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Kultur ohne Ausnahme!?

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!?<br />

Aktions – Forschungs – Geschichten<br />

aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

In Kooperation mit dem Projekt


<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Das ist ein Plakat über unsere Aktionsforschung in Kooperation mit dem Reutlinger Projekt KULTUR OHNE<br />

AUSNAME in den Jahren 2015 bis 2018.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Übersicht<br />

1 Eine Frage der Geschichte ........................................................................ 4<br />

2 Vorgeschichte .......................................................................................... 5<br />

3 Weitere Erfahrungen sammeln ............................................................... 13<br />

3.1 Wohin des Weges? ......................................................................................................... 13<br />

3.2 Unterwegs im Reutlinger <strong>Kultur</strong>leben............................................................................... 21<br />

4 Weitere Geschichten erkunden und vermitteln ...................................... 55<br />

4.1 Wie weiter? .................................................................................................................... 55<br />

4.2 Wo´s passt...................................................................................................................... 57<br />

4.3 Geschichten von unterwegs............................................................................................. 61<br />

5 Weitere Perspektiven entwickeln ........................................................... 74<br />

6 Nachwort ............................................................................................... 89<br />

Auf dem Foto sieht man die Aktionsforscher Matthias Braun (mit Klappe) und Thomas Geprägs (mit Mikro).<br />

Dieser Bericht mit Aktions – Forschungs – Geschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

wurde im Sommer 2018 zusammengestellt von der<br />

AfuW - Agentur für unschätzbare Werte<br />

gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt)<br />

Gönninger Straße 112<br />

72793 Pfullingen<br />

Telefon: 0151-10710576<br />

www.unschaetzbare-werte.de<br />

Geschäftsführer: Harald Sickinger<br />

Handelsregisternummer: HRB 748115<br />

Registergericht: Amtsgericht Stuttgart<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

1 Eine Frage der Geschichte<br />

„Geschichten sind wie Such- und Punktscheinwerfer; sie beleuchten Teile der Bühne,<br />

während der Rest im Dunkeln bleibt. Sie wären nicht wirklich nützlich, wenn sie die<br />

gesamte Bühne gleichmäßig erhellen würden.“.<br />

Das steht auf Seite 27 des Buches „Verworfenes Leben. Die Ausgegrenzten der<br />

Moderne“. Dieses Buch handelt davon, wie Menschen in der modernen Welt aus dem<br />

gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt werden. Geschrieben wurde es im Jahr 2005 von<br />

Zygmunt Baumann.<br />

Die folgenden Aktions–Forschungs–Geschichten erzählen von Teilen aus unserem<br />

Aktions-Forschungs-Puzzle, die womöglich auch für andere nützlich sind.<br />

Sie beleuchten Perspektiven von Menschen, die aus eigener Erfahrung wissen, was es<br />

bedeutet, wenn man ausgegrenzt bzw. behindert wird.<br />

Mit Expertinnen und Experten aus eigener Erfahrung gehen wir der Frage nach, wie wir<br />

Barrieren abbauen oder überwinden können. Dabei erzählen unsere Geschichten auch,<br />

wie wir trotz vieler Barrieren zahlreiche Schätze im <strong>Kultur</strong>leben entdecken.<br />

Unsere Geschichten handeln davon, wie wir In Verbindung mit dem Projekt „<strong>Kultur</strong><br />

<strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ mehr als drei Jahre lang das kulturelle Leben in Reutlingen erkunden.<br />

Wir fragen zum Beispiel: Was ist eigentlich <strong>Kultur</strong>? Wo gibt es <strong>Kultur</strong>? Was hilft, damit<br />

alle dabei sein können? Werden Menschen daran gehindert, ihre Interessen und<br />

Talente zu verwirklichen? Wie können wir das <strong>Kultur</strong>leben so verändern, dass niemand<br />

mehr ausgeschlossen wird?<br />

Auf dem Foto sieht man Thomas Geprägs beim Interview mit einem Besucher des Musik-Festivals Inter:Komm!<br />

im Jahr 2017. Im Hintergrund an der Kamera steht Harald Sickinger. Foto: Alex Müller.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Wir stellen Fragen und setzen uns für Verbesserungen im <strong>Kultur</strong>leben ein. Das nennen<br />

wir Aktionsforschung.<br />

Meistens arbeiten wir dabei in kleinen Teams. Manchmal sind wir aber auch viele. Wir<br />

gehen unseren persönlichen Interessen und Talenten nach, erkunden <strong>Kultur</strong>-Orte und<br />

versuchen herauszufinden, wie´s für alle passt.<br />

Was wir erfahren, erzählen wir mit Hilfe von unterschiedlichen Medien weiter. Oft<br />

verwenden wir dabei Filmaufnahmen von unserer Aktionsforschung.<br />

Wenn wir auf diese Weise unsere Geschichten vermitteln, dann wollen wir dadurch<br />

zum Mitforschen und Mitmachen einladen.<br />

So kommen wir nach unserer Erfahrung weiter.<br />

2 Vorgeschichte<br />

„Was hältst Du davon, von <strong>Kultur</strong> für alle?“<br />

Im Sommer 2014 bekommt die Agentur für unschätzbare Werte von der Organisation<br />

BAFF aus Reutlingen eine Anfrage.<br />

BAFF steht für Bildung – Aktion – Freizeit – Feste und organisiert schon viele Jahre lang<br />

Aktivitäten mit vielen unterschiedlichen Menschen. Getragen wird BAFF von den<br />

Behindertenhilfeorganisationen BruderhausDiakonie und Lebenshilfe.<br />

Die Anfrage lautet, ob wir im Rahmen eines geplanten Projektes zusammenarbeiten<br />

wollen. Das Vorhaben heißt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“.<br />

BAFF hat zu diesem Zeitpunkt bereits einen Förderantrag bei Aktion Mensch gestellt<br />

und ein kleines Vorprojekt gestartet. Als weitere Partnerorganisationen sind bisher das<br />

<strong>Kultur</strong>zentrum franz.K, das <strong>Kultur</strong>amt der Stadt Reutlingen und die Volkshochschule<br />

Reutlingen dabei.<br />

Diese Kooperationspartner haben in der Vergangenheit bereits beim Festival „<strong>Kultur</strong><br />

vom Rande“ zusammengearbeitet. Sie wollen, dass gemeinsame <strong>Kultur</strong> von Menschen<br />

mit und <strong>ohne</strong> sogenannte Behinderung nicht nur während des Festivals, sondern<br />

immer zu erleben ist. Das Projekt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ soll dazu beitragen, dass<br />

<strong>Kultur</strong> für alle noch selbstverständlicher wird, in Reutlingen und darum herum.<br />

Wir vereinbaren, dass dabei auch die Agentur für unschätzbare Werte mitwirkt und so<br />

starten im Herbst 2014, während der Vorphase des Projektes, unsere ersten<br />

Aktionsforschungsversuche.<br />

Dabei entsteht unter anderem ein Film-Clip mit den folgenden Ausschnitten aus<br />

Straßeninterviews:<br />

Thomas Geprägs: „Was hältst Du davon, von <strong>Kultur</strong> für alle?“<br />

Passant 1: „Gut, find ich.“<br />

Passantin 2: „Für Kranke, oder?“<br />

Thomas Geprägs: „Ja, ja, für gesunde und für kranke Menschen.“<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Passantin 2: „Ja, würd ich sagen. Und auch für alle, die jetzt bei uns hier noch alle<br />

kommen und so, also das ist <strong>Kultur</strong>, dass man die alle aufnehmen tut, oder?“<br />

Rolf Rathfelder: „<strong>Kultur</strong> für alle!“<br />

Passantin 3: „Das ist prima.“<br />

Rolf Rathfelder: „Das ist gut?“<br />

Passantin 3: „<strong>Kultur</strong> am Rande!“<br />

Rolf Rathfelder: „Ja, so ähnlich.“<br />

Im zweiten Teil des Clips sieht man Markus Lemcke, wie er vor der Internetseite des<br />

Festivals „<strong>Kultur</strong> vom Rande“ 2014 sitzt. Es läuft ein Film mit unterschiedlichen<br />

Künstlerinnen und Künstlern, die bei dem Festival aufgetreten sind.<br />

Auf diesem Standbild sieht man Markus Lemcke und die Internetseite des Festivals „<strong>Kultur</strong> vom Rande“.<br />

Harald Sickinger: „Markus, diese Szenen, was bringen die für Dich zum Ausdruck?“<br />

Markus Lemcke: „Dass barrierefreie <strong>Kultur</strong> sehr unterschiedlich sein kann, dass es eben<br />

sehr viel unterschiedliche Menschen gibt, bei den Menschen mit Behinderungserfahrungen,<br />

die sehr viel unterschiedliche Fähigkeiten haben.“<br />

http://vimeo.com/afuw/kulturfueralle<br />

Markus Lemcke ist Experte für Barrierefreiheit im Bereich der elektronischen<br />

Datenverarbeitung.<br />

Thomas Geprägs und Rolf Rathfelder engagieren sich in Reutlingen im Arbeitskreis<br />

Selbstbestimmung. Das gilt auch für einige andere Bürger*innen, die jetzt bei unserer<br />

Aktionsforschung in Verbindung mit dem Projekt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ mitmachen.<br />

Namentlich sind das Frank Bakos, Matthias Braun und Angelika Lotterer.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Sowohl der Arbeitskreis Selbstbestimmung als auch Markus Lemcke waren vor einigen<br />

Jahren bereits an einem Film der Agentur für unschätzbare Werte gegen<br />

Diskriminierung beteiligt.<br />

Ausgegangen ist das Videoprojekt damals von einer Geschichte, die sich im Jahr 2010<br />

zugetragen hatte: Der Türsteher einer Reutlinger Disco verweigerte einem Mann den<br />

Zutritt und begründete das mit dessen Hautfarbe.<br />

Auf diesem Standbild aus unserem Film „...dass alle Menschen gleich sind...“ sieht man einen YouTube - Clip über<br />

den Diskriminierungsfall an der Disco-Türe. In unserem Film schaut Markus Lemcke die Szenen auf YouTube an.<br />

Er sagt, dass es seiner Meinung nach gut ist, wenn so etwas öffentlich gemacht wird.<br />

http://vimeo.com/afuw/ausschnitt-film-gegen-diskriminierung<br />

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Ausgrenzungen stattfinden. Wir wollen aber<br />

ein <strong>Kultur</strong>leben, wo alle ihre Interessen und Fähigkeiten verwirklichen können. Das<br />

motiviert uns zur Aktionsforschung in Reutlingen und darum herum.<br />

Im Herbst 2014 machen wir uns auf den Weg zu unserer ersten Besichtigungsaktion in<br />

der Reutlinger Stadthalle.<br />

„Und Action!“<br />

„Kamera läuft. Und Aktion!“, sagt der Kameramann Matthias Braun. Dann startet<br />

Thomas Geprägs am Computer das Straßeninterview seines Kollegen Rathfelder über<br />

<strong>Kultur</strong> für alle, <strong>Kultur</strong> vom Rande und die Stadthalle.<br />

Bei den Aufnahmen von der Besichtigung kommen Erinnerungen hoch.<br />

Der Film-Clip zeigt, wie Thomas Geprägs, Angelika Lotterer und Rolf Rathfelder auf die<br />

Erkundung mit dem Stadthallen-Manager Christoph Lang zurückblicken.<br />

https://vimeo.com/afuw/stadthalle<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Dazu gekommen sind die Beteiligten damals, nachdem sie im Freizeitprogramm der<br />

Organisation BAFF von unseren geplanten Aktionen gelesen hatten.<br />

Oben sieht man Matthias Braun bei seiner Arbeit als Kameramann.<br />

Das Bild unten zeigt Memory-Kärtchen, die an unseren ersten Besuch in der Stadthalle erinnern.<br />

„Wen von Euch kann man ansprechen,<br />

wenn ich oder meine Kollegen Unterstützung brauchen?“<br />

Markus Lemcke erklärt: „Zunächst geht´s eben darum, dass ... die Orte, wo <strong>Kultur</strong><br />

stattfindet, von den baulichen Bedingungen her barrierefrei sind, aber dass eben auch<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

das Personal darauf eingerichtet ist, dass Menschen mit Behinderungserfahrungen<br />

einfach individuelle Wünsche haben, was ...die Teilnahme an <strong>Kultur</strong> angeht.“.<br />

Anfang 2015 kommen im <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K einige Interessierte zusammen, um<br />

mit dem Geschäftsführer Andreas Roth hinter die Kulissen zu schauen.<br />

Auch bei dieser Aktion machen wir wieder Filmaufnahmen.<br />

Wir stellen Andreas Roth viele Fragen.<br />

Franziska Schiller will zum Beispiel wissen: „Wen von Euch kann man ansprechen, wenn<br />

ich oder meine Kollegen Unterstützung brauchen?“.<br />

Andreas Roth erklärt uns, dass es an der Eintrittskasse und an der Theke immer<br />

Menschen gibt, die weiterhelfen können.<br />

Der erste Kontakt von Franziska Schiller mit der Agentur für unschätzbare Werte hat<br />

sich in der Vorphase des Projektes bei einer Veranstaltung zum Thema Inklusion<br />

ergeben.<br />

Wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits unsere ersten Aktionsforschungserfahrungen<br />

beim Besuch in der Reutlinger Stadthalle gemacht.<br />

Weil hier noch keine Menschen dabei waren, die im Rollstuhl unterwegs sind, suchten<br />

wir bewusst nach Menschen mit diesbezüglichen Erfahrungen.<br />

Bei unserer Aktionsforschung im franz.K mischt auch Detlef Hartwig mit.<br />

Wie einige andere Mitwirkende, war er davor bereits bei unserem Aktionsforschungsfilm<br />

gegen Diskriminierung beteiligt.<br />

Im franz.K fragt Detlef Hartwig: „Wenn die Menschen jetzt reinkommen zur Tür und<br />

sagen: So, jetzt hab ich meine Eintrittskarte verloren. Wie können wir das lösen mit den<br />

Eintrittskarten?“.<br />

Andreas Roth erklärt, dass so etwas schon manchmal vorkommt und dass man in<br />

diesem Fall miteinander spricht. Meistens findet sich dann auch eine Lösung.<br />

http://vimeo.com/afuw/besichtigung-franzk<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Der Mann vom <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K sagt auch, dass wir ihm durch unsere Fragen<br />

wichtige Anregungen geben.<br />

Hier sieht man Andreas Roth während unserer Führung hinter die Kulissen im <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K.<br />

In der Folgezeit sind wir immer wieder bei Veranstaltungen im franz.K und im<br />

angrenzenden Cafe Nepomuk unterwegs.<br />

Zu diesen Veranstaltungen gehört auch ein Auftritt der Band „Station 17“. Hier machen<br />

Menschen mit und <strong>ohne</strong> Handicap zusammen Musik.<br />

Wir geben unsere Erfahrungen an Andreas Roth und an die anderen Partnerinnen und<br />

Partner des Projektes „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ weiter. Dafür nutzen wir Videoausschnitte<br />

von unseren ersten Erkundungen.<br />

Auch helfen wir bei der Vorbereitung einer Filmpräsentation im franz.K mit. Dabei geht<br />

es um das Thema „Inklusion weltweit“.<br />

„<strong>Kultur</strong> ist alles,<br />

wo man auf eine bestimmte Sache aufmerksam macht.“<br />

Immer wieder sind wir außerdem im Schaffwerk aktiv.<br />

Das ist ein altes Haus in Pfullingen.<br />

Hier sammelte ein Mann aus Pfullingen viele alte Dinge und manche formte er um.<br />

Im Jahr 2010 starb dieser Mann.<br />

Das Haus und die vielen Dinge darin erbte seine Tochter.<br />

Jetzt entsteht aus diesem Erbe nach und nach ein lebendiges Museum.<br />

Dabei helfen wir mit.<br />

Es beginnt bei einem Gespräch mit der Hauseigentümerin Sabine Kramer im Frühling<br />

des Jahres 2015.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Weil das Haus bisher mit größeren E-Rollstühlen gar nicht zugänglich ist, besorgt<br />

Franziska Schiller einen Falt-Rollstuhl zum Umsteigen.<br />

http://vimeo.com/afuw/faltrolli<br />

Am 28. April 2015 erscheint im Reutlinger Generalanzeiger ein Artikel über die<br />

Entwicklungen in dem Haus.<br />

Hier sieht man unter anderem, dass auch Aktionsforscherinnen und Aktionsforscher<br />

mit Behinderungserfahrungen mitarbeiten.<br />

Das ist ein Foto mit Bildunterschrift aus dem Artikel der Journalistin Patricia Kozjek:<br />

Der ganze Artikel: https://www.yumpu.com/s/6FDo5zGkmeAEbXTx<br />

Bei Rundführungen durch das Haus kann man Sagen und Märchen hören. In der<br />

Scheune erzählt Sabine Kramer das Märchen über die Bremer Stadtmusikanten:<br />

„Es hatte ein Mann einen Esel, der ihm schon lange Jahre treu gedient, dessen Kräfte<br />

aber nun zu Ende gingen, so dass er zur Arbeit immer untauglicher war. Da wollt´ ihn<br />

der Herr aus dem Futter schaffen, aber der Esel merkte, dass kein guter Wind wehte,<br />

lief fort und machte sich auf den Weg nach Bremen; dort, dachte er, kannst Du ja<br />

Stadtmusikant werden...“.<br />

Sigrid Müller, die älteste Mitwirkende in unserem Aktionsforschungsteam, denkt bei<br />

dieser Geschichte an eine andere Geschichte. Wir sitzen in der Schaffwerk-Scheune.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Sigrid Müller sagt, dass im Dritten Reich die Menschen aussortiert worden sind und<br />

fügt hinzu: „Damit fängt es an, das einsam werden, wenn jemand sagt: Dich brauch ich<br />

doch nicht mehr, was kannst denn Du? Und für mich ist es ganz schlimm, wenn ich nach<br />

meinem Beruf gefragt werde. Ich muss drauf schreiben: Ungelernte Arbeiterin. Und im<br />

Grund genommen stimmt das gar nicht.“.<br />

Die 77jährige Sigrid Müller macht bereits seit der Stadthallenbesichtigung bei unserer<br />

Aktionsforschung mit. Dazu gekommen ist sie durch ihren Kontakt mit Peter Föll. Das<br />

ist ein Mitarbeiter der BruderausDiakonie, der uns beim Start unserer<br />

Aktionsforschung unterstützt hat.<br />

„Was ist eigentlich <strong>Kultur</strong>?“ fragen wir uns in der Anfangsphase immer wieder.<br />

Sigrid Müller antwortet: „<strong>Kultur</strong> ist alles, wo man auf eine bestimmte Sache<br />

aufmerksam macht.“. Andere ergänzen: Museen, Theater, Musik. „Alles was schön ist“,<br />

sagt Angelika Lotterer. „Alles was Spaß macht“, fügt Rolf Rathfelder hinzu.<br />

Wir stellen auch die Frage: „Was ist dann eigentlich keine <strong>Kultur</strong>?“.<br />

Angelika Lotterer meint: „Wenn man über einen bestimmt, was man tun muss.“.<br />

Schlechtes Benehmen, Gewalt und Krieg, sind weitere Stichworte, die wir sammeln.<br />

Dann meldetet sich Sigrid Müller und erklärt eindringlich, dass es auch keine <strong>Kultur</strong> ist,<br />

wenn man sich an die Geschichte gar nicht erinnert.<br />

In einer unserer Filmaufnahmen zeigt Sigrid Müller einen Stoffdruck. Den hat sie bei<br />

ihrer Arbeit in der sogenannten TSA gemacht. Das ist eine Abkürzung und bedeutet<br />

tagesstrukturierende Angebote.<br />

Sigrid Müller: „Da sieht man die Kunst des Stoffdruckens einer 77jährigen Künstlerin.<br />

Eigentlich fällt mir das jetzt schwer zu sagen Künstlerin, weil ich als junger Mensch ja<br />

nur, wenn ich´s mal ganz gemein sagen darf, der Abfall war,...der nie was konnte...“.<br />

http://vimeo.com/afuw/kunst-des-stoffdruckens<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

3 Weitere Erfahrungen sammeln<br />

Im Lauf des Frühlings wird klar, dass die Stiftung Aktion Mensch das Projekt „<strong>Kultur</strong><br />

<strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ ab dem Sommer 2015 drei Jahre lang fördern wird.<br />

Elisabeth Braun und Rosemarie Henes übernehmen die Projektleitung. Markus Christ<br />

beginnt im <strong>Kultur</strong>büro mit vielfältigen Vernetzungsaktivitäten. Mit der Agentur für<br />

unschätzbare Werte wird eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen. Unsere<br />

Aktionsforschung soll bis zum Sommer 2018 weitergehen. Die Verantwortung hierfür<br />

übernimmt Harald Sickinger Die Vorphase des Projekts ist zu Ende, jetzt geht´s so<br />

richtig los.<br />

Faltblatt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“: https://www.yumpu.com/s/9WyplPXdxLRkCUqT<br />

