />
stehen draußen und wollen mit dir reden. Er<br />
antwortete aber und sprach zu dem, der es ihm<br />
ansagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind<br />
meine Brüder? Und er streckte die Hand aus<br />
über seine Jünger und sprach: Siehe da, das ist<br />
meine Mutter, und das sind meine Brüder! Denn<br />
wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der<br />
ist mir Bruder und Schwester und Mutter.“<br />
Quelle: evangelischer-glaube.de<br />
9
Eine herausfordernde Analyse von ProChrist-<br />
Pfarrer Ulrich Parzany:<br />
„BEI DER<br />
EVANGELISATION<br />
GEHT ES UM TOD<br />
UND LEBEN!“<br />
Christen stehen<br />
derzeit im deutschsprachigen<br />
Europa<br />
vor besonderen<br />
Herausforderungen:<br />
Muslime verteilen 25<br />
Millionen Korane<br />
und drohen Christen<br />
mit der Hölle, wenn<br />
sie nicht islamisch<br />
werden. Gleichzeitig<br />
wurden die<br />
Ergebnisse einer<br />
Studie bekannt,<br />
nach der der Osten<br />
Deutschlands die „ungläubigste“ Region<br />
der Welt sei. Nur acht Prozent glauben danach<br />
an einen persönlichen Gott. Eigentlich müsste<br />
jetzt als Antwort kommen, mit aller Kraft den<br />
christlichen Glauben bekanntzumachen. Zum<br />
Thema „Evangelisation“ schrieb der Leiters der<br />
größten Missionsaktion in Europa, der Aktion<br />
„ProChrist“, der Theologe Ulrich Parzany aus<br />
Kassel, einen wegweisenden Kommentar.<br />
Wenn in der Christenheit gilt, was Jesus gesagt<br />
hat, sollte unsere Aufgabe eigentlich klar sein:<br />
„Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet<br />
das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt<br />
und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber<br />
nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Markus-<br />
Evangelium 16,15 -16). Alle Leute sollen wissen,<br />
wer Jesus ist, was er gesagt und getan hat, dass<br />
er gekreuzigt und von Gott auferweckt wurde.<br />
Durch Jesus wird jeder Mensch mit Gott, dem<br />
Schöpfer, versöhnt. Das Leben in der<br />
Gemeinschaft mit Jesus ist unsere Rettung. Wir<br />
dürfen nach seinen Wegweisungen und aus<br />
seiner Kraft im Alltag leben. Selbst der Tod kann<br />
uns nicht von Jesus trennen. Nach dem Tod<br />
erleben wir Gott noch intensiver: Wir werden ihn<br />
sehen, wie er wirklich ist.<br />
Die Entscheidung dazu fällt in unserem irdischen<br />
Leben. Es geht um Rettung, sagt Jesus, also um<br />
Tod und Leben. Deshalb ist es doch wohl die<br />
wichtigste Aufgabe der Christen, die Nachricht<br />
von Jesus unter die Leute zu bringen! Die<br />
Menschen können Jesus nur vertrauen und<br />
folgen, wenn sie ihn kennen. Und sie können ihn<br />
nur kennen, wenn ihnen jemand von Jesus<br />
erzählt (Römer 10,13 -17).<br />
Im Supermarkt der Religionen<br />
Dabei darf niemandem etwas aufgezwungen<br />
werden. Die Zeiten der Staatsreligion sind – Gott<br />
sei Dank – vorbei. Wir leben heute in einem<br />
Supermarkt der Religionen und<br />
Lebenshilfeangebote. Wir Christen wollen aber<br />
nichts verkaufen – wir bitten unsere<br />
Mitmenschen im Auftrag von Jesus Christus:<br />
„Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Korinther<br />
5,20). Wer bittet, wird allerdings auch erleben,<br />
dass seine Bitte abgelehnt wird. Das tut weh. Wir<br />
bitten trotzdem immer wieder eindringlich – aus<br />
Liebe zu Gott und den Menschen. Es gibt<br />
unterschiedliche Möglichkeiten dazu – etwa in<br />
persönlichen Gesprächen. Gute Anlässe bieten<br />
Glaubenslehrgänge wie die „Alpha-Kurse“. Die<br />
evangelischen Kirchen bemühen sich intensiv,<br />
solche Glaubenskurse regelmäßig in allen<br />
Gemeinden für Suchende anzubieten. Ich hoffe,<br />
dass diese Initiativen Erfolg haben.<br />
Ist heute inzwischen alles Mission?<br />
Mission und Evangelisation haben in der<br />
evangelischen Kirche seit der EKD-Synode 1999<br />
in Leipzig – die das Schwerpunktthema Mission<br />
hatte – die „offizielle“ Unterstützung in der<br />
Volkskirche erfahren.<br />
Trotzdem geht es in der Praxis nur mühsam<br />
voran. Woran liegt das? Ich habe einen<br />
Verdacht: Die Begriffe Mission und<br />
Evangelisation werden inzwischen so weit<br />
gefasst, dass alles darunterfällt, was in der<br />
Kirche sowieso schon geschieht. Natürlich<br />
bieten Sonntagsgottesdienste, zahlreiche<br />
Gemeindeveranstaltungen und die vielfältigen<br />
Seelsorgekontakte anlässlich von Taufen,<br />
Trauungen und Beerdigungen großartige<br />
missionarische Möglichkeiten – wenn in ihnen<br />
die Einladung zum Glauben an Jesus Christus<br />
tatsächlich zur Sprache kommt. Evangelisation<br />
(und Mission) bezeichnet nämlich zuerst einen<br />
10
Inhalt: Die Botschaft von Jesus den Menschen<br />
zu sagen, die ihm noch nicht nachfolgen. Diese<br />
inhaltliche Ausrichtung der kirchlichen Dienste<br />
ist aber leider nicht immer gewährleistet.<br />
Trotzdem werden gern schön klingende Sätze<br />
verlautbart wie: „Die Kirche veranstaltet nicht nur<br />
dann und wann Evangelisationen – sie ist<br />
Evangelisation und Mission.“ Oder, besonders<br />
beliebt: „Mission und Evangelisation müssen<br />
ganzheitlich geschehen.“ Was gesagt werden<br />
muss „Ganzheitlich“? Was heißt das? Leben,<br />
Worte und Taten gehören selbstredend<br />
zusammen. Wenn damit „ganzheitlich“ gemeint<br />
ist, dann kann man nur zustimmen. Keine Frage:<br />
Das Leben der einzelnen Christen und der<br />
Gemeinden sollte einladend sein;<br />
Gemeindeglieder sollen Kontakte zu Menschen<br />
außerhalb der Kirche suchen. Wenn das nicht<br />
geschieht, werden diese Menschen auch durch<br />
evangelistische Projekte wie Glaubenskurse<br />
oder „ProChrist“ nicht erreicht!<br />
Selbstverständlich gehören also Wort und Tat in<br />
Gottes Mission zusammen. Ohne den Kontext<br />
des Lebens und der tätigen Liebe verkäme<br />
Evangelisation zu hohler Propaganda.<br />
Aber zum Kontext der Evangelisation gehört der<br />
Klartext der Botschaft von Jesus Christus<br />
unbedingt dazu. Das Wort und die Tat sollen aus<br />
dem gleichen Motiv geschehen – aus der Liebe.<br />
Der Apostel Paulus schreibt: „Denn wir predigen<br />
nicht uns selbst, sondern Jesus Christus, dass<br />
Man hat die Evangelisten abgeschafft<br />
Seit langem hören wir diese großen Worte von<br />
„Kirche ist Mission“ und „ganzheitliche<br />
Evangelisation“.<br />
In Diakonie und Caritas arbeiten allein in<br />
Deutschland über 950.000 Angestellte – das<br />
sind mehr als in der Automobilindustrie! Im<br />
Gegensatz dazu gibt es insbesondere in den<br />
landeskirchlichen Missionarischen Diensten nur<br />
eine Handvoll hauptamtliche Evangelisten. Weil<br />
ja alles in der Kirche „Mission“ ist, hat man die<br />
speziellen Dienste der Evangelisten schlicht<br />
abgeschafft. Wie tragisch! Irriges auch in<br />
frommen Kreisen Und was in den Landeskirchen<br />
seit gut 50 Jahren läuft, wird neuerdings auch in<br />
Freikirchen und Gemeinschaften unter dem<br />
Begriff „Gesellschaftstransformation“ beliebt. Es<br />
ist ja nicht verkehrt, dass wir eine Veränderung<br />
unserer Gesellschaft hin zu mehr Gerechtigkeit<br />
und Barmherzigkeit anstreben. Wir sind das Salz<br />
der Erde – also hat die Bekehrung Einzelner zu<br />
Jesus auch Folgen für diese Welt, weil wir<br />
Beziehungswesen sind und andere dieses neue<br />
„Salz-Sein“ schmecken werden. Wenn wir mit<br />
Gott versöhnt werden, sollen wir unsere Feinde<br />
lieben, den Besitz teilen, für die Armen eintreten,<br />
treu leben, die Wahrheit reden, Frieden stiften,<br />
uns für Gerechtigkeit einsetzen.<br />
Die Grenzen der Diakonie<br />
Wer aber meint, er würde durch diakonisches<br />
und politisches Handeln Relevanz in der<br />
er der Herr ist“ (2.Korinther 4,5). Der Inhalt des<br />
Evangeliums ist Jesus Christus. Sein Name<br />
muss genannt werden; von seinem Leben,<br />
Reden, Leiden, Sterben und Auferstehen, von<br />
seiner Erhöhung zur Rechten Gottes und seinem<br />
Kommen zum Gericht müssen wir erzählen –<br />
weil nur er uns retten kann.<br />
Gesellschaft gewinnen und könnte dadurch dem<br />
Evangelium mehr Gehör verschaffen, der<br />
täuscht sich! Und wer eine Veränderung der<br />
Gesellschaft durch politisches und soziales<br />
Handeln fordert, muss die Frage beantworten,<br />
welche Gesellschaft er als Ziel vor Augen hat –<br />
und wie er mit denen umgehen will, die diesen<br />
Weg nicht freiwillig mitgehen. Der Staat setzt<br />
seine Gesetze bekanntlich durch Androhung und<br />
Anwendung von Gewalt durch.<br />
11
Zwang war auch in Zeiten der Staatsreligion<br />
üblich; auch der Islam kennt Zwang. In einigen<br />
Entgleisungen des schwärmerischen<br />
Christentums – wie bei der angeblichen<br />
Aufrichtung des Reiches Gottes zu Münster im<br />
Jahr 1534 – wurde ebenfalls Gewalt gebraucht.<br />
Gott wird die Welt transformieren<br />
Bei allen positiven Veränderungen jedoch, die<br />
aufgrund der Bekehrung Einzelner und des<br />
vorbildhaften Lebens der Gemeinden in einer<br />
Gesellschaft möglich sind, hat Gott sich die<br />
endgültige Transformation der Gesellschaft<br />
durch die Auferweckung der Toten, das<br />
Weltgericht und die Schaffung des neuen<br />
Himmels und der neuen Erde vorbehalten. Auf<br />
dem Wege dahin tun wir Gottes Willen im<br />
Vertrauen darauf, dass Gott die neue Welt<br />
schafft – und nicht aus der Vermessenheit<br />
heraus, dass wir sie schaffen könnten. Unsere<br />
wichtigste Aufgabe auf dem Weg dahin ist die<br />
Verkündigung des Evangeliums von Jesus<br />
Christus.<br />
Was uns Christen heute fehlt<br />
Aber warum hapert es ausgerechnet dabei?<br />
Zweierlei fehlt uns: Erstens das Bewusstsein<br />
über die Dramatik, dass alle Menschen ohne<br />
Jesus Christus in Ewigkeit verloren gehen, also<br />
von Gott getrennt und verdammt sind! Und<br />
zweitens fehlt uns das Vertrauen in die<br />
Wirksamkeit des Wortes Gottes. Der Glaube<br />
kommt aus der Predigt, übersetzt Martin Luther<br />
(1483–1546) den Vers aus dem Römerbrief<br />
10,17. Das griechische Wort „akoä“ bezeichnet<br />
das Hören und das Gehörte – also die Botschaft.<br />
Eine soziale Pantomime reicht daher nicht aus!<br />
Die Weitergabe des Evangeliums geschieht mit<br />
Worten. Wenn wir anderen von Jesus erzählen,<br />
tun wir das mit der Zusage von Jesus selbst:<br />
„Wer euch hört, der hört mich; und wer euch<br />
verachtet, der verachtet mich; und wer mich<br />
verachtet, der verachtet den, der mich gesandt<br />
hat“ (Lukas 10,16). Diese Zusage gilt für jede<br />
Form der Verkündigung – für das persönliche<br />
Gespräch, die kleine Gruppe und die große<br />
öffentliche Versammlung.<br />
Angst vor der Fundamentalismus-Keule<br />
Das persönliche Gespräch über den Glauben ist<br />
weitgehend unbestritten. In der Postmoderne,<br />
die jeden allgemeingültigen Wahrheitsanspruch<br />
bestreitet, scheint das private Gespräch die<br />
einzige noch akzeptable Kommunikationsform<br />
zu sein. Die öffentliche Verkündigung hingegen<br />
signalisiert den Anspruch auf verbindliche<br />
Gültigkeit der Botschaft für alle Menschen. Das<br />
ist nach postmodernem Verständnis<br />
unerträglicher Fundamentalismus. Zwar<br />
garantiert uns das Grundgesetz die öffentliche<br />
Verkündigung des Evangeliums, aber das<br />
postmoderne Klima übt einen zunehmenden<br />
Druck aus, unbeliebte Wahrheitsansprüche zu<br />
unterlassen. Dem scheinen sich leider vermehrt<br />
auch Christen zu beugen – wir möchten es uns<br />
„mit den Leuten schließlich nicht verderben“.<br />
Zudem wird in den Massenmedien immer<br />
kräftiger die Keule des Vergleichs von<br />
Evangelikalen mit islamistischen<br />
Fundamentalisten geschwungen. Das hat<br />
Wirkung: Viele Christen ziehen sich in private<br />
Nischen zurück.<br />
Wir brauchen neuen Mut, mit der<br />
Verkündigung der Guten Nachricht in die<br />
Öffentlichkeit zu gehen.<br />
Selbstverständlich ist es wichtig, das<br />
Evangelium im persönlichen Gespräch<br />
weiterzusagen – es ist auch eine persönliche<br />
Botschaft. Aber gilt es nur für unsere Freunde?<br />
Nein – das Evangelium von Jesus ist eine<br />
öffentliche Wahrheit! Der Schöpfer und Erhalter<br />
des Weltalls hat sich in Jesus selbst offenbart:<br />
„Gott war in Christus und versöhnte den Kosmos<br />
mit sich“ (2. Korinther 5,19). Jesus wird als<br />
Weltenrichter wiederkommen – das geht alle<br />
Menschen an! Wir sollten es ihnen daher auch<br />
laut und deutlich sagen.<br />
Ulrich Parzany (Mai 2012)<br />
12
HEILENDE GEMEINSCHAFT<br />
"Liebe ist geduldig und freundlich. Sie kennt<br />
keinen Neid, keine Selbstsucht, sie prahlt nicht<br />
und ist nicht überheblich. Liebe ist weder<br />
