Impulse 1-2016: Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt schützen
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Kinder und Jugendliche vor
sexualisierter Gewalt schützen
IMPULSE FÜR DIE KINDER- UND JUGENDARBEIT DER NATURFREUNDE
AUSGABE 1/2016
Was tun, wenn Jugendliche auf einer Sportveranstaltung des Verbands andere Jugendliche
oder Kinder sexuell belästigen? Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, damit niemand aus
dem Freizeiten-Team zum Täter oder zur Täterin wird? Wie geht man damit um, wenn Teilnehmer*innen
Signale aussenden, die auf erfahrene sexualisierte Gewalt hindeuten, oder gar
von Übergriffen berichten?
Wer mit Jugendlichen verreist, natursportliche Aktivitäten begleitet oder
Kinder zu Umweltdetektiven ausbildet, muss sich mit diesen Fragen auseinandersetzen.
Wissen und Wachsamkeit sind notwendig, um sexualisierte Gewalt
in Form von Belästigungen, Übergriffen oder Missbrauch zu verhindern.
Diese Handreichung soll dafür einige grundlegende Hinweise geben.
Wer mehrtägige oder regelmäßige Veranstaltungen mit jungen Menschen
organisiert, sollte darüber hinaus auf einer geeigneten Fortbildung lernen,
wie sexualisierte Gewalt am besten verhindert werden kann, und wie im
Notfall richtig zu reagieren ist. Das geschieht am besten im Rahmen einer
Jugendleiter*innen-Ausbildung, wie sie von vielen Landesverbänden der Naturfreundejugend
angeboten wird.
Im Rahmen dieser Veranstaltungen machen sich zukünftige Teamer*innen nicht nur mit der
Gesetzeslage vertraut. Sie werden auch Schritt für Schritt darauf vorbereitet, Kinder und Jugendliche
in ihrer Selbstbestimmung zu stärken und eine Vertrauensbasis zu schaffen, auf der
sexualisierte Gewalt angesprochen und bekämpft werden kann.
KINDER UND JUGENDLICHE SCHÜTZEN 1
Backenküsschen zur Begrüßung) und
Zungenküsse
das Opfer wird aufgefordert, den*die Täter*in
zur sexuellen Erregung zu berühren
Zwang zum Geschlechtsverkehr
Kinderpornographie
Was ist sexualisierte Gewalt?
Man spricht allgemein von sexualisierter
Gewalt, wenn eine Person ihre Machtposition
oder ein Abhängigkeitsverhältnis für
die eigenen Bedürfnisse nach Macht und
sexueller Befriedigung ausnutzt. Dabei geschieht
sexualisierte Gewalt immer gegen
den Willen der Kinder und Jugendlichen. Es
gibt keinen einvernehmlichen Sex zwischen
Erwachsenen und Kindern, auch nicht zwischen
15-Jährigen und 7-Jährigen. Sexualisierte
Gewalt bezieht sich aber nicht nur
auf körperliche Übergriffe sondern kann in
vielen verschiedenen Formen und Abstufungen
auftreten:
Sexualisierte Gewalt ohne Körperkontakt:
Blicke und Äußerungen über den Körper,
Beobachtung zum Beispiel beim Baden
oder Umziehen
Exhibitionismus (Täter*in entblößt sich
beziehungsweise seine *ihre Geschlechtsteile
selbst)
gemeinsames Anschauen von pornographischen
Materialien oder Versenden
von pornographischen Fotos an Kinder
oder Jugendliche
sexualisierte Sprache (zum Beispiel „geiler
Arsch“, „schwuler Wichser“)
sich vor anderen ausziehen müssen
Sexualisierte Gewalt mit Köperkontakt:
unerwünschtes Berühren an intimen
Stellen
sexualisierte Küsse (also nicht nur ein
Eine Vergewaltigung ist dabei die extremste
Form der sexualisierten Gewalt und stellt
eine massive Persönlichkeitsverletzung dar.
