Die am Sulcus deltoideopectoralis orientierte vertikale ... - Berlin Klinik
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<strong>Die</strong> <strong>am</strong> <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong> <strong>orientierte</strong><br />
<strong>vertikale</strong> infraklavikuläre Blockade des Plexus<br />
brachialis<br />
Eine modifizierte Methode zur Blockade der oberen Extremität<br />
G. Dimitrov 1 , F. Siegling 1 , J. Strauß 1 , T. Altmann 2 , H. Marciniak 2<br />
1 <strong>Klinik</strong> für Anästhesiologie und operative Intensivtherapie, Helios <strong>Klinik</strong>um <strong>Berlin</strong><br />
2 Institut für Röntgendiagnostik, Helios <strong>Klinik</strong>um <strong>Berlin</strong><br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. G. Dimitrov<br />
BERLIN KLINIK <strong>Klinik</strong> für MKG/Plastische<br />
Operationen und Zahnklinik für Oralchirurgie<br />
Ärztl. Dir. CA Dr. Dr. S. Stefan Schermer<br />
Leipziger Platz 3<br />
10117 <strong>Berlin</strong><br />
Tel.: 030-206796210<br />
Zus<strong>am</strong>menfassung<br />
<strong>Die</strong> Blockade des Plexus brachialis ist eine der <strong>am</strong> häufigsten angewandten<br />
Regionalanästhesietechniken. <strong>Die</strong> Festlegung der Punktionsstelle bei der <strong>vertikale</strong>n<br />
infraklavikulären Technik nach Kilka setzt das sichere Auffinden des ventralen Anteils<br />
des Acromion scapulae voraus. <strong>Die</strong>s bereitet vielen Anästhesisten Schwierigkeiten und<br />
ist bei adipösen und muskulösen Patienten sogar oft unmöglich.<br />
Es wird eine modifizierte Methode zur Blockade des Plexus brachialis über den<br />
infraklavikulären Zugangsweg beschrieben, indem verbesserte Leitstrukturen für die<br />
Durchführung vorgestellt werden. Im Vergleich zu den bisherigen infraklavikulären<br />
Techniken ist diese sicherer, einfach und auch schnell bei schwieriger körperlicher<br />
Konstitution des Patienten durchzuführen. Eine Pleuraverletzung ist methodisch<br />
ausgeschlossen, da eine kontrollierte Punktion weit von der Pleura entfernt stattfindet.<br />
Weiterhin wird eine Übersicht der wichtigsten bisher bekannten infraklavikulären<br />
Techniken gegeben.<br />
Summary<br />
The block of the brachial plexus Gould nowadays be considered one of the most<br />
frequently used method of regional anaesthesia. To use the vertical infraclavicular<br />
technique of Kilka it is necessary to find the ventral pari of the acromion which is<br />
often difficult especially <strong>am</strong>ong obese and athletic patients.<br />
We describe a modified method for the block of the brachial plexus using an<br />
infraclavicular approach. We believe that this new approach offers easier landmarks: It<br />
can easily be performed even in athletic and obese subjects. A lesion of the pleura can<br />
be ruled out, because of the lateral puncture site. We present an overview of all known<br />
current and previous infraclavicular block techniques.<br />
1
Key words<br />
Regional anaesthesia, Infraclavicular brachial plexus block, <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong><br />
Schlüsselwörter<br />
Regionalanästhesie, infraklavikuläre Plexusblockade, <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong><br />
Das ungebrochene Interesse an peripheren Nervenblockaden beruht auf ihren unumstrittenen<br />
