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Hochwasser 1809 - Hochwasserplattform

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<strong>Hochwasser</strong><br />

in der Düffel<br />

Natürliche, unnatürliche, geplant-gewollte<br />

Überflutungen des Düffel- und des Ooijpolders<br />

von Kleve bis Nijmegen<br />

Herausgegeben von der<br />

Überparteilichen Bürgerinitiative gegen die Überflutung der Düffel<br />

und angrenzende Gebiete e.V.


<strong>Hochwasser</strong><br />

in der Düffel<br />

Natürliche, unnatürliche, geplant-gewollte<br />

Überflutungen des Düffel- und des Ooijpolders<br />

von Kleve bis Nijmegen<br />

Herausgegeben von der<br />

Überparteilichen Bürgerinitiative gegen die Überflutung der Düffel<br />

und angrenzende Gebiete e.V.<br />

Kleve 2008


Die Auenlandschaft De Gelderse Poort


Inhalt<br />

Vorwort 4<br />

Zur Einführung 6<br />

Die Düffel 9<br />

<strong>Hochwasser</strong> <strong>1809</strong> 17<br />

<strong>Hochwasser</strong> 1855 21<br />

<strong>Hochwasser</strong> 1861 25<br />

<strong>Hochwasser</strong> 1926 27<br />

Kriegshochwasser 1945 33<br />

<strong>Hochwasser</strong> 1995 45<br />

<strong>Hochwasser</strong> heute 55<br />

Die Bürgerinitiativen 63<br />

Fachbegriffe des Deichwesens 70<br />

Abbildungen 73


4<br />

Vorwort<br />

Liebe Mitbürger,<br />

vor Ihnen liegt eine Broschüre, in der die<br />

Bürgerinitiative gegen die Überflutung der<br />

Düffel die Geschichte der <strong>Hochwasser</strong>katastrophen<br />

in der Düffel und den angrenzenden<br />

Gebieten in den vergangenen Jahrhunderten<br />

darstellt. Sie enthält weiterhin<br />

eine Übersicht und Aufzeichnung der Aufgaben,<br />

die zur Zeit noch bestehen, um unsere<br />

Heimat vor <strong>Hochwasser</strong>schäden optimal<br />

zu schützen. Wenn auch schon manches<br />

erreicht ist, so bleibt doch noch viel<br />

zu tun, um die Düffel und die angrenzenden<br />

Gebiete so gut wie möglich gegen die<br />

Folgen von <strong>Hochwasser</strong> zu schützen.<br />

Obwohl nach dem <strong>Hochwasser</strong> des Jahres<br />

1995 am Niederrhein bisher keine neuen<br />

spektakulären <strong>Hochwasser</strong>situationen aufgetreten<br />

sind, so haben uns die <strong>Hochwasser</strong>katastrophen<br />

an Elbe und Oder und an<br />

vielen anderen Flüssen im In- und Ausland<br />

vor Augen geführt, dass das Risiko von<br />

<strong>Hochwasser</strong>überschwemmungen am Niederrhein<br />

und den damit verbundenen Schäden<br />

dennoch für die Zukunft nicht völlig<br />

ausgeschlossen werden kann. Durch entsprechende<br />

Sicherungsmaßnahmen kann<br />

dieses Risiko jedoch weitgehend eingeschränkt<br />

werden.<br />

Die Bürgerinitiative wurde seinerzeit gegründet,<br />

als nicht auszuschließen war, dass<br />

das Gebiet der Düffel und des niederländischen<br />

Ooijpolders durch die Landesregierung<br />

in Düsseldorf bzw. durch die Regierung<br />

in Den Haag als Retentionsräume<br />

ausgewiesen werden sollte, die bei extremer<br />

Überschwemmungsgefahr durch<br />

<strong>Hochwasser</strong> planmäßig geflutet werden<br />

sollten. Nachdem sich die niederländische<br />

Regierung anstelle der planmäßigen Flutung<br />

des Ooijpolders für das Projekt<br />

„Raum für den Fluss“ (verbesserte Abflussmöglichkeiten<br />

bei <strong>Hochwasser</strong>) entschieden<br />

hatte, wurden die Pläne einer Flutung<br />

der Düffel bei extremem <strong>Hochwasser</strong><br />

auch auf deutscher Seite zunächst auf unbestimmte<br />

Zeit zurückgestellt.<br />

Die Bürgerinitiative sieht nunmehr ihre<br />

Aufgabe, darauf hinzuwirken, dass der<br />

<strong>Hochwasser</strong>schutz in der Düffel und den<br />

angrenzenden Gebieten so effektiv wie<br />

möglich gestaltet wird. Sie unterhält zu<br />

allen entsprechenden Behörden und Instan-


zen Beziehungen, sowohl auf deutscher als<br />

auch auf niederländischer Seite. Ein besonderes<br />

Anliegen der Initiative ist die grenzüberschreitende<br />

Zusammenarbeit zwischen<br />

Deutschland und den Niederlanden. Den<br />

<strong>Hochwasser</strong>schutz sieht die Bürgerinitiative<br />

auch als eine gesamteuropäische Aufgabe.<br />

Überregionale Untersuchungen und<br />

Forschungen sind gerade im Hinblick auf<br />

mögliche Klimaveränderungen und deren<br />

Folgen erforderlich. Eine Abstimmung und<br />

Koordinierung zwischen <strong>Hochwasser</strong>schutz<br />

und Katastrophenschutz gehört<br />

ebenfalls zu den Anliegen der Initiative.<br />

Wir hoffen, dass wir mit dieser Dokumentation<br />

über die <strong>Hochwasser</strong>situationen in<br />

der Vergangenheit und der Simulation<br />

möglicher <strong>Hochwasser</strong> in heutiger Zeit einen<br />

Beitrag geleistet haben, der Ihnen die<br />

bestehenden Risiken von <strong>Hochwasser</strong> und<br />

seinen Folgen vor Augen führt. Zugleich<br />

soll dieser Beitrag aber auch Ihr Interesse<br />

für die Arbeit der Bürgerinitiative wecken,<br />

indem er aufzeigt, was alles noch getan<br />

werden kann und getan werden muss, um<br />

diese Gefahren auf ein Minimum zu beschränken.<br />

Bei dieser Gelegenheit danken wir allen<br />

Mitgliedern der Bürgerinitiative für die<br />

Treue und Unterstützung sowie für das<br />

Wohlwollen und Verständnis für die gemeinsamen<br />

Ziele. Wir hoffen, dass wir<br />

durch diese Publikation allen Mitgliedern<br />

und interessierten Lesern die Arbeit und<br />

die Ziele der Bürgerinitiative noch näher<br />

bringen können.<br />

Der Vorstand der Bürgerinitiative<br />

gegen die Überflutung der Düffel<br />

und angrenzende Gebiete e.V.<br />

5


6<br />

Zur Einführung<br />

Fast jedes <strong>Hochwasser</strong>ereignis wird in Deutschland dokumentiert und verlegt. Insbesondere waren des<br />

die Rheinhochwasser 1993 und 1995, aber auch das Oderhochwasser 1997 und das Elbehochwasser<br />

2002.<br />

Leid und unübersehbare Schäden springen ebenso ins Auge wie spektakuläre Rettungsaktionen.<br />

Das Anliegen der Bürgerinitiative gegen die Flutung der Düffel und angrenzende Gebiete ist ein<br />

anderes! Die Initiative wendet sich gegen die „gezielte Flutung“ des Naturraums Düffel bzw. Düffelt<br />

zum Zwecke einer <strong>Hochwasser</strong>scheitelabsenkung. Im Jahr 2005, also 60 Jahre nach Ende des Zweiten<br />

Weltkriegs, stellt sich die Frage: Ist eine „gezielte Flutung“ der Düffel vergleichbar mit den<br />

militärischen, taktischen Deichsprengungen von 1945 und dem Fluten der gesamten Niederung von<br />

Xanten bis Nijmegen?<br />

Diese Frage muss gestellt werden, weil aus dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft<br />

und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen ein größerer <strong>Hochwasser</strong>retentionsraum,<br />

sei es in Kalkar-Bylerward oder in der Klever Düffelniederung gefordert wurde, da in den<br />

Niederlanden für die Duffelt von der Landesgrenze bis Nijmegen ein Notüberlaufgebiet angedacht<br />

wurde.<br />

Wie war es denn 1945 nach den Deichsprengungen durch die deutsche Wehrmacht? Im Buch „Niederrheinisches<br />

Land im Krieg“ gibt es eindrucksvolle Bilder aus dem Kranenburger Gebiet. Für Kleve<br />

fehlen derartige Dokumente. Es wird jedoch berichtet, dass das <strong>Hochwasser</strong> in Kleve bis an die<br />

Kavarinerstraße reichte. Der <strong>Hochwasser</strong>scheitel lag dabei noch ca. 1,00 m unter dem des Jahres 1926,<br />

der am Pegel Emmerich auch 1995 erreicht wurde.<br />

Der Wasserstand vom Februar 1945 wurde rekonstruiert und mit der heutigen Bebauung in Brienen,<br />

Wardhausen, Donsbrüggen und Kleve verschnitten; das heißt die Ortschaften wurden bildmäßig eingestaut.<br />

Erschreckend, welche Wasserwüste 1945 ertragen wurde bzw. bei einem Deichbruch zu ertragen<br />

wäre!<br />

1945 war die Deichzerstörung gewollt, um den Alliierten den Vormarsch zu erschweren. In der Vergangenheit,<br />

so <strong>1809</strong>, 1855, und 1861 brach der Bann deich unter dem Druck der Eismassen. 1926 lief<br />

die niederländische Duffelt von Nijmegen aus bis zum Querdamm ein. Der damals intakte Querdamm<br />

hielt, wurde jedoch überspült. Die deutsche Düffel wurde nur leicht eingestaut, jedoch nicht geflutet!


Seit fast 150 Jahren leben wir am unteren linken Niederrhein relativ sicher und gut geschützt vor den<br />

Fluten des Rheins. Trotzdem entwickelte die Oberdeichinspektion beim Staatlichen Umweltamt in<br />

Krefeld nach den <strong>Hochwasser</strong>ereignissen 1988, 1993 und 1995 den „Generalplan <strong>Hochwasser</strong>schutz“<br />

mit einem umfangreichen Deichsanierungsprogramm.<br />

Im neuen Jahrhundert folgte eine Flut von „Gesetzen“ zur Verbesserung des <strong>Hochwasser</strong>schutzes an<br />

allen Hauptflüssen der Europäischen Gemeinschaft. Allen Gesetzen und Vorschriften ist gemeinsam:<br />

� den technischen <strong>Hochwasser</strong>schutz auf den „Stand der Technik“ zu bringen, d.h. alle Deiche zu<br />

untersuchen und ggf. abzutragen und neu aufzubauen;<br />

� <strong>Hochwasser</strong>rückhaltung im Entstehungsbereich und am Rheinstrom zu betreiben, d.h. Retentionsräume,<br />

Flutpolder, Taschenpolder oder Notfallgebiete zu sichern und zu bauen.<br />

Diese Publikation soll dazu beitragen, ein <strong>Hochwasser</strong>verständnis zu erzeugen und Risiken fassbar<br />

darzulegen. Es soll keineswegs die Gewalt eines <strong>Hochwasser</strong>s verharmlosen, andererseits es auch<br />

nicht hektisch überbewerten.<br />

Retentionsraumideen werden auch nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Es soll aber auch deutlich<br />

werden, dass die Naturräume Bylerward und Düffel einen hohen Wert für die Landwirtschaft und die<br />

Siedlungstätigkeit haben und nicht einfach zu Planspielen „blau eingefärbt und für den <strong>Hochwasser</strong>schutz<br />

reserviert“ werden dürfen. Besonders deshalb nicht, weil<br />

� die Deichsanierungsmaßnahmen am Niederrhein noch nicht abgeschlossen sind;<br />

