Hochzeitsbräuche im Südburgenland
100 Jahre Republik Österreich - Geschichteprojekt Gymnasium Güssing
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100 Jahre<br />
Republik<br />
Österreich
In Österreich gibt es eine Vielzahl an <strong>Hochzeitsbräuche</strong>n. Besonders<br />
<strong>im</strong> <strong>Südburgenland</strong> haben diese noch <strong>im</strong>mer Bestand und erfreuen<br />
sich großer Beliebtheit. Die meist große Anzahl von Gästen verfolgt<br />
das Spektakel mit großer Begeisterung und Freude. Da es so viele<br />
verschiedene Bräuche bezüglich Hochzeiten gibt, haben wir uns<br />
entschlossen, einige von ihnen in Erfahrung zu bringen und mehr<br />
über sie herauszufinden. In diesem Zusammenhang haben Schüler<br />
und Schülerinnen Recherchen in den verschiedenen Ortschroniken<br />
durchgeführt bzw. Leute interviewt.<br />
2
<strong>Hochzeitsbräuche</strong> <strong>im</strong> <strong>Südburgenland</strong><br />
<br />
PolterabendDer Polterabend wird bereits seit vorchristlichen Zeiten als<br />
letzter Abend in „Freiheit“ gefeiert. Traditionell wird hier <strong>im</strong> wahrsten Sinne des<br />
Wortes gepoltert und ordentlich Krach gemacht um alle bösen Geister und<br />
Dämonen zu vertreiben.<br />
Früher fand der Polterabend am Abend vor der Hochzeit statt.<br />
Traditionellerweise wird jede Menge Porzellan zerschlagen, welches von dem<br />
Bräutigam, der Braut oder beiden gemeinsam aufgekehrt werden muss.<br />
Bitte auf keinen Fall Glas zerschlagen, das bringt Unglück!<br />
Heute feiern Bräutigam und Braut getrennt, wobei wohl mittlerweile Streiche,<br />
Unfug und Ausgelassenheit <strong>im</strong> Vordergrund stehen.<br />
Unsere Empfehlung: poltert bitte hemmungslos, jeder für sich oder<br />
gemeinsam, aber nicht am Tag vor der Hochzeit.<br />
Der Polterabend - Zerbrochenes Porzellan gegen böse Geister<br />
Vor allem in ländlichen Gegenden werden Hochzeiten in großem Stil zelebriert<br />
und da dürfen natürlich diverse Rituale nicht fehlen. Um böse Geister und<br />
Dämonen den Garaus zu machen, wird seit vorchristlichen Zeiten der<br />
Polterabend gefeiert. Früher fand er am Tag vor der Hochzeit statt, wobei<br />
Braut und Bräutigam noch zusammen feierten. Sinn des Polterabends ist es,<br />
möglichst viel Lärm zu machen, um das Böse zu verschrecken und dafür wird<br />
am besten altes Porzellangeschirr zerbrochen.<br />
Mit Pauken und Trompeten zum Hochzeitstag<br />
Der Hochzeitstag beginnt traditionellerweise mit dem Wecken der Braut. Dabei<br />
versammelt sich eine Gruppe von Freunden oder sogar ein ganzes<br />
Blasorchester vor dem Haus der Braut und weckt diese mit lautem Lärm. Dieser<br />
soll gewissermaßen den neuen Lebensabschnitt „einläuten“ und außerdem<br />
böse Geister vertreiben.<br />
Die Maut zum gemeinsamen Weg<br />
Auf dem Weg zu den Feierlichkeiten könnten die Hochzeitsgäste Zeugen des<br />
sogenannten „Staunganziagn“ werden. Dabei konstruiert eine Gruppe von<br />
Kinder und Jugendlichen mit Seilen und Schnüren eine Art Hindernis. Damit<br />
die Hochzeitsgesellschaft dieses überwinden kann, muss jeder der Gäste einen<br />