medizinischen Vorteilen. Eine komplette und länger anhaltende intra- und postoperative<br />
Analgesie bei reduzierter kardiopulmonaler und zerebraler Belastung sowie die Vermeidung<br />
einer Allgemeinanästhesie mit dem oft d<strong>am</strong>it verbundenen PONY-Syndrom sind einige<br />
davon.<br />
Auch die Leitungsanästhesie der oberen Extremität bietet für den Patienten gegenüber der<br />
Allgemeinanästhesie einen eindeutigen Vorteil bei minimalem Risiko. Bei Multimorbiden,<br />
Hochrisikopatienten und teilweise in Notfallsituationen kann sie als Methode der Wahl<br />
angesehen werden.<br />
Dennoch sind die Nachteile der Leitungsanästhesie an der oberen Extremität zu<br />
berücksichtigen. Hierzu zählen die unsichere Anästhesieausbreitung, der zeitliche und<br />
personelle Aufwand sowie die Verletzungsmöglichkeit an Nerven, Gefäßen und Pleura.<br />
Eventuell notwendige Mehrfachpunktionen können den Patienten psychisch belasten. <strong>Die</strong>se<br />
Gründe führen oft zur Ablehnung eines Regionalverfahrens durch den Patienten. <strong>Die</strong><br />
Reduktion dieser Nachteile ist das Hauptmotiv zur Weiterentwicklung dieser<br />
B lockadetechnik.<br />
Halsted führte 1884 zum ersten Mal eine Betäubung <strong>am</strong> freigelegten Plexus brachialis mit<br />
einem Cocain-getränktem Tupfer durch (4). Seit Hirschei 1911 die erste transkutane<br />
Betäubung des Plexus über den axillären Zugangsweg publiziert hat (5), sind mehr als 25<br />
Techniken beschrieben worden.<br />
<strong>Die</strong> gegenwärtig <strong>am</strong> häufigsten angewandten Blockadetechniken sind nachfolgend aufgelistet:<br />
interskalenärer Plexusblock<br />
supraklavikulärer Plexusblock (Varianten: Paravaskulärblock, Paraskalenusblock,<br />
axialer Perivaskulärblock)<br />
infraklavikulärer Plexusblock<br />
axillärer Plexusblock<br />
Bei der interskalenären Blockade wird der <strong>am</strong> weitesten zentral gelegene Zugang zum Plexus<br />
brachialis genutzt. Dabei bleiben jedoch die kaudalen Anteile des Nervengeflechtes von C7,<br />
C8 und Thl, aus denen die Nervi radialis, ulnaris und intercostobrachialis hervorgehen, von<br />
dieser Blockade ausgespart. <strong>Die</strong> Anwendung in der Handchirurgie und der Chirurgie <strong>am</strong><br />
Unterarm ist daher limitiert.<br />
<strong>Die</strong> supraklavikuläre Blockade in verschiedenen Varianten erzeugt eine effektive Anästhesie<br />
an der oberen Extremität. In der Regel wird sie dicht an der Pleurakuppel ausgeführt und ist<br />
deshalb mit einer erhöhten Pneumothoraxgefahr behaftet.<br />
2
Bei dem klassischen axillären Zugang wird der Plexus distal erreicht. Wegen einer<br />
unregelmäßigen Verteilung des Lokalanästhetikums zwischen den medialen und den lateralen<br />
Plexusanteilen zu Ungunsten der lateralen ist die Anästhesieausbreitung im Nervus-radialisinnervierten<br />
Bereich der Hand unsicher. <strong>Die</strong> Ursache dafür ist die Kompartimentbildung.<br />
Einzelne Septen ziehen von der Bindegewebshülle in das Innere zu den einzelnen<br />
Nerven (12). <strong>Die</strong> Innervationsgebiete der Nervi axillari s, musculocutaneus und<br />
intercostobrachialis sind oft inkomplett betäubt.<br />
<strong>Die</strong> infraklavikuläre Blockade bietet hingegen eine komplette Anästhesie des ges<strong>am</strong>ten<br />