3.1 Wohin des Weges?<br />

„Was hört Ihr Euch sonst für Musik an?“<br />

Die Kamera filmt einen Ordner. Darauf steht geschrieben: „Verschiedene<br />

Musikgruppen M. Braun“.<br />

Harald Sickinger : „Was ist das, Matze, was man da sieht?“<br />

Matthias Braun: „Verschiedene Musikgruppen“<br />

Harald Sickinger: „Die hast Du da gesammelt, oder?“.<br />

Daraufhin klappt der Experte aus eigener Erfahrung und Mit-Aktionsforscher seinen<br />

Musik-Ordner auf. Den hat er extra mitgebracht, um ihn zu zeigen.<br />

Auf der ersten Seite sieht man einen Veranstaltungshinweis. Es geht dabei um ein<br />

schon länger zurückliegendes Konzert des Liederkranzes Reudern: Das<br />

Weihnachtsoratorium von Heinrich Fidelis Müller.<br />

Matthias Braun erklärt: „Es ist das Mitteilungsblatt von daheim, wo ich gebürtig her<br />

komm.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/musikordner<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

In einem Orgelkonzert in Reutlingen war Matthias Braun bisher noch nie. Als wir aber<br />

im Sommer 2015 überlegen, ob und wie wir die lange Orgelnacht erforschen könnten,<br />

da ist er gleich dabei.<br />

Am 15. August von 20 Uhr bis 24 Uhr wird an drei Orgeln gespielt und der<br />

Beleuchtungsmeister Holger Herzog lässt die Kirche mit rund hundert Scheinwerfern<br />

in einem ganz besonderen Licht erscheinen. Mit ihm verabreden sich Matthias Braun,<br />

Thomas Geprägs und Harald Sickinger schon zwei Stunden vor Beginn der<br />

Veranstaltung.<br />

Hier erklärt Holger Herzog (links) den Aktionsforschern Matthias Braun (in der Mitte) und Thomas Geprägs<br />

gerade, wie er die Scheinwerfer steuert.<br />

In unseren Filmaufnahmen findet sich unter anderem diese Gesprächspassage:<br />

Holger Herzog: „Ja, und jetzt habt Ihr Euch ein Orgelkonzert rausgesucht?“<br />

Thomas Geprägs: „Ja.“<br />

Matthias Braun: „Mhm.“<br />

Holger Herzog: „...was hört Ihr Euch sonst für Musik an...?“<br />

Thomas Geprägs: „Alles.“<br />

Holger Herzog: „Alles?“<br />

Matthias Braun: „Ich auch.“<br />

Holger Herzog: „Alles?“<br />

Matthias Braun: „Mhm“<br />

Holger Herzog: „Ah“<br />

Thomas Geprägs: „...Volksmusik, Country bissle“.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Mathias Braun: „Truck...“<br />

Thomas Geprägs: „Truck Stop kennst Du?“<br />

Matthias Braun: „Sagt Dir Truck Stop was?<br />

Holger Herzog: „Truck Stop? Ja, ja, ja. Ja. Ja.“<br />

Matthias Braun: „...Hansestadt Hamburg“.<br />

http://vimeo.com/afuw/was-hoert-ihr<br />

Im Musikordner von Matthias Braun gibt´s weiterführende Informationen über die<br />

Musikgruppe aus der Hamburger Gegend. Das zeigt er uns, als wir an einem anderen<br />

Tag im Pfullinger Schaffwerk zusammensitzen.<br />

„Der wilde, wilde Westen fängt gleich hinter Bernloch an“, sagt Matthias Braun dabei.<br />

„Wer singt das?“, fragt Harald Sickinger.<br />

„Truck Stop singt das“, antwortet Detlef Hartwig.<br />

Er ist ein Freund von Matthias. Immer wieder unternehmen die beiden etwas<br />

zusammen. Zum Beispiel spielen sie gemeinsam Tischtennis.<br />

„Dass die Leute bissle Spaß haben oder dass sie bisschen rumlaufen<br />

können, also das ist für mich, sag ich mal, <strong>Kultur</strong>nacht“<br />

Auf diesem Standbild aus unseren Filmaufnahmen sieht man rechts Detlef Hartwig. Hier erkundet er gerade mit<br />

anderen Aktionsforschern die Reutlinger <strong>Kultur</strong>nacht.<br />

Es ist der 26. September 2015, wir sind bei der Reutlinger <strong>Kultur</strong>nacht unterwegs.<br />

Detlef Hartwig sagt: „Dass die Leute auch bissle Spaß haben oder dass sie bisschen<br />

rumlaufen können, also das ist für mich, sag ich mal, <strong>Kultur</strong>nacht.“.<br />

Heute erleben wir eine Musikmaschine in der Wilhelmstraße, ein Kabarett im<br />

Matthäus-Alber-Haus, Kurzfilme im neuen Kino Kamino und ein Konzert von „Tante<br />

Friedas Jazzkränzchen“ in der Buchhandlung Osiander.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Dass wir eine Band gesehen haben, erzählt Detlef Hartwig später in seinem Wohnheim,<br />

„also Schlagzeug, Saxophone, Klarinette, je nachdem, und es war ja auch, ja, s´war auch<br />

gut. Teils hat´s die Frau n´ bisschen angestrengt mit Schlagzeug spielen. Der ist schier<br />

der Arm eingeschlafen, wahrscheinlich, so wie´s aussieht. Aber es war ja nicht<br />

eingeschlafen.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/kulturnacht<br />

Im <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K, in der Volkshochschule und in der Stadtbibliothek läuft an<br />

diesem Tag ein Film von uns. Besucherinnen und Besucher der <strong>Kultur</strong>nacht erfahren<br />

dadurch, dass wir das <strong>Kultur</strong>leben erkunden und unsere Erfahrungen weitergeben.<br />

http://vimeo.com/afuw/koa-einfuehrung<br />

Auch bei anderen Gelegenheiten zeigen wir nun schon ziemlich oft Filmaufnahmen und<br />

erzählen von unterwegs. Das machen wir zum Beispiel bei einer großen Projekt-<br />

Auftaktveranstaltung im franz.K.<br />

Zeitungsartikel: https://www.yumpu.com/s/kyIUH1m58zT3lNEv<br />

Weitere Anlässe für unsere Präsentationen sind im Herbst und Winter 2015 unter<br />

anderem Treffen mit Leitungspersonen der BruderhausDiakonie, die Mitgliederversammlung<br />

des Vereins Lebenshilfe, eine Feier mit den Aktiven von BAFF und eine<br />

Zusammenkunft von Reutlinger <strong>Kultur</strong>schaffenden. Diese Zusammenkunft nennen sie<br />

„Runder Tisch <strong>Kultur</strong>“.<br />

„Mir ist aufgefallen, solang ich in dem Projekt unterwegs bin, dass<br />

manche Leut in der <strong>Kultur</strong> geschätzt werden und andere nicht<br />

und ich frag die Hörer dieser Filmaufnahmen, warum das so ist?“<br />

Diese Aufnahme zeigt die Aktionsforscherinnen Sigrid Müller (links) und Franziska Schiller (rechts) beim<br />

Reutlinger Heimatmuseum<br />

Sigrid Müller und Franziska Schiller berichten vom Besuch einer Ausstellung im<br />

Heimatmuseum. Es geht um die Kindertagesstätte im Reutlinger Gmindersdorf. Diese<br />

Kita gibt´s seit hundert Jahren.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„An meine Kindheit erinnern mich hier viele, viele Dinge“, sagt Sigrid Müller.<br />

Dazu gehören Spielsachen oder auch Bücher wie „Die Hasenschule“ oder „Der<br />

Struwelpeter“. In diesem Buch gibt es eine Figur, die Suppenkasper heißt.<br />

„Es war eigentlich immer auch in der behüteten Wohngemeinschaft, dass solche<br />

Vorbilder dann benützt wurden als Abschreckung“, erzählt die Aktionsforscherin, die<br />

seit rund fünfzig Jahren in W<strong>ohne</strong>inrichtungen für behinderte Menschen wohnt, „wenn<br />

ich mal meinen Teller nicht leer essen wollte, hieß es gleich: Willst Du so werden wie<br />

der Suppenkasper im Struwelpeter, der gestorben ist, weil er nicht mehr gegessen<br />

hat?“. Dann erklärt sie: „Wenn ich solch eine Ausstellung seh, wie diese hier, dann weiß<br />

ich, dass diese Situation schon viel viel früher begonnen hat, als wie das, was ich in<br />

meinem Leben erfahren durfte.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/kita-gmindersdorf<br />

„Für Leut, die sich mit der Vergangenheit beschäftigen, tät ich´s empfehlen“, sagt<br />

Franziska Schiller, „aber bringt jemand mit zum lesen bzw. das Gesehene zu<br />

verarbeiten.“.<br />

Aus ihrem Blickwinkel sind viele Beschriftungen nicht lesbar. Auch gibt es aus ihrer<br />

Sicht einigen Gesprächsbedarf.<br />

Franziska Schiller schaut sich in der Dauerausstellung des Heimatmuseums um. Sie<br />

sieht, wie bestimmte Persönlichkeiten hier gewürdigt werden und sagt: „Mir ist<br />

aufgefallen, solang ich in dem Projekt unterwegs bin, dass manche Leut in der <strong>Kultur</strong><br />

geschätzt werden und andere nicht und ich frag die Hörer dieser Filmaufnahmen,<br />

warum das so ist?“.<br />

Unser Video-Ausschnitt zeigt, wie sich das Markus Lemcke und Harald Sickinger am<br />

Computer anschauen.<br />

http://vimeo.com/afuw/eine-frage-der-wertschaetzung<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Wie die Erfahrungen, Eigenschaften, Fähigkeiten und Leistungen jedes Menschen<br />

anerkannt werden können, das scheint uns eine wichtige Frage zu sein. Dem wollen<br />

wir bei unserer Aktionsforschung weiter nachgehen.<br />

Wir machen die Erfahrung, dass manches als <strong>Kultur</strong> gilt und manches nicht. Bei unserer<br />

Aktionsforschung erleben wir immer wieder, dass auch Menschen ihre <strong>Kultur</strong>erfahrungen<br />

einbringen wollen, die ansonsten nicht gefragt sind.<br />

Auf dieser Grundlage schreibt Harald Sickinger ein Arbeitspapier zur Beteiligung von<br />

Bürger*innen mit Behinderungserfahrungen:<br />

https://www.yumpu.com/s/F19Q8AgiKprPR0CO<br />

In den ersten Monaten unserer Aktionsforschung haben wir eine Vorgehensweise<br />

entwickelt, die damit beginnt, dass wir nach den individuellen Interessen, Stärken und<br />

bisherigen Erfahrungen der Mitwirkenden fragen. Dafür gehen wir auch an Orte, die<br />

für sie bedeutsam sind und wir sprechen mit Personen aus ihrem Umfeld. Manchmal<br />

kennen die zum Beispiel Stärken der Mitwirkenden, die ihnen selbst gar nicht so<br />

bewusst sind.<br />

Oben sieht man zum Beispiel Franziska Schiller, als sie gerade bei ihrem Arbeitsplatz an der Kasse in einem<br />

Buchladen der LWV Eingliederungshilfe angekommen ist. In dem Laden gibt´s auch Wolle zu kaufen.<br />

Auf dem Bild unten steht Thomas Geprägs bei den Traktoren auf dem Hofgut Gaisbühl der BruderhausDiakonie.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Frank Bakos arbeitet ebenfalls in der Landwirtschaft. „Das ist auch <strong>Kultur</strong>“, sagt er.<br />

In seinem Zimmer zu Hause hängt ein Plan an der Wand. Was man da sieht, fragt ihn<br />

Harald Sickinger. „Tanzkurs, Fußmassage und Musik, Arbeitskreis“, antwortet Frank<br />

Bakos. Damit meint er den Arbeitskreis Selbstbestimmung, wo er sich schon Jahre<br />

lange für Menschen mit Handicap einsetzt.<br />

Manchmal hilft er in seiner Freizeit auch beim Westbahnhof mit. Dort werden Teile<br />

einer alten Bahn restauriert.<br />

Hier sieht man Frank Bakos beim Reutlinger Westbahnhof.<br />

Wir gehen bei unserer Aktionsforschung von unserem persönlichen Standpunkt aus<br />

und dann erweitern wir Schritt für Schritt unseren Horizont.<br />

„Man muss auch mal über den Tellerrand rausschauen“<br />

Ende 2015 machen wir eine Weiterbildungsreise nach Hamburg und bereiten Praktika<br />

vor.<br />

Man müsse auch mal über den Tellerrand rausschauen, erklärt Franziska Schiller. „Ich<br />

will doch nicht dumm sterben“, meint sie, als wir uns über eine bevorstehende Tagung<br />

in Hamburg unterhalten. Zusammen mit Markus Christ vom <strong>Kultur</strong>büro von „<strong>Kultur</strong><br />

<strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ und den Aktionsforschern Matthias Braun und Harald Sickinger reist<br />

sie dorthin, um zu erfahren, wie die Organisation „Leben mit Behinderung“ in Hamburg<br />

<strong>Kultur</strong>begleitungen organisiert.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Es wird eine abenteuerliche Tour, mit einigen Hindernissen im Hamburger S-Bahn-<br />

Verkehr und bei der Veranstaltung selbst, wo nicht alles für alle verständlich ist.<br />

Die Veranstalter haben einen Film über die Tagung drehen lassen. Ein Video von uns<br />

zeigt, wie wir diesen Tagungs-Film anschauen. Ungefähr in der Mitte unseres Videos<br />

sieht man Matthias Braun, wie er eingeschlafen ist. „Weil es war auch zum einnicken“,<br />

sagt er und erklärt: „Weil die haben Fremdwörter benutzt und keine einfachen.“<br />

Nicht nur wir, sondern auch die Veranstalter lernen Schritt für Schritt dazu. Dafür<br />

geben wir unsere Erfahrungen an sie weiter.<br />

http://vimeo.com/afuw/rueckblick-tagung-hamburg<br />

Franziska Schiller sagt, dass sie manche Anregungen aus Hamburg in Reutlingen<br />

umsetzen will. Sie möchte, dass noch mehr Menschen mit und <strong>ohne</strong> Handicap<br />

zusammen weggehen und miteinander <strong>Kultur</strong> erleben.<br />

Auch bei unserer Reise in den Norden haben wir viel erlebt. Einen Eindruck davon gibt<br />

ein kurzer Clip mit ausgewählten Bildern. Es beginnt mit einer Szene, in der Franziska<br />

Schiller nicht in die S-Bahn einsteigen kann, weil der Einstieg zu hoch ist. Man sieht<br />

außerdem, wie sie mit ihrer Assistentin und den Kollegen auf der Reeperbahn<br />

unterwegs ist, wie wir zusammen einen Club besuchen, ein Feuerwerk entdecken, den<br />

Hamburger Hafen natürlich auch und bei der Heimfahrt isst Matthias Braun noch ein<br />

Franzbrötchen. Das ist einem Hamburger Spezialität.<br />

http://vimeo.com/afuw/impressionen-hamburg-reise<br />

Auf diesem Foto sieht man Franziska Schiller, Matthias Braun und die Assistentin Sina Stosch im Hafen.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

3.2 Unterwegs im Reutlinger <strong>Kultur</strong>leben<br />

„... und hier im Praktikum ist er guter Computerspezialist“<br />

Ab Januar 2016 arbeiten eine Praktikantin und fünf Praktikanten regelmäßig einen<br />

Arbeitstag in der Woche als Aktionsforscherin bzw. Aktionsforscher bei der Agentur für<br />

unschätzbare Werte mit. Möglich ist das durch entsprechende Vereinbarungen mit den<br />

Werkstätten für behinderte Menschen der BruderhausDiakonie und der LWV<br />

Eingliederungshilfe.<br />

Praktikumsbeschreibung: https://www.yumpu.com/s/RoaecmDsGWkBHg7p<br />

Hier sieht man Frank Bakos und Thomas Geprägs beim Aufgang zu unserem Büro im <strong>Kultur</strong>amt.<br />

Montags treffen sich Frank Bakos, Thomas Geprägs, Rolf Rathfelder und Harald<br />

Sickinger in einem Raum des <strong>Kultur</strong>amtes im Spitalhof. Das liegt mitten in der Stadt.<br />

Von hier aus<br />

Matthias Braun, Detlef Hartwig, Franziska Schiller und Harald Sickinger richten derweil<br />

in der Hermann-Kurz-Straße vorübergehend ein weiteres Aktionsforschungszentrum<br />

ein. Das liegt etwas weiter außerhalb. Dafür sind diese Räumlichkeiten im Unterschied<br />

zu unserem Büro im <strong>Kultur</strong>amt auch für Menschen zugänglich, die im Rollstuhl<br />

unterwegs sind.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

In Filmaufnahmen kann man sehen, wie Franziska Schiller mit Hilfe einer elektrischen<br />

Rampe zu unserem Treffpunkt gelangt.<br />

http://vimeo.com/afuw/elektrische-rampe<br />

Hier sind Detlef Hartwig und Franziska Schiller im Büro mit der Sichtung von Filmaufnahmen beschäftigt.<br />

Wir beschäftigen uns jetzt viel mit der Frage, wie wir unsere Stärken gut einsetzen und<br />

weiterentwickeln können. In einem Ausschnitt aus unserem Videotagebuch sieht man<br />

zum Beispiel, wie Franziska Schiller über ihren Kollegen Detlef Hartwig sagt: „Also ich<br />

hab´ Detlef kennengelernt als Fachmann für Stadtführung“.<br />

Im Computer schauen wir gerade Aufnahmen an, die bei Detlef Hartwig zu Hause<br />

entstanden sind.<br />

„Ich kann´s ja mal zeigen kurz“, hört man ihn sagen und man sieht, wie er sein<br />

Stadtführerleibchen vorführt und auch seinen gelben Stadtführer-Regenschirm.<br />

Franziska Schiller fällt aber spontan noch eine weitere Stärke von Detlef Hartwig ein:<br />

„...hier im Praktikum ist er guter Computerspezialist.<br />

„Und er ist auch guter Dinge“, fügt Matthias Braun hinzu.<br />

http://vimeo.com/afuw/staerken-erkunden<br />

Detlef Hartwig selbst sieht seine Stärken außerdem bei der Unterstützung von<br />

Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern. Zum Beispiel klappt er in der Buslinie 81 die<br />

Rampe aus und ein.<br />

„...sind wir ganz enttäuscht wieder raus, weil sie zu teuer waren.“<br />

„Wir waren noch im Konzertbüro und haben einiges gefragt, ob es Karten gibt für die<br />

Otto – Veranstaltung und was die kosten.“, berichtet Rolf Rathelder in einem anderen<br />

Ausschnitt aus unseren Aufzeichnungen aus der Anfangszeit des Praktikums.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Es geht um einen Auftritt des Komikers Otto in der Reutlinger Stadthalle. „Dann sind<br />

wir ganz enttäuscht wieder raus, weil sie zu teuer waren“, erzählt der Praktikant weiter.<br />

Harald Sickinger fragt, was die Karten kosten. „46 Euro“, antwortet Rolf Rathfelder.<br />

Wenn wir im <strong>Kultur</strong>leben unterwegs sind, stoßen wir nicht nur an bauliche Barrieren<br />

oder auf Probleme mit der Verständigung. Immer wieder hat das, was jemand am<br />

Besuch einer <strong>Kultur</strong>veranstaltung hindert, auch mit dem Eintrittspreis zu tun.<br />

Manchmal hilft nach unseren Erfahrungen in solchen Fällen das Reutlinger<br />

Gutscheinheft weiter. Manche Personen können zumindest einen Teil des Eintritts<br />

nicht mit Geld, sondern mit Gutscheinen bezahlen. Teilweise gibt es außerdem schon<br />

von vorneherein eine Ermäßigung für Menschen mit sogenannten Behinderungen und<br />

für andere Personengruppen.<br />

Im Lauf des Praktikums erforschen wir darüber hinaus noch eine weitere Möglichkeit,<br />

um finanzielle Barrieren zu überwinden. Das ist die Reutlinger <strong>Kultur</strong>pforte.<br />

„Rüdiger Weckmann“, sagt Matthias Braun, während er am Computerbildschirm auf<br />

ihn zeigt. „Er ist der Vorsitzende der <strong>Kultur</strong>pforte“, fügt Matthias Braun hinzu. Links<br />

daneben sieht man ihn selbst, Markus Christ und Detlef Hartwig. Rechts verdeckt seine<br />

Hand gerade Franziska Schiller.<br />

Franziska Schiller fragt Rüdiger Weckmann in dem Video: „Können Sie uns bitte<br />

erzählen, was das nochmal genau ist mit der <strong>Kultur</strong>pforte?“. Harald Sickinger schwenkt<br />

die Kamera auf Rüdiger Weckmann. „Also die <strong>Kultur</strong>pforte ist ein Verein, der sich an die<br />