„Zoll“ zahlen.<br />
Das Strumpfband läutet das Ende des Junggesellenlebens ein<br />
Dass die frischvermählte Braut den Brautstrauß wirft und die Glückliche, die ihn<br />
fängt als nächstes vor dem Altar treten wird, ist wohl jedem bekannt. Weniger<br />
prominent dürfte dafür jener Brauch sein, bei dem die Braut ihr (meistens<br />
blaues) Strumpfband abzieht und den männlichen Junggesellen zuwirft.<br />
Derjenige, der in auffängt, wird demnach ebenfalls der nächste sein, der<br />
heiratet.<br />
Zusammenhalt fürs Eheglück<br />
3
Auch nach der Trauung wartet oft ein Hindernis: ein Baumstamm auf zwei<br />
Sägeblöcken muss vom Brautpaar durchgesägt werden, dabei dürfen aber die<br />
Trauzeugen mithelfen. Während der Feierlichkeiten nach der Trauung wird oft<br />
das sogenannte „Kranzlabtanzen“ abgehalten. Die Braut wird dabei mit<br />
Schürze, Kopftuch, Besen und Schaufel ausgestattet. Dann werfen die Gäste<br />
Kleingeld auf den Boden und das Brautpaar muss dieses einsammeln. Dieses<br />
Spiel soll den Zusammenhalt der Eheleute symbolisieren.<br />
In Österreich noch <strong>im</strong>mer gängiger Brauch ist auch das Brautstehlen. Dabei<br />
„entführen“ die Angehörigen der Braut diese in ein Lokal. Nachdem der<br />
Bräutigam seine abgängige Liebste endlich ausfindig machen konnte, muss er<br />
die Rechnung übernehmen.<br />
<br />
SchwellbogenIn manchen Gegenden ist es üblich den Eingang des<br />
Brauthauses mit Geflechten aus Nadelzweigen, geschmückt mit Blumen und<br />
Bändern zu dekorieren. Die roten Tücher darin sollten wiederum die bösen<br />
Geister abschrecken. Der sogenannte Schwellbogen wird von Freunden der<br />
Braut ein oder zwei Abende vor der Hochzeit gebunden und aufgestellt. Die<br />
mühevolle Arbeit belohnt die Braut mit einer guten Jause und gemütlichem<br />
Beisammensein.<br />
<br />
Etwas altes, neues, geborgenes und blaues<br />
Diese Tradition, dass eine Braut bei ihrer Hochzeit etwas Altes, Neues,<br />
Geborgtes und Blaues mit sich tragen soll, ist schon sehr alt und kommt aus<br />
England. Der Spruch <strong>im</strong> Original: “Something old, something new, something<br />
borrowed, something blue and a silver sixpence in your shoe.”<br />
Etwas Altes steht für den Lebensabschnitt der Braut vor der Hochzeit.<br />
Üblicherweise bietet sich da ein Schmuckstück aus Mutters Schatzkiste an.<br />
Manchmal kommt auch das Brautkleider der Mutter oder Großmutter zum<br />
Einsatz.<br />
Etwas Neues stellt den neuen Lebensabschnitt als Ehegattin nach der Hochzeit<br />
dar. Hier kommen sehr viele Dinge in Frage: die Brautschuhe, das Brautkleid,<br />
ein neues Täschchen.<br />
Etwas Geborgtes steht für die Beständigkeit langjähriger Freundschaften. Ein<br />
kleines geborgtes Accessoire wie Ohrringe von der glücklich verheirateten<br />
Freundin, die Handschuhe der Schwester, oder eine Puderdose von der<br />
Schulkollegin sind hierfür genau richtig.<br />
Etwas Blaues steht als Symbol für Reinheit und Treue. Dieses traditionelle<br />
blaue Stück ist fast schon ein Klassiker: das Strumpfband.<br />
4
Der Teil mit der Glücksmünze ist bei uns in Vergessenheit geraten. Die Münze<br />