verletzend noch auf sich selbst bedacht, weder<br />
reizbar noch nachtragend. Sie freut sich nicht am<br />
Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit<br />
siegt. Diese Liebe erträgt alles, sie glaubt alles,<br />
sie hofft alles und hält allem stand" (1. Korinther<br />
13,4-7).<br />
Heilende Gemeinschaft heisst, dass wir vom<br />
anderen nur das Beste annehmen, dass wir<br />
aneinander glauben und am Leben festhalten,<br />
wenn der Nächste aufgeben möchte. Heilende<br />
Gemeinschaft gibt immer wieder eine Chance,<br />
sie gibt niemanden auf und hält daran fest, dass<br />
Jesus Christus bleibende Veränderung<br />
schenken kann.<br />
Es gibt in dieser Welt so viele Menschen, die am<br />
Leben zerbrechen. Eine Gemeinde kann zu<br />
einem Ort der Geborgenheit und Liebe werden,<br />
den diese Menschen immer gesucht haben. Und<br />
dazu gehört eben auch, dass wir unsere Häuser,<br />
Wohnungen, Familien und unser Leben<br />
füreinander öffnen und konkret damit beginnen,<br />
uns an den anderen zu verschenken.<br />
Autor: Martin Bühlmann<br />
Quelle: Gemeinde leben - Gemeinde lieben<br />
GEMEINSCHAFT<br />
«Ich laufe im Hamsterrad!»<br />
WER BERUFLICH UND PRIVAT UNTER<br />
HOCHDRUCK STEHT, GERÄT LEICHT AUS<br />
DEM LOT.<br />
«Ständig habe ich das Gefühl: Ich muss, ich<br />
muss, ich muss! Ich mache und hetze,<br />
trotzdem reicht es nie. Und neben der Arbeit<br />
ist da noch die Familie, deren Anforderungen<br />
ich auch immer weniger gerecht werde. So<br />
geht’s nicht weiter! Ich verliere Kraft und<br />
werde mutlos! Warum schenkt Gott mir nicht<br />
mehr Kraft? Er verheisst mir doch die<br />
Fülle!?»<br />
Wer beruflich und privat unter Hochdruck steht,<br />
gerät leicht aus dem Lot. Bereits kleine Auslöser<br />
können das Fass zum Überlaufen bringen und in<br />
einen Erschöpfungszustand führen. Das Leben<br />
mündet in eine Sackgasse: „Ich schaffe es nicht<br />
mehr!“ Um solchen Erfahrungen vorzubeugen,<br />
lohnt es sich, eine Bestandsaufnahme des<br />
eigenen Lebens anhand nachstehender<br />
Quellfragen, die ineinandergreifen,<br />
vorzunehmen.<br />
In Beziehung leben<br />
Im Liebesgebot in der Bibel verweist Jesus auf<br />
einen gesunden Dreiklang im Bezug auf Gott,<br />
den Nächsten und uns selbst. Weder<br />
Glaubensfanatismus, noch Aufopferung für<br />
andere bzw. Egoismus ist seine Devise. In<br />
Beziehung kommen mit Gott, meiner Umwelt<br />
und mir selbst, setzt heilende Kräfte frei.<br />
Gesetzmässigkeiten wie Arbeiten und Ausruhen<br />
sowie die Tatsache, dass wir<br />
beziehungsorientierte Wesen sind, wollen<br />
respektiert werden. Hier gilt es, die eigenen<br />
Bedürfnisse, Möglichkeiten und Grenzen zu<br />
erkennen, aber auch diejenigen unserer Partner,<br />
Kinder und Mitmenschen. Wir erkennen darin,<br />
dass wir ergänzungsbedürftig und für den<br />
anderen wichtig sind. Gott selbst hat uns „Fülle“<br />
– und damit Lebensqualität – zugesprochen.<br />
Quellfrage: Wie gut bin ich sowohl in Gott,<br />
meinem Nächsten, als auch in mir selber<br />
beheimatet?<br />
Sehnsucht nach Liebe und Wertschätzung<br />
In Psalm 23 drückt sich unsere tiefe Sehnsucht<br />
nach Annahme und Wertschätzung aus. Wir<br />
wollen so angenommen sein, wie wir sind.<br />
Gleichzeitig wird das Klima in Beruf und Familie<br />
kälter, Kritiker bestimmen den Ton, gelobt wird<br />
nur selten. Quellfrage: Wie gebe und woher<br />
bekomme ich Lob, Wertschätzung und Liebe?<br />
Geistig-körperlich-seelisches Wohlbefinden<br />
In Johannes, Kapitel 10, Vers 10b heisst es: „Ich<br />
bin gekommen, damit meine Schafe das Leben<br />
haben, Leben im Überfluss.“ Essen, Kleidung<br />
und ein Zuhause gehören ebenso zu den<br />
elementaren Bedürfnissen, wie Sicherheit,<br />
Wertschätzung und Anerkennung. In Gottes<br />
Augen sollen wir in diesen Bereichen nicht<br />
13
darben. Gleichzeitig schliesst ein ganzheitlich<br />
selbstbestimmt-beziehungsorientiertes Leben<br />
Schmerzen und Konflikte nicht aus. Leben ist<br />
mehr als psychologische oder medizinische<br />
Gesundheit. Lebensqualität gehört<br />
wahrgenommen und bewusst ausgekostet. Nur<br />
wer geniessen kann, ist geniessbar. Quellfrage:<br />
Wie gut schaffe ich es, mein Leben als<br />
Geschenk Gottes dankbar zu geniessen und für<br />
mein geistiges, seelisches und körperliches<br />
Wohl zu sorgen?<br />
Vergebend in der Gegenwart leben<br />
Entscheidend ist nicht so sehr, was war oder<br />
sein wird, sondern was heute ist. In einer<br />
lebendigen Beziehung zu Gott liegt die<br />
eigentliche Triebkraft des christlichen Lebens.<br />
Als liebender Vater vergibt er uns ständig aufs<br />
Neue. Das ermöglicht uns, ein Ja zu unserer<br />
Vergangenheit und ein Ja zur Gegenwart mit all<br />
ihren Herausforderungen zu finden. Quellfrage:<br />
Was hilft mir mich mit meiner Vergangenheit zu<br />
versöhnen, um hoffnungsvoll in die Zukunft zu<br />
blicken und mich als geliebtes Kind Gottes ganz<br />
der Gegenwart hinzugeben?<br />
In Gemeinschaft sich selbst sein<br />
Mitmenschen spüren, ob wir aus einer inneren<br />
Mitte heraus leben oder ob wir von falschen<br />
Überzeugungen – und seien sie noch so<br />
„geistlich“ – bestimmt werden. Christus will, dass<br />
wir auf dem Boden der Realität stehend unseren<br />
Glauben leben. Wir handeln dann nicht<br />
selbstbezogen, sondern in Freiheit, beseelt vom<br />
Willen Gottes. Wir erkennen darin die Chancen<br />
und Grenzen, welche uns Schöpfung und<br />
Mitmenschen auferlegen. Selbst aus<br />
Sachzwängen heraus ist es möglich, Freiräume<br />
für ein gelingendes Miteinander zu schaffen.<br />
Dies basiert auf Entscheidungsfreiheit und -<br />
freude. Darin verborgen liegt auch unsere<br />
Freiheit, zugunsten höherer Ziele auf die<br />
Befriedigung eigener Bedürfnisse verzichten zu<br />
lernen. Im Loslassen gewinnen wir und im<br />
gegenseitigen Geben und Nehmen verhelfen wir<br />
einander zur Entfaltung. Quellfrage: Stehe ich<br />
aufrecht im Angesicht Gottes, der anderen und<br />
vor mir selber?<br />
Autor: Andreas Zimmermann<br />
Quelle: Neues Leben<br />
GEMEINSCHAFT DES<br />
GLAUBENS<br />
Deshalb ermuntert einander und erbaut einer<br />
den anderen, wie ihr auch tut! 1. Thessalonicher<br />
5,11<br />
Gestern berichtete ich von dem Kursprogramm<br />
zur Verbesserung der Gesamtkonstitution des<br />
Körpers durch Muskelaufbau,<br />
Ernährungsumstellung und Bewegung, was<br />
letztlich die Umstellung auf einen grundlegend<br />
anderen Lebensstil erfordert. Bei den<br />
Mitarbeitern des Gesundheitsstudios und bei der<br />
Ernährungsberaterin fiel mir auf, wie sie bei dem<br />
ja doch sensiblen Thema »Körpergewicht«<br />
tunlichst vermieden, das Vergleichen<br />
untereinander anzuregen. Statt dessen wurde<br />
immer wieder vermittelt, dass es darum geht,<br />
ausgehend von den ganz persönlichen<br />
Bedingungen individuelle Fortschritte im Blick<br />
auf das Ziel zu machen. Durch die individuelle<br />
Betreuung bekam jeder Einzelne dazu wichtige<br />
Hinweise und Hilfen, die ihn immer wieder neu<br />
motivierten, Bewegungsabläufe zu optimieren<br />
oder sein Ernährungsverhalten im Blick auf das<br />
Ziel zu disziplinieren.<br />
Dies wurde mir zum Gleichnis für das<br />
Miteinander von Christen. Ein Ziel ist ihnen allen<br />
vorgegeben: Jesus Christus immer ähnlicher zu<br />
werden und dadurch der ursprünglichen<br />
Bestimmung als Mensch näher zu kommen. In<br />
diesem Prozess schreitet jeder individuell voran;<br />
trotzdem steht keiner für sich alleine da. Durch<br />
persönliche Betreuung kann jeder die Hilfe<br />
erfahren, die ihn persönlich weiterbringt. Nicht<br />
das Vergleichen und das daraus resultierende<br />
Konkurrenzdenken bringt voran, sondern der<br />
Blick auf das Ziel, das wirklich jeder erreichen<br />
kann. Nicht gegenseitige Kritik fördert diesen<br />
Prozess, sondern aufbauende und motivierende<br />
Tipps für die Herausforderungen, denen man<br />
sich zu stellen hat. Eines ist allerdings klar: ohne<br />
persönliche Disziplin und Konsequenz ist ein<br />
Vorwärtskommen unmöglich. pj<br />
Frage: Sind Sie als Christ wirklich mit dabei oder<br />
haben Sie das Ziel aus dem Auge verloren?<br />
Tipp: Entschliessen Sie sich wieder<br />
mitzumachen! Beteiligen Sie sich am<br />
Miteinander im Gemeindeleben!<br />
Bibel: Epheser 4,1-16<br />
Quelle: Leben ist mehr<br />
14
WAS MACHT EINE<br />
GEMEINDE AUS?<br />
Predigt über Lukas 5,1-11<br />
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und<br />
die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des<br />
Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.<br />
Wir hören eine biblische Geschichte aus Lukas<br />
5,1-11 als Predigttext für den heutigen Sonntag:<br />
1 Es begab sich aber, als sich die Menge zu<br />
Jesus drängte, um das Wort Gottes zu hören, da<br />
stand er am See Genezareth<br />
2 und sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer<br />
aber waren ausgestiegen und wuschen ihre<br />
Netze.<br />
3 Da stieg er in eines der Boote, das Simon<br />
gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land<br />
wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die<br />
Menge vom Boot aus.<br />
4 Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er<br />
zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft<br />
eure Netze zum Fang aus!<br />
5 Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir<br />
haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts<br />
gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze<br />
auswerfen.<br />
6 Und als sie das taten, fingen sie eine große<br />
Menge Fische, und ihre Netze begannen zu<br />
reißen.<br />
7 Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern<br />
Boot waren, sie sollten kommen und mit ihnen<br />
ziehen. Und sie kamen und füllten beide Boote<br />
voll, so dass sie fast sanken.<br />
8 Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu<br />
Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich<br />
bin ein sündiger Mensch.<br />
9 Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle,<br />
die bei ihm waren, über diesen Fang, den sie<br />
miteinander getan hatten,<br />
10 ebenso auch Jakobus und Johannes, die<br />
Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und<br />
Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von<br />
nun an wirst du Menschen fangen.<br />
11 Und sie brachten die Boote ans Land und<br />
verließen alles und folgten ihm nach.<br />
I. GEMEINDE HEIßT: ALLE<br />
SIND BERUFEN, MENSCHEN<br />
FÜR JESUS ZU GEWINNEN<br />
Liebe Gemeinde, können böse Menschen einer<br />
guten Sache dienen? Kann einer mit<br />
schmutzigen Händen beschließen, im<br />
Operationssaal sich nützlich zu machen? Kann<br />
einer, der die besten Jahre verbummelt hat,<br />
sagen: Fortan werde ich der Jugend mit meiner<br />
Weisheit dienen “? Können zerschlagene<br />
Lampen leuchten? Können Belastete tragen?<br />
Können Schuldige zurecht helfen? Gefangene<br />
befreien? Unzulängliche Vollkommenes tun?<br />
Geht das? Es geht, denn wir haben eben gehört,<br />
wie Jesus Petrus in den Dienst nimmt! Petrus<br />
sagt: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger<br />
Mensch. “Nach diesem wunderbaren Fischzug<br />
überkommt Petrus eine tiefe Erkenntnis, wer er<br />
ist und wer Jesus ist – und wie unendlich groß<br />
der Abstand zwischen ihnen beiden ist. Doch<br />
Jesus sagt zu ihm: Von nun an wirst du<br />
Menschen fangen! “Da geschieht es! Wenn<br />
Christus das nicht tun würde, daß er Schuldige,<br />
Unzulängliche, Unsaubere nimmt, dann säße<br />
niemand von uns heute morgen hier, Sie nicht<br />
und ich nicht. Christus holt Menschen, wenn es<br />
sein muss – und es muss sein! – aus dem Suff.<br />
Wie den Evangelisten Hadley. Oder aus dem<br />
Gefängnis. Wie den Indienmissionar Skrefsrud.<br />
Oder (was viel schwieriger ist) aus der ehrbaren<br />
Selbstzufriedenheit. Kirchenleitung und<br />
Gemeinden können sich diese Geschichte sehr<br />
zu Herzen nehmen! Die verbreitete Ansicht,<br />
dass vor allem Rechtschaffene, Ehrbare,<br />
Bürgerliche berufen sind zur Gemeinde und ihrer<br />
Arbeit, macht die Botschaft von der Vergebung<br />
der Sünden unglaubhaft. Genauso wenig wie<br />
Petrus braucht sich also irgendjemand von uns<br />
mit Selbstzweifeln zu plagen, er sei es nicht wert,<br />
zur Gemeinde dazuzugehören. Wir sind heute<br />
morgen hi – Entschuldigung, fischetot. Und mit<br />
diesem Bild aus seinem alten Beruf macht Jesus<br />
dem Petrus klar, was nun seine neue Aufgabe<br />
ist: Menschen für Jesus einfangen, Menschen<br />
für das Reich Gottes gewinnen. Doch dieses<br />
Eingefangenwerden für Jesus soll für die<br />