Armes bis zum Bereich der Schulterregion. <strong>Die</strong> Blockadequalität der radialen und ulnaren<br />
Seite des Armes ist infolge einer gleichmäßigen Ausbreitung des Lokalanästhetikums im<br />
lateralen und medialen Anteil des Plexus brachialis meist besser, was ein Vorteil dieser<br />
Technik im Vergleich zu der axillären und interskalenären Blockade ist. Offensichtlich spielt<br />
hierfür der Verlauf der Nerven die entscheidende Rolle. <strong>Die</strong> engste Stelle, an der die<br />
Nervenstrukturen dicht aneinander verlaufen, liegt medioklavikulär. <strong>Die</strong>se ist mit der Taille<br />
einer Sanduhr zu vergleichen. Krania und kaudal von der Clavicula liegen die Nerven<br />
demzufolge breiter gestreut. <strong>Die</strong> Applikation des Lokalanästhetikums an der Stelle der<br />
engsten Bündelung der Plexusanteile führt nahezu ausnahmslos zur kompletten Blockade des<br />
brachialen Nervengeflechts.<br />
Eine kurze Übersicht der bekanntesten infraklavikulären Techniken<br />
<strong>Die</strong> infraklavikuläre Technik wurde zuerst von Bazy 1917 beschrieben (3). Er punktierte<br />
unterhalb der Clavicula und führte die Injektionsnadel in kranialer Richtung auf das<br />
Tuberculum caroticum, welches sich auf dem Processus transver sus des sechsten<br />
Halswirbelkörper befindet. Hier infiltrierte er den Plexus brachialis.<br />
Babitzki beschrieb 1918 einen anderen Weg zum Plexus brachialis (1). Steht man <strong>am</strong> Kopf<br />
des Patienten, bilden Clavicula und zweite Rippe ein Kreuz, welches den Punktionsort<br />
darstellt. <strong>Die</strong> Injektionsnadel wird in Richtung der zweiten Rippe geführt, bis ein<br />
Knochenkontakt entsteht. <strong>Die</strong> Gefahr einen Pneumothorax zu erzeugen, ist bei der Methode<br />
sehr groß. <strong>Die</strong> Einstichstelle ist nicht leicht auffindbar.<br />
Im Jahre 1924 publizierte Balog eine Modifikation dieser Technik (2). <strong>Die</strong> Punktionsstelle<br />
war die Spitze des leichter auffindbaren Processus coracoideus scapulae. Nach Einstich wurde<br />
die Kanüle in medialer Richtung parallel zur Clavicula im Winkel von 45° zur Unterlage<br />
vorgeschoben. In dieser Richtung gelangt die Nadel auf die zweite Rippe und trifft dort den<br />
Plexus brachialis.<br />
Labat veröffentlichte 1930 seine Technik, bei der medioklavikulär punktiert und die Nadel<br />
unterhalb der Clavicula in Richtung Processus transversus des sechsten Halswirbelkörpers<br />
geführt wird (8). Auf diesem Weg zu den Nervenwurzeln verläuft die Nadel dicht an der<br />
Pleurakuppel vorbei.<br />
Um die Gefahr eines Pneumothorax zu verringern wurden verschiedene Varianten<br />
entwickelt.<br />
Als bedeutendster Vorläufer der heute angewandten infraklavikulären Blockade ist eine von<br />
Raj erwähnte Technik im Jahre 1973 zu nennen (10). Der Autor markierte die Clavicula auf<br />
ihrer ges<strong>am</strong>ten Länge, das Tuberculum caroticum, die A. brachialis und die Stelle wo die<br />
3
A. subclavia unter die Clavicula tritt. Falls diese Stelle nicht tastbar war, wurde die Mitte der<br />
Clavicula gewählt. Er zeichnete auf der Haut des Patienten zudem den Verlauf der Nerven an.<br />
<strong>Die</strong> Punktionsstelle lag 2,5 cm kaudal der Kreuzung von Clavicula und A. subclavia. Nach<br />
subkutaner Punktion wurde die Nadel in einem Winkel von 45° zur Hautoberfläche nach<br />