garantiert Wohlstand für die Ehe, und soll ein Eheleben voll Freude und<br />
Glückseligkeit bescheren. Sie wurde früher <strong>im</strong> linken Schuh der Braut platziert.<br />
<br />
Brautaufwecken und Hochzeitsschießen: Eine Braut muss traditionell in<br />
Salzkammergut, Tirol und der Steiermark am Hochzeitstag schon früh aus dem<br />
Bett. Mit Sonnenaufgang kommen Nachbarn und Freunde um die Braut<br />
unsanft aus dem Schlaf zu wecken. Mit Schüssen (durch Schützen natürlich)<br />
oder Böllern wird die Braut sozusagen „gegrüßt“. Außerdem sollen durch den<br />
Lärm böse Geister vertrieben werden. Waren es früher die ledigen Männer, die<br />
die Braut aufweckten, sind es heute gemischte Gruppen. Heutzutage sollte<br />
man allerdings die Anrainer und auch die Gemeinde über das Vorhaben<br />
verständigen.<br />
<br />
Hochzeitsbläser: Vor allem <strong>im</strong> Hausruckviertel sind die Hochzeitsbläser mit<br />
ihrer fröhlichen Musik <strong>im</strong>mer noch unverzichtbar. Jeder Programmpunkt der<br />
Hochzeitsfeier wird von ihnen lautstark angekündigt und begleitet. Mit<br />
passenden Liedern vom „Brautlied“ be<strong>im</strong> Brautholen am Morgen bis hin zum<br />
„Rausschmeißer“ zum Ende der Feierlichkeiten begleiten Sie die<br />
Hochzeitsgesellschaft den ganzen Tag.<br />
<br />
Abholen der Braut: Dieser Brauch streckt sich über fast alle Bundesländer<br />
Österreichs. Die Braut wird am Tag der Hochzeit von ihrem Elternhaus<br />
abgeholt. Heute hat sich der Brauch dahingehend gewandelt, dass meist der<br />
Bräutigam mit seinen Kranzlbräutigamen seine zukünftige Ehefrau von dahe<strong>im</strong><br />
abholt. Er fährt bereits mit dem geschmückten Hochzeitsauto vor und hat auch<br />
traditionell den Brautstrauß dabei. Gemeinsam mit der Braut geht es dann<br />
Richtung Standesamt oder Kirche. Dieser Weg führt in vielen Gebieten<br />
Österreichs meist nicht direkt ans Ziel. Auf der Strecke warten Freunde und<br />
Anrainer, um dem Brautpaar den Weg zu versperren. Das Brautpaar muss<br />
anhalten, aussteigen und eine erteilte Aufgabe lösen. Dazu gehört<br />
beispielsweise mit einer Säge gemeinsam einen Ast durchsägen. Danach wird<br />
auf das Brautpaar angestoßen. Erst danach kann die Fahrt fortgesetzt werden.<br />
<br />
Die Hochzeitskerze: Die Hochzeitskerze ist das Symbol der Liebe, das das<br />
Brautpaar vereint und sie erinnert an die Liebe Christi zu den Menschen.<br />
Üblicherweise steht der Namen der Brautleute, das Datum, ein Sinnspruch<br />
oder ein Symbol für die Ehe auf der Kerze.<br />
5
Nach alter Tradition ist die Hochzeitskerze entweder ein Geschenk der<br />
Taufpatin der Braut oder der Brautmutter. Da sehr viel individuell gestaltete<br />
Kerzen angeboten werden, empfiehlt es sich die Kerze gemeinsam<br />
auszusuchen.<br />
Im Rahmen der kirchlichen Trauung wird mit den Taufkerzen der Brautleute<br />
oder in manchen Gegenden mit der Osterkerze deren Hochzeitskerze<br />
entzündet.<br />
Die Hochzeitskerze sollte nach der Trauung zu besonderen Anlässen <strong>im</strong>mer<br />
