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Dirscherl, Das ostbayerische Grenzgebirge als Standraum der ...

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Pressglas-Korrespondenz 2012-4<br />

reichtum und seine Verteilung mögen folgende Angaben<br />

Aufschluss geben: Der Präsident des Unterdonaukreises<br />

von Rudhart gibt für das Jahr 1835 den Umfang<br />

des Waldgebietes im ganzen bayerischböhmischen<br />

<strong>Grenzgebirge</strong> mit 838.077 Tagwerk an [5];<br />

das entspricht einer Fläche von rund 2.850 qkm (1 Bayer.<br />

Tagwerk gleich 34 ar). E. Guckenberger ermittelte<br />

1932 auf Grund von Messungen auf <strong>der</strong> topographischen<br />

Karte 1 : 200.000 (1912) das Gebiet zwischen <strong>der</strong><br />

Donau und <strong>der</strong> Reichsgrenze, das er <strong>als</strong> „Bayerischer<br />

Wald“ bezeichnet, mit 2.150 qkm; die bewaldete Fläche<br />

beträgt 44 v. H., <strong>als</strong>o 946 qkm. Im Oberpfälzer<br />

Wald, <strong>der</strong> sich jenseits <strong>der</strong> Senke Cham-Furth-Taus bis<br />

an den Fuß des Fichtelgebirges hinzieht, beträgt die<br />

bewaldete Fläche 363 qkm (32,5 v. H. <strong>der</strong> Gesamtfläche<br />

von 980 qkm), so dass sich ein Waldgebiet von noch<br />

über 1.300 qkm im Verlaufe des ganzen <strong>ostbayerische</strong>n<br />

<strong>Grenzgebirge</strong>s ergibt. Wenn auch die zum Vergleich<br />

herangezogenen Flächenumgrenzungen aus den Jahren<br />

1835 und 1912 nicht genau übereinstimmen und die<br />

Ermittlungsverfahren in beiden Fällen sehr verschieden<br />

waren, so zeigt doch die Gegenüberstellung <strong>der</strong> beiden<br />

Zahlen offenbar, dass <strong>der</strong> Waldbestand in den letzten<br />

100 Jahren eine ganz erhebliche Verringerung erfahren<br />

hat.<br />

Aus den Urkunden, die uns über die Waldwirtschaft<br />

bis zum 17. und 16. Jahrhun<strong>der</strong>t zurück Aufschluss<br />

geben, geht hervor, dass wir auch seit jener Zeit schon<br />

mit einer starken Verkleinerung des Waldbestandes<br />

rechnen müssen. Freilich ist die fortschreitende Entwaldung<br />

nicht etwa allein auf den hohen Holzverbrauch <strong>der</strong><br />

Glashütten zurückzuführen, denn gerade die am stärksten<br />

entwaldeten Gebiete sind nie Hauptstandraum<br />

<strong>der</strong> Glashüttenindustrie gewesen.<br />

Über die Ausdehnung <strong>der</strong> Waldflächen innerhalb <strong>der</strong><br />

einzelnen Teillandschaften geben die verallgemeinerten<br />

Messungen und Ermittlungen Guckenbergers lei<strong>der</strong><br />

keinen Aufschluss, obwohl doch <strong>der</strong> Waldbestand in<br />

den verschiedenen Gegenden recht unterschiedlich ist.<br />

<strong>Das</strong> waldreichste Gebiet ist noch heute <strong>der</strong> Böhmerwald;<br />

erheblich waldärmer sind <strong>der</strong> „Bayerische Wald“<br />

und <strong>der</strong> „Oberpfälzer Wald“. Für den Waldanteil ergeben<br />

sich für die einzelnen Landschaften folgende Zahlen:7)<br />

Anteil des Waldes in Hun<strong>der</strong>tteilen <strong>der</strong> Gesamtfläche<br />

Bayerischer Wald .....................32,5 v. H.<br />

Oberpfälzer Wald .....................37<br />

Böhmer Wald: insges. etwa ......75<br />

Rachel-Lusengebiet ..................80,8<br />

Falkenstein-Rachelgebiet..........78,1<br />

Arber-Kaiterstal........................71,7<br />

Lamer Tal .................................70<br />

Forstgebiet Klingenbrunn .........90,1<br />

Grafenau ...................................62<br />

Regen........................................66<br />

Rabenstein ................................90<br />

Die Bezeichnung „Wald“ für ein Gebiet, das kaum zu<br />

einem Drittel seiner Gesamtausdehnung bewaldet ist,<br />

legt den Gedanken an früher stärkere Bewaldung nahe,<br />

führt heute jedenfalls leicht zu einer f<strong>als</strong>chen Vorstellung<br />

vom tatsächlichen Landschaftsbild.<br />

Zum Vergleich seien noch die Bewaldungsziffern an<strong>der</strong>er<br />

Mittelgebirge angeführt, die ebenfalls <strong>Standraum</strong> für<br />

die Glasindustrie waren:<br />

Anteil des Waldes in Hun<strong>der</strong>tteilen <strong>der</strong> Gesamtfläche.<br />