lateral in Richtung der A. brachialis gerichtet. Mit Hilfe eines Nervenstimulators konnte die<br />
Nadel weiter vorgeschoben und der Plexus brachialis aufgesucht werden.<br />
Anwender bemängelten die ungenau definierte Punktionsstelle und -richtung, ebenso den<br />
langen Punktionsweg durch die kräftige Pectoralis-Muskulatur. Jedoch ist es die erste<br />
infraklavikuläre Technik, welche die Gefahr eines Pneumothorax aufgrund der Stichrichtung<br />
methodisch ausschließt (8).<br />
Im Jahre 1977 verbesserte Sims diese Technik, indem er die Punktionsstelle direkt<br />
infraklavikulär legte. Mit seiner Methode den Punktionsort unmittelbar infraklavikulär auf die<br />
tiefste Stelle zwischen dem Unterrand der Clavicula, dem Processus coracoideus scapulae und<br />
dem Musculus pectoralis zu verlegen, traf er mit seinen Leitstrukturen beinahe auf den<br />
Plexus brachialis. Nach der Punktion wurde die Stimulationsnadel nach lateral und kaudal zur<br />
Spitze der Axilla geführt und gleichzeitig mit Hilfe eines Nervenstimulators der Plexus<br />
brachialis lokalisiert (11). <strong>Die</strong>se Wahl der Punktionsstelle führte zur Verkürzung des<br />
Punktionsweges, aber die unsichere Punktionsrichtung blieb bestehen.<br />
Der Coracoid-Block von Whiffler, beschrieben im Jahre 1981, zählt zu den <strong>vertikale</strong>n<br />
infraklavikulären Methoden (14). <strong>Die</strong> Punktionsstelle war unmittelbar inferiomedial des<br />
Processus coracoideus scapulae. Zusätzlich wurden zwei Leitstrukturen genutzt. Der erste<br />
Orientierungspunkt befand sich oberhalb der Clavicula, wo die gleichn<strong>am</strong>ige Arterie unter die<br />
Clavicula trat. Der zweite Markierungspunkt stellte die getastete Arterie in der Achselhöhle<br />
dar. <strong>Die</strong>ser Punkt wurde auf die vordere Thoraxoberfläche projiziert. <strong>Die</strong> Punktion erfolgte<br />
senkrecht zur Haut ohne Nervenstimulation. Der Autor berichtete über eine akzidentielle<br />
Punktion der A. axillaris in 50% der Fälle und eine Versagerquote von 7,5%. Pulmonale<br />
Komplikationen seien nicht aufgetreten.<br />
Munteanu veröffentlichte 1982 ebenfalls eine <strong>vertikale</strong> infraklavikuläre Technik, welche bei<br />
122 Patienten eine Erfolgsquote von 94% und eine Pneumothoraxrate von 1,8% hatte (9).<br />
Von einem Punkt, der sich 3 cm unterhalb des Schlüsselbeins und 3 cm medial des Processus<br />
coracoideus scapulae befand, führte die Nadel senkrecht zur Frontalebene. Dabei löste er<br />
gezielt Parästhesien aus. Auch wenn die Einstichstelle nicht weit genug von der Pleura<br />
entfernt liegt, bietet die streng senkrechte Nadelführung eine gewisse Sicherheit für den<br />
Anwender.<br />
Trotz einer optimalen Anästhesie des ges<strong>am</strong>ten Armes war die infraklavikuläre Methode eine<br />
selten angewandte Plexusblockade. Das hat sich seit dem Jahre 1995 geändert, als Kilka und<br />
Mitarbeiter eine neue <strong>vertikale</strong> infraklavikuläre Plexusblockade beschrieben (7). <strong>Die</strong> <strong>vertikale</strong><br />
Punktion wurde unmittelbar infraklavikulär ausgeführt. Der Autor definierte die Einstichstelle<br />
allein durch knöcherne Strukturen. Er halbierte die Strecke zwischen dem medialen Ende der<br />
Clavicula und dem ventralen Anteil des Acromion. Dank dieser Methode wurde die<br />
i n f r a k l a v i k u l ä r e P l e x u s b l o c k a d e e i n e d e r a m h ä u f i g s t e n a n g e w a n d t e n<br />
