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RegioBusiness Nr. 193 - 07/2018

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10 Industrie<br />

Juli <strong>2018</strong> I Jahrgang 17 I <strong>Nr</strong>. <strong>193</strong><br />

Über der zweiten Milliarde<br />

EBM-Papst: Der Technologieführer von Ventilatoren und Motoren wächst kräftig und stellt sich neu auf.<br />

VON HERIBERT LOHR<br />

Die Mulfinger konnten ihre<br />

Erfolgsgeschichte fortschreiben,<br />

auch wenn der<br />

Bereich Automotive in St. Georgen<br />

neu strukturiert werden muss.<br />

Das Geschäftsjahr 2017/18 bescherte<br />

dem Familienunternehmen<br />

einem Umsatz von 2,043 Milliarden<br />

Euro. Ein Plus von 7,5 Prozent<br />

oder 143 Millionen Euro.<br />

Stefan Brandl, Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung kommentierte<br />

das Ergebnis auf der Pressekonferenz<br />

in Stuttgart auch mit sichtlichem<br />

Stolz: „In Zeiten von Materialengpässen,<br />

Kapazitätsproblemen<br />

und politischen Unsicherheiten,<br />

ist dies eine herausragende<br />

Leistung. Wir konnten fast in allen<br />

Regionen, in allen Märkten, an allen<br />

Standorten wachsen – und das<br />

vielfach sogar zweistellig“.<br />

Mit der Einführung des Strategieprogramms<br />

„one ebm-papst“<br />

hatte Stefan Brandl zuletzt die Weichen<br />

gestellt, das Unternehmen<br />

„für weiteres qualitatives Wachstum<br />

auszurichten“. Dafür sind derzeit<br />

mehr als 30 strategische Projekte<br />

in Arbeit, mit denen unter anderem<br />

die Effizienz, die Effektivität,<br />

die Reaktionsfähigkeit und die<br />

Flexibilität der Firmengruppe gesteigert<br />

werden soll.<br />

Ein bedeutendes Projekt des Programms<br />

ist die „Struktur 2020“<br />

mit der auch die Geschäftsregionen<br />

Asien und Amerika nach dem<br />

Prinzip „local for local“ ausgerichtet<br />

werden. Mehr Eigenständigkeit<br />

der Vertreter vor Ort in den Bereichen<br />

Entwicklung, Vertrieb und<br />

Produktion soll für mehr Nähe<br />

Bewegung: Personelle Änderungen an der Spitze. Stefanie Spanagel leitet EBM-Papst in Landshut.<br />

Bruno Lindl (Forschung und Entwicklung, Mi.) ging in den Ruhestand. Sein Nachfolger: Stephan Arnold.<br />

Ventilatorenfertigung: Erfolge in alle Marktsegmenten sorgen für beste Auslastung.<br />

Zum Unternehmen<br />

Fotos: EBM-Papst<br />

Die EBM-Papst Gruppe ist der weltweit führende Hersteller von Ventilatoren und Motoren. Seit Gründung<br />

setzt das Technologieunternehmen kontinuierlich weltweite Marktstandards: von der digitalen Vernetzung<br />

elektronisch geregelter EC-Ventilatoren über die aerodynamische Verbesserung der Ventilatorflügel, bis hin<br />

zur ressourcenschonenden Materialauswahl. Im Geschäftsjahr 2017/18 beschäftigte der Branchenprimus<br />

über 15 000 Mitarbeiter an 27 Produktionsstätten sowie 48 Vertriebsstandorten weltweit. Die Produkte von<br />