� die möglichen Retentionsräume noch nicht hergestellt sind, und<br />

� die kostengünstigeren Maßnahmen, Raum für den Rhein zu schaffen, zwar bekannt sind, aber nur<br />

auf niederländischer Seite umgesetzt werden.<br />

Kleve, im Mai 2008 Horst Terfehr<br />

7


8<br />

<strong>Hochwasser</strong> am Deich von Ooij, 1995<br />

Der Friedhof von Ooij beim <strong>Hochwasser</strong> 1926


Die Düffel<br />

9


10<br />

Naturräumlicher Aufbau der Düffel


Der Naturraum<br />

Für die Gestaltung der naturgeographischen<br />

Strukturen des Flussgebietes zwischen Nimwegen<br />

und Kleve sind die Veränderungen des<br />

Laufes des Rheins von größter Bedeutung gewesen.<br />

Bereits vor einer Million Jahren, zu Beginn der<br />

Glazialperioden, floss der Fluss durch dieses<br />

Gebiet. Während der vorletzten Eiszeit, etwa<br />

vor 150.000 Jahren, dehnte sich das Polareis<br />

vom Norden bis in unsere Regionen aus. Eine<br />

dieser Eiszungen reichte bis nach Kranenburg<br />

und bedeckte den heutigen Ooijpolder und die<br />

Düffel. Die Eismassen hatten zuvor die in<br />

mehreren hunderttausend Jahren durch den<br />

Rhein abgelagerten Sand- und Kiesmengen vor<br />

sich hergeschoben und diese Massen schließlich<br />

mehrere Meter hoch aufgestaut. So entstand<br />

ein Gürtel von Stauchmoränen, darunter<br />

diejenige, die sich zwischen Nimwegen und<br />

Kleve erstreckt.<br />

In der letzten Glazialperiode, vor 100.000 bis<br />

10.000 Jahren, drang das Eis nicht bis in unser<br />

Gebiet vor, trotzdem herrschte hier ein Polarklima,<br />

so dass große Teile der Erdoberfläche<br />

ohne Pflanzenbewuchs blieben und durch<br />

Sand- und Schneestürme große Sandmassen in<br />

Bewegung gesetzt wurden. Der Rhein hatte<br />

damals nicht nur ein einziges Flussbett, sondern<br />

floss durch ein kilometerbreites Gebiet in<br />

zahlreichen kleinen Flüssen und Bächen, die<br />

sich teilten und wieder vereinigten, immer<br />

wieder das Bett wechselnd. Wegen des tiefliegenden<br />

Meeresspiegels hatte der Fluss ein<br />

großes Gefälle und floss mit hoher Geschwindigkeit.<br />

Dadurch konnte er sogar im östlichen<br />

Teil der Betuwe die Stauchmoräne durchbrechen.<br />

So entstanden die Steilhänge zwischen<br />

Nimwegen und Wyler sowie zwischen Donsbrüggen<br />

und Kleve. In diesem breiten Flussgebiet<br />

lagerte der Rhein dicke Schichten von<br />

Kies und grobkörnigem Sand ab.<br />

Am Ende der letzten Glazialperiode vor etwa<br />

15.000 Jahren, als das Klima wärmer wurde<br />

und die Vegetation zunahm, stieg durch die<br />

einsetzende Eisschmelze der Meeresspiegel,<br />

und die Strömungsgeschwindigkeit des Flusses<br />

sank entsprechend. Die Masse abgelagerten<br />

Materials nahm ab, es wurde feinkörniger und<br />

setzte sich dann vor allem in Form von Ton ab,<br />

der stark verwittert und wasserundurchlässig<br />

war. Diese jetzt „alte“ Flusstonschicht tritt<br />

heute in der Nähe von Mehr noch an die Oberfläche.<br />

Während einer danach einsetzenden<br />

Kältezeitperiode wurde mit den vorherrschenden<br />

Südwestwinden Sand von den benachbarten<br />

vegetationslosen Stauchmoränen auf diese<br />

Schichten geweht. Daraus bildeten sich langgestreckte<br />

Flugsandrücken oder Flussdünen, die<br />

sich noch heute an einigen Stellen im Gebiet<br />

von Persingen und Zyfflich aus den später abgelagerten<br />

Tonschichten herausheben.<br />

Auf dem Untergrund, der sich aus den grobkörnigen<br />

Rheinablagerungen, den alten Flusstonschichten<br />

und den Flugsandschichten zusammensetzt,<br />

wurden während der letzten<br />

Jahrtausende erneut Tonschichten abgelagert.<br />

Der größte Teil des Niederungsgebietes zwischen<br />

Nimwegen und Kleve ist mit diesem<br />

Flusslehm bedeckt. Die Lehmablagerungen<br />

haben eine Landschaft mit Erhebungen und<br />

Vertiefungen entstehen lassen, deren Höhenunterschiede<br />

meist nur Bruchteile von Metern<br />

betragen. Diese flachen Rücken entstanden<br />

durch die jährlich wiederkehrenden Überflutungen,<br />

die mitgeführten sandigen und grobkörnigen<br />

Tonbestandteile setzten sich beiderseits<br />

des Flussbetts gleich neben dem Strom<br />

ab, was zur Bildung flacher sogenannter Uferwälle<br />

führte. Immer wenn der Rhein sein<br />

Strombett änderte, und das passierte im Laufe<br />

der Zeit vielfach, wiederholte sich dieser Prozess<br />

mit dem Effekt, dass ständig neue Uferwälle<br />

aufgebaut wurden. In den verlassenen<br />

alten Flussbetten kam das Wasser nur mit geringerer<br />

Geschwindigkeit an, deshalb wurden<br />

hier feinkörnige Tonschichten abgelagert. Ein<br />

auf diese Weise aufgefülltes Strombett bildete<br />

zusammen mit den Uferwällen einen sogenannten<br />

Stromrücken.<br />

Die oft mit dem niederländischen Wort<br />

„kommen“ oder „komgronden“ bezeichneten<br />

niedrigeren Auenlehmgebiete liegen in größerer<br />

Entfernung vom Fluss und sind an allen<br />

Seiten von Stromrücken und Uferwällen umgeben.<br />

Vor Anfang des Deichbaus liefen diese „Kommen“<br />

in jedem Winter langsam voll Wasser,<br />

das hier zur Ruhe kam. Deshalb konnten sich<br />

hier auch die feinsten Bodenmaterialien absetzen.<br />

Das Ergebnis ist, dass die Böden dieser<br />

11


12<br />

„Kommen“ heute aus schweren Tonschichten<br />

bestehen. Auf weiter landeinwärts gelegenem<br />

Gebiet bildete sich darauf sogar Moor, wie<br />

beispielsweise im Kranenburger Bruch.<br />

Natürliche Entwässerung<br />

Zur natürlichen Entwässerung der Flussebene<br />

bildeten sich in früherer Zeit viele kleine<br />

Wasserläufe. Sie transportierten nicht nur das<br />

Regenwasser, sondern auch das Überschwemmungswasser<br />

der Flüsse und das Wasser aus<br />

den Stauchmoränen ab. Ein Beispiel ist der<br />

Groesbeek, der in der Nähe des später entstandenen<br />

Kranenburg in die Ebene trat. Auch<br />

traten große Mengen Drängewasser aus den<br />

Stauchmoränen in die Ebene, wie zum Beispiel<br />

in der Nähe des ehemaligen Pensionats „Notre<br />

Dâme des Anges“ in Ubbergen.<br />

Es gab zwei natürliche Entwässerungssysteme<br />

in der Niederung zwischen Kleve und Nimwegen.<br />

Das nördliche mündete etwas unterhalb<br />

von Leuth, das südliche, eine Entwässerungsrinne<br />

entlang der Stauchmoräne, die Aa, die<br />

später das „Meertje“ hieß, etwas oberhalb von<br />

Nimwegen in die Waal.<br />

Flussbettverlagerungen<br />

Die sich vielfach verändernden Flussläufe<br />

richteten regelmäßig Schäden im Flussgebiet<br />

an. In der Nähe von Erlecom grub sich der<br />

Fluss bis ins Mittelalter eine Bucht, die sich<br />

immer tiefer landeinwärts ausdehnte. Vermutlich<br />

Ende des 15. Jahrhunderts jedoch nahm<br />

die Waal ihren Weg zwischen Gendt und<br />

Erlecom, wodurch diese Bucht abgeschnitten<br />

wurde. Die Folge war, dass Erlecom von der<br />

Nord- auf die Südseite des Flusslaufs geriet.<br />

Das alte Strombett ist als „ooijse Graaf“ bis<br />

zum heutigen Tag erhalten geblieben.<br />

Eine weitere Stromverlagerung ereignete sich<br />

in der Nähe des Dorfes Ooij. Im 17. Jahrhundert<br />

beschrieb die Waal an dieser Stelle eine<br />

breite Kurve, die eine Bedrohung für die<br />

Deiche der nördlich gelegenen Overbetuwe<br />

darstellte. 1649 kaufte der Deichvorstand der<br />

Overbetuwe dem Herrn von Ooij einen Teil<br />

seines Deichvorlandes ab. Anschließend wurde<br />

im Auftrag der Overbetuwe ein neues Flussbett<br />

gegraben, wodurch die große Waalkurve abgeschnitten<br />

wurde.<br />

Eine weitere Stromverlagerung fand im 18.<br />

Jahrhundert östlich von Bimmen statt. Seit<br />

1711 hatte der Fluss seinen Lauf nördlich von<br />

Schenkenschanz genommen, was eine unmittelbare<br />

Bedrohung der Deiche in der Düffel bedeutete.<br />

Diese Deiche hielten dem Druck nicht<br />

stand und mussten zurückverlegt werden. Das<br />

Schloss Bijlandt, auch Haelt genannt, verschwand<br />

in den Fluten. Ab 1750 bildete sich<br />

bei Bimmen wieder eine weite Kurve, die auf<br />

die Dauer die Zerstörung des gegenüberliegenden<br />

Dorfes Herwen zur Folge hatte. Um diese<br />

Bucht bezwingen zu können, wurde 1776 der<br />

Bijlandtsche Kanal gegraben, der noch heute<br />

existiert.<br />

Überschwemmungen<br />

Im 14. Jahrhundert wurde der Deichbau in der<br />

Düffel und im Ooijpolder abgeschlossen. Damit<br />

war allerdings der Schutz der dahinterliegenden<br />

Ländereien gegen <strong>Hochwasser</strong> und<br />

Überflutungen noch nicht endgültig gewährleistet.<br />

Im Gegenteil: Wenn die Deiche brachen,<br />

waren die Folgen von Flusshochwasser umso<br />

verheerender.<br />

Flussüberschwemmungen waren große Katastrophen,<br />

auch wenn sie nicht so gewaltig waren<br />

wie die Sturmflut im Südwesten der Niederlande<br />

im Jahr 1953, bei der mehr als 1800<br />

Menschen ums Leben kamen. Die Zahl der<br />

Opfer bei Flussüberschwemmungen lag zwischen<br />

zwei und etwa dreißig, war also verhält-


nismäßig niedrig. Allerdings bedeuteten solche<br />

Katastrophen, selbst wenn sie keine Todesopfer<br />

forderten, einen tiefen Eingriff in das<br />

Leben der Betroffenen. Jede Überschwemmung<br />

brachte Leid, Entbehrungen, Zerstörungen<br />

und Schäden mit sich.<br />

Die Schäden waren meistens sehr erheblich<br />

und vielfältig: Häuser und Scheunen waren<br />

zerstört oder beschädigt, fruchtbare Böden mit<br />

Schwemmsandablagerungen bedeckt. Die Verluste<br />

betrafen alle Bereiche: Vieh, Wintervorräte,<br />

Heu, Stroh, Hausrat, Werkzeuge, Säh-<br />

und Pflanzgut, es gab Einkommensausfälle<br />

wegen <strong>Hochwasser</strong>schäden usw. Nicht nur die<br />

unmittelbar nach der Katastrophe folgende<br />

Notlage und die damit verbundenen Belastungen<br />

waren gravierend, auch danach ging es nur<br />

mühsam aufwärts, weil man sich für die notwendigsten<br />

Reparaturarbeiten tief verschulden<br />

musste. Kleinbauern, die keine Reserven hatten,<br />

um solche Schicksalsschläge aufzufangen,<br />

balancierten nach jeder <strong>Hochwasser</strong>katastrophe<br />

am Rande ihrer Existenz. Außerdem<br />

machte das Risiko eines neuen <strong>Hochwasser</strong>s<br />

das Leben der Menschen besonders unsicher.<br />

Ob es im nächsten Winter erneut Deichbrüche<br />

geben und wie hoch das Überschwemmungswasser<br />

diesmal steigen würde, war nie vorauszusehen.<br />

Damit war nicht gesagt, dass die Bevölkerung<br />

hier größere Sorgen hatte als in anderen<br />

Landesteilen, dort jedoch hatte man<br />

wieder andere Sorgen.<br />

Ursachen der<br />

Überschwemmungen<br />

Überschwemmungen waren immer die Folgen<br />

von <strong>Hochwasser</strong> auf den Flüssen. <strong>Hochwasser</strong><br />

