stahlmarkt 6.2018 (Juni)
Oberfläche, Stahlhandel & Stahl-Service-Center, Digitalisierung, Edelstahl
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8 K Steel International<br />
Trump inszeniert einen Handelskrieg<br />
Von Brigitte Lebens-Nacos<br />
New York. Sei es der Schmusekurs mit Händchenhalten und Küssen mit<br />
dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der seinen Gastgeber<br />
Donald Trump bei guter Laune hielt oder die korrekt-diplomatische Figur,<br />
die Kanzlerin Angela Merkel bei ihrer Pressekonferenz mit Trump abgab –<br />
letztlich erreichten Macron oder Merkel nichts mit ihren Besuchen im<br />
Weißen Haus.<br />
Der Mann, der so oft betont, dass er<br />
alles besser weiß als die besten Experten,<br />
blieb in Sachen Handelszölle knallhart, ohne<br />
eine endgültige Antwort zu geben. Er mag<br />
Zuckerbrot à la Macron lieben, dieser Mann,<br />
aber er selbst bevorzugt die Peitsche – mit<br />
dem erklärten Ziel: »America First«. Das gilt<br />
nicht nur für ausländische Offizielle, sondern<br />
auch für die Mitglieder der eigenen<br />
Administration. Wenige Stunden bevor die<br />
Schonfrist für Strafzölle gegen Stahl- und<br />
Aluminiumimporte aus EU-Ländern und<br />
einer Reihe anderer Staaten am 1. Mai auslief,<br />
hatten Trumps engste Wirtschafts- und<br />
Handelsberater keine Ahnung davon, wie<br />
die Entscheidung ihres Chefs ausfallen würde.<br />
Während Wirtschaftsminister Steven<br />
Mnuchin und Handelsminister Wilbur Ross<br />
nonstop mit Handelspartnern in Übersee<br />
telefonierten, hieß ihre Parole: »Der Präsident<br />
hat noch nichts entschieden.« Damit<br />
folgte der Mann im Oval Office des Weißen<br />
Hauses seiner bevorzugten Rolle bei der<br />
Inszenierung von politischem Theater, in<br />
dem nur der Star in der Hauptrolle, Mister<br />
Trump, den Endmonolog kennt. Am Ende<br />
bleiben Ministern und Beratern in der Regierungsmannschaft<br />
nur Nebenrollen als ap -<br />
plaudierende Zuschauer. Es sei denn, sie<br />
verlassen diese Bühne wie sein erster Wirtschaftsberater<br />
Gary Cohn.<br />
Erst als Kandidat, dann als Präsident hat<br />
Trump unermüdlich eine Handelspolitik mit<br />
der Devise »Amerika First« verkauft – be -<br />
gleitet von Attacken gegen Handelspartner<br />
in allen Teilen der Welt, die sich angeblich<br />
durch ihr »unfaires« Handelsgebaren bereichern<br />
und dadurch Amerikas Unternehmen<br />
und Arbeitern großen, wenn nicht existenziellen<br />
Schaden zufügen. Heutzutage, wenn<br />
Trump auf seinen regelmäßigen Großkundgebungen<br />
in Mittelamerika der Protektion<br />
der eigenen Wirtschaft das Wort redet, erntet<br />
er wie vorher im Wahlkampf Jubel und<br />
Beifall.<br />
Erste Kritiken kommen aus<br />
der Landwirtschaft<br />
Aber bereits vor der Entscheidung zum »Tag<br />
der Arbeit« und vor den folgenden Handelsgesprächen<br />
mit China zogen insbesondere in<br />
den US-Bundesstaaten mit den besten Wahlergebnissen<br />
für Trump Gewitterwolken auf.<br />
Während auch in Bundesländern wie Iowa,<br />
Nebraska, Kansas, Wisconsin, Texas, Indiana<br />
und North Carolina das Gros der Bevölkerung<br />
den Präsidenten als Patrioten und Beschützer<br />