<strong>Kultur</strong>veranstalter in Reutlingen gewandt hat mit der Bitte, Freikarten für Menschen<br />

mit geringen Einkommen zur Verfügung zu stellen.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/erkundung-kulturpforte<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Wenn man wenig Geld hat, kann man bei der <strong>Kultur</strong>pforte Gast werden und Gäste<br />

können Freikarten für eine ganze Reihe von Veranstaltungen bekommen. Das<br />

probieren wir aus.<br />

Zuerst muss man mit einem Formular zu einem Wohlfahrtsverband gehen und dort<br />

nachweisen, dass man wenig Geld hat. Dann bekommt man eine Bescheinigung und<br />

kann sich damit für ein Jahr als Gast bei der <strong>Kultur</strong>pforte registrieren lassen.<br />

Wir waren beispielsweise bei der Arbeiterwohlfahrt und bei der Diakonie, um das zu<br />

testen. Das war mit einigem hin und her verbunden. Aber es hat geklappt und ganz<br />

nebenbei haben wir auch noch freundliche Leute von den beiden Wohlfahrtsverbänden<br />

kennengelernt und über unsere Aktionsforschung informiert.<br />

Hier sieht man Herbert Mang von der Arbeiterwohlfahrt mit Thomas Geprägs und Frank Bakos.<br />

Es gibt viele Begegnungen bei unserer Aktionsforschung. Wenn wir Leute treffen, dann<br />

tauschen wir Erfahrungen aus. Das machen wir beim Bäcker, im Konzertbüro, in der<br />

Touristeninformation, in Ämtern, an verschiedenen <strong>Kultur</strong>-Orten und auf öffentlichen<br />

Plätzen. Oft machen wir dabei auch Film- oder Fotoaufnahmen<br />

„...und dann haben wir auch geschwätzt über <strong>Kultur</strong>.“<br />

„Das war montags“, sagt Thomas Geprägs. Er hat eine Memorykarte über unsere<br />

Aktionsforschung in der Hand. Darauf sieht man ihn mit zwei Männern auf dem<br />

Marktplatz stehen. Alle haben Papiere in der Hand. „Da haben wir welche getroffen<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

von der IG Metall“, erklärt er. „Da hab´ ich gefragt: Was macht Ihr? Dann haben wir<br />

geschwätzt und dann hat er gesagt er ist IG Metall und dann haben wir auch geschätzt<br />

über <strong>Kultur</strong>.“.<br />

Mit einem der beiden Männer haben wir ein kurzes Interview geführt.<br />

„Was muss in Reutlingen passieren, damit es für alle Leute gut ist?“, fragt Thomas<br />

Geprägs.<br />

Sein Gesprächspartner fragt zurück, ob er „Du“ sagen kann und nachdem Thomas<br />

Geprägs das bejaht, sagt der Mann: „Du hast ja am Anfang gesagt zum Beispiel diese<br />

Barrierefreiheit. Natürlich also alle Menschen sollten, ich hab´s ja auch vorhin, am<br />

Anfang erwähnt, Platz finden in dieser Stadt und da gibt´s auch Platz für alle. Also ich<br />

versteh nicht, dass manche Menschen denken müssen immer, Fremde ist immer<br />

Gefahr, sagt der Mann, der Betriebsrat bei einer großen Reutlinger Firma ist. Dann zeigt<br />

er uns Postkarten der Industriegewerkschaft Metall gegen Diskriminierung.<br />

http://vimeo.com/afuw/infostand-igmetall<br />

Hier sieht man einige Memory-Karten von unserer Aktionsforschung. Sie liegen auf dem Reutlinger Stadtplan.<br />

Über die Geschichte der IG Metall in Reutlingen erfahren wir zu einem späteren<br />

Zeitpunkt noch mehr, als wir die Ausstellung „Gute Arbeit – gutes Leben“ im<br />

Heimatmuseum anschauen. Sie handelt davon, wie Beschäftigte von hiesigen Betriebe<br />

sich seit mehr als hundert Jahren für gute Arbeits- und Lebensbedingungen einsetzen.<br />

Uns bringt das unter anderem wieder zur Frage zurück, was jeder und jede von uns<br />

gerne macht und gut kann.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Völlig losgelöst von der Erde“<br />

Thomas Geprägs und Frank Bakos sitzen in unserem Büro im <strong>Kultur</strong>amt. Sie schauen<br />

sich einen Ausschnitt aus dem Videotagebuch des Freitags-Teams an, das sich in der<br />

Hermann-Kurz-Straße trifft. In dem Video sehen sie Matthias Braun und Detelf Hartwig.<br />

Die stehen neben unserer Litfaß-Säule, auf der wir Infos befestigen, die wir uns merken<br />

wollen. Die beiden singen freudestrahlend: „Völlig losgelöst von der Erde, schwebt das<br />

Raumschiff völlig schwerelooooooos.“. Thomas Geprägs klatscht Beifall.<br />

http://vimeo.com/afuw/nach-dem-konzert<br />

Die Begeisterung der beiden wirkt ansteckend. Das zeigt sich zum Beispiel auch, als<br />

Matthias Braun und Harald Sickinger diese Szenen bei einer Konferenz von Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern im Sozialdienst der Werkstatt für behinderte Menschen<br />

vorführen.<br />

Die Gesangseinlage gehört zum Bericht von Matthias Braun und Detlef Hartwig über<br />

ein Konzert von Peter Schilling im <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K und der Text stammt aus<br />

seinem berühmten Lied „Major Tom“.<br />

Die unterschiedlichen Aktionsforscherinnen und Aktionsforscher besuchen<br />

unterschiedliche Veranstaltungen bzw. <strong>Kultur</strong>-Orte, je nachdem, was zu den eigenen<br />

Interessen passt. Manche von uns sind jetzt als Gäste bei der <strong>Kultur</strong>pforte registriert<br />

und bekommen Freikarten für manche Veranstaltungen. Manche <strong>Kultur</strong>angebote sind<br />

aber auch <strong>ohne</strong> <strong>Kultur</strong>pforte zugänglich, weil gar kein Eintritt verlangt wird.<br />

Auf dem Bild unten sieht man Frank Bakos und Thomas Geprägs bei Filmaufnahmen in<br />

einer Fotoausstellung. Das ist im Gebäude der Volksbank am Reutlinger Marktplatz im<br />

2. Stock.<br />

Wir denken, dass man wissen sollte, dass man dorthin nur über Treppen kommt. Es<br />

gibt nämlich keinen Aufzug. Darüber sprechen wir auch mit einer Mitarbeiterin der<br />

Volksbank.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„...oben im ersten Stock war ein Workshop über einfache Sprache...“<br />

Die Stadtbibliothek und die Volkshochschule liegen in Reutlingen direkt<br />

nebeneinander. An beiden Orten sind wir immer wieder unterwegs. In unseren<br />

Aufzeichnungen aus dem ersten Quartal 2016 finden wir den folgenden<br />

Gesprächsausschnitt aus unserem Freitags-Team<br />

„Was ist da gewesen?“, fragt Matthias Braun seine Aktionsforschungskollegin<br />

Franziska Schiller. Sie antwortet: „Also ich bin nach dem Essen mit dem Harald<br />

zusammen in die Volkshochschule und in der Volkshochschule oben im ersten Stock war<br />

ein Workshop über einfache Sprache und den hab ich zusammen mit Harald besucht,<br />

dass ich mit Euch zwei leichter umgehen kann, weil Ihr zwei ja leichte Sprache braucht.“.<br />

Bei dem Workshop, den Franziska Schiller mit Harald Sickinger besuchte, ging´s darum,<br />

wie man schwierige Texte in einfache bzw. leichte Sprache übersetzen kann.<br />

Am gleichen Tag haben wir in der Volkshochschule auch noch eine Aktionskunstgruppe<br />

aus Freiburg beraten Diese Leute hatten uns gefragt, ob wir Tipps geben können, wie<br />

sie die Plakate und Installationen aus Reisepässen und ähnlichen Dingen in ihrer<br />

Passausstellung gut zugänglich anbringen. Da ist auch Markus Lemcke dazu<br />

gekommen.<br />

Bei dieser Gelegenheit hat der Experte für das Thema Barrierefreiheit bei der<br />

elektronischen Datenverarbeitung anderen Mitgliedern aus unserem<br />

Aktionsforschungsteam auch gleich noch Tipps zur Bedienung von Tablets gegeben.<br />

Solche Geräte nutzen wir nämlich manchmal bei unserer Arbeit.<br />

Auf dem Foto sieht man das Freitags-Team während des Praktikums. Matthias Braun, Franziska Schiller und<br />

Detlef Hartwig sind hier in der Stadtbücherei. Dort gibt es Bücher in einfacher Sprache.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Wie sich Barrieren in unterschiedlichen Bereichen abbauen lassen, das beschäftigt uns<br />

schon in den ersten Monaten 2016 ganz regelmäßig.<br />

Rolf Rathfelder erzählt zum Beispiel, dass er als Heimbeirat schon mal mit einigen<br />

Mitstreiterinnen und Mitstreitern bei der Zeitung war. Bisher, so sagt er, hätten sie<br />

erfolglos versucht, dass die Sprache der Zeitung einfacher wird. Deshalb treffen wir uns<br />

mit der Koordinatorin des Heimbeirats, um uns abzustimmen.<br />

In der Nikolaikirche besuchen wir die Präsentation eines Krimis in einfacher Sprache<br />

und lesen auch selbst darin. In der Stadtbibliothek erkunden wir neben vielem anderen<br />

auch die Ecke mit den Büchern in einfacher Sprache.<br />

Mit Mitarbeiterinnen der Stadtbibliothek, aber auch mit anderen Beschäftigten der<br />

Stadt Reutlingen tauschen wir uns dann im März 2016 wieder aus. Bei einer<br />

Veranstaltung im großen Sitzungssaal des Rathauses geben unter anderem Franziska<br />

Schiller und Thomas Geprägs ihre Erfahrungen mit dem Abbau von Barrieren weiter.<br />

Zugleich erfahren wir aber bei solchen Gelegenheiten auch selbst wieder mehr.<br />

Thomas Geprägs probiert zum Beispiel eine besondere Kleidung aus. Dadurch<br />

bekommt er ein Gefühl für körperliche Einschränkungen, mit denen andere Menschen<br />

leben und kann sich besser in ihre Lage versetzen.<br />

Auf dem Foto von Thomas Geprägs im Spezialanzug liegt eine Memory-Karte. Wir erinnern uns an viele Aktionsforschungsbesuche<br />

im Reutlinger Rathaus.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Der hat den Rain Man genommen, um auf die Problematik<br />

Behinderung aufmerksam zu machen.“<br />

Wir sortieren Materialen, die wir bei unserer Aktionsforschung gesammelt haben.<br />

Darin findet sich auch eine Einladung von Eugen Blum.<br />

Thomas Geprägs erklärt dazu: “Eugen Blum hat einen Film gezeigt im franz.K und alles<br />

organisiert.“. Franziska Schiller ergänzt: „Der hat den Rain Man genommen, um auf die<br />

Problematik Behinderung aufmerksam zu machen.“.<br />

Das ist eine Aufnahme von der Film-Arbeit mit Eugen Blum. Hier steht er vor dem Kino Kamino und wartet<br />

konzentriert auf das Zeichen „Film ab“.<br />

Der Kontakt von Eugen Blum zur Agentur für unschätzbare Werte und zum Projekt<br />

„<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ war schon einige Zeit vorher durch die Mitarbeiterin einer<br />

sozialen Einrichtung in Reutlingen zu Stande gekommen.<br />

Eugen Blum hatte sich für unsere Arbeit gegen Diskriminierung interessiert und Harald<br />

Sickinger bei unterschiedlichen Gelegenheiten auch von seinen eigenen Erfahrungen<br />

berichtet. Außerdem spielte er Harald Sickinger zum Beispiel Musik vor, die ihm gefällt.<br />

Dazu gehört die Band „Diorama“. Oft sprach er auch über Filme.<br />

Bald stellte sich heraus, dass Eugen Blum viel über Filme weiß und dass es auch welche<br />

gibt, die eine große Bedeutung für ihn haben. Dazu gehört zum Beispiel der Film „Rain<br />

Man“ von Barry Levinson.<br />

Er zeigte Harald Sickinger die DVD und sagte, dass er gerne anderen Menschen etwas<br />

von seinen Ansichten darüber vermitteln würde.<br />

Nach und nach entstand die Idee für eine kleine Veranstaltung und er plante mit<br />

unserer Hilfe eine Filmvorführung mit anschließendem Gespräch.<br />

Die Einladung zu dieser Filmvorführung sieht man auf der nächsten Seite.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Mehr als zwanzig Menschen mit und <strong>ohne</strong> Behinderungserfahrungen sind gekommen.<br />

Nach dem Film gab es ein angeregtes Gespräch.<br />

„Es war für mich etwas Besonderes, ein neues Erlebnis, weil ich ja zum ersten Mal<br />

moderieren durfte. Ich durfte halt etwas vorstellen. Ich durfte halt vorstellen, ein<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Kunstwerk, einen Film, wo ich mich selber einsehen kann.“, sagt Eugen Blum über seine<br />

Veranstaltung.<br />

Er macht die Erfahrung, dass Filme manchmal Respekt vermitteln können.<br />

„Respekt ist für mich, wenn man mich so akzeptiert wie ich bin, in dem ich zum Beispiel<br />

meine Vergangenheit erzähle“, sagt Eugen Blum, wenn man „etwas über sich erzählt<br />

und der andere versteht das. Er versteht, dass ich mein Mensch bin mit besonderen<br />

bisschen Fähigkeiten.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/veranstaltung-rain-man<br />

Matthias Braun, Detlef Hartwig und Harald Sickinger haben sich bei der Filmvorführung<br />

um die Technik im franz.K gekümmert. Dafür haben sie sich vorher mit einem Techniker<br />

des <strong>Kultur</strong>zentrums getroffen, der ihnen alles erklärt hat.<br />

„Das braucht man noch. <strong>Kultur</strong> ist das“<br />

Auf diesem Foto steht Thomas Geprägs zwischen Sabine Kramer vom Schaffwerk und dem Pfullinger<br />

Bürgermeister Michael Schrenk. Der Aktionsforscher hält das Amtsblatt in der Hand. Er schlägt vor, dass im<br />

Amtsblatt über die <strong>Kultur</strong> im Schaffwerk berichtet wird.<br />

In einem unserer Clips steht Thomas Geprägs neben Frank Bakos und dem kleinen<br />

roten Dienstwagen der Agentur für unschätzbare Werte vor dem alten Haus in der<br />

Gönninger Straße in Pfullingen. Dort gibt es viele alte Gegenstände und Skulpturen von<br />

denen viele nicht so genau wissen, wofür die eigentlich gut sind.<br />

Das nicht ganz leicht heizbare Haus nutzen wir jetzt im Frühling 2016 mit zunehmender<br />

Wärme wieder öfter für unsere Arbeit.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Da kam mal ein Bericht: Braucht man das noch oder gehört das weg?“, berichtet<br />

Thomas Geprägs als Reporter in dem Clip. „Das braucht man noch“, sagt er, „<strong>Kultur</strong> ist<br />

das“.<br />

http://vimeo.com/afuw/kultur-ist-das<br />

Später sagt er das auch dem Bürgermeister von Pfullingen, mit dem wir uns im Rathaus<br />

treffen, um über die <strong>Kultur</strong> im Schaffwerk zu sprechen.<br />

„<strong>Kultur</strong> ist Vielfalt, <strong>Kultur</strong> ist Freude, <strong>Kultur</strong> ist Freiheit“<br />

„Wenn Sie einen Film drehen müssten über <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>, was müsste in dem<br />

Film vorkommen?“, fragt Markus Lemcke einen Passanten vor dem Spitalhof auf dem<br />

Reutlinger Marktplatz.<br />

„<strong>Kultur</strong> würd ich mal sagen. Es geht ja um <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>. Dann vielleicht<br />

jegliche <strong>Kultur</strong>. Einfach <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>, keine Ahnung, dass man einfach jede <strong>Kultur</strong><br />

der Stadt reinnimmt“, meint der Mann.<br />

Ein paar Schritte weiter spricht Thomas Geprägs eine Frau an: „Was ist für Sie <strong>Kultur</strong>?“.<br />

Sie antwortet: „<strong>Kultur</strong> ist Vielfalt, <strong>Kultur</strong> ist Freude, <strong>Kultur</strong> ist Freiheit.“.<br />

Danach kommt ein Junge zu Wort: „<strong>Kultur</strong> ist für mich, wenn jeder da seinen eigenen<br />

Zweck hat und zwar, also jeder seine eigene Tradition.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/freiluft-aktionsforschungsbuero<br />

Immer wieder sind wir auf öffentlichen Straßen und Plätzen unterwegs. Dabei mischen<br />

sich diejenigen, die gerade im Praktikum sind mit anderen Aktionsforscherinnen und<br />

Aktionsforschern, die in ihrer Freizeit mitwirken.<br />

So ist das auch heute, an diesem Tag im April 2016.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

An der einen Ecke des Platzes tauscht sich Franziska Schiller gerade mit einem Bürger<br />

darüber aus, ob Barrierefreiheit nur Menschen betrifft, die im Rollstuhl unterwegs<br />

sind.<br />

Auf der anderen Seite erklären Mattias Braun und andere Kollegen unsere<br />

Aktionsforschung. Dafür haben wir ein Büro unter freiem Himmel aufgebaut.<br />

Hier sieht man Thomas Geprägs, Matthias Braun und unten einen Gast in unserem Freiluft-Forschungsbüro.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„...dass wir jetzt zum Beispiel die Experten in eigener Sache<br />

mehr einbeziehen sollten...“<br />

Franziska Schiller will neue Dinge erfahren und neue Menschen kennenlernen. Zugleich<br />

will sie auch ihre eigenen Sichtweisen weitervermitteln. Das macht sie bei vielen<br />

Gelegenheiten. Dazu gehören auch zwei Seminaren des Bundesamtes für Familie und<br />

zivilgesellschaftliche Aufgaben. Hier berichtet sie engagierten jungen Menschen im<br />

Bundesfreiwilligendienst von ihren persönlichen Lebenserfahrungen und zusammen<br />

mit Harald Sickinger auch von unseren Erfahrungen in Verbindung mit dem Projekt<br />

„<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“.<br />

Hier sind Franziska Schiller und Harld Sickinger im Vordergrund mit einer Seminargruppe im April 2016 zu sehen.<br />

Eine weitere Gelegenheit ergibt sich beim Reutlinger Generalanzeiger.<br />

Von links nach rechts: Gisela Sämann vom GEA, Franziska Schiller, Matthias Braun und Detlef Hartwig<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Schon seit Sommer 2015 haben wir Kontakt zur Reutlinger Ressortleiterin der Zeitung.<br />

Nach einigen Vorgesprächen und Vorbereitungen vereinbart Franziska Schiller mit<br />

Gisela Sämann, dass sie die Ressortleiterin eine Woche lang bei ihrer Arbeit begleitet.<br />

Dadurch erfahren wir viel Neues darüber, wie eine Zeitung gemacht wird und auch die<br />

Macherinnen und Macher der Zeitung lernen dazu.<br />

Am Ende der Hospitationswoche im Mai 2016 entstehen Filmaufnahmen, Darin sieht<br />

man Franziska Schiller mit Gisela Sämann in einer Redaktionssitzung. Im Gespräch mit<br />

Harald Sickinger sagt die Zeitungsfrau danach: „Auch die Kollegen, die jetzt immer<br />

geholfen haben, die Franziska die Treppen rauf und runter zu tun, die glaub ich, haben<br />

jetzt auch einen anderen Blick auf dieses Haus.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/lernerfahrungen-gea<br />

Die Redaktionsräume sind nur über eine Treppe zugänglich. Einige Wochen vor der<br />

Hospitation haben wir deshalb mit Frau Sämann ausprobiert, wie dieses Hindernis zu<br />

überwinden ist. Die Lösung war schließlich unser Faltrollstuhl, den Franziska Schiller<br />

ein Jahr vorher für das Schaffwerk organisiert hatte. Ähnlich wie dort, stieg Franziska<br />

vom Elektrorollstuhl in den Faltrolli um und wurde dann von verschiedenen Helfern die<br />

Treppe hochgezogen bzw. später wieder hinuntergebracht.<br />

Hier sieht man die Treppe zu den Redaktionsräumen. Mit dem Faltrollstuhl und mit Unterstützung der Redaktion<br />

konnte Franziska Schiller dort hinaufgelangen.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Gisela Sämann sagt, dass sie von Franziska Schiller noch andere wichtige Dinge gelernt<br />

hat.<br />

Das ist zum Beispiel, „dass wir jetzt die Experten in eigener Sache, also Menschen mit<br />

Behinderungen mehr einbeziehen sollten in unsere Berichterstattung. Also nicht über<br />

jemanden zu schreiben, sondern tatsächlich mal nachzufragen.“. So beschreibt es die<br />

Ressortleiterin beim Reutlinger Generalanzeiger nach einigen Tagen intensiver<br />

Zusammenarbeit mit Franziska Schiller.<br />

Gisela Sämann und Franziska Schiller bei der gemeinsamen Arbeit, die ihnen offensichtlich Freude bereitet.<br />