wieder angezündet werden, z.B. am ersten Hochzeitstag, wenn das junge Paar<br />
auf sein erstes gemeinsames Jahr zurückblickt, nach einem Streit als Geste der<br />
Versöhnung oder wenn eine Krise zu bewältigen ist.<br />
<br />
Reis werfen: Traditionellerweise soll das Reis werfen nach der Hochzeit ein<br />
Zeichen der Fruchtbarkeit sein.<br />
Am besten, Ihr klärt das Vorhaben mit dem zuständigen Pfarrer oder<br />
Standesbeamten ab, da das Reis werfen manchmal nicht gerne gesehen wird<br />
(Verunreinigung; Werfen mit Lebensmittel).<br />
<br />
Blumenstreuen: Das Streuen von Blumen und Blüten durch Blumenkinder ist<br />
ein alter heidnischer Brauch. Durch diesen Brauch sollen die<br />
Fruchtbarkeitsgötter angelockt werden, die dem Paar Glück und reichen<br />
Kindersegen bringen. Wenn die Kinder sehr klein sind, solltet Ihr das<br />
Blumenstreuen vor der Hochzeit einmal üben, damit die Kleinen nicht alle<br />
Blüten auf einmal ausleeren. Auch hier sollte es eine vorherige Absprache<br />
geben. Da Rosenblätter auf Steinboden oft Flecken hinterlassen, die sich nur<br />
mehr schwer entfernen lassen gibt es oftmals auch hier Vorbehalte.<br />
<br />
Brautstrauß werfen: Ein vielgeliebter Brauch ist das Brautstraußwerfen, bei<br />
dem die Braut ihres Brautstraußes während der Hochzeitsfeier in die Gruppe<br />
der unverheirateten Damen wirft. Traditionell stellt sie sich dabei mit dem<br />
Rücken zu den versammelten ledigen Damen und wirft den Brautstrauß über<br />
ihren Kopf rückwärts. Die glückliche Fängerin wird, so die Überlieferung, als<br />
nächste ihre Hochzeit feiern.<br />
Ein guter Zeitpunkt für das Brautstraußwerfen ist entweder direkt nach der<br />
Trauung vor der Kirche oder dem Standesamt; oder nach Eintreffen der<br />
Gesellschaft be<strong>im</strong> Festsaal/Restaurant.<br />
6
Oft will sich die Braut ihren Strauß als Erinnerung an den großen Tag in<br />
getrockneter Form aufheben, daher empfiehlt es sich, für das<br />
Brautstraußwerfen einen Zweit-Strauß anfertigen zu lassen!<br />
<br />
Baumstammsägen: Vor allem in ländlichen Gebieten Österreichs, gehört das<br />
Baumstammsägen noch zum traditionellen Hochzeitsbrauch.<br />
Nach der kirchlichen Trauung wird auf der Fahrt zur Hochzeitstafel ein<br />
Baumstamm auf Sägeböcke als Wegsperre aufgebaut. Nun muss das<br />
Brautpaar zusammen diesen durchsägen, damit der Weg in eine gemeinsame,<br />
glückliche Zukunft wieder freigegeben wird. Natürlich wird ein Auge<br />
zugedrückt, wenn die Trauzeugen be<strong>im</strong> Baumstammsägen kräftig mithelfen.<br />
<br />
Im Burgenland gibt es etwa zwei Wochen vor der Hochzeit das sogenannte<br />
"Scherbenschmeißen". Dabei werden Unmengen an Papier und Plastik vor<br />
dem Haus abgeladen und das künftige Brautpaar muss alles mit dem Besen<br />
zusammenkehren.<br />
<br />
Mittleren Burgenland: Am Hochzeitstag werden "Hochzeitsbagl" in der<br />
Nachbarschaft verteilt. Das Gebäck ähnelt dem Butterzopf.<br />
<br />
Dosen am Auto: Das Scheppern der Dosen soll einerseits lautstark auf das<br />
frisch vermählte Paar aufmerksam machen, und andererseits böse Geister<br />