Menschen dann nicht der Tod sein wie für die<br />
Fische, sondern der Beginn eines neuen<br />
Lebens! Der Beginn eines Lebens, das eine<br />
ganz neue Qualität gewinnt durch die<br />
Gewissheit, von Gottes Liebe und Zuwendung<br />
15
getragen zu sein. Sehr viele Fische gehen in<br />
dieser Geschichte ins Netz – so viele, dass beide<br />
Schiffe davon voll werden und zu sinken drohen.<br />
Heute bekommt man in Restaurants am See<br />
Genezareth zu gesalzenen Touristenpreisen<br />
den Petersfisch serviert, also die Fischsorte, die<br />
vermutlich auch in unserer Geschichte aus dem<br />
Wasser gezogen wurde – eine Barschart, die<br />
übrigens ausgezeichnet schmeckt. Bei den<br />
Fischen, die Petrus, Jakobus und Johannes<br />
gefangen haben, waren mit Sicherheit große und<br />
kleine Fische dabei. Das lässt sich auch gut auf<br />
Jesu Auftrag zum Menschenfischen übertragen:<br />
Große und Kleine, Jung und Alt sollen für seine<br />
Gemeinde gewonnen werden. Und da machen<br />
wir es als Gemeinde schon richtig, wenn wir<br />
heute parallel zum Gottesdienst für die Großen<br />
auch Kindergottesdienst und Kinderhütedienst<br />
anbieten und unter der Woche Jungschar – oder<br />
wenn ihr Zeltlagermitarbeiter Euch heute<br />
vorbereitet und Euch segnen und senden lasst,<br />
um Kindern und Jugendlichen auf dem<br />
Sommerzeltlager Jesus lieb zu machen. Für<br />
Kinder und Erwachsene, für Alte und Junge soll<br />
die Gemeinde ein Ort sein, an dem sie erfahren<br />
können, wie sehr Gott sie liebt und wie er sie in<br />
Jesus mit seiner Gnade und Vergebung<br />
beschenkt. Da sind die Menschenfischer Petrus,<br />
Jakobus und Johannes für uns ein gutes Vorbild.<br />
II. GEMEINDE HEIßT: ALLE<br />
PACKEN MIT AN<br />
Und auch in anderer Hinsicht können wir uns als<br />
Gemeinde gut in den dreien wiederfinden: Wir<br />
erfahren, dass sie die ganze Nacht zuvor die<br />
Netze ausgeworfen haben, ohne auch nur einen<br />
einzigen Fisch zu fangen. Müde, resigniert und<br />
verzweifelt, weil man sich nach Kräften<br />
abgemüht hat, aber alles vergeblich war – sicher<br />
kennen viele von uns dieses Gefühl nur zu gut<br />
aus eigener Erfahrung. Doch obwohl Petrus mit<br />
seinen Gefährten eine harte Nacht hinter sich<br />
hatte, nimmt er Jesus mit ins Boot. Er stellt ihm<br />
sein Schiff als schwimmende Kanzel zur<br />
Verfügung und hört sich die Predigt von Jesus<br />
an. Und als Petrus, Jakobus und Johannes dann<br />
auf Jesu Geheiß hin noch einmal auf den See<br />
hinausfahren, erleben sie nach der<br />
deprimierenden Erfahrung der letzten Nacht nun<br />
ein großes Wunder und werden von Gott reich<br />
beschenkt. Dabei konnte Jesu Aufforderung<br />
widersinniger gar nicht sein. Unsere<br />
professionellen Fischer wussten wahrscheinlich<br />
nicht, ob sie lachen oder weinen sollten, als<br />
Jesus sagte, sie sollten mitten am Tag ausfahren<br />
und auch noch dahin, wo das Wasser tief ist.<br />
Weiß doch jedes Kind am See, dass sich die<br />
Fische in der Mittagshitze in die tieferen<br />
Wasserschichten zurückziehen, wo sie kaum zu<br />
kriegen sind. Nur in der kühlen Nacht kommen<br />
sie an die Oberfläche – und selbst da haben<br />
unsere drei nichts gefangen. Aber besonders<br />
Petrus hat Vertrauen zu Jesus gefasst. Jesus<br />
muss eine ganz besondere Ausstrahlung gehabt<br />
haben, die auf Petrus einen tiefen Eindruck<br />
hinterlassen hat. Und so sagt er zu Jesus,<br />
obwohl es all seiner Berufserfahrung<br />
widerspricht: „... auf dein Wort will ich die Netze<br />
auswerfen. “Und wenn Petrus damit im wahrsten<br />
Sinne des Wortes wunderbare Erfahrungen<br />
gemacht hat, dann können wir es auch trotz<br />
mancher frustrierender Erfahrungen wagen, auf<br />
Jesu Geheiß hin wieder und wieder die Netze<br />
auszuwerfen. Gerade da, wo es nach<br />
menschlichem Ermessen völlig widersinnig<br />
erscheint, da fängt Gott an zu wirken. Da zeigt<br />
sich der Segen des Gehorsams, wenn<br />
Menschen auf die Worte von Jesus hören und<br />
sich von ihm zur Tat anleiten lassen. Und die<br />
Arbeit beim Fischen geht viel leichter, wenn alle<br />
mit anpacken. Petrus hat Gefährten, die ihm<br />
helfen, die vollen Netze ins Boot zu ziehen,<br />
Jakobus und Johannes. Und auch unser<br />
Gemeindeleben kann nur gelingen, wenn viele<br />
Mitarbeiter da sind, die mithelfen, an den Netzen<br />
zu ziehen. Und sie sind da – das sehen wir im<br />
heutigen Gottesdienst, wo wir eine ganze Anzahl<br />
neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorstellen<br />
und für ihren Dienst segnen. Wenn wir Petrus als<br />
den späteren Leiter der Gemeinde als Vorbild für<br />
den Pfarrer sehen, dann sagt uns unsere<br />
Geschichte: Gemeinde kann nicht lebendig sein,<br />
wenn alle nur zusehen, wie der Pfarrer sich<br />
abstrampelt –das ist bei uns glücklicherweise<br />
auch nicht der Fall. Eine Gemeinde zeichnet sich<br />
dadurch aus, dass viele bereit sind, mit Hand<br />
anzulegen. Und Christus nimmt<br />
Handlangerdienste von uns an. Vom<br />
Fischerboot des Petrus aus predigt er zu den<br />
Menschen, damit alle ihn gut sehen und hören<br />
können auf der schwimmenden Kanzel. Es<br />
braucht nicht immer ein Fischerboot zu sein, das<br />
wir Jesus leihen können, es könnte ein Klavier<br />
sein, oder ein wenig freie Zeit, oder ein<br />
Kinderbett, oder ein offener Platz am<br />
Mittagstisch, oder ein Auto. Es gibt Christen, die<br />
ihr Leben lang davon träumen, einmal etwas<br />
16
Hundertprozentiges für Christus zu vollbringen,<br />
Christen, die es nach Missionsfahrten in ferne<br />
Länder und nach Märtyrerkronen gelüstet; und<br />
sollten sie dem Herrn nur „ein Boot leihen “, wie<br />
hier Petrus, dann tun sie es nicht. Und auch eine<br />
Gemeinde wie die unsere braucht solche ganz<br />
praktischen Dienste: Einen Kirchendiener, der<br />
die Kirche putzt und die Nummern an der<br />
Liedtafel ansteckt. Mitarbeiter, die sich darum<br />
kümmern, dass schöne, frische Blumen auf dem<br />
Altar stehen oder dass die Menschen nach dem<br />
Gottesdienst eine Tasse Kaffe trinken können.<br />
Und das sind nur vordergründig gesehen rein<br />
praktische Dienste. Das Anstecken der<br />
Liednummern macht es uns als Gemeinde<br />
möglich, gemeinsam Gott zu loben. Eine<br />
geputzte Kirche und schöne Blumen auf dem<br />
Altar tragen dazu bei, dass sich die<br />
Gottesdienst-Besucher in der Kirche wohlfühlen<br />
– und so öffnen sie ihre Herzen für die frohe<br />
Botschaft von Jesus Christus. Und die<br />
Mitarbeiter beim Kirchenkaffee schaffen die<br />
Atmosphäre, damit wir nach dem Gottesdienst<br />
noch ins Gespräch kommen können und<br />
Gemeinschaft der Glaubenden hautnah erleben.<br />
Deshalb sind auch solche praktischen Aufgaben<br />
ein geistlicher Dienst, für den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter den Segen Gottes brauchen. Als<br />
in der ersten Gemeinde in Jerusalem die Apostel<br />
eine Art Essen auf Rädern organisieren, suchen<br />
sie dafür Männer „voll heiligen Geistes ..., die wir<br />
bestellen wollen zu diesem Dienst “1 –<br />
nachzulesen im sechsten Kapitel der<br />
Apostelgeschichte. Auch das ist ein Wirken des<br />
heiligen Geistes, wenn er Mitarbeiter zu solchen<br />
praktischen Diensten inspiriert und beflügelt.<br />
Gemeinde heißt: Alle packen mit an.<br />
III. GEMEINDE HEIßT:<br />
ALLE FOLGEN DEMSELBEN<br />
HERRN NACH<br />
Seit dieser Geschichte sind viele Menschen dem<br />
Auftrag von Jesus gefolgt, Menschen für ihn zu<br />
fischen. Viele haben sich die Jahrhunderte<br />
hindurch in die Gemeinde Jesu rufen lassen, und<br />
eine große Zahl an Kirchen ist daraus<br />
entstanden. Dabei ging es nicht immer ohne<br />
Konflikte ab, und bis heute streiten sich Christen<br />
untereinander darüber, wer denn nun die wahre<br />
Kirche sei. Dabei ist zunächst gar nichts gegen<br />
das Bestreben einzuwenden, möglichst treu dem<br />
Ruf Jesu zu folgen und bei der Gestaltung von<br />
Kirche und Gemeinde nach Kräften seinem<br />
Willen zu entsprechen. Nur eines darf dabei<br />
nicht aus dem Blick geraten: Die Initiative geht<br />
nicht von uns aus. Nicht wir machen Kirche,<br />
sondern der, uns auffordert, für ihn die Netze<br />
auszuwerfen. Und alle, die das tun – in welcher<br />
Kirche auch immer – folgen damit dem Auftrag<br />
desselben Herrn Jesus Christus. Darin hat die<br />
Gemeinschaft der Kirchen ihren Grund, die wir<br />
Ökumene nennen. Und Gott sei Dank ist die<br />
Ökumene auch an unserem Ort und in unserer<br />
Gemeinde lebendig. Das zeigt sich nicht nur in<br />
gemeinsamen Unternehmungen mit unserer<br />
katholischen Schwestergemeinde bei<br />
ökumenischen Gottesdiensten oder<br />
Bibelwochen. Gerade in der hiesigen Region<br />
haben wir viele konfessionsverbindende Ehen.<br />
Das erlebe ich oft bei Trauungen oder Taufen –<br />
auch jetzt aktuell wieder im letzten Taufseminar.<br />
Die Taufe auf den Namen des einen Herrn<br />
verbindet uns zu einer großen Kirche Jesu<br />
Christi. Gemeinde heißt: Alle folgen demselben<br />
Herrn nach. Und so sind das die drei Anstöße,<br />
die uns der Predigttext für das Leben unserer<br />
Gemeinde gibt: Gemeinde heißt: Alle sind<br />
berufen, Menschen für Jesus zu gewinnen.<br />
Gemeinde heißt: Alle packen mit an. Gemeinde<br />
heißt: Alle folgen demselben Herrn nach. Amen.<br />
Philipp Melanchthon befasste sich schon in<br />
seiner Antrittsvorlesung an der Wittenberger<br />
Universität mit diesen Fragen. Das war Anfang<br />
August 1518, also unmittelbar am Beginn der<br />
Reformation. Allein daran wird deutlich: Auch<br />
Bildungsfragen waren von Anfang besonders<br />
wichtig für die Reformation, ja sie wurde sogar<br />
zu einer Bildungsbewegung in unserem Land. Im<br />
Jahre 1526 hielt Melanchthon in Nürnberg<br />
schließlich eine Grundsatzrede über das „Lob<br />
der neuen Schule“. Hier findet sich eine der<br />
wichtigsten Aussagen zur Bedeutung von<br />
Bildung für das Gemeinwesen. Ich zitiere<br />
daraus: „Wer keine Mühe darauf verwendet,<br />
dass seine Kinder so gut wie möglich unterrichtet<br />
werden, handelt nicht nur pflichtvergessen<br />
gegenüber Gott, sondern verbirgt hinter einem<br />
menschlichen Aussehen seine tierische<br />
Gesinnung. Daher besteht gerade in einer gut<br />
geordneten Bürgerschaft ein Bedarf an Schulen,<br />
in denen die Jugendlichen, die ja<br />
gewissermaßen die Pflanzschule der<br />
Bürgerschaft darstellen, ausgebildet werden<br />
können.“ Eine herrliche Formulierung: „Die<br />
Pflanzschule der Bürgerschaft“!<br />
17
Damit bin ich bei einem zweiten Punkt: Dem<br />
Gedanken Reformation und Demokratie und<br />
Gewissensfreiheit Dieses schöne Bild von der<br />
„Pflanzschule der Bürgerschaft“ ist treffend und<br />
besonders schön. Es zeigt, dass ein<br />
Gemeinwesen angewiesen ist auf mündige,<br />
gebildete und kritische Bürgerinnen und Bürger.<br />
Die Reformation wies den Weg zur allgemeinen<br />
Schulpflicht. Sie schuf damit eine der wichtigsten<br />
Voraussetzungen für Chancen auf Teilhabe, wie<br />
wir sie heute als selbstverständlich empfinden.<br />
Zugleich gehört die Reformation zur<br />
Vorgeschichte der deutschen Demokratie.<br />
Johannes Calvin etwa prägte ein kirchliches<br />
Leitungs- und Amtsverständnis, das die Ideen<br />
von Machtteilung und Gewaltentrennung, von<br />
demokratischer Legitimation und Repräsentanz<br />
von Macht in den folgenden Jahrhunderten<br />
vorbereitete und grundlegte. Calvin betonte<br />
zugleich die Freiheit des Gewissens vor<br />
menschlichen Gesetzen. In der Zeit des frühen<br />
Calvinismus wurde dieses freiheitliche Denken<br />
noch einmal besonders deutlich gefasst durch<br />
die Erfahrung von Verfolgung und Ausgrenzung.<br />
Deshalb haben Juristen und Theologen dieser<br />
Schule die Grenze zwischen dem Gewissen und<br />
staatlichem Recht deutlich gezogen und betont,<br />
dass das weltliche Recht seinen<br />
Geltungsbereich eben nicht auf persönliche<br />
Überzeugungen des Menschen und nicht auf<br />
sein Gewissen ausdehnen kann und darf.<br />
Und schließlich sei als letztes Beispiel genannt:<br />
Luthers Vorstellung von einer angemessenen<br />
Armenversorgung bereits in Wittenberg und im<br />
sächsischen Leisnig. Hier schuf er eine Art von<br />
Sozialkasse. Einzahlungen in diese städtische<br />
Kasse sollten aus dem Erlös von<br />
Klosterschließungen erfolgen sowie aus<br />
Testamenten und freiwilligen Gaben. Zehn<br />
Vorsteher aus der Stadt verwalteten diese<br />
Kasse. Diese wurde so für die Armenversorgung<br />
genutzt.<br />
Luther entwickelte dabei die „Leisniger<br />
Kastenordnung“. Diese Ordnung ist<br />
gewissermaßen die älteste Sozialschrift des<br />