In diesen Monaten ist Franziska Schiller mit anderen Mitwirkenden unserer<br />

Aktionsforschung an vielen Orten unterwegs, wo unsere Erfahrungen als Expertinnen<br />

und Experten in eigener Sache gefragt sind.<br />

Wir beraten beispielsweise einige Interessierte, die Menschen mit Handicap zu<br />

<strong>Kultur</strong>veranstaltungen begleiten wollen. Dabei arbeiten wir mit Markus Christ vom<br />

<strong>Kultur</strong>büro des Projekts „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ zusammen.<br />

In Kooperation mit dem Projekt k.l.e.v.e.r-iq wirken wir beim Verbessern der<br />

Wegweiser in einem Amtsgebäude mit. Das machen Franzika Schiller und Harald<br />

Sickinger in Zusammenarbeit mit anderen Expertinnen und Experten. Dazu gehören<br />

auch Markus Lemcke und Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist.<br />

Wir arbeiten mit vielen unterschiedlichen Expertinnen und Experten aus eigener<br />

Erfahrung zusammen und so vergrößert sich der Kreis von direkt oder indirekt<br />

Mitwirkenden bei der Aktionsforschung für eine <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong> nach und nach<br />

immer weiter.<br />

In diesem Zusammenhang besuchen wir zum Beispiel auch den Förder- und<br />

Betreuungsbereich einer Behindertenhilfeeinrichtung, stellen dort unsere Arbeit vor<br />

und erkundigen uns nach dem <strong>Kultur</strong>leben von Menschen, die auf viel Assistenz<br />

angewiesen sind.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Vor einem Konzert in Gebärdensprache treffen sich Frank Bakos, Thomas Geprägs und<br />

Harald Sickinger mit einem Beschäftigten der BruderhausDiakonie-Werkstatt, der auf<br />

Gebärdensprache angewiesen ist. Sein Chef übersetzt und so erfahren wir zum Beispiel<br />

und geben weiter, dass der Mann gerne Musikveranstaltungen besuchen möchte, wo<br />

man die Schwingungen der Musik am ganzen Körper spüren kann.<br />

So etwas erleben wir im franz.K dann auch selbst beim Konzert des Gospelchors aus<br />

Gönningen mit dem Gebärdenchor der Volkshochschule Tübingen.<br />

Manchmal sind wir bei unserer Aktionsforschung mit Menschen im Kontakt, die uns<br />

wichtige Dinge sagen, deren Namen wir aber nicht nennen. Wir geben das dann in<br />

anonymisierter Form weiter.<br />

Der folgende Ausschnitt aus einem Gespräch von Harald Sickinger mit der Bew<strong>ohne</strong>rin<br />

einer stationären Wohngruppe für Menschen mit sogenannten Behinderungen ist ein<br />

Beispiel dafür. Die Frau erzählt, warum sie manchmal Selbstgemaltes in der Wohnung<br />

herumliegen lässt.<br />

Harald Sickinger: „Was hindert Sie im Moment an der Teilnahme am <strong>Kultur</strong>leben?“<br />

Expertin aus eigener Erfahrung: „Dass ich nicht ernst genommen werd´. Manchmal<br />

überhaupt nicht und jetzt fängt das so ganz, ganz sachte an zu kommen, dass ich ernst<br />

genommen werde. Ganz besonders mit meinem Malen und mit meiner Kunst. Ich bin<br />

zum Teil glücklich, aber zum Teil auch sehr enttäuscht, wenn´s dann heißt: Ach ja, die<br />

Frau, die lässt das und das wieder überall rumfahren und liegen und so. Und wenn ich<br />

das mach, dann möcht ich eigentlich bloß damit sagen: Schau mal, was ich wieder in<br />

meiner Kunst hergestellt hab.“.<br />

„Etwas ausprobieren“<br />

Kameramann Frank Bakos bei der Arbeit im Schaffwerk<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Frank Bakos steht in unserem provisorischen Frühlings-Projektbüro im Schaffwerk an<br />

der großen Kamera.<br />

Er filmt, wie Thomas Geprägs und Rolf Rathfelder auf ein großes Papier schreiben, was<br />

aus ihrer Sicht ein gutes Museum ausmacht. „Aufzug“ steht schon drauf und „Rampe“,<br />

auch „Wegbeschreibung mit Symbolen“. Darüber ist das Wort „Barrierefrei“ zu lesen<br />

und darunter “Keine Stufen“.<br />

Jetzt schreibt Rolf Rathfelder mit einem dicken blauen Filzstift: „Etwas ausprobieren“.<br />

Harald Sickinger fragt ihn: „Rolf tätest Du sagen, das gehört auch zu einem guten<br />

Museum?“.<br />

Rolf Rathfelder antwortet: „Ha ja, wenn man was ausprobieren kann. Tät ich schon<br />

sagen.“.<br />

In der nächsten Aufnahme sieht man Matthias Braun. Er zieht eine Kuckucksuhr auf,<br />

die an der Wand hängt. Er weiß, wie das geht, weil sein Opa die gleiche hatte.<br />

Wir befinden uns in einer Stube mit vielen geschichtsträchtigen Dingen. Sabine Kramer<br />

versucht etwas zu zeigen, was sie besonders an ihren Vater erinnert.<br />

http://vimeo.com/afuw/museum-zum-ausprobieren<br />

Später schreibt Matthias Braun auf ein Plakat. „Alte Uhren“. In der nächsten Einstellung<br />

kann man mehr erkennen. Auf dem Plakat steht in der Mitte geschrieben „Ein Museum<br />

über mich“. Eine Motorsäge soll auch auf dem Plakat drauf sein, erklärt Matthias<br />

Braun, weil er einen Motorsägeschein hat. Dann erinnert er an einen Besuch seiner<br />

Konfirmations-Vorbereitungsgruppe vor vielen Jahren in Eckwälden. Während<br />

Matthias Braun dort im Internat war, kamen ihn seine Altersgenossinnen und<br />

Altersgenossen aus dem Heimatort ganz überraschend besuchen. „Von dem hab` ich<br />

nichts gewusst“, berichtet er freudestrahlend.<br />

Wir nutzen das alte Haus und die alten Gegenstände, um uns mit Dingen zu<br />

beschäftigen, die für unser eigenes <strong>Kultur</strong>leben wichtig sind. Wenn wir uns die<br />

geschichtsträchtigen Dinge im Schaffwerk anschauen, dann führt uns das immer<br />

wieder zur Frage, wie es eigentlich mit unserer eigenen Geschichte ist, wie sie bisher<br />

verlaufen ist und wie sie gut weitergehen kann.<br />

Mit der Zeit finden wir immer besser heraus, was wem wichtig ist, welche Stärken wer<br />

hat und wer welche Rollen übernehmen kann. Dafür probieren wir vieles aus.<br />

Frank Bakos und Matthias Braun zum Beispiel sind ab und zu in der Rolle des<br />

Kartenkontrolleurs bei „Sagenhaften Rundführungen“ im Schaffwerk unterwegs<br />

In einem unserer Filmbeiträge sieht man Matthias Braun mit einem „Original“-<br />

Stempel. Den bekommen die Gäste bei den Rundführungen aufgedrückt.<br />

Aber Achtung! Am Ende des Clips zeigt er den Stempel für diejenigen, die nicht bezahlt<br />

haben. „Da steht nix drauf“, sagt Matthias Braun.<br />

http://vimeo.com/afuw/rund-ums-schaffwerk<br />

Auch an der Begegnungskultur in seinem eigenen Wohnviertel arbeitet Matthias Braun<br />

während des Praktikums mit. Immer wieder hilft er nach dem Viertel-Mittagstisch in<br />

der Kreuzkirche beim Abbau. Dabei unterstützt ihn Markus Christ vom <strong>Kultur</strong>büro.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Matthias Braun stapelt Stühle und Markus Christ hilft ihm bei Abbau in der Kreuzkirche.<br />

„Um eine richtig gute Arbeit machen zu können,<br />

brauchst Du auch eine Basis...“<br />

Frank Bakos, Rolf Rathfelder und Thomas Geprägs beim Aufbau von Informationswänden in unserer neuen<br />

Aktionsforschungsbasis im ehemaligen Konzertbüro.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Hier steht Frank Bakos an der Eingangstüre zu unserem neuen provisorischen Aktionsforschungszentrum.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Das ehemalige Konzertbüro zwischen dem Reutlinger Marktplatz und dem Spitalhof<br />

steht schon lange leer. Mehrfach hat Rosemarie Henes von BAFF mit uns zusammen<br />

die Verantwortlichen der Stadt darum gebeten, dass wir den Raum für unsere Arbeit<br />

nutzen dürfen. Lange <strong>ohne</strong> Erfolg.<br />

Im Juni 2016 klappt es dann doch noch. Vorübergehend können wir hier unser<br />

Aktionsforschungsbüro einrichten und zumindest mal fast bis zum Ende des Jahres<br />

bleiben Das ist für uns vor allem auch deshalb wichtig, weil das ehemalige Konzertbüro<br />

für Menschen zugänglich ist, die im Rollstuhl unterwegs sind.<br />

„Um eine richtig gute Arbeit machen zu können, brauchst Du auch eine Basis“, sagt<br />

Franziska Schiller. Das ehemalige Konzertbüro ist ein guter Basis-Ort, für eine<br />

„vernünftige Arbeit“, wie es unsere Kollegin formuliert.<br />

An diesem zentral gelegenen Ort können wir nun noch leichter mit Bürgerinnen und<br />

Bürgern ins Gespräch kommen.<br />

Einmal tauschen wir uns vor unserem Büro auch mit dem Künstler Erich Rosenberger<br />

aus.<br />

Er ist zufällig vorbeigekommen und es entwickelt sich ein angeregtes Gespräch. Dabei<br />

erzählt er uns von seinen Verbesserungsideen für das Reutlinger <strong>Kultur</strong>leben:<br />

„Es wär nicht schlecht, wenn die Stadt Reutlingen oder die Gemeinde, oder wie man´s<br />

auch immer nennt, ne Halle zur Verfügung stellen würde, wo die einzelnen Leute, also<br />

halt Künstler zusammen kommen könnten, um a) Austausch zu haben und b) kleine<br />

Geheimnisse untereinander zu lüften, c) einfach spontan ein Bild malen, die anderen<br />

machen Musik daneben...“.<br />

http://vimeo.com/afuw/halle-zum-zusammenkommen<br />

Der Künstler Erich Rosenberger im angeregten Gespräch vor unserem Aktions-Forschungsbüro<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Eine der Hauptpersonen sitzt im Rollstuhl. Von da her hat mich das<br />

auch selber angesprochen, weil ich selber im Rollstuhl sitze.“<br />

Von Anfang an waren wir in unterschiedlichen Behindertenhilfe-Einrichtungen<br />

unterwegs. Dort haben wir über unsere Arbeit informiert, Fragen gestellt und Leute<br />

kennengelernt. Dazu gehört auch Maria Eckert.<br />

Sie ist bei der LWV-Eingliederungshilfe beschäftigt. Wir treffen sie manchmal an der<br />

Pforte in Rappertshofen und im Buchladen der Einrichtung in Rommelsbach, aber auch<br />

beim Fußgänger*innen-Check bzw. Rollstuhlfahr-Check in der Reutlinger Innenstadt<br />

sind wir ihr schon als Expertin aus eigener Erfahrung begegnet. Auf Einladung der<br />

Stadtverwaltung haben wir dabei gemeinsam erkundet, wo und wie Gehwege bzw.<br />

Rollstuhlfahrwege verbessert werden können.<br />

Jetzt will die Expertin aus eigener Erfahrung einen <strong>Kultur</strong>-Tipp weitergeben. Wir stehen<br />

mit der Kamera vor dem Reutlinger Cineplex-Kino. Im Schaukasten hängt ein Plakat<br />

über den Film „Ein ganzes halbes Jahr“.<br />

Maria Eckert sagt: „Der Film läuft ab dem 23.6. hier im Kino und, ja, ich hab gesagt, ich<br />

muss diesen Film unbedingt sehen, weil das Buch so toll war.“. Sie fasst die Handlung<br />

kurz zusammen und sagt in diesem Zusammenhang: „Eine der Hauptpersonen sitzt im<br />

Rollstuhl. Von da her hat mich das auch selber angesprochen, weil ich selber im<br />

Rollstuhl sitze.“.<br />

Harald Sickinger fragt: „Wenn man hier mit dem Rolli ins Kino gehen möchte, kann Frau<br />

oder Mann dann den Film gut sehen?“.<br />

Das sei ein bisschen schwierig, antwortet die Rollstuhlfahrerin.<br />

Im Unterschied zum neuen Kino Kamino ist es im Cineplex an der Planie so, „dass das<br />

einzige Kino, was barrierefrei ist, das Kino 1 ist und alle anderen sind nur durch Treppen<br />

erreichbar.“. So erklärt es uns Maria Eckert.<br />

Manchmal werden die Filmvorstellungen auch noch kurzfristig in andere Kinosäle<br />

verlegt. So kann man sich nicht wirklich sicher sein, ob man den Film sehen kann.<br />

https://vimeo.com/afuw/unterwegs-mit-maria-eckert<br />

Maria Eckert vor dem Filmplakat beim Kino an der Planie.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

In diesem Fall können Maria Eckert, Frank Bakos und Harald Sickinger den Film aber<br />

tatsächlich zusammen anschauen und womöglich machen das auch noch andere Leute,<br />

die unser Video mit dem Tipp auf unserer Internetseite oder bei einem unserer<br />

<strong>Kultur</strong>vermittlungs-Treffen gesehen haben. Vielleicht hat sich ja die eine oder der<br />

andere animieren lassen, den Film anzuschauen.<br />

„Kann ich dann nur Euch besuchen oder auch selber Kurse leiten?“<br />

Im Juli 2016 sind wir bei der LEF-Jahrestagung eingeladen. LEF bedeutet<br />

Landesverband der Evangelischen Erwachsenen- und Familienbildung in Württemberg.<br />

Thomas Geprägs. Markus Lemcke, Franziska Schiller und Harald Sickinger fahren zu der<br />

Veranstaltung nach Bad Boll.<br />

Auf dem Foto von der Tagung in Bad Boll sieht man von rechts Markus Lemcke, Harald Sickinger, Franziska<br />

Schiller, Thomas Geprägs sowie Frieder Leube vom Haus der Familie in Reutlingen und Vertreterinnen anderer<br />

Familienbildungsstätten.<br />

Hier zeigen wir Videos und berichten von unseren Erfahrungen bei der<br />

Aktionsforschung im <strong>Kultur</strong>leben. Dazu gehören auch Erfahrungen im Reutlinger Haus<br />

der Familie. Dort waren wir im Frühjahr, haben Fragen gestellt und Filmaufnahmen<br />

gemacht.<br />

„Kann ich dann nur Euch besuchen oder auch selber Kurse leiten?“, fragt Franziska<br />

Schiller in einem Videoausschnitt, den wir bei der Tagung zeigen.<br />

Der Leiter des Bildungshauses Frieder Leube erzählt, dass es solche Anfragen immer<br />

wieder gibt. Normalerweise braucht man eine bestimmte Qualifikation, um einen Kurs<br />

zu leiten.<br />

„Ausbildung, Wissen in dem Sinn mit Ausbildung, Zeugnis und so weiter hab ich keins.“,<br />

sagt Franziska Schiller. Aber trotzdem kennt sie sich mit einigen Dingen gut aus.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Zum Beispiel macht sie als Kompressionsstrumpf-Trägerin oft die Erfahrung, dass ihr<br />

die Strümpfe nicht richtig angezogen werden und äußert die Idee, dass sie doch mal<br />

einen Kurs leiten könnte, wie man Kompressionsstrümpfe richtig anzieht.<br />

So tauschen wir uns mit den Verantwortlichen der württembergischen Familienbildungsstätten<br />

unter anderem über Möglichkeiten aus, wie Expertinnen bzw.<br />

Experten aus eigener Erfahrung zusammen mit pädagogischen Fachkräften einen Kurs<br />

leiten könnten.<br />

In anderen Filmaufnahmen von unserem Besuch im Reutlinger Haus der Familie sagt<br />

der Leiter Frieder Leube: „Wir haben seit einem guten Jahr eine neue Homepage und<br />

da war´s uns wichtig, dass wir die Homepage so programmieren lassen, dass<br />

Menschen, die mit dem Sehen Schwierigkeiten haben, die ein eingeschränktes<br />

Sehvermögen haben, dass die die Schrift entsprechend groß stellen können, dass die<br />

auch unsere Angebote lesen können...“.<br />

Nach diesem Ausschnitt sehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung in Bad<br />

Boll, wie Markus Lemcke die Homepage testet. „So jetzt geh ich hier mal auf das<br />

Pluszeichen....Jetzt haben wir schon gesehen, irgendwas vergrößert sich. Aber das<br />

Spannende ist, ist die Seite auch so programmiert, dass man sie jetzt noch bedienen<br />

kann? Jetzt gehen wir hier mal runter. Also wir sehen jetzt hier ganz deutlich, die Schrift<br />

hat sich vergrößert. Das hat also funktioniert. Die Programmierung ist gut...“.<br />

http://vimeo.com/afuw/homepage-hdf<br />

Auf diesem Video-Standbild sieht man, wie Markus Lemcke gerade die Schrift auf der Homepage prüft.<br />

Auch Aufnahmen von einer Befahrung der Toilette schauen wir an. Außerdem<br />

sprechen wir über Möglichkeiten zur Vereinfachung der Sprache und über einige<br />

weitere Aktionsforschungs-Themen.<br />

„Haben Sie Fragen an uns?“, sieht und hört man Thomas Geprägs in einem weiteren<br />

Filmausschnitt sagen.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Mich würde interessierten, was war Ihr erster Eindruck, als Sie hier ins Haus<br />

gekommen sind?“.<br />

Thomas Geprägs antwortet: „Mein erster Eindruck war, schöne Räume, barrierefrei<br />

ausgebaut, dass man mit dem Rollstuhl kann runter und Aufzug für Rollstuhlfahrer,<br />

Kinderwägen, schönes Haus find ich.“.<br />

Franziska Schiller beschreibt, wie sie angekommen ist: „Als ich hier dann das schöne,<br />

weiße Haus und ihre Freundlichkeit gesehen hab, hab ich mich gleich daheim gefühlt.“.<br />

Frieder Leube und seine Kollegin Irmela Theurer-Weigele sagen, dass sie das freut.<br />

http://vimeo.com/afuw/fragen-an-uns<br />

Das Haus der Familie soll inklusiv sein, sagen sie. Das betrifft nicht nur Menschen mit<br />

Handicap, sondern auch alle anderen.<br />

Es gibt im Haus der Familie das Ferda-Café. Hier treffen sich regelmäßig Frauen und<br />

manchmal auch Männer aus unterschiedlichen Ländern. Sie reden miteinander und<br />

tauschen ihre unterschiedlichen Erfahrungen aus. Das gefällt Franziska Schiller und so<br />

nimmt sie ab jetzt manchmal daran teil.<br />

Begegnungen mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern bereichern unsere<br />

Aktionsforschung für eine <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>. Das erleben wir bei Ferda<br />

international und bei vielen anderen Gelegenheiten.<br />

Dazu gehört zum Beispiel auch unser Informationsstand beim interkulturellen Open Air<br />

Festival Inter:Komm! des <strong>Kultur</strong>zentrums franz.K. Hier gibt´s wie so oft Videos von<br />

unserer Aktionsforschung, Erzählungen und Gespräche, die andere und uns selbst<br />

wieder ein Stück weiterbringen.<br />

„Letztes Jahr war ich da auch und dann spielen da drei Orgeln“<br />

Hier erklärt Thomas Geprägs, dass es bei der langen Orgelnacht in der Marienkirche Lichteffekte gibt.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Thomas Geprägs und Rolf Rathfelder stehen vor der Marienkirche und unterhalten sich<br />

über den bevorstehenden Reutlinger Orgelsommer.<br />

„Letztes Jahr war ich da auch und dann spielen da drei Orgeln. Eine oben, links rechts.“,<br />

sagt Thomas Geprägs über seine Erfahrungen bei der langen Orgelnacht 2015.<br />

Als wir wieder im Aktionsforschungsbüro sind, schauen wir Filmaufnahmen von<br />

unserer Aktionsforschung im letzten Jahr an und Thomas Geprägs erklärt, wie Holger<br />

Herzog die Marienkirche in ein ganz besonders Licht taucht:<br />

„In der Mitte sitzt, sitzt einer von Tübingen und der hat so Licht gemacht, mit so<br />

Lichteffekten.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/kulturtipp-orgelnacht<br />

Über die Orgelnacht sprechen wir auch mit Susanne Merkl vom <strong>Kultur</strong>amt. Es geht um<br />

die Rollstuhlgerechtigkeit, um die Verständlichkeit der Informationen und um die<br />

Zugänglichkeit dieser Informationen zum Beispiel für blinde Menschen im Internet<br />

