Editorial Liebe KoLLegen/innen! Wir glauben manchmal in beruflichen Angelegenheiten, gut <strong>und</strong> richtig informiert zu sein. Leider zeigen dann Ereignisse, dass wir geirrt haben. Die Unbefangenheit gegenüber den im Gerichtsverfahren beteiligten Parteien ist eine Gr<strong>und</strong>voraussetzung für die Arbeit von Gerichtssachverständigen. Wir haben daher die Befangenheit in diesem SV-infomativ z<strong>um</strong> Thema gemacht. Zeitmanagement ist ein Thema, das die meisten von uns interes<strong>sie</strong>rt. Wir versuchen, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu erledigen <strong>und</strong> bedenken nicht, dass wir dabei sind, uns auszupowern. Z<strong>um</strong> Gegensteuern bekommen Sie in diesem SV-informativ einige Tipps, was Sie für sich tun können. In der letzten Mitgliederversammlung wurden zwei Vorstandsmitglieder, die viele Jahre für den Landesverband tätig waren <strong>und</strong> nun ihr Amt zurückgelegt haben, zu Ehrenmitgliedern ernannt. Im Vorstand folgte Prim. Univ.-Doz. Dr. Christian Geretsegger aus Salzburg nach. Die Wertschätzung für die Arbeit, die wir im Redaktionsteam leisten, hat uns gefreut. Bin ich befangen? Wann Offenlegung zur Pflicht wird Sie erhalten einen GutachtenSauftraG <strong>und</strong> kennen eine in ihrer künftiGen BeGutachtunG involvierte PerSon. trotzdem Sind Sie üBerzeuGt, nicht BefanGen zu Sein <strong>und</strong> nehmen an. daS kann BöSe enden <strong>und</strong> die StreichunG von der Sv-liSte nach Sich ziehen, denn: Sie haBen ihre <strong>offen</strong>leGunGSPflicht miSSachtet! die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlispiele, die das Vertrauen in den SV erschüttern kön- WANN SIND SACHVERSTäNDIGE BEFANGEN? cher Sachverständiger vom nen: „Das ist der Fall, wenn Die für Mitglieder des Lan- b) Verwandtschaft oder Präsidenten des Landesge- ein SV, der in einer eigenen desverbandes verbindlichen Schwägerschaft TEXT: SUSANNA SAILER SeLbSt initiatiV WerDen. richtes durch Bescheid zu Rechtssache Partei ist, den Standesregeln führen aus: c) Wahl-, Pflegeelternschaft Sachverständige müssen entziehen, wenn sich her- dort zuständigen Richter „Gründe, die die volle Un- oder Vorm<strong>und</strong>schaft Wenn Sachverständigemeinen, <strong>sie</strong> könnlung alles <strong>offen</strong>zulegen, was seine Unparteilichkeit auch nur annähernd in derartige, den Anschein von Befangenheit erweckende Tatsachen aus eiausstellt, dass eine Voraussetzung, die ursprünglich gegeben war – nämlich beschimpft, weil er eine Entscheidung dieses Richters nicht akzeptieren kann. befangenheit der Sachverständigen in Zweifel ziehen, liegen dann vor, wenn der d) bei Vertretungsverhältnissen e) wenn Richter (oder SV) ten selbst beurteilen, ob Zweifel ziehen könnte“, gener Initiative heraus die Vertrauenswürdigkeit Oder auch, wenn ein SV, Sachverständige mit einer an der angefochtenen <strong>sie</strong> in einem Gutachtens- sagt Mag. Katharina bekannt geben <strong>und</strong> nicht eines SV –, nicht mehr der vorgibt, eigene Leistun- Partei oder einem Beteilig- Entscheidung bereits mitfall möglicherweise befan- Lehmayer, Präsidentin des alleine auf die Nachfrage vorliegt. Der Verwaltungsgen erbracht zu haben <strong>und</strong> ten verwandtschaftliche, gewirkt haben gen sind oder nicht, dann Landesgerichtes Linz. „Die eines Richters warten. Die gerichtshof legt hier in diese als eigene Leistung engere fre<strong>und</strong>schaftliche 2. befangenheitsgründe haben <strong>sie</strong> sich getäuscht. Entscheidung darüber, ob Konsequenzen, wenn dies ständiger Judikatur be- verrechnet, dafür lediglich oder enge ge schäftliche Richter (<strong>und</strong> Sachverstän - Denn im Gerichtsprozess eine Befangenheit vorliegt, unterlassen wird, können sonders strenge Maßstäbe eine Hilfskraft eingesetzt Beziehungen hat, wenn dige) sind nach § 20 JN wird der Unparteilich- trifft das Gericht. Das liegt gravierend sein: Das ge- an, weil die rechtsuchende hat.