EBM-Papst sind unter anderem in der Lüftungs-, Klima- und Kältetechnik, in Haushaltsgeräten, der Heiztechnik,<br />

im Bereich Automotive und der Antriebstechnik zu finden.<br />

zum Markt sorgen, um Besonderheiten<br />

schnell aufgreifen zu können.<br />

Rund 201 Millionen Euro investiert<br />

der Ventilatorenbauer in diesen<br />

Plan und baut dafür auch<br />

seine Kapazitäten in Xian (fünfter<br />

Standort in China) aus.<br />

Für das laufende Geschäftsjahr<br />

rechnet die Firmenspitze mit einem<br />

moderaten Zuwachs von 3,1<br />

Prozent. Der Umsatz läge dann bei<br />

etwa 2,1<strong>07</strong> Milliarden Euro.<br />

Zuletzt konnte das Unternehmen<br />

in allen Geschäftsbereichen und<br />

in drei seiner vier Geschäftsregionen<br />

weitere Marktanteile dazugewinnen.<br />

Besonders gut lief es für<br />

die Mulfinger dabei in Europa<br />

(Plus 10,5 Prozent), gefolgt von<br />

Deutschland mit 7,2 Prozent. Auf<br />

dem amerikanischen Markt fiel<br />

der Branchenprimus dagegen<br />

währungsbedingt leicht zurück<br />

(247,7 Millionen Euro / minus<br />

0,2 Prozent). In den einzelnen<br />

Marktsegmenten gab es überall<br />

ein Plus. So wuchs etwa die aus<br />

Mulfingen betreute industrielle<br />

Lufttechnik um 5,8 Prozent (Umsatz:<br />

1,355 Milliarden Euro).<br />

Mit zwei Denkfabriken in Dortmund<br />

und Osnabrück forciert<br />

EBM-Papst derzeit seine Forschung<br />

in der Digitalisierung sowie<br />

die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.<br />

Rund 20 Forscher<br />

sollen „mit bewusst gewähltem<br />

Abstand zur Welt der Ventilatoren<br />

und Motoren“ neue kreative<br />

Ideen einbringen. Grundsätzlich<br />

gibt das Unternehmen fast sechs<br />

Prozent seines Umsatzes für Forschung<br />

und Entwicklung aus. In<br />

diesem Geschäftsjahr sind Investitionen<br />

in Rekordhöhe von 200,8<br />

Millionen Euro geplant. Darunter<br />

ist auch das neue Technologiezentrum<br />

in Mulfingen.<br />

Die allgemein gute Entwicklung<br />

zeigt sich auch in zusätzlichen<br />

Jobs. Die Belegschaft wuchs um<br />

717 Personen auf nun 15 115 Mitarbeiter<br />

(plus fünf Prozent), davon<br />

allein in Deutschland 6852<br />

(plus 333) einschließlich der 341<br />

Auszubildenden und Studenten.<br />

Die Zentrale überschritt mit einem<br />

Umsatz von exakt 1,029 Milliarden<br />

Euro (plus 9,2 Prozent)<br />

erstmals die Milliardengrenze.<br />

Die Zahl der Mitarbeiter in Mulfingen<br />

stieg um 210 auf nun 3 699.<br />

Zuletzt gab es auch einige Änderungen<br />

in der Firmenspitze.<br />

Am 1. Juli begann Stefanie Spanagel<br />

als Geschäftsführerin bei der<br />

EBM-Papst Landshut GmbH. Spanagel<br />

kam vom Automobil- und<br />

Maschinenbauzulieferer AMK.<br />

Während eine Karriere im Unternehmen<br />

beginnt, ging eine andere<br />

zu Ende. Nach über einem Jahrzehnt<br />

in der Gruppengeschäftsführung<br />

ging Bruno Lindl, Ende Juni<br />

in den Ruhestand. Lindl war seit<br />

September 20<strong>07</strong> Geschäftsführer<br />

von Forschung und Entwicklung.<br />

Zum 1. Juli trat mit Dr. Stephan Arnold<br />

ein international erfahrener<br />

Manager seine Nachfolge an. Dr.<br />

Arnold kam von der Schuler AG,<br />

dem weltweit größten Hersteller<br />

von Pressen.<br />

www.ebm-papst.com<br />

Keine Sache von ein paar Monaten<br />

Mit einer neuen strategischen Ausrichtung will Stefan Brandl den Ventilatorenhersteller EBM-Papst für die Zukunft rüsten. Der Vorsitzende der<br />