auf Rhein und Waal konnte dreierlei Ursachen<br />

haben. An erster Stelle konnte und kann es<br />

durch längere heftige Regenfälle im Stromgebiet<br />

des Rheins und seiner Nebenflüsse ausgelöst<br />

werden. Die meisten der Nebenflüsse entspringen<br />

in den deutschen Mittelgebirgen, die<br />

überwiegend nur mit dünnen Bodenschichten<br />

bedeckt sind. Bei großen Niederschlags-<br />

mengen sind diese schnell mit Wasser gesättigt,<br />

und dann fließt der gesamte Niederschlag<br />

in die Flüsse ab. Wenn nun die hohen Wasserstände<br />

vieler Nebenflüsse nach der Mündung<br />

in den Rhein zusammentreffen, dann kann das<br />

Wasser des Niederrheins besonders hoch ansteigen.<br />

Eine zweite Ursache für <strong>Hochwasser</strong>, die insbesondere<br />

in der Vergangenheit häufig auftrat,<br />

war die Bildung von Eisdämmen. Heute passiert<br />

dies wegen der intensiven Schiffahrt nach<br />

der Erwärmung durch Kühlwassereinleitung<br />

nur noch selten, früher jedoch froren die Flüsse<br />

in strengen Wintern regelmäßig zu, auch bedingt<br />

dadurch, dass die Qualität des Flussbettes<br />

bis in das 19. Jahrhundert viel zu wünschen<br />

übrig ließ. Das Sommerbett war noch keine<br />

durchgehende Fahrrinne wie heute. Bei <strong>Hochwasser</strong>n<br />

wurde der Abfluss des Wassers durch<br />

Untiefen, Sand und Kiesbänke mitten im Fluss<br />

oder durch lange Kribben, die von den Anliegern<br />

gebaut worden waren, behindert. Wenn<br />

stromaufwärts in Deutschland das Tauwetter<br />

bereits begonnen hatte, aber in den Niederlanden<br />

der Fluss noch mit Festeis bedeckt war,<br />

bildeten sich an diesen Stellen die ersten Eisdämme<br />

und Eisstaus. Die Abfuhr von Wasser-<br />

und Eismassen über das Winterbett wurde<br />

ebenfalls von Engpässen behindert, die durch<br />

eng aufeinanderfolgende Banndeiche oder<br />

übermäßig erhöhte Sommerdeiche entstanden<br />

waren. Mit solchen Baumaßnahmen wollte<br />

man das Deichvorland möglichst lange gegen<br />

<strong>Hochwasser</strong> schützen, weil inzwischen diese<br />

Ländereien nicht nur als Wiesen oder Weiden,<br />

sondern auch für den Anbau von Schilfrohr<br />

und Gehölzen genutzt wurden. Diese Stellen<br />

bildeten sodann ein zusätzliches Hindernis für<br />

die zügige Abfuhr von Wasser und Eis. Eisdämme<br />

konnten oft einen solchen Umfang<br />

erreichen, dass sie von Deich zu Deich reichten<br />

und die Deichkrone weit überragten. Hinzu<br />

kam, dass die Flüsse während der Tauperioden<br />

viel Wasser führten, da in der Regel dann viel<br />

Regen fiel und die dicken Schneeschichten der<br />

deutschen Mittelgebirge wegschmolzen. Die<br />

großen Wassermengen wurden hinter den Eisdämmen<br />

aufgestaut, so dass die Deiche überflutet<br />

wurden und brachen.<br />

Ein dritter Grund für das Auftreten von<br />

<strong>Hochwasser</strong>n und Deichbrüchen, der früher<br />

insbesondere in dem Gebiet zwischen Kleve<br />

13


14<br />

und Nimwegen von Belang war, lag in der<br />

stark wechselnden Wasserverteilung zwischen<br />

den Rheinarmen. Die zahlreichen Deichbrüche<br />

im 17., 18. und 19. Jahrhundert hatten hier ihre<br />

Ursache.<br />

Bis 1690, als der Rhein sich noch bei Schenkenschanz<br />

in Waal und Niederrhein (ndl. „Nederrijn“)<br />

teilte, führte die Waal neunzig Prozent<br />

des vom oberen Flusslauf kommenden<br />

Rheinwassers, weil die obere Mündung des<br />

Nederrijn fast vollständig versandet war. Mit<br />

dem Bau des „Pannerdensch Kanaal“ im Jahr<br />

1707 und des „Bijlandsch Kanaal“ 1776 wurde<br />

eine stabilere Verteilung des Rheinwassers geschaffen.<br />

Seitdem erhält die Waal zwei Drittel<br />

der Wassermenge, das weitere Drittel für den<br />

Nederrijn verteilt sich wegen der nochmaligen<br />

Verzweigung oberhalb von Arnheim in Nederrijn<br />

und IJssel im Verhältnis zwei zu eins.<br />

Normalerweise funktionierte diese Verteilung<br />

problemlos. Eisgang jedoch – und das kam damals<br />

öfters vor � konnte diese Balance ernsthaft<br />

stören. Wasser- und Eismengen auf dem<br />

Rhein konnten gewaltig anwachsen, besonders<br />

wenn zur gleichen Zeit auch stromaufwärts die<br />

Schneeschmelze eintrat. War der Pannerdensch<br />

Kanaal, das Tor zum Nederrijn, mit Eis<br />

verstopft, hatte die Waal sämtliche Wassermassen<br />

der Rheins zu bewältigen. Die Gefahr<br />

für die Region wuchs zusätzlich an, falls sich<br />

im Rhein bei Kalkar ein Eisdamm bildete und<br />

infolgedessen der linke Rheindeich brach.<br />

Wasser- und Eismassen, die den Bruch durchquerten,<br />

konnten wegen der etwas weiter südlich<br />

gelegenen Stauchmoränenwälle und der<br />

angrenzenden hohen Flächen nur durch einen<br />

schmalen Korridor abfließen. Das Wasser innerhalb<br />

des Ooijpolders konnte dann so hoch<br />

steigen, dass die Deiche von innen heraus<br />

brachen. Die Entwässerungsschleusen wurden<br />

dadurch mehrfach zerstört.<br />

Zum Schutz gegen das von stromaufwärts<br />

heranfließende Wasser wurde <strong>1809</strong> etwas<br />

unterhalb von Kalkar zwischen dem Rheindeich<br />

und den höheren Inlandflächen ein Querdeich,<br />

der Patersdeich, gebaut. Alle betroffenen<br />

Deichverbände, darunter auch die damaligen<br />

nicht-niederländischen Verbände „Die<br />

Düffel“, Kranenburg, Rindern und Zyfflich-<br />

Wyler, beteiligten sich an den Kosten dieses<br />

Deiches.<br />

Deichbrüche wurden damals auch von der im<br />

Vergleich zu heute schlechteren Qualität der<br />

Deiche ausgelöst. Zum ersten waren um 1800<br />

die Deiche ein bis zwei Meter niedriger als<br />

heute. Das bedeutete, dass diese Deiche bei hohem<br />

Wasserstand überspült wurden, abbrachen<br />

und durch das überströmende Wasser schließlich<br />

durchbrachen. Auch waren die Deiche damals<br />

schmaler und steiler als heute und schon<br />

aus diesem Grund anfälliger für Durchbrüche.<br />

Im Ooijpolder waren bis zu den vor kurzem<br />

abgeschlossenen Deichverstärkungen mehrere<br />

Flussdeiche sehr schmal und steil. Aber auch<br />

in anderer Hinsicht wiesen die Deiche Mängel<br />

auf. So war der Verlauf der Deiche meist unregelmäßig.<br />

Dieses unsystematische Muster war entstanden<br />

durch die nachträgliche Verbindung von im<br />

Mittelalter vorgenommenen Dorfeindeichungen<br />

und dadurch, dass der Deich nach einem<br />

Bruch oft in einem Halbkreis um die ehemalige<br />

Durchbruchstelle gelegt wurde. Am gefährlichsten<br />

waren die sogenannten Schardeiche<br />

� Deiche, die ohne Vorland direkt an<br />

das Sommerbett des Stroms gebaut wurden. Im<br />

Ooijpolder bestand im 16. und 17. Jahrhundert<br />

ein stromabwärts vom Spruitenkamp gelegener<br />

Teil des Ooijschen Banndeichs aus einem solchen<br />

Schardeich.<br />

Danach wurde der Deich etwas nach Süden<br />

verlegt und war somit kein Schardeich mehr.<br />

Der Erlecomsedam ist bis heute zum größten<br />

Teil noch ein Schardeich geblieben.<br />

Schließlich spielte auch der Untergrund eine<br />

wichtige Rolle für die Dauerhaftigkeit der Deiche.<br />

So wie viele Deiche waren auch diejenigen<br />

im Ooijpolder und in der Düffel auf sandigem,<br />

wasserdurchlässigem Boden gebaut.<br />

Dieser Grund wird bei höheren Wasserständen<br />

von Flusswasser durchtränkt, dieses drückt in<br />

der Folge auf das Grundwasser, so dass dieses<br />

steigt und als Qualmwasser austritt. Bei hohem<br />

Flusswasserstand nimmt der Unterschied zum<br />

Wasserstand hinter dem Deich zu, der Qualmstrom<br />

wird stärker, Sandkörner werden losgespült.<br />

Sandhaltiges Qualmwasser ist sehr gefährlich,<br />

denn unter dem Deich entstehen auf<br />

diese Weise Hohlräume, die schnell größer<br />

werden und den Deich einsacken lassen. Um<br />

diesen Vorgang zu stoppen und dem Wasser<br />

Gegendruck zu geben, legt man Sandsäcke auf


die Stellen, wo das Qualmwasser austritt. Wie<br />

später noch erörtert werden soll, wurde mit<br />

dem gleichen Ziel Flusswasser in den Ooijpolder<br />

eingelassen. Hauptziel dieser Maßnahme<br />

war jedoch, den Boden des Polders mit<br />

dem im Flusswasser vorhandenen Schlick zu<br />

düngen.<br />

Qualmwasser unterläuft den Deich<br />

Der Polder von Kalkar bis Nimwegen<br />

aus: A.M.A.J. Driessen unter Mitarbeit von G.P.<br />

van de Ven: Das Holländisch-Deutsche Pumpwerk.<br />

Ein Kulturdenkmal der Wasserwirtschaft zwischen<br />

Nimwegen und Kleve. Hrsg. Vom Polderdistrict<br />

Groot Maas en Waal gemeinsam mit dem Deichverband<br />

Kleve-Landesgrenze. Druten 1999, S. 11-<br />

21.<br />

15


16<br />

<strong>Hochwasser</strong> in der Düffel � eine Chronologie<br />

1784<br />

Deichbrüche unterhalb Kalkars und oberhalb Millingens. Eis- und Wassermassen laufen quer durch<br />

die Düffel auf den Ooijpolder zu. Der Lappenturm in der Stadtmauer von Nijmegen wird unterspült<br />

und stürzt ein.<br />

1786<br />

Inbetriebnahme der Meerschleuse bei Nijmegen.<br />

1799<br />

Deichbrüche bei Millingen in der Ooij und der Düffeldeiche.<br />

<strong>1809</strong><br />

Deichbruch bei Brienen (Tod der Johanna Sebus). Überflutet werden die Düffel, Millingen, Ooij, Persingen<br />

und der Ooijpolder. Überströmungen bei Schmithausen in Kellen. Rindern 10 Fuß hoch eingestaut.<br />

Das Wasser läuft bei Ooij in die Waal zurück.<br />

1820<br />

Deichbruch bei Kekerdom. Ooijpolder und Düffel laufen voll. Niel wird 2,50 m hoch eingestaut.<br />

1829<br />

Deichbruch bei Spruitenkamp.<br />

1854<br />

Bau des Querdamms.<br />

1855<br />

Das <strong>Hochwasser</strong> in der Düffel reicht bis zum Dach der kleinen Häuser.<br />

1861<br />

Höchstes bekanntes <strong>Hochwasser</strong><br />

1905<br />

Vertrag vom 8. November: Teilung des Deichverbandes „Die Düffel“ entlang der Staatsgrenze in einen<br />

niederländischen und einen deutschen Teil.<br />

1910<br />

Erstes Binnenpumpwerk auf Erdölbasis.<br />

1926<br />

Erlecomdam und Ooijdämme gebrochen. Querdeich überspült, aber nicht gebrochen. Dämme in Brienen<br />

halten stand. Pegel Lobith 17 m NN (höher als 1995).<br />

1945<br />

Überflutungen durch Deichsprengungen im Zweiten Weltkrieg<br />

1993<br />

<strong>Hochwasser</strong> bei der Deichsanierung Bimmen.<br />

1995<br />

1 cm höheres <strong>Hochwasser</strong> als 1926 am Pegel Emmerich


<strong>Hochwasser</strong> <strong>1809</strong><br />

28. Januar: 9,66 m am Pegel Emmerich<br />

17


18<br />

Johanna Sebus<br />

Johanna Sebus auf einem Gemälde des Düsseldorfer Malers Roland Risse (um 1870)<br />