Leitungsanästhesieverfahren zu chirurgischen Eingriffen des ges<strong>am</strong>ten Armes.<br />
Dennoch bereitet die Bestimmung des Punktionsortes vielen Anästhesisten Schwierigkeiten.<br />
Das Auffinden des ventralen Anteils des Acromion ist auch beim schlanken Patienten nicht<br />
immer einfach. Wenn die Schulterbewegung eingeschränkt oder die Palpation des freien<br />
Endes der Clavicula schmerzhaft ist, treten verstärkt Orientierungsprobleme auf. Bei sehr<br />
4
muskulösen oder adipösen Schultern ist die Identifizierung dieser wichtigen Leitstruktur auch<br />
vom erfahrenen Anwender nahezu unmöglich. In diesen Fällen kann der korrekte<br />
Punktionsort nicht sicher gefunden werden. Zur Lokalisation der Nerven sind demzufolge<br />
Mehrfachpunktionen notwendig.<br />
<strong>Die</strong> mathematisch halbierte Strecke zwischen Jugulum und Acromion hat den Nachteil, dass<br />
sie in keiner logischen Beziehung zu den entsprechenden anatomischen Strukturen steht.<br />
Gelegentliche Pleurapunktionen, häufige Gefäßpunktionen und multiple Punktionsversuche<br />
suggerieren, dass die „halbe Strecke" auch bei korrekter Aufzeichnung der Leitstrukturen<br />
nicht für jedes Alter und jede Thoraxform die universale Hautprojektion des Plexus brachialis<br />
ist. Vor allem diese methodischen Schwierigkeiten aber auch die Komplikationen haben uns<br />
weg von den „Knochenmarken" und hin zu der Orientierung an den Weichteilstrukturen der<br />
Schulter – dem <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong> – bewegt. <strong>Die</strong>ser ist leicht zu tasten und befindet<br />
sich in einem engen anatomischen Zus<strong>am</strong>menhang mit der Schulter und dem Brustkorb. Er ist<br />
ein zuverlässiger Marker für die Ermittlung der Hautprojektion des Plexus brachialis.<br />
Anatomische Grundlagen<br />
Der Plexus brachialis wird aus den ventralen Ästen der Spinalnerven von C5 bis Thl gebildet.<br />
Er tritt im weiteren Verlauf durch die vordere Skalenuslücke und läuft später in Begleitung<br />
von A. und V. subclaviae nach laterokaudal durch den Raum zwischen der Clavikula und der<br />
ersten Rippe. Von der Mitte des Schlüsselbeins zieht das Nervengeflecht weiter durch die<br />
Weichteilgrube – dem <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong>. Zwischen den knöchernen Strukturen der<br />
Schulter und des Brustkorbes dringend, gelangt er zum proximalen Oberarm. Der Plexus<br />
brachialis setzt sich nach oben in das Trigonum deltoideopectorale fort. <strong>Die</strong>ses Trigonum,<br />
auch als Mohrenheim'sche Grube bezeichnet, ist eine individuell variabel gelegene<br />
Muskellücke zwischen dem Musculus deltoideus und Musculus pectoralis major. In diesem<br />
Dreieck unterhalb der Fascia clavipectoralis liegen dicht gebündelt von medial nach lateral:<br />
V. axillaris, A. axillaris, Plexus brachialis (13). Der <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong> kennzeichnet<br />
auf der Hautoberfläche den Verlauf des Plexus brachialis. An seinem proximalen Ende<br />
dicht an der Clavicula liegt der Plexus bei Erwachsenen ca. 1 cm medial vom <strong>Sulcus</strong> und<br />
<strong>am</strong> distalen Ende etwas weiter lateral oder direkt unterhalb des <strong>Sulcus</strong>. <strong>Die</strong>se<br />