Schwarzwald ............................60 v. H.<br />

Spessart.....................................60<br />

Fichtelgebirge...........................48<br />

Wasgenwald [Vogesen]............65<br />

Auch in <strong>der</strong> verschiedenen Bevölkerungsdichte wird <strong>der</strong><br />

Unterschied zwischen dem älteren Rodungsland, dem<br />

Bayerischen Wald, und dem Böhmerwald deutlich. In<br />

den höher gelegenen Landschaften des waldreichen<br />

Böhmerwaldes um Grafenau, Frauenau, Lindberg<br />

ergibt sich eine Einwohnerzahl von 25-50 auf 1 qkm,<br />

während im vorgelagerten Bayerischen Wald, in dem<br />

das unter dem Pflug stehende Land eine größere Ausdehnung<br />

hat, 60-80 Einwohner auf 1 qkm leben.<br />

[4] von Poschinger, Rückblick a. d. Anfänge d. Glashütten<br />

i. B. Wald.<br />

[5] Dr. von Rudhart, Die Industrie im Unterdonaukreis,<br />

S. 21.<br />

[6] E. Guckenberger, die Verbreitung des Waldes in<br />

Süddeutschland (1932).<br />

[7] M. Mayr, Die Siedlungen des bayerischen Anteils<br />

am Böhmerwald.<br />

[8] v.Poschinger, Der Aschenbrand.<br />

<strong>Das</strong> Fehlen fahrbarer Wege und von Einrichtungen zum<br />

Triften des Holzes, <strong>der</strong> geringe Holzbedarf <strong>der</strong> selbst<br />

holzreichen Nachbarlän<strong>der</strong> brachte es mit sich, dass das<br />

Holz <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> in unserem Gebiet bis in das 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t herein beinahe keinen an<strong>der</strong>en Wert hatte<br />

<strong>als</strong> den, <strong>der</strong> ihm durch die Verwendung in <strong>der</strong> Glaserzeugung<br />

gegeben werden konnte. So war es möglich,<br />

dass z. B. <strong>der</strong> Fürstbischof von Passau, dessen Waldungen<br />

im Umfang von etwa 60.000 Tagwerk bis nach<br />

Böhmen hinein reichten, im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t nicht mehr<br />

<strong>als</strong> jährlich 17 fl [Gulden] aus diesem ausgedehnten<br />

Grundbesitz bezog [8]. Erst die Einführung des Glashüttenbetriebes<br />

machte die Verwendung großer<br />

Mengen von Holz an Ort und Stelle möglich. Die<br />

Feuerungseinrichtungen <strong>der</strong> Glashütten, <strong>der</strong>en Anfänge<br />

bis in das 15. Jahrhun<strong>der</strong>t zurück verfolgbar sind,<br />

bezweckten daher auch keine Holzersparnis. Der unerschöpflich<br />

scheinende, sonst wertlose Wald lieferte das<br />

in großen Mengen benötigte Brennholz für die Glasöfen<br />

und das Flussmittel für den Schmelzfluss, die<br />

Pottasche. Kein Wun<strong>der</strong>, wenn die vornehmlich im<br />

Besitz <strong>der</strong> Grundherrschaften befindlichen Wäl<strong>der</strong> gar<br />

bald Glashütten aufnahmen. Den Anfang hat wohl <strong>der</strong><br />

böhmische Adel gemacht, zu dessen Gütern riesige<br />

Waldungen jenseits <strong>der</strong> Reichsgrenze im Kubanigebiet<br />

[?] gehörten. Von dort sind Glasmacher nach Bayern<br />

gekommen, um ihre Kunst auch hier auszuüben. Wann<br />

die erste Glashütte im <strong>ostbayerische</strong>n <strong>Grenzgebirge</strong><br />

gegründet wurde, lässt sich nicht mehr feststellen. Große<br />

Güter, die dam<strong>als</strong> im Besitze ausgedehnter Waldungen<br />

waren, suchten ihren Waldbesitz ertragreich zu<br />

Seite 4 von 61 Seiten PK 2012-4/11 Stand 07.11.2012

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