Geschäftsführung über die Bedeutung der Forschung, die Nähe zum Markt und neue Geschäftsfelder. INTERVIEW VON HERIBERT LOHR<br />

REGIOBUSINESS Herr Brandl,<br />

EBM-Papst hat gerade mehr als<br />

zwei Milliarden Euro Umsatz gemacht.<br />

Das Geschäft mit Motoren<br />

und Ventilatoren läuft doch. Trotzdem<br />

sind in Dortmund und Osnabrück<br />

Denkfabriken eingerichtet.<br />

STEFAN BRANDL Mit dem Aufund<br />

Ausbau unserer Denkfabriken<br />

wollen wir unsere Forschungsaktivitäten<br />

insbesondere<br />

im Bereich der Digitalisierung<br />

deutlich erhöhen. Nachdem wir<br />

im April 2017 ein Start-up für intelligente<br />

Lösungen rund um die<br />

Heiztechnik in Osnabrück eröffnet<br />

hatten, starteten wir im November<br />

letzten Jahres einen weiteren<br />

„Think Tank“ im Bereich der Lüftungstechnik<br />

in Dortmund. Mit unseren<br />

Think Tanks wollen wir bewusst<br />

Abstand zu unseren Entwicklungszentren<br />

erreichen, um mit<br />

großer Freiheit und Kreativität<br />

über neue Geschäftsmodelle außerhalb<br />

der Ventilatorenwelt nachdenken<br />

zu können.<br />

REGIOBUSINESS Sie haben mit<br />

„one ebm-papst“ ein Strategieprogramm<br />

angeschoben. Zeigen sich<br />

schon erste Erfolge oder ist es für<br />

ein erstes Fazit noch zu früh?<br />

Stefan Brandl: Großes Potenzial in Nordamerika und Asien.<br />

STEFAN BRANDL Mit unserer<br />

„one ebm-papst“-Strategie wollen<br />

wir uns als Unternehmen langfristig<br />

an der Spitze behaupten. Angesichts<br />

der Dynamik in allen unseren<br />

Märkten müssen wir mehr<br />

denn je wandlungsfähig sein und<br />

bleiben. Dazu brauchen wir einen<br />

unverstellten Blick, den Mut,<br />

Neues zu wagen, und die Bereitschaft,<br />

die eine oder andere bequeme<br />

Routine abzuschaffen. Die<br />

neue Ausrichtung ist aber keine<br />

Sache, die sich in Monaten umsetzen<br />

lässt. Wir denken eher in einem<br />

Zeitraum von fünf Jahren. Aktuell<br />

arbeiten wir an über 30 strategischen<br />

„one ebm-papst“"-Projekten,<br />

durch die wir unter anderem<br />

unsere Effizienz, Effektivität,<br />

Reaktionsfähigkeit und Flexibilität<br />

steigern und langfristig unsere führende<br />

internationale Stellung als<br />

starke, global agierende Unternehmensgruppe<br />

weiter ausbauen werden.<br />

Wir sind auf sehr gutem<br />

Wege und es zeigen sich auch bereits<br />

erste Erfolge.<br />

REGIOBUSINESS Ein wichtiger<br />

Baustein des Strategieprogramms<br />

ist das Prinzip „local for local“.<br />

Warum messen Sie diesem Prinzip<br />

so viel Bedeutung bei?<br />

STEFAN BRANDL Mit diesem<br />

Baustein, den wir intern „Struktur<br />

2020“ nennen, richten wir unsere<br />

drei Hauptstandorte in Nordamerika,<br />

Asien und Europa (Deutschland)<br />

internationaler und nach<br />

dem Prinzip „local for local“ aus<br />

und verzahnen uns stärker innerhalb<br />

des Top-Managements. Die<br />

Bedeutung von „local for local“<br />

ist daher für uns sehr wichtig,<br />