Hierbei ziehen wir wieder Markus Lemcke zu Rate.<br />

Frau Merkl gibt uns dann viel Informationsmaterial mit.<br />

„Ich hab da so ein Plakat. Kann man das unten bei Euch aufhängen?“, fragt Rolf<br />

Rathfelder seine Lebensgefährtin Angelika Lotterer.<br />

In Wohnhäusern für Menschen mit Handicap und an vielen anderen Orten geben wir<br />

Informationen über <strong>Kultur</strong>veranstaltungen weiter.<br />

Angelika Lotterer geht dieses Jahr auch mit und wird nach ihrem ersten Besuch ein<br />

richtiger Fan der langen Orgelnacht.<br />

http://vimeo.com/afuw/gespraech-orgelnacht<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Dieses Standbild aus unseren Filmaufnahmen zeigt Rolf Rathfelder im Gespräch mit Angelika Lotterer.<br />

„Das ist für mich eine ganz tolle <strong>Kultur</strong> gewesen“<br />

Im ehemaligen Konzertbüro geben wir unsere Erfahrungen weiter und hören, was<br />

andere uns zu sagen haben.<br />

Walter Rebstock interessiert sich ebenfalls für die lange Orgelnacht. Rolf Rathfelder<br />

hat auch ihn neugierig gemacht. Jetzt sprechen wir unter anderem darüber, wie man<br />

nach dem Ende der Veranstaltung in der Marienkirche die Heimfahrt organisieren<br />

kann.<br />

Durch die gläserne Eingangstüre hindurch sieht man Walter Rebstock beim Gespräch in unserem Büro.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Wir fragen unsere Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner auch oft, was <strong>Kultur</strong><br />

für sie bedeutet.<br />

Walter Rebstock zeigt uns in diesem Zusammenhang einen Zeitungsartikel. Dieser<br />

Artikel dreht sich um eine Aktion von BAFF. Dabei wurden Kübel mit Nutzpflanzen wie<br />

Tomaten und Kartoffeln bepflanzt. Walter Rebstock war dabei.<br />

Dass da Sachen drin wachsen, die von den Bürgerinnen und Bürgern geerntet werden<br />

können, erzählt er und nennt Orte, wo solche Kübel stehen: Bei der Marienkirche, in<br />

der Oberlinstraße, unten an der Vesperkirche, beim franz.K und auch direkt bei<br />

unserem Büro im Spitalhof.<br />

So können wir einfach rausgehen und schauen, was da wächst. „Das ist für mich eine<br />

ganz tolle <strong>Kultur</strong> gewesen“, sagt Walter Rebstock über die Pflanz-Aktion.<br />

http://vimeo.com/afuw/pflanz-kultur<br />

Rolf Rathfelder und Walter Rebstock bei den bepflanzten Kübeln im Spitalhof. Sie entdecken gerade Tomaten.<br />

Es gibt viele Arten, wie man etwas zum <strong>Kultur</strong>leben beitragen kann. Diese Erfahrung<br />

machen wir regelmäßig.<br />

Rolf Rathfelder mit Matthias Braun stehen vor dem Schaufenster der Reutlinger<br />

Touristeninformation. Hier sehen sie Veranstaltungshinweise auf einem Bildschirm. Es<br />

gibt auch einen Hinweis auf das Burning Eagle Festival. Das gibt es im Sommer auf dem<br />

Gelände des Umweltbildungszentrums Listhof.<br />

„Das ist doch das Burning Eagle Festival, was ist das genau“, meint Rolf Rathfelder.<br />

„Da schaff ich“, sagt Matthias Braun.<br />

„Ja, was machst Du da?“, fragt ihn sein Aktionsforschungskollege.<br />

„Erst in der Küche“ antwortet Matthias Braun und erwähnt dann noch, dass er auch<br />

Eintrittskarten abreißen muss.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Das hat er mit Markus Christ vom <strong>Kultur</strong>büro des Projekts „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“<br />

und mit den Festival-Veranstaltern so besprochen.<br />

http://vimeo.com/afuw/mitarbeit-burning-eagle<br />

Matthias Braun mit Rolf Rathfelder vor dem Informationsbildschirm der Touristeninformation am Marktplatz.<br />

„Wir haben sie repariert<br />

und dann ist sie wieder schwarz geworden“<br />

Jedes Jahr nach den Sommerferien gibt es in Reutlingen und im ganzen Land einen Tag<br />

des offenen Denkmals.<br />

An diesem Tag erkunden wir unterschiedliche Denkmale und Geschichten darum<br />

herum. Dabei entstehen wieder kurze Videoclips.<br />

„Also hier stehen wir im Gmindersdorf am Dienstwagen von der Agentur für<br />

unschätzbare Werte und das ist alles Gmindersorf“, berichtet der Aktionsforschungs-<br />

Reporter Thomas Geprägs.<br />

Dann erzählt ein ehrenamtlicher Stadtführer: „Das Gmindersdorf ist so entstanden, es<br />

gab hier keine Arbeitskräfte mehr und drum hat der Gminder verarmte Bauern aus<br />

Österreich und Italien angeworben hierher und da es ne große Wohnungsnot gab in<br />

Reutlingen, wurde das Gmindersdorf errichtet.“.<br />

Vor hundert Jahren war das. Die Firma Gminder war ein Textilunternehmen.<br />

„Das sieht hier so bisschen ländlich hier aus, bisschen ländlich“, meint Thomas Geprägs<br />

und der Stadtführer erklärt, dass das so gewollt ist, dass jedes Haus deshalb auch<br />

seinen Garten hat.<br />

Wir erfahren noch einiges mehr über das besondere Wohnviertel im Reutlinger<br />

Westen.<br />

„Also das war Gmindersdorf“, hört man Thomas Geprägs am Ende des Clips sagen, „das<br />

hat die Firma Gminder gegründet.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/gmindersdorf<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Hier sieht man Thomas Geprägs am Anfang der Reportage über das Gmindersdorf.<br />

Von unserem Besuch in einer alten Sägemühle am Fluss Echaz gibt´s ebenfalls einen<br />

kurzen Zusammenschnitt:<br />

http://vimeo.com/afuw/saegemuehle<br />

Dieses Foto stammt aus unserem Filmbeitrag über die alte Sägemühle in Reutlingen.<br />

Beim Westbahnhof zeigen die Freunde der Zahnradbahn Honau-Lichtenstein eine alte<br />

Dampflok, die sie restauriert haben. Dabei hat auch Frank Bakos mitgearbeitet.<br />

„Wir haben sie repariert und dann ist sie wieder schwarz geworden“, sagt er und auch<br />

sein Chef von den Freunden der Zahnradbahn kommt in unserem Video zu Wort.<br />

http://vimeo.com/afuw/alte-lok<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Oben: Thomas Geprägs mit Frank Bakos im Gespräch bei der alten Dampflok.<br />

Unten: Ein Besucher unseres vorübergehenden Aktionsforschungszentrums, als er dieses Video anschaut.<br />

„Aber sonst find ich einfach das franz K. kulturell so einen Diamant“<br />

Wir nutzen das ehemalige Konzertbüro in der zweiten Jahreshälfte 2016 zum<br />

Erfahrungsaustausch zwischen Menschen aus unterschiedlichen Gruppen und<br />

Generationen. Bürgerinnen und Bürgern mit und <strong>ohne</strong> Handicap, Mitarbeitende in der<br />

Behindertenhilfe und Ämtern, <strong>Kultur</strong> erlebende und <strong>Kultur</strong> schaffende Menschen,<br />

Eltern, ältere Menschen ebenso wie junge Leute.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Ich will mich nicht nur auf Rap beziehen“, sagt der Rapper Santiago Österle.<br />

Aus seiner Sicht sind alle Formen von Kunst ein Sprachrohr.<br />

„Ich speziell befasse mich halt mit Rap, weil ich selber Texte schreibe, erklärt der junge<br />

Mann, dessen Kunst wir zuletzt bei einer Präsentation des Antidiskriminierungsprojektes<br />

TALK im franz.K erlebt haben.<br />

Durch Musik versucht er seine Entfaltung zu finden und Kraft zu schöpfen.<br />

Santiago Österle sitzt mit Harald Sickinger vor einem Plakat.<br />

Sie sprechen über das Unterwegssein. Was braucht man, damit man gut unterwegs<br />

sein kann, im <strong>Kultur</strong>leben und im Leben insgesamt?<br />

http://vimeo.com/afuw/kraftquelle-musik<br />

Santiago Österle spricht über Kraftquellen in seinem Leben.<br />

Das <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K ist für Santiago Österle ein wichtiger Ort.<br />

Es freut ihn, dass hier nach und nach Barrieren abgebaut werden.<br />

„Was sich jetzt echt getan hat, ist toll, dass es jetzt einen Lifter auf die Bühne hoch gibt,<br />

auf die Auftrittsbühne, wo ich dann mit dem Rolli, in meinem Fall, hochfahren kann und<br />

den Auftritt machen kann.“.<br />

Problematisch ist aus seiner Sicht noch, dass es keinen Aufzug zu den Räumen gibt, wo<br />

die Künstlerinnen und Künstler sich normalerweise vor und nach dem Auftritt<br />

aufhalten. Außerdem ist der Hintereingang für ihn nicht gut nutzbar.<br />

„Aber sonst find ich einfach das franz.K kulturell so einen Diamant“, meint der Musiker.<br />

Er findet die große Bandbreite der Musik dort toll. Jeden Mittwoch geht er zum Rap-<br />

Workshop des Projekts TALK ins franz.K. „Deswegen ist das irgendwie so ne zweite<br />

Heimat für mich geworden“, sagt Santiago Österle.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Wir blättern im Programmheft des <strong>Kultur</strong>zentrums franz. K und entdecken „Heiners<br />

Schmuckschatulle“.<br />

Das ist eine neue Veranstaltungsreihe, die vom Projekt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ mit<br />

veranstaltet wird. Markus Christ vom <strong>Kultur</strong>büro organisiert und koordiniert da viele<br />

Dinge.<br />

Im Herbst 2016 findet die Veranstaltung zu ersten Mal statt.<br />

Franziska Schiller hilft an der Kasse mit, Eugen Blum hilft Harald Sickinger beim Filmen<br />

und Thomas Geprägs interviewt Gäste.<br />

„Sehr lustig“, hört man eine Zuschauerin in unserem Video sagen. „Mit dem Heiner<br />

Kondschak“, erklärt der Reporter Thomas Geprägs. „Klasse, sehr überraschend“,<br />

klingt´s aus dem Publikum. Dann sieht man etwas von dem, was sie meinen. Heiner<br />

Kondschak singt: „Eine kleine Schmuckschatulle öffnet ihre Tür. Diese kleine<br />

Schmuckschatulle, die gehört mir. Vielleicht wird´s ein kleines Festchen, ich freu mich<br />

schon sehr drauf und das kleine Kästchen macht jetzt seinen Deckel auf.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/schmuckschatulle<br />

Es sind unterschiedliche Überraschungsgäste, die der Künstler aus seiner<br />

Schmuckschatulle zieht. So wird dieser Abend wie auch spätere Schmuckschatullen-<br />

Abende im franz.K sehr abwechslungsreich.<br />

Manches ist zum Schmunzeln und Lachen, auch Ernstes ist dabei, Bekanntes und<br />

Neues, Musik, Theater, Lyrik, Comedy oder Tanz.<br />

Moderiert und mit eigenem angereichert wird das Ganze von dem in der Region<br />

bekannten Musiker, Schauspieler und Regisseur Heiner Kondschak.<br />

In den nächsten eineinhalb Jahren unserer Aktionsforschung in Verbindung mit dem<br />

Projekt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ sind wir noch oft im franz.K. unterwegs.<br />

Ab Ende 2016 geben wir in Zusammenarbeit mit dem Team des <strong>Kultur</strong>zentrums auch<br />

Freikarten an Menschen, die sich sonst den Eintritt kaum leisten könnten. Außerdem<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

werden wir von den Verantwortlichen immer wieder zu Rate gezogen, wenn es um den<br />

Abbau von Barrieren geht. Für uns ist dieser Ort zu einem zentralen Forschungs- und<br />

Begegnungszentrum geworden.<br />

Frank Bakos (hier <strong>ohne</strong> Hut) mit den Truffle Valley Boys nach deren Auftritt beim Bluegrass-Fesival im franz.K.<br />

Wir beschäftigen uns viel mit der Frage, was einen guten <strong>Kultur</strong>-Ort ausmacht.<br />

Damit zusammenhängend entsteht in Kooperation mit dem Projekt „Lokale Bildungsnetzwerke<br />

(LoBiN)“ ein Film. „Wo´s passt“ heißt das rund 20minütige Video von Harald<br />

Sickinger über die Perspektiven von jungen Leuten.<br />

Ende Dezember 2016 wird „Wo´s passt“ im Reutlinger Jugendhaus Bastille präsentiert.<br />

Nach der Filmvorführung rappt Santiago Österle live:<br />

„Ich rolle durch die Straßen, guck mir die Sachen an, weiß irgendwie gar nicht, was ich<br />

dagegen machen kann.“.<br />

Dass er die Sachen runter rockt, rappt er und dass „dadurch das Leben ein bisschen<br />

bunter“ wird. „Such mir die kleinen Puzzleteile die mich faszinieren“, ist in der Bastille<br />

zu hören, „...aber ein barrierefreies Leben wär meine erste Wahl.“, heißt es am Schluss.<br />

Hier sieht man Memory-Kärtchen, die mit unserer Aktionsforschung im Jugendhaus Bastille und im<br />

<strong>Kultur</strong>zentrum franz.K zusammenhängen<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

4 Weitere Geschichten erkunden und vermitteln<br />

4.1 Wie weiter?<br />

Januar 2017, alternativer Neujahrsempfang.<br />

Der große Saal im <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K ist voller Informationsstände und Menschen,<br />

die sich austauschen. An einem der Stände informieren BAFF und der Arbeitskreis<br />

Selbstbestimmung über ihre Arbeit und über das Projekt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“. Auf<br />

einem großen Bildschirm laufen Filmaufnahmen von unserer Aktionsforschung, mit<br />

wenigen Worten und mit Musik unterlegt.<br />

„...Interessen verfolgen...Talenten nachgehen...Erfahrungen<br />

sammeln...Erfahrungen weitergeben...Barrieren abbauen...<strong>Kultur</strong><br />

weiter entwickeln...Perspektiven verändern...Schätze entdecken...“<br />

Eine Schachtel mit der Aufschrift „Reutlingen Puzzle“. Sie ist geöffnet. Man sieht<br />

Puzzle-Teile. Darunter das Logo von „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ und der Zusatz „damit´s<br />

für alle passt“.<br />

In der nächsten Szene ist Markus Lemcke zu erkennen, wie er im Computer etwas über<br />

„<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ liest. Dann ein Filmausschnitt mit Fahnenschwenker beim<br />

Schwörtag. Dahinter Reutlingens Oberbürgermeisterin Bosch. Davor Frank Bakos, wie<br />

er die Zeremonie filmt. Es folgen viele weitere bewegte Bilder von unserer Arbeit.<br />

Kurze Texteinblendungen erklären, was wir tun.<br />

„Interessen verfolgen“ heißt die erste. Wir versuchen herauszufinden, was in unserem<br />

Interesse und was im Interesse anderer Menschen liegt.<br />

Auch dass wir unseren eigenen und anderen „Talenten nachgehen“ zeigt der Clip.<br />

55


<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Man erfährt außerdem, dass wir „Erfahrungen sammeln“ und „Erfahrungen<br />

weitergeben“. Das unterstreicht zum Beispiel eine Szene mit Andreas Roth vom<br />

franz.K. Er zeigt uns ein Plakat für die Veranstaltung „Hyrrätytöö“. Das ist das „neue<br />

Spektakel in der Theatermanege. „Ohne Elefanten“, steht auf dem Plakat.<br />

In unserem Gespräch stellt sich dann heraus, dass auch sonst keine Tiere dabei sind.<br />

„Warum steht das nicht drauf, dass da keine Tiere dabei sind?“, fragt Frank Bakos.<br />

Wir denken, es kommt zu Missverständnissen, wenn da nur steht „Ohne Elefanten“.<br />

Deshalb schreiben wir dahinter „und auch <strong>ohne</strong> andere Tiere“.<br />

Wie wir Erfahrungen weitergeben, davon erzählen noch andere Beispiele: Im Haus der<br />

Familie, bei einer Tagung in Bad Boll, beim Reutlinger Generalanzeiger...<br />

Nach der Einblendung „Barrieren abbauen“ sieht man Bücher in einfacher Sprache und<br />

danach, wie Rolf Rathfelder in einem Leitfaden liest. „Das inklusive Museum“ steht<br />

drauf.<br />

Vom „Perspektiven verändern“ erzählen diese und weitere Filmschnipsel ebenfalls und<br />

vom „Schätze entdecken“ – bei Heiners Schmuckschatulle und bei vielen anderen<br />

Gelegenheiten...<br />

http://vimeo.com/afuw/impressionen-koa-01-2017<br />

Hier verlässt Santiago Österle unser vorübergehendes Aktionsforschungsbüro beim Spitalhof. Diese Szene steht<br />

am Ende des Clips mit Eindrücken von unserer Aktionsforschung in der ersten Hälfte des Projekts „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong><br />

<strong>Ausnahme</strong>“.<br />

Wir entwickeln und vermitteln nun mehr und mehr ausgewählte Geschichten, von<br />

denen wir meinen, dass sie uns selbst und andere weiterbringen.<br />

Jede dieser „Geschichten von unterwegs“ vermittelt eine etwas andere Perspektive.<br />

Jede ist wie ein Puzzle-Teil und nach und nach entsteht ein zusammenhängendes Bild.<br />

Durch Videos, Fotos und Erzählungen geben wir bei kleineren und größeren Treffen<br />

bzw. Veranstaltungen weiter, was im jeweiligen Zusammenhang von Interesse ist.<br />

Die Beratungs- und Informationsstelle Jugendgemeinderat bei der Stadt Reutlingen<br />

beispielsweise interessiert sich ebenso für unseren Rat wie wir unter anderem auch<br />

bei zur Evangelischen Bezirkssynode zum Austausch eingeladen sind.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

An den unterschiedlichsten Orten berichten wir über unsere Aktionsforschung und<br />

kommen mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch.<br />

Das ehemalige Konzertbüro können wir nun nicht mehr als Treffpunkt nutzen. Also<br />

veranstalten wir wöchentliche Treffs im Kaffeehäusle und später im Café Nepomuk.<br />

Bald laden wir darüber hinaus monatlich zu „Geschichten von unterwegs“-<br />

Veranstaltungen in den <strong>Kultur</strong>park im Reutlinger Norden ein. Beim bunten Abend im<br />

Wohnheim für Menschen mit Handicap kreuzen wir ebenso auf, wie bei vielen<br />

öffentlichen <strong>Kultur</strong>-Ereignissen in Reutlingen und darum herum.<br />

Hier vermitteln wir unsere Geschichten von unterwegs und erkunden bzw. entwickeln<br />

zugleich weitergehende.<br />

Dabei machen wir immer wieder die Erfahrung, dass wir weiterkommen, wenn wir dort<br />

anfangen, wo´s passt.<br />

4.2 Wo´s passt<br />

„Du wirst akzeptiert, wie Du bist...“<br />

„Alteburgstraße, IHK, da ist das Kaffeehäusle, bei der Alteburgstraße, Pomo, Volkspark<br />

Pomologie, da ist das Kaffeehäusle von der Lebenshilfe“, sagt Thomas Geprägs.<br />

Er hat sich eine Kopie mit einem Ausschnitt aus dem Reutlinger Stadtplan gemacht.<br />

Dann hat er Umrisse eingezeichnet und ausgeschnitten.<br />

„Das ist das katholische Heilig Geist-Gebiet und in der Kirche bin ich“, erklärt unser<br />

Aktionsforschungskollege.<br />

„Und das ist für Dich wichtig?“, fragt ihn Harald Sickinger.<br />

„Das ist für mich wichtig“, antwortet Thomas Geprägs.<br />

Thomas Geprägs zeigt das ausgeschnittene Heilig Geist-Gebiet. Danach sagt er zu einer Unterstützerin, dass sie<br />

die ausgeschnittene Karte mit dem Kopierer bitte noch vergrößern soll.<br />

http://vimeo.com/afuw/wichtiges-gebiet<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Das Kaffeehäusle und das Gebiet darum herum sind aus seiner Sicht gute Orte.<br />

Im Zusammenhang mit dem Filmprojekt „Wo´s passt“ haben wir auch einiges darüber<br />

erfahren, was aus der Sicht von Jugendlichen einen guten <strong>Kultur</strong>-Ort ausmacht.<br />

http://vimeo.com/afuw/wos-passt<br />

„Du wirst so akzeptiert, wie Du bist...was Du bist und was nicht und das gehört<br />

irgendwie dazu, zu ´nem Ort, wo ich mich wohl fühl“, sagte ein Jugendlicher vor dem<br />