vertreiben. Gleiches gilt für das vielerorts übliche Hup-Konzert der<br />
Hochzeitsgesellschaft am Weg von der Kirche/dem Standesamt zum Festsaal.<br />
<br />
Hochzeitstorte anschneiden: Traditionellerweise führen Braut und Bräutigam,<br />
als Zeichen für ihren Zusammenhalt und Einigkeit in der bevorstehenden Ehe,<br />
das Messer gemeinsam be<strong>im</strong> Hochzeitstorte anschneiden. Allerdings wird<br />
behauptet, dass derjenige, der die Hand über der Hand des anderen hält in der<br />
Ehe das sagen haben wird. Fairerweise muss man aber dazu sagen, dass sich<br />
die Hand der Braut oben doch meist schöner macht als die des Bräutigams.<br />
<br />
Die Braut wird in der Regel von den besten Freunden entführt. Die Entführer<br />
ziehen danach mit der Braut von Lokal zu Lokal, wobei der arme Bräutigam<br />
jedes Mal die Rechnung bezahlen soll. Dabei solltet Ihr berücksichtigen, dass<br />
die Hochzeitsgesellschaft dadurch zerrissen wird, und die Zurückgebliebenen<br />
7
oft nicht so viel Freude damit haben.<br />
Mancherorts ist es auch Voraussetzung, dass es den potentiellen Entführern<br />
gelingt, den Brautstrauß zu stehlen, bevor sie sich mit der Braut aus dem Staub<br />
machen dürfen.<br />
<br />
Schleiertanz: Der Schleiertanz, ein alter germanischen Brauch, findet<br />
üblicherweise um Mitternacht statt. Dabei wird der Schleier der Braut be<strong>im</strong><br />
Tanz geraubt und in viele Stücke gerissen. Diese Stücke teilen sich dann<br />
Brautjungfern und weiblichen Hochzeitsgäste untereinander auf um vom<br />
Segen des Brautpaares zu profitieren. Da sich die meisten Bräute von ihren<br />
Schleiern nicht gerne trennen, wird der Brauch in dieser Form nicht mehr sehr<br />
oft ausgeführt.<br />
Eine andere Form des Schleiertanzes ist, der Braut die Augen mit dem Schleier<br />
zu verbinden. Anschließend muss diese versuchen eine der ledigen Frauen zu<br />
fangen. Diejenige, die Sie fängt, ist dann die nächste Braut.<br />
<br />
Braut über die Schwelle tragen: Nach der Hochzeitsfeier sollte der Bräutigam<br />
seine Angetraute über die Schwelle des gemeinsamen He<strong>im</strong>es tragen (oder ev.<br />
des Hotelz<strong>im</strong>mers). Damit verhindert der Bräutigam, dass seine Braut mit den<br />
Dämonen, die unter der Schwelle lauern, in Berührung kommt. Andererseits<br />
soll es ein deutliches Symbol für die Gemeinsamkeit der Ehe sein.<br />
<br />
Morgengabe: Ein schöner Brauch will es, dass der Bräutigam am Morgen nach<br />
der Hochzeitsnacht die Braut mit einem ganz besonderen Präsent beschenkt –<br />
die Morgengabe. Früher diente dieser Brauch der Braut zur finanziellen<br />
Absicherung, heute schenkt der Bräutigam meist ein wunderschönes<br />
Schmuckstück. Das kann z.B. eine Halskette, ein Ring oder ein Armband sein.<br />
Man sagt, dass die Ehe mit Glück gesegnet ist, wenn der Bräutigam morgens<br />
diese Gabe unters Kissen legt.<br />
Aber natürlich freut sich auch der Bräutigam über ein kleines Geschenk. Hier<br />
sind der Fantasie und dem Geschmack keine Grenzen gesetzt.<br />
<br />
Flitterwochen/Hochzeitsreise: Nach der Trauung fährt das Paar meist auf<br />
