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Textauszüge aus: Robert Hunger-Bühler. Den Menschen spielen

Robert Hunger-Bühler ist einer der ganz grossen Schauspieler der Gegenwart, der mit allen wichtigen Regisseuren zusammengearbeitet hat, mit Christoph Marthaler, Frank Castorf, Barbara Frey, Peter Stein, Milo Rau u. a. Dieses Buch ist ein vielschichtiges Porträt des Menschen und Künstlers. Es zeichnet den Weg Hunger-Bühlers nach, der in Sommeri am Bodensee geboren ist, die Kindheit in Aarau verbracht hat, ins Theater und in die Welt aufgebrochen und über Wien, Bonn, Freiburg und Berlin wieder nach Zürich zurückgekommen ist, wo er ein Mitglied des Ensembles am Schauspielhaus ist. Neben Notaten, Haikus und Zeichnungen von Robert Hunger-Bühler enthält das Buch Gespräche und Texte über Herkunft, Fussball, Schauspiel, Bob Dylan oder Klaus-Michael Grüber, über Hunger-Bühlers Werdegang und seine Arbeiten auf der Bühne, in Film und Performance. Längere und kürzere Würdigungen von Peter von Matt bis Milo Rau erweisen dem grossen Schweizer Schauspieler persönliche Reverenz.

Robert Hunger-Bühler ist einer der ganz grossen Schauspieler der Gegenwart, der mit allen wichtigen Regisseuren zusammengearbeitet hat, mit Christoph Marthaler, Frank Castorf, Barbara Frey, Peter Stein, Milo Rau u. a.

Dieses Buch ist ein vielschichtiges Porträt des Menschen und Künstlers. Es zeichnet den Weg Hunger-Bühlers nach, der in Sommeri am Bodensee geboren ist, die Kindheit in Aarau verbracht hat, ins Theater und in die Welt aufgebrochen und über Wien, Bonn, Freiburg und Berlin wieder nach Zürich zurückgekommen ist, wo er ein Mitglied des Ensembles am Schauspielhaus ist. Neben Notaten, Haikus und Zeichnungen von Robert Hunger-Bühler enthält das Buch Gespräche und Texte über Herkunft, Fussball, Schauspiel, Bob Dylan oder Klaus-Michael Grüber, über Hunger-Bühlers Werdegang und seine Arbeiten auf der Bühne, in Film und Performance. Längere und kürzere Würdigungen von Peter von Matt bis Milo Rau erweisen dem grossen Schweizer Schauspieler persönliche Reverenz.

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I’m stuck inside a painting / That’s hanging in The Louvre / My throat starts<br />

to tickle and my nose itches / But I know that I can’t move.» Davor ist I And I<br />

zu hören, für mich ein Höhepunkt von Dylans Dichtkunst. Der letzte Satz<br />

ist wie ein Schlüssel für das <strong>Menschen</strong>spiel, um das Leben zu über leben:<br />

«I And I – One says to the other, no man sees my face and lives» … Mit<br />

Dylans Stimme klingt der Satz heiter und tröstlich …<br />

Der Mensch «ein ewiger Sch<strong>aus</strong>pieler», das passt wirklich auf Bob, der einst<br />

Zimmerman hieß und (seit 1962 ganz legal) den Dylan spielt. Fühlst du dich darum<br />

ihm so verwandt, weil auch du <strong>aus</strong> dieser «reality of man» deinen Beruf gemacht<br />

hast? Und kannst du ihm darum die Fähigkeit oder den Drang zur Selbstneuerindung<br />

so gut nachfühlen? – Es gibt ja in Dylans Leben und Werk eine ganze<br />

Anzahl von Momenten, wo er «die Form zerbrochen» hat, 1965 nach der ersten<br />

großen Englandtournee (die in Pennebakers Dokilm Don’t Look Back nach zuerleben<br />

ist), 1967 nach dem Motorradunfall, als die Basement Tapes und John Wesley<br />

Harding entstanden, dann sicher 1979 mit der Gospelwende, 1987 bei der mysteriösen<br />

Erleuchtung in Locarno (von der er in den Chronicles berichtet), aber auch<br />

wieder in den frühen Neunzigerjahren, als er eine Zeit lang gar keine neuen Songs<br />

mehr schrieb … Ganz neu erinden musste er sich aber gerade auch in der Phase<br />

um Inidels, die du ansprichst, als er nach den drei «christlichen» Platten nach<br />

einer neuen, weniger missionarischen Ausdrucksweise suchte. Auch mir scheint<br />

I And I ein poetischer Höhepunkt: Im Titel scheint das «Ich bin, der ich bin» des<br />

jüdischen Gottes auf, aber auch eine Redensart der jamaikanischen Rastafarier<br />

(I & I heißt bei Bob Marley so viel wie «wir»). Und gleichzeitig eben die von Dylan<br />

immer wieder beschworene Doppelnatur des Ich (Rimbauds «Je est un autre»), die<br />

mit sich selber im ewigen Kampf steht. «No man sees my face and lives», das sagt<br />

der Gott des Alten Testaments, und sich selber ins Gesicht zu sehen – wie in der<br />

Psychoanalyse – ist bekanntlich auch nicht ungefährlich. Aber es ist, wie du sagst,<br />

bei Dylan klingt es doch auch heiter und tröstlich. Das ist für mich das Wesentliche<br />

seiner Kunst: Sogar noch, wo er unsere Zerrissenheit erfasst, gilt doch immer:<br />

Don’t Think Twice, It’s All Right! 1981, im Radio-Interview mit Dave Herman, fällt<br />

einmal das Wort «healing music» – und im Gespräch mit Allen Ginsberg taucht<br />

umgekehrt einmal ein Satz von Henry Miller auf: Es sei die Aufgabe der Kunst «to<br />

inoculate the world with disillusion». Kann es sein, dass Trost und Desillusionierung<br />

für Dylan gar nicht im Widerspruch zueinander stehen? Was meinst du<br />

dazu?<br />

Ich glaube, Trost oder Heiterkeit und Enttäuschung stehen tatsächlich<br />

nicht im Widerspruch für Dylan. Es ist vielmehr das künstlerische Gelände,<br />

in dem er sich seit langer Zeit mit traumwandlerischer Sicherheit bewegt,<br />

140<br />

Als Clown in der<br />

Garde robe in den Spiegel<br />

blickend vor dem<br />

Auf tritt, Was ihr wollt von<br />

William Shake speare,<br />

Schau spielh<strong>aus</strong> Zürich<br />

2010, Regie Barbara Frey,<br />

Kostüme Bettina Walter.

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