Sie löst bei den betroffenen Kindern oder
Jugendlichen immer einen schweren Schock
aus. Die Reaktionen können jedoch sehr unterschiedlich
sein. Einige Hinweise und Signale,
die auf Erfahrungen mit sexualisierter
Gewalt hindeuten können, findet ihr im Abschnitt
„Hinweise und Signale“.
Rechtslage
Der folgende Überblick über die aktuelle
Gesetzeslage hilft euch einzuschätzen, welche
Handlungen in Ordnung sind und wann
ihr als Teamer*innen eingreifen müsst. Was
erlaubt ist und was nicht hängt dabei stark
vom Alter der Kinder und Jugendlichen ab.
Es wird zwischen vier Kategorien unterschieden:
Kinder unter 14:
Jede sexuelle Handlung (oder auch nur der
Versuch) an Kindern unter 14 Jahren ist
strafbar, egal ob das Kind möglicherweise
einverstanden ist. Wenn also zum Beispiel
ein 13-jähriges Mädchen und ein 16-jähriger
Junge sich küssen, macht sich der Junge
theoretisch strafbar. Normalerweise werden
solche Fälle aber nicht zur Anzeige gebracht.
Nicht strafbar sind jedoch sexuelle Betätigungen
von Kindern unter 14 untereinander
(zum Beispiel Doktorspiele). Sie sollten
allerdings nicht aktiv gefördert werden. Nur
falls Verletzungen dabei entstehen, macht
sich die Betreuungsperson strafbar. Die Achtung
des Elternrechts erfordert es jedoch,
vorher die Einwilligung der betreffenden
2
IMPULSE
Eltern einzuholen, zum Beispiel durch eine
Elterneinverständniserklärung oder über die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Veranstalters.
Jugendliche zwischen 14 und 16:
Ab 14 Jahren können Minderjährige grundsätzlich
über ihre Sexualität frei verfügen.
Sie können sich dann aber auch selbst strafbar
machen. Dies kann zum Beispiel der Fall
sein, wenn sie an unter-14-Jährigen sexuelle
Handlungen vornehmen (lassen). Es kommt
zwar in diesem Bereich nur sehr selten zu
Verurteilungen, diese sind aber nicht völlig
auszuschließen.
Jugendliche zwischen 16 und 18:
Grundsätzlich sind einvernehmliche sexuelle
Kontakte von Erwachsenen mit 16- und
17-Jährigen nicht verboten. Allerdings gilt
auf Kinder- und Jugendreisen, dass Zwangslagen
und Abhängigkeiten nicht ausgenutzt
werden dürfen. Ob solch ein Abhängigkeitsverhältnis
zwischen volljährigen Teamer*innen
und 16- oder 17-jährigen Teilnehmer*innen
besteht, hängt vom Einzelfall
ab. Unabhängig von der Gesetzeslage solltet
ihr bedenken, welche Wirkung sexuelle Kontakte
zwischen Teamer*innen und Teilnehmer*innen
auf die Gruppendynamik und Leitungsrolle
haben können!
SEXUELLE HANDLUNGEN MIT SCHUTZBE-
FOHLENEN
Besondere Regeln gelten für euch als Teamer*innen,
denn euch wurden die Jugendlichen
und Kinder als sogenannte Schutzbefohlene
zur Erziehung beziehungsweise
Betreuung anvertraut. Sexuelle Handlungen
zwischen Betreuungspersonen und Jugendlichen
unter 16 Jahren sind strafbar
(§174StGB).
Ihr solltet als Teamer*innen außerdem keine
sexuellen Handlungen an Orten vornehmen,
an denen euch die Kinder oder Jugendlichen
sehen können, sonst könnte es eventuell zu
einer Anzeige wegen „Erregung öffentlichen
Ärgernisses“ (§183a StGB) kommen. Außerdem
solltet ihr immer bedenken, dass ihr als
Teamer*innen natürlich Vorbilder für die Kinder
und Jugendlichen seid.