Hochzeitsreise, um das romantische Ereignis zu zweit zu feiern und sich ganz<br />
„in Ruhe“ auf die gemeinsame Zukunft vorzubereiten.<br />
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Die verschiedenen Rollen: Was sind<br />
ihre Aufgaben bzw. was ist das<br />
überhaupt?<br />
Brauteltern<br />
Den Brauteltern kommt in Österreich traditionell eine relativ bedeutende Rolle zu. Für<br />
die Brautmutter beginnt eine Hochzeit schon lange vor der eigentlichen Feier. Sie<br />
steht ihrer Tochter bei der Auswahl von Brautkleid, Blumenschmuck und Frisur zur<br />
Seite. In Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark ist sie außerdem die<br />
Gastgeberin be<strong>im</strong> Brautwecken am Hochzeitstag.<br />
Der Brautvater ist derjenige, der traditionell seine Tochter zum Altar geleitet, die<br />
Tischrede hält und den ersten Tanz, nach dem offiziellen ersten Tanz des Brautpaares,<br />
mit der Braut begehen darf.<br />
Trauzeugen<br />
Den Trauzeugen kommt eine der wichtigsten Rollen bei einer Hochzeit zu. Mit ihrer<br />
Unterschrift bezeugen sie (standesamtlich nicht mehr notwendig) die Rechtmäßigkeit<br />
der Eheschließung. Im Idealfall sind sie aber auch verlässliche Ansprechpartner für das<br />
Brautpaar was die Vorbereitungen der Feier betrifft. Jedoch sind die Aufgaben der<br />
Trauzeugen je nach Region in Österreich sehr unterschiedlich.<br />
Zubraut/Zubräutigam<br />
Vor allem in Oberösterreich, Kärnten, Tirol und der Steiermark kann man mit dem<br />
Begriff Zubraut etwas anfangen. Der Titel Zubraut gilt für die erste und damit<br />
wichtigste Brautjungfer. Damit erhält sie nicht nur eine verantwortungsvolle Aufgabe<br />
von der Braut übertragen, sondern hat auch einen großen Auftritt bei der Hochzeit.<br />
Das gleiche gilt für ihr männliches Pendant. In einigen Gebieten in Österreich geleitet<br />
der Zubräutigam die Braut und die Zubraut den Bräutigam. Eine weitere wichtige<br />
Aufgabe kommt den beiden zu: wird die Braut gestohlen, muss der Zubräutigam sie<br />
auslösen. Wird der Bräutigam gestohlen muss die Zubraut für die Getränke<br />
aufkommen.<br />
Beistand<br />
Die Trauzeugen werden in der Steiermark und in Kärnten auch als Beistand betitelt.<br />
Ihnen kommen auch dieselben Aufgaben zu. In Oberösterreich hingegen wird als<br />
Beistand die Mütter oder Väter des Brautpaares bezeichnet, wenn diese auch<br />
Trauzeugen sind.<br />
9
Brautjungfern/Kranzlbräute<br />
Die Brautjungfern werden in Österreich Kranzlbräute genannt. Und diese gibt es<br />
womöglich schon weitaus länger als das amerikanische Pendant. Schon Kaiserin<br />
Elisabeth hatte bei ihrer Hochzeit eine Schar an Kranzlbräuten. Zum einen sollte es<br />
dazu dienen, dass keine der Damen am Hof beleidigt war. Zum anderen galten die<br />
Kranzlbräute dem Aberglauben nach zur Ablenkung böser Geister von der Braut (was<br />
oder wen man nun als „bösen Geist“ definiert, ist hier offen gelassen ;))<br />
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<strong>Hochzeitsbräuche</strong> in Heiligenbrunn –<br />
Linda Reisinger<br />
Lodmann: Einige Wochen vorher geht der „Lodmann“, der Einlader, in jene Häuser,<br />