Protestantismus. Luther ließ sie im Jahre 1523<br />
drucken und empfahl sie auch in anderen<br />
Städten - und dies mit Erfolg. Zugleich war für<br />
Luther stets wichtig: Bevor Geld aus dieser<br />
Kasse gezahlt wurde, sollten auch Bedürftige<br />
arbeiten und sich einbringen, soweit es ihnen<br />
möglich war. Hilfe sollte also stets Hilfe zur<br />
Selbsthilfe sein. Wirksam unterstützt wurde<br />
derjenige, der an seine Grenzen, die Grenzen<br />
seines eigenen Könnens, gestoßen war.<br />
Grenzen. Auch das ist mir ein wichtiger Gedanke<br />
mit Blick auf unseren Vers „Suchet der Stadt<br />
Bestes“. Denn ich will noch einmal<br />
verdeutlichen, was Jeremia nicht schreibt: In<br />
dem Vers steht nichts vom Bau turmhoher<br />
Tempel aus kostbarem Marmor oder gar aus<br />
Gold. Da steht nichts von immergrünen<br />
Plantagen, die sich bis zum Horizont erstrecken.<br />
Die Rede ist von Häusern und von Gärten. Und<br />
ich finde die Bibelstelle deswegen auch<br />
besonders wertvoll, weil sie sich an uns und an<br />
unsere Möglichkeiten richtet.<br />
Wir bewegen uns innerhalb von Grenzen, ja wir<br />
stoßen an Grenzen. Das ist eine Tatsache und<br />
auch eine Botschaft dieser biblischen Stelle.<br />
Diese Grenzerfahrung gibt es auch im<br />
politischen Gestalten immer wieder. Und ich<br />
gebe gerne zu: Das ärgert mitunter. Man will<br />
weiterkommen, nicht bei zu kleinen<br />
Kompromissen hängenbleiben und erfährt dann<br />
die Grenzen des Eigenen, dessen was uns<br />
möglich ist. Ja, wir wissen, dass uns nicht alles<br />
gelingen kann, wollen aber dennoch nicht<br />
aufgeben. Und ich glaube, uns kann das<br />
Vertrauen darauf, dass unser begrenztes<br />
Handeln aufgehoben ist in der Gnade Gottes,<br />
hier vor falscher Verzweiflung oder<br />
Selbstüberschätzung bewahren. Denn<br />
Selbstüberschätzung einerseits oder<br />
Ohnmachtsgefühle andererseits sind zwei ganz<br />
verschiedene Gefühlswelten, von denen wir uns<br />
nicht anfechten oder verleiten lassen dürfen.<br />
Deshalb empfinde ich die religiöse<br />
Beteuerungsformel im Amtseid auch eines<br />
Bundesministers „So wahr mir Gott helfe“ als<br />
einen Trost und einen Hinweis darauf, dass wir<br />
in unseren begrenzten Möglichkeiten gefordert<br />
sind, dass uns Mögliche zu tun. Was für ein<br />
Segen, sich selbst nicht überschätzen zu<br />
müssen, sich einzulassen auf die Gnade Gottes.<br />
Liebe Gemeinde, Glaube und Politik, das sind für<br />
mich ganz sicher keine Gegensätze. Vielmehr<br />
ruft uns der christliche Glaube dazu auf,<br />
Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen<br />
zu treffen, politisch zu handeln. Wer sich als<br />
Christ politisch engagiert, der weiß: Ich soll mich<br />
einbringen. Nicht als Zwang, nicht weil Werke<br />
uns vor Gott gerecht machen: Das haben wir<br />
durch die Reformation gelernt. Sondern weil uns<br />
die Schöpfung anvertraut ist, weil wir damit<br />
betraut worden sind, sie zu beackern, sie zu<br />
bebauen.<br />
18
Kennzeichnend für das Christ-Sein ist also eine<br />
aktive Gestaltung unserer Umgebung - und das<br />
ist ja schließlich Politik. Denn politisch handeln<br />
nicht nur Bundestags- oder<br />
Landtagsabgeordnete oder diejenigen, die sich<br />
in Stadträten, Kreistagsfraktionen oder<br />
Bezirksvertretungen für das Gemeinwesen, für<br />
ihre Nachbarschaft, für ihre Umwelt einsetzen.<br />
Quelle: ek-wollmatingen.de<br />
Predigt zum Thema:<br />
GEMEINDE –<br />
UNSERE FAMILIE<br />
Gehalten am 12.11.2017 in Altheim Alb, von<br />
Matthias Rupp<br />
Einstieg<br />
Letzte Woche war ich in der Schweiz auf St.<br />
Chrischona, deswegen mal wieder ein<br />
Schweizer<br />
Sprachquiz zu Beginn<br />
- Was meint ein Schweizer wenn er sagt:<br />
„Peperoni“ = er meint: Paprika. Wir denken:<br />
Peperoni seien die kleinen scharfen Chillies. Ein<br />
Schweizer meint aber damit das, was<br />
wir als Paprika kennen. Paprika hingegen ist für<br />
den Schweizer einzig und allein das<br />
Paprikagewürz.<br />
Wir sehen also wieder einmal: Es ist wichtig,<br />
Begriffe immer wieder auf ihren eigentlich Inhalt<br />
zu definieren um Missverständnisse zu<br />
vermeiden.<br />
Heute: Gemeinde – unsere Familie.<br />
Heutiger Begriff: Gemeinde<br />
Der griechische Begriff für Gemeinde in der<br />
Bibel: ekklesia und meint grundsätzlich:<br />
Herausgerufene Schar von Menschen. Das Wort<br />
beschreibt im NT:<br />
1. Zusammenkunft der<br />
Gläubigen. Einfach<br />
dort, wo gläubige sich<br />
versammelt haben,<br />
in kleinen Gruppen, in<br />
Häusern, in der<br />
Synagoge.<br />
2. Einzelnen<br />
Ortsgemeinden, z.B.<br />
Korinth, Ephesus usw.<br />
Also Christen, die sich<br />
regelmäßig an einem<br />
Ort zum Gottesdienst<br />
versammeln.<br />
3. Meint aber auch die<br />
weltweite Gemeinde<br />
der Gläubigen. Die<br />
Gesamtheit der<br />
Gläubigen in aller Welt und zu jeder Zeit. Nicht<br />
nur lokal. Global.<br />
Was es nicht bezeichnet:<br />
Das Gebäude.<br />
Wir gehen also morgens nicht in die Kirche oder<br />
in die Gemeinde. Das Gebäude. Wir gehen also<br />
morgens nicht in die Kirche oder in die<br />
Gemeinde. Sondern wir VERSAMMELN uns<br />
ZUR KIRCHE, zur GEMEINDE. Die<br />
Gemeinschaft ist die Kirche, nicht das Gebäude.<br />
Heutzutage oft missverständlich. Gebäude sind<br />
einfach praktische und notwendige<br />
Versammlungsstätten, nicht aber das<br />
Wesentliche! Wir sind nicht in der Gemeinde, wir<br />
bilden die Gemeinde. Wir kommen zusammen<br />
als Gemeinde.<br />
Im NT gibt es verschiedene Bilder, die die<br />
Gemeinde Gottes beschreiben:<br />
- Gemeinde als das Volk Gottes. Auch wir<br />
Heiden dürfen uns aufgrund des Glaubens<br />
an Christus zum Volk Gottes zählen lassen.<br />
Nicht nur Israel. Wir wurden<br />
„eingepfropft“, d.h. wir gehören zwar von der<br />
Abstammung her nicht zum Volk,<br />
19
Durch den Glauben an Christus hat Gott uns<br />
aber hinzugefügt, wie einen Ast eines<br />
fremden Baumes, der eingesetzt wurde in einen<br />
Olivenbaum.<br />
- Leib Christi das umfassendste Bild. Ein Leib<br />
= Einheit. Viele Glieder = Vielfalt. Jeder<br />
hat verschiedene Aufgaben, Gaben usw. Alle<br />
sind gleichwichtig. Jesus das Haupt.<br />
- Herde – Christus der Oberhirte – wir die<br />
Schafe. Er sagt wo es lang geht. Er geht<br />
voran und behütet. Er hat Hirten eingesetzt, die<br />
Ältesten in seiner Gemeinde: Schafe im<br />
Hirtenmantel.<br />
- Tempel des Heiligen Geistes. Hier wohnt<br />
Gott. Hier ist er zu finden. Ort der<br />
Anbetung. Hier hören wir auf Gott. Hier ist sein<br />
Wort im Zentrum. Gott ist gegenwärtig. Da jeder<br />
gläubige den Heiligen Geist hat und so Christus<br />
in ihm wohnt.<br />
Wenn wir also zusammenkommen, bilden wir<br />
wie einen „Tempel“, einen Raum, in dem<br />
Christus gegenwärtig ist. Er ist der Eckstein, das<br />
Fundament.<br />
- Gemeinde als Braut Christi. Er ist der<br />
Bräutigam, der sie so sehr liebt, dass er sein<br />
Leben für sie aufopfert. Hier geht es um<br />
leidenschaftliche und aufopferungsvolle<br />
Liebe, die selbst das Leid nicht scheut.<br />
- Weitere kleinere Bilder: Jesus ist Weinstock:<br />
Gemeinde = Rebe. Wir sind sein priesterliches<br />
Volk und noch mehr…<br />
Sehr viele Bilder. Sehr schön, denn das drückt<br />
die Vielfalt und die Schönheit der Gemeinde.<br />
Das wäre doch mal eine Predigtreihe wert. Wenn<br />
ich versuche zusammenfassen, was<br />
Gemeinde ist, dann wie folgt:<br />
Gemeinde ist die eine, lebendige,<br />
wachsende, universelle und weltweite<br />
Gemeinschaft der Söhne und Töchter Gottes.<br />
Jesus Christus ist das Zentrum dieser<br />
Gemeinschaft. Der Dreh und Angelpunkt.<br />
Ursprung und Zielpunkt der Gemeinschaft. Nur<br />
in Abhängigkeit zu ihm ist Kirche Kirche.<br />
- In ihr gibt es ein geschwisterliches<br />
miteinander, das von Liebe geprägt ist<br />
und ein Zeugnis für die Welt darstellt.<br />
- In ihr und durch sie sollen wir als<br />
Gläubige wachsen (Jüngerschaft) und<br />
unsere Gaben einbringen.<br />
Ich möchte nun heute Morgen zwei Punkte<br />
verdeutlichen, die daraus folgen:<br />
1. WIR SIND EINE FAMILIE MIT<br />
EINER FAMILIENKULTUR<br />
Wir sind Teil einer großen Familie Gottes.<br />
Wurden in die gleiche Familie hinein adoptiert.<br />
Die Gemeinde Gottes, die Gemeinschaft der<br />
Heiligen, der herausgerufen, ist eine<br />
Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern.<br />
Oh, manch einer denkt sich schon: „was soll das<br />
für ein Privileg sein, dass ich jetzt mit dem<br />
und dem auch noch in der gleichen Familie sein<br />
muss.“ Ja, wir können uns unsere geistlichen<br />
Geschwister ebenso wenig aussuchen wie<br />
unsere leiblichen. UND DAS ist gut so!!! Denn<br />
wenn wir uns nie aneinander reiben würden,<br />
dann würden wir nicht wachsen. Wenn uns<br />
immer nur alle „Honig ums Maul“ schmieren und<br />
nicht einfach mal ehrlich sagen, wenn auch mal<br />
was nicht gut war, dann werden wir nicht<br />
wachsen. Ich bin im Leben am meisten daran<br />
gewachsen, dass jemand mich in Liede<br />
zurechtgewiesen hat!!! So sollte es in Familien<br />
sein.<br />
Wir sind Geschwister. Wir sind eine Familie mit<br />
demselben Familienoberhaupt. Wie es in jeder<br />
Familie gewisse Spielregeln gibt, so gibt es auch<br />
in der Familie Gottes Spielregeln für das<br />
gemeinsame Leben und Dienen. Eine<br />
Familienkultur. Unsere Kultur ist Jesuskultur.<br />
Wir legen die alten Familienmuster ab und<br />
wachsen immer weiter hinein in die Familie<br />
Gottes. Nichts anderes ist Jüngerschaft.<br />
Jüngerschaft geschieht in Gemeinschaft. Diese<br />
Gemeinschaft soll uns prägen, formen, JA<br />
verändern! In IHR sollen wir die neue<br />
Familienkultur erlernen, einüben und ausleben.<br />
Wie sieht diese Kultur aus? Dazu müssen wir im<br />
Neuen Testament mal auf die sogenannten<br />
„einander“ stellen achten. Wenn wir auf der<br />
Suche sind nach der Familienkultur Gottes,<br />
müssen wir nach diesem Wort Ausschau halten:<br />
„einander“. Es beschreibt die Haltung<br />
untereinander – wie wir einander begegnen.<br />
Miteinander umgehen.<br />
Ein paar Bespiele herausgegriffen:<br />
- Wir sollen einander lieben! Das ist der<br />
Grundsatz, der zugleich alle „einanderStellen“<br />
zusammenfasst. Joh 13:34 Ein neues Gebot<br />
gebe ich euch, daß ihr einander liebt, damit, wie<br />
ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt.<br />
so habt einander herzlich lieb aus reinem<br />
Herzen; (1Pe 1,22) In der Bruderliebe seid<br />
20
herzlich gegeneinander; in der Ehrerbietung<br />
komme einer dem anderen zuvor! (Röm 12,10)<br />
- Wir sollen einander ermahnen!<br />
Laßt das Wort des Christus reichlich in euch<br />
wohnen in aller Weisheit; lehrt und ermahnt<br />
einander und singt mit Psalmen und<br />
Lobgesängen und geistlichen Liedern dem Herrn<br />
lieblich in eurem Herzen. (Col 3:16 SCL)<br />
Viele denken an die Geschichte vom Splitter im<br />
Auge des Bruders (Mt 7,3) und trauen sich gar<br />
nicht, ihren Bruder zu ermahnen. Doch wenn<br />
dein Balken aus deinem Auge weg ist, kannst du<br />
ermahnen, zurechtweisen.<br />
Das gehört dazu! Gott will<br />
uns heiligen durch seinen<br />
Geist, durch sein Wort und<br />
durch<br />
seine<br />
Gemeinde/Gemeinschaft.<br />
Liebe und Wahrheit<br />
gehören zusammen! Liebe<br />
ohne Wahrheit ist<br />
wischiwaschi<br />
Sentimentalität und<br />
Wahrheit ohne Liebe ist<br />
herzlose Besserwisserei.<br />
- Wir sollen einander dienen<br />
und einander tragen<br />
Einer trage des anderen<br />
Lasten, und so sollt ihr das<br />
Gesetz des Christus<br />
erfüllen! (Gal 6:2 SCL)<br />
Wir dürfen uns die Lasten<br />
sagen! Und dann sollen wir<br />
auch bereit sein, zu tragen! Das kostet etwas.<br />
Man kann nur des anderen Lasten tragen, indem<br />
man jemandem die Last abnimmt und in der<br />
Lage ist, sie auf sich zu nehmen, zu tragen. Das<br />
kostet Zeit, Energie, Nerven, Geld. Und nun<br />
noch das Wichtigste im „Miteinander“: was wenn<br />
das nicht klappt? Viele haben ja die Illusion, dass<br />
das ja in der Familie Gottes alles immer<br />
reibungslos klappen soll und sind dann zutiefst<br />
enttäuscht und verbittert, wenn es nicht klappt.<br />
Deswegen, das letzte:<br />
- Wir sollen versöhnt miteinander leben<br />
Wenn es mal Streit, oder Unstimmigkeiten oder<br />
Meinungsverschiedenheiten geben sollte – und<br />
ja, das kommt in den besten Familien vor – auch<br />
hier in der Gemeinde in Altheim, dann versöhnt<br />
man sich wieder!<br />
"... und vergebt einer dem anderen, gleich wie<br />
Gott euch vergeben hat in Christus." (Eph. 4:32),<br />
"Bekennt einer dem anderen seine Sünden ..."<br />