ihrer Interessen weiterhin unterstützte,<br />
drückten Landwirte zunehmend ihre Zweifel<br />
und Kritik an Washingtons bereits verhängten<br />
und angedrohten Stahlzöllen aus.<br />
Schließlich war die Agrarwirtschaft direkt<br />
und in einer raschen Retourkutsche von Seiten<br />
der Chinesen gegen verhängte Stahlzölle<br />
betroffen. Beijing implementierte 25 %<br />
Zollaufschläge gegen US-Schweinefleisch<br />
und -Obst, was die entsprechenden Ausfuhren<br />
in Rekordzeit reduzierte. Dass China und<br />
andere von Strafzöllen betroffene Länder im<br />
Gegenzug auch US-Exporte von Rindfleisch,<br />
Sojabohnen, Weizen, Mais und anderen<br />
Agrarprodukten preislich weniger attraktiv<br />
machen könnten, verursachte bei Farmern<br />
Sorgen und Unsicherheit über ihre Zukunft.<br />
Landwirte, die Trump gewählt hatten,<br />
protestierten gegen die neue Handelspolitik<br />
in einem Klima, in dem Wirtschaftsexperten<br />
warnten, dass die Zahl der Farmer in den<br />
führenden Agrar-Bundesstaaten innerhalb<br />
des nächsten Jahres um 10 % schrumpfen<br />
wird. Manche Bauern waren empört, dass<br />
im Gefolge eines einzigen drohenden<br />
Tweets des Präsidenten gegen Chinas Handelsgebaren<br />
der Preis von Sojabohnen an<br />
den Börsen maßgeblich sank. Auf den ersten<br />
Blick war die Kehrseite der Medaille freilich,<br />
dass der Verbraucher daheim in den<br />
letzten Wochen weitaus weniger für einheimische<br />
Agrarprodukte zahlte. Nichts de -<br />
monstrierte das drastischer als die niedrigen<br />
– oder besser Billigpreise – für Schweinefleisch.<br />
Die USA importieren mehr Stahl<br />
aus Kanada als aus China<br />
Aber solche Niedrigpreise werden wohl bald<br />
überschattet von Preissteigerungen für weitaus<br />
kostspieligere Produkte, für deren Herstellung<br />
Stahl und Aluminium notwendig<br />
sind: Automobile, Haushaltsgeräte, Bier und<br />
andere Produkte in Dosen. Besonders be -<br />
troffen waren bereits mittlere und kleine<br />
Fabriken, weil diese Stahlprodukte kaufen,<br />
die nicht oder nicht in der verlangten Qualität<br />
im eigenen Land produziert werden. Ein<br />
Unternehmen in Pennsylvania beispielsweise,<br />
CP Industries, das riesige, nahtlose Stahlzylinder<br />
für das US-Militär und die Energieindustrie<br />
herstellt, zahlte für die erste Lieferung<br />
von Stahlrohren aus China einen Zollaufschlag<br />
von über 178.000 USD. US-Hersteller<br />
könnten bestenfalls 20 % der von<br />
diesem Unternehmen gebrauchten Rohrprodukte<br />
liefern. Obwohl auch mit den Sonderzöllen<br />
in Höhe von 25 % die einschlägigen<br />
chinesischen Rohre preisgünstiger bleiben<br />
als die im Inland hergestellten Produkte,<br />
bedrohen die höheren Preise die Existenz von<br />
CP Industries und anderer Werke. »Wie lange<br />
können wir da durchhalten?«, fragte der<br />
Chef des Unternehmens, Michael Larsen.<br />
Für »Härtefälle« etablierte das US-Handelsministerium<br />
einen Einspruchsprozess, in<br />
dem einheimische Firmen eine Befreiung der<br />
Sonderzölle beantragen können. In den letzten<br />
Wochen wurde das Ministerium von<br />
solchen Anträgen überschwemmt. Während<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>6.2018</strong>