wo Leute zur Hochzeit einzuladen sind. Dort sagt er einen Spruch auf und trinkt ein<br />
Glas. Wichtig ist auch der „Steckn“, ein Spazierstock mit angebundenen bunten<br />
Bändern.<br />
„Zamploatn“: Musik spielt <strong>im</strong> Dorf von Haus zu Haus und verschiedene Kränzler<br />
werden abgeholt.<br />
Braut- und Bräutigam Spruch: Be<strong>im</strong> Abholen der Braut wird ihr ein Spruch<br />
aufgesagt, ebenfalls be<strong>im</strong> Bräutigam.<br />
Hupen: Die Autos fahren in einer Kolonne zum Gasthaus und hupen, um<br />
Aufmerksamkeit zu erlangen.<br />
Braut herausfedern: Am Hochzeitstag wird zunächst die Braut von ihrem Elternhaus<br />
abgeholt. Dort wird sie „herausgefedert“. Der Trauzeuge des Bräutigams oder ein<br />
Kränzler bittet bei der Haustüre um die Braut. Die Hausbewohner (angeführt vom<br />
Trauzeugen der Braut) verleugnen aber ihre Anwesenheit. Dafür werden andere<br />
Frauen, zuerst die nicht-so-schönen und dann <strong>im</strong>mer schöner werdende<br />
Kränzlerinnen, vorgeschickt. Zum Schluss erscheint doch die Braut und wird dem<br />
Bräutigam übergeben.<br />
Braut stehlen: Während der Hochzeitsfeier wird die Braut von Freunden oder<br />
Bekannten des Brautpaares „entführt“ und ins nächste Gasthaus gebracht. Der<br />
Bräutigam muss sie natürlich suchen und wieder zur Feier zurückbringen.<br />
Torte: Bei uns <strong>im</strong> Ort ist es Brauch, dass jede eingeladene Familie eine Torte zur<br />
Hochzeit mitbringt.<br />
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Hochzeiten <strong>im</strong> Jahre 1950<br />
Interview mit Uroma<br />
Michelle:<br />
Wie war es damals, als du geheiratet hast „Urli“? Kannst du dich noch an damalige<br />
Hochzeiten erinnern?<br />
Johanna:<br />
Natürlich, ich erinnere mich noch gut an die Hochzeitsfeiern damals und wie lustig wir es<br />
<strong>im</strong>mer hatten. Früher gab es deutlich mehr Hochzeiten, denn man wurde bereits in jungem<br />
Alter verheiratet. Ich war gerade einmal 17 Jahre, als ich deinem Urgroßvater das Ja-Wort<br />
gab. Früher gab es meist 3-4 Hochzeiten pro Monat. Gefeiert wurde damals allerdings nicht<br />
wie heute <strong>im</strong> Gasthaus, sondern in einem der Elternhäuser des Brautpaares. Die Musik<br />
bereitete gute St<strong>im</strong>mung bis in die Morgenstunden. Ich erinnere mich noch, es waren damals<br />
oft bis zu 12-Mann Musikgruppen. Bis spät in die Nacht wurde getanzt, gefeiert und<br />
getrunken. Alle hatten eine gute Laune, es ist eine schöne Erinnerung.<br />
Michelle:<br />
Erinnerst du dich noch an eure Kleidung? Trug die Braut <strong>im</strong>mer weiß?<br />
Johanna: Die Braut trug <strong>im</strong>mer weiß, in unserer Gegend zumindest war das Gang- und Gebe.<br />
Die Gäste waren auch <strong>im</strong>mer fein gekleidet. Ich erinnere mich, dass ich damals eine dieser<br />
Karten für den Kleiderkauf besaß.<br />
Michelle:<br />
Was war das für eine Karte? Wofür war sie gut?<br />
Johanna:<br />
Hauptsächlich die Frauen besaßen so eine Karte. Auf dieser Karte konnte man Punkte<br />