(Jakobus 5:16), "und vertrage einer den anderen<br />
und vergebt euch untereinander, wenn jemand<br />
Klage hat wider den anderen; ..." (Kolosser<br />
3:13).<br />
Und das Ganze so schnell wie möglich<br />
23 Wenn du nun deine Gabe zum Altar bringst<br />
und dich dort erinnerst, daß dein Bruder etwas<br />
gegen dich hat, so laß deine Gabe dort vor dem<br />
Altar und geh zuvor hin und versöhne dich mit<br />
deinem Bruder, und dann komm und opfere<br />
deine Gabe! (Mat 5:23-24 SCL)<br />
Es sollte selbstverständlich sein in der Familie<br />
Gottes, dass man sich dann vergibt und nicht<br />
verbittert zurückzieht. Wir leben alle aus der<br />
Gnade des Vaters und aus dieser Kraft heraus<br />
und auf dieser Grundlage sind wir aufgerufen<br />
auch unserem Bruder zu vergeben. Es sollte<br />
unser tägliches Brot sein. Im Vater Unser folgt<br />
direkt auf die bitte um das tägliche Brot die Bitte<br />
um Vergebung und Bereitschaft anderen zu<br />
vergeben!<br />
Wenn wir dieser Familienkultur folgen, dann<br />
bewahrt das unsere Einheit, unseren Frieden<br />
und wir können uns gemeinsam auf unseren<br />
Auftrag konzentrieren: noch mehr Menschen mit<br />
diesem unserem himmlischen Vater bekannt<br />
machen und in unsere Familie aufzunehmen!<br />
Hört nochmal auf das, was Jesus sagt. Das fasst<br />
die ganzen „EINANDER“ Stellen zusammen.<br />
Die Liebe im Zentrum und nun achtete mal noch<br />
auf den Folgevers:<br />
34 Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr<br />
einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe,<br />
auch ihr einander liebt.<br />
21
35 Daran werden alle erkennen, daß ihr meine<br />
Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.<br />
(Joh 13:34-35 ELB)<br />
AN UNSERER LIEBE<br />
ZUEINANDER…..<br />
An unserer Familienkultur, Gemeindekultur<br />
werden die Leute erkennen, dass wir Jünger von<br />
Jesus sind. Das ist das entscheidende Merkmal.<br />
2. Christen sind keine Einzelkämpfer<br />
Glaube ist nicht nur etwas Individuelles. Klar:<br />
Jesus starb für dich. Er nahm DEINE ganz<br />
persönliche Schuld auf sich, damit DU jetzt<br />
Frieden haben darfst mit Gott. Aber das ist ja<br />
nicht nur an dir allein geschehen, sondern auch<br />
an dem Bruder oder der Schwester, die neben<br />
dir sitzt. Wir sitzen als Christen alle im selben<br />
Boot. Wir haben den gleichen Herrn, die gleiche<br />
Taufe, den gleichen Glauben. Das verbindet.<br />
Von dem Moment an, wo du glaubst, wo du<br />
Christ wirst, wirst du auch Teil einer<br />
Gemeinschaft, eines Volkes. Du wirst<br />
eingegliedert, eingepflanzt, einverleibt,<br />
hinzugefügt usw. Du gehörst dazu. Es geht um<br />
Zugehörigkeit! Du bist nun ein Sohn, eine<br />
Tochter Gottes und Teil der Familie Gottes<br />
geworden. Er ist unser Vater, wir seine Kinder<br />
und untereinander Glaubensgeschwister.<br />
Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei! Der<br />
Mensch ist auf Gemeinschaft hin ausgelegt und<br />
d.h. wir brauchen einander. Nicht nur eheliche<br />
Gemeinschaft. Sondern echte, authentische,<br />
regelmäßige Gemeinschaft unter Brüder und<br />
Schwestern. Es gibt kein Christsein im<br />
Alleingang nach dem Motto: „Mein Jesus und<br />
ich“, wir beide machen das.<br />
Alles andere ist mir egal. Es gibt keine<br />
christlichen Einzelkämpfer. Gott hat uns<br />
zusammengeführt. Er hat uns GEMEINSAM<br />
beauftragt: geht (Plural, nicht: „geh“ im Singular)<br />
hin in alle Welt.<br />
Das hört man immer wieder: „Ja ich hab meinen<br />
Glauben an Gott, ich geh einfach nicht in die<br />
Kirche oder Gemeinde.“ Was auch immer das für<br />
ein Glaube ist, es ist kein Glaube gemäß dem<br />
Neuen Testament, denn dieser verwirklicht sich<br />
in der Gemeinde. Der Glaube wird dort<br />
ausgelebt, gestärkt, korrigiert, ermutigt. Dein<br />
Glaube darf wachsen in der Gemeinschaft. Klar,<br />
wenn ich niemanden habe, der mich spiegelt,<br />
mich auch mal herausfordert und mich<br />
zurechtweist auch im Glauben – dann hab ich<br />
halt „meinen Glauben“, aber du stehst eben in<br />
der Gefahr, deinen eigenen<br />
zusammengebastelten Glauben zu haben, der<br />
letzten Endes kein echter Glaube mehr ist. Wir<br />
brauchen einander!!!!<br />
Zwei Zitate dazu:<br />
C.H. Spurgeon (englischer Prediger (1834-<br />
1892):<br />
„Zwei Dinge können wir nicht allein: Heiraten<br />
und Christsein.“<br />
Dietrich Bonhoeffer (Theologe, 1906 – 1945) in<br />
seinem Buch: Gemeinsames Leben:<br />
„Darum braucht der Christ den Christen, der<br />
ihm Gottes Wort sagt, er braucht ihn immer<br />
wieder, wenn er ungewiss und verzagt wird;<br />
denn aus sich selbst kann er sich nicht<br />
helfen, ohne sich um die Wahrheit zu<br />
betrügen. Er braucht den Bruder als Träger<br />
und Verkündiger des göttlichen Heilswortes.<br />
[…] Der Christus im eigenen Herzen ist<br />
schwächer als der Christus im Worte des<br />
Bruders; jener ist ungewiss, dieser ist<br />
gewiss.“<br />
Wir brauchen einander! Keine Einzelkämpfer! Es<br />
braucht also einen konkreten Raum, eine Zeit,<br />
wo wir einfach zusammenkommen unter seinem<br />
Wort, wo wir zusammenkommen zum beten, um<br />
einander zu ermutigen, zu ermahnen. Wie man<br />
in einer Familie zusammenkommt, an einen<br />
Tisch sitzt, miteinander das Leben teilt, sich<br />
freut, sich streitet, aneinander und miteinander<br />
lernt, sich versöhnt usw. so auch in der Familie<br />
Gottes.<br />
Einige konkrete Schlussfolgerungen:<br />
‣ Es ist gut dass wir uns hier regelmäßig jeden<br />
Sonntag treffen. Nicht selbstverständlich,<br />
gerade wenn wir in andere Teile der Welt<br />
blicken, wo Menschen sich aufgrund von<br />
Verfolgung heimlich treffen müssen zum<br />
Gottesdienst!<br />
‣ Wir sind eine gastfreundliche Familie. Jeder<br />
ist willkommen. Unser Ziel ist es, noch mehr<br />
Menschen mit dem Vater bekannt zu<br />
machen.<br />
‣ Es ist gut, dass wir Kleingruppen haben,<br />
Seniorenkreis, Jugendkreis, Junge<br />
Erwachsenen, Jungschar, Hauskreise,<br />
Frauentreffs, Mamatreffs usw.<br />
ZWEI STANDBEINE DES<br />
GEMEINDELEBENS.<br />
Gottesdienst und Kleingruppen:<br />
BEIDE WICHTIG<br />
22
‣ Wenn du das nicht hast: schließe dich an.<br />
Wenn du keine Kleingruppe oder Hauskreis<br />
hast, schneidest du dich selbst ab von der<br />
Familie Gottes und damit letztlich auch von<br />
Gott selbst. Hebr 10: 24 und lasst uns<br />
aufeinander achthaben und einander<br />
anspornen zur Liebe und zu guten Werken<br />
25 und nicht verlassen unsre Versammlung,<br />
wie einige zu tun pflegen, sondern einander<br />
ermahnen, und das umso mehr, als ihr seht,<br />
dass sich der Tag naht.<br />
‣ Diese Familienzugehörigkeit die will zum<br />
Ausdruck gebracht werden. Dadurch, dass<br />
man sich eben verbindlich einer Kleingrupe<br />
anschließt.<br />
‣ Übrigens ist auch die „formale“<br />
Mitgliedschaft hier in unserer Gemeinde<br />
nichts anderes alsdas konsequente zum<br />
Ausdruckbringen der Zugehörigkeit. Steht<br />
nicht in der Bibel als ein „Muss“, aber<br />
dennoch ist es in unserem Zeitalter, unserer<br />
Gesellschaft und unserem Kulturkreis ein<br />
guter Ausdruck von Zugehörigkeit zu sagen:<br />
„Ich werde Mitglied in dem Verein“. Ich<br />
identifiziere mich mit der Gemeinde. Ich will<br />
dazu gehören. Ich will mitreden. Ich will mit<br />
unterstützen in jeglicher Hinsicht. Sei es<br />
finanziell oder als Mitarbeiter oder im Gebet<br />
oder sonst wie. Es schafft einfach nochmal<br />
eine andere Verbindlichkeit.<br />
Also ermutigen: überlegt euch das, falls ihr kein<br />
Mitglied seid. Kommt auf mich oder einen<br />
Ältesten zu, auch wenn euch das Thema<br />
Mitgliedschaft irgendwie Bauchweh macht und<br />
ihr nicht so recht wisst. Lasst uns drüber reden.<br />
‣ Zugehörigkeit wird auch zum Ausdruck<br />
gebracht durch Mitarbeit in der Gemeinde.<br />
Wie ineiner Familie jeder zusammenarbeitet<br />
und man sich einander hilft und ergänzt, so<br />
auch in der Gemeinde. Ihr habt Gaben, die<br />
ich nicht habe. Ich habe Gaben, die ihr nicht<br />
habt. Ein Leib – viele Glieder. Wir brauchen<br />
dich als Gemeinde. Zurzeit z.B. im<br />
Beamerteam, Moderationsteam. Wir vom<br />
ÄR und MAR fänden es genial, wenn ihr<br />
zu uns kommt und sagt: das kann ich, da<br />
hab ich eine Leidenschaft. Hierin bin ich<br />
begabt, bitte gebt mir einen Ort, wo ich<br />
der Gemeinde damit dienen kann! Auch<br />
wenn du deine Gaben noch nicht kennst:<br />
komm auf uns zu, dann entdecken wir sie<br />
eben gemeinsam!<br />
Schluss<br />
Wir – als Evangelische Chrischonagemeinde<br />
Altheim Alb sind eine Gemeinde. Eine Gemeinde<br />
Gottes. Gemeinde Jesu Christi! Eine<br />
Gemeinschaft von Sündern. Eine Gemeinschaft<br />
von Erlösten. Eine Gemeinschaft von Heilligen.<br />
Eine Gemeinschaft von Jüngern. Eine<br />
Gemeinschaft mit einem Auftrag!<br />
Diese Gemeinde gehört Jesus! Er hat sie teuer<br />
erkauft durch sein Blut. Wir sind in seiner Hand<br />
und wir sind seine geliebte Braut.<br />
Und ich bin sehr dankbar ZU EUCH zu gehören.<br />
Teil zu sein dieser Glaubensgemeinschaft. Ich<br />
bin einfach noch sehr gespannt, was Gott mit<br />
uns in Altheim hier noch alles so vor hat.<br />
Ausblick auf nach der Predigt zu Open Doors<br />
anlässlich des Weltgebetstages für verfolgte<br />
Christen:<br />
Jetzt wollen wir Gemeinde praktisch leben. Jetzt<br />
erst mal GEMEINSAM singen! Gott loben und<br />
danken für – ja für was? Für SEINE Gemeinde<br />
und das wir hier Teil davon sein dürfen.<br />
Und danach wollen wir praktisch Familie Gottes<br />
leben. Nämlich für unsere Glaubensgeschwister<br />
in aller Welt beten. Es ist mir auch ein Anliegen<br />
das Weltweite im Blick zu haben. Open Doors,<br />
eine organisation, die sich weltweit für verfolgte<br />
Christen einsetzt hat 2 Länder vorgeschlagen.<br />
Das sind dort unsere Glaubensgeschwister.<br />
Schwere Verfolgung und anderes Leid. Wie<br />
Brüder und Schwestern, die wir einfach nie<br />
kennengelernt haben und uns doch so verwandt<br />
sind. Denn wir haben den gleichen Glauben. Der<br />
verbindet! Wie gesagt: Gemeinde nicht nur hier<br />
in Altheim. Weltweit. Global. Eines von den<br />
„einandern“ ist auch „Betet füreinander“. Also –<br />
lasst uns da konkret Gemeinde leben, aber jetzt<br />
erst mal: singen!<br />
Ein Vorschlag: tausch einfach „Altheim“<br />
gegen Erkelenz aus oder schreib dort einfach<br />
den Ort deiner Gemeinde hin.<br />
Heinz<br />
23
EINSAMKEIT<br />
WENN DAS SOZIALE<br />
NETZ REIßT<br />
Von Susanne Billig und Petra Geist<br />
Nie war es so leicht, mit anderen in Kontakt zu<br />
kommen, doch immer mehr Menschen fühlen<br />
sich einsam. Woran liegt das? Kann die<br />
Einsamkeit jeden treffen? Und welche Wege<br />
führen aus der Isolation?<br />
Wind fegt über eine leere Landschaft. Symbole.<br />
Es gibt eine Insel, die Einsamkeit heißt. Sie liegt<br />
im Nordpolarmeer, zwanzig Quadratkilometer<br />
groß, menschenleer, im Winter vom Packeis<br />
eingeschlossen. Oder die Bilder des Malers<br />
Edward Hopper: Gebäudefronten an drückendheißen<br />
Sommertagen. Erschöpfte Menschen,<br />
deren leerer Blick nach innen fällt. "Ich bin<br />
bewohnt von einem Schrei", schrieb die<br />
Dichterin Silvia Plath. Die gebürtige Inderin Mini<br />
Kapur hat für sich ein eigenes Bild gefunden:<br />
"Es ist ein schwarzer Raum und du weißt gar<br />
nicht, wo der Ausgang ist. Du siehst keinen<br />
Ausgang. Für mich war es das. Und du sitzt wie<br />
ein kleines Mädchen in diesem Raum, das sich<br />
gar nicht entscheiden kann. So ist das."<br />
Alleinsein kann angenehm sein, sogar bewusst<br />
gewählt werden. Doch wenn es weh tut und<br />
quält, wenn es den Brustkorb einschnürt,<br />
manchmal mitten unter Menschen – dann ist es<br />
Einsamkeit.<br />
"Manchmal hat sie auch was Peinliches. Wenn<br />
du nämlich in einer großen Gruppe stehst – und<br />
du stehst da so ganz alleine. Alle anderen sind<br />
irgendwie in Gemeinschaft, lachen, und ich sitze<br />
da – dann hab ich eher das Gefühl, mich<br />
zunehmend unbehaglicher zu fühlen."<br />
Das erzählt Hedy Gerstung, die in einem<br />
Kinderheim unter dem grausamen Kuratel<br />
katholischer Nonnen aufwuchs. Anflüge von<br />
Einsamkeit kennt jeder: Als Kind am Rand eines<br />
Spiels zu stehen, ohne eingeladen zu sein. Am<br />
neuen Arbeitsplatz sitzen die Kollegen in der<br />
Kantine zusammen, kein Stuhl ist mehr frei. Sich<br />
von anderen schmerzhaft getrennt zu fühlen,<br />
gehört zur evolutionären Grundausstattung.<br />
Dabei werden sogar dieselben Hirnareale<br />
aktiviert wie bei körperlichen Schmerzen. Wie<br />
Hunger oder Durst ist Einsamkeit ein<br />
Warnsignal, betont der weltweit angesehene<br />
