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PT-Magazi 04 2018

Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

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Globalisierungsfalle<br />

<strong>PT</strong>-MAGAZIN 4/<strong>2018</strong><br />

Ganztagsverdiener, einen Halbtagsverdiener<br />

und zwei Kinder im Alter von<br />

14 bzw. 10 Jahren. Vom Marktergebnis<br />

jedes zusätzlich verdienten Euros bleiben<br />

dieser Familie nach Abzug von Lohnsteuer,<br />

Sozialabgaben und Umsatzsteuer<br />

knapp 40 Prozent. Von diesen 40 Prozent<br />

sind dann Energieabgaben, Tabaksteuer,<br />

Sektsteuer, Hundesteuer und weitere ca.<br />

30 Abgaben oder Steuern zu entrichten.<br />

Das erhöht dann die gut 60 Prozent<br />

Abgaben auf Zuverdienste sehr rasch auf<br />

über 70 Prozent.<br />

Es sei der guten Ordnung wegen<br />

eine wesentliche Bemerkung zur Berechnung<br />

dieser Prozentzahlen angefügt: Die<br />

sogenannten „Arbeitgeberanteile“ sind<br />

darin enthalten. Trägt man das in öffentlichen<br />

Diskussionen vor, so erntet man<br />

Lachen oder wenigstens Unverständnis.<br />

Wie, was haben die Arbeitgeberanteile<br />

mit der Abgabenquote privater Haushalte<br />

zu tun? Diese seien doch Solidarbeiträge<br />

der Arbeitgeber, aber nicht der<br />

Arbeitnehmer! Dass das von Juristen so<br />

gesagt wird, sei entschuldigt; dass das<br />

sogar von manchen Unternehmern eingewandt<br />

wird, erstaunt doch sehr. Ich<br />

aber habe bisher keinen Unternehmer<br />

kennengelernt, der einen Arbeitnehmer<br />

dauerhaft beschäftigt, der seine „Arbeitgeberanteile“<br />

nicht erwirtschaftet. Das<br />

SPD-Mitglied und ehemaliger Vorsitzender<br />

des Sachverständigenrates, Prof. Bert<br />

Rürup, hat einmal in einer Talk-Runde die<br />

Vorstellung von der solidarischen oder<br />

paritätischen Finanzierung der Sozialabgaben<br />

als „Sozialromantik“ bezeichnet.<br />

70 Prozent Abgabenquote<br />

Es sei also festgehalten: Arbeitgeberbeiträge<br />

sind Lohn des Arbeitnehmers, den<br />

der Arbeitgeber rechtlich gezwungen<br />

einbehält und unter seinem Namen in<br />

die Sozialkassen einzahlt. Die Abgabenquote<br />

auf Zusatzverdienste besagten<br />

Durchschnittshaushaltes beträgt über<br />

70 Prozent. Jeder billig und gerecht denkende<br />

Mensch müsste also sagen: ja, von<br />

einem sozialistischem Land, das erst einmal<br />

nimmt, um dann soziale Wohltaten<br />

zu verteilen, sind wir nicht mehr wirklich<br />

kaum noch zu unterscheiden.<br />

© Visual Generation Inc.<br />

Sozialstaatliche Selbstblähungen<br />

Aber, wie gesagt, die Mehrheit aller<br />

Durchschnittsverdiener meint, das wäre<br />

mit Blick auf Hartz IV noch nicht genug.<br />

Das erstaunt, könnte aber daran liegen,<br />

dass erstens der Lohnzettel die Abgaben<br />

wahrheitswidrig drastisch zu niedrig<br />

ausweist und zweitens kaum jemand<br />

Buch darüber führt, was er täglich an<br />

weiteren Steuern und Abgaben leistet.<br />

Der wohlmeinende arbeitende Durchschnittsbürger<br />

leidet offensichtlich an<br />

einer Abgabenillusion. Gleichwohl, es sei<br />

unterstellt, diese Mehrheit weiß wovon<br />

sie spricht und wäre zu weiteren Opfern<br />

bereit. Sollte man dann nicht zustimmen?<br />

Die Antwort ist nein! Der Sozialstaat<br />

bläht sich von innen auf. Er schafft mit<br />

seinen sozialen Wohltaten stets auch<br />

weitere Sozialempfänger, für deren Alimentation<br />

dann Abgaben oder Steuern<br />

erhöht werden müssen usw. usw. Und es<br />

bleibt dabei: Mitarbeiter, die ihre Arbeitgeberbeiträge<br />

nicht erwirtschaften, findet<br />

man bald in der Arbeitslosenstatistik<br />

wieder. Nach einem bis zwei Jahren<br />

werden daraus Hartz IV-Empfänger.<br />

Alle wollen so schnell wie irgend möglich<br />

wieder arbeiten – hören und lesen<br />

wir täglich. Das sollte man auch glauben,<br />

aber nicht uneingeschränkt. Jeder<br />

möchte so schnell wie möglich wieder<br />

arbeiten, aber es sollte sich doch, bitte,<br />

auch lohnen! Und jetzt wird es eng.<br />

„Unmoralische“ Entscheidungen<br />

Mancher muss froh sein, wenn er Arbeit<br />

findet, die ihm wenigstens netto so viel<br />

einbringt, wie er mit Hartz IV ohne Arbeit<br />

eh hatte. Manche stellen sogar fest, dass<br />

sie mit Hartz IV über mehr Geld verfügten<br />

als mit Arbeit. Und weil die meisten<br />

Menschen beim eigenen Geld sich<br />

gerade so verhalten, wie das neoliberale<br />

Ökonomen, herzlos wie sie sind, in ihren<br />

Modellen so abbilden, sagen eben viele<br />

Hartz IV-Empfänger: „Hartz IV und der<br />

Tag gehört dir“ – einmal an einer Wand<br />

im Arbeitsamt Magdeburg zu lesen. ˘<br />

Gesellschaft<br />

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