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Wir Unternehmer – Re<strong>de</strong>zeit<br />

Priester Anselm Bilgri<br />

Für <strong>de</strong>n Menschen statt für die Zahlen<br />

Im Wertewan<strong>de</strong>l und einem massiven Vertrauensverlust liegen die Ursachen <strong>de</strong>r Wirtschaftskrise.<br />

Unternehmer können gegensteuern, in<strong>de</strong>m sie gera<strong>de</strong> jetzt nach ethischen Gesichtspunkten han<strong>de</strong>ln.<br />

Ein pensionierter Vorstand, <strong>de</strong>r früher<br />

auch am Wochenen<strong>de</strong> häufi g in seinem<br />

Büro zu fi n<strong>de</strong>n war, antwortete mir auf<br />

die Frage, ob er es <strong>de</strong>nn im Ruhestand<br />

aushalte: „Ach, mir geht es gut. Erstens<br />

brauche ich nicht mehr so früh aufzustehen,<br />

und zweitens muss ich nicht mehr<br />

auf <strong>de</strong>m Weg zum Büro überlegen, welcher<br />

tote Fisch <strong>de</strong>nn heute wie<strong>de</strong>r auf<br />

meinem Schreibtisch liegen wird.“<br />

Er hat es mit diesem Bild eindrucksvoll<br />

beschrieben: Managen heißt meist „tote<br />

Fische entsorgen“. Damit ist gemeint,<br />

dass ein Firmenchef oft unangenehme<br />

Entscheidungen fällen und Probleme lösen<br />

muss, weil an<strong>de</strong>re es nicht können.<br />

Wer dies innerlich ablehnt, wird ständig<br />

lei<strong>de</strong>n. Um in schwierigen Situationen<br />

bestehen zu können, brauchen die Führungskräfte<br />

ein eingeübtes Wertesystem,<br />

um zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Optionen wählen zu können.<br />

Durch die Pluralisierung <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />

stehen die alten Wertemuster<br />

nicht mehr selbstverständlich zur Verfügung.<br />

Es ist notwendig, sich aus <strong>de</strong>r<br />

Vielfalt ein eigenes Werteraster im<br />

Patchwork-Verfahren zusammenzustellen.<br />

Dabei müssen wir zu einem<br />

menschenzentrierten, ökonomischen<br />

Bewertungssystem fi n<strong>de</strong>n und das<br />

kennzahlen-getriebene beiseite legen.<br />

Dass dies bisher nicht gelungen ist, bil<strong>de</strong>t<br />

meines Erachtens <strong>de</strong>n Ursprung für<br />

die gegenwärtige Finanzkrise. Schon<br />

vorher haben Politiker und Experten<br />

viel von Werten gere<strong>de</strong>t, die verloren<br />

Anselm Bilgri,<br />

55, war bis zum Jahr 2004 Mitglied <strong>de</strong>s<br />

Benediktineror<strong>de</strong>ns und danach, bis Juli<br />

2008, Gesellschafter <strong>de</strong>s Münchener<br />

Zentrums für Unternehmenskultur. Dessen<br />

Beratungsgeschäft führen frühere Mitarbeiter<br />

unter <strong>de</strong>m Namen Stadler/Heinle/<br />

Schott weiter. Bilgri konzentriert sich nun<br />

auf Autoren- und Vortragstätigkeit.<br />

www.anselm-bilgri.<strong>de</strong><br />

gegangen seien und wie<strong>de</strong>r gewonnen<br />

wer<strong>de</strong>n müssten. Ich glaube aber, dass<br />

wir weniger einen Werteverlust erleben<br />

als vielmehr einen Wertewan<strong>de</strong>l. Wir<br />

müssen lernen, mit <strong>de</strong>m hohen Maß an<br />

individueller Freiheit umzugehen, die<br />

als höchster Wert angesehen wird, und<br />

sie verknüpfen mit <strong>de</strong>r Verantwortung<br />

für das gesellschaftliche Ganze.<br />

Die an<strong>de</strong>re Ursache für die eben erst beginnen<strong>de</strong><br />

Rezession liegt sicher auch in<br />

einer massiven Vertrauenskrise. Weite<br />

Kreise unserer Gesellschaft haben nicht<br />

nur das Vertrauen in die Führungseliten<br />

verloren, son<strong>de</strong>rn – schlimmer noch – in<br />

unsere tragen<strong>de</strong>n Säulen soziale Markt-<br />

ist eine persönliche Sache. Ich vertraue<br />

Institutionen nur, wenn ich ihren Repräsentanten<br />

vertrauen kann. Daher<br />

müssen gera<strong>de</strong> jetzt Manager und Unternehmer<br />

ihre soziale, emotionale und<br />

ethische Kompetenz beweisen.<br />

Dem Menschen hat je<strong>de</strong> Form <strong>de</strong>s Wirtschaftens<br />

und <strong>de</strong>s Organisierens zu dienen.<br />

Nur ein menschengemäßes Führen<br />

wird eine lebendige und lernfähige, fl exible<br />

und dabei beständige Organisation<br />

heranbil<strong>de</strong>n. Dazu braucht es gegenseitige<br />

Achtsamkeit, um eine Organisation<br />

als eine voneinan<strong>de</strong>r lernen<strong>de</strong> Gemeinschaft<br />

zu erfahren. Die Führungskraft<br />

muss beispielhaft als Hören-Wollen<strong>de</strong>r<br />

vorangehen. Dies verwirklicht sich in<br />

einer Kultur <strong>de</strong>s Dienens, die von oben<br />

nach unten gelebt wird. Ganz konkret<br />

diene ich <strong>de</strong>m einzelnen Mitarbeiter,<br />

in<strong>de</strong>m ich <strong>de</strong>ssen Erfolg zulasse. Dabei<br />

geht es um eine Wertschätzung <strong>de</strong>r Unterschiedlichkeit<br />

<strong>de</strong>r einzelnen Talente<br />

und Potenziale. Führen besteht darin,<br />

zu versuchen, <strong>de</strong>n Mitarbeitern in ihrer<br />

Eigenart gerecht zu wer<strong>de</strong>n: Nicht allen<br />

das Gleiche, son<strong>de</strong>rn je<strong>de</strong>m das Seine!<br />

Diese „Gabe <strong>de</strong>r Unterscheidung“ gilt<br />

im ältesten Führungs- und Organisationshandbuch<br />

<strong>de</strong>s europäischen<br />

Abendlands, <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>s Benedikt von<br />

Nursia, als die Mutter aller Führungstugen<strong>de</strong>n.<br />

Wer diese Aufgabe erfüllt – „<strong>de</strong>r<br />

Eigenart vieler zu dienen“ –, steigert<br />

auch die Motivation <strong>de</strong>r Mitarbeiter.<br />

Die Zufrie<strong>de</strong>nheit mit ihrer Tätigkeit resultiert<br />

nicht aus sekundären Anreizen,<br />

son<strong>de</strong>rn liegt in <strong>de</strong>r Sinnhaftigkeit <strong>de</strong>r<br />

Arbeit selbst. Dies ist ein wichtiger Baustein<br />

für eine nachhaltige, dauerhafte<br />

Unternehmenskultur.<br />

wirtschaft und Demokratie. Vertrauen Fotos: privat<br />

10 ProFirma 02 2009

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