GEMEINSAMES ÜBERNACHTEN
Falls ihr bei euren Freizeiten die Jungen und
Mädchen unter 16 aus Platzgründen gemeinsam
übernachten lassen wollt, müssen
die Eltern im Vorhinein darüber informiert
werden (§180 StGB).
Erwachsene ab 18:
Für junge Menschen ab 18 Jahren gibt es
keine besonderen gesetzlichen Einschränkungen
in Bezug auf Sexualität. Dennoch
ist es natürlich wichtig, dass sich auch die
über-18-Jährigen an die in einer Gruppe aus
Minder- und Volljährigen gemeinsam vereinbarten
Regeln halten.
Bei gewaltsam begangenen Sexualdelikten
spielt das Alter keinerlei Rolle! Übergriffe
gegen den Willen einer*eines Beteiligten
sind immer strafbar!
KINDER UND JUGENDLICHE SCHÜTZEN
3
SPIELE MIT KÖRPERKONTAKT, SAUNABE-
SUCH, NACKTBADEN
Gruppendynamische Spiele mit Körperkontakt
werden gerade zum Beginn von Freizeiten
gerne eingesetzt, um das Gemeinschaftsgefühl
der Gruppe zu stärken. Als
Teamer*innen müsst ihr dabei Sorge tragen,
dass die persönlichen Grenzen der Kinder
oder Jugendlichen unbedingt gewahrt
bleiben. Die Teilnehmer*innen können ihre
individuellen Grenzen sehr unterschiedlich
empfinden. Deshalb ist es wichtig, zu betonen,
dass niemand mitmachen muss, wenn
ihm der Körperkontakt zu weit geht. Falls im
Spiel Grenzen überschritten werden oder die
Spielsituationen von einzelnen für gezielte
Berührungen ausgenutzt werden, muss dies
unbedingt unterbunden werden.
Besondere Vorsicht gilt, wenn ihr mit eurer
Gruppe in die Sauna gehen wollt oder spontan
eine Gruppe nachts am Strand nackt
baden möchte. Solche Programmpunkte sind
nicht verboten, jedoch steigt bei solchen
Aktionen eure Verantwortung als Aufsichtspersonen,
denn es kann schneller zu sexuellen
Berührungen oder Grenzverletzungen
kommen als bei einer Gesprächsrunde im
Sitzkreis.
Zu bedenken ist außerdem, dass manche
Teilnehmer*innen einen offenen Umgang mit
Nacktheit oder Körperlichkeit nicht gewohnt
sind. Gerade in der Pubertät ist Nacktheit
ein schwieriges Thema für Jugendliche. Deswegen
gilt bei solchen Programmpunkten:
Niemand muss mitmachen! Teamer*innen
dürfen auf keinen Fall Druck zur Nacktheit
ausüben. Sie müssen darauf achten, dass
auch aus der Gruppe heraus kein Druck auf
einzelne Teilnehmer*innen aufgebaut wird.
4
IMPULSE
Signale und Hinweise
Mit diesem Kapitel möchten wir euch helfen,
Situationen besser einschätzen zu können,
da Opfer sehr unterschiedlich auf Erfahrungen
sexualisierter Gewalt reagieren. Jede*r
Betroffene geht anders mit dem Erlebten
um. Viele Opfer trauen sich nicht, über das,
was ihnen angetan wird oder wurde, offen
zu reden. Dabei spielen oft Schamgefühle
oder Angst eine Rolle. Jedoch geben sie doch
oft Signale oder verdeckte Hinweise, die von
außen allerdings meist schwer verständlich
sind.
Anzeichen, die auf ein Erlebnis sexualisierter
Gewalt hinweisen, können Verhaltensänderungen
sein, deren Gründe nicht ersichtlich
sind. So können Betroffene plötzlich verängstigt,
verschlossen, bedrückt oder aggressiv
reagieren. Eventuell lässt sich auch
beobachten, dass er*sie bestimmte Personen,
Situationen oder Orte meidet.