Da drunten im Klever Land, wo der Rhein<br />

durch ein weites, flaches Land langsam dahinfließt<br />

und sich recht breit zwischen den Ufern<br />

ausdehnt, sind diese Ufer durch Dämme oder<br />

Deiche geschützt, damit nicht das Wasser,<br />

wenn es anschwillt, die Felder und Ortschaften<br />

überschwemme und großen Schaden verursache.<br />

Leider aber kommt es häufig vor, dass bei<br />

Eisgängen, oder wenn im Frühlinge oder im<br />

Herbst und Winter die Flut anschwillt, das<br />

Wasser über diese Dämme steigt und, vom<br />

Eise unterstützt, dieselben gewaltsam durchbricht<br />

und dann mit verheerender Macht auf<br />

das Flachfeld sich ergießt. So weit das Auge<br />

reicht, ist dann alles in einen See verwandelt.<br />

Es ist ein entsetzlicher Anblick, wenn man nur<br />

die Kronen der Bäume, die oberen Stockwerke<br />

oder Dächer der Häuser und die Kirchtürme<br />

aus dem Wasser hervorragen sieht.<br />

Der Winter des Jahres <strong>1809</strong> war sehr hart. Der<br />

Schnee lag hoch, und die Eisdecke über die<br />

Bäche und Flüsse war so hart gebacken, dass<br />

man mit schweren Wagen darüber fahren<br />

konnte. In der ersten Hälfte des Januar trat<br />

Tauwetter ein, und die starke Eisdecke des<br />

Rheines setzte sich bald in Bewegung. Mit<br />

schauerlichem Geräusche wälzte die starke<br />

Strömung die gewaltigen Eisblöcke und Eisschollen<br />

übereinander hin. Da mussten die<br />

Dämme sehr stark sein, wenn sie Widerstand<br />

leisten sollten, und im Clever Land waren sie<br />

leider schlecht. Das Wasser stieg ebenso unerwartet<br />

schnell als hoch; denn im Oberland lag<br />

hoher Schnee, der schnell abging. Bald wurde<br />

oberhalb der Stadt Cleve die niedere Gegend<br />

völlig unter Wasser gesetzt und ebenso die<br />

ganze untere Stadt, ja es stieg die Flut in der<br />

Stadt so hoch, dass viele Häuser mit ihren


ersten Stockwerken ganz im Wasser standen.<br />

War es hier schlimm, wo doch die Häuser<br />

höher gebaut sind, so stand es auf dem Lande<br />

noch viel ärger. Die armen Bauern saßen mit<br />

ihren Weibern und Kindern auf den Firsten<br />

ihrer Dächer in Nässe und Kälte. Ihr Vieh war<br />

ertrunken, ihre Vorräte zerstört, für sie selbst<br />

keine Rettung; denn unter ihnen wühlte das<br />

Wasser die Fundamente ihrer Häuser auf, und<br />

sie mussten in jeder Minute gewärtig sein, dass<br />

sie einstürzten. Herzzereißendes Angstgeschrei<br />

ließ sich weit und breit hören. Manche Häuser<br />

stürzten ein und begruben die unglücklichen<br />

Bewohner in den brausenden Wellen; manche<br />

Leute saßen auf den Balken ihrer Häuser, auf<br />

die sie sich, als letztere einstürzten, gerettet<br />

hatten, und schwammen so hilflos umher, den<br />

unvermeidlichen Tod vor Augen. Selbst die<br />

beherztesten Schiffer waren nicht imstande,<br />

der wild daherbrausenden Flut zu widerstreben<br />

und das Rettungswerk mit Erfolg zu betreiben.<br />

Es war, da manche Dämme gebrochen waren,<br />

selbst zu besorgen, dass der Rhein sich ein<br />

anderes Bett wählen möchte. Bald wurde das<br />

Unglück unterhalb Cleve noch größer; denn an<br />

der Spoy, etwa eine Stunde tiefer als Cleve,<br />

brach wieder ein Damm, und es riß das Wasser<br />

alles mit sich fort, Häuser, Hütten, Menschen<br />

und Vieh.<br />

Unfern dieser Stelle stand das Haus der Witwe<br />

Sebus, das sie mit ihrer Tochter Johanna und<br />

einer Witwe van Beek nebst ihren drei Kinderchen<br />

bewohnte. Johanna war ein Mädchen von<br />

17 Jahren, kräftiger Gestalt, freundlichem Angesicht,<br />

aber was noch mehr als dies, � sie war<br />

reines Herzens und Wandels. Obschon das<br />

Wasser hoch gestiegen war und schon über den<br />

cleverhamschen Damm spülte, mochten die<br />

Bewohner des Hauses doch die Größe der Gefahr<br />

nicht geahnt haben. Plötzlich aber stieg<br />

die Flut mächtiger, und der Damm brach. Als<br />

die brüllende Flut um das Haus schwoll, ergriff<br />

Johanna ihre Mutter, eine alte Frau, welche der<br />

Schrecken vollends gelähmt und unfähig gemacht<br />

hatte, sich selbst zu retten, und trug sie<br />

etwa 200 Schritte weit auf einen Hügel. Das<br />

Wasser reichte ihr schon bis ans Knie und<br />

drohte, sie umzureißen. Als das wackere Mädchen<br />

ihre liebe Mutter gerettet hatte, sagte sie<br />

zu dieser: „Nun will ich der Frau van Beek und<br />

ihren Kindern zu Hilfe eilen und dann unsere<br />

Ziege holen, damit Ihr Milch bekommt, liebe<br />

Mutter!“ Vergens flehte ihre Mutter, sie sollte<br />

doch bei ihr bleiben, da die steigende Flut<br />

jeden Versuch weiterer Rettung als eitel erscheinen<br />

lasse; umsonst warnte der auf dem<br />

Rinderschen Damme stehende Th. Reimer vor<br />

dem Versuche, weil sie der Flut unmöglich<br />

Widerstand leisten könne. „Ich muß retten!“<br />

rief das edle Mädchen aus und schritt mutig in<br />

die schäumenden Wogen, einem niedern Hügel<br />

zu, wohin sich die Frau van Beek mit ihren<br />

Kindern gerettet hatte. Glücklich erreichte Johanna<br />

den Hügel; aber das mit jeder Minute<br />

wachsende und wilder werdende Gewässer<br />

zeigte, dass an keine Rückkehr zur Mutter, ja<br />

sehr bald auch an keine Rettung nicht zu denken<br />

war. Die Frau van Beek geriet in Verzweiflung,<br />

als sie raschen Schrittes den entsetzlichen<br />

Tod nahen sah. Sie wickelte ihr<br />

Haupt um die Häupter ihrer Kinder in ihre<br />

Kleider und stürzte sich mit ihnen in das empörte<br />

Wasser. Johanna stand still mit gefalteten<br />

Händen da; einen Blick sandte sie hinüber, wo<br />

die geliebte Mutter verzweifelnd die Hände<br />

rang, einen andern hinauf zum Himmel, zu<br />

dem sie bald eingehen sollte und � eine gewaltige<br />

Welle riß den Hügel weg, auf dem sie<br />

stand, und begrub sie im Schoße der Gewässer.<br />

Als sich die Gewässer verlaufen hatten, fand<br />

man den Leichnam des edlen Mädchens. Bei<br />

der Kirche des Dorfes Rindern wurde sie bestattet.<br />

Johanna Sebus war ein einfaches,<br />

schlichtes Bauernmädchen; sie war unter 7<br />

Kindern das fünfte. Ihre Mutter wurde gerettet,<br />

aber der Kummer nagte an ihrem Herzen. Nahe<br />

der Stelle, wo der edlen Menschenretterin ein<br />

Denkmal gesetzt wurde, baute man der Witwe<br />

ein Haus; allein sie starb, ehe es vollendet<br />

wurde.<br />

aus: Karl Gahlings: Johanna Sebus, eine geschichtlich-literarische<br />

Beleuchtung mit ältesten Belegen<br />

und Bildern. Kleve 2 1984.<br />

19


20<br />

Das Johanna Sebus-Denkmal in Wardhausen<br />

Foto: Rainer Hoymann<br />

Das <strong>Hochwasser</strong> <strong>1809</strong> � eine schreckliche Bilanz<br />

Am 13.01.<strong>1809</strong> brachen die Erlecomer und Kalkarer Deiche. Johanna Sebus versuchte, nachdem sie<br />

ihre Mutter gerettet hatte, auch ihre Nachbarin zu retten. Dabei ertrank sie.<br />

Am 14.01.<strong>1809</strong> brachen die Kleverhammer Deiche. Die Kirche in Brienen wurde zerstört. Die Niederung<br />

wurde 10 Fuß, ca. 3,00 m hoch eingestaut.<br />

Am 30./31.01.<strong>1809</strong> brach nach dem zweiten Eisgang Tauwetter mit Sturm herein.<br />

Von Büderich bis Kranenburg wurden 27 Personen gerettet, aber 22 Personen ertranken.<br />

288 Häuser wurden zerstört, 1244 beschädigt. 60 Pferde, 886 Rinder, 44 Schafe und 200 Schweine<br />

ertranken.


<strong>Hochwasser</strong> 1855<br />

5. März: 9,63 m am Pegel Emmerich<br />

21


22<br />

Rheinüberschwemmung<br />

„In Emmerich ist man mit einigen Fuß Wasser<br />

in den dem Rheine zunächst gelegenen Straßen<br />

davon gekommen. Beim Losbrechen der Eismassen<br />

legte sich eine Scholle gegen die am<br />

äußersten Ende der Stadt am Rheine gelegene<br />

Münster-Kirche, wurde aber bald mit den<br />

übrigen abwärts getrieben, ohne Schaden<br />

anzurichten. Am 4. März konnte man mit Kähnen<br />

von dem ½ Stunde von Cleve am alten<br />

Rhein gelegenen Dorfe Kellen nach Emmerich<br />

fahren. Auch Cranenburg stand größtentheils<br />

unter Wasser, und die ganze Chaussee von<br />

Cleve nach Nymwegen so wie die ganze<br />

Niederung von dem Rheine bis nach Cleve ist<br />

überfluthet. Doch sind hier keine Unglücksfälle<br />

eingetreten, die auch nur im Entferntesten<br />

mit den Schauderscenen verglichen werden<br />

könnten, welche sich an den einige Stunden<br />

aufwärts gelegenen vorbenannten Orten ereigneten.<br />

Auch in unserm Nachbarstaate Holland hat<br />

Wasser und Eis furchtbare Verheerungen angerichet,<br />

weil das Eis in Waal und Rhein noch<br />

unbeweglich feststand, als die gewaltigen Eismassen<br />

vom Oberrhein sich heranwälzten.<br />

Mehr denn 100 Ortschaften, namentlich in den<br />

Provinzen Gelderland und Utrecht, sind überschwemmt,<br />

und auf die Kunde hiervon hat sich<br />

der König selbst nach Arnheim begeben, um<br />

dem Schauplatze des Unglückes näher zu<br />

sein.“<br />

aus: Die Rheinüberschwemmung des Jahres 1855. Zum Besten der Überschwemmten zusammengestellt.<br />

Rheinberg 1855.


<strong>Hochwasser</strong> 1855<br />

Die überfluteten Flächen sind grün angelegt. Sie entsprechen einem heutigen<br />

<strong>Hochwasser</strong>stand von 9,63 am Pegel Emmerich, entsprechend 17,63 üNN.<br />

23


24<br />

Das Unglück kam während der Nacht<br />

Die <strong>Hochwasser</strong>katastrophe von 1855 war nach Auffassung von Heinz-Dieter Abel ein Ereignis,<br />

das sich heute jederzeit wiederholen könnte � insbesondere, wenn der Bergbau bei seinen<br />

Plänen bleibe, unterhalb der Rheindeiche Kohle abzubauen. Die Schäden im Altkreis Moers<br />

wurden vor 147 Jahren mit 249 977 Thalern beziffert. Zum Vergleich: Ein großer Bauernhof<br />

wurde mit 1100 Thalern taxiert.<br />

Heinz-Dieter Abel hat 30 Jahre in Baerl gelebt. Er weiß, wovon er spricht, wenn er vor den<br />

Gefahren des <strong>Hochwasser</strong>s warnt. Mehrere Tage hat der Rentner, der jetzt in Neukirchen-<br />

Vluyn wohnt, die Akten im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf studiert. Die Bürgermeistereien und<br />

Deichgräfe gaben während der <strong>Hochwasser</strong>katastrophe 1855 ihre Berichte an die Landräte<br />

weiter.<br />

„Nach langen zwischen Furcht und Hoffnung durchlebten Tagen sind die Einwohner der<br />

unteren Gegenden unserer Provinz im Regierungsbezirk Düsseldorf, vom 1. bis zum 3. März<br />

durch mehrfache Dammdurchbrüche und in Folge dessen durch furchtbare Überschwemmungen<br />

heimgesucht worden. Das Eis auf dem Rhein stand von Holland bis Düsseldorf, und die<br />

Deichbrüche waren durch keine menschliche Macht zu verhindern.<br />

Das Unglück kam während der Nachtzeit so plötzlich und mit solcher Gewalt, sodaß nicht nur<br />

Verlust zahlreichen Viehs, sondern leider sogar der Tod, nach einigen Nachrichten von 14,<br />

nach anderen von 20 Menschen in Bislich und in der Deichschau Beek zu beklagen sind. Ein<br />

großer Teil der Kreise Rees, Geldern, Moers und Kleve stehen unter Wasser“, schrieb der<br />

Oberpräsident zu Düsseldorf am 8. März 1855.<br />

In Eversael brach der Deich auf einer Länge von etwa 300 Metern. In der Nähe des<br />

Durchbruchs wurden mehrere Häuser abgetrieben; weitere drei Häuser beim Husenhof in<br />

Budberg wurden ebenfalls von der Flut weggerissen. Der Damm der Lohmannsheide sowie<br />

der Deich zwischen Baerl und Orsoy brachen an mehreren Stellen. Auch hier wurden mehrere<br />

Häuser zerstört. „In einem der Häuser war der Mann mit seiner Frau und seinen fünf Kindern<br />

geblieben und hatte dasselbe nicht verlassen, weil er geglaubt hatte, er werde in seinem vor<br />

kurzem neuerbauten Haus sicher sein. Und gerade dieses Haus wird von den Fluten<br />

weggerissen und während der Mann sich an einem jungen Kirschbaum greift und festhält,<br />

sind seine Frau und fünf Kinder ertrunken“, so der Bericht der Bürgermeisterei Homberg vom<br />

6. März 1855. Eine Gedenktafel an der evangelischen Kirche Baerl erinnert noch heute an<br />

dieses furchtbare Unglück.<br />

aus: Rheinische Post (Xanten) vom 28.08.2002<br />

Autor: Ulrich Joppich


<strong>Hochwasser</strong> 1861<br />

30. Januar: 9,90 m am Pegel Emmerich<br />

25


26<br />

Erinnerung an das <strong>Hochwasser</strong> 1861 in De Gelderlander vom 30.01.1995<br />

Jo Hol am Gedenkstein, der an den Deichbruch 1861 erinnert.<br />

Er steht an der Leeuwense Zandstraat in Leeuwen.<br />

<strong>Hochwasser</strong> 1861<br />

Die überflutete Fläche ist blau angelegt. Diese Flächenabgrenzung entspricht<br />

heute 9,90 m am Pegel Emmerich, entsprechend 17,90 m üNN. Es ist der<br />

bisher höchste gemessene Wasserstand am Pegel Emmerich.