US-Psychologe John Cacioppo in seinem Buch<br />
"Einsamkeit" über seine Forschung. Während<br />
die Depression einen Menschen ausbremst, will<br />
die Einsamkeit das "soziale Tier" Mensch<br />
aktivieren und zurück in die schützende Gruppe<br />
treiben. Die meisten Menschen finden<br />
tatsächlich schnell wieder Anschluss. Forscher<br />
nennen diesen Impuls "reaffiliation motive",<br />
"Wiederangliederungsmotiv". Gefährlich und<br />
chronisch wird Einsamkeit, wenn das aus<br />
eigener Kraft nicht mehr gelingt. Ein<br />
Teufelskreis: Der Einsame wird immer verstörter<br />
– seine Umgebung zieht sich befremdet zurück.<br />
Man unterscheidet "emotionale" und "soziale"<br />
Einsamkeit<br />
Zwei Grundformen der Einsamkeit unterscheidet<br />
die Psychologie. Ein "emotional einsamer"<br />
Mensch kann selbst einer geliebten Person nicht<br />
mehr nah sein. Das erlebte die<br />
Krankenschwester Marianne Osten, als ihr Mann<br />
sie plötzlich verließ.<br />
"Ich habe mich dann in die Arbeit gestürzt, viel<br />
Nachtdienste gemacht in der Zeit, bewusst auch,<br />
weil ich gedacht habe, ich halte die Nächte nicht<br />
aus. Das war ganz schwierig, dass ich halt<br />
wusste, mein Mann ist bei dieser andern, das<br />
war auch so eine permanente Dauertraurigkeit<br />
irgendwie. Man zieht sich ja dann, oder ich hab<br />
mich ja dann zurückgezogen, ja, und ich wollte<br />
die anderen halt auch nicht nerven, die anderen<br />
Leute."<br />
Ein junger Mann sitzt in einem Rollstuhl. (Imago<br />
/ Westend61)<br />
"Soziale Einsamkeit" nennt man das<br />
schmerzliche Gefühl, nicht dazu zu gehören, als<br />
stünde man hinter einer unsichtbaren Wand.<br />
Mini Kapur wanderte vor vielen Jahren von<br />
Indien nach Deutschland ein. In ihrer Heimat<br />
angesehen und erfolgreich, stand sie plötzlich<br />
als Niemand in einer fremden Kultur.<br />
24
"Weil, ich komme aus Indien – tausend Leute um<br />
dich jeden Tag, und auf einmal bist du wirklich<br />
einsam gewesen. Nur eins. Allein. Und das<br />
kannte ich nicht. Und damit umzugehen war ein<br />
langer Prozess. Ich konnte nicht verstehen, was<br />
mit mir los ist. I am a highly educated woman,<br />
erfolgreich – und auf einmal: nichts funktioniert."<br />
Bislang gibt es nur wenige Studien über die<br />
kulturelle Dimension der Einsamkeit. Offenbar<br />
reagieren Menschen umso stärker, je mehr ihre<br />
Gesellschaft auf Gemeinschaft ausgerichtet ist<br />
– in Spanien sind alte Leute schneller einsam als<br />
in Schweden, in den USA junge Menschen ohne<br />
Liebesbeziehung schneller als in Korea. Nicht<br />
die reale soziale Isolation zählt, sondern das<br />
subjektive Gefühl, dass vertraute, innige<br />
Beziehungen fehlen. Der Soziologe Janosch<br />
Schobin, Dozent an der Universität Kassel.<br />
"Es ist in Deutschland verglichen mit anderen<br />
Ländern vergleichsweise glimpflich abgelaufen.<br />
Es scheint sich auch nicht, wenn man sich die<br />
Daten anguckt, auszuweiten. In Deutschland<br />
sind es so ungefähr fünf Prozent der Leute, die<br />
sich die meiste Zeit einsam gefühlt haben in der<br />
letzten Woche – in Russland sind es ungefähr<br />
dreimal so viele, ungefähr 15 Prozent."<br />
Männer leiden häufiger unter Einsamkeit<br />
Fünf Prozent aller Deutschen rücken Einsamkeit<br />
immerhin in die Größenordnung drängender<br />
sozialer Probleme wie das der Arbeitslosigkeit.<br />
Wer sind diese einsamen Menschen? Nach<br />
einer bundesweiten Studie von 2014 gibt es<br />
mehrere Einsamkeitstypen. Zum Beispiel die<br />
"Workaholics" – junge Menschen, die sich in ihre<br />
Arbeit vergraben. Oder die "Verletzlichen" –<br />
zu 70 Prozent Frauen –, die aus Angst<br />
Beziehungen vermeiden.<br />
Singles sind, wenig überraschend, einsamer als<br />
Menschen in einer Beziehung.<br />
Interessanterweise macht es keinen<br />
Unterschied, ob sie Kinder haben oder nicht.<br />
Männer leiden deutlich häufiger als Frauen,<br />
obwohl sie an ihr soziales Leben viel geringere<br />
Ansprüche stellen, weder ein großes<br />
Freundschaftsnetz brauchen noch häufig<br />
Gefühle austauschen möchten. Ihnen ist vor<br />
allem wichtig – eine Partnerin.<br />
"Wenn was in der Partnerschaft beispielsweise<br />
passiert wie jetzt eine Verwitwung – Frauen<br />
erholen sich da viel schneller und das liegt<br />
einfach daran, dass die ein viel größeres<br />
Netzwerk haben. Bei Männern ist es so, die<br />
hängen sehr stark von ihrer Partnerin ab, und<br />
wenn die dann nicht mehr da ist, dann leiden<br />
Männer extrem, weil sie einfach nicht so großes<br />
Netzwerk haben und dann darüber das<br />
kompensieren können."<br />
Sonia Lippke, Professorin für<br />
Gesundheitspsychologie an der Jacobs-<br />
Universität Bremen. Lebenspartner bieten einen<br />
Schutz – aber keine Garantie. Ein großer Teil<br />
der einsamen Menschen – in den USA sind es<br />
80 Prozent – leben in einer Beziehung. Und die<br />
Alten? Sie passen sich von der Tendenz her<br />
ihrer Lebenssituation erstaunlich flexibel an,<br />
schrauben Ansprüche nach unten und<br />
versuchen zu genießen, was ihnen vergönnt ist.<br />
Es sind die 40- bis 49-Jährigen, die heute am<br />
häufigsten mit Einsamkeit kämpfen.<br />
Der Kinder-Kosmos ist verlorengegangen<br />
Es gibt eine weitere Gruppe, für die Einsamkeit<br />
ein schwerwiegendes Problem sein kann –<br />
Kinder. Das erlebte auch der freie<br />
Fernsehredakteur Klaus Purkart, dessen Mutter<br />
depressiv war.<br />
"Das war so mit drei, vier Jahren. Die einzige<br />
Bezugsperson war meine Mutter, mein Vater war<br />
den ganzen Tag bei der Arbeit, und deswegen<br />
kann ich mich erinnern, dass ich da tagelang<br />
allein in meinem Zimmer gesessen habe. Ich<br />
hab mich da sehr in meine Fantasie geflüchtet;<br />
ich hab dann mit Stofftieren gespielt und ich kann<br />
mich erinnern, dass ich damals dachte: Ich kann<br />
bald in die Schule, das hat mich immer fasziniert,<br />
dass ich da bald bin."<br />
Erst im Grundschulalter können Kinder ihre<br />
Einsamkeit bewusst reflektieren und zu ihrem<br />
eigenen Verhalten in Beziehung setzen. Wenn<br />
Kinder sich als Verlierer im Status-Gerangel<br />
wiederfinden, wie es längst auch den<br />
Kindergarten erreicht hat, wenn sie keine<br />
Aufgabe im Fußball- oder Theaterspiel erhalten,<br />
ähnelt ihre Ursachenanalyse der von<br />
Erwachsenen: Soziale Erfolge nehmen sie als<br />
Zufall wahr, Misserfolge schreiben sie sich selbst<br />
zu – "ich bin langweilig, hässlich und dumm." In<br />
Wirklichkeit fällt vor allem schüchternen oder<br />
aggressiven Kindern der Zugang zu<br />
Gleichaltrigen schwer. Professor Veit Rößner,<br />
Direktor der Klinik für Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in<br />
Dresden.<br />
"Ein Erwachsener kann Beziehungen viel besser<br />
einschätzen, auch die Intensität einer Beziehung<br />
viel besser einschätzen und hat einen viel<br />
breiteren Werkzeugkoffer: wie geht er zukünftig<br />
mit einer Beziehung um? Intensiviert er die oder<br />
lässt er die eher ein bisschen an den Rand<br />
25
treten, was Kindern natürlich ganz<br />
logischerweise aufgrund der Lebenserfahrung,<br />
aufgrund der kognitiven, emotionalen<br />
Fähigkeiten, der sprachlichen Fähigkeiten<br />
überhaupt nicht möglich ist."<br />
Ausgelassen springen Kinder auf einer Hüpfburg herum.<br />
(picture alliance/dpa/Ralf Hirschberger)<br />
Große Kindergruppen, die ohne Aufsicht frei in<br />
den Straßen spielen? Ein Bild aus vergangenen<br />
Zeiten. Heute fehlen oft Geschwister und<br />
Nachbarskinder und viele Eltern lassen ihren<br />
Nachwuchs nicht mehr allein aus dem Haus.<br />
Kinderpsychologen sprechen von einer<br />
"Verinselung": Sämtliche Aktivitäten werden von<br />
Erwachsenen geplant und gesteuert. Eine davon<br />
unabhängige, in Kinderhand liegende<br />
Erlebenswelt gibt es kaum noch. Auch ein Zuviel<br />
an Aktivitäten kann zur Vereinzelung führen.<br />
"Nehmen wir zum Beispiel das Thema Sport im<br />
Verein: Also, Eltern neigen immer häufiger dazu,<br />
nach der ersten Anfangseuphorie, wenn die<br />
verflogen ist, zu sagen, 'dann probier doch mal<br />
was anderes aus'. Und deswegen wird viel<br />
gefahren, viel ausprobiert, aber dadurch entsteht<br />
auch keine tragfähige Beziehung, die einfach<br />
eine gewisse Zeit braucht."<br />
Kinder brauchen das Gefühl von<br />
"Selbstwirksamkeit"<br />
Wie vertragen wir uns nach einem Streit? Was<br />
fangen wir miteinander an, wenn uns langweilig<br />
ist? Kinder brauchen Zeit, das zu erleben und<br />
auszuprobieren – und können es nicht, wenn<br />
Eltern ein Unterhaltungsprogramm rund um die<br />
Uhr organisieren. Ein Kind muss<br />
"Selbstwirksamkeit" spüren – aus eigener Kraft<br />
und mit eigenen Ideen Freundschaft und<br />
Gemeinschaft zum Laufen zu bringen.<br />
"Viele der Kinder, die wir sehen, haben eine<br />
gewisse Zeit Ansätze eines Einsamkeitsgefühls,<br />
aber diese Leere wird vor allem durch die Eltern<br />
gefüllt. Aber wenn das Kind dann – meist so<br />
zweite, dritte Klasse – merkt, dass irgendwas mit<br />
ihm anders ist, dass es eben doch nicht in der<br />
Fußballmannschaft integriert ist oder in der<br />
Theatergruppe wirklich vermisst wird, wenn es<br />
nicht kommt, dann haben die Kinder natürlich<br />
schon auch Züge von depressiven Reaktionen<br />
bis hin zu selbstverletzendem Verhalten."<br />
Wenn nur noch eine Therapie weiterhelfen kann,<br />
richtet sie sich nicht allein an das Kind.<br />
"Man muss auch den Eltern ganz klar sagen, sie<br />
müssen sich mit anstrengen. Das gesamte<br />
System muss sich verändern, und nur dann hat<br />
das Kind überhaupt eine Chance, aus so einer<br />
erlernten festgefahrenen Rolle wieder<br />
rauszukommen."<br />
Das Internet ist nicht schuld an Einsamkeit<br />
Jugend – Zeit des glücklichen Party-Lebens? In<br />
einer Umfrage des Deutschen Studentenwerks<br />
gaben vier Prozent der Studierenden an, so<br />
große Kontaktschwierigkeiten zu haben, dass<br />
sie Hilfe wünschen. Weitere elf Prozent spürten<br />
depressive Verstimmungen, die oft aus<br />
Einsamkeitsgefühlen resultieren. Ein Großteil<br />
der Abiturienten in Deutschland bewirbt sich<br />
nicht an Universitäten, die weit von ihrem<br />
Heimatort entfernt liegen, selbst wenn deren Ruf<br />
exzellent ist – aus Angst vor Einsamkeit, sagen<br />
Psychologen.<br />
Jugendliche Einsamkeit, heute oft lapidar dem<br />
Internet zugeschoben, hat einen wichtigen<br />
entwicklungspsychologischen Sinn: Der<br />
emotionale Bezugspunkt der Eltern muss<br />
wegbrechen, damit ein junger Mensch sich von<br />
zu Hause löst und seine wichtigsten<br />
Beziehungen nun außerhalb des Elternhauses<br />
sucht.<br />
Ein Kind starrt gebannt auf den Bildschirm eines Laptops.<br />
(picture alliance / dpa / Horst Ossinger)<br />
Was die Internetnutzung angeht, zeigte 2015<br />
eine Studie der Klinik für Psychosomatische<br />
Medizin in Mainz, wo der gesunde Mittelweg<br />
liegen mag: Jugendliche, die mehr als sechs<br />
Stunden, also mit Suchtcharakter, täglich online<br />
sind, haben es schwerer, Beziehungen zu<br />
Gleichaltrigen aufzubauen. Sie kommunizieren<br />
weniger, vertrauen ihren Freunden weniger und<br />
26
fühlen sich von anderen stärker entfremdet.<br />
Doch in Maßen genutzt, stärken digitale<br />
Netzwerke die realen Freundschaften sogar.<br />
Das bestätigt auch Sonia Lippke.<br />
"Es gibt auch viele Menschen, die erst mal<br />
vollkommen damit glücklich sind, einfach<br />
Menschen um sich herum zu haben, auch wenn<br />
man die jetzt gar nicht so im realen Leben trifft –<br />
das kann dieses Gefühl der Einsamkeit auf jeden<br />
Fall sehr gut überbrücken, die Frage ist nur:<br />
Muss es dann nicht doch auch mal<br />
Möglichkeiten geben, sich wieder zu sehen?"<br />
Eine große Rolle spielen Persönlichkeitsfaktoren<br />
Wo liegen, wenn das Internet nicht schuldig ist,<br />
die Ursachen heutiger Einsamkeit?<br />
Persönlichkeit spielt eine Rolle: Wer eher<br />
pessimistisch ist, angsterfüllt oder ständig auf<br />
sich selbst fokussiert, ist eher gefährdet. Auch<br />
wer als Kind einen unsicheren, abweisenden<br />
oder besitzergreifenden Bindungsstil erfahren<br />
hat, hat es später im Leben schwer,<br />
vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen, das<br />
konnten die amerikanische Forscherin Kim<br />
Bartholomew und ihr Kollege Leonard Horowitz<br />
1991 in einer viel beachteten Untersuchung<br />
nachweisen. Ein Beispiel erzählt der Sänger und<br />
Gesangslehrer Sam Thiel. Er wuchs auf dem<br />
Land in Texas auf – jahrelang als Einzelkind und<br />
meilenweit von anderen Kindern entfernt.<br />
"Meine Eltern waren sehr daran interessiert,<br />