Weitere Hinweise und Signale sind:
verstärktes plötzliches Schamgefühl
andauernde und häufige Unruhe und
Nervosität
unangemessenes sexualisiertes Benehmen
Ablehnung von Duschen oder Waschen
- oder das genaue Gegenteil: übertriebenes
Duschen oder Waschen
Verweigerung von Umziehen, zum Beispiel
beim Baden oder beim Sport
Lustlosigkeit zur Teilnahme an gemeinschaftlichen
Aktivitäten
unangemessene sexualisierte Sprache
abwertende Bemerkungen über Schwule
oder Lesben et cetera
Essstörungen und/oder Hautprobleme
Verletzungen im Genitalbereich
Schlaf- und Wahrnehmungsstörungen
auffällige Schreckhaftigkeit bei körperlicher
Annäherung
Selbstverletzungen
nicht altersgerechtes Verhalten, wie zum
Beispiel Bettnässen
auffälliger Drogen- oder Alkoholkonsum
Beachtet aber bitte, dass diese Verhaltensänderungen
auch ganz andere Gründe haben
können und nicht automatisch mit Erfahrungen
von sexualisierter Gewalt zu tun haben
müssen! So können einige dieser Verhaltensmuster
auch in der Pubertät auftreten. Es
gibt also nicht „DIE“ Hinweise und Signale,
die auf sexualisierte Gewalt hindeuten. Vielmehr
können die oben genannten Beispiele
Indizien sein, die bei euch eine erhöhte Aufmerksamkeit
erzeugen sollten.
Auch Täter*innen können sich aus Versehen
„verraten“. So geben sie alltäglichen Situationen
eine sexualisierte Färbung, erzählen
sexistische „Witze“, machen Bemerkungen
über den Körper von Jungen oder Mädchen
oder isolieren bewusst ein Kind oder eine*n
Jugendliche*n von den anderen. Natürlich
ist nicht jede*r Teamer*in, der*die sexistische
„Witze“ macht oder einzelne Kinder
vorzieht ein*e Täter*in. Aber zu wissen, wie
Täter*innen sich möglicherweise verhalten,
kann helfen, aufmerksam zu sein. So solltet
ihr aufkommendes Misstrauen nicht einfach
übergehen, sondern den*die entsprechende*n
Mitteamer*in dazu auffordern, sich
professioneller und respektvoller gegenüber
den Kindern und Jugendlichen zu verhalten.
KINDER UND JUGENDLICHE SCHÜTZEN
5
Präventionsmaßnahmen
Wer kennt solche Aussagen nicht: „Steig
nicht in ein fremdes Auto ein! Öffne nicht
die Tür, wenn du alleine bist! Geh nicht mit
Personen mit, die du nicht kennst! Prävention
auf Grundlage von Verboten führt oft zu
Vermeidungsverhalten, Verängstigung und
verstärkt die Abhängigkeit von Betreuungspersonen.
Diese mittlerweile „veraltete“ Art
der Prävention sorgt unbewusst dafür, dass
Kinder und Jugendliche unsicher, angepasst
und abhängig werden. Also ideale Opfer darstellen.
Prävention, wie wir sie heute verstehen,
soll dagegen Kinder stärken und sie in
die Lage versetzen, dass sie sexuelle Übergriffe
erkennen, einordnen und sich dagegen
wehren können. Prävention soll keine Angst
machen, denn Angst erzeugt Schwäche,
Angst lähmt. Stattdessen soll sie das Selbstbewusstsein
der Kinder und Jugendlichen
stärken und ihnen Wissen vermitteln, denn
„Wissen ist Macht“.