<strong>Hochwasser</strong> 1926<br />

3. Januar: 9,88 m am Pegel Emmerich<br />

27


28<br />

Aus der Rinderner Schulchronik des Jahres 1926<br />

Das neue Jahr führt sich sehr schlecht ein. Nach starkem Regenfall im November setzte in der<br />

2. Hälfte des Dezembers Fönwetter ein, das außergewöhnliche Wärme brachte. Daher das gewaltige<br />

Anwachsen des Rheines, der so sehr niedrig gestanden hatte � zum Glück für uns!<br />

Die Zeitungen melden vom 1. Januar nachmittags 4.00 Uhr über den Wasserstand<br />

Mannheim 7,35 m (langsam fallend)<br />

Mainz 4,68 m (vorübergehend langsam fallend) 4,56 m<br />

Bingen 5,66 m (vorübergehend langsam fallend)<br />

Coblenz 9,28 m (fällt) 7,89 m<br />

Hanau 5,72 m (Stillstand)<br />

Trier 6,69 m (fällt) 4,62 m<br />

Marburg 2,54 m (fällt langsam)<br />

Frankfurt 5,20 m (steht)<br />

Ferner vom gleichen Tage<br />

Bonn 2.00 Uhr nachmittags 9,10 m<br />

Cöln 6.00 Uhr nachmittags 9,67 m<br />

Düsseödorf 4.00 Uhr nachmittags 8,92 m<br />

Keeken 12.00 Uhr Mitternacht 6,97 m<br />

Keeken 1. Januar früh 7,32 m<br />

Keeken 2. Januar 7.15 Uhr morgens 7,83 m<br />

Die Eisenbahnbrücke bei Wesel ist seit Mitternacht vom 31. Dezember zum 1. Januar gesperrt.<br />

Man spricht von mehreren Dammbrüchen, so bei Uerdingen, Rees und Büderich, die<br />

aber nicht bestätigt wurden. Die tollsten Gerüchte schwirren umher, wie es zu Zeiten großer<br />

Ereignisse meistens geschieht.<br />

Am 1. Januar erließ der Landrat nebenstehende Bekanntmachung in den Clever Zeitungen:<br />

„Da im hiesigen Kreise noch mit einem weiteren Steigen des <strong>Hochwasser</strong>s zu rechnen<br />

ist, richte ich an die Bewohner des Überschwemmungsgebiets die Mahnung, sich für<br />

die Zeit der Gefahr vorzubereiten; ferner mache ich darauf aufmerksam, daß nach § 78<br />

des Clever Deichreglements und nach § 360 Nr. 10 des Reichsstrafgestzbuches den Anforderungen<br />

der Deich- oder Polizeibehörden zur Hilfeleistung Folge zu leisten ist. Sobald<br />

dringende Gefahr eintritt, werde ich das Einstellen des Geläutes der Kirchenglocken<br />

im Bereiche der Banndeiche anordnen. Im Falle des Überlaufs oder Bruch eines<br />

Banndeichs wird dann das Notsignal durch anhaltendes Läuten der Kirchenglocken<br />

gegeben werden.<br />

Cleve, den 1. Januar 1926. Der Landrat: Eich.“<br />

Am Morgen des 2. Januar kam aber die Anordnung, daß die Kirchenglocken zu schweigen<br />

hätten und nur bei größter Gefahr als Notsignal dienen sollten. Am Nachmittag wurden Kähne<br />

ins Dorf gefahren. Die Leute haben bereits Kohlen und Kartoffeln aus den Kellern geschafft,<br />

andere bringen bereits die Möbel auf den Speicher. Man befürchtet nämlich zunächst einen<br />

Deichbruch bei der schon im vorigen Jahr gefährdeten Stelle bei Till-Moyland. Weite Kreise<br />

der Bevölkerung sind wie auch im vorigen Jahr erregt, daß die Deiche außerhalb Cleve nicht


so sind wie sie sein müssten und man brauchte z.Zt. scharfe Worte gegen den recht alten<br />

Deichgräfen Pollmann, der nun in den letzten Tagen seines Amtes enthoben sein soll. Warum<br />

ein so ungeheuer verantwortungsvolles Amt nicht auf junge Schultern gelegt und in die Hand<br />

eines Mannes, der infolge seines Berufes (Bauhandwerker, Bauunternehmer, u.s.w.) größere<br />

Eignung zum Deichgräfen hat als zum Beispiel ein Landwirt, der sich vielleicht nur auf den<br />

Titel etwas zugute tut. So denken die Leute, ja es wurden Stimmen laut, die besonders gegen<br />

die Deichsteuer sprachen. Es sei ein Unrecht, daß die Steuer nur von denen erhoben würde,<br />

deren Besitztum im Falle der Not Schaden leiden würde. Warum werde die Steuer nicht von<br />

allen Staatsbürgern erhoben?<br />

<strong>Hochwasser</strong> 1926 zwischen Beek und Ooijpolder<br />

Am Sonntag, den 3. Januar, pilgern große Volksmengen von Cleve aus nach Wardhausen und<br />

Düffelward, um jenseits des Banndeiches das schaurig schöne Naturschauspiel zu sehen. Leider<br />

setzte nachmittags wieder ein starker Regen mit Sturm ein. An der Schleuse in Wardhausen<br />

steht das Wasser nach Aussage des Schleusenwärters Loock 47 cm höher als in dem<br />

schlimmen Frühjahr 1920. Es ist schlimm, daß die Deiche sich infolge des langanhaltenden<br />

Regens vollgesogen haben. Stellenweise sind die Deiche durch Maulwürfe aufgelockert, und<br />

es ist leicht möglich, daß auch hier kleine Ursachen große Wirkungen haben. Gebe Gott, daß<br />

sich in unserer Niederung nicht ein zweites <strong>1809</strong> ereignet. Manche Leute bringen ihr Vieh<br />

und andere Dinge in Sicherheit, so nach Materborn und Keppeln. Unaufhörlich wird Vieh<br />

vorbeigetrieben auf Cleve zu.<br />

Im Anfang dieses Heftes ein Bericht Nr. 1 aus dem „Volksfreund“ Nr. 2 vom 4. Januar 1926.<br />

Eine Bekanntmachung des Landrates in der gleichen Zeitungsnummer verbietet Unbefugten<br />

unter strenger Strafe das Betreten des Deiches.<br />

29


30<br />

Am 5. Januar 26 ist die Erregung im Volke wieder groß wegen der Sirenensignale in Cleve.<br />

Die Leute haben die Vorstellung, daß nun das <strong>Hochwasser</strong> kommen müsse. Immer noch wird<br />

Vieh nach Cleve gebracht. Für die Nacht ziehen Doppelposten zu dem Ort, um im Augenblick<br />

größter Gefahr Alarm zu schlagen.<br />

Aber auch das hat sich als sehr notwendig erwiesen � um die umherschleichenden Spitzbuben<br />

von den zur Zeit unbewohnten Häusern zu vertreiben. In Wardhausen sind nur wenige Männer<br />

zurückgeblieben.<br />

Am 6. Januar ist die Lage unverändert, wenngleich es auch schon scheint, daß der Querdamm<br />

unterhalb Wyler und der Deich bei Till-Moyland nun ausgebessert sind und gehalten werden<br />

können. In beiden Messen fiel der Gefahr wegen die Predigt aus. Wieder wandern, wie am<br />

vergangenen Sonntag, viele Schaulustige zu den Deichen hin. Es herrscht lebhafter Autoverkehr.<br />

Es werden Lebensmittel und Deichmaterial nach Düffelward und Wardhausen geschafft.<br />

Am Morgen des 7. Januar kommt von der Schleuse die Nachricht, daß das Wasser stündlich 1<br />

½ cm fällt und daß die Gefahr erst in etwa 3 Tagen behoben sei, falls das Fallen des Wassers<br />

anhält. Unter diesen Umständen kann der Untericht morgen nicht aufgenommen werden. Sehr<br />

viele Kinder sind auswärts in Sicherheit gebracht worden. Auf den Wegen nach Wardhausen,<br />

der Grintweide und Düffelward steht das Binnenwasser. Der Anfang des Unterrichts wurde<br />

auf Montag, den 11. Januar verschoben, wovon dem Schulrat Mitteilung gemacht wurde. Das<br />

Läuteverbot besteht nach wie vor. Im Laufe des Tages erschien nebenstehende Bekanntmachung<br />

des Landrats zu Cleve. Leider setzte gegen Abend starker Regen mit Sturm ein.<br />

„Die <strong>Hochwasser</strong>gefahr ist nach menschlichem Ermessen als beseitigt anzusehen. Das<br />

Schlimmste, der Verlust von Menschenleben hat, wenn auch unermessliche Werte vernichtet<br />

wurden, glücklicher Weise verhütet werden können, dank des bewundernswerten<br />

Opfermutes und der Unerschrockenheit weitester Kreise der Bevölkerung. Es ist mir<br />

eine besondere Freude und Genugtuung, allen denen, die sich in uneigennütziger Weise<br />

an dem freiwilligen Hilfsdienst und am Hilfswerk beteiligt haben, namens der preußischen<br />

Staatsregierung und im besonderen Auftrage des Herrn Regierungspräsidenten<br />

herzlichen Dank und uneingeschränkte Anerkennung auszusprechen. Ganz besonders<br />

gilt dies für die tapfere und todesmutige Mannschaft, welche unter Leitung des Herrn<br />

Heimrats Hansen und besondere Mithilfe des Herrn Gemeindevorstehers Jansen den<br />

Querdamm gehalten hat, dessen Bruch unabsehbare Folgen für die Niederung gehabt<br />

hätte. Das vorbildliche Verhalten der freiwilligen Feuerwehren des Kreises hebe ich bei<br />

diesem Kampfe gegen die unermesslichen Wassermassen besonders lobend hervor.<br />

Möge auch für die kommende schicksalsschwere Zeit der bekundete Gemeinsinn und<br />

die unbegrenzte Opferfreudigkeit im Kreise Cleve erhalten bleiben.<br />

Cleve, den 6. Januar 1926. Der Landrat: Eich.“<br />

Nebenstehendes Gedichtchen, das im „Volksfreund“ vom letzten Montage erschien, schildert<br />

so recht die Eindrücke der vom <strong>Hochwasser</strong> Bedrohten. Zum Glück ist der Sturmschlag der<br />

Glocke bis heute ausgeblieben.