feststehende topographische Beziehung zwischen dem <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong> und dem<br />
Plexus brachialis kann deshalb als direkte Leitstruktur genutzt werden.<br />
Methodenbeschreibung<br />
Der Patient liegt auf dem Rücken. Der Kopf wird zur kontralateralen Seite gedreht und beide<br />
Arme liegen <strong>am</strong> Körper. Der Anästhesist legt seinen Zeigefinger oder Zeige- und Mittelfinger<br />
längs zwischen die Schulter und die Brust, so dass die Spitze des Fingers den Unterrand der<br />
Clavicula berührt (Abb. 1 und Abb. 2). Mit leichtem Druck wird erst der ges<strong>am</strong>te <strong>Sulcus</strong><br />
<strong>deltoideopectoralis</strong> in der Tiefe palpiert. <strong>Die</strong>ser wird mit einem Hautstift markiert. <strong>Die</strong><br />
Punktionsstelle liegt ca. 1 cm medial vom <strong>Sulcus</strong> und unmittelbar infraklavikulär.<br />
<strong>Die</strong> Punktionsrichtung verläuft streng senkrecht zur Unterlage. <strong>Die</strong> Nadel darf keineswegs<br />
nach medial oder kaudal gerichtet werden, um einen Pneumothorax oder eine<br />
Gefäßverletzung zu vermeiden. Während die Nadel langs<strong>am</strong> vorgeschoben wird, achtet man<br />
auf die motorische Antwort der Kennmuskulatur. Der Nervenstimulator wird zu Beginn mit<br />
2 Hz Impulsfrequenz, 1 mA Impulsstärke und 1 ms Impulsbreite eingestellt (6). Eine<br />
5
optimale Nadelposition ist erreicht, wenn die Muskelreaktion bei einer Impulsbreite von<br />
0,1 ms und eine Impulsstärke von 0,3 mA und oder weniger erreicht ist. Nach Aspiration wird<br />
das Lokalanästhetikum appliziert. Sollten beim ersten Punktionsversuch die Kontraktionen<br />
der Kennmuskulatur ausbleiben, ist die Nadel 0,5 bis 1 cm lateral von der ermittelten Stelle in<br />
senkrechter Richtung einzuführen. Falls auch beim zweiten Punktionsversuch die Reizantwort<br />
fehlt, wird im gleichen Abstand medial der ermittelten Stelle in gleicher Weise punktiert.<br />
Vor der klinischen Einführung wurde diese Methode zur Identifizierung der Punktionsstelle<br />
<strong>am</strong> anatomischen Institut der Humboldt Universität zu <strong>Berlin</strong> und <strong>am</strong> anatomischen Institut<br />
der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck an 17 anatomischen Präparaten mit präpariertem<br />
Trigonum clavipectorale überprüft. Am Unterrand der Clavicula waren der <strong>Sulcus</strong><br />
<strong>deltoideopectoralis</strong> und Plexus brachialis voneinander 6 bis 17 mm und im Mittel 11 mm<br />
entfernt.<br />
Zusätzlich unterzogen sich elf Probanden einer magnetresonanztomographischen Darstellung<br />
der Plexusregion. Durchgeführt wurden schrägtransversale Aufnahmen in T1w-TSE-Sequenz<br />
(Abb. 4). <strong>Die</strong> gemessenen Abstände zwischen dem <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong> und dem<br />
Plexus brachialis variierten in den MRT- Darstellungen von 10 bis 16 mm und lagen im<br />
Mittel bei 12 mm. <strong>Die</strong> MRT-Bilder zeigen, dass bei korrekter Durchführung der<br />
beschriebenen Methode eine Verletzung von Pleura oder Gefäßen höchst unwahrscheinlich ist<br />
(Abb. 5). Der Punktionsort für den Sulkusblock und der ausgemessenen halben Strecke nach<br />
Kilka können identisch sein (Abb. 6).<br />
Wir wenden den Sulkusblock in unserer <strong>Klinik</strong> seit zwei Jahren an. <strong>Die</strong> ersten 30 Blockaden<br />