Als Teamer*innen habt ihr verschiedene
Möglichkeiten, Kinder und Jugendliche für
das Thema „Prävention von sexualisierter
Gewalt“ und den Umgang mit Sexualität
im Allgemeinen zu sensibilisieren. Ihr könnt
dazu einzelne Methoden und Spiele auswählen
oder aber auch ganze Thementage gestalten,
um so einen intensivieren Austausch
zu ermöglichen. Gerade bei einem heikleren
Thema ist es gut, sich mehr Zeit zu nehmen,
um so Vertrauen aufzubauen und den Kindern
und Jugendlichen den Raum zu geben,
sich zu öffnen. Neben Wissensvermittlung
geht es bei diesen Methoden oft auch um
die Stärkung des Selbstbewusstseins und um
die Sensibilisierung für die eigenen Grenzen
und die der Anderen.
Viele Hinweise auf Methoden und
Spiele, die ihr zum Beispiel auf Freizeiten
verwenden könnt, findet ihr
unter www.juleica.de >> Bonus >>
Schwerpunkte >> Sexualisierte Gewalt
>> Materialien
6
IMPULSE
Leitfaden für Teamer*innen
Wenn sich ein Kind oder ein*e Jugendliche*r
dir wegen eines aktuellen Vorgangs anvertraut,
beachte bitte folgenden Leitfaden. Er
soll dir dabei helfen, in Notfallsituationen
angemessen zu handeln.
Der Schutz des Kindes oder der*des Jugendlichen
steht dabei immer an allererster
Stelle!
1. Ruhe bewahren! Bitte keine überstürzten
Aktionen! Das ist sicher nicht einfach, aber
absolut nötig.
2. Das weitere Vorgehen muss gut überlegt
sein. Besprich den Fall in deinem Team bzw.
wende dich an die Vertrauensperson auf
Bundes- oder Landesebene. Hole dir gegebenenfalls
Rat von Fachleuten in Beratungsstellen.
3. Glaube dem Kind oder der*dem Jugendlichen,
wenn sie*er dir von sexuellen Übergriffen
erzählt. Versichere ihm*ihr, dass sie*er
keine Schuld an dem Geschehen hat. Signalisiere,
dass sie*er über das Erlebte sprechen
darf, aber dränge nicht und frage sie*ihn
nicht aus. Versuche einfach nur zuzuhören
und Anteilnahme zu zeigen.
4. Wenn ein Kind oder ein*e Jugendliche*r
dir von einer verletzenden Bemerkung berichtet,
dann sage nicht „Ist doch nicht so
schlimm“ oder „Vielleicht hat er es ja nicht
so gemeint“, sondern nimm es ernst und
höre zu, auch wenn dich persönlich eine solche
Bemerkung nicht verletzt hätte. Kinder
und Jugendliche, die sich jemandem anvertrauen,
erzählen häufig zunächst nur einen
kleinen Teil dessen, was ihnen geschehen ist.
5. Mache nur Angebote, die erfüllbar sind.
Mache keine Zusagen, die du nicht einhalten
kannst (zum Beispiel niemandem von dem
Vorfall zu erzählen).
6. Unternimm nichts über den Kopf der Betroffenen
hinweg, sondern beziehe sie*ihn
alters angemessen in die Entscheidungen mit
ein.
7. Stelle sicher, dass das betroffene Kind
oder der* die Jugendliche sich durch die Folgemaßnahmen
nicht ausgegrenzt oder bestraft
fühlt.
8. Keine voreilige Information bzw. Konfrontation
des*der Täter*in! Bitte wende dich an
eine Fachstelle oder Vertrauensperson! Es besteht
die Gefahr, dass der*die Betroffene vom
Täter*in zusätzlich unter Druck gesetzt wird.
9. Behandle das, was dir erzählt wurde, vertraulich.
Aber teile dem*der Betroffenen mit,
dass du dir selbst Hilfe und Unterstützung
holen wirst.
10. Protokolliere nach dem Gespräch Aussagen
und Situation.
11. Überlege dir, zusammen mit der betroffenen
Person und eingeweihten Personen,
gut, ob ihr euch an die Polizei wendet. Polizist*innen
unterliegen dem so genannten
„Strafverfolgungszwang“, das heißt, die
Polizei muss dann eine Anzeige anfertigen,
auch gegen den Willen und ohne das Wissen
der*des Betroffenen!