Die Glocken schweigen<br />

Ein Sonntag ohne Glockenklang,<br />

Wie arm, wie bang.<br />

Kein Heimatruf, der das müde Herz<br />

Aus Alltagssorgen hebt himmelwärts.<br />

Kein Aveläuten<br />

Zu Tageszeiten,<br />

Die eherne Zunge in Stadt und Land<br />

In Schweigen gebannt.<br />

Volk ist in Not,<br />

<strong>Hochwasser</strong> droht!<br />

Die Fluten steigen,<br />

Die Glocken schweigen.<br />

Es soll ja ihr Läuten<br />

Sturmnot bedeuten.<br />

Herr „schon“ Dein Volk, Herr wende die Not.<br />

Und nimm ihm nicht Obdach, Habe und Brot<br />

Gebiete der Flut<br />

Mach alles gut<br />

Und laß bald wieder der Glocken Läuten<br />

Uns Frieden bedeuten!<br />

Seit 11.00 Uhr heute Morgen steht das Wasser, was wohl mit starken Niederschlägen im<br />

Stromgebiet des Mittel- und Oberrheines zusammenhängt. Die Flüchtlinge kehren allmählich<br />

zurück. Noch immer besteht das Läuteverbot, obwohl die größte Gefahr vorüber ist.<br />

Durch nebenstehende Bekanntmachung wird das Läuteverbot aufgehoben. Damit ist die Gefahr<br />

hoffentlich für dauernd vorüber.<br />

„Nachdem die Gefahr eines Durchbruches im hiesigen Kreise beseitigt ist und das<br />

<strong>Hochwasser</strong> fällt, wird das Verbot des Läutens der Kirchenglocken im Überschwemmungsgebiet<br />

mit Wirkung vom 10. ds. Mts. Ab hiermit aufgehoben.<br />

Cleve, den 8. Januar 1926. Der Landrat: Eich.“<br />

Nach Angaben des Herrn Gemeindevorstehers Kersjes betragen die Wasserschäden (Vernichtung<br />

der Wintersaat u.s.w.) schätzungsweise vorläufig über 1 Mill. Goldmark. Wasserschäden<br />

können in der Zeit vom 18. bis 21. Januar beim Bürgermeisteramt angemeldet<br />

werden.<br />

Heute hat man damit begonnen, den „wasserdichten“ Keller der Schule mit Hilfe der Brandspritze<br />

auszupumpen. Die Wassermasse ist von 41 cm auf 28 cm zurückgegangen.<br />

31


32<br />

Der Gelderlander vom 02.02.1995<br />

Am Querdamm bei Zyfflich 1926


Kriegshochwasser 1945<br />

17. Februar: 8,94 m am Pegel Emmerich<br />

33


34<br />

Auf ihrem Rückzug sprengte die deutsche Wehrmacht die<br />

Banndeichlinie an mehreren Stellen, um den alliierten<br />

Streitkräften den Vormarsch auf das Ruhrgebiet zu verwehren.<br />

Diese Deichsprengungen setzten die gesamte linksrheinische<br />

Niederung von Xanten bis Nimwegen unter Wasser,<br />

waren aber keineswegs kriegsentscheidend, da der Vormarsch<br />

der Alliierten nur verzögert wurde.<br />

Die Sprengungen � linksrheinisch 1944/45<br />

Datum Ort der Sprengung Wasserstände<br />

m Pegel Emmerich m NN<br />

02.12.1944 Deiche bei Arnheim und Erlecom 6,63 16,68<br />

Überflutung von Nimwegen bis Querdamm<br />

08.12.1945 Schleuse Querdamm – 50 m Lücke 6,01 16,06<br />

11.02.1945 Schleuse Brienen – Straße Kleve 6,33 16,38<br />

Nimwegen auf 8 km bis zu 1 m überflutet<br />

13.02.1945 Banndeich Till am Steincheshof 6,38 16,43<br />

17.02.1945 Banndeich Hönnepel und Wisselward 6,89 16,94<br />

Bei Wardenstein und am Entenbusch, dazu<br />

den Rückstaudeich Grieth-Wissel, somit<br />

Rückflutung bis Xanten<br />

21.02.1945 Banndeich bei Niedermörmter 6,19 16,24


Überflutungen nach Deichsprengungen im Februar 1945<br />

35


36<br />

Das Rheinhochwasser 1945 nach der Sprengung der Deiche<br />

Rhein-km <strong>Hochwasser</strong> 1945 Bezugspunkt m NN Einlauftiefe/m<br />

854 16,80 Warbeyen, Ortschaft 14,50 2,30<br />

856 16,60 Kellen, Friedhof 14,00 2,60<br />

856 16,60 Griethausen, Ortschaft 15,00 1,60<br />

857 16,50 Kleve, Bahnhof 15,00 1,50<br />

857 16,50 Kleve, Gruft-/Tiergartenstr. 15,70 0,80<br />

857 16,50 Kleve, An der Münze 16,47 0,03<br />

857 16,50 Kleve, Eingang Tierpark 16,40 0,10<br />

857 16,50 Kleve, Siemensstr. 15,00 1,50<br />

857 16,50 Kleve, Galleien 14,00 2,50<br />

857 16,30 Brienen, Ortschaft 14,70 1,60<br />

859 16,30 Wardhausen, Ortschaft 14,00 2,30<br />

859 16,30 Spoyschleuse, Kanalspiegel 12,20 4,10<br />

859 16,30 Rindern, Ortschaft 13,30 3,00<br />

861 16,10 Düffelward, Ortschaft 13,00 3,10<br />

861 16,10 Donsbrüggen, Mühle 12,70 3,40<br />

864 15,80 Mehr, Ortschaft 12,70 3,10<br />

864 15,80 Keeken, Schützenhaus 12,70 3,10<br />

866 15,60 Niel, Ortschaft 12,00 3,60<br />

868 15,40 Zyfflich, Ortschaft 15,00 0,40<br />

868 15,60 Kranenburg, Richtersgut 12,40 3,20


Am Richtersgut in Kranenburg, Februar 1945<br />

37


38<br />

Wie war es 1945 und wie sähen die Wasserstände heute in<br />

der Niederung aus? Aus Berichten und Bildern der<br />

Kriegszeit und Wasserstandsrekonstruktionen wissen wir<br />

dieses:<br />

� Schon im November / Dezember 1944 stieg der Rhein<br />

am Pegel Emmerich auf 6,82 m; heute 8,87 m = 16,87 m<br />

NN<br />

� Mitte Februar 1945 wurde mit 6,89 m; heute 8,94 m =<br />

16,94 m NN der Höchststand erreicht<br />

� Aus den Aufzeichnungen der täglichen Wasserstände<br />

im Abflussjahr 1945 und der daraus abgeleiteten Pegelganglinie<br />

wird deutlich, dass vom 8. bis 21. Februar ein<br />

Wasserstand von über 6,00 m; heute 8,05 m = 16,05 m<br />

NN am Pegel Emmerich stand, also von Xanten bis Kleve<br />

ca. 14 Tage „Land unter“ vorherrschte<br />

Pegelganglinie am Pegel Emmerich Februar 1945 � Km 851,9<br />

m am Pegel<br />

Pegel 00 = 10,05 m über NN Tage<br />

mNN<br />

18,05<br />

17,05<br />

16,05<br />

15,05 vergleichende Geländehöhen:<br />

14,05 Hasselt 14,50 m NN<br />

13,05 Huisberden 14,00 m NN<br />

12,05 Kleve-Galleien 14,00 m NN<br />

11,05<br />

10,05


<strong>Hochwasser</strong> und Krieg<br />

39


40<br />

Wiesen bei Kranenburg, Februar 1945


42<br />

Amphibienfahrzeug in Kranenburg, Große Straße, Februar 1945


Faksimile aus: W. Michels / P. Sliepenbeek: Niederrheinisches Land im Krieg. Ein Beitrag zur Geschichte des<br />

Zweiten Weltkrieges im Landkreis Kleve. Hrsg. Vom Landkreis Kleve. Kleve 1964, S. 120-122.<br />

43


44<br />

Düffel im Kriegswinter 1945 � geteilt und geschunden


<strong>Hochwasser</strong> 1995<br />

Ende Januar / Anfang Februar: 9,85 m am Pegel Emmerich<br />

45


46<br />

Die höchsten Wasserstände 1995<br />

Emmerich 9,85 m = 18,85 m NN = m NAP<br />

Lobith 16,68 m NAP<br />

Pannerdense Kop 15,84 m NAP<br />

Nijmegen 13,53 m NAP<br />

Heute, gut 13 Jahre nach dem <strong>Hochwasser</strong> 1995, könnte<br />

man rückwirkend sagen: Große Aufregung, aber alles<br />

nochmal gutgegangen!<br />

Die nachfolgende Auswahl von Presseartikeln belegt jedoch<br />

unmissverständlich, dass die Sorge eines Deichbruches<br />

mit verheerender Überflutung der Niederung von<br />

Kleve bis Nijmegen nicht unbegründet war, obwohl letztlich<br />

die Deiche den Fluten standhielten.<br />

Ganz anders verlief das <strong>Hochwasser</strong> der Oder im Jahre<br />

1997 sowie das <strong>Hochwasser</strong> der Elbe und deren Nebenflüsse<br />

2002. Jedes dieser <strong>Hochwasser</strong> richtete mehrere<br />

Milliarden Euro Schaden an.


De Gelderlander vom 1. Februar 1995<br />

47


48<br />

De Gelderlander vom 03.02.1995 berichtet über Deicharbeiten auf deutscher Seite


Schlagzeilen der niederländischen Presse zum <strong>Hochwasser</strong> 1995<br />

28. Januar Nijmegen am unendlichen Meer<br />

De Gelderlander Psychologische Deichverstärkung in Bimmen<br />

Deichbruchgefahr wird durch möglichen Sturm größer<br />

30. Januar Deutsche Flüsse steigen weiter<br />

De Gelderlander Evakuierung beschlossen<br />

31. Januar Die Deutschen verfestigen den Querdamm<br />

De Gelderlander Räumen des Polders<br />

Das Risiko im Gelderland<br />

31. Januar Evakuierungen, Deichbruch, Deicherhöhungen und Räumungen<br />

NRC-Handelsblatt 15 bis 80 Milliarden Euro Schaden bei Überströmungen<br />

1. Februar Im deutschen Grenzgebiet geht das Leben normal weiter<br />

De Gelderlander Überschwemmungen werden eine nationale Katastrophe<br />

2. Februar Kleve wird nicht geräumt<br />

De Gelderlander Verweigerer mit Zwang herausgebracht<br />

Deichbruch kann zur Umweltkatastrophe führen<br />

3. Februar Trübes Qualmwasser überrascht Kleve<br />

De Gelderlander Zurück in Phasen � abgestufte Rückkehr<br />

Aussicht auf eine schnelle Rückkehr<br />

4. Februar Zweifel an der Notwendigkeit der Zwangsräumung<br />

De Gelderlander Katastrophenfonds schon seit 1935<br />

6. Februar Willkommen zu Hause im Ooijpolder<br />

De Gelderlander Farben zu kaufen<br />

Schadensregulierung in Frage gestellt<br />

49


50<br />

De Gelderlander vom 01.02.1995<br />

De Gelderlander vom 28.02.1995


Schlagzeilen der deutschen Presse zum <strong>Hochwasser</strong> 1995<br />

28. Januar Erreicht der Pegel Rekordwerte vom Dezember 1993? (Michael Evers)<br />

Neue Rhein Zeitung<br />

31. Januar Die Niederung soll evakuiert werden (Thomas Claassen)<br />

Rheinische Post Die Deiche am Niederrhein halten bislang stand (RP Düsseldorf)<br />

31. Januar Katastrophenfall: Deichbruch wird nicht mehr ausgeschlossen<br />

(Michael Evers)<br />

Neue Rhein Zeitung Niederländer verlassen ihre Häuser (Ev)<br />

Zehn Meter höher wartet die Rettung (Matthias Maruhn)<br />

Schulfrei und 1000 Betten in Berufsschule (Vo)<br />

1. Februar - NRZ Bange Frage: Halten die Rheindeiche? (Michael Evers)<br />

Rheinische Post Der Tag der Angst vor der großen Flut (Ludger Distelkamp)<br />

Spontane Hilfe über die Grenze hinweg (Jürgen Stock)<br />

1. Februar Tausende von Tieren evakuiert (Claudia Gronewald)<br />

Neue Rhein Zeitung Krankenhäuser auf alles vorbereitet (Claudia Gronewald)<br />

De Rozet Beek-Ubbergen 1995<br />

51


52<br />

Im Stau im <strong>Hochwasser</strong>gebiet<br />

Notizen eines betroffenen Niederländers<br />

Dezember 1993<br />

hatte es bereits ein Jahrhunderthochwasser gegeben. Die Deiche waren nicht gebrochen, die<br />

Menschen hatten die Niederung nicht verlassen.<br />

Januar 1995<br />

Nun war es wieder Winter, wieder stieg das Rheinwasser. War es diesmal gefährlich? Wir<br />

wussten es noch nicht. Wie öfters bei möglichen Katastrophenchancen stellten wir Radio und<br />

Fernsehen auf das westdeutsche Fernsehen ein. War nicht mal etwas Gefährliches aus einem<br />

Schiff bei Wesel ausgelaufen, ohne dass die niederländischen Medien uns davor gewarnt<br />

hatten? Und auch diesmal wurde uns von den östlichen Nachbarn etwas detaillierter erzählt<br />

und gezeigt, wie das Wasser am deutschen Niederrhein immer weiter stieg. Nach „De<br />

Gelderlander“ vom Samstag, 28. Januar, sei schon ein Evakuierungsplan fertig, es gäbe jedoch<br />

keinen Anlass, jetzt schon mit einer Evakuierung zu beginnen. Eine weitere Nachricht:<br />