Jugendhaus Bastille. Das ist ein guter Ort für ihn.<br />

Diese Aufnahme aus dem Film „Wo´s passt“ zeigt das Jugendhaus Bastille und Leute auf dem Sportplatz davor.<br />

Später saß der junge Mann bei uns im ehemaligen Konzertbüro.<br />

Wir schauten die Szene zusammen an und er sagte: „Das ist ganz wichtig, dass man<br />

einen Ort hat, wo man akzeptiert wird, um Selbstvertrauen zu entwickeln und wenn<br />

man Selbstsicherheit auch hat, kann man anfangen, auch sich selber zu verändern.“.<br />

Franziska Schiller sieht das genauso. Andere aus unserer Runde stimmen zu.<br />

„Ich selber sein können“, steht auf einer Karte. Davon träumt Franziska Schiller.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Auch Rolf Rathfelder wünscht sich das. Da müsse man eigentlich noch dazuschreiben<br />

„und sich nicht hinter einer Maske zu verstecken“, sagt er.<br />

„Mich sicher fühlen“ ist auf einer anderen Karte zu lesen. Matthias Braun hält sie in die<br />

Kamera.<br />

Was aus seiner Sicht hilft, damit man sich sicher fühlen kann, fragt ihn Harald Sickinger.<br />

„Miteinander reden, wenn man Ängste hat und so.“, antwortet Matthias Braun und<br />

blickt zu Detlef Hartwig. Der ergänzt „Wenn man nicht weiter weiß, muss man jemand<br />

holen, wo hilfsbereit ist...Mitbew<strong>ohne</strong>r am besten oder Mitarbeiter.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/sicher-fuehlen<br />

“Dass man Freunde hat“, erklärt Detlef Hartwig später noch, das sei wichtig, damit man<br />

sich sicher fühlen kann.<br />

Der Film „Wo´s passt“ läuft gerade achteinhalb Minuten, da geht´s auch hier darum:<br />

„Und kann man dann sagen, also, n´ guter Ort ist auch dort, wo...“, beginnt Harald Sickinger<br />

seine Frage an einen Schüler der Reutlinger Erich-Kästner-Schule und bringt<br />

den Satz nicht zu Ende. „...Freunde sind“, sagt der Schüler spontan dazwischen. „Ja,<br />

kann man“, fügt er hinzu.<br />

Vieles von dem, was die Jugendlichen sagen, scheint auch für uns und andere<br />

Menschen zu gelten, unabhängig vom Alter. Es passt,...<br />

• wo man anerkannt wird, wie man ist und wo man sich entwickeln kann<br />

• wo Freundinnen und Freunde sind<br />

• wo man seinen Interessen nachgehen kann<br />

Auch Respekt sei sehr wichtig, sagen viele.<br />

Der Film „Wo´s passt“ ist jetzt eine viertel Stunde gelaufen.<br />

„TALK – respect connects“ steht in der Einladung zur Präsentation des Jugendkunst-<br />

Projekts T.A.L.K. Das ist Englisch und bedeutet, dass Respekt verbindet.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Santiago Österle erklärt: „Das Talkprojekt ist einfach für mich ein Zusammenfinden von<br />

Jugendlichen, die dann zusammen Sachen arbeiten. Das TALK-Projekt schließt ja total<br />

viel ein. Es schließt den Graffiti-Workshop ein, also den Fotoworkshop, den Rap-<br />

Workshop ein und es schließt den Tanz-Workshop ein. Also, es ist sehr viel, was in dem<br />

Projekt innerhalb passiert und halt beim Rap ist es halt sehr intensiv, weil wir mit<br />

unserem Coach Kabu die Texte erarbeiten und einfach über unser Leben praktisch<br />

reden.“.<br />

Santiago Österle beii der „T.A.L.K.-Präsentation.<br />

Danach sieht man Santiago Österle mit anderen Musiker*innen auf der Bühne in<br />

seinem Element.<br />

Er rappt: „...mein halbes Leben KBF, viele positive Gedanken, ich habe viel gelernt und<br />

dafür möchte ich danken. Doch Dinge ändern sich. Das Leben hat mich eingeholt. Neue<br />

Klasse, neue Zeit...“. Dann singen er und die anderen Mitwirkenden „franz.K, hands up,<br />

franz.K, hands up...“.<br />

Das heißt übersetzt „franz.K, Hände hoch, franz.K. Hände hoch...“ und das Publikum<br />

macht mit. Aber das sieht man im Film nicht. Das wissen wir, weil wir dabei waren.<br />

Dass aus Santiagos Perspektive im franz.K noch nicht alle, aber schon einige Barrieren<br />

abgebaut worden sind, erfahren wir in der nächsten Szene des Films „Wo´s passt“ –<br />

und dass dieses <strong>Kultur</strong>zentrum ein Diamant für ihn ist.<br />

Am Ende geht´s im „Wo´s passt“-Film noch um andere Bereiche, die wichtig sind, für<br />

ein gutes <strong>Kultur</strong>leben. Dazu gehört zum Beispiel die Schule.<br />

„Ich träume eigentlich von einer Schule, die keine Barrieren mehr aufstellt und die<br />

Grenzen für alle öffnet.“, sagt der Rapper.<br />

Diesen Traum träumt er nicht allein.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

4.3 Geschichten von unterwegs<br />

„Wir sind das Projekt <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>,<br />

was sind Sie für ein Verein?“<br />

„Wir sind das Projekt <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>, was sind Sie für ein Verein?“, fragt<br />

Thomas Geprägs an einem der vielen Infostände beim alternativen Neujahrsempfang<br />

im <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K.<br />

Die Leute am Stand sagen, dass sie sich für bessere Radwege einsetzen. Das ist auch<br />

<strong>Kultur</strong>. „Mit Lebenskultur hat´s was zu tun und es ist gesund“, meint eine Frau.<br />

„Wenn Menschen zusammen kommen“, das sei für ihn <strong>Kultur</strong>, antwortet ein<br />

Jugendlicher am Stand des <strong>Kultur</strong>zentrums Zelle.<br />

„Was man gemeinsam schafft“, das bedeutet <strong>Kultur</strong> aus der Sicht eines Mannes, der<br />

beim alternativen Neujahrsempfang die schwule Bewegung in Reutlingen (SchwuBeRt)<br />

vertritt.<br />

Alternativ bedeutet anders. Beim alternativen Neujahrsempfang kommen Leute<br />

zusammen, die sich für eine Welt einsetzen, wo einiges anders gemacht wird. Dabei<br />

geht es um den Umgang mit der Natur und um den Umgang der Menschen<br />

miteinander.<br />

Auf der Bühne erklärt Thomas Geprägs, was der Arbeitskreis Selbstbestimmung macht.<br />

Er sagt, der „setzt sich ein für Menschen mit Handicap und speziell im Freibad für<br />

Rollstuhlfahrer. Eigene Kabinen, eigene Duschen und ein Lifter“. Er will „dass sie vom<br />

Rollstuhl aus in den Lifter sitzen können und einfach runter ins Wasser.“.<br />

Weitere Aktive aus dem Arbeitskreis sitzen mit Markus Christ vom <strong>Kultur</strong>büro neben<br />

Thomas Geprägs auf der Bühne und baden ihre Füße in einem Planschbecken.<br />

Von links sieht man hier Brigitte Edelmann (mit Schild), Rolf Rathfelder, Angelika Lotterer, Frank Bakos (mit Gießkanne),<br />

hinter ihm sitzt Markus Christ und rechts steht Thomas Geprägs mit dem Mikrofon in der Hand.<br />

Das ist eine Protest-Aktion, „weil das im Freibad so schlecht ist“, sagt Thomas Geprägs.<br />

https://www.yumpu.com/s/U0HLPdIBb2wRJ1Ou (Geschichte mit Text und Videos)<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Wir Menschen müssen umdenken...“<br />

Rolf Rathfelder zeigt ein Buch: „Das haben wir gemacht für die Gedenkstätte in<br />

Grafeneck. Das ist so ein Buch, wo das erklärt, was da passiert ist“. Der Arbeitskreis<br />

Selbstbestimmung hat beim Schreiben des Buches geholfen. Auch Angelika Lotterer<br />

war dabei. Sie ergänzt: „Was man früher zur Nazizeit mit Leut mit Handicaps gemacht<br />

hat.“.<br />

„Die waren verdunkelt“, sagt Rolf Rathfelder über die grauen Busse. Damit wurden in<br />

der Zeit des Nationalsozialismus Menschen mit Handicap abgeholt und nach Grafeneck<br />

auf der Schwäbischen Alb gebracht. Dort wurden sie ermordet.<br />

Er blättert weiter und zeigt uns ein Foto von dem Gebäude, in dem die Menschen<br />

ermordet wurden.<br />

http://vimeo.com/afuw/grafeneck<br />

Am 27. Januar ist der Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Aus<br />

diesem Anlass kommt das Gespräch auf diejenigen, die im Zusammenhang mit der<br />

entwertenden und ausgrenzenden <strong>Kultur</strong> des Nationalsozialismus ermordet wurden.<br />

Aus diesem Gespräch stammt der folgende Ausschnitt:<br />

Harald Sickiger: „Im Saal der Heime am Gustav-Werner-Platz gibt´s einen Gedenk-<br />

Gottesdienst und am Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus werden Kerzen<br />

aufgestellt. Welche Bedeutung haben solche Gedenk-Orte für Dich?“<br />

Franziska Schiller: „Wir Menschen müssen umdenken und um umzudenken helfen<br />

solche Teile.“<br />

Aus dem Gespräch entsteht das nächste Puzzleteil mit Text und Videos. Wir verwenden<br />

es bei unseren Treffen und machen´s wie andere Teile auch im Internet zugänglich:<br />

https://www.yumpu.com/s/IHLyhz6osMxqeJkB (Geschichte mit Text und Videos)<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Ich frag, ob sie noch zwei Freikarten für Paula haben“<br />

Matthias Braun startet den Film-Trailer. Darin sagt ein Mann: „Paula, ich glaube nicht,<br />

dass Du eine gottbegnadete Künstlerin ersten Ranges wirst. Frauen können keine<br />

Malerinnen werden. Matthias Braun und sein Freund Detlef Hartwig interessieren sich<br />

für den Film. Er läuft im Kamino-Kino.<br />

Franziska Schiller hat ihn schon gesehen. Sie erklärt: Es geht um eine wahre<br />

Begebenheit, Paula. Sie ist am Anfang des letzten Jahrhunderts im Norden von<br />

Deutschland aufgewachsen und als junge Frau weiß sie genau, dass ihr das Malen liegt<br />

und dass sie´s kann und sie wollt damit ihre Stärke zeigen und das einfach machen.<br />

Am Anfang hat Paula einen Malkurs besucht, wo sie genau nach Vorschriften malen<br />

sollte, wie in der Fotografie, man sollte in der Malerei die Natur naturgetreu<br />

wiedergeben. Aber das war der Paula egal. Sie hat das so gesehen und gut. Sie malte<br />

weiterhin nach ihren Empfindungen. Sie hat halt Nasen wie Kartoffeln gesehen und<br />

dann hat sie Nasen wie Kartoffeln gemalt. Der Freund von ihrem Mallehrer hat sie<br />

gefragt; Sehen Sie das so? Sie hat dann gesagt: Ja, das sehe ich so, als Kartoffel...“.<br />

„...Jeder Mensch ist ja ein Individuum und die Paula hat halt ihr Individuum gelebt,<br />

indem ihr das, was andere gesagt haben, in Anführungszeichen scheißegal war“, sagt<br />

Franziska Schiller und fügt hinzu: „Ihr Mann hat sie gehalten und auch gehen lassen,<br />

sie hat auch Freundinnen um sich herumgehabt, die mit ihr revoluzzt haben.“<br />

Der Film handelt unter anderem davon, wie eine Frau trotz vieler Widerstände ihre<br />

Fähigkeiten im <strong>Kultur</strong>leben verwirklicht. Dabei werden Fragen aufgeworfen, die viele<br />

Menschen beschäftigen.<br />

Die „Geschichte von unterwegs“ dazu wird unter anderem im Berufsbildungsbereich<br />

einer Behindertenhilfeeinrichtung als Anschauungsmaterial verwendet.<br />

https://www.yumpu.com/s/uldzQ6IKBHJDEWbM (Geschichte mit Text und Videos)<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Hat der Sohn von der Besitzerin hier Musik gemacht?“<br />

„In diesem Haus hat der Sohn der Besitzerin damals schon, ehe der Jazzclub gegründet<br />

wurde, hat der spaßeshalber bei sich im Keller ab und zu Konzerte gemacht“, erklärt<br />

der Vorsitzende des Reutlinger Jazzclubs in der Mitte.<br />

Seit inzwischen mehr als 40 Jahren hat der Verein den Keller gepachtet und lädt zu<br />

Musikveranstaltungen dorthin ein.<br />

„Hat der Sohn von der Besitzerin hier Musik gemacht“, fragt Thomas Geprägs.<br />

Clemens Wittel antwortet „Der hat hier Veranstaltungen gemacht. Er selber, glaub ich,<br />

hat gar keine Musik gemacht. Aber der hatte so Spaß an der Jazz-Musik, dass er dann<br />

selber Bands engagiert hat und dann immer mal wieder hier unten, im Kohlenkeller<br />

sozusagen, ein Konzert gemacht hat.“.<br />

Von links stehen hier Clemens Wittel, Frank Bakos und Thomas Geprägs auf der steilen Treppe zum Jazzclub.<br />

https://www.yumpu.com/s/qrIbCSxEBX256vaV (Geschichte mit Text und Videos)<br />

Die Geschichte rund um den Jazzclub entsteht anlässlich eines Konzertbesuchs. Dabei<br />

spielen Jazzmusiker spontan in unterschiedlichen Besetzungen zusammen. Der Eintritt<br />

ist frei. Trotzdem gibt es Barrieren. Mit dem Rollstuhl kommt man nicht in den Jazzclub.<br />

Wir überlegen mit Clemens Wittel, ob man einen Treppenlift einbauen könnte. Er zeigt<br />

uns, dass die steile Treppe in den Keller dafür zu eng ist. Bei Veranstaltungen müssen<br />

Fluchtwege immer gut zugänglich sein, falls es einmal brennt.<br />

„Vereint gegen Barrieren“<br />

Am 8. Mai 2017 erscheint ein Artikel der Journalistin Elke Schäle-Schmitt im Reutlinger<br />

Generalanzeiger Es geht um eine Veranstaltung im Spitalhof, die von der Architektenkammer<br />

zusammen mit der Liga für Teilhabe organisiert wurde. Die Überschrift heißt<br />

„Vereint gegen Barrieren“.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Artikel im GEA: https://www.yumpu.com/s/HGMUn6vEPiwsr14K<br />

Das Foto stammt aus dem Artikel. Es zeigt Teilnehmende der Podiumsdiskussion: Von links: Maria Eckert, Ulrich<br />

Schwille, Andreas Bauer, Lothar Bauer, Konrad Berger und Moderator Eckart Hammer.<br />

Perspektiven von Expertinnen und Experten aus eigener Erfahrung flossen unter<br />

anderem durch die Mitwirkung von Maria Eckert bei einer Podiumsdiskussion und<br />

durch die Präsentation von Videobeispielen aus unserer Aktionsforschung durch<br />

Harald Sickinger ein.<br />

Dabei ging es um Erfahrungen mit Barrieren im öffentlichen Raum in der Region.<br />

Beispielsweise ging es laut GEA-Artikel um „schlecht lesbare Hinweisschilder, oder<br />

sprachlich komplizierte Ankündigungen für <strong>Kultur</strong>veranstaltungen, Internetauftritte,<br />

die keine Rücksicht auf Sehbehinderte nehmen, obwohl das technisch recht einfach<br />

möglich wäre...“.<br />

Letzteres spricht ein Filmbeispiel an, das sich um die Einkaufskultur dreht.<br />

Markus Lemcke schaut sich eine Internetseite an, die zum Einkaufen in Reutlingens<br />

Nachbarstadt Metzingen einlädt. Dabei stellt er fest, dass bei den Fotos u. a. die Texte<br />

fehlen, welche die Fotos für blinde und sehbehinderte Menschen beschreiben sollten.<br />

http://vimeo.com/afuw/fehlende-alternativtexte<br />

„Am beeindruckendsten“, schreibt der Generalanzeiger weiter, „war das Beispiel einer<br />

Reutlinger Rollstuhlfahrerin. die mit der Bahn zum Einkaufen nach Metzingen wollte<br />

und für die normalerweise zehn Minuten dauernde Fahrt aus vielerlei Gründen letztlich<br />

zwei Stunden brauchte – samt Kehrschleife in Nürtingen, weil sie sonst am Bahnhof in<br />

Metzingen auf einer Insel festgesessen wäre.“.<br />

Auch diese Geschichte dokumentieren wir als „Geschichte von unterwegs“ mit Text<br />

und Videoausschnitten:<br />

https://www.yumpu.com/s/5XehF6xjmrN7tPZb<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Mitte Mai erscheint im Schwäbischen Tagblatt noch ein Artikel, der ausschließlich die<br />

Bahnfahrt mit Hindernissen zum Thema macht:<br />

Artikel im Tagblatt: https://www.yumpu.com/s/eNWiR1nLgVDv0CbA<br />

Wir möchten allerdings nicht nur Geschichten über Barrieren vermitteln. Wir wollen<br />

Wege erkunden, die uns selbst und andere die Schätze der <strong>Kultur</strong> erleben lassen.<br />

„Ich finde, so etwas ist wirklich auch ein Schatz...“<br />

Thomas Geprägs im Gespräch mit Reutlingens Oberbürgermeisterin Barbara Bosch<br />

„Die hat gesagt, dass es nicht mehr wegzudenken ist aus Reutlingen, <strong>Kultur</strong> vom<br />

Rande“, erklärt Thomas Geprägs, als wir die Aufnahmen von unserem Gespräch im<br />

Rathaus noch einmal anschauen. Dann fügt er hinzu: „Die sitzt auch immer am<br />

Schreibtisch“.<br />

Im Film sieht man, wie er sie fragt: „Was macht so ´ne Oberbürgermeisterin den ganzen<br />

Tag?“ und wie er sie eine Schachtel öffnen lässt. Ursprünglich war da mal ein Spiel drin.<br />

„Entdecke die Wunder der Erde“ steht drauf.<br />

Die Oberbürgermeisterin holt das Programm des Festivals „<strong>Kultur</strong> vom Rande“ aus der<br />

Schachtel. Das findet im Juni statt. „So etwas ist wirklich auch ein Schatz, vielleicht<br />

sogar ein Wunder der Erde“, sagt sie.<br />

Thomas Geprägs, Franziska Schiller und Harald Sickinger erstellen fünf Videoclips mit<br />

prominenten Unterstützerinnen und Unterstützern des Festivals Diese Clips werden<br />

bei der Eröffnung gezeigt.<br />

http://vimeo.com/afuw/bosch-kulturvomrande<br />

http://vimeo.com/afuw/wuerth-kulturvomrande<br />

http://vimeo.com/afuw/mack-kulturvomrande<br />

http://vimeo.com/afuw/bauer-kulturvomrande<br />

http://vimeo.com/afuw/keller-kulturvomrande<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Bei jedem dieser Gespräche tauschen wir uns über viele unterschiedliche Fragen aus.<br />

Es geht nie ausschließlich um „<strong>Kultur</strong> vom Rande“, sondern um <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong><br />

insgesamt.<br />

Zum Gespräch mit Barbara Bosch hat Thomas Geprägs einen Reutlinger Stadtplan<br />

mitgebracht. Er möchte ihr zeigen, dass der für viele Menschen nicht gut lesbar ist.<br />

Sie erklärt, dass momentan an einem besser lesbaren Stadtplan gearbeitet wird und<br />

dass dabei auch Expertinnen und Experten beteiligt sind, die das Problem aus eigener<br />

Erfahrung kennen.<br />

Außerdem erwähnt sie die Mitwirkung einer Organisation mit dem Namen<br />

„Behindertenliga“. Diese Organisation hat allerdings ihren Namen geändert.<br />

Thomas Geprägs sagt in freundlichem Ton: „Frau Bosch, sie haben gesagt<br />

Behindertenliga. Das heißt mittlerweile Liga für Teilhabe.“.<br />

Die Oberbürgermeisterin bedankt sich für den Hinweis.<br />

http://vimeo.com/afuw/gespraech-stadtplan<br />

„...dass man sich dann vielleicht mal aufmacht,<br />

um was dran zu ändern...“<br />

Ob man von den Bremer Stadtmusikanten etwas lernen kann, wollen wir wissen.<br />

„Ja“, sagt die Passantin, die wir beim ehemaligen Konzertbüro in der Reutlinger<br />

Innenstadt angesprochen haben.<br />

Sie meint: „Wie´s bei den Brüdern Grimm in dem Märchen so schön heißt, etwas<br />

Besseres als den Tod findet man überall. Also, dass, wenn einem nix mehr passt, die<br />

zuständigen Zustände, dass man sich dann vielleicht einfach mal aufmacht, um was<br />

dran zu ändern.“.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Dieses Gespräch kommt in einem der fünf Videogeschichten vor, die Franziska Schiller<br />

und Harald Sickinger in Zusammenarbeit mit anderen Aktionsforscherinnen und<br />