Falls sich die betroffene Person für eine Anzeige
entscheidet, ist es wichtig:
sich nicht zu duschen oder zu waschen.
jede andere Spur, die sie*ihn an die Tat
erinnert erst einmal nicht zu vernichten.
eine zeitnahe ärztliche Untersuchung
(maximal zwölf Stunden nach der Tat),
auch zur Sicherung von Spuren, durchzuführen.
(In Anlehnung an: „Merkblatt für Freizeiten“,
Bayerischer Jugendring, 2006)
KINDER UND JUGENDLICHE SCHÜTZEN
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Verhaltenskodex für Teamer*innen
Wir, als die Naturfreundejugend Deutschlands,
verurteilen sexualisierte Gewalt in allen
Formen und versuchen diese bestmöglich
vorzubeugen, um so Teilnehmer*innen und
Teamer*innen zu schützen. Ein Mittel dazu
ist die verbindliche Selbstverpflichtung folgenden
Verhaltenskodex einzuhalten:
Ich werde alles mir Machbare tun, um
die mir anvertrauten Kinder und Jugendlichen
vor körperlichem und seelischem
Schaden, vor Missbrauch und Gewalt zu
schützen.
Ich unterstütze die Kinder und Jugendlichen
darin, traditionelle Rollenerwartungen
kritisch zu reflektieren,
Selbstbewusstsein und die Fähigkeit zur
Selbstbehauptung zu entwickeln.
Ich wirke Diskriminierung von „Anderssein“
aktiv entgegen und unterstütze
die kritische Auseinandersetzung mit
dem Begriff „Normalität“.
Ich respektiere die individuellen Grenzen
der Kinder und Jugendlichen. Dies
bezieht sich insbesondere auf die Intimsphäre
und persönlichen Grenzen
junger Menschen. Denn jede*r hat das
Recht „Nein“ zu sagen.
Ich bin sensibel gegenüber sexistischem,
diskriminierendem und gewalttätigem
verbalem oder nonverbalem Verhalten.
Ich versuche alles mir mögliche zu tun,
um dieses Verhalten zu unterbinden.
Ich gestalte die Beziehung zu Kindern
und Jugendlichen transparent und gehe
verantwortungsbewusst mit Nähe und
Distanz um.
Ich achte die Persönlichkeit und Würde
von Kindern und Jugendlichen.
Ich nutze meine Funktion und Rolle in
der Kinder- und Jugendarbeit nicht für
sexuelle Kontakte zu mir anvertrauten
jungen Menschen. Jede sexuelle Handlung
mit Schutzbefohlenen ist eine
strafbare Handlung mit entsprechenden
disziplinarischen und strafrechtlichen
Folgen.
Ich bemühe mich, jede Form persönlicher
Grenzverletzung auch bei anderen
bewusst wahr zu nehmen und spreche
diese Situationen offen an.
Bei Bedarf hole ich mir Unterstützung.
Im Konfliktfall wende ich mich an die
Verantwortlichen auf der Landes- oder
Bundesebene. Der Schutz der Kinder und
Jugendlichen steht dabei an erster Stelle.
(In Anlehnung an:
„Verhaltenskodex zur Prävention sexualisierter Gewalt“,
Kreisjugendring München-Land, 2007)
IMPRESSUM
Herausgeber: Naturfreundejugend Deutschlands,
Warschauer Str. 59a, 10243 Berlin
www.naturfreundejugend.de
Redaktion: Sara Fromm, Tobias Thiele (V.i.S.d.P.)
Layout: Nicole Jaecke (fija.de)
Fotos: photocase.de: nailiaschwarz (1), riskiers (1),
Nanduu (2), time. (4), Armin Staudt-Berlin (6, 8)
Die „Impulse“ sind erhältlich über
www.naturfreundejugend.de/impulse
Gefördert vom Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend.
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IMPULSE