dass ich gut erzogen werde, aber nicht<br />
demonstrativ mit Umarmungen, das habe ich<br />
nicht gekannt. Wenn jemand zu nahekommt, da<br />
werde ich etwas argwöhnisch. Es gibt eine<br />
bestimmte Distanz, die gut ist. Heute noch. Mein<br />
Partner beklagt sich, weil ich sehr privat bin; ich<br />
brauche meine Zeit alleine. Ich tendiere heute<br />
noch dazu, immer meine Probleme alleine lösen<br />
zu wollen. Auch wenn jemand Hilfe anbietet. Das<br />
ist immer ein Problem, das anzunehmen."<br />
Und die gesellschaftlichen Ursachen der<br />
Einsamkeit? Die Single-Haushalte allein sind es<br />
nicht, denn wer so wohnt, muss weder partnerlos<br />
noch sozial isoliert oder subjektiv einsam sein<br />
– selbst Menschen in Wohngemeinschaften<br />
gelten offiziell als "Single". Der Soziologe<br />
Janosch Schobin betont ein anderes Phänomen.<br />
"Eine Familie, wo ich nur meine Eltern habe und<br />
mein eigenes Kind: Schon der Ausfall einer<br />
Person reicht da aus, damit ich fast schon in der<br />
sozialen Isolation lebe. Die Eltern sterben<br />
zwangsläufig irgendwann und dann ist nur noch<br />
das Kind da. Der Mangel an Bindungsreserven<br />
kommt irgendwann an einen<br />
Erschöpfungspunkt. Soziale Katastrophen kann<br />
ich da ab einem gewissen Punkt gar nicht mehr<br />
abfedern."<br />
Der Soziologe Dr. Janosch Schobin ist seit 2006<br />
am Hamburger Institut für Sozialforschung, z.Zt.<br />
mit dem Projekt "Gesellschaftliche Dynamiken<br />
der Einsamkeit". (Hamburger Institut für<br />
Sozialforschung)<br />
Das soziale Gefüge der Gesellschaft dünnt aus.<br />
Darum sind Menschen im mittleren Alter heute<br />
schon besonders betroffen – sie haben zu wenig<br />
Verwandte. Viele sind bereits Einzelkind zweier<br />
Einzelkinder, also ohne Geschwister, Tanten,<br />
Onkel, Cousinen, Cousins, Schwägerinnen,<br />
Schwager, Nichten oder Neffen. Ganz allein<br />
müssen sie sich um ihre Eltern kümmern, was<br />
einsame Alte hervorbringt. Hinzu kommt der<br />
"Matthäus-Effekt" sozialer Gefüge – wer hat,<br />
dem wird gegeben, mit exponentieller Wirkung:<br />
Ein paar gut vernetzte Freunde sorgen für einen<br />
Fluss an Kontaktangeboten. Menschen mit<br />
vielen Kindern sind mit Enkeln meist reich<br />
gesegnet. Wer nicht hat, geht leer aus. Schon<br />
2004 gehörten in Deutschland acht Prozent der<br />
Erwachsenen in die Gruppe der "Solos"<br />
– Menschen ganz ohne Angehörige. Kontakte zu<br />
nahen Menschen, besonders von Angesicht zu<br />
Angesicht, nehmen in Industriegesellschaften<br />
messbar ab.<br />
"Unsere Gesellschaft produziert schlicht und<br />
ergreifend Gruppen, die für soziale Isolation –<br />
also für sehr starke soziale Isolation – und daran<br />
anschließend für Vereinsamung anfällig sind."<br />
(Mini Kapur:) "Ich komme aus einem Land, wo<br />
viele Menschen sind. Und du hast keine<br />
Sekunde für dich. Und ich wollte ich Ruhe haben,<br />
habe ich immer wieder zu meinem Vater gesagt:<br />
'Ich gehe so weit weg von euch!' Und er hat mich<br />
nur angelächelt und immer gesagt: 'Mini, keiner<br />
kann auf einer Insel leben. Du brauchst eine<br />
Gesellschaft.' In Indien hast du so viele Leute um<br />
dich. Du kannst jeden Tag mit irgendeiner<br />
Person über irgendeinen Teil von dir irgendwie<br />
Austausch haben. Diesen Stil des Lebens von<br />
Indien schätze ich heute viel mehr, als wo ich in<br />
Indien war."<br />
Auch in Deutschland sind Familien noch immer<br />
sehr solidarisch. Eltern, Kinder und Großeltern<br />
leben zwar nicht mehr unter einem Dach, aber<br />
als "multilokale Mehrgenerationenfamilie" oft<br />
nah beieinander, mit lebenslangen engen<br />
Bindungen. Großeltern kümmern sich um die<br />
Enkel, Eltern unterstützen Großeltern. Das ist<br />
mit Freiheitseinbußen und Belastungen<br />
27
verbunden, doch hat gegenüber<br />
Freundschaftsnetzwerken<br />
einen<br />
entscheidenden Vorteil: Familiäre Beziehungen<br />
lassen sich nur schwer kündigen – und man darf<br />
sich danebenbenehmen. Freundschaften<br />
hingegen wollen ständig gepflegt und aktualisiert<br />
sein. Darum zeigen Menschen sich darin eher<br />
von ihrer Schokoladenseite – eine<br />
Einsamkeitsfalle.<br />
Einsamkeit ist ansteckend<br />
Geteiltes Leid sei halbes Leid, sagt das<br />
Sprichwort, und geteilte Freude doppelte<br />
Freude. Im Licht der Einsamkeitsforschung<br />
stimmt das nur bedingt. Das konnte auch die<br />
berühmte "Framingham"-Langzeitstudie in den<br />
USA zeigen: Wer mit einem glücklichen<br />
Menschen befreundet ist, wird selbst um<br />
durchschnittlich fünfzehn Prozent glücklicher.<br />
Sogar seine Freunde, die den Glücklichen gar<br />
nicht persönlich kennen, werden noch um zehn<br />
Prozent glücklicher und deren Freundinnen und<br />
Freunde noch um sechs Prozent – eine<br />
phänomenale Weitergabe um drei Ecken.<br />
Zum Vergleich: 10.000 Dollar mehr<br />
Jahresverdienst schenken nur zwei Prozent<br />
mehr Glücksgefühle. Doch auch Einsamkeit<br />
steckt an, fand John Cacioppo anhand der<br />
Framingham-Daten heraus. Mehr als die Hälfte<br />
der Freunde und Angehörigen von einsamen<br />
Menschen entwickeln innerhalb von zwei Jahren<br />
selbst Gefühle von Einsamkeit und mehr noch:<br />
Sie verlieren ebenfalls ihre sozialen Kontakte.<br />
(Sonia Lippke:) "Sind Freunde, die dichter<br />
beieinander leben, eher in Gefahr, sich<br />
gegenseitig anzustecken? Das scheint so zu<br />
sein, denn diejenigen, die sich zurückziehen,<br />
vermitteln natürlich auch das Gefühl: 'Ich möchte<br />
mit dir jetzt nichts mehr zu tun haben!' Und auf<br />
die anderen wirkt das dann im Sinne von: 'Du<br />
verstehst mich nicht, lass mich in Ruhe!' Und das<br />
ist dann wie so ein<br />
Teufelskreis."<br />
Janosch Schobin konnte in<br />
seiner Forschung sogar<br />
zeigen,<br />
wie<br />
gesellschaftspolitische<br />
Entscheidungen Einsamkeit<br />
handfest produzieren.<br />
Eindrücklich ist das Beispiel<br />
afroamerikanischer<br />
Bürgerinnen und Bürger in<br />
den USA.<br />
"Ich hab jetzt im Kopf eine<br />
ältere Frau, die hab ich<br />
interviewt, die ist in den<br />
fünfziger Jahren in Harlem<br />
aufgewachsen. Harlem war<br />
damals<br />
ein<br />
kleinbürgerliches<br />
Aufstiegsviertel: kleine<br />
Geschäfte, als Friseure<br />
oder als Mechaniker, also kleinbürgerliche<br />
Existenzen, die aber eine relativ solide<br />
ökonomische Basis hatten, und die Familien<br />
waren extrem stark integriert. Die wohnten alle in<br />
dem gleichen Haus. Die Kinder konnten<br />
zwischen Wohnungen hin und her gehen. Die<br />
Familien waren groß. Man gehörte dazu und es<br />
gab auch kein wirkliches Ausbrechen. Und das<br />
ist, wenn man so will, die Urszene 1950. Und<br />
dann kommt erstmal Vietnam."<br />
Für den Krieg rekrutiert die Armee<br />
überdurchschnittlich viele schwarze junge<br />
Männer und reißt sie in den Tod. Väter, Söhne,<br />
Brüder gehen verloren. Die Heimkehrer sind<br />
häufig traumatisiert. Drogen schwemmen in die<br />
schwarzen Wohnviertel, der Krieg mit und gegen<br />
Drogen beginnt. Zahllose Ehemänner, Väter,<br />
Brüder, Großväter verschwinden hinter Gittern.<br />
Dann steigen in den 1990er Jahren die<br />
Immobilienpreise. Die Reste der schwarzen<br />
Familien werden aus ihren angestammten<br />
Wohnvierteln verdrängt und verstreuen sich in<br />
alle Winde.<br />
"Die Gemeinschaft, die es irgendwann 1950<br />
gegeben hat, ist inexistent mittlerweile – und<br />
28
alles kann man eigentlich zurückführen auf<br />
relativ klare politische Faktoren."<br />
Einsamkeit macht auch körperlich krank<br />
Menschliche Netzwerke bieten Rollen an, in die<br />
hinein sich Identität und Zugehörigkeit<br />
entwickeln. Sie erfüllen das Grundbedürfnis, in<br />
anderen Menschen Halt, Orientierung und eine<br />
Bestätigung des eigenen Wertes zu finden. Nur<br />
in Gemeinschaft erwerben Menschen ein<br />
Verhalten, das auch die Gesellschaft insgesamt<br />
zusammenhalten kann: freundlich und<br />
großzügig zu sein, weil das mit sozialer<br />
Akzeptanz belohnt wird, und Egoismus zu<br />
meiden, weil der unsympathisch macht und<br />
isoliert.<br />
Freundliche, nahe Menschen sind eine der<br />
wichtigsten Ressourcen der Stressbewältigung<br />
im Leben – das hält auch den Körper gesund.<br />
2010 wertete die amerikanische Psychologin<br />
Julianne Holt-Lunstad die Daten von mehr als<br />
300.000 Amerikanern aus. Ihr Ergebnis: Sozial<br />
isoliert zu sein senkt die Lebenserwartung. Es ist<br />
so schädlich wie Alkoholismus oder 15<br />
Zigaretten täglich und sogar doppelt so<br />
schädlich wie Fettleibigkeit. Dauerhaft Einsame<br />
leiden häufiger unter Erschöpfung,<br />
Entzündungen,<br />
Kopfschmerzen,<br />
Kreislaufstörungen oder hohem Blutdruck.<br />
(Sonia Lippke:) "Es gibt Annahmen über die<br />
Wirkmechanismen, die sind nicht bis ins letzte<br />
Detail mittlerweile wissenschaftlich geklärt, aber<br />
es wird eben angenommen, dass die Einsamkeit<br />
auf Cortisol, also auf Hormone wirkt, aber eben<br />
auch auf Gesundheitsverhalten oder<br />
Risikoverhaltensweisen und direkt auch über<br />
Schlaf; auf die kardiovaskuläre Aktivierung, also<br />
das heißt, der ganze Körper reagiert."<br />
Sozialer Wohnungsbau - Kindheit in Betonsiedlung<br />
Krank durch Einsamkeit – das ist ein subtiler<br />
Verschleißprozess, sagt Einsamkeitsforscher<br />
John Cacioppo in seinem Buch. Es fehlen<br />
körperliche Berührungen, Trost und Beruhigung.<br />
Die Selbstfürsorge lässt nach. Wenn man ganz<br />
allein ist, achtet niemand darauf, dass man<br />
täglich gesund kocht, sich an der frischen Luft<br />
bewegt, weniger raucht und trinkt, Medikamente<br />
nimmt und zum Arzt geht. Im Notfall ruft niemand<br />
Hilfe. Einsame brauchen dreimal länger, um<br />
einzuschlafen, und selbst wenn sie gleich viel<br />
schlafen, fühlen sie sich anschließend weniger<br />
erholt.<br />
Um ihrem Schmerz Linderung zu verschaffen,<br />
verfolgen Einsame viele Strategien. Nicht alle<br />
sind hilfreich. "Fernseher an" ist die häufigste<br />
Notlösung, es folgen Musikhören, Lesen,<br />
Kochen, allein Spazierengehen. Doch so findet<br />
man keine neuen Freunde. Selbst Menschen,<br />
die sich wegen Stress im Beruf sozial isoliert<br />
fühlen, stürzen sich in noch mehr Arbeit, um den<br />
Schmerz zu betäuben. Psychologen sagen:<br />
"Einsamkeit ist eine Gefängniszelle, die sich nur<br />
von innen öffnen lässt."<br />
Anti-Einsamkeitsprogramm: "EASE"<br />
Die Immigrantin Mini Kapur hat eine Galerie<br />
eröffnet. Sie heißt "Under the Mango Tree" und<br />
fördert junge Künstler – ein Hauch des<br />
Lebensgefühls und der Gemeinschaftlichkeit<br />
Indiens mitten in Berlin.<br />
"Wenn ich offen gewesen wäre, hätte ich nicht<br />
so viel leiden müssen. Einsamkeit für mich, wie<br />
ich es sehe, ist eine Frage des Wählens: froh zu<br />
sein oder traurig zu sein. Zu entscheiden!<br />
Entscheidend war wirklich der Moment, wo ich<br />
Berlin zu meiner Heimat innerlich gemacht habe.<br />
Das war der Moment, wo ich entschieden habe:<br />
no more! Wenn du offen bist, nach draußen zu<br />
gehen und mit Menschen zu reden und neu<br />
anzufangen, diese Freude zu haben – du kannst<br />
auch gewinnen, weißt du."<br />
Basierend auf seiner Forschung hat John<br />
Cacioppo das Anti-Einsamkeitsprogramm<br />
"EASE" entwickelt – zu deutsch "Erleichterung".<br />
Das "E" steht für "extent" – den eigenen<br />
Aktionsradius erweitern, ein Ehrenamt ist dafür<br />
ideal. Das "A" steht für "action" – nur eigene<br />
Aktivitäten führen aus der Einsamkeit.<br />
Wichtig: selbst ein guter Freund sein<br />
Das "S" im EASE-Programm steht für<br />
"selective". Einsame sollten sich genau<br />
überlegen, mit welchen Menschen sie Umgang<br />
haben möchten – und sich dann hartnäckig<br />
darum bemühen. Das letzte "E" bedeutet<br />
"erwarte das Beste" – ein Appell, Misstrauen und<br />
alte Feindschaften fallen zu lassen. Der<br />
Fernsehredakteur Klaus Purkart legt heute viel<br />
Wert darauf, selbst ein guter Freund zu sein.<br />
29
"Ich hab sehr lange gebraucht, um überhaupt da<br />
hinzukommen, wo ich mir denke: 'Ich kenne<br />
dieses Gefühl. Ich hab diese Angst vor dem<br />
Alleinsein aus frühester Kindheit.' Ich arbeite<br />
jetzt im Erwachsenenleben dagegen; ich habe<br />
einen<br />
großen<br />
und etwas für sich und andere zu tun. Darum<br />
müsse die Politik mehr Geld zum Beispiel in<br />
Nachbarschaftsarbeit stecken. Janosch Schobin<br />
hat noch grundsätzlichere Forderungen:<br />
"Unsere Arbeitsmarktpolitik ist im Moment so<br />
Freundeskreis und mach sehr viel und bring<br />
mich ein, soziales Engagement zu leben und<br />
auch von anderen geliebt zu werden."<br />