Ministerpräsident Wim Kok will sich nicht beeilen bei der Entscheidung, die Betuwelijn zu<br />

bauen. Eine Mitteilung, die normalerweise mit Genugtuung empfangen würde, jetzt aber<br />

Unruhe auslöst. Sind wir also bereits aufgegeben?<br />

Sonntag, 29. Januar<br />

Auf dem Fahrrad über den Deich. Nach Bimmen, bis vor den vor einigen Monaten neu<br />

gebauten Deich. War der schon sicher genug, hat der sich bereits gesetzt? Fertig war er noch<br />

nicht. Gestern noch meldete „De Gelderlander“, die Deutschen würden sich darum bemühen,<br />

geeignete Anfahrten für LKWs zum Deich zu beschaffen. So eine Mitteilung stärkt nicht<br />

gerade das Vertrauen. Das Wasser hatte sich bis kurz vor die Deichkrone herangeschlichen,<br />

und noch immer stieg es weiter an. Umweg über die Hauptstraße, in Bimmen wieder zum<br />

Deich und dann weiter bis nach Keeken. Überall Wasser, ganz hoch im Deichvorland, immer<br />

größere Flächen Qualmwasser hinter dem Deich. Kahle Bäume ragen aus dem Wasser, mitten<br />

im Strom; Hecken sind schon in den Fluten verschwunden. Wieder zu Hause, laufen Diskussionen<br />

über Radio und TV über Evakuierungen oder nicht, über Kompetenzverteilung<br />

zwischen Innenministerium, Provinz oder Kommunen ständig an, was müssen wir tun? Auch<br />

„Radio Gelderland“, ständig mit neuen Nachrichten in der Luft, bringt uns jetzt nicht weiter.<br />

Wir reservieren unsere Evakuierungsadresse bereits bei Lies, der ältesten Tochter in<br />

Nimwegen. Gute Freunde aus dem Burgenland rufen uns an, wie weit steckt ihr bereits im<br />

Wasser? Der Telefonverkehr im Inland liegt teilweise brach, aus Österreich kam man gleich<br />

durch.<br />

Montag, 30. Januar<br />

Trotz drohender Gerüchte über eine Evakuierung fahre ich zur Arbeit in die Uni Nijmegen.<br />

Als ich zufälligerweise den Pförtner vom Erasmusgebäude anspreche, fragt er mich, was ich<br />

eigentlich hier mache, weil vom „Commissaris der Koningin in de Provincie Gelderland“, Dr.<br />

Jan Terlouw, die Räumung der Niederung östlich von Nimwegen verordnet wurde. Nachdem<br />

ich telefonisch Kontakt mit meiner Frau hatte – die Telefonverbindungen sind jetzt noch<br />

ziemlich normal – mache ich mich mit dem Auto auf den Weg nach Millingen. Nicht über die<br />

Hauptstraße, weil ich vermute, dort stehen schon weitere Pendler auf dem Weg nach Hause.


Doch auf dem alten Rijksstraatweg in Beek ist schon mehr stopp als go. Darum entscheide ich<br />

mich, in Richtung Wyler zu fahren und nicht die Hauptstraße über Leuth nach Millingen zu<br />

nehmen. In Zyfflich und Niel ist alles ruhig, innerhalb einer weiteren Viertelstunde bin ich zu<br />

Hause.<br />

Dort wird deutlich, dass zwar die Verordnung der Provinz uns mahnt, unsere Häuser bis zum<br />

Dienstag zu verlassen, die Gemeinde Millingen jedoch hat weitere Ziele mit uns. Damit für<br />

die geliebte Bürgermeisterin keine Seele verloren geht, sollen sich alle vertriebenen Einwohner<br />

der Gemeinde in Kekerdom abmelden, so wird es durch Lautsprecheransagen in den<br />

Straßen von Millingen bekannt gegeben. Wir haben also über die Hauptstraße nach<br />

Nimwegen zu fahren.<br />

Wir haben uns entschlossen, nicht über Kekerdom zu fahren, weil wir vermuten, nicht die<br />

einzigen dort zu sein. Die Bürgermeisterin hält die Stellung im Rathaus, gegen den Willen des<br />

Bürgermeisters von Nimwegen und der Provinzverwaltung. Sie bleibt, warum ist unklar,<br />

vielleicht um den Hubschraubern im richtigen Notfall Arbeit zu beschaffen. Wir werden uns<br />

telefonisch bei ihr abmelden, wenn wir in Nimwegen eingetroffen sind. Über die grüne<br />

Grenze bei Hömischmühle, Niel und Zyfflich geht es. Wie üblich, kaum ein Mensch zu sehen.<br />

In vierzig Minuten sind wir in Nimwegen bei der Tochter Lies. Nach dem Abendessen<br />

entscheiden Lies und ich, noch mal nach Millingen zurückzufahren. Schließlich dürfen wir<br />

uns noch bis Dienstagabend, den 31. Januar, in Millingen zeigen. Und einige für uns wertvolle<br />

Sachen sind noch in unserem Haus. Wir entscheiden uns, über die Hauptstraße nach<br />

Leuth zu fahren, kein Mensch fährt zu dieser Zeit in diese Richtung. Stimmt. Alles ruhig bis<br />

zur Ampel Beek. Als wir als einzige links abbiegen, stoßen wir aus der Gegenrichtung auf<br />

einen Riesentreck. Weil wir als einzige ostwärts fahren, steht ein Riesenstau vor der Ampel:<br />

bis zum letzten Kubikmillimeter beladene PKW, Anhänger, manchmal mit Trecker,<br />

Karnevalswagen usw. Ein Stau, wie ihn der Polder noch nie gesehen hat, obwohl in jeder<br />

Minute der Deich brechen könnte an einer Stelle, und zwar weniger als drei Kilometer vom<br />

Stau entfernt, so nachher Gerard Karnebeek, damals Heimrat im Polderdistrict Groot Maas en<br />

Waal und fast ununterbrochen aktiv an der gefährdeten Deichstelle bei Ooij. Nur weil die<br />

Einwohner von Millingen sich in Kekerdom abzumelden hatten.<br />

Rückblick<br />

Für mich war dieses die wichtigste Erfahrung während der Evakuierung im Winter 1995. Das<br />

Vertrauen zu den Vorgesetzten, die sich nicht an Vereinbarungen halten, sondern ihre eigenen<br />

Ideen in den Vordergrund setzen, auf Kosten von möglichen Opfern, war bei mir ziemlich<br />

gesunken. Keine Initiative zur Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden Kleve und<br />

Kranenburg, zum Beispiel zur Bereitstellung von Straßen, war bei unserer geliebten Bürgermeisterin<br />

zu verspüren. Die Maßnahme wirkte sich auch nachteilig für die Nachbargemeinde<br />

Ubbergen aus, weil die Einwohner von Leuth, Kekerdom, Ooij und Erlecom sich die Straße<br />

mit den Einwohnern von Millingen teilen mussten. Auch sie gerieten in den lebensgefährlichen<br />

Stau.<br />

Noch eine zweite Erfahrung gab es für mich: das Leben in den Niederlanden außerhalb der<br />

Evakuierungsgebiete lief einfach weiter. Die Busfahrer des „Streekvervoer“ fingen den Streik<br />

an, die Randstadbewohner kamen am Sonntag als Katastrophentouristen noch nach Nimwegen<br />

und Umgebung. Möglicherweise hatten sie schon eine Übernachtung gebucht, falls der<br />

Ooijpolder doch noch zum Notüberflutungsgebiet würde. Die neuesten (noch offiziell) geheimen<br />

Regierungspläne geben ihnen möglicherweise Recht.<br />

Jan Smit, Millingen aan de Rijn, NL<br />

53


54<br />

Evakuierungsaufruf des Kreises Kleve beim <strong>Hochwasser</strong> 1995


<strong>Hochwasser</strong> heute<br />

� Simulationen auf der Basis des Kriegshochwassers 1945<br />

� Karten aus dem Umweltministerium<br />

55


56<br />

Die Große Straße in Kranenburg (2006)<br />

…und bei einem <strong>Hochwasser</strong> wie 1945


Die Mehrer Straße in Donsbrüggen (2006)<br />

Die Bürgerinitiative gegen die Überflutung der Düffel und angrenzende Gebiete will mit<br />

den folgenden Bildern nicht schockieren, wohl aber auf die allgemeinen <strong>Hochwasser</strong>gefahren<br />

aufmerksam machen.<br />

Auch will sie verhindern, dass der Polder Bylerward, der Düffel- und der Ooijpolder zu<br />

Retentionsräumen umgebaut werden, denn es gibt gute und kostengünstige Alternativen.<br />

…und bei einem <strong>Hochwasser</strong> wie 1945<br />

57


58<br />

Der Spoykanal bei Wardhausen (2006)<br />

…und bei einem <strong>Hochwasser</strong> wie 1945


Das Industrie- und Gewerbegebiet<br />

Siemensstraße in Kleve (2006)<br />

…und bei einem <strong>Hochwasser</strong> wie 1945<br />

Die Große Straße in Kleve (2006)<br />

… und bei einem <strong>Hochwasser</strong> wie 1945<br />

59


60<br />

Das Land Nordrhein-Westfalen hat 1999 die <strong>Hochwasser</strong>fibel „Bauvorsorge in hochwassergefärdeten<br />

Gebieten“ herausgegeben. In den Blattschnitten auf diesen Seiten ist das Überschwemmungsgebiet<br />

von Kranenburg bis Kalkar dargestellt. Die Farben blau und rot verdeutlichen unterschiedliche Wassertiefen.<br />

Blau bedeutet über 4,00 m Wassertiefe, rot dagegen 2,00 bis 4,00 m. Diesen Tiefen liegt die


Überlegung zugrunde, dass es keine Deiche gibt und der Rhein sich für einmal in 200 Jahren frei ausbreiten<br />

kann. Und das mit einer Wassermenge von 13.000 m 3 /s, entsprechend 10,28 am Pegel Emmerich.<br />

Im Vergleich dazu flossen 1995 12.000 m 3 /s ab, die einen Pegelstand von 9,84 m in Emmerich<br />

ergaben. 1945 flossen bei einem Pegelstand von 8,94 m in Emmerich nur 9.600 m 3 /s ab.<br />

61


Die Bürgerinitiativen<br />

� Bürgerinitiative gegen die Überflutung der Düffel und angrenzende Gebiete (D)<br />

� Hoogwaterplatform (NL)<br />

63


64<br />

Die überparteiliche Bürgerinitiative gegen die Überflutung der<br />

Düffel und angrenzende Gebiete e.V.<br />

Sorgen<br />

Nach dem <strong>Hochwasser</strong> 1995, das die Höhe des bisher bekannten höchsten <strong>Hochwasser</strong>s von<br />

1926 am Pegel Emmerich erreichte, begann die Diskussion über die Beherrschung von extremen<br />

Rheinhochwassern. Derzeit lautet die Zauberformel: Retentionsräume schaffen und Notüberäufe<br />

festlegen!<br />

Niederländische Ideen<br />

Zwei Studien machten Schlagzeilen:<br />

2001 Haskoning<br />

2002 Lutein<br />

Beide Studien halten das Gebiet Ooij-Düffel für Retention und Notüberläufe geeignet und<br />

sagen, je größer das Gebiet, desto niedriger der eingestaute Wasserstand.<br />

Deutsche Pläne<br />

In NRW hat das Umweltministerium (MUNLV) 11 Retentionsräume ausgewiesen, im Raum<br />

Kalkar den Polder Bylerward. Anlässlich der Präsentation des <strong>Hochwasser</strong>films „Jeder cm<br />

zählt“ am 11.07.2002 in der Stadthalle Kleve machte die damalige Umweltministerin klar:<br />

„Wir brauchen Retentionsraum im Grenzgebiet, entweder Bylerward oder die Düffel.“ Am<br />

14.02.2004 machte die gleiche Ministerin einem Deichgräfen in der Sendung „Hallo Ü-<br />

Wagen“ öffentlich schwere Vorwürfe, dass er gegen den Polder Bylerward agiere.<br />

Erkenntnis<br />

Das Umweltministerium hält im linksniederrheinischen niederländisch-deutschen Grenzgebiet<br />

<strong>Hochwasser</strong>rückhalteräume für unabdingbar. Aus der Bevölkerung und den Firmen der Düffelniederung<br />

wurde am 03.03.2004 die Überparteiliche Bürgerinitiative gegen die Überflutung<br />

der Düffel und angrenzende Gebiete gegründet.