Aktionsforschern speziell zur Präsentation vor den abendlichen Theatervorstellungen<br />

beim Festival „<strong>Kultur</strong> vom Rande“ produziert haben.<br />

Wir haben einige Ausschnitte daraus zusammengestellt.<br />

http://vimeo.com/afuw/ausschnitte-gvu-kvr<br />

Diese ausgewählten Filmpassagen drehen sich um Wunder der Erde und um<br />

märchenhafte Vorstellungen.<br />

Rolf Rathfelder und Angelika Lotterer sagen zum Beispiel, es ist auch ein Wunder der<br />

Erde, dass sie sich kennen und lieben gelernt haben.<br />

Es geht aber auch darum, wie es wäre, wenn Märchen oder Träume wahr würden.<br />

Rolf Rathfelder wünscht sich, dass er wie ein erwachsener Mensch behandelt wird und<br />

nicht wie ein kleines Kind. „Dass alle Menschen gleichbehandelt werden, wär auch ein<br />

Traum“, sagt der Aktionsforscher.<br />

„Da müssen alle an einem Strang ziehen, nicht mit Handicap und mit Handicaps“,<br />

ergänzt ihn seine Lebensgefährtin Angelika Lotterer.<br />

Dass wir ja so eine Art Schatzsuche machen, meint Harald Sickinger und schwenkt mit<br />

der Kamera auf jene Schachtel, in der früher ein Spiel drin gewesen ist und die schon<br />

bei der Oberbürgermeisterin zu sehen war. „Auf der Kiste steht ja drauf: Expedition.<br />

Entdecke die Wunder der Erde. Wie kann man eigentlich erklären, was eine Expedition<br />

ist, Franzi?“, fragt er.<br />

Franziska Schiller denkt nach. Dann sagt sie: „Eine lange, anstrengende, interessante,<br />

vielfältige Reise.“.<br />

In dieser Momentaufnahme fährt Franziska Schiller gerade aus dem Bild, um dann auf dem Marktplatz wieder<br />

auf zu tauchen. Im Gepäck hat sie die Bremer Stadtmusikanten: Ein Esel, ein Hund, eine Katze und ein Hahn. Das<br />

Zelt im Hintergrund ist ein Veranstaltungsort beim Festival „<strong>Kultur</strong> vom Rande“.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Das gibt mir Phantasie“<br />

Hier sieht man ein Beispiel dafür, wie die Behindertenhilfeeinrichtung LWV Eingliederungshilfe in Rappertshofen<br />

ausgewählte Geschichten von unterwegs aus unserer Aktionsforschung präsentiert. Der rechte Faden führt zu<br />

der Stelle auf dem Stadtplan, wo sich das Kunstmuseum Spendhaus befindet.<br />

„Wenn Sie malen, freitags jetzt, können Sie das Gefühl beschreiben, wie das ist, wenn<br />

Sie malen“, fragt Harald Sickinger die Malerin Gabi Pfister. Sie ist erst vor kurzem zur<br />

Malerin geworden, freitags, im offenen Atelier des Projekts „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“.<br />

Gabi Pfister sagt: „Ich fühle mich befreit, einfach befreit“.<br />

Franziska Schiller schaut diese Szene zusammen mit Harald Sickinger an. Sie kann<br />

dieses Gefühl gut verstehen. Ihr geht´s manchmal ganz ähnlich.<br />

„Vor mir hängt ein schwarzrotes Bild“, sagt sie in einer Aufnahme, die im Kunstmuseum<br />

Spendhaus entstanden ist. Es ist ein Bild von HAP Grieshaber.<br />

„Schwarz und rot sind eigentlich gefährliche Farben“, erklärt Franziska Schiller weiter,<br />

„aber das ist für mich ein warmes, ausdrucksvolles Bild. Das guck ich gern an. Das gibt<br />

mir Phantasie. Das gibt mir Wärme.“.<br />

Dieses Bild hat sie inspiriert, selbst kreativ zu werden, in den Werkräumen des<br />

Kunstmuseums.<br />

http://vimeo.com/afuw/kunstmuseum<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Solche „Geschichten unterwegs“ geben auch anderen Leuten Phantasie zum <strong>Kultur</strong><br />

erleben und zum <strong>Kultur</strong> schaffen.<br />

Das passiert zum Beispiel bei unserem wöchentlichen <strong>Kultur</strong>-Treff im Cafe´Nepomuk,<br />

bei unseren monatlichen Veranstaltungen im <strong>Kultur</strong>park in Rappertshofen und bei<br />

vielen weiteren Treffen mit Menschen mit Handicap, mit denjenigen, die sie<br />

unterstützen, mit Verantwortlichen von <strong>Kultur</strong>einrichtungen und mit allen möglichen<br />

anderen Interessierten.<br />

Dabei geht es um die Schätze der <strong>Kultur</strong> und um Herausforderungen auf dem Weg<br />

dahin. Es geht um den Abbau von Barrieren, um die Organisation von Assistenz. Es geht<br />

um ganz bestimmte <strong>Kultur</strong>-Veranstaltungen und um <strong>Kultur</strong>-Orte ganz allgemein.<br />

Im Sommer 2017 ist nach dem Festival „<strong>Kultur</strong> vom Rande“ unter anderem mal wieder<br />

der Reutlinger Orgelsommer ein Thema, wenn wir Geschichten von unterwegs<br />

erzählen, auch die <strong>Kultur</strong>nacht, die bald wieder kommt und unsere Erfahrungen beim<br />

diesjährigen Inter:Komm!-Festival. Dort haben wir einige Stimmen eingefangen.<br />

„Wie würdest Du Inter:Komm! erklären?“, fragt Thomas Geprägs einen Besucher.<br />

Der antwortet: „Also, ich find es toll, dass es keinen Eintritt kostet, dass jeder kommen<br />

kann, auch die, die kein Geld haben, Flüchtlinge und so.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/stimmen-interkomm<br />

Dieses Foto zeigt Frank Bakos in unserer kleinen „Aktionsforschungs-Basisstation“ beim Inter:Komm!-Festival.<br />

Im Herbst 2017 drehen sich unsere „Geschichten von unterwegs“ dann zum Beispiel<br />

wieder um Denkmale.<br />

Am Tag des offenen Denkmals sind wir im Pfullinger Schaffwerk und in der Reutlinger<br />

Oststadt unterwegs, wo es alte prächtige Häuser gibt, aber auch manches mehr, was<br />

das <strong>Kultur</strong>leben bereichert.<br />

Hier fragt Franziska Schiller den Stadtführer, wie er in dreißig Sekunden die Oststadt<br />

erklären würde.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Dieser Stadtteil habe gemeinsam mit anderen die höchste Lebensqualität in<br />

Reutlingen, meint er.<br />

Unter uns entwickelt sich daraus ein Gespräch über Lebensqualität. Was bedeutet das<br />

für uns selbst, an den Orten, wo wir w<strong>ohne</strong>n?<br />

Auch dieses kurze Video ist ein Beispiel dafür, womit wir bei unseren Treffen und<br />

Veranstaltungen zum Austausch über das Thema <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong> anregen.<br />

http://vimeo.com/afuw/lebensqualitaet<br />

Diese Leute hören gerade dem Stadtführer zu, wie er eine Geschichte vom Reutlinger Landratsamt erzählt.<br />

Im <strong>Kultur</strong>park Rapperthofen im Reutlinger Norden besuchen inzwischen regelmäßig<br />

mehr als zwanzig Menschen unsere monatlichen „Geschichten von unterwegs“ –<br />

Veranstaltungen.<br />

Begonnen hat diese Sache im Frühling 2017 mit einer persönlichen Geschichte von<br />

Franziska Schiller, die selbst in Rappertshofen wohnt. Zusammen mit Harald Sickinger<br />

zeigte sie Videos und erzählte von ihren Erfahrungen in Verbindung mit dem Projekt<br />

„<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“.<br />

Inzwischen ist daraus ein regelmäßiger Termin geworden, bei dem wir Informationen<br />

und Meinungen austauschen, aber auch konkrete Aktivitäten planen. Unter anderem<br />

Veranstaltungen im Kamino und im franz.K spielen hier oft eine wichtige Rolle.<br />

Mancher Bew<strong>ohne</strong>r und manche Bew<strong>ohne</strong>rin einer Behindertenhilfeeinrichtung ist<br />

nun gemeinsam mit uns unterwegs, zum Beispiel bei Heiners Schmuckschatulle oder<br />

beim Filmschauen.<br />

Oft nutzen wir unsere selbst gemachten Filmclips, wenn wir <strong>Kultur</strong>einrichtungen<br />

vorstellen.<br />

Auch über das Kamino zeigen wir immer wieder ein kurzes Video. Darin ist unter<br />

anderem Harald Sickinger zu sehen, wie er über den Eintrittsreis redet.<br />

Für Menschen mit Behindertenausweis kostet es sechs Euro, erklärt er.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Das Kino Kamino ist im Stadtgebiet Oststadt“, erklärt Thomas Geprägs in dem Clip.<br />

Dass es sich im Ziegelweg befindet ergänzt Rolf Rathfelder. Dann sieht man Franziska<br />

Schiller, lachend, vor dem Kamino.<br />

http://vimeo.com/afuw/kamino<br />

Wenn es der Anlass gebietet, sind wir Immer wieder auch an Orten unterwegs bzw.<br />

erzählen Geschichten von Orten, die nicht jede und jeder gleich mit <strong>Kultur</strong> in<br />

Verbindung bringt.<br />

Die Hochschule Reutlingen zum Beispiel veranstaltet anlässlich des Reformationsjubiläums<br />

ein Konzert mit dem Leipziger Barockorchester und mit dem Valparaiso<br />

Chorale. Das ist ein Chor aus den USA.<br />

Das Konzert wird in der Stadthalle gegeben. Davor zeigen wir bei verschiedenen<br />

Veranstaltungen und Treffen ausgewählte Ausschnitte von einem Gespräch mit dem<br />

Organisator Prof. Dr. Baldur Veit. Er leitet an der Hochschule das Büro für<br />

internationale Angelegenheiten. Offiziell und in Englisch heißt das „Reutlingen International<br />

Office (RIO)“.<br />

„Ich versuche alle internationalen Aktivitäten der Hochschule zu koordinieren“, erklärt<br />

Baldur Veit im Gespräch mit Thomas Geprägs, Franziska Schiller und Harald Sickinger.<br />

Das Konzert, sagt er, "hat mit den internationalen Beziehungen der Hochschule zu tun.<br />

Die Valparaiso University ist eine Partnerhochschule der Hochschule Reutlingen.<br />

http://vimeo.com/afuw/hochschule-reutlingen<br />

Es gibt noch viele weitere kleinere und größere Geschichten, die wir im Herbst und im<br />

Winter 2017 / 2018 erkunden und vermitteln.<br />

So berichten wir unter anderem vom Gedenken an die Opfer des Holocaust anlässlich<br />

des Jahrestages der sogenannten Reichskristallnacht, von Sportangeboten für<br />

Menschen mit und <strong>ohne</strong> Handicap und von Angeboten der Volkshochschule.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Das Heimatmuseum, das Kunstmuseum und die Stadtbibliothek sind ebenfalls immer<br />

wieder Thema.<br />

In der Stadtbibliothek gibt es jetzt auch Lesungen von Büchern, die in einfacher Sprache<br />

geschrieben sind.<br />

Franziska Schiller macht außerdem darauf aufmerksam, dass man in der Bibliothek<br />

auch ins Internet gehen kann. Das sieht man in einem unserer Filmchen.<br />

http://vimeo.com/afuw/stadtbibliothek<br />

In diesem Bildausschnitt aus dem Video-Clip sieht man eine Informationsbroschüre über die Stadtbibliothek. Sie<br />

ist in leichter Sprache geschrieben und liegt hier auf dem Reutlinger Stadtplan.<br />

Bis zum Ende des Projekts „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ im Sommer 2018 und darüber<br />

hinaus vermitteln wir solche Geschichten, um Anregungen zu geben und ins Gespräch<br />

zu kommen und so auch selbst wieder Anregungen zu bekommen.<br />

Im Dezember 2017 ist Edith Koschwitz (links) in unserem offenen <strong>Kultur</strong>treff zu Gast. Rechts neben ihr sieht man<br />

Angelika Lotterer. Wir sprechen über die Reutlinger <strong>Kultur</strong>nacht, für deren Organisation Edith Koschwitz<br />

verantwortlich ist. Außerdem leitet sie das Projekt „Fortschreibung der <strong>Kultur</strong>konzeption Reutlingen“. Auch das<br />

interessiert uns sehr.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Gelegenheiten zum Austausch ergeben sich im Nebenraum des Café Nepomuk, im<br />

<strong>Kultur</strong>park in Rappertshofen, bei einer Sitzung des Heimbeirats von Bew<strong>ohne</strong>rinnen<br />

und Bew<strong>ohne</strong>rn einer Behindertenhilfeeinrichtung, bei Besuchen im Wohnheim, bei<br />

vielen persönlichen Treffen und an Infoständen, bei Gesprächen über die<br />

Fortschreibung der <strong>Kultur</strong>konzeption für Reutlingen und nicht zuletzt bei einer großen<br />

Veranstaltung des Projekts „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ im Reutlinger Spitalhof.<br />

Bei all dem gehen wir von unseren eigenen Erfahrungen aus und versuchen diese<br />

Schritt für Schritt mit anderen zu verbinden.<br />

5 Weitere Perspektiven entwickeln<br />

Die Stadt Reutlingen hat im Jahr 2006 eine <strong>Kultur</strong>konzeption beschlossen.<br />

Das Wort Konzeption kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „etwas<br />

zusammenfassen“.<br />

In der <strong>Kultur</strong>konzeption hat die Stadtverwaltung das <strong>Kultur</strong>leben der Stadt zusammengefasst.<br />

Die <strong>Kultur</strong>konzeption ist ein dickes Buch.<br />

Seit Sommer 2017 wird die bisherige <strong>Kultur</strong>konzeption fortgeschrieben. Das heißt, sie<br />

wird weiterentwickelt.<br />

Deshalb machen sich jetzt viele Leute Gedanken darüber. Wir machen das auch.<br />

Puzzleteil mit Text und Videos: https://www.yumpu.com/s/tZARP0TOapx73jgB<br />

Das Foto zeigt Spielfiguren, mit denen wir wichtige Fragen verdeutlichen: Ein Rollstuhlfahrer, der sich fragt, wie<br />

er die baulichen Barrieren überwinden soll, die ihm den Weg versperren; eine Frau, die sich fragt, ob ihr das Geld<br />

reicht, welches der Geldautomat ausspuckt und unterschiedliche Personen, die sich fragen, wie Kommunikation<br />

gelingt. Dazu gehört nicht nur das Thema, auf welches ein Schild hinweist. „Halt! Leichte Sprache“ steht drauf.<br />

Außerdem sieht man da einen Omnibus. Das ist lateinisch und bedeutet „für alle“. Wie entsteht eine <strong>Kultur</strong>, die<br />

möglichst für alle passt? Auf dem Stadtplan sind schon einige Teile des Reutlingen-Puzzles zu sehen, die zu passen<br />

scheinen und ein nach und nach zusammenhängendes Bild entstehen lassen.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„...buchstäblich jede und jeder...“<br />

„In die <strong>Kultur</strong>konzeption gehört ja auch jede Hautfarbe“, sagt Franziska Schiller,<br />

„buchstäblich jede und jeder, egal welche Hautfarbe, welche Sprache, welche was auch<br />

immer, einfach jeder.“.<br />

Eine <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong> entstehen zu lassen, das betrifft zunächst einmal alle und<br />

alles. Das betrifft nicht nur Reutlingen. Das betrifft die ganze Welt.<br />

Es ist Januar 2018. Im <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K. findet wieder der alternative Neujahrsempfang<br />

statt. Auf der Bühne steht Thomas Geprägs und führt das Video ein, welches<br />

wir mitgebracht haben:<br />

„Wir sind das Projekt <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>n“. sagt er, „wir setzen uns ein für<br />

Menschen mit Handicap, dass die im <strong>Kultur</strong>leben teilnehmen, für das setzen wir uns ein.<br />

<strong>Kultur</strong> ist auch eine Schule für alle, wo Menschen mit und <strong>ohne</strong> Handicap gemeinsam<br />

in die Schule gehen. Früher war´s nicht so. Da wurden Menschen mit Handicap<br />

ausgegrenzt“.<br />

Dann fragt er: „Was hat <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong> mit Klimawandel zu tun?“ und der Film<br />

wird gestartet.<br />

Hier sieht man Thomas Geprägs bei seiner Rede zur Einführung unseres Filmclips beim alternativen<br />

Neujahrsempfang im <strong>Kultur</strong>zentrum franz.K.<br />

„Klima wandel(n) – solidarisch handeln“, heißt das Motto beim diesjährigen alternativen<br />

Neujahrsempfang.<br />

In unserem Clip erklärt Franziska Schiller: „Wir stehen ja ein für <strong>Kultur</strong> für alle und wenn<br />

wir <strong>Kultur</strong> für alle haben, gehören wir ja alle zusammen“.<br />

Alle miteinander können das gesellschaftliche Klima ändern, meint sie, damit niemand<br />

ausgegrenzt wird.<br />

„Solidarisch, das ist für mich ein Fremdwort. Das kapier ich nicht ganz, was das sein<br />

soll“, sagt Rolf Rathfelder ein wenig später in unserem Filmbeitrag.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Dann sieht man, wie Thomas Geprägs die Überschrift über der Einladung zum<br />

Neujahrsempfang anschaut und sagt: „Das kapier ich auch nicht, solidarisch, das ist ein<br />

schwieriges Wort.“.<br />

Franziska Schiller erklärt, was es aus ihrer Sicht bedeutet: „Nach meinem Verständnis<br />

heißt das, so zu handeln, dass es für jeden, für die Welt, für die Tiere und für die<br />

Menschen okay ist.“.<br />

Dann folgen Straßenszenen mit den Bremer Stadtmusikanten – Ein Esel, ein Hund eine<br />

Katze und ein Hahn, die sich zusammenschließen und zu ändern versuchen, was in<br />

ihrem Leben nicht passt.<br />

http://vimeo.com/afuw/klima-wandeln<br />

„...gegenseitig unterstützen...“<br />

„<strong>Kultur</strong> bedeutet, dass die Leute gegenseitig unterstützen,“ sagt unser Kollege Detlef<br />

Hartwig. „Das ist sehr wichtig“, ergänzt er, der immer wieder Leuten im Rollstuhl hilft,<br />

wenn sie zum Beispiel jemanden brauchen, um die Rampe vom Stadtbus auszuklappen.<br />

Wie so viele Leute unterstützt er andere Leute und braucht zugleich auch manchmal<br />

selbst Unterstützung.<br />

Das ist zum Beispiel beim Besuch von <strong>Kultur</strong>veranstaltungen der Fall: „Alleine tät ich´s<br />

mir nicht trauen, sondern ich nehm jemand mit, wo sich mit mir auskennt.“, erklärt<br />

Detlef Hartwig.<br />

„Jetzt gibt´s manchmal so <strong>Kultur</strong>begleiter, die holen einen daheim ab und bringen einen<br />

auch abends wieder heim“, erwähnt Angelika Lotterer und spricht damit etwas an, was<br />

das <strong>Kultur</strong>büro von „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ organisiert hat.<br />

„Also jetzt gerade spontan kommt mir die Geschichte mit dem Kunstmuseum in den<br />

Kopf. Die Unterstützung war beim Schaffen ziemlich wertvoll. Sonst hätte mein Krabat<br />

nie Flügel gekriegt und so weiter“, meint Franziska Schiller.<br />

Der „Krabat“ von Franziska Schiller<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Wenn viele Personen und Organisation zusammenschaffen, dann finden wir immer<br />

wieder Möglichkeiten, wie´s passt. Das ist unsere Erfahrung.<br />

Im Kunstmuseum arbeiten seit Anfang 2018 wieder einige Aktionsforscherinnen und<br />

Aktionsforscher mit Kerstin Rilling zusammen.<br />

Sie hat uns bereits im letzten Jahr geholfen, sodass wir unsere Perspektiven mit Kunst<br />

sichtbar machen und erweitern konnten.<br />

„Wir machen uns mit Kunst auf den Weg“ heißt es jetzt.<br />

Mit dabei ist auch Christine Fuchs, die sich bereits seit einiger Zeit bei vielen unserer<br />

Erkundungen und Aktionen beteiligt.<br />

Dazu gekommen ist sie durch unsere monatlichen „Geschichten von unterwegs“ im<br />

<strong>Kultur</strong>park.<br />

Vor kurzem hat sie ein persönliches Zukunftsfest veranstaltet.<br />

Was das ist, erklärt sie so: „Ein Zukunftsfest ist eine Veranstaltung, wo man mehrere<br />