Hedy Gerstung arbeitet heute als Therapeutin.<br />
Ihre schmerzvolle Kinderzeit im Heim hat sie in<br />
die Fähigkeit verwandelt, andere Menschen zu<br />
begleiten.<br />
"Ich hab zehn Jahre Therapie gemacht und das<br />
war eine Bemutterung. Das war wirklich durch<br />
die ganze Scheiße durchwaten, mit viel<br />
Vertrauen. Ich glaube, wenn Menschen alleine<br />
sind und das Gefühl haben, sie sind einsam, ist<br />
die Frage, was sie brauchen. Was ist das<br />
Thema? Woran liegt es, dass ich nicht in<br />
Kontakte gehen kann? Und grundsätzlich bin ich<br />
immer dafür: Holt euch die Unterstützung von<br />
professionellen Personen, wenn das Gefühl der<br />
Einsamkeit zu groß wird – bis dahin zu sagen,<br />
'ich muss aus dem Leben scheiden, denn ich<br />
geh hier unter, ich geh hier ein'."<br />
Sozialpolitik muss die Bindungen der Menschen<br />
berücksichtigen<br />
Einsamkeitsforscher mahnen dringend ein<br />
politisches Umdenken an. Menschen brauchen<br />
Gelegenheiten, miteinander in Kontakt zu treten<br />
gestrickt, dass sie von Leuten im Prinzip<br />
erwartet, dass sie für einen Job egal wo in<br />
Deutschland umziehen. Ob das klug ist, wage<br />
ich zu bezweifeln. Insgesamt würde ich die<br />
Forderung aufstellen, dass man unsere<br />
Sozialpolitiken immer auch auf die Frage 'Wie<br />
wirkt sich das eigentlich die sozialen Bindungen<br />
der Bürger aus?' mit befragen sollte."<br />
Die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft dürfen<br />
nicht vergessen werden, unterstreicht der<br />
Kinderpsychologe Veit Rößner. Mehr Geld<br />
und kinderpsychologisches Know-how müssen<br />
in die Lehrerausbildung fließen – und keinesfalls<br />
darf es unmodern werden, sich für andere<br />
einzusetzen.<br />
"Gerade Kinder, die eben still sind, die am Rand<br />
stehen, die bräuchten viel häufiger jemanden,<br />
egal ob Nachbar oder Elternteil eines<br />
Klassenkameraden, dass da mal jemand sagt:<br />
Oh, das fällt mir auf, da engagiere ich mich, da<br />
gehe ich auch das Risiko ein, vielleicht Ärger zu<br />
bekommen – aber ich kann doch nicht einfach<br />
zugucken, wie jemand am Rand steht und immer<br />
trauriger wird."<br />
30
liebt euch. Er will euch eure Schuld<br />
vergeben und dafür hat er<br />
seinen Sohn Jesus<br />
auf die Erde<br />
gesandt. Jesus<br />
ist für euch<br />
gestorben,<br />
damit ihr<br />
wieder dem<br />
lebendigen<br />
Gott dienen<br />
könnt. Für ihn<br />
allein sollt ihr<br />
leben, er soll euch<br />
das Wichtigste sein.“<br />
Heilung eines Gelähmten in Lystra<br />
Bibeltext: Apg 14,8-20<br />
Lehre: Es gibt nur einen Gott.<br />
Bibelvers: Mt 4,10b (Elb): Du sollst den Herrn,<br />
deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.<br />
Bibelvers: Psalm 86,10 (Einh): Denn du bist<br />
groß und tust Wunder; du allein bist Gott.<br />
Was kennt ihr für Götter? Menschen glauben an<br />
so viel Verschiedenes. Aber die Bibel sagt uns,<br />
dass es nur einen wahren Gott gibt. (5. Mose<br />
6,4): „Höre Israel: Der HERR ist unser Gott, der<br />
HERR allein!“ (Ps 86,10) „Denn groß bist du und<br />
tust Wunder, du bist Gott, du allein.“<br />
Aber trotzdem beten viele Menschen andere<br />
Götter an. Heute sind das nicht so sehr Zeus<br />
oder Hermes oder Poseidon oder wie sie heißen,<br />
heute sind es Musik, Sport, Freunde oder<br />
einfach das eigene Interesse, dass einem<br />
wichtiger ist als Gott. Wir sollen Gott allein<br />
dienen, das heißt, Gott muss an erster Stelle in<br />
unserem Leben stehen.<br />
Die Griechen damals hatten viele Götter. Für<br />
alles Mögliche hatten sie sich einen Gott<br />
gemacht. Aber diese Götter konnten nicht<br />
helfen, weil sie nicht echt waren, sie lebten nicht.<br />
Aber den einzigen Gott, der wirklich helfen kann,<br />
den kannten sie nicht.<br />
Paulus kannte diesen Gott und er wollte, dass<br />
alle anderen Menschen ihn auch kennen lernen.<br />
Deshalb zog er von Stadt zu Stadt, um den<br />
Menschen von Gott zu erzählen. „Es gibt einen<br />
lebendigen Gott. Der, der Himmel und Erde und<br />
alles was darin ist, gemacht hat. Und dieser Gott<br />
Immer wieder hörten Menschen die Botschaft<br />
und erkannten, dass ihre vielen Götzen ihnen<br />
nicht helfen konnten und dass es nur einen<br />
lebendigen Gott gibt. Und deshalb wollten sie<br />
diesen Gott kennen lernen und für ihn leben.<br />
Paulus war mit seinem Freund Barnabas<br />
unterwegs. Zusammen kamen sie nach Lystra.<br />
Viele Menschen hörten ihnen zu. Als Paulus<br />
predigte, fiel ihm ein Mann auf. Er saß dort auf<br />
der Seite, schon die ganze Zeit. Und er bettelte,<br />
denn er konnte nicht arbeiten. Der Mann war<br />
gelähmt. Schon als Kind konnte er nicht laufen.<br />
Nie hatte er das Laufen gelernt, nie seine Beine<br />
gebrauchen können. Als Kind konnte er nicht<br />
rennen oder hüpfen. Stellt euch das vor, wenn<br />
ihr euch nicht selbst bewegen könntet. Immer<br />
müssten andere euch irgendwo hin tragen. Ihr<br />
könntet nicht mitspielen. Und zu der Zeit gab es<br />
für diesen Mann auch keine Möglichkeit,<br />
arbeiten zu gehen. Es gab auch keine Rollstühle.<br />
Jeden Tag brachten Freunde ihn an einen Ort,<br />
wo viele Menschen vorbei kamen, die ihm etwas<br />
Geld gaben. Mit dem Geld konnte er sich<br />
wenigstens etwas zu essen kaufen.<br />
Jetzt hörte er zu, was Paulus erzählte. „Es gibt<br />
nur einen Gott, er allein kann euch helfen und<br />
ihm allein sollt ihr dienen.“ – Und was war mit<br />
den vielen anderen Göttern? fragte er sich. Die<br />
ganzen Menschen glaubten doch an sie,<br />
deshalb mussten sie doch echt sein. Aber was<br />
hatte Paulus gesagt: „Es gibt nur einen Gott, der<br />
hat Himmel und Erde gemacht. Nur er ist wirklich<br />
lebendig.“ – Es gab so viele Geschichten über<br />
die vielen Götter, aber der Lahme hatte noch nie<br />
erlebt, dass diese Götter wirklich helfen konnten.<br />
Das, was Paulus erzählte, das hörte sich ganz<br />
anderes an. Wenn dieser Gott die Macht hatte,<br />
31
seinen Sohn Jesus wieder lebendig zu machen,<br />
dann musste er echt sein.<br />
Dem Lahmen wurde ganz klar: Das, was Paulus<br />
erzählt, das stimmt. Es gibt nur diesen einen<br />
Gott, den, der Himmel und Erde gemacht hat.<br />
Dieser Gott hat seinen Sohn am Kreuz sterben<br />
lassen, damit die Menschen Vergebung der<br />
Sünden haben können. Zu diesem Gott wollte<br />
der Lahme auch gehören und ihm dienen. Und<br />
er glaubte noch etwas. Er vertraute darauf, dass<br />
dieser Gott ihm wirklich auch helfen konnte. Er<br />
war ja krank, keiner seiner Götter, oder besser<br />
Götzen, hatte ihn gesund machen können, sie<br />
lebten ja gar nicht wirklich. Aber der lebendige<br />
Gott, der konnte es.<br />
Paulus hatte diesen Mann beobachtet. Und in<br />
seinem Gesicht konnte er ein wenig von seinen<br />
Gedanken erkennen. Er wusste, dass der<br />
Lahme auf Gott vertraute. Und darauf, dass Gott<br />
ihn gesund machen könnte. Deshalb ging<br />
Paulus zu ihm hin: „Steh auf und stell dich auf<br />
deine Füße!“ sagte er. Viele hätten jetzt vielleicht<br />
gesagt: „Das ist ja gerade mein Problem, ich<br />
kann nicht.“ Aber dieser Lahme nicht. Er glaubte,<br />
dass Gott der wahre und lebendige Gott ist und<br />
helfen kann. Deshalb sprang er auf. Er stand<br />
nicht vorsichtig auf, er sprang auf. Und er lief<br />
umher. Es ging. Ein Wunder war geschehen.<br />
Gott hatte ein Wunder getan und diesen Mann,<br />
der lahm war und nie laufen konnte, gesund<br />
gemacht. Der Mann war froh. Er wusste, dass<br />
nicht Paulus ihn geheilt hatte, sondern Gott<br />
selbst.<br />
Aber viele der anderen kannten den einzigen<br />
Gott nicht. Sie wussten nicht, dass es nur einen<br />
wahren Gott gibt. Jetzt sahen sie auf einmal das<br />
Wunder. Diese beiden Männer, der Paulus und<br />
der Barnabas, müssen Götter sein.“ sagten sie.<br />
„Die Götter sind Menschen geworden und zu uns<br />
herabgekommen. Die beiden hier sind Zeus und<br />
Hermes.“ riefen sie. Die Priester aus dem<br />
Tempel kamen schnell herbei und brachten<br />
Stiere und Blumenkränze mit. Sie wollten Paulus<br />
und Barnabas ein Opfer bringen.<br />
Was meint ihr, was Paulus und Barnabas getan<br />
haben? Haben sie sich anbeten lassen? Nein,<br />
sie wussten, es gibt nur einen wahren Gott und<br />
nur diesen einen Gott darf man anbeten. Als sie<br />
erkannten, was geschah, sprangen sie sofort<br />
auf. „Was tut ihr hier? Auch wir sind nur<br />
Menschen, so wie ihr.“ riefen sie. „Wir sind doch<br />
extra zu euch gekommen um euch zu erklären,<br />
dass es nur einen wahren Gott gibt und ihr nur<br />
ihn anbeten und dienen sollt.“<br />
Es war schwer, die Volksmenge davon<br />
abzubringen. Aber schließlich beruhigten sie<br />
sich. Paulus und Barnabas wollten Gott ehren<br />
und nicht sich selbst. Kein Mensch darf<br />
angebetet werden, diese Ehre gehört allein Gott.<br />
Was betest du an? Oder wem? Oder was ist dir<br />
das Wichtigste im Leben? Vielleicht dein<br />
Computer, oder Sport, oder Freunde. Wenn dir<br />
irgendwas wichtiger ist als Gott, dann ist es ein<br />
Götze für dich. Gott allein sollen wir dienen. Er<br />
will dass wir ihn von ganzen Herzen lieben.<br />
Wenn es etwas gibt, was dir wichtiger ist, dann<br />
musst du neu anfangen. Dann fang heute ein<br />
neues Leben an, in dem Gott im Mittelpunkt<br />
steht.<br />
Endlich hatte sich das Volk beruhigt. Aber schon<br />
kurze Zeit später gab es eine neue Aufregung.<br />
Einigen Menschen gefiel es nicht, dass Paulus<br />
und Barnabas erzählten, dass es nur einen Gott<br />
gibt. Und diese Menschen hatten viel Einfluss im<br />
Volk. Sie redeten schlecht über Paulus und<br />
überredeten die Menschen sogar dazu, sich<br />
gegen Paulus zu stellen. Als einige dieser Leute<br />
zusammenstanden, sahen sie Paulus, der ihnen<br />
entgegenkam. Sie wurden wütend und bald<br />
hatten sie Steine in der Hand. Ehe Paulus<br />
erkannte, was los war, traf ihn schon ein Stein<br />
am Kopf. Immer mehr Steine flogen in seine<br />
Richtung. Paulus bekam nichts mehr davon mit,<br />
weil er ohnmächtig wurde. Seine Gegner<br />
meinten, er ist tot. Sie zogen ihn nach draußen<br />
vor die Stadt und ließen ihn dort liegen.<br />
Paulus Freunde liefen schnell zu ihm. War<br />
Paulus wirklich tot? Wie konnte das nur<br />
passieren? Aber als sie Paulus umringten,<br />
bewegte er sich plötzlich. Paulus war nicht tot<br />
gewesen. Er war verletzt und bewusstlos<br />
geworden, aber Gott hatte ihn bewahrt.<br />
Vorsichtig stand Paulus auf. Er hatte<br />
Schmerzen, aber er lebte. Er wusste, der<br />
lebendige Gott war stärker als die Götzen der<br />
Menschen hier, denn diese Götzen waren tot.<br />
Gott hatte ihn vor dem Tod gerettet. Er stand auf<br />
und ging wieder in die Stadt hinein.<br />
Am nächsten Tag zog er weiter in eine andere<br />
Stadt, um den Menschen dort zu erklären, dass<br />
es nur einen lebendigen Gott gibt und dass sie<br />
ihm allein dienen sollten.<br />
32
Termine <strong>Juni</strong><br />
Datum * Uhrzeit Gottesdienst * Veranstaltung Anlass * Thema Prediger<br />
03.06. 10:00 Gottesdienst, Kindergottesdienst<br />
und Kirchencafé<br />
Entdeckungen im<br />
Römerbrief<br />
Rüdiger<br />
Puchta<br />
04.06. 20:00 Aufwind Anbetungsund<br />
Gebetsabend<br />
05.06. 18:00 ASE - Diakoniearbeit<br />
06.06. 19:00 Bibelgespräch 1./2. Buch Samuel<br />
09.06. 17:30 Teen- und Jugendtreffen<br />
10.06. 10:00 Gottesdienst, Kindergottesdienst<br />
und Kirchencafé<br />
12.06. 18:00 ASE - Diakoniearbeit<br />
13.06. 19:00 Mitarbeiterabend:<br />
Gemeindejubiläum<br />
14.06.<br />
bis<br />
16.06.<br />
Europäische Theologische<br />
Woche des FBGG<br />
in Neustadt<br />
17.06. 10:00 Gottesdienst, Kindergottesdienst<br />
und Kirchencafé<br />
19.06.. 18:00 ASE - Diakoniearbeit<br />
20.06. 19:00 Jüngerschaftskurs (4)<br />
23.06. Mitgliederversammlung<br />
des GiFBGG<br />
24.06. 10:00 Abendmahl - Gottesdienst,<br />
Kindergottesdienst und Kirchencafé<br />
Entdeckungen im<br />
Römerbrief<br />
Mit der Kindersegnung<br />
von Leonie Roth<br />
Entdeckungen im<br />
Römerbrief<br />
26.06 18:00 ASE - Diakoniearbeit<br />
27.06. 15:30 Hauskreis 60plus<br />
27.06. 19:00 Bibelgespräch 1./2. Buch Samuel<br />
29.06.<br />
bis<br />
01.07.<br />
Monschau Männer Camp<br />
Weitere Infos: Siehe Anmelde- und<br />
Infoflyer im Gemeindehaus!<br />
01.07. 10:00 Gottesdienst, Kindergottesdienst<br />
und Kirchencafé<br />
Entdeckungen im<br />
Römerbrief<br />
Heinz<br />
Hepp<br />
Rüdiger<br />
Puchta<br />
Rüdiger<br />
Puchta<br />
Weitere Hauskreisangebote finden nach Verabredung mit den Hauskreisteilnehmern statt!<br />
Heinz<br />
Hepp<br />
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34