“ In beiden Fällen kann mit einer Partei oder ei- befangen, wenn Folgenkeit <strong>und</strong> Unabhängigkeit nicht mehr in der Dis- samte Gerichtsverfahren Bevölkerung auch vom dies zur Streichung aus der nem Beteiligten ein Streit des vorliegt: größte Bedeutung beige- position des Sachverstän- muss unter Umständen Sachverständigen, dem SV-Liste führen. Lehmayer besteht oder bestanden a) ein hinreichender messen. Hier nehmen die digen“, stellt Lehmayer neu aufgerollt werden. bei der Wahrheitsfindung ergänzt: „Ein Entziehungs- hat oder wenn der Sach- Gr<strong>und</strong>, die Unbefangen- Gerichtssachverständigen klar. Lehmayer ging in einem im gerichtlichen Verfahgrad liegt auch vor, wenn verständige bereits früher heit in Zweifel zu ziehen eine richterähnliche Rolle Fall noch weiter. „Ich habe ren eine sehr bedeutsame der Sachverständige wie- mit der Angelegenheit in (§ 19 Ziff. 2 JN) ein. Hinsichtlich Befangen- Schreiben an gericht. einen SV aus der Sachver- Rolle zukommt, erwarten derholt die Aufnahme des irgendeiner Weise befasst b) fre<strong>und</strong>schaftliche oder heit judiziert der Oberste Ein kurzer Brief an den ständigenliste gestrichen, darf, dass nicht der leiseste Bef<strong>und</strong>es oder die Erstat- war (z.B. als Privatgutach- geschäftliche Beziehungen Gerichtshof: Es kommt im Rechtsfall zuständigen weil er seiner Offenle- Zweifel an seiner Gesetzestung des Gutachtens über ter für eine Partei oder ei- zu einer Partei oder einem nicht nur darauf an, ob Richter oder die Richterin, gungspflicht nicht nachtreue, Korrektheit, Sorgfalt Gebühr hinauszögert.“ An nen Beteiligten).“ Es gelten Rechtsvertreter ein Richter oder Sachver- in dem Sachverständige gekommen war, in dem <strong>und</strong> Charakterstärke sowie Sachverständige werden für Gerichtssachverständige c) gesellschaftliche oder ständiger sich befangen ihre Bedenken <strong>um</strong><strong>gehen</strong>d Glauben, eine mögliche an seinem Pflichtbewusst- also besonders hohe Maß- nach der Zivilprozessord- private Kontakte (z.B. fühlt, sondern auch darauf, aufzeigen, reicht völlig Befangenheit selbst beursein besteht. Daraus folgt, stäbe gesetzt. Der Oberste nung (ZPO) <strong>und</strong> der Juris- aus einer Lebensgemein- ob es gr<strong>und</strong>sätzlich einen aus. Dr. Erich Kaufmann, teilen zu können.“ dass ein SV sein Amt so Gerichtshof formuliert in diktionsnorm (JN) dieselben schaft, bei Berufs- oder Anschein von Befangen- Präsident des Landesver- ausüben muss, dass auch einer Entscheidung auch, Ablehnungs- <strong>und</strong> Ausschlie- Vereinskollegen, ehe- Mit kollegialen Grüßen heit geben könnte. Ist das der Fall, kann der Richter bandes, bekräftigt: „Mit dem Schreiben kommt ein VertraUen SchWinDet. Lehmayer untermauert der Schein einer Parteilichkeit vermieden wird. war<strong>um</strong> das sein muss: „Gerechtigkeit soll nicht nur ßungsgründe wie für Richter. Die Ablehnungsgründe maligen Schulkollegen, Geschäftsfre<strong>und</strong>en etc.), bzw. der Sachverständige SV seiner Offenlegungs- ihre Entscheidung mit geübt, sondern auch sicht- nach § 19 JN sind: möglicherweise auch abgelehnt werden. „Ein pflicht nach <strong>und</strong> kann sich dem Paragraphen 10 des grÜnDe FÜr StreichUng. bar geübt werden.“ Letzt- 1. ausschließungsgründe Nachbarschaft SV hat also die Pflicht, möglichen Schwierigkeiten Sachverständigen- <strong>und</strong> Dr. Erich Dietachmair, Präendlich steht das Ansehen a) Parteiidentität im wei- d) Taufpatenschaften, Firm- dem Gericht im Vorfeld entziehen.“ Kaufmann hat Dolmetschergesetzes SDG sident des Landesgerichtes der Justiz <strong>und</strong> der Sachvertesten Sinne patenschaften etc. einer Gutachtenserstel- das selbst praktiziert. (Abs. 1 Z 1): Demnach ist Steyr, nennt weitere Beiständigen auf dem Spiel. Dr. Traude Hauner-Schöpf www.hauner-schoepf.at 2 NR.02/2011 – SV-INFORMATIV NR. 02/2011 – SV-INFORMATIV 3 aktuEll