wurden von einem Anwender durchgeführt. Es gab keinen Fall, in dem die Methode versagte<br />
hat. Mehr als drei Punktionsversuche waren nur bei einem Patienten erforderlich. Gefäß- oder<br />
Pleuraverletzungen traten nicht auf. Inzwischen haben wir mehr als 200 Blockaden nach<br />
dieser Methode durchgeführt. Daran nahmen Mitarbeiter mit unterschiedlichstem<br />
Ausbildungsniveau und Erfahrungsgrad teil. Ernsthafte Komplikationen wie Gefäß- oder<br />
Pleuraverletzungen konnten wir nicht feststellen.<br />
Zum Aufsuchen des Plexus brachialis ist die Orientierung <strong>am</strong> <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong> aus<br />
topographischer Sicht bestens geeignet, weil beide Strukturen einen ähnlichen Verlauf mit<br />
fester Beziehung zueinander aufweisen. Bei der Anwendung des Sulkusblocks wird diese<br />
Erkenntnis genutzt. Sie bietet zudem den Vorteil, dass der <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong> bei<br />
jedem Patienten, auch bei schwierigen anatomischen Verhältnissen, leicht auffindbar ist. Ein<br />
Fehler bei der Bestimmung der Einstichstelle ist kaum möglich. Mit dem Sulkusblock<br />
möchten wir auch dem weniger Erfahrenen und dem Gelegenheitsanwender eine einfache und<br />
besonders risikoarme Methode in die Hand geben.<br />
Literatur<br />
1 Babitzki P (1918): Ein neuer Weg zum Plexus brachialis zwecks Anästhesierung.<br />
Zentralbl. Chir 45: 215-217<br />
2 Balog A (1924): Leitungsanästhesie an dem infraklavikulären Teil des Plexus<br />
brachialis. Zentralbl Chir 51: 1563-1564<br />
3 Bazy L (1917): L'Anesthesie Regionale. In: Pauchet V, Sourdat, J Laboure. Paris, G P<br />
Doin et Cie : 222-225<br />
6
4 Halsted J (1925): In Memori<strong>am</strong>-Willi<strong>am</strong> Stewart Halsted von Rudolph Matas. Johns<br />
Hopkins Med J 36: 2-27<br />
5 Hirschei G (1911): <strong>Die</strong> Anästhesierung des Plexus brachiales bei Operationen an der<br />
oberen Extremität. Munch Med Wochenschr 29: 1555<br />
6 Kaiser H, Niesei HC, Hans V (1990): Grundlagen und Anforderungen der peripheren<br />
Nervenstimulation. Reg Anaesth 13: 143-147<br />
7 Kilka HG, Geiger P, Mehrkens H (1995): <strong>Die</strong> <strong>vertikale</strong> infraklavikuläre Blockade des<br />
Plexus brachialis. Anaesthesist 44: 339-344<br />
8 Labat G (1930): Regional Anesthesia. Philadelphia, WB Saunders Company<br />
9 Munteanu S, Atug S, Narh E, Roth H, Katzer G (1982): <strong>Die</strong> transpectorale Blockade<br />
des Plexus brachialis. Reg Anaesth 5: 34-38<br />
10 Raj PP, Montgomery SJ, Nettles D, Jenkins MT (1973): Infraclavicular brachial plexus<br />
block-a new approach. Anesth Analg 52: 897-904<br />
11 Sims JK (1977): A modification of landmarks for infraclavicular approach to<br />
brachial plexus block. Anesth Analg 56: 554-555<br />
12 Thompson G, Rorie D (1983): Functional anatomy of the brachial plexus sheaths.<br />
Anesthesiology 59: 117-122<br />
13 Waldeyer A, Mayet A (1993): Anatomie des Menschen. Walter de Gruyter<br />
Verlag <strong>Berlin</strong>, New York, 16. Auflage: 490-497<br />
14 Whiffler K (1981): Coracoid block-a safe and easy technique. Br J Anaesth 53: 845-848<br />
Abb. 1: Palpation des <strong>Sulcus</strong> <strong>deltoideopectoralis</strong> mit dem Zeigefinger, Unterrand der<br />
Clavicula ist schwarz markiert<br />
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