Ziele<br />

� Schutz der Kulturlandschaft Düffel, der Wohn- und Arbeitsplätze und der in der<br />

Düffel lebenden Menschen vor <strong>Hochwasser</strong>.<br />

� Sensibilisierung dieser Menschen für die <strong>Hochwasser</strong>problematik.<br />

� Sofortige Finanzierung und Realisierung aller Deich- und Anlagensanierungen<br />

auf den Bemessungshochwasserabfluss 2004 (BHQ) zuzüglich 1 m Freibord.<br />

� Gleicher <strong>Hochwasser</strong>schutz im Polder von Xanten bis Nijmegen.<br />

� Veröffentlichung der niederländisch-deutschen Studie über extreme<br />

<strong>Hochwasser</strong>ereignisse am Niederrhein.<br />

� Gemeinsamer Widerstand mit der niederländischen Initiative Hoogwater-<br />

platform gegen die von der niederländischen Regierung geplanten<br />

Notüberflutungsmaßnahmen. Gemeinsamer Widerstand gegen die geplanten<br />

und ins Gespräch gebrachten niederrheinischen Retentionsmaßnahmen des<br />

Umweltministeriums NRW.<br />

� Ausschöpfung aller Maßnahmen „Raum für den Fluss zu schaffen“, und zwar<br />

in Abstimmung mit allen Bundes- und Landesbehörden, den gewerblichen und<br />

industriellen Betrieben und den niederländischen Nachbarn.<br />

� Gemeinsames Vorgehen mit gezielten Aktivitäten der niederländischen<br />

Hochwaterplatform, anderen Initiativen, den Kommunen und den Deichverbänden, um<br />

Kenntnisse auszutauschen und um die gesteckten Ziele zu erreichen.<br />

� Mit wenig Aufwand lässt sich effektiv viel „Raum für den Fluss“ schaffen, wie aus der<br />

Karte auf der nächsten Seite zu sehen ist. Deshalb:<br />

� Mehr Raum für den Fluss zwischen den Deichen.<br />

� Deiche zurücklegen bzw. erhöhen.<br />

� Absprache mit den Niederländern.<br />

Die Ausführungen dieser Maßnahmen machen<br />

Retentionsräume und Notüberläufe entbehrlich!<br />

Niederrheiner, unterstützt unser Anliegen,<br />

welches auch euer Anliegen ist!<br />

WERDET MITGLIED IN DER BÜRGERINITIATIVE<br />

GEGEN DIE ÜBERFLUTUNG DER DÜFFEL!<br />

65


Kontaktadressen<br />

Bürgerinitiative gegen<br />

die Überflutung der<br />

Düffel und angrenzende<br />

Gebiete e.V.<br />

Karl Deutmeyer, Kleve, Flutstr. 47, 02821-976990<br />

Franz Janssen, Kranenburg-Zyfflich, Zum Querdamm 78, 02826-1236<br />

Paul Janssen, Kleve-Düffelward, Rinderner Str. 34, 02826-3740<br />

Maria Oppenberg, Kranenburg-Niel, Mehrer Str. 37, 02826-5180<br />

Hermann Sieger, Kranenburg-Zyfflich, Kleyen 5, 02826-92181<br />

Internet: www.hochwasserplattform.de<br />

Mitglieder der Bürgerinitiative, v.l. Dr. Jan Smit (Hoogwaterplatform NL),<br />

Roland Verheyen, Franz Janssen (Vertreter der Bauernschaft), Karl Deutmeyer,<br />

Paul Janssen, Maria Oppenberg, Manfred Palmen (MdL), Georg Lensing.<br />

Der erste Vorsitzende Hermann Sieger,<br />

Horst Terfehr und Andreas Rambach sind leider nicht abgebildet.<br />

Foto: Heinz Holzbach<br />

67


68<br />

Hoogwaterplatform<br />

Hoogwaterplatform<br />

Wie zijn wij?<br />

Het Hoogwaterplatform is een vereniging, gevestigd in de gemeente Ubbergen.<br />

Wat willen wij?<br />

De vereniging heeft ten doel het behartigen van de belangen van de inwoners in de Ooypolder,<br />

Beek-Ubbergen en Duffelt (Nederlandse deel), die door de eventuele aanwijzing van hun<br />

woongebied tot overloopbekken van de Rijn/Waal worden bedreigd in hun woon/werkomstandigheden<br />

aldaar. We trachten dit doel te bereiken door:<br />

� het voorkomen van eventuele ongewenste binnendijkse of buitendijkse waterstaatkundige<br />

maatregelen in het werkgebied van de vereniging of de omgeving daarvan:<br />

� het voorkomen en/of ongedaan maken van eventuele ongewenste organisatorische maatregelen<br />

die in het kader van een Rampenbeheersingsstrategie met betrekking tot de hoogwaterproblematiek<br />

genomen zouden kunnen worden;<br />

� het kritisch volgen en zonodig bestrijden van (voorgenomen) waterstaatkundige maatregelen<br />

zoals die van de beleidslijn „Ruimte voor de Rivier“ en van maatregelen die betrekking<br />

hebben op het gebied van de Niederrhein (BRD);<br />

� het voorstellen en/of bevorderen van buitendijkse of ninnendijkse maatregelen in het werkgebied<br />

van de vereniging en omgeving, zo deze gewenst zouden zijn;<br />

� in het algemeen waakzaam waterstaatkundige ontwikkelingen te volgen die eventueel verstorende<br />

of negatieve gevolgen kunnen hebben voor de bewoners van het werkgebied van de<br />

vereniging.<br />

� Speciaal zal samengewerkt worden met de organisatie naar Duits recht „Die Bürgerinitiative<br />

gegen die Überflutung der Düffel“.<br />

Hoe kunt u ons helpen? helpen?<br />

U kunt ons helpen door lid te worden van onze vereniging. Verder staan wij open voor elke<br />

financiële bijdrage door de gemeentelijke overheid, particulieren, organisaties en bedrijven.<br />

Het bestuur kann ook een andere bijdrage dan in geld toestaan.


Bestuur<br />

Harry Sanders (voorzitter)<br />

Gerard van Leeuwen (secretaris)<br />

Rudy Broekman (penningmeester)<br />

Jan Smit<br />

mevr. C. van Berkestijn<br />

Fried Frederix<br />

Contactpersoon:<br />

Gerard van Leeuwen<br />

Ooijsebandijk 10<br />

6576 JD Ooij (gem. Ubbergen)<br />

tel. 024 – 3238264<br />

e-mail: info@hoogwaterplatform.nl<br />

69


70<br />

Fachbegriffe des Deichwesens<br />

Banndeich<br />

Hält höchstes <strong>Hochwasser</strong> zurück (bannt das <strong>Hochwasser</strong>) oder schlängelt sich wie ein Band am Rhein<br />

entlang<br />

Banndeichpolder<br />

Bei höchstem <strong>Hochwasser</strong> geschützte Fläche<br />

BHW / Bemessungshochwasser<br />

Rechnerisches <strong>Hochwasser</strong>, nach dem derzeit die Deichhöhen festgelegt werden<br />

Dammbalken<br />

Balken zum Abdichten der Öffnung im Deich bei <strong>Hochwasser</strong><br />

Deichbegang<br />

Jährlich mit der Aufsichtsbehörde durch Ablaufen durchgeführte Inspektion der Deiche<br />

Deichgräf<br />

Vorsteher der Deichschau / des Deichverbandes<br />

Deichscharte<br />

Öffnung im Deich, die mit Balken geschlossen wird<br />

Deichschau<br />

Gemeinschaft zum Bau und zur Unterhaltung von Deichen<br />

Deichschutzverordnung<br />

Rechtsverordnung zum Schutz der Deiche<br />

Deichstuhl / Deichamt<br />

Vorstand der Deichschau / des Deichverbandes<br />

Deichtor<br />

Öffnung im Deich, die mit Stemmtoren und Balken verschlossen wird<br />

Deichverband<br />

Zusammenschluss der Deichschauen und Kommunen zum Bau und zur Unterhaltung eines größeren<br />

Deiches<br />

Deichverteidigung<br />

Bei <strong>Hochwasser</strong> Ablaufen und Beobachten des Deiches und Ausbessern von Schadstellen, z.B.<br />

Abdichten mit Sandsäcken<br />

Erbentag<br />

Mitgliederversammlung der Deichschau / des Deichverbandes<br />

Freibord<br />

Sicherheitsmaß zwischen dem Bemessungshochwasser und der Deichkrone zur Berücksichtigung von<br />

Windstau, Wellenauflauf und sonstigen Sicherheitszuschlägen. Er beträgt in der Regel 1 m


Heimrat<br />

Vorstandsmitglied der Deichschau<br />

HHW / Höchstes <strong>Hochwasser</strong><br />

Am Niederrhein 1926 mit 9,83 m am Pegel Emmerich gemessen<br />

LWG<br />

Landeswassergesetz<br />

Oberdeichinspektor<br />

Staatsbeamter, der für den guten Zustand der Deiche verantwortlich war. Dieses wichtige Amt wurde<br />

im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform 2007 seitens des Landes NRW abgeschafft.<br />

Polder<br />

Eine vor <strong>Hochwasser</strong> ganz oder teilweise geschützte Fläche<br />

Poll<br />

Bodenaufhöhung, auf der zum Schutz vor <strong>Hochwasser</strong> Häuser gebaut wurden<br />

Qualmwasser<br />

Wasser, das bei <strong>Hochwasser</strong> flächig hinter dem Deich austritt<br />

Ringdeich<br />

Deich um ein Dorf<br />

Rückstaupolder<br />

Fläche, die bei einer bestimmten Höhe von Unterstrom einläuft<br />

Schlafdeich / 2. Verteidigungslinie<br />

Alte, erhaltenswerte Deiche<br />

Schöpfwerk<br />

Bauwerk, um Binnenwasser in den Fluss zu pumpen<br />

Sickerwasser<br />

Wasser, das bei <strong>Hochwasser</strong> durch den Deich sickert<br />

Sommerdeich<br />

Deich, der Sommerhochwasser zurückhält, aber bei <strong>Hochwasser</strong> überströmt wird<br />

Sommerhochwasser<br />

<strong>Hochwasser</strong>, welches im Sommer auftritt<br />

Sommerpolder<br />

Im Sommer nicht überflutete Fläche<br />

Verbandssatzung<br />

Von der Bezirksregierung genehmigte Rechtsverordnung zur Regelung der Verbandstätigkeit<br />

Vorland<br />

Land zwischen Fluss und Deich<br />

71


72<br />

Winterhochwasser<br />

<strong>Hochwasser</strong>, welches im Winter auftritt<br />

WHG<br />

Wasserhaushaltsgesetz<br />

WRRL<br />

Wasserrahmenrichtlinie – Europäische Wasserrichtlinie<br />

WVG<br />

Wasserverbandsgesetz (Bundesgesetz)<br />

WVVO<br />

Wasserverbandsverordnung, aufgehoben, durch das WVG ersetzt<br />

Gabelung des Rheins bei Millingen in Waal und Pannerdenscher Kanal<br />

Bis 1690, als der Rhein sich noch bei Schenkenschanz in Waal und Niederrhein (ndl.<br />

„Nederrijn“) teilte, führte die Waal neunzig Prozent des vom oberen Flusslauf kommenden<br />

Rheinwassers, weil die obere Mündung des Nederrijn fast vollständig versandet war.<br />

Mit dem Bau des Pannerdensch Kanaal“ im Jahr 1707 und des „Bijlandsch Kanaal“ 1776<br />

wurde eine stabilere Verteilung des Rheinwassers geschaffen. Seitdem erhält die Waal<br />

zwei Drittel der Wassermenge, das weitere Drittel für den Nederrijn verteilt sich wegen<br />

der nochmaligen Verzweigung oberhalb von Arnheim in Nederrijn und Ijssel im Verhältnis<br />

zwei zu eins.


Abbildungen<br />

2<br />

Johan Bekhuis et al: Land der lebendigen Flüsse. Utrecht 2002.<br />

85<br />

(oben)<br />

Roosje Benning et al.<br />

85<br />

(unten)<br />

Peter Hendricks et al.<br />

10, 15, 72<br />

A.M.A.J. Driessen / G.P. van de Ven: Das Holländisch-Deutsche Pumpwerk.<br />

Stichting Matrijs, Utrecht. Utrecht 1999.<br />

20<br />

Rainer Hoymann<br />

23, 26<br />

historisch, auch in: De Rozet, Beek-Ubbergen 1995.<br />

29, 32<br />

[Heimatverein Die Düffel:] Die Düffel. Ein Jahrhundert im Bild. Heemstudie 18.<br />

Millingen aan de Rijn 1995.<br />

Cover, 35, 56, 57, 58, 59<br />

Horst Terfehr<br />

37, 40, 42, 44<br />

W. Michels / P. Sliepenbeek: Niederrheinisches Land im Krieg. Kleve 4 1975.<br />

60, 61<br />

Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.<br />

Düsseldorf 1999.<br />

66<br />

Bürgerinitiative gegen die Überflutung der Düffel und angrenzende Gebiete e.V.<br />

67<br />

Heinz Holzbach<br />

69<br />

www.hoogwaterplatform.nl<br />

73


74<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Bürgerinitiative gegen die Überflutung<br />

der Düffel und angrenzende Gebiete e.V.<br />

Texte<br />

Horst Terfehr<br />

Zusammenstellung<br />

Horst Terfehr<br />

Georg Lensing<br />

Druck<br />

Reintjes Graphischer Betrieb GmbH, Kleve<br />

© Kleve 2008

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