sammeln, man bekam sie als Belohnung für die Arbeit. Was genau man für diese Punkte tun<br />
musste, weiß ich nicht mehr. Aber man konnte sich dann mit dieser Karte, je nachdem wie<br />
viele Punkte man hatte, in einem Kleiderladen in Rechnitz schöne Outfits kaufen. Es war uns<br />
damals viel geholfen, da man sich nur selten neue Kleidung leisten konnte. Wir freuten uns<br />
jedes Mal von neuem, wenn wir genügend Punkte gesammelt hatten. Ich erinnere mich, dass<br />
zu meiner Zeit Kragen „in“ waren. Ich hatte einige Blazer oder Oberteile mit einem schönen<br />
Kragen, er war wie ein Schmuckstück.<br />
Michelle:<br />
Wahnsinn, das wäre heutzutage auch noch praktisch! (beide lachen) Was gab es damals für<br />
Bräuche? Gab es spezielle Sitten, die bei jeder Hochzeit stattfanden?<br />
12
Johanna:<br />
Wir hatten best<strong>im</strong>mt einige Bräuche die wir <strong>im</strong>mer ausübten, ich erinnere mich allerdings<br />
nicht mehr gut daran. (überlegt…) Aber ein paar sind mir hängen geblieben. Beispielsweise<br />
gab es bei uns um Mitternacht <strong>im</strong>mer das sogenannte „Braut federn“. Die Braut musste sich<br />
ihr Brautkleid ausziehen und in ein normales Kleid schlüpfen. Dabei wurde der Spruch:<br />
„Haubal her, Brautkload her – Jungfrau gwesn und n<strong>im</strong>mer mehr!“ aufgesagt. Zu späterer<br />
Nacht wurde die Braut dann „gestohlen“ und der Bräutigam musste sie suchen. Sobald er sie<br />
gefunden hatte, meist in einem Gasthaus, musste er sie allerdings noch freikaufen und das<br />
war manchmal gar nicht so billig. (lacht) Geld kam bei Hochzeiten prinzipiell oft ins Spiel. Bei<br />
dem sogenannten Ehrentanz zum Bespiel, warf man Münzen auf den Boden und die Braut<br />
musste diese unter ihr Kleid kehren. Wenn das Lied aus war, durfte sie das Geld, welches sie<br />
gesammelte hatte, behalten. Dann erinnere ich mich noch an den alt begehrten „Köchinnen<br />
Scherz“. Die Köchin spielte vor sie habe sich am Herd verbrannt und ging mit einem<br />
Suppenschöpfer durch die Hochzeitsgäste um Geld zu sammeln. Das war <strong>im</strong>mer der lustigste<br />
Teil des Abends für mich. Der letzte Brauch an den ich mich erinnere ist, dass wir <strong>im</strong>mer<br />
Gläser auf den Boden geschmissen haben, da Scherben Glück bringen sollen.<br />
Michelle:<br />
Klingt nach einem spannenden Abend. Langweilig ist euch best<strong>im</strong>mt nicht geworden!<br />
Johanna:<br />
Da hast du Recht mein Kind, langweilig wurde uns bei einer Hochzeit nie.<br />
Michelle:<br />
Fällt dir sonst noch irgendetwas Besonderes zu damaligen Hochzeiten ein?<br />
Johanna:<br />
Leider erinnere ich mich nur noch wenig. Ich glaube, ich habe alles, was mir noch <strong>im</strong><br />
Gedächtnis geblieben ist gesagt. Wenn du möchtest, kann ich dir noch ein paar Fotos zeigen.<br />
Ich habe sie gut aufbewahrt.<br />
Michelle:<br />
Ja bitte, das wäre fantastisch!!<br />
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Bundesoberstufenrealgymnasium Güssing<br />
Schulstraße 17<br />
7540 Güssing<br />
Web: www.borg-gs.at<br />
E-Mail: info@borg-gs.at<br />
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