weil es uns einerseits unabhängiger<br />

gegenüber Zöllen und Währungsschwankungen<br />

macht und<br />

zum anderen ermöglicht, unsere<br />

Kunden noch spezifischer und<br />

schneller vor Ort zu unterstützen.<br />

Wir sehen noch großes Potential<br />

in Nordamerika und Asien, das es<br />

noch besser zu erschließen gilt.<br />

REGIOBUSINESS Sie sagen,<br />

dass Ihnen derzeit die Materialverfügbarkeit,<br />

etwa bei elektronischen<br />

Bauteilen, einige Schwierigkeiten<br />

bereitet. Das scheint die<br />

gute Entwicklung über alle Marktfelder<br />

hinweg nicht zu behindern.<br />

STEFAN BRANDL Wir haben es<br />

in der Tat geschafft, in Zeiten von<br />

Materialengpässen, Kapazitätsproblemen<br />

und politischen Unsicherheiten<br />

als Unternehmensgruppe<br />

die Grenze von zwei Milliarden<br />

Euro zu überschreiten und das<br />

mehr als deutlich. Dies war möglich,<br />

da wir innerhalb unserer Fertigungen<br />

mit höchster Flexibilität<br />

arbeiteten, um unsere Kunden termintreu<br />

bedienen zu können. Wir<br />

waren aber teilweise auch von Produktionsstillständen<br />

einzelner Linien<br />

betroffen. Das Thema Materialverfügbarkeit<br />

ist nach wie vor<br />

eine Herausforderung und es ist<br />

davon auszugehen, dass uns dieser<br />

Zustand in den kommenden<br />

Monaten noch begleiten wird.<br />

REGIOBUSINESS Mitten im allgemeinen<br />

Erfolg, waren die Ergebnisse<br />

im Bereich Automotive –<br />

fast schon ungewohnt – zuletzt<br />

von guten Ergebnissen bestimmt.<br />

Ein Rückzug aus diesem Einsatzgebiet<br />

Ihrer Produkte kommt aber<br />

nicht in Frage, oder?<br />

STEFAN BRANDL Wir arbeiten<br />

intensiv daran, unseren Bereich<br />

Automotive wieder auf die Erfolgsspur<br />

zu führen. So haben wir beispielsweise<br />

einen Maßnahmenkatalog<br />

aufgesetzt, der unter anderem<br />

die Senkung der laufenden<br />

Kosten, Verhandlungen mit Lieferanten<br />

und Kunden betrifft und darüber<br />

hinaus auch aktuelle Investitionen<br />

und Strukturverbesserungen<br />

beinhaltet.<br />

REGIOBUSINESS An Ihrem<br />

Stammsitz in Mulfingen investieren<br />

Sie mehr als 43 Millionen<br />

Euro in ein neues Entwicklungszentrum.<br />

Das ist auch für ein Unternehmen<br />

wie Ihres viel Geld. Warum<br />

ist diese Investition in dieser<br />

Größenordnung notwendig?<br />

STEFAN BRANDL Ziel, des in<br />

den kommenden Monaten entstehenden<br />

Technologiezentrums ist<br />

es, dem in den vergangenen Jahren<br />

gestiegenen Platzbedarf mit einer<br />

Verdoppelung nachzukommen.<br />

Mit modernen Laboreinrichtungen<br />

und neuen Formen der Arbeitsplatzgestaltung<br />

wollen wir<br />

das Unternehmen für die Zukunft<br />

ausrichten und somit den Ausbau<br />

unserer Innovationsführerschaft<br />

weiter vorantreiben. Das neue<br />

Zentrum wird einen kreativen<br />

Raum für unsere rund 500 Forscher<br />

und Entwickler schaffen.

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