Leute aussucht, die man gerne dabeihaben möchte, um die Zukunft zu gestalten und<br />

dabei Unterstützer zu suchen.<br />

Was sehr wichtig war, sagt sie, war „wie die Leute mich gesehen haben oder sehen und<br />

auch meine Fähigkeiten, die ich hab.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/zukunftsfest<br />

Bei dem Zukunftsfest ging es neben vielen anderen Themen auch um die Frage, wie sie<br />

die passende Unterstützung fürs Fahren mit dem Stadtbus bekommen kann.<br />

Christine Fuchs am Busbahnhof. Seit dem Zukunftsfest ist sie öfter mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„...wenn jeder quasi und jede<br />

da ihre Fähigkeiten einbringen kann...“<br />

Was bei der <strong>Kultur</strong>konzeption eigentlich sonst noch beachtet werden sollte, fragt<br />

Harald Sickinger.<br />

Rolf Rathfelder antwortet: „Wenn eine neue <strong>Kultur</strong>stätte gebaut wird, dass die<br />

Menschen mit Behinderung mit einbezogen werden beim Planen und Bauen.“.<br />

„Respekt ist wichtig“ sagt Thomas Geprägs immer wieder, wenn es darum geht, wie<br />

eine <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> Ausgrenzung entstehen kann.<br />

Einen Menschen zu respektieren heißt zunächst einmal, ihn und seine jeweilige<br />

persönliche Perspektive zu verstehen oder das mindestens zu versuchen.<br />

Thomas Geprägs als Reporter vor dem Neubau des Reutlinger Stadttheaters „Die Tonne“.<br />

„Wir sind das Projekt <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>n“, hört man Thomas Geprägs sagen, „wir<br />

stehen hier vor dem Theater Tonne.“. Dann erklärt er, dass beim Theater eine<br />

Arbeitskollegin von seinem Arbeitsplatz auf dem Hofgut Gaisbühl mitspielt und dass<br />

auch seine Aktionsforschungskollegin Franziska Schiller hier Schauspielerin ist.<br />

„Das ist ein schönes Gebäude“, meint Thomas Geprägs über den Neubau und betont:<br />

„Das ist nicht weit von mir daheim, Theater Tonne, früher war´s weiter.“.<br />

Dieses Jahr will er sich hier einige Theaterstücke anschauen.<br />

http://vimeo.com/afuw/tonne<br />

„Und was kann man eigentlich machen, dass es in so ´ner <strong>Kultur</strong>einrichtung Respekt<br />

gibt?“, hakt Harald Sickinger nach.<br />

„Für jeden eine Möglichkeit schaffen. So, wie zum Beispiel im Haus der Familie“,<br />

antwortet Franziska Schiller, „der eine betreut die Kinder, der andere kocht, der andere<br />

macht einen kulturellen Abend.“.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Seit unserem Aktionsforschungsbesuch im Haus der Familie besucht Franziska Schiller<br />

dort immer wieder das Ferda-Café.<br />

Da treffen sich Menschen aus unterschiedlichen Ländern.<br />

Einige von ihnen trifft sie neuerdings auch bei einem Projekt, das in der<br />

Volkshochschule stattfindet. Dabei wird mit Mosaik-Steinen gearbeitet.<br />

Hier begegnen sich die Menschen auch Augenhöhe, findet Franziska Schiller.<br />

„Auf Augenhöhe“, so heißt auch ein Film, den wir vor einiger Zeit im Kino Kamino<br />

gesehen haben.<br />

Jetzt, im März 2018, läuft er in der Nikolaikirche in der Veranstaltungsreihe „Film für<br />

alle“.<br />

Franziska Schiller und Harald Sickinger waren bei einem Vorbereitungstreffen und<br />

haben Plakate mitgebracht.<br />

Matthias Braun schaut sich das Plakat an. „Ich tät den Film weiterempfehlen“, sagt er<br />

und erzählt ein bisschen, worum es geht:<br />

„Es ist ein kleinwüchsiger Vater und ein großer Sohn“. Der Film sei empfehlenswert,<br />

meint Matthias Braun, „an manchen Stellen ist er witzig und ab und zu auch traurig.“.<br />

Auch Thomas Geprägs und Franziska Schiller empfehlen den Film, weil er aus ihrer Sicht<br />

unterschiedliche Probleme unterhaltsam vermittelt.<br />

So beginnt ein kurzes Video mit Ausschnitten aus unserem Gespräch über „Auf<br />

Augenhöhe“.<br />

Dieses Video schauen unter anderem einige Schülerinnen und Schüler an, die sich im<br />

Unterricht damit beschäftigen.<br />

http://vimeo.com/afuw/filmbesprechung-auf-augenhoehe<br />

Von links nach rechts sieht man hier Matthias Braun, Rolf Rathfelder, Angelika Lotterer und Thomas Geprägs. Sie<br />

unterhalten sich über den Film „Auf Augenhöhe“.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

„Viel erreicht, aber auch noch viel zu tun...“<br />

Im März 2018 präsentieren wir ausgewählte Geschichten von unterwegs bei einer<br />

großen Veranstaltung, die das Projekt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ mit der Evangelischen<br />

Hochschule organsiert hat.<br />

Einladung zur Veranstaltung: https://www.yumpu.com/s/QfIKXbwzp6LUg4Nm<br />

„Viel erreicht, aber auch noch einiges zu tun...“ heißt es in der Überschrift des<br />

Veranstaltungsberichts von Gisela Sämann, der danach im Reutlinger Generalanzeiger<br />

erscheint.<br />

In der Zusammenfassung am Ende des Artikels steht: „Genug Ideen, Reutlingen zum<br />

inklusiven <strong>Kultur</strong>ort zu machen, gibt es – das hat die Veranstaltung im Spitalhof gezeigt.<br />

Und auch, wie wichtig es ist, Menschen mit Behinderung in die Planungen mit<br />

einzubeziehen: als Experten in eigener Sache.“.<br />

Artikel im GEA: https://www.yumpu.com/s/AWejTi6MGhpR47C9<br />

Unsere Erfahrung ist: Wir kommen weiter, wenn bei der Entwicklung unseres <strong>Kultur</strong>lebens<br />

von unseren Interessen und Talenten ausgegangen wird.<br />

Es passt, wenn wir dem nachgehen, was wir gerne machen und was wir gut können.<br />

Die ersten Schwierigkeiten auf dem Weg ins <strong>Kultur</strong>leben treten allerdings oft schon<br />

auf, bevor wir das Haus verlassen – zum Beispiel,<br />

• wenn wir selbst nicht wissen, was wir wollen und können,<br />

• oder, wenn andere unsere Interessen und Talente nicht verstehen<br />

• oder, wenn wir nicht wissen, wo wir unseren Interessen und Talenten nachgehen<br />

können<br />

• oder, wenn wir uns nicht dorthin bewegen können, weil die passenden<br />

Bewegungsmittel fehlen oder die Orientierung oder die Sicherheit oder die Kraft<br />

oder einfach die Motivation.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Manche Expertinnen und Experten aus eigener Erfahrung sagen, dass es eine Art<br />

ansteckende Krankheit gibt, die sich manchmal in Wohnheimen ausbreitet.<br />

„Lustlosigkeit“ oder „Faulheit“ könnte man die nennen, meint Rolf Rathfelder.<br />

Oder „Müdigkeit“, fügt Angelika Lotterer hinzu.<br />

Franziska Schiller schlägt noch eine andere Bezeichnung für diese Sache vor, die<br />

manche beim <strong>Kultur</strong> erleben und beim <strong>Kultur</strong> schaffen behindert. „Ich tät´s Hospitalisation<br />

nennen“, sagt sie.<br />

„Das ist aber ein Fremdwort“, wirft Rolf Rathfelder ein.<br />

„Was heißt das auf Deutsch und in einfacher Sprache, dass wir´s auch verstehen?“, fragt<br />

Matthias Braun.<br />

Franziska Schiller antwortet: „Dass wir einfach, wie Ihr´s gesagt habt, keinen Bock mehr<br />

haben, was zu machen und uns dann im Haus immer im Kringel drehen.“.<br />

http://vimeo.com/afuw/motivationsfragen<br />

So ist das nach unserer Erfahrung teilweise, so ist es aber nicht immer.<br />

Wir selbst und viele andere um uns herum tun einiges,<br />

• damit wir herausfinden, was wir wollen und können<br />

• und das auch anderen vermitteln<br />

• und die vorhandenen Möglichkeiten des <strong>Kultur</strong>lebens entdecken<br />

• und neue Möglichkeiten entwickeln – und das betrifft auch die Motivation und<br />

die Kraft und die Sicherheit und die Orientierung und passende Bewegungsmittel<br />

ebenso.<br />

Viele öffentliche Verkehrsmittel passen aber noch nicht für alle und einige von uns<br />

suchen Menschen, die sie unterwegs unterstützen.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Im Lauf der letzten Jahre haben wir immer wieder bei Begehungen und Befahrungen<br />

mitgemacht, um unsere Perspektiven zu vermitteln.<br />

Erst kürzlich organisierte der Landkreis in der Volkshochschule einen Fachtag zum<br />

barrierefreien Planen und Bauen. Auch die Agentur für unschätzbare Werte war dabei.<br />

„Dass die <strong>Kultur</strong>stätten barrierefrei sind und gut zugänglich ist wichtig“, meint Rolf<br />

Rathfelder, als wir über die Weiterentwicklung der <strong>Kultur</strong>konzeption sprechen.<br />

Dafür bleibt noch viel zu tun.<br />

Nicht selten liegt es am Geld, wenn jemand außen vor bleibt. Das betrifft unter<br />

anderem die Eintrittspreise.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Die bisherigen Regelungen über Freikarten für Menschen mit wenig Geld helfen<br />

ebenso weiter, wie zum Beispiel auch das Reutlinger Gutscheinheft und ermäßigte<br />

Eintrittspreise für bestimmte Veranstaltungen.<br />

Manchmal sind die Reglungen aber noch ziemlich kompliziert.<br />

Aus manchen Bereichen des <strong>Kultur</strong>lebens ist man <strong>ohne</strong> viel Geld ausgeschlossen.<br />

Stellvertretend für viele andere sagt Angelika Lotterer: „Es sollte halt auch so sein, dass<br />

es für jedermann und für uns bezahlbar ist.“.<br />

Verstehen und verstanden werden ist sehr wichtig, damit wir <strong>Kultur</strong> miterleben und<br />

mitschaffen können.<br />

Nach unserer Erfahrung kommen wir weiter, wenn wir eine angemessene Sprache<br />

suchen und finden oder erfinden, wenn wir so sprechen und schreiben, dass wir uns<br />

leichter verständigen können.<br />

Das betrifft nicht nur die Verwendung von Fremdwörtern, sondern die Kommunikation<br />

insgesamt.<br />

„Kommunikation“ ist ein Fremdwort. Es kommt aus der lateinischen Sprache und es<br />

bedeutet, dass man Wissen, Erfahrungen oder auch Gefühle austauscht.<br />

Auch im Frühling und Sommer 2018 beschäftigen wir uns weiterhin mit dem Austausch<br />

von Wissen, Erfahrungen und Gefühlen.<br />

Wir helfen zum Beispiel bei der Entwicklung eines Stadt-Spiels für Reutlingen mit,<br />

indem wir den Spielemacherinnen und Spielemachern unsere Perspektiven vermitteln.<br />

Diese fließen dabei ebenso ein, wie die Perspektiven von vielen anderen Menschen.<br />

Dazu gehören auch Menschen, die aus ihren Heimatländern flüchten mussten und jetzt<br />

in Reutlingen leben.<br />

Das Wort „Perspektive“ stammt ebenfalls aus der lateinischen Sprache.<br />

„Das bedeutet Ansicht oder Aussicht“, erklärt Rolf Rathfelder.<br />

Wenn wir unsere Ansichten austauschen, dann verändern wir dabei oft nicht nur<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

unsere Ansichten, sondern auch unsere Aussichten.<br />

Salima Fellous arbeitet in der Volkshochschule an einem Mosaik. Dabei erzählt sie vom<br />

Hamam. Das ist ein türkisches Bad. „Da sind die Fliesen auch mit Mosaik gemacht“,<br />

sagt sie und fügt hinzu: „Das ist auch wunderschön.“.<br />

Dann sieht man gleich nebenan Franziska Schiller bei der Arbeit mit Mosaiksteinen.<br />

http://vimeo.com/afuw/mosaik<br />

Unsere Aktionsforschung sehen wir wie eine Mosaik-Arbeit und die geht weiter.<br />

Auch als das Projekt „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“ offiziell langsam zu Ende geht, vermitteln<br />

wir weiter Geschichten von unterwegs – vom Mosaik-Projekt des Familienforums in<br />

der Volkshochschule, von vielen anderen Mosaik-Arbeiten und von vielen aktuellen<br />

Veranstaltungen. Dazu gehört wieder mal das Inter:Komm!-Fesival, es ist ja schließlich<br />

schon wieder Sommer.<br />

Warum er das Festival besucht, will Franziska Schiller da von einem Besucher wissen.<br />

Er antwortet: „Weil meine Freundin wollte herkommen“. Dann erzählen der Mann und<br />

seine Freundin, dass sie schon einmal da waren und dass es ihnen gut gefallen hat,<br />

auch weil es das Festival unter freiem Himmel stattfindet.<br />

„Was muss passieren in Reutlingen noch, damit´s ´ne <strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong> gibt, also<br />

eine <strong>Kultur</strong> für alle?“, fragt Harald Sickinger.<br />

„Dass schon alle zusammen sind, halli galli kann man sagen“, meint der Besucher und<br />

erklärt, dass man das im Arabischen so sagt.<br />

http://vimeo.com/afuw/halli-galli<br />

Im Wasenwald wird den ganzen Sommer über Naturtheater gespielt.<br />

https://vimeo.com/afuw/naturtheater<br />

Auch einige von uns machen sich mit Kunst auf den Weg in die Natur<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Es ist Juli 2018.<br />

„...wohin ich geh...“<br />

Harald Sickinger: "Was hat´s mit dem Esel auf sich?“<br />

Christine Fuchs: „Der begleitet mich in meinem Weg, wohin ich geh, das ist für mich<br />

sehr wichtig“<br />

Franziska Schiller: „Der guckt so gutmütig, wie der Sabine ihrer, hat aber viel Energie.“<br />

Harald Sickinger; „Was hast Du gesagt, Franzi?“<br />

Franziska Schiller: „Ich hab gesagt, dass der Christine ihr Esel Ruhe ausstrahlt, wie der<br />

Sabine ihr Esel von den Bremer Stadtmusikanten, aber viel Energie hat.“<br />

Harald Sickinger: „Und Du hast auch was gesagt, Kerstin, zum Esel.“<br />

Kerstin Rilling: „Ich weiß gar nicht, was hab ich gesagt, dass er so viel Ausdruck hat,<br />

dass es ein ganz eigener Christine-Esel geworden ist, dass die Christine zuerst gar keinen<br />

selber machen wollt, weil sie gesagt hat, ich kann das gar nicht, gell, und dann sie eine<br />

ganz eigene Form für ihren Esel gefunden hat und dann ist es so ein toller Esel<br />

geworden. Und der geht auch ganz oft den Berg nauf, gell, der muss immer bergauf<br />

gehen?“<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Christine Fuchs: „Mhm“<br />

Flüstern aus der Runde: „Das ist wichtig“<br />

Kerstin Rilling: „Das ist wichtig, ja, das haben wir auch festgestellt.“<br />

Christine Fuchs: „Ja“.<br />

Kerstin Rilling: „Und jetzt ist er auf der Alb, wie Du.“<br />

Christine Fuchs: „Das erste Ziel auf der Alb.“<br />

http://vimeo.com/afuw/esel<br />

Bei der Fortsetzung unserer Aktionsforschung hilft jetzt auch unser gerade anlaufendes<br />

Projekt „Andere Perspektiven!?“ weiter. Gefördert wird das von der Baden-<br />

Württemberg-Stiftung.<br />

In diesem Zusammenhang knüpfen wir an unsere bisherigen Aktionsforschungs-<br />

Erfahrungen an, erkunden nun außer den Schätzen der <strong>Kultur</strong> auch die Schätze der<br />

Natur und sind öfter im Biosphärengebiet Schwäbische Alb unterwegs. Wir gehen dem<br />

nach, was uns weiterbringt und dafür beschäftigen wir uns mit Geschichten, die andere<br />

Perspektiven vermitteln.<br />

Vorhin hat Sabine Kramer vom <strong>Kultur</strong>betrieb Schaffwerk schon das Märchen von den<br />

Bremer Stadtmusikanten erzählt.<br />

„Was hat das mit den 4 Häusern auf sich?“, fragt sie jetzt in die Runde und zeigt auf<br />

eine gelbe Fahne. Sie hängt links von der weißen Fahne mit dem Esel drauf.<br />

„Ja, das haben wir gedruckt in der Druckerei“, antwortet Eugen Blum und erzählt über<br />

sein Motiv.<br />

http://vimeo.com/afuw/4-haeuser<br />

Die Fahne ist wie alle anderen bei unserer „<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>“-Arbeit im<br />

Kunstmuseum entstanden.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

Eugen Blum hat etwas zu seinem Motiv geschrieben:<br />

„4 Häuser<br />

Das Haus Nummer eins ist leer.<br />

Das Haus Nummer zwei ist mit Menschen mit Handicap befülllt.<br />

Das Haus Nummer drei ist mit Soldaten überfüllt.<br />

Das Haus Nummer vier ist mit Traurigkeit überfüllt.<br />

Alle 4 Häuser sind in der Seelsorge!!!!“<br />

Wir stehen jetzt an einem steilen Abhang.<br />

Eugen Blum: „Das ist hier natürlich eine sehr große Aussicht, also ich find´s sehr schön,<br />

wie das ist, das passt zur Landschaft. Obwohl man muss hier bisschen aufpassen, dass<br />

man jetzt nicht da runterrutscht, weil es etwas gefährlich sein kann.“.<br />

„Ja, was würden Sie denn am liebsten da runter schreien?“, fragt Eugen Blum und zeigt<br />

auf das Plakat, das wir im Kunstmuseum gemacht haben.<br />

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<strong>Kultur</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Ausnahme</strong>!? – Aktionsforschungsgeschichten aus den Jahren 2015 bis 2018<br />

So nimmt die Sache ihren Lauf...<br />

http://vimeo.com/afuw/der-berg-ruft<br />

.<br />

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6 Nachwort<br />

„Da sieht man Vergangenheit und Zukunft“<br />

In unseren Filmaufnahmen aus der Anfangszeit 2015 finden wir ein Gespräch mit Sigrid<br />

Müller.<br />

Harald Sickinger:<br />

„Wenn´s jetzt ein Sigrid-Müller-Museum geben tät, was wär da drin?“<br />

Sigrid Müller:<br />

„Oooooh...darf ich´s sagen, bist nicht bös?... da wär bestimmt die große Klappe drin.“<br />

http://vimeo.com/afuw/sigrid-mueller-museum<br />

Sie machte den Mund auf, wenn ihr etwas wichtig war.<br />

Wichtig war ihr zum Beispiel das Denkmal auf dem Gustav-Werner-Platz, wo wir uns<br />

immer wieder trafen.<br />

Sie erklärte:<br />

„Das Denkmal ist die Erinnerung an das Dritte Reich, weil man ja da auch aus der<br />

Gustav-Werner Stiftung Leute, die noch namensmäßig bekannt sind, zur Deportation<br />

abgeholt hat...Ich fühl mich doch dem angeschlossen, weißt Du, weil ich doch in der Zeit<br />

gelebt hab.“.<br />

Einmal brachte sie als Geschenk für uns ein selbstgemaltes Bild mit und wir stellten es<br />

vorübergehend auf dem Sockel des Denkmals ab.<br />

Harald Sickinger nahm das Smarthone, nahm die Szenerie auf und stellte eine Frage:<br />

„Sigrid, was sieht man da? Was kann man da sehen, weil ich film´s jetzt?“<br />

Ihre Antwort war: „Da sieht man Vergangenheit und Zukunft.“<br />

Später schauten wir uns diese Aufnahmen zusammen an und sprachen weiter:<br />

Sigrid Müller: „Man sieht die Vergangenheit und die Zukunft in einem und ich glaube,<br />

die Vergangenheit ist genauso wichtig, wie die Zukunft.“<br />

Harald Sickinger: „Was ist die Vergangenheit und was ist die Zukunft auf dem Bild?“<br />

Sigrid Müller: „Die Zukunft ist mein jetziger Standpunkt der Kunst. Die Vergangenheit<br />

ist das, was ich hinter mir habe, was in Not und Elend und sonst wie geendet hat.“<br />

http://vimeo.com/afuw/vergangenheit-und-zukunft<br />

Unsere Kollegin Sigrid Müller ist im Frühling 2017 gestorben.<br />

Wir haben viel von ihr gelernt.<br />

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Dieses Foto zeigt das selbstgemalte Bild von Sigrid Müller auf dem Sockel des Denkmals für die Opfer der